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Crazy like a skull

Das Paradies hat einen Haken
von

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Annoying meeting…


 

1
 

Gut ein Jahr ist seitdem vergangen und Team Skull hat sich in der Zwischenzeit überall in Alola einen Namen gemacht. Die Chaotentruppe zieht pöbelnd und lärmend von einer Insel zu anderen und hat nichts als Chaos und Zerstörung im Sinn. Die Menschen fürchten sie zwar nicht unbedingt, doch sie empfinden sie als ziemlich lästig und anstrengend; ein Ärgernis, das sie einfach nicht mehr loszuwerden scheinen. Innerhalb des Teams läuft es dafür immer besser. Fran hat ihren Platz als Vorstand von Skull nun mehr perfekt eingenommen. Die Rüpel unterliegen zu meist ihrer Führung und so nimmt sie Bromley viel Arbeit ab. Zu ihrem Leidwesen hat er so aber weit mehr Zeit, um mit Samantha zu agieren, was ihr irgendwie sauer aufstößt, obwohl sie nicht sagen kann, wieso genau. Die Blondine hat in den letzten Monaten einiges zu Stande gebracht und es ist nur noch eine Frage der Zeit, bis sich ihr Wunsch erfüllt und sie mit einer Ultrabestie Kontakt aufnehmen kann. Und je weiter sie damit kommt, desto mehr verlangt sie nach dem Weißhaarigen, der ihr zumeist bereitwillig zur Hand geht. Ist er nicht mit ihr beschäftigt, streunt er oftmals mit ein paar Rüpeln umher und scheucht die Leute auf. So ist es auch heute, wo er sich den Ziergarten von Malihe City ausgesucht hat.
 

Eigentlich soll dieser speziell und sehr mühevoll angelegte Garten der Erholung und Entspannung der Besucher, sowie auch der dort lebenden Pokémon dienen. Ein Ort sein, an den man sich zurückziehen und neue Kraft tanken kann. Aus diesem Grund sind hier auch keine mobilen Pokémon gestattet, um das Bild des Gartens nicht zu zerstören. Kämpfe dürfen zwar schon ausgetragen und wilde Pokémon gefangen werden, es gehört hier aber nicht zur allgemeinen Norm und sollte daher nach Möglichkeit auch in Grenzen gehalten werden. Also ein perfekter Ort, der geradezu danach schreit, mal etwas aufgemischt zu werden!
 

An diesem lauen Vormittag wird die Stille daher radikal zu Nichte gemacht, als Bromley mit seinen beiden Rüpeln im Garten Einzug hält. Das grausame, nahezu ohrenbetäubende Röhren und Dröhnen der drei Suzukas zerschneidet die entspannende Ruhe so schlagartig, wie ein hinterrücks ausgeführter Messerangriff. Grölend und johlend rasen die drei über die Nuggetbrücke hinweg, sodass es den wenigen Besuchern gerade noch gelingt, aus dem Weg zu springen und nicht unter die Räder zu kommen. Verständnislos blicken sie den lautstarken Rabauken hinterher, die sich in den hinten Teil des Gartens begeben und dort ungestört weitermachen. Unschlüssig tauschen die Besucher ein paar Blicke und Wörter miteinander, wissen aber nicht so recht, wie sie diesen Wilden Herr werden sollen. Zumal die meisten Leute, die hierherkommen, keine Trainer mehr sind oder es auch nie waren und dem Ganzen somit ziemlich hilflos gegenüberstehen.
 

Der entfernte Lärm ebbt langsam ab, was aber nicht bedeutet, dass Team Skull sich nun zur Ruhe gesetzt hat und den friedlichen Anblick des Gartens genießt. Ihnen fällt definitiv etwas ein, um sich die Zeit zu vertreiben und den Leuten Ärger zu bereiten. Doch immerhin können sich die Besucher im vorderen Teil des Gartens erstmal wieder etwas entspannen. Vielleicht finden sie ja gemeinsam sogar eine Lösung für das alles und es gelingt ihnen irgendwie, diese Chaoten wieder loszuwerden?
 


 

2
 

Ein wenig Hoffnung keimt auf, als zwei neue Gesichter unvermittelt den Garten betreten. Mit einem Lächeln führt Kukui seinen Schützling vor die Nuggetbrücke und beginnt ihm etwas über den Ziergarten zu erzählen. Aufmerksam lauscht Sun seinen Worten und blickt sich mit großen Augen um. Der Elfjährige ist seit knapp einem Jahr auf seiner Inselwanderschaft, nachdem er, ähnlich wie einst Manuel, von Kanto hierher gezogen ist. Er ist der erste Trainer, den der junge Professor auf seiner Reise begleitet, weshalb sich Kukui auch alle Mühe gibt, ihn zu unterstützen und zu fördern. Der Kleine ist auch sehr talentiert und hat schon allerhand hinter sich, was den Brünetten sehr stolz macht, hätte er doch nie gedacht, dass sich das alles zu einem noch größeren Abenteuer, als seine eigene Wanderschaft aufbauen würde. Zudem wohnt seit ein paar Monaten auch noch ein junges Mädchen bei hm, das er auf Bitten von Burnett bei sich aufgenommen hat. Sie hatte Lilly zu ihrer Zeit bewusstlos an einem Strand gefunden. Keiner von ihnen ahnt allerdings, dass es sich dabei um Samanthas entlaufene Tochter handelt, die verzweifelt versucht einen Weg zu finden, um ihre Mutter aufzuhalten. Die kleine Blondine gibt sich alle Mühe Manuel nebenbei bei seiner Arbeit zu helfen und dabei hoffentlich etwas über das äußerst seltene Pokémon herauszufinden, das sie ihrer Mutter entwendet hat.
 

Lilly ist jetzt jedoch nicht hier, sondern versucht einen Hinweis auf ihr Pokémon in der Bibliothek von Malihe City zu finden, sodass Sun und der Professor allein in den Ziergarten gegangen sind. Eigentlich will Kukui ihm ein paar interessante Pokémon zeigen, die nur hier im Garten vorkommen und ihm die Schönheit der ausgefallen Natur nahebringen. Allerdings kommt er damit nicht sonderlich weit. In der Ferne vernehmen die beiden ein merkwürdiges, grollendes Brummen, das sie im ersten Moment nicht einordnen können. Einige der Besucher wenden sich daraufhin hilfesuchend an ihn und berichten ihm, dass Team Skull im Garten ist und Unruhe stiftet. Dieser Gedanke gefällt dem jungen Professor gar nicht. Er hat schon einiges von dieser Truppe gehört, was wahrlich nicht schön ist und ihn mit Sorge versieht. Vieles sind seiner Meinung nach nur Gerüchte der überforderten Gesellschaft des sonst so unglaublich friedfertigen Alolas, sodass er nicht allem Glauben schenkt, was er darüber hört. Andere Sachen will er gar nicht glauben und versucht sie vehement zu verdrängen, da er sich einfach nicht vorstellen kann, dass sein ehemaliger Geliebter damit etwas zu tun haben könnte.
 


 

3
 

Am anderen Ende des Gartens starten Aaron und Bryan wieder ihre Motoren und verursachen so das Geräusch, das Kukui und die anderen hören. Sie wollen zurück zur Brücke fahren, um die Leute dort ein bisschen aufzumischen, während sich ihr Boss noch mit dem Teehaus hier beschäftigt. Das Heulen ihrer aufgemotzten Maschinen ist meilenweit zu hören und kündigt ihr Kommen schon weithin an. „Yo, Bryan! Is‘ das da hinten nich‘ dieser Kukui? Der Ex vom Boss?“, fragt Aaron und deutet auf den jungen Mann im weißen Kittel hinter der Brücke. Der Blauhaarige kneift die Augen zusammen und folgt dem Fingerzeig seines Kollegen. Als er den Professor erkennt, kommt die ganze unterdrückte Homophobie und Wut in ihm hoch, die er bis dahin dachte besiegt zu haben. Doch der Brünette macht seine ganze Arbeit zu Nichte, weil er so mies mit Bromley umgesprungen ist, sodass er jetzt immer noch davon beeinflusst wird. „Auf jeden, das is‘ er! Den mischen wa‘ jetz‘ ma‘ so richtig auf!“, knurrt er über den Motorenlärm hinweg und sein Gesicht unter der Maske verzieht sich zu einer zornigen Fratze. Aaron erwidert seine Wut und gemeinsam nähern sie sich der kleinen Gruppe Leute, in deren Mitte sich Manuel aufhält.
 

Ungeachtet des näherkommenden Lärms, erzählt Kukui erst einmal ungerührt weiter und versucht Sun von seinem Traum zu berichten, hier in Alola eine richtige Pokémon-Liga zu errichten, die irgendwann einmal das Ende der Inselwanderschaft markieren und das tropische Paradies so auf dieselbe Ebene heben soll, wie die anderen Regionen der Welt. Dort gibt es keine Inselwanderschaft, sondern die jungen Trainer ziehen aus und kämpfen in verschieden Arenen gegen besondere Trainer, um sich Orden zu verdienen, die es ihnen dann erlauben, an der Liga teilzunehmen und so Champion zu werden. Durch den Abschluss der Liga einer Region sind sie dann weltweit als Trainer anerkannt und können in andere Regionen reisen und dort ebenfalls an der Liga teilnehmen und noch viel mehr Erfahrungen sammeln. Alola ist jedoch die einzige Region, die keine Liga hat und somit fern ab von alledem, sodass es die Trainer nach ihrer Inselwanderschaft schwer haben, woanders Fuß zu fassen. Und genau das will Kukui ändern und ein wenig mit den alteingesessenen Traditionen brechen, die es hier seit Ewigkeiten gibt. Nicht, dass etwas schlecht an der Wanderschaft wäre, im Gegenteil, sie ist etwas ganz Besonderes und soll es auch bleiben, doch am Ende sollen die Anwärter die gleiche Chance haben ihre Zukunft bestreiten zu könne, wie überall sonst auf der Welt.
 

Seine Worte dringen auch zu den beiden Rüpeln vor, die nun ihre Kreise um Sun und den Professor drehen, um ihn etwas von den anderen Besuchern abzuschneiden. Schließlich stoppen sie und der Lärm verstummt. Verärgert treten die zwei näher und mustern den jungen Professor, der sie überrascht betrachtet, stand er Team Skull bis jetzt doch noch nicht persönlich gegenüber. Angst empfindet er deswegen aber keinesfalls. Stattdessen glaubt er, ziemlich leicht mit ihnen fertig werden zu können. Denn, wie er gehört hat, hat Skull eine Schwäche. Keiner von ihnen ist in der Lage Z-Attacken einzusetzen, was sie in gewisser Weise unterlegen macht. Ein schneller Blick ans Handgelenk der beiden genügt ihm, um diese Vermutung zu bestätigen. Manuel will das Können dieser Wilden dadurch zwar nicht unterschätzen, doch seine Chancen gegen sie zu bestehen, steigen dadurch doch um ein Vielfaches an.
 

Großspurig bleiben die beiden Jungs vor ihm stehen und plustern sich so richtig auf. Wild beginnen sie vor ihn zu gestikulieren, als wären sie richtig harte Gangsterrapper, doch irgendwie kann der Professor dem nichts abgewinnen. In seinen Augen wirkt es eher ärmlich, wie ein verzweifelter Ruf nach Aufmerksamkeit und was anderes kann er im allgemeinen Verhalten des ganzen Teams auch nicht herauslesen. Sie verfolgen keine absurden Pläne von Weltherrschaft oder Unterdrückung der Bevölkerung, um ihre Forderungen durchzusetzen. Nein, sie sorgen einzig und allein für Chaos und Zerstörung und rächen sich so an der Gesellschaft, von der sie sich im Stich gelassen fühlen. Kurz gesagt sind sie nichts weiter, als rebellierende Teenager, die nichts Besseres mit ihrer Zeit anzufangen wissen und gern andere ärgern. „Yo, yo, yo, Kukui!“, gibt Aaron pampig von sich. „Du willst ’ne Pokémon-Liga gründen? Da lach‘ ich mich ja schief!“, setzt Bryan nach und lacht verachtend.
 

Manuel kann innerlich nur den Kopf schütteln und ihnen stumm sein Mitleid aussprechen. Was für eine Verschwendung ihres Trainerdaseins. Nach außen hin gibt es sich jedoch möglichst cool und belächelt die Worte der beiden kurzerhand. „Vier Runden!“, erwidert er ihnen daher siegessicher und hält ihnen ungerührt stand. Die beiden Rüpel verstehen gar nichts mehr und halten kurz verwirrt mit ihrer Show inne. „Was?“, entkommt es Aaron ungläubig und er wechselt einen irritierten Blick mit seinem Kollegen, der nur die Schultern zucken kann. Manuel lächelt nur wieder. Er hat die beiden genau da, wo er sie haben will. „Greift ruhig beide auf einmal an! Niemand kennt sich mit Pokémon-Attacken so gut aus, wie ich. Mit Sternschauer oder Einäschern schicke ich euch in vier Runden auf die Bretter. Wenn ihr Ärger wollt, regeln wir das in einem Battle Royale!“, tönt er, um sie noch mehr zu verunsichern.
 

Entgeistert sehen sich die zwei erneut an. „Nich‘ dein Ernst?“, platzt es nach einer Pause aus Aaron heraus. Doch Bryan stößt ihm daraufhin etwas ungehalten mit dem Ellenbogen in die Rippen. „Mach’n wa‘ ’n fertig!“, knurrt er angesäuert und greift schon nach seinem Pokéball. Nun mischen sich auch die Zuschauer ein, um Kukui Mut zu zusprechen. „Sie schaffen das, Professor!“, meint ein Mann in der Nähe und versucht damit einschüchternd zu wirken. „Damit habt ihr euch übernommen, Team Skull!“, kontert eine junge Frau noch mehr. Die beiden Rüpel sehen einander abermals an. Diesmal jedoch voller Siegeswille, immerhin steht die Ehe des Teams und ihres Bosses auf dem Spiel und sie sind gewillt, beides um jeden Preis zu verteidigen! Bevor es jedoch dazu kommt, ertönt erneut Motorenlärm in der Ferne, der schnell näherkommt.
 


 

4
 

Die Zuschauer erkennen den Neuankömmling zuerst. „Es ist Bromley...“, raunen sie unbehaglich und treten etwas zurück. Was seine Untergebenen nicht an Ausstrahlung haben, dass vermittelt den Leuten der Weißhaarige schon eher, allein durch seine imposante Größe und Kraft. Unter den beiden Rüpeln bricht daraufhin gehässige Freude aus. „Hier kommt der Boss!“, gibt Aaron lachend von sich und bestätigt damit die Gerüchte, denen Manuel keinen Glauben schenken wollte. Mit quietschenden Reifen kommt der junge Mann auf der Mitte der Nuggetbrücke zum Stehen und hinterlässt dabei absichtlich eine qualmende, schwarze Bremsspur auf den goldfarbenen Steinen. „Drei Gegner auf ein‘ Streich plattmachen? Mir gefällt dieser Battle Royale!“, höhnt Bromley großspurig und steigt von seinem Motorrad. Manuel ist augenblicklich wie versteinert.
 

Hat mich kalt erwischt,

Dass ich dich sehe, war nicht geplant,

Alles wieder da…
 

Als Kukui seinen ehemaligen Geliebten die Nuggetbrücke hinab kommen sieht, traut er seinen Augen kaum. Bromley hat sich sehr verändert. Nicht nur sein Äußeres wirkt jetzt strenger, beinahe gefährlich, nein, er strahlt auch eine unglaubliche Selbstsicherheit aus, die Manuel in dieser Form so an ihm noch nie gesehen hat. Unweigerlich fragt er sich, ob er ihn nun fürchten muss, so wie einige der umstehenden Passanten. Doch das kann er einfach nicht. Immerhin war er über vier Jahre mit diesem Mann glücklich zusammen. Hat sein Leben, sein Bett und sogar seinen Körper mit ihm geteilt. Ihm allein hat er es zu verdanken, dass er sich heute Professor nennen darf! Und, wenn er es sich so recht bedenkt, fühlt er sich immer noch sehr zu ihm hingezogen. Kukui muss daher dem plötzlichen, unbändigen Drang widerstehen, ihm entgegen zulaufen und ihn fest in seine Arme zu schließen; ihn vielleicht sogar zu küssen, sich an seiner Brust auszuweinen und tausend Mal um Vergebung zu bitten. Oh, wie sehr vermisst er es von ihm berührt zu werden, seinen Duft zu riechen oder morgens neben ihm aufzuwachen! Er fehlt ihm jeden Tag immer noch genauso sehr, wie damals…
 

Dass du dort stehst,

Ein Bild, dass mir den Atem raubt,

Ich liege im Staub
 

Doch das geht einfach nicht, das darf nicht sein! Immerhin ist er jetzt verheiratet. Stattdessen atmet er tief durch, versucht professionell zu wirken, erst recht vor Sun, der das Ganze mit leichtem Schrecken auf sich wirken lässt, und setzt ein schiefes Lächeln auf, um so etwas wie Überlegenheit zu demonstrieren. Innerlich ist er aber jetzt schon völlig fertig, doch er kann sich einfach keine Blöße vor all den Leuten geben. Also keine Schwäche zeigen und schon gar keine fragwürdigen Gefühle, die niemand verstehen würde! Cool bleiben, Manuel! Doch Bromley scheint seinen inneren Kampf nicht zu sehen. Sein Blick ist Kukui gegenüber eiskalt, voll enttäuschter Wut und verschmähter Liebe, sodass der Brünette hart schlucken muss und mehr als froh ist, dass der inzwischen Weißhaarige die begonnene Diskussion erst einmal fortsetzt und er sich etwas zurechtlegen kann, um ihm die Stirn zu bieten.
 

Die Welt verbrennt vor meinen Augen,

Und ich kann nichts dagegen tun
 

„Kein Erbarmen! Keine Gnade! Ich bin euer schlimmster Alptraum! Oh yeah, ich bin der große, böse Bromley! Aufgepasst, ihr Maden! Sperrt schön die Glotzer auf! Es kommt zum Showdown zwischen Bromley, dem Anführer von Team Skull, und Kukui!“, höhnt er laut über das unruhige Getuschel der Zuschauer hinweg. Dann stellt er sich direkt vor seinen Ex-Freund und blickt auf ihn hinab, als wäre er nichts, absolut nichts mehr für ihn. Dieser Blick bricht Manuel förmlich das Herz, dennoch lässt er es sich nicht anmerken. „Kukui, Kukui. – Eins ham wa‘ zwei ja gemeinsam. Wa‘ hatten beide nich‘ das Zeug zum Captain. Ich kann ja verstehen, dass du was Neues auf die Beine stellen willst. Mir wär‘ ‘ne vernünftige Liga auch lieber, als unsre sogenannten Inselkönige und Captains, diese überflüssigen Relikte aus der Vergangenheit. Da gibt’s nur ‘nen kleinen Haken, mein Freund! Die Liga ist so überflüssig wie du! Denn, wer hier der Stärkste is‘, das is‘ doch schließlich längst entschieden!“, bohrt der Käfer-Trainer weiter und verpasst seinem Gegenüber damit nur noch mehr Leid. Allein schon, wie Bromley ihn anspricht. Ihn einfach nur so abwertend ‚Kukui‘ schimpft, als würden sie sich gar nicht kennen, als würde sie nichts verbinden, tut so schrecklich weh. Doch abermals versucht der Brünette darüber hinwegzusehen und seine Fassade aufrecht zu halten, damit die Leute nicht merken, was einmal zwischen ihnen war.
 

Du sagst irgendetwas,

Aber es kommt nicht bei mir an,

So nah, so fern…
 

„Da liegst du falsch, Bromley. Ich hätte durchaus Captain werden können. Aber ich wollte lieber meinen – meinen Wunschtraum verwirklichen. Als ich auf der Suche nach einer Attacke war, mit der ich gegen Hala gewinnen könnte, da hatte ich einen Geistesblitz! So etwas wie eine ultimative Attacke gibt es nicht. Worauf es ankommt, ist, die richtige Attacke zur richtigen Zeit einzusetzen. Das macht einen guten Trainer aus! Und damit Trainer solche Situationen üben können, brauchen wir eine Pokémon-Liga!“, versucht er sich zu rechtfertigen und trifft damit irgendwie einen wunden Punkt bei dem Jüngeren, was diesen etwas die Fassung verlieren lässt. „Ach ja, du Möchtegern-Professor? Ich pass‘ auf diesen elenden Haufen von Taugenichtsen auf! Und niemand macht meine Leute so blöd von der Seite an, schon gar nich‘ du, checkstes? Captain hin oder her – wer Bromley heißt, der braucht keinen abgedrehten Titel, um das zu beschützen, was ihm wichtig is‘!“, knurrt er ihm entgegen, sodass es Kukui eiskalt den Rücken hinunterläuft.
 

Es ist aussichtslos,

Sagt mein Verstand und schließt die Tür,

Doch ich bleibe hier!
 

„Ach Boss, das haste aber schön gesagt!“, kommt es ganz gerührt von Aaron. „Klappe halten!“, wirft der Weißhaarige zurück, doch es klingt keineswegs wütend. Eher völlig neutral, beinahe liebevoll und er blickt sich kurz nach seinen zwei Mitstreitern um, während die Andeutung eines Lächelns über seine Lippen huscht. Manuel verfolgt diese kurze Szene fasziniert. Scheinbar hegt sein Ex-Freund eine sehr vertraute und enge Bindung zu seinen Untergebenen, sodass nicht einmal das Wort ‚Taugenichtse‘ etwas Abwertendes für sie an sich hat. Er hätte es nie für möglich gehalten, dass Bromley überhaupt einmal in der Lage sein könnte ein Team zu führen. Nicht bei seinen ganzen Marotten, Ticks und Problemen. Klar, auf ihrer Inselwanderschaft schien es immer eher so, als hätte er die Führung und Kukui ist ihm beinahe blind gefolgt, doch er wirkte stets so verloren und planlos auf ihn, selbstzerstörerisch noch obendrein.
 

Die Welt verbrennt vor meinen Augen,

Und ich kann nichts dagegen tun
 

Mit Pokémon hat er sich immer besser verstanden, als mit Menschen und nun sieh ihn nur mal einer an! Der Anführer einer gefürchteten Verbrecherbande, die nur aus halbstarken Teenagern besteht und sie folgen ihm genauso hoffnungsvoll und blind, wie es Manuel einst getan hat – es auch heute noch jeder Zeit tun würde. Innerlich kann der junge Professor nur schmunzeln. Trotz allem, was passiert ist, hat es sein ehemaliger Liebhaber weit gebracht, wenn auch auf der falschen Seite, und so schnell wird ihn sicher nichts zu Fall bringen und das macht ihn irgendwie ein bisschen stolz. Doch ehe sein Lächeln doch noch den Weg an die Oberfläche schafft, vernimmt er das Tuscheln der umstehenden Passanten und besinnt sich wieder, dass er sich hier keine Blöße geben darf. Also setzt er ein keckes Grinsen auf und neckt seinen Ex-Freund noch etwas weiter, in der Hoffnung, das Ganze möglichst bald zu beenden, bevor einer von ihnen doch noch etwas Dummes tut.
 

Wer liebt, der glaubt nicht an das Ende

Wer liebt, setzt alles auf eine Zahl
 

„Na los, Bromley, zeig doch mal, dass du nicht nur eine große Klappe hast, sondern auch ein paar tolle Attacken einsetzen kannst. Also, sofern du das kannst. – Schließlich ist Sun auch mit von der Partie. Stimmt’s?“, hoffnungsvoll blickt er zu seinem kleinen Begleiter hinab. Aus irgendeinem Grund wird ihm bewusst, dass er keine Chance gegen den Käfer-Trainer hätte – mit oder ohne Z-Attacken – und es besser wäre, Sun das Ganze machen zu lassen. Immerhin kennt Bromley seine Kampftechnik in und auswendig, hat ihn in so gut wie jeden ihrer Trainingskämpfe haushoch besiegt und das selbst mit Manuels Z-Attacken, und Kukui hat daher vermutlich nichts, womit er ihn noch beeindrucken, geschweige denn überraschen könnte. Sun jedoch ist neu für ihn, unbekannt und, was noch wichtiger ist, er kann ebenfalls Z-Attacken einsetzen und ist nicht nur damit dem Größeren einen Schritt voraus. „Ja, klar!“, entkommt es Sun, auch wenn ihn der Anblick des rebellischen Skull-Führers schon etwas einschüchtert.
 

Wer liebt, der kann das Schicksal wenden,

Weil Liebe nicht sterben kann!
 

Verwundert hebt Bromley eine Augenbraue, als hätte er den kleinen Jungen jetzt erst bemerkt, und mustert ihn eingehend und herablassend zu gleich. „Oho, ‘n Junge auf Inselwanderschaft? Siehst nich‘ grad wie Halas Enkel aus...“, geht es ihm durch den Kopf, kann er sich doch erinnern, dass der Bengel des Inselkönigs eine braunere Haut hat, statt dieses Milchbrötchens hier vor sich. Andererseits hat er den Bengel bisher nur einmal gesehen und das ist auch schon ewig her. „Das ist Sun. Er ist erst letztes Jahr nach Alola gezogen und hat seitdem eine ganze Menge Abenteuer erlebt, Entdeckungen gemacht und Erfahrungen gesammelt. Die Attacken, die Sun und seine Pokémon einsetzen können, hauen jeden aus den Socken! Wenn du dich für den stärksten Trainer hältst, dann solltest du gegen ihn kämpfen, Bromley!“, meint Manuel herausfordernd.
 

Du bist wie ein Stern,

Den ich noch sehe, obwohl ich längst

Erloschen bin
 

Der hochgewachsene Mann lacht nur herabwürdigend auf. „Jetz‘ hetzt mich dieser Attacken-Heini auch noch auf sein‘ armen Schützling los! Was erhoffste dir von dieser Sache mit der Inselwanderschaft, du Zwerg?“ Sun wirft einen etwas hilflosen Blick zum Professor, dieser lächelt ihm aufmunternd entgegen. „Das weiß ich noch nicht so genau…“, gesteht er schließlich ehrlich und bringt den Käfer-Trainer damit nur erneut zum Lachen. „Pah! Was für’n Armutszeugnis! Und was dich angeht, Kukui…“, er tritt noch näher an ihn heran, damit nicht jeder mitbekommt, was er nun zu sagen hat. „Glaub bloß nich‘, dass ich schon alles vergessen oder dir verziehen hätt‘, Freundchen! Das wird noch ein böses Ende für dich nehm‘!“, knurrt er ihm entgegen, woraufhin Manuel erschrocken zusammenzuckt und unbewusst einen Schritt zurücktritt.
 

Dass, was richtig war,

Kam leider nur zur falschen Zeit,

Nicht zum Glück bereit…
 

Dann erhebt Bromley wieder die Stimme. „Bevor ich dich so richtig plattmache, Kukui, zerstöre ich alles, was dir wichtig is‘! Und anfangen werd‘ ich mit deinem Hosenscheißer hier! Denn ich bin die Zerstörung in Person! Ich werd‘ dir zeigen, was es heißt, so richtig plattgemacht zu werden, Kleiner!“ Wilde Funken scheinen aus seinen schiefergrauen Augen zu sprühen, als er Sun mit seinem Blick regelrecht zu durchbohren scheint und dabei siegessicher seinen Pokéball aus der Tasche zieht.
 


 

5
 

Unsichtbar grinsend freuen sich die beiden Rüpel schon auf den bevorstehenden Kampf. Mit wilden Gesten drängen sie die Zuschauer und auch Kukui von den zwei Gegnern weg. „Los Leute, macht ma‘ ‘n bisschen Platz für den Boss!“, tönt Aaron laut. „Yo, sonst seiter selbst schuld, wenn ihr eins auf die Nuss bekommt!“, fügt Bryan hinzu und beiden ist anzusehen, dass sie sich darüber jedoch besonders freuen würden. Erst recht, wenn dieser jemand der dümmliche Professor ist. Doch der Brünette fügt sich bereitwillig. Sein junger Schützling wirft ihm einen etwas hilflosen und überforderten Blick zu. Manuel versucht ihn aufmunternd zu erwidern, was ihm aber nur mäßig gelingt. „Du schaffst das, Sun! Ich glaube an dich, solange du nicht den Glauben an deine Pokémon verlierst!“, ruft er dem kleinen Jungen noch zu, ehe er von den Rüpeln regelrecht weggeschupst wird. „Ruhe hier auf ‘n billigen Plätzen, du Kittelträger, sonst setzt’s was!“, drohend ballt Bryan die Faust und hält sie dem Älteren direkt unter die Nase. Beschwichtigend hebt Kukui die Hände und tritt noch ein paar Schritte zurück.
 

Da nun endlich genug Platz zum Kämpfen ist, postieren sich die beiden Trainer, mustern sich über das Feld hinweg sehr genau. Auf Bromley’s Gesicht liegt ein verwegenes Grinsen, das Manuel noch sehr gut von früher kennt, tauchte es doch immer dann auf, wenn sich der Käfer-Trainer seines Sieges mehr als sicher war. Sein Gegenüber hingegen wirkt etwas eingeschüchtert, ist er es doch nicht gewohnt vor einer solchen Menge zu stehen, die jeden seiner Schritte genau beobachtet und so möglicherweise ein Urteil über ihn fällt. Was ist, wenn er also gegen diesen Rabauken verliert? Hat er dann überhaupt noch eine Chance als Trainer ernst genommen zu werden? Werden die Leute ihn vielleicht sogar auslachen und er sieht sich dann gezwungen, seine Inselwanderschaft und seinen Traum vom Titel des Champions aufzugeben? Der Schwarzhaarige fühlt sich hin und her gerissen. Doch der Professor hat recht. Er darf nicht aufgeben, muss seinen Pokémon blind vertrauen und alles geben! Es steht viel auf dem Spiel und das Böse – wenn man diese verirrten Halbstarken und ihren Boss denn überhaupt so bezeichnen kann – darf einfach nicht gewinnen!
 

Also setzt Sun einen entschlossenen Blick auf, der von Bromley allerdings nur belächelt wird. Der Junge wirft einen letzten Blick zum Professor hinüber und konzentriert sich dann auf seinen Gegner. Unbemerkt dessen fällt Manuel aber in einen tiefen, inneren Konflikt. Selbstverständlich möchte er, dass sein Schützling Erfolg hat und diese Chaoten mal zurechtstutzt. Andererseits wünscht er sich unverständlicherweise auch das Gegenteil. Er möchte, dass Bromley diesen Kampf gewinnt – am besten sogar haushoch! Er soll sich damit an ihm rächen können, für all das Leid, das er seinetwegen erfahren musste, damit so etwas wie ein Abschluss zwischen ihnen zustande kommen kann. Doch was kommt danach? Welches Ziel verfolgt Team Skull wirklich? Wo soll das alles hinführen? Kukui findet darauf keine Antwort. Doch, wenn er könnte, würde er alles ungeschehen machen, die Zeit zurückdrehen und verhindern, dass es soweit kommt. Verhindern, dass er sich auf Burnett einlässt oder vielleicht sogar verhindern, dass er überhaupt mit Bromley zusammenkommt. Doch egal, für was er sich entscheiden würde, er allein würde über die Zukunft aller entscheiden und es wäre mit Sicherheit weit besser, als es jetzt der Fall ist.
 

Seine Gedanken überschlagen sich immer heftiger und er weiß schon gar nicht mehr, für was er sich entscheiden soll, obwohl es doch nur eine sinnvolle Antwort gibt. Aber er will sie nicht sehen! Will sie nicht wahrhaben. Manuel atmet tief durch, versucht sich zu beruhigen. Ob ihn der Ausgang dieses Kampfes erfreuen oder erschüttern wird, lässt er besser ganz den Zufall entscheiden. Er will sich nicht auf etwas festlegen, da er in jedem Fall enttäuscht werden würde. Also lässt er sein Herz die Entscheidung treffen, wenn es soweit ist. Nun jedoch beginnt erst einmal der Kampf. Und wie er es schon befürchtet hat, schickt Bromley ein Tectass in den Ring. Zuerst denkt Kukui, es würde sich dabei um Buddy handeln, welchen er zuletzt bei dem Weißhaarigen gesehen hat. Doch bei genauerem Hinsehen, fällt ihm auf, dass es ein anderes Tectass ist, das er noch nicht kennt und es demzufolge auch nicht einschätzen kann. Aber so, wie er seinen Ex-Freund kennt, wird dies absolut kein leichter Gegner für Sun werden.
 

Auch der junge Anwärter schreckt etwas vor dem großen Samurai zurück und befragt erst einmal seinen Pokédex. „Das Ding wird dir auch nich‘ helfen, Junge. Also mach endlich!“, harscht der Käfer-Trainer ihn an. Der Schwarzhaarige lässt sich jedoch nicht aus der Ruhe bringen. Nach kurzem Nachdenken entscheidet er sich schließlich für sein Snobilikat. Als die sandfarbene Großkatze auf dem Kampffeld erscheint, runzelt der Ältere für einen Moment verwundert die Stirn. Hier in Alola sind die Snobilikat grau gefärbt und haben einen plumperen Körper, der sie weniger elegant aussehen lässt. Sun hat das Pokémon aber aus Kanto mitgebracht. Wirklich kümmern tut diese Tatsache den Skull-Boss aber nicht, er sieht sich dennoch im Vorteil. Also hockt er sich ganz gemütlich hin und gibt seinem Pokémon den ersten Befehl.
 

„Los Pote! Überrumpler!“ Blitzartig schießt Tectass nach vorn und holt aus. Für einen Moment ist Sun völlig überwältigt von der Geschwindigkeit, die dieses plump aussehende Wesen an den Tag legt. „Snobilikat, halt mit Kratzer dagegen!“ Die Großkatze gibt ein Fauchen von sich, macht dabei einen Buckel und fährt die scharfen Krallen aus. Ehe sie jedoch angreifen kann, wird sie von Pote gewaltsam von den Füßen gerissen und zur Seite geschleudert. Ein überlegenes Grinsen huscht über Bromley’s Gesicht hinweg. Noch gibt sich der Kater allerdings nicht geschlagen und stemmt sich schwerfällig wieder auf die Beine. Im Gegensatz zur Alola-Form trägt er den Normal-Typ. Das hier heimische Snobilikat ist jedoch vom Typ Unlicht und damit äußerst empfindlich auf Angriffe von Käfern. Aber auch diese Tatsache kümmert den Weißhaarigen nicht sonderlich, hat sein Angriff doch ziemlich gesessen.
 

Er lässt Sun auch nicht die Zeit zum Nachdenken und befiehlt schon den nächsten Angriff. „Zeig’s diesem räudigen Fellhaufen mit Kalkklinge!“ Angriffsbereit prescht Pote wieder vor. „Snobilikat, benutz Finte!“, hält Sun dagegen. Der sandfarbene Kater schafft es, dem Angriff des Samurai auszuweichen und gelangt dabei so in dessen Rücken. Leicht verwundert blickt sich der Käfer um und der Vierbeiner nutzt seine Chance und landet einen harten Treffer. Überrascht taumelt Tectass ein paar Schritte vorwärts. Bromley entkommt ein missgünstiges Knurren und er befiehlt der Riesenassel den Angriff zu wiederholen. Sein Gegner verfolgt aber die gleiche Taktik und so kommt es, dass die Großkatze erneut einen harten Treffer landen kann.
 

Geschwächt stützt sich Tectass auf seine langen Klauen. Seine Kraft hat einen kritischen Bereich unterschritten und seine Fähigkeit aktiviert sich dadurch automatisch. Diese ermöglicht dem großen Käfer nun den sofortigen Rückzug. Mit schweren Schritten kommt er auf Bromley zu, blickt ihn entschuldigend an und lässt sich dann hinter ihm ins Gras plumpsen. Wehmütig betrachtet der Weißhaarige sein Pokémon und erhebt sich. Sanft streicht er dem Samurai über den gepanzerten Rücken. „Haste prima gemacht, Kumpel. Ruh dich ‘n Moment aus.“, teilt er seinem Partner mit liebevoller Stimme mit. Dankbar sieht ihm Tectass in die Augen. Doch etwas überrascht verfolgt Sun die Szene, hätte er im Leben nicht gedacht, dass dieser Rabauke mit seiner unflätigen Ausdrucksweise, so freundlich mit seinen Pokémon umgehen würde.
 

Auch Kukui rührt der Anblick und entlockt ihm ein sanftes Lächeln. So viel sich auch zwischen ihnen geändert haben mag, so scheint sein Ex-Freund doch immer noch der Gleiche zu sein, zumindest, was den Umgang mit seinen geliebten Käfern anbelangt. Eine Beständigkeit, die Manuel die Hoffnung gibt, dass es eines Tages, wenn das alles hier irgendwie überstanden ist, vielleicht wieder so werden könnte wie früher und aus Bromley doch noch ein ehrbarer Trainer wird.
 

Ungeachtet dessen geht der Kampf weiter. Der Weißhaarige zieht einen weiteren Pokéball hervor, aus dem sich nun eine große, vierbeinige Spinne manifestiert. Mit kampfbereitem Blick schaut sich Ariados auf dem Feld um und schlägt dabei immer wieder seine großen Kieferzangen zusammen, um bedrohlicher zu wirken und seine Angriffslust zu signalisieren. Dabei erzeugen die scharfen Werkzeuge ein klickendes, schabendes Geräusch, fast so, als würde eine Frau mit hohen Absätzen schnell über einen Holzboden laufen. Snobilikat rümpft verstimmt die Nase und gibt ein missgünstiges Fauchen von sich. Auf Suns Befehl hin flitzt der Kater dann mit gebleckten Zähnen auf seinen Gegner zu und beißt ihn in den empfindlichen Hinterleib. Die große Spinne gibt ein klägliches Fiepen von sich, schafft es aber, den Angreifer wieder loszuwerden.
 

„Sehr gut und jetz‘ Stachelfinale!“, tönt Bromley über das Kampffeld. Ariados bäumt sich auf und schlägt wieder klickend die Kieferzangen zusammen. Der große Stachel an seinem Hinterleib beginnt violett aufzuleuchten, ebenso der große Stachel auf der Stirn des Arachniden. Einen Moment später hebt Ariados den Hinterleib an und die beiden Stacheln schießen mit mächtiger Geschwindigkeit auf die Großkatze zu. Diese versucht noch auszuweichen. Der erste Stachel streift sie jedoch an der ungeschützten Flanke, was sie aus der Bahn wirft, woraufhin sich der zweite Stachel mit fataler Präzision in ihren Rücken bohrt. Mit einem entsetzlichen Mauzen geht Snobilikat zu Boden und kann nicht mehr weiterkämpfen. Begeistert beginnt die große Spinne mit ihrem Hinterleib zu wackeln und blickt sich nach ihrem Trainer um, der ihr ein stolzes Lob ausspricht. Doch das ist noch lange nicht alles. Da es Ariados gelungen ist, seinen Gegner mit Stachelfinale zu besiegen, steigt dadurch nun sein Angriff um ein Vielfaches an!
 

„Jetz‘ biste fällig, du Rotznase!“, höhnt Bromley zuversichtlich, während Sun sein besiegtes Pokémon zurück in den Ball ruft. Das enttäuschte, betroffene Raunen der Menge blendet er vehement aus und greift nach einem anderen Ball. Der Haken an der Sache ist aber, dass es sein letztes Pokémon ist, da er zurzeit erst zwei besitzt. Er ahnt ja auch nicht, dass es Bromley da genauso geht. Daher fasst Sun den Schluss, die Spinne mit einem einzigen Schlag fertigmachen zu müssen, damit er noch genug Kraft hat, um es mit allem anderen, was ihm dieser Gauner entgegenbringt, aufnehmen zu können. Und er weiß auch schon genau, wie er das anstellen muss. Geschickt wirft er den Pokéball aufs Feld und eine weitere Katze springt daraus hervor. Diesmal ist es jedoch ein Miezunder, ein kleiner Feuertiger. Er hofft inständig, dass er den Kampf damit gewinnen und Kukui stolz machen kann, hat er die Vorstufe des orange-schwarz gestreiften Katers doch als Geschenk vom Professor zu Beginn seiner Reise bekommen.
 

Bromley wirkt nur belustigt beim Anblick des zweiten Katers. „Sag ma‘, Kleiner. Haste etwa ‘ne Vorliebe für Mietzen?“, neckt er den Jungen gehässig lachend und muss dabei unweigerlich ein bisschen an den alten Yasu mit seinen vielen Mauzis denken. „Und wenn schon!“, erwidert der Schwarzhaarige patzig und versucht sich nicht davon aus dem Konzept bringen zu lassen. Er muss sich jetzt konzentrieren, da er nur einen einzigen Versuch hat, um Ariados zu erledigen. Bevor er jedoch soweit ist, greift die große Spinne auch schon wieder an. „Miezunder, ausweichen!“, entkommt es ihm erschrocken. Nicht sonderlich überrascht stellt der Junge allerdings fest, dass der Kater dazu nicht mehr in der Lage ist, da auch die jetzige Attacke des Käfer-Trainers eine erhöhte Priorität hat. Ariados‘ Schatten wird plötzlich sehr lang und rast ungehalten auf den Feuertiger zu. Als er ihn erreicht, taucht förmlich eine Faust aus der Schwärze auf und verpasst dem Kater einen mächtigen Schattenstoß.
 

Das reicht jetzt! Sun darf keine Zeit mehr verlieren, sonst ist der Kampf entschieden. Entschlossen sucht er den Blick seines Pokémon und dieses versteht sofort, was sein Trainer von ihm erwartet. Unter Bromley’s verhasstem Blick, beginnt der kleine Junge damit, einen Z-Tanz aufzuführen, der das Schicksal der großen Spinne besiegeln wird. „Dynamische Maxiflamme!“, ruft Sun über das Getöse hinweg. Augenblicklich springt der Weißhaarige erschrocken auf, weiß er doch nur zu gut, was nun folgen wird. „Nein!“, brüllt er entsetzt, doch da ist es schon zu spät. Die gewaltige Feuerkugel hält auf den fluchtunfähigen Arachniden zu und hüllt ihn gänzlich ein. Die entsetzlichen Schreie des Käfer-Pokémon dringen aus der Flammenhölle heraus und brennen sich regelrecht in den Kopf des Skull-Führers ein.
 

Gedankenlos setzt er dazu an, seinem Partner zur Hilfe zu eilen. Allerdings wird er im letzten Moment von Tectass zurückgehalten. Der kräftige Samurai schließt ihn in seine großen Arme ein und hält ihn davon ab, sich selbst zu verbrennen. Schockiert beobachtet Kukui den fast schon verzweifelten Akt Tectass‘, seinen Trainer vor dieser Dummheit zu bewahren. Innerlich schüttelt der junge Professor den Kopf. Es scheint so, als sei sein einstiger Geliebter immer noch nicht in der Lage, einem Kampf freien Lauf zu lassen, wenn es schlecht um sein Team steht.
 

Als sich die Flammen endlich legen, lässt Pote seinen Trainer widerwillig aber tonlos wieder los und betrachtet wehleidig seinen gefallenen Kameraden. Ariados liegt besiegt am Boden und rührt sich nicht mehr. Von seinem verbrannten Körper steigen schwere Rauchschaden auf und ein widerlich süßer Gestank liegt in der Luft. Augenblicklich stürzt Bromley in den Ring und hebt die dreißig Kilo schwere Spinne auf den Arm, als wäre sie nur ein Fliegengewicht. „Sag doch ‘was, bitte!“, fordert er den Arachniden verzweifelt auf. „Irgendwas...“ Nach einem schier endlos erscheinenden Moment, öffnet Ariados schwerfällig die Augen und blickt ihn kraftlos an. „Oh fuck...“, bringt Bromley erleichtert hervor. „Geht’s dir gut?“, fragt er mit wenig Hoffnung und leicht bebender Stimme. Ariados bewegt sich jedoch etwas in seinen Armen und streckt den Kopf nach oben. Nach einem Augenblick gelingt es der Spinne seine Kieferzangen zu öffnen und sie ganz vorsichtig um die Nase ihres Trainers zu legen.
 

Diese Geste erwärmt Kukui wahrlich das Herz. Die Bindung zwischen Bromley und seinen Pokémon ist so unglaublich schön und stark, dass er schon nachvollziehen kann, warum es der Weißhaarige nicht unterlassen kann, auf das Kampffeld stürmen zu wollen, wenn seine Partner Schaden erleiden oder besiegt werden. Dennoch ist es nicht richtig und schrecklich gefährlich. Auch Sun tut es schon fast ein bisschen leid, dass er so eine mächtige und überaus effektive Attacke gegen die Spinne eingesetzt hat. Trotzdem hatte er nicht wirklich eine andere Wahl. Der zornige Blick des Käfer-Trainers trifft ihn schwer, als sich dieser mit seinem verletzten Pokémon im Arm zurückzieht. „Das wirste mir büßen!“, gibt er ihm auch noch zu verstehen, bevor er sich zu Tectass umwendet und die Spinne vorsichtig ins Gras legt.
 

Der Samurai weiß sofort, was von ihm erwartet wird, erhebt sich und stapft wieder auf das Feld. Die Augen der großen Assel funkeln wild entschlossen. Kurz darauf stürmt Pote auch schon los und setzt zu seinem Überrumpler an. Miezunder versucht noch verzweifelt auszuweichen, doch es ist nahezu unmöglich. Heftig wird der Kater zu Boden geworfen und hat alle Mühe wieder auf die Füße zu kommen. „Setz Biss ein!“, befiehlt Sun dem kleinen Tiger. Fauchend rennt dieser los, während Tectass schon zu seiner Kalkklinge ansetzt. Diese Wasser-Attacke würde das Feuer-Pokémon sofort besiegen. Doch im allerletzten Augenblick gelingt es dem Vierbeiner auszuweichen. In Windeseile dreht er sich herum und beißt mit aller Kraft zu. Getroffen gibt Pote ein klägliches Jammern von sich und schüttelt die Katze von sich.
 

Erneut befehlen beide Trainer ihren Pokémon die Attacke zu wiederholen. Beide Seiten sind schwer angeschlagen, sodass ihre Bewegungen einiges an Elan verloren haben. Sie wirken schon beinahe schwerfällig, atemlos. Dennoch steuern sie fest entschlossen auf einander los. Diesmal ist es noch viel knapper. Miezunder kann die scharfen Klauen des Samurai schon über seinen Rücken schrammen spüren. Trotzdem trifft die Attacke nicht und der kleine Tiger versenkt abermals seine spitzen Zähne im Körper des Käfers. Der Schrei, den Tectass dabei ausstößt, hat vieles von seiner Kraft verloren und ist Zeugnis seines mitgenommenen Zustandes. Es gelingt ihm nicht einmal mehr, den Vierbeiner abzuschütteln. Stattdessen sinkt er auf die Knie und bricht dann endgültig zusammen.
 


 

6
 

Für einen Moment herrscht geradezu ersticktes Schweigen unter allen Anwesenden, dann bricht heftiger Jubel unter den Zuschauern aus. Erst der laute Chor ihrer Stimmen macht Sun klar, dass er tatsächlich gewonnen hat. Fassungslos starrt er Miezunder an, das erschöpft aber zufrieden mit erhobenem Haupt auf ihn zu gelaufen kommt. Bromley hingegen versteht die Welt nicht mehr. Wie konnte er nur verlieren und dann auch noch gegen einen solchen Anfängerzwerg? „Abgefahren – Du bist echt abgefahren!“, entkommt es dem Käfer-Trainer atemlos, dennoch hört Sun ihn über den Jubel der Menge hinweg laut und deutlich. „Das war ein toller Kampf!“, entgegnet er dem Älteren lächelnd und vollkommen ehrlich. Im selben Augenblick verspürt Kukui einen heftigen Stich im Herzen. Er kann es kaum glauben, doch er würde Sun am liebsten dafür verfluchen, dass er Bromley vor all diesen Leuten hier so vorgeführt hat. Langsam ballt er die Fäuste und versucht seine Enttäuschung runterzuschlucken und sich einzureden, dass es so doch viel sinnvoller und richtiger ist; dass das Gute stets über das Böse triumphieren sollte. Doch stimmt das wirklich? Bromley ist nicht von Grund auf böse und wird es seiner Meinung nach auch niemals sein. Irgendjemand benutzt ihn daher sicher nur, da ist sich Manuel völlig sicher. Doch wer? Und wieso?
 

Die Welt verbrennt vor meinen Augen,

Und ich kann nichts dagegen tun
 

Er kann seine Gedanken nicht mehr ordnen, da passiert etwas, von dem er inständig gehofft hatte, es nie wieder sehen zu müssen. Während die Zuschauer Sun in ihre Mitte ziehen und ihm herzlichst gratulieren, versinkt Bromley in einem tiefen Loch. Gebrochen sinkt er mit glasigen Augen auf die Knie. „Nein...“, wimmert er schon fast und ruft seine beiden geschlagenen Pokémon in ihre Bälle zurück. Aaron und Bryan stehen hilflos neben ihm und wissen nicht recht, was sie tun sollen. Der Käfer-Trainer stürzt immer tiefer in das Loch der Niederlage, Schmach und Schande, und plötzlich hört er eine Stimme in seinem schmerzenden Kopf. Eine Stimme, die er nicht hören will und sich ihr dennoch nicht widersetzen kann. ‚Bromley, was treibst du denn da?‘, höhnt sein Vater wütend in seinen mitgenommenen Gedanken und der Weißhaarige spricht dieses grausame Mantra im selben Moment laut aus und erschreckt Kukui damit fast zu Tode. ‚Was bist du nur für ein elender Versager? Verlierst gegen ein kleines Kind? Eine größere Enttäuschung kann es ja gar nicht mehr geben! Doch ich weiß schon, wie ich dich wieder auf den rechten Pfad bringe, du jämmerlicher Bastard!“, tönt sein Vater wildentschlossen und holt mit dem Golfschläger aus...
 

Wer liebt, der glaubt nicht an das Ende

Wer liebt, setzt alles auf eine Zahl
 

Bromley gibt einen ersticken Schrei von sich, den niemand außer Kukui und den beiden Rüpeln zu hören scheint. Die Zuschauer sind viel zu sehr mit Sun beschäftigt, als das sie noch einen Funken Interesse an diesen Rabauken hätten. „Boss? Is‘ alles in Ordnung?“, fragt Aaron vorsichtig, ist er sich doch nur zu gut bewusst, was dieser gerade durchmacht. Der Weißhaarige kann ihm jedoch nicht antworten, sondern blickt sich mit leeren Augen um. Ein Zittern geht durch den jungen Professor und erneut setzt ein innerer Konflikt in ihm ein. Soll er seinem ehemaligen Geliebten helfen oder einfach nur zuschauen und hoffen, dass die Rüpel das allein hinbekommen? Zumindest wirken die beiden nicht so, als wäre das erschreckende Verhalten ihres Anführers neu für sie. Unschlüssig tauschen die zwei dennoch einen Blick aus. Und dieser kurze Moment genügt Bromley, um einen faustgroßen Stein zu finden, der beim Kampf aus dem Boden gerissen wurde.
 

Wer liebt, der kann das Schicksal wenden,

Weil Liebe nicht sterben kann!
 

Den Bruchteil einer Sekunde betrachtet er den Stein mit der verzweifelten Faszination eines Geisteskranken, dann schlägt er sich diesen scharfkantigen Splitter mit voller Wucht gegen die Stirn! Klirrend zerspringt das linke Glas seiner Sonnenbrille und das lädierte Gestell landet klappernd auf dem Boden. Augenblicklich sprudelt ein Stoß Blut aus der Wunde hervor und überzieht sein blasses Gesicht mit einem grotesken Muster; gleich der wilden Kriegsbemalung eines rachsüchtigen Indianers, der den Lebenssaft seines Opfers wie eine Trophäe in seinem Gesicht zur Schau stellt. Gleichzeitig scheint es so, als hätte Bromley den Schlag gar nicht gespürt, hat er doch noch nicht einmal eine Winzigkeit gezuckt, irgendeinen Laut von sich gegeben oder auch nur eine Regung in seinem Antlitz gezeigt. Noch ehe Manuel den Anblick verkraften kann, hebt der Weißhaarige den Stein erneut zu einem zweiten Schlag.
 

Die Liebe geht ganz leise,

Und das, was jetzt noch bleibt
 

Erstickt holt Kukui Luft, vergisst für den Moment all die anderen Leute um sich herum und stolpert einen Schritt nach vorn. „Nein!“, stößt er den Tränen nahe aus. Nun werden auch die Rüpel auf das Ganze aufmerksam. „Scheiße, Boss! Mach das nich‘!“, entkommt es Aaron der Verzweiflung nahe. Schnell hockt er sich neben den Größeren und windet ihm geschickt den Stein aus den kraftlosen Fingern. Sanft schließt der Blauhaarige den Käfer-Trainer in die Arme und wiegt ihn wie ein kleines Kind hin und her. Bromley lässt das Ganze wortlos über sich ergehen, ist aber noch völlig neben sich. Bryan hockt sich vor die beiden und zieht ein Taschentuch hervor, mit dem er den Großteil des Blutes versucht wegzuwischen. Völlig erstarrt betrachtet der junge Professor diese Szene, hin und her gerissen zwischen der Liebe und Sorge zu Bromley und der tiefen Dankbarkeit den Rüpel gegenüber, dass sie sich so um ihn zu bemühen versuchen.
 

Sterne fallen ins Dunkel,

Versinken im Meer der Zeit
 

Langsam tritt der Brünette einen Schritt näher, vielleicht kann er ja doch so etwas wie erste Hilfe leisten, wie er es all die Jahre getan hat, die er mit dem Größeren verbrachte? Leider hat er da die Rechnung ohne die Rüpel gemacht. Aaron sieht, dass er sich unerlaubter Weise nähert und schließt Bromley augenblicklich fester in die Arme. Seine blauen Augen erdolchen Kukui regelrecht mit ihren Blicken. „Vergiss es, Freundchen!“, faucht er den Professor förmlich an. Schlagartig erhebt sich Bryan und wendet sich zu ihm um. Mit geballten Fäusten tritt er an Manuel heran. „Was is‘, du Heini? Ja, sieh genau hin! Das is‘ deine Schuld! Deine verfickte Schuld, du elender Mistkerl!“, brüllt er ihn ungehalten an. Erschrocken weicht Manuel einen Schritt zurück. „Ja aber – ich will doch bloß...“, versucht er sich zu erklären.
 

Wer liebt, der glaubt nicht an das Ende

Wer liebt, setzt alles auf eine Zahl
 

„Verpissen willste dich, sonst gar nichts!“, entgegnet ihm Aaron aufgebracht. „Aber...“, setzt Manuel erneut an und macht unbewusst einen Schritt vorwärts. Prompt schubst Bryan ihn wieder zurück und packt ihn dann grob an seinem Kittel. „Du hast’s gehört! Verpiss dich und geh dein verdammtes Flittchen ficken, du Arschloch! Mach, dass du Land gewinnst, bevor ich mich vergess‘!“, knurrt der Blauhaarige ungehalten und schubst den Professor erneut, diesmal so heftig, dass Kukui fast zu Boden stürzt. Entsetzt blickt er die beiden Rüpel an, die plötzlich nichts Mitleidiges und Armseliges mehr an sich haben, und kämpft mit den Tränen. „Es – es tut mir leid...“, bringt er stockend hervor und versucht sich zu beruhigen, da Sun und die Zuschauer langsam Wind von der Sache bekommen.
 

Wer liebt, der kann das Schicksal wenden,

Weil Liebe nicht sterben kann!
 

„Den Scheiß kannste ma‘ schön stecken lassen, Alter! Das glaubt dir eh keiner!“, erwidert Aaron bösartig. Dann zieht er sich das Tuch vom Gesicht und haucht Bromley liebevoll einen Kuss auf die Wange. „Das wird schon wieder, Boss...“, haucht er ihm liebevoll entgegen. Diese simple Geste scheint auszureichen, um Bromley wieder in die Wirklichkeit zurückzubringen. Blinzelnd kommt er zu sich und sieht sich etwas verwirrt um. Mit einem unwillkürlichen Zittern verfolgt Manuel die innige Bindung der Rüpel zu seinem einstigen Geliebten. Schmerzhaft wird ihm dabei klar, dass er Bromley verloren hat, wohlmöglich für immer verloren hat. Sein Team gibt ihm die Liebe, Aufmerksamkeit und Hilfe, die er so dringend braucht und da kann Kukui einfach nicht mithalten. Ihm bricht das Herz und er würde sich am liebsten umdrehen und ganz weit wegrennen. Sich irgendwo verkriechen und weinen bis in alle Ewigkeit. Doch das kann er nicht, da Sun in diesem Moment an seinem Kittel zupft.
 

Weil Liebe nicht sterben kann!
 

Erschrocken blickt der Brünette zu ihm hinab. „Ist alles in Ordnung, Professor?“, fragt der kleine Junge ehrlich besorgt. Kukui wirft einen letzten Blick zu Bromley und seinen Rüpeln. Die zwei sind gerade damit beschäftigt, ihrem Boss wieder auf die Beine zu helfen. Dann betrachtet er die verwunderte Menge, die nicht mitbekommen hat, was zwischen ihm und Team Skull vorgefallen ist. Kurz schließt er die Augen und holt tief Luft, begräbt seine immer noch unsagbar tiefen Gefühle für den Weißhaarigen endgültig, wie er hofft. Schließlich sieht er wieder zu Sun, der immer besorgter wirkt. Manuel bringt ein fast schon erschreckend überzeugendes Lächeln, ja schon fast ein Grinsen, zustande und streicht dem kleinen Jungen durchs Haar. „Natürlich ist alles in Ordnung, mein Junge. Du hast ganz ausgezeichnet gekämpft und das sollten wir unbedingt feiern!“, flötet er schon fast.
 

Im Augenwinkel sieht er, wie Bromley nun wieder steht und seine Mitstreiter dankend ansieht. Dann löst er sich von ihnen und kommt hinüber. Die Zuschauer weichen bei seinem Anblick ein ganzes Stück zurück, läuft ihm doch immer noch Blut übers Gesicht. Finster funkelt er den Brünetten aus seinen schiefergrauen Augen an, dass es Kukui schon wieder das Herz bricht und ihm das aufgesetzte Lachen gründlich vergeht. „Wa‘ zwei sind noch längst nich‘ fertig mit’nander, Professor! Merk dir das!“, zischt er seinem Ex-Freund entgegen und wendet sich dann an den Schwarzhaarigen. Zornig stemmt er die Hände in die Hüften, gleich einer Mutter, die ihr unartiges Kind tadelt, und blickt auf den kleinen Jungen hinab. „Sun, richtig? Den Namen werd‘ ich mir merken. Das nächste Mal biste fällig!“, gibt er ihm zu verstehen.
 

Dann wendet er sich um und steigt wieder auf sein Motorrad. Seine Rüpel tun es ihm gleich. Das laute Motorengeheul schallt ohrenbetäubend durch den Ziergarten. Mit halsbrecherischer Geschwindigkeit jagt Bromley aus dem Garten hinaus und verschwindet aus dem Sichtfeld aller, während ihm der Lärm seiner Maschine noch lange nachhallt. Auch die beiden Rüpel fahren los, halten aber noch einmal kurz vor Sun. „Der Boss hat dich bloß gewinn‘ lassen! Du wirst schon merken, wenn er Ernst macht!“, versucht Aaron die Niederlage seines Anführers zu rechtfertigen. „Genau! Er versohlt dir so dermaßen den Hintern, daste dir wünscht, ihm nie begegnet zu sein!“, kommt es gehässig von Bryan. Nach diesem letzten Ausbruch verschwinden die beiden ebenfalls aus dem Ziergarten und folgen lärmend ihrem Boss.
 

„Gegen ein Kind auf Inselwanderschaft zu verlieren. – Was für eine Blamage für Team Skull!“, höhnen die Zuschauen anschließend, als hätte es den Streit und das Blut gar nicht gegeben. Sie zerstreuen sich sogar wieder und führen ihren Besuch im Ziergarten fort, als wäre überhaupt nichts gewesen; das Ganze vielleicht sogar nur eine schlecht gemachte Showeinlage, die zu ihrer Erheiterung dienen sollte. Ungläubig sehen Manuel und Sun ihnen nach. Der Professor gibt ein schweres Seufzen von sich und legt dem kleinen Jungen anschließend eine Hand auf die Schulter. Fragend sieht dieser zu ihm auf. „Komm, ich lad dich zur Belohnung zum Essen ein!“, meint er lächelnd. „Gern. – Aber, ist wirklich alles in Ordnung? Diese Rüpel haben Sie ganz schön mies behandelt...“ Innerlich schluckt der Brünette schwer. Scheinbar hat Sun doch mehr mitbekommen, als er gehofft hatte. Äußerlich lässt er sich jedoch nichts anmerken und grinst nun wieder breit. „Ach was. Die wollen sich nur aufspielen und sind froh, wenn sie einen finden, den sie ärgern können. Denk nicht mehr darüber nach und lass uns gehen.“, winkt er ab und führt den Jungen dann aus dem Garten hinaus, in das Restaurant, in dem Bromley vor über einem Jahr seine schicksalhafte Begegnung mit Samantha hatte...


Nachwort zu diesem Kapitel:
Lied: Peter Maffay – Wer liebt -leicht verändert Komplett anzeigen

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