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Kapitel 27 - Auf der Suche nach Routine

Als die Klasse endlich ihre letzte Stunde des Tages hinter sich gebracht hatte, war es nach Mitternacht. Stumm und ohne sich um Häuserdifferenzen zu kümmern stiegen sie gemeinsam die Treppen hinab, sie halfen einander sogar die Teleskope zu transportieren; zu müde um darüber nachzudenken, wem sie halfen.
 

Evelyn schob diese plötzliche Hilfsbereitschaft auf die körperlich und geistige Erschöpfung, wunderte sich aber ob nicht doch auch Professor Sinistras Worte dazu beitrugen die Klüfte zwischen ihnen zu vergessen, wenigstens für den Moment.
 

Die Gryffindors waren die ersten, die sich aus der Menge trennten und mit leise gemurmelten Abschiedsworten in einem Gang verschwanden. Dieses Mal schaute Evelyn diesen Gang nicht entlang, sondern schlurfte mit hängendem Kopf und müden Augen mit den anderen weiter auf die Treppe zu, wo sie im Schein der Fackeln und begleitet von dem Schnarchen der Bewohner in den Gemälden Schritt für Schritt ihren Betten näher kamen. Auf halbem Weg verschwanden auch die Ravenclaws, unter denen auch Sue Li, Mandy Brocklehurst und Anthony Goldstein waren, die sich den ganzen Tag über jedoch nicht hatten anmerken lassen, dass sie Evelyn zumindest flüchtig kannten.
 

Irgendwann erreichten sie die weite Eingangshalle, wo sich die bereits dezimierte Gruppe spaltete und die Hufflepuffs den rechten Weg einschlugen, während die Slytherins weiter hinunter Richtung Kerker wanderten.
 

Wie auch während des ganzen Marsches, redete niemand ein Wort, sondern sie begnügten sich damit nebeneinander her zu laufen. Immer wieder begann einer zu gähnen, was die anderen wie durch einen Zwang veranlasste mit einzustimmen.
 

Evelyn dachte an den nächsten Tag, der in nur wenigen Stunden für sie alle beginnen würde und vermutlich sogar noch anstrengender werden würde. Zwar mussten sie nachts nicht noch einmal durch das Schloss zu einem Unterricht gehen, doch trotzdem erwarteten sie vier komplette Lehreinheiten was bedeutete, dass sie bis kurz vor dem Abendessen mit gerademal einer kurzen Mittagspause als Unterbrechung Schule hatten.
 

In diesem Moment, dem Umfallen nahe, erschien ihr der morgige Tag bereits jetzt als Qual. Ausgeschlafen würde keiner von ihnen sein, die untrainierten Beine würden noch schwer sein, und nach einer anspruchsvollen Lehreinheit würden sie kaum Zeit haben auszuschnaufen. Wer schon einmal zur Schule oder Arbeit gegangen war, bevor die Sonne völlig aufgegangen war und erst nach Hause kam, nachdem die Sonne bereits wieder untergegangen war der wusste, wie sehr ein solcher Tag den Geist ermüdete.
 

Vermutlich würde sie morgen trotzdem, so erschöpft sie war, interessiert an den Lippen der Professoren kleben, doch im Moment sprach ihr einfach gestrickter, auf Sparflamme geschalteter Verstand sich trotzig gegen alles aus: selbst gegen den magischen Unterricht von Hogwarts.
 

Wer das Passwort sprach hörte sie gar nicht. Sie bemerkte auch nicht, wie ihre Füße wie automatisch ihren Weg durch die Öffnung und durch den Gemeinschaftsraum fanden, in dem nur noch ein Paar Nachteulen die Stellung hielten. Unter ihnen waren die Vertrauensschüler, die mit für Evelyns Geschmack zu viel Elan auf sie zu kamen. Zu allem Überfluss stellten sie sich zwischen sie und ihrem Weg zu den Betten.
 

"Hervorragend, Erstklässler. Euer erster Tag von vielen ist geschafft." Unförmiges Genuschel war die einzige Antwort, die die zwei älteren Schüler bekamen. Evelyn sah auf beiden ihrer Gesichter ein gehässiges Schmunzeln aufblitzen, das jedoch in beinahe derselben Sekunde verschwand, in der es aufgetaucht war.
 

Das Mädchen, von dem Evelyn noch immer nicht den Namen kannte, hob ihnen ihre Hand verlangend entgegen. "Gebt mir eure Aufenthaltserlaubnis." Zunächst blinzelten sie während sie darüber nachdachten, von welcher Aufenthaltserlaubnis die Vertrauensschülerin sprach. Doch dann machte Blaise den Anfang und händigte die Erlaubnis aus sich nachts auf den Gängen aufhalten zu dürfen und die anderen machten es ihm nach. Alle, bis auf Crabbe, der behauptete seine Genehmigung nicht finden zu können.
 

Die Vertrauensschüler schauten geduldig zu, wie Crabbe in jede seiner Taschen schaute, ohne den Zettel zu finden. Es war offensichtlich, dass er log. Auch wenn Evelyn es ihm zutraute einen Zettel innerhalb von zwei Stunden, ja sogar innerhalt von zehn Minuten, zu verlieren, so spielte Crabbe den Suchenden nicht wirklich überzeugend. Vielleicht wäre sein Versuch sich eine Sondergenehmigung zu erschleichen sogar ganz witzig gewesen, wenn er sie damit nicht alle abhalten würde endlich schlafen gehen zu können!
 

"Crabbe, verdammt, lass das", motzte Pansy mit gebrochener Stimme.
 

Crabbe stellte sich noch immer unwissend und die Vertrauensschüler machten keine Anstalten, die Sache zu beenden. Im Gegenteil.
 

Einer nach dem anderen wurde unruhiger und begann Crabbe zu verfluchen, der sich stur als Opfer darstellte. Evelyn knetete ihren Umhang, während sie an ihrer kaum verheilte Wunde an der Lippe erneut zu knabbern begann.
 

"Crabbe ...", begann sie leise, steigerte sich jedoch in der Lautstärke. "Crabbe! Gib ihnen den verfluchten Zettel!" Seine einzige Reaktion war ein beifälliges Zucken mit den Schultern und das präsentieren leerer Taschen.
 

In einer Impulsreaktion griff sie nach ihrem Zauberstab, den sie zum ersten Mal an diesem Tag nun zog. Ehe die anderen reagieren konnten, schwang sie ihren Stab Richtung Crabbe und richtete ihre angestaute Wut auf ihren Klassenkameraden. "Accio Genehmigung." Noch bevor ihre Fingerspitzen durch die strömende Magie zu kribbeln begannen, flog ein zerknittertes Pergament aus Crabbes rechtem Schuh, direkt Evelyn entgegen. Damit das Pergament nicht an der Spitze ihres Stabes aufgespießt wurde, zog sie ihn schnell nach unten weg, woraufhin das Pergament, das nun nichtmehr durch Magie in der Luft gehalten wurde, auf den Boden segelte.
 

Unter den Blicken der Anwesenden bückte sie sich danach, berührte ihn aber nur mit den Nägeln ihrer Finger. Wer wusste schon, wie lange Crabbe das Ding in seinem Schuh herumgetragen hatte.
 

"Hier", sagte sie, während sie Crabbes Genehmigung den Vertrauensschülern reichte, "dürfen wir jetzt gehen? Bitte?"
 

Früher oder später hätte Crabbe ihnen den Zettel geben müssen, daher machte sich Evelyn keine Gedanken sich hier eingemischt zu haben. Wenn es hieß früher als später ins Bett zu kommen, dann war ihr der Accio wert.
 

Auch der Vertrauensschüler nahm den Zettel nur mit gespreizten Fingern entgegen, nickte jedoch.
 

"Ihr könnt gehen", meinte er schließlich und ließ sie passieren.
 

Den Zauberstab noch immer in Händen ging Evelyn voraus, drehte sich dann jedoch noch einmal um, als Draco sich in Crabbes Proteste und Entschuldigungen einmischte.
 

"Halt die Klappe, du Idiot, und geh endlich. Du hältst uns alle auf!"
 

Wie ein getretener Hund folgte er Draco, der in diesem Moment für sie alle gesprochen hatte.
 

"Hol dir das nächste Mal eine zweite Genehmigung von den Gryffindor, Specki." Blaise klopfte dem gedemütigten Crabbe aufmunternd auf den Rücken.
 

"Wenn er uns das nächste Mal unnötig aufhält, dann verhex ich ihm die Sohlen", sagte Daphne mit einem Funkeln in ihrem Blick, ehe sie ohne ein weiteres Wort Richtung Mädchenschlafsaal verschwand.
 

"Sei froh, dass es nur ein Accio war." Draco stand seinerseits zur Schwelle Richtung Jungenschlafsaal, schaute jedoch beeindruckt Daphne hinterher. "Wer weiß, was Greengrass dir an den Hals geworfen hätte." Seine Worte hallten an den steinernen Wänden wider, als er Schritt um Schritt verschwand. Die anderen folgten ihm lachend.
 

Zufrieden den Tag endlich geschafft zu haben, stieg Evelyn hinab und warf sich einige Stufen später erschöpft auf ihr Bett.
 

"Guter Zauber, Harris", kam es plötzlich von Pansy, die ihrerseits neben dem Bett stand und bereits ihre Nachtkleider heraussuchte.
 

Berührt von den freundlichen Worten, nickte Evelyn. "Danke, Pansy."
 

Millicent kämpfte bereits mit ihrer Schuluniform, die ihr nicht so recht über den Kopf gehen wollte. Man hörte sie unter ihren Kleidern lachen. "Ein Glück, dass Crabbe den Zettel nur in seinem Schuh versteckt hat. Stellt euch vor, er wäre so dumm gewesen es wo anders hineinzustecken."
 

Evelyn richtete sich auf und ließ ihre Beine über die Matratze baumeln. "Lieber nicht, ich hätte es ihm ungern aus dem Arsch gezogen."
 

Noch während sie sprach, hätte sie sich am liebsten in die Zunge gebissen. Doch die Worte waren einfach so aus ihr heraus gekommen. Das war keine Art, vor Kindern zu reden! "Entschuldigung", sagte sie in die plötzliche Stille hinein. "Aus seinem Hintern." Ihre Verbesserung kam zu spät, dennoch wollte sie ihren vorigen Fauxpas nicht einfach so stehen lassen.
 

"Stimmt schon", meinte – zu Evelyns Überraschung – Daphne. "Sag's ruhig wie es ist." Sie stand vor dem großen Fenster und nutzte es als großen Spiegel, während sie ihre langen Haare zum Zopf flocht.
 

Millicent nickte eifrig. "Zu versuchen eine Genehmigung zu behalten war aber gar nicht mal dumm, das hätte ich Crabbe gar nicht zugetraut."
 

"Machst du Witze? Das war völlig überflüssig", erwiderte Daphne energisch. "Man konnte sich doch denken, dass wir die Genehmigung zurück geben müssen. Zu versuchen sie zu verstecken, und so offensichtlich noch dazu, ist einfach nur peinlich."
 

"Vor allem, wenn er uns mit hinein zieht", gab ihr Pansy recht.
 

Die Mädchen unterhielten sich noch eine Weile über Crabbe und seine für Slytherin peinliche Vorstellung. Evelyn nutzte die Situation um die letzte Dosis ihrer Tränke für heute zu nehmen. Sie hatte die Fläschchen noch in ihrer Tasche, da sie noch nicht wusste, wo sie sie sonst verstecken sollte. Vermutlich würden sie einfach dort bleiben, wo sie im Moment waren.
 

Crabbe hatte sie eben einige Nerven gekostet, doch gleichzeitig musste sie ihm auch danken. Zwar hatte sich zwischen Daphne, Pansy und ihr noch lange nichts versöhnt, doch zumindest blieb die befürchtete kalte Schulter der beiden aus. Crabbe war nun das Gesprächsthema Nummer Eins.
 

Evelyn hatte eigentlich vorgehabt den Rest der Verwandlungstheorie zu lesen, doch mit einem kurzen Blick auf das Buch auf der Kommode war klar, dass sie heute nichts mehr bewältigen könnte. Ihre Augen fielen beinahe zu, während sie ihren Zauberstab in ihre Tasche steckte und der Wille, noch einmal aufzustehen um die Kleider zu wechseln, wollte einfach nicht kommen.
 

Dennoch waren alle bald in ihre Nachtkleider und unter die Decken geschlüpft, sodass sie Gespräche leiser und weniger wurden, und mit ihnen wurde das Licht gedimmt, bis sie alle in grüne Schatten getaucht wurden. Noch bevor Evelyn endgültig das Bewusstsein verlor, erschienen ihr noch letzte Erinnerungen des Tages, der alles andere als perfekt war. Trotzdem hatte sie ein Lächeln auf den Lippen, als sie endlich von ihrer Müdigkeit übermannt wurde.
 

Der nächste Morgen kam und riss sie alle aus dem Bett in Form eines unbarmherzigen Klatschens. Zunächst war es nur ein fernes Geräusch, irgendwo in den Untiefen von Evelyns Bewusstsein gewesen, doch es wurde lauter bis sie sich unter ihrer warmen Decke wiederfand. Die Augen noch geschlossen zog sie ihre Beine an und befeuchtete ihre von der Nacht trockenen Mund.
 

"Nghhh", war alles, was sie hervor brachte, während das Klatschen sogar noch lauter und schneller als zuvor, durch den Raum schallte.
 

"Macht es aus!", hörte sie jemand rufen. Vermutlich Pansy, der Richtung direkt ihr gegenüber nach zu urteilen.
 

So abrupt aus dem Schlaf gerissen zu werden war Evelyn nicht mehr gewohnt, die bisher auf ihre innere Uhr vertrauen konnte. Allerdings war sie auch schon lange nicht mehr derart emotional erschöpft gewesen, wie am gestrigen Tag. Zumindest nicht, wenn sie gerade mal eine Nacht später derart früh aus den Federn musste.
 

Während sie noch immer damit kämpfte wach zu werden und sich zu orientieren, wurde irgendwo hinter den Vorhängen ein Stock geschmissen; so hörte es sich für Evelyn an. Das melodische Klingen von Holz auf Holz folgte dem dumpfen Aufprall eines Gegenstandes auf Stein. Das Klatschen hingegen ging weiter.
 

"Daneben", nuschelte die Stimme direkt neben Evelyns Bett mit schwerer Zunge. Millicent.
 

"Harris", brüllte nun die letzte im Bund. "Mach es aus!"
 

Ausmachen? Sie wusste ja noch nicht einmal, was es war.
 

Seufzend riss sie den Vorhang beiseite und blinzelte in den Raum hinein. Die Ursache für den Lärm war dabei schnell gefunden. Evelyns Augen waren plötzlich weit aufgerissen und sie hellwach.
 

"Was IST das?"
 

In mitten des Raumes, direkt über dem Wasserbecken, schwebte eine gallertartige Vorrichtung aus festen und weichen Materialien in der Luft. Das innere war dominiert von klickenden Zahnrädern und vielen kleinen dünnen Röhrchen, die sich durch die transparente Masse, die die Zahnräder umhüllte, bis nach unten ins Becken fraß. Große und kleine Wasserräder schöpften Wasser aus dem Becken und transportierten sie, übereinander gestapelt, bis hinauf zu dem kastenartigen Inneren, wo es die Zahnräder wie ein Motor antrieb. Auf allen vier Seiten, je eine zu den Betten gerichtet, war eine schimmernde Oberfläche zu sehen, die eindeutig ein Ziffernblatt einer Uhr darstellte.
 

"Ist das ein Wecker?", murmelte Evelyn, während sie aufstand und sich das Gebilde näher ansah. Die Uhr reichte ihr bis an die Schulter.
 

Zaghaft streckte sie ihre Hand nach der Masse aus, sie das Gebilde umschloss, so als fürchtete sie, dass es unter der leisesten Berührung zusammenbrechen konnte. Doch das "Wasser" gab unter ihren Fingern nach und sprang wie Gummi zurück in seine Ursprungsform, als Evelyn ihre Hand zurückzog. Das rhythmische Klatschen, das sie alle geweckt hatte, kam von aus der Masse rund geformten Kugeln, die von kleinen Katapulten an den Seiten der Ziffernblätter auf das Becken geworfen wurden, wo sie laut aufklatschen und dann im Wasser verschwanden.
 

"Steh nicht rum, mach es aus!", protestierte Pansy, die ihren Kopf hinter dem Vorhang herausgestreckt hatte.
 

Evelyn zuckte hilflos die Schultern und suchte nach einem Weg das Gerät auszuschalten. Eilig überflog sie ihre Umgebung und entdeckte das Holzstöckchen, das sie vorhin gehört hatte, wie es durch die Luft und auf den Boden gefallen war. Es war Millicents Zauberstab. Erkenntnis machte sich breit und Evelyn hüpfte über ihr Bett, griff in ihre Tasche und zog ihren Zauberstab, den sie in einer fließenden Bewegung direkt auf eines der Ziffernblätter tippte. Ohne ein weiteres gesprochenes Wort hörten die Katapulte auf die Geschosse zu werfen. Während die Zahnräder noch immer angetrieben vom Wasser des Beckens in monotonen Drehungen verweilten, versank das ganze Gebilde wieder im Becken, bis es komplett verschwand.
 

"Na endlich." Daphne war aufgestanden und streckte sich neben ihrem Bett.
 

"War das Ding gestern auch schon da?", fragte Evelyn unsicher, die sich nun erinnerte, dass sie zum gestrigen Zeitpunkt bereits unter der Dusche, und nicht hier im Zimmer war.
 

"Klar", sagte Millicent noch immer verschlafen. "Wie sonst sollen wir wach werden?"
 

Funktioniert hatte die Wasseruhr, das musste Evelyn neidlos zugestehen. "Können wir selbst die Uhr auch aktivieren?", fragte sie in den Raum hinein. Sie würde sich sehr viel wohler fühlen wenn sie wüsste, dass sie Zugang zu einer Uhr hatte. Selbst der Tropfende Kessel beherbergte eine alte, riesige Kuckucksuhr, nach der sich Evelyn gerichtet hatte.
 

"Mh, keine Ahnung. Noch nicht probiert", antwortete Pansy knapp. Sie war bereits mitten in ihre Vorbereitungen für den Tag und richtete ihre Sachen.
 

Kurz zögerte Evelyn tippte dann jedoch mit ihrem Zauberstab erneut gegen das Becken. Sofort erschienen das Gehäuse und gleich darauf der komplette Mechanismus der Uhr was bewies, dass sie jeder Zeit zur Verfügung stand.
 

"Sehr schön", nuschelte Evelyn zufrieden und ließ sie wieder verschwinden.
 

Der heutige Tag begann unter größerem Zeitdruck, als der gestrige. Evelyn zeigte den anderen die Duschen, die sie mit großen Augen bestaunten. Viel Zeit alles genau zu betrachten hatten sie jedoch nicht. Trotz Daphnes Proteste ein Bad nehmen zu wollen, nahmen sie alle eine schnelle Dusche und beeilten sich ausgehfertig zu werden und den Gemeinschaftsraum zu verlassen. Das ganze Treppenhaus und die Gänge waren bereits voller Schüler.
 

Evelyn spürte mit jedem Schritt den befürchteten Muskelkater, der sie wohl den ganzen Tag begleiten würde. Die Tasche an ihrer Schulter hängend machte sie sich auf den Weg.
 

"Ausgerechnet Verteidigung als erstes", meinte Millicent, die am Frühstück auf den Stundenplan schaute. "Da vergeht einem ja gleich der Appetit." Ihre Worte waren keine Drohung. Statt ihr Müsli aufzuessen, schmiss sie, den Mund zur Grimasse verzogen, ihren Löffel in die halb volle Schüssel.
 

Evelyn versuchte mit einem Schluck Tee den aufkommenden Ekel vor den nächsten zwei Stunden hinunterzuspülen. Erfolglos.
 

"Auf was dürfen wir uns noch freuen?", fragte Blaise mit vollem Mund.
 

"Verwandlung und nach der Mittagspause Zauberkunst und Kräuterkunde."
 

Klirrend fielen einige Geschirrteile aus den Griffen schockierter Schüler auf den Tisch. "Verwandlung?", fragte Goyle mit Panik in der Stimme. Auch Daphne und Pansy waren plötzlich weiß im Gesicht.
 

"Hatten wir da nicht einen Aufsatz zu schreiben?"
 

"Haben wir da nicht eine Woche Zeit?"
 

"Nein, sie sagte nächste Stunde. Das ist heute!"
 

Hektik machte sich breit als die Hälfte alles Anwesenden erkannte, dass sie bereits am zweiten Tag keine Hausaufgaben vorzeigen konnte. Draco gehörte zu denen, die völlig ruhig blieb.
 

Evelyn war zwar noch nicht komplett mit ihrem Aufsatz zufrieden, doch sie hatte gestern gute Vorarbeit geleistet. Wenn sie während ihrer Schulzeit eines gelernt hat, dann in den Pausen auf den letzten Drücker etwas fertig zu machen. Und so wie es aussah würde sie in Verteidigung genug Zeit haben ihre Hausaufgaben für Verwandlung abgabefertig zu machen. Die anderen hingegen standen vor nichts.
 

"Evelyn", rief Millicent plötzlich und lehnte sich über den Tisch hinüber zu Evelyn. "Du hast sie doch gestern gemacht! Darf ich mal sehen?" Oh nein, nein nein, das kommt gar nicht in Frage.
 

Um Worte ringend lehnte sich Evelyn ein wenig zurück, doch Daphne und Pansy haben bereits mitbekommen, was Millicent so großzügig hinausposaunt hat.
 

"Harris hat die Hausaufgaben?"
 

"Zeig her!"
 

Fordernde Hände wurden ihr entgegen gestreckt, die noch immer anherrschende Kälte Evelyn gegenüber völlig vergessen. Goyle und Crabbe versuchten derweil Blaise und Draco dazu zu bringen, die Hausaufgaben mit ihnen zu teilen.
 

"Ich bin selbst noch nicht fertig", stammelte Evelyn in dem Versuch sich aus der Sache stehlen zu können. Doch Millicent ließ nicht locker.
 

"Völlig egal, wir haben gar nichts!"
 

Von den Mädchen immer weiter bedrängt sah Evelyn keine andere Möglichkeit, als offen zu sein. Sie hatte keine Absicht ihnen ihre Hausaufgaben zu geben, schließlich wäre sie eigentlich auch nicht hier um ihnen zu helfen. Auch wenn es bedeutete erneut deren Wut auf sich zu ziehen, die ohnehin noch in ihnen brodelte.
 

"Nein!" Alle verstummten und sahen Evelyn schockiert an. "Ihr habt noch Zeit. Ihr seid der Stolz der Zauberergemeinschaft! Ihr werdet doch wohl eure ersten Hausaufgaben alleine schreiben können."
 

Verdutzte Gesichter starrten ihr entgegen, bis Daphne wie bereits tags zuvor den Mund zu einem Strich verzog und ihren Blick wütend senkte.
 

"Stolz der Zauberergemeinschaft?", wiederholte sie verächtlich. "Danke für die Erinnerung, Harris." Sie griff nach ihrer Tasche und verschwand beleidigt mit großen Schritten aus der Halle. Pansy folgte ihr und auch Millicent schüttelte den Kopf Richtung Evelyn.
 

"Das hätte nicht sein müssen", war alles, was sie sagte, bevor auch sie aus der Halle stürmte. Evelyn blieb zurück. Die Jungs hatten kaum etwas mitbekommen, da Draco und Blaise den anderen beiden ihre Hausaufgaben erklärten, was sie abzuschreiben hatten.
 

Na, das war ja mal wieder nichts, dachte Evelyn seufzend, die ihrerseits nun auch keinen Appetit mehr hatte. Hätten die Mädchen vielleicht unter normalen Umständen ebenfalls Hilfe von Draco und Blaise bekommen? Du denkst zu viel nach...
 

Das Frühstück war gelaufen, also konnte sie sich genauso gut ebenfalls auf den Weg machen: wenn eine Stimme sie nicht aufgehalten hätte.
 

"Miss Harris." Der hat mir gerade noch gefehlt.
 

"Ja, Sir?", fragte sie ihren Hauslehrer, der ohne erkennbare Emotion vom Lehrertisch auf sie zugelaufen kam.
 

"Wir ich hörte haben Sie meine Anweisungen gestern nicht befolgt. Professor Binns beklagte sich, Sie seien zu spät gewesen." Evelyn bemühte sich keine Regung zu zeigen, doch trotzdem zuckte ihre Augenbraue bei dem Gedanken, dass Professor Binns sich beschwert hätte. Unwahrscheinlich.
 

"Verzeihen Sie, Professor. Das wird nicht mehr vorkommen", brachte sie heraus, doch er war noch nicht fertig.
 

"Sie schreiben bis morgen einen Aufsatz darüber, wie wichtig es ist pünktlich zu sein und was es bedeutet sich Anweisungen zu widersetzen. Mindestens 30 Zoll." Sein Blick starrte unnachgiebig auf Evelyn herab, die nur ihre Hände zur Faust ballte als sie daran dachte, wie sie bis morgen einen Aufsatz in der geforderten Länge schreiben sollte.
 

"Ja, Sir", schaffte sie es schließlich zu sagen, bevor Professor Snape an ihr vorbei durch das Tor der Halle verschwand.
 

Tag Zwei versprach in jeder Hinsicht mindestens so gut zu werden, wie Tag Eins.



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