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Das Volk aus den Bergen

Magister Magicae 4
von

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moderne Technik

Kunigami auf Okinawa, Forschungsstation
 

Waleri kam forschen Schrittes von draußen ins Hauptlabor herein geplatzt. Es war der nächste Morgen und nach Aussage von Doktor Bürstenbein war es inzwischen wieder sicher im Wald. Diese Tengu-Dinger, oder was auch immer sie waren, waren angeblich nur abends nach Sonnenuntergang aktiv. Also hatte Waleri sich zumindest mal kurz vor die Tür getraut, um eine zu rauchen. Sein Schützling saß am Computer und spielte darauf ein Kartenspiel. Die Forscher hatten ihm erlaubt, den PC zu nutzen, um sich die Langeweile zu vertreiben. Der plüschige Dackel-Hybrid mit der Rüssel-Nase lag zusammengerollt neben dem Stuhl und schlief. Wenn Vladislav nicht aufpasste und ungeschickt mit dem Computerstuhl herumrollte, würde er das Tierchen am Ende noch überfahren, oder sowas. Waleris Blick blieb auf Vladislavs Ellenbeuge haften, wo ein sehr verräterisches Pflaster klebte. Diesmal am anderen Arm. „Haben sie dir wieder Blut abgenommen?“, wollte er erschrocken wissen.

Vladislav nickte leicht und drehte sich dabei zu ihm um. Ja, hatten sie. Und das auch noch vor dem Frühstück. Damit er essenstechnisch nüchtern und die Werte unverfälscht waren, hatten sie gesagt.

„Du bist echt abgebrüht.“

„Wieso?“, wollte der Motus-Boss feixend wissen.

„Ich hab das gar nicht mitbekommen. Dir macht es wohl absolut nichts aus, mit Nadeln gepiesackt zu werden, oder? Sonst hätte ich deine Nervosität ja auch gespürt.“ Waleri machte eine kurze Sprechpause und musterte Vladislav vielsagend. „Aber deine jetzige spüre ich!“, fügte er dann an. Deswegen war er ja überhaupt auf direktestem Wege zurück gekommen, um zu sehen, was mit Vladislav los war. Ihn fröhlich Spiele spielend am PC sitzen zu sehen, passt irgendwie gar nicht so recht zu der Stimmung, die gerade in ihm kochte. „Was ist passiert?“

Vladislav konnte ein etwas besorgtes Gesicht nun doch nicht mehr verbergen. „Dem Professor gefallen meine Blutwerte nicht. Er hat mein Blut gerade mit einem Schnelltest geprüft. Die toxikologischen Parameter sind zu hoch, sagt er. Also scheint die Vergiftung doch haariger zu werden als gehofft. Wahrscheinlich spreche ich auf das Gegenmittel nicht so gut an. Warum auch immer.“

Der Genius Intimus nickte zwischen verstehend und bedauernd, aber tun konnte er da auch nichts. „Wird schon gutgehen. Lass uns erstmal was frühstücken. Die beiden haben endlich Kaffee aufgesetzt.“
 

„So, wie geht es jetzt weiter?“, wollte Vladislav am Esstisch wissen. Er schob sich ein Stück Brot in den Mund. „Wird die Dosis meines Gegenmittels erhöht, wenn die jetzige nicht ausreicht?“

Professor Doktor Hülsenkorn nippte entspannt an einem Labor-Messzylinder aus Glas, der ihm als Kaffeetasse diente. Damit sah er aus, als würde er irgendwelche dubiosen Pharmazeutika-Cocktails in sich hinein schütten, die er sich vorher auf zwielichtige Weise in seinem Labor zusammen gebraut hatte. „Nein. Die Dosis ist hoch genug. Daran liegt es nicht. Ihr Körper setzt die Eiweise des Gegenmittels nur nicht so richtig um. Ich nehme an, das liegt an einer jahrelangen Ernährung mit Kuhmilch und Milchprodukten, die Ihren Stoffwechsel konditioniert hat. Bei uns in Japan trinkt keiner Milch, daher ticken die biologischen Uhren hier ein wenig anders.“ Der Professor ließ das kurz sacken, bevor er mit den Schultern zuckte. „Naja, ist nicht zu ändern. Aber wir werden parallel eine Magnetfeld-Behandlung machen. Das sollte helfen.“

„Magnet?“ Vladislav zog ein ziemlich dummes Gesicht. „Was hat denn Magnet jetzt damit zu tun?“

„Na, die kleinen Impulse, die auf den Nervenbahnen hin und her schießen, erzeugen ein schwaches Elektromagnetfeld um den ganzen Körper“, meldete sich Doktor Bürstenbein auch mal zu Wort und zeichnete dabei mit der Fingerspitze eine Linie auf seinem Unterarm nach, als müsse er dem ahnungslosen Dödel erklären, wo diese mysteriösen Nerven entlang liefen. „Wenn man die elektromagnetischen Impulse richtig manipuliert, bewirken sie ganz raffinierte Dinge, aus medizinischer Sicht.“

„Tadellos kombiniert, Herr Kollege Doktor Bürstenbein!“, lobte sein Mitstreiter.

„Ich habe zu danken, verehrter Herr Professor Doktor Hülsenkorn!“, kam direkt die euphorische Antwort retour.

„Wollen Sie so liebenswürdig sein, den Magneten für mich zu kalibrieren?“

„Aber für Sie doch jederzeit, geschätzter Herr Kollege!“

„Dann habe nun ich meinerseits vielmals zu danken, Herr Doktor! Es ist doch stets ein gutes Arbeiten mit Ihnen.“

Doktor Bürstenbein lächelte geschmeichelt. „Es ist mir eine Ehre, Herr Kollege Professor Doktor Hülsenkorn!“

Vladislav und Waleri schossen sich nur vielsagende Blicke zu. Diese beiden Schleimer waren ja wirklich nicht auszuhalten, wie sie die ganze Zeit nur damit beschäftigt waren, sich gegenseitig lauwarm anzupinkeln.

Dennoch ... Magnetfelder gegen Vergiftungen. Das kam Vladislav schon irgendwie etwas weit hergeholt vor. Aber der Motus-Boss war kein Arzt, er hatte da keine Ahnung davon. Wenn die beiden das sagten, dann würde es wohl so sein. Er selbst war immerhin ein Magier, er wusste besser als jeder andere, daß zwischen Himmel und Erde vieles möglich war.
 

„Soll ich stehen?“, wollte Vladislav rückversichernd wissen und schlich einmal um die Metallkonstruktion herum, die man mitten im Raum aufgebaut hatte. Sie erinnerte irgendwie ein wenig an einen großen Brustkorb aus Stahl. Es gab hinten eine Säule, ähnlich einem Rückrad, von der zu beiden Seiten waagerecht vier Halbbögen abgingen. Das waren die Rippen. Vorn war das Gebilde offen, damit man hineintreten konnte. Das Ganze war mit viel Elektronik versehen.

„Ja, im Stehen verteilen sich die Energien am besten“, beantwortete Professor Doktor Hülsenkorn die Frage. Er stelle irgendwelche Dinge an einem Computer ein, der auf einem Rolltisch heran gefahren worden war.

„Wird das weh tun?“

„Nein. Es kann nur sein, daß Sie da drin ein Hitzegefühl verspüren, so als ob Sie unter einer Rotlichtlampe stehen.“ Der kahlköpfige Professor wandte sich an seinen Kollegen, um zu sehen, ob der auch schon so weit war. „Sind die Energiepuffer aufgeladen?“

„Ja.“

„Die Frequenzen angepasst?“

„Alles bereit.“

„Ausgezeichnet. Vielen Dank, geschätzter Herr Kollege Doktor Bürstenbein. Dann jetzt bitte den Vorgang initiieren.“

„Sehr wohl, verehrter Herr Professor Doktor Hülsenkorn.“

Der Professor schaute Vladislav auffordernd an. „Wir sind bereit, wenn Sie es sind.“

Der Russe nickte und schaute nochmal fragend zu seinem Genius Intimus.

Waleri stand am Rand – er war gebeten worden, Abstand zu halten – und beobachtete mit verschränkten Armen alles aus der Ferne. Aber auch er gab mit einem Kopfnicken grünes Licht.

Vladislav stellte sich also zwischen die Rippenbögen der Maschine. Von hier drinnen hatte es was von einem Käfig. Auch wenn die Ringe nach vorn offen waren und es eigentlich genug Platz gab, hatten sie etwas einengendes.

„Okay. Es geht los.“ Professor Doktor Hülsenkorn startete die Apparatur. Ein elektrisches Summen erfüllte den Raum.

Vladislav merkte auf. Hier waren Schwingungen am Werk, die ihm als Magier etwas zu seltsam erschienen. „Äh ... Moment mal!“, meinte er noch alarmiert, aber es war schon zu spät. Um ihn herum baute sich für zwei oder drei Sekunden ein diffus schimmernder Ring auf, durchsichtig und undeutbar wie heiß flirrende Luft, der von oben nach unten alle Metallbögen des Gerätes abwanderte. Vladislav klappte in sich zusammen wie eine Marionette, der man die Fäden durchschnitt. Er blieb noch kurz röchelnd und nach Atem schnappend am Boden liegen, unfähig sich zu bewegen. In seinem Kopf baute sich ein monströser Druck auf, der ihm schier die Sinne nahm, bis er binnen weniger Augenblicke schließlich ganz das Bewusstsein verlor.

Auch Waleri am anderen Ende des Raumes brach keuchend in die Knie, kurz schwarz vor Augen. Er musste der akuten Übelkeit nachgeben und erbrach sein Frühstück direkt auf den Boden. Ein würgendes Husten. Er spürte, wie er ungewollt ein paar Mal zwischen seiner Fabelwesengestalt und seiner menschlichen Tarngestalt hin und her switchte, und bemühte sich, das wieder in den Griff zu kriegen. Langsam kam das Sichtfeld zurück, dafür stellte sich ein Ohrensausen ein, das ihm die Orientierung nahm. Trotzdem kämpfte er sich verbissen wieder hoch. Ein eiskalter Schauer überlief ihn und bescherte ihm Gänsehaut am ganzen Körper. Sofort zitterte er. Das war eindeutig ein weggesackter Kreislauf. Der Genius fühlte sich wie Wackelpudding, schwach und unkoordiniert. Was in aller Welt war das? Noch mit leicht verschwommenem Blick schaute er sich nach seinem Schützling um und sah ihn ohnmächtig da liegen. Waleri war gerade noch geistesgegenwärtig genug, in seiner Panik nicht Vladislavs Namen zu rufen. Der hatte sich den Forschern schließlich nicht als Vladislav vorgestellt.

„Hoppla“, kommentierte Professor Doktor Hülsenkorn.



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