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Track or Treat.

Auf deiner Spur?
von

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Versteckt

Track 7: Versteckt
 

‘I want to hide the truth

I want to shelter you

(…)

When you feel my heat

Look into my eyes

It’s where my demons hide

It’s where my demons hide

Don’t get too close

It’s dark inside
 

It’s where my demons hide

It’s where my demons hide‘ ~ Sam Tsui & Max Schneider, „Demons“ (2013)
 

Als ich aus der Dusche kam, trocknete ich mich müde ab und tupfte vorsichtig über meine geklebten Schnitte. Locker band ich den Verband wieder rum.
 

Als ich in den Flur schlich, kam mir meine Mutter mit müden Augen entgegen. „Du bist schon wach?“, nuschelte sie. „Mein Arm hat wehgetan…“, gähnte ich, als wäre nichts. „Nach dem Frühstück kriegst du eine Schmerztablette und dann kannst du dich nochmal hinlegen!“,.Sie wollte ins Bad, als ich verdutzt fragte: „Nach dem Frühstück muss ich in die Schule?“ „Dein Vater und ich meinen, dass du dir den Tag auch zum…“, sie überlegte kurz, „durchatmen nehmen kannst!“ „Ich will in die Schule!“, ich hätte nie gedacht, dass ich das mal so sagen würde. Sie kniff die Augen zusammen und runzelte die Stirn. Einen kurzen Augenblick wurde die Ähnlichkeit mit meiner Schwester sehr deutlich. „Na gut…“
 

In meinem Zimmer zupfte ich irgendwas Langärmliges aus meinem Schrank. Ich hatte keinen Bock, dass mich alle auf die Schnitte ansprachen. Dann schaltete ich die Zufallswiedergabe meiner Playlist auf dem Handy an. Automatisch verband es sich mit meinen Boxen. Die nassen Haare trocken rubbelnd, ging ich zu meinem Bett und kontrollierte meine Nachrichten. Vins hatte geantwortet.
 

„Morgen. Dachte ich mir. Wie geht’s dem Arm?“
 

„I want to hide the truth. I want to shelter you.“, dröhnte eins mein Lieblingscover aus den Lautsprechern.
 

Vor mich hin summend schickte ich ihm eine Antwort: „Alles schick. Hast du die Sozialkundeaufgaben gemacht?“
 

Ich packte meine Tasche für die Schule und sah kurz in den Hefter für Sozialkunde, -richtig gemacht waren die Aufgaben noch nicht.
 

Mein Handy summte. „Nope. Du kannst mir ja deine geben, als ob du dieses noch Schuljahr Hausaufgaben machen müsstest.“
 

Ich grinste. „Ich hoffe, dass wenigsten eine befreite Klausur rausspringt!“
 

„Gibs doch zu, das war von Anfang an dein Plan!“ Ich lachte. Und tippte zurück: „Ich würde das vor jedem Gericht bestreiten!“
 

Unschlüssig sah ich auf die Uhr. Es war kurz nach halb sieben. Vins hatte auf meine erste Nachricht kaum fünf Minuten später geantwortet. Warum war er schon wach? Gestern schien er ja noch länger als ich wach gewesen zu sein. Schlief er überhaupt nicht?
 

„Warum bist du eigentlich schon wach?“
 

Die Antwort kam langsamer als die vorherige. „Vielleicht hast du ja Glück beim Keller.“
 

Meine zweite Nachricht ignorierte er. Kurz überlegte ich erneut zu fragen, doch was Vins nicht sagen wollte, sagte er nicht. Er hatte die Nachricht bewusst nicht beantwortet. Wir schrieben den Morgen über weiter und ich versuchte eher wenig erfolgreich die Fragen für Mrs. Schu zu beantworten. Vins dumme Kommentare und noch schlechtere Lösungsvorschläge halfen mir zwar nicht weiter, waren aber schön.
 

Als Mom mich zum Frühstück rief, schrieb ich ihm, dass ich was zu essen bekäme, und die Küche Handy freie Zone war. Ich erklärte, dass meinem Handy andernfalls der Mixer blühte. Als Antwort gab es nur ein „Bis nachher.“
 

Ich war kaum die Treppe runter, da roch ich schon meine liebsten Blaubeerpancakes. Ich grinste, als sie mir einen vollbeladenen Teller vor die Nase stellte, daneben einen Orangensaft und die angekündigte Schmerztablette.
 

Mein Grinsen bekam nur einen bösen Blick zurück und so frühstückten wir stumm. Schließlich fuhr Mom mich wie tags zuvor zur Schule. Ich wusste, dass sie mit Absicht nicht über gestern und Lukas sprach. Ehrlich gesagt, hatte ich auch keine Lust das nochmal hoch zu würgen. Meine Schule, wie sich rückblickend rausstellte, sah das anders. Was mir an sich hätte klar sein müssen!
 

Als ich den ersten Schritt durch die Tür trat, spürte ich wie mein Magen sich leicht drehte.Vielleicht hatte ich doch zu viele Pancakes? Das war lächerlich naiv, aber es half mir nicht die nächste Krise zu kriegen. Irgendwie war ich nicht sonderlich stabil in letzter Zeit.
 

Ich wusste, dass ich es mir nicht nur einbildete. Alle starrten mich an. Seufzend machte ich mich, die Blicke ignorierend, auf den Weg zu meinem Schließfach. Gerade als ich mir meine Kopfhörer aufsetzten wollte, um das halblaute Getuschel und Theorien auszublenden, sprang mich jemand von der Seite an.
 

„Oscar!“, Leonie begrüßte mich unerwartet stürmisch. Sie drückte mich fest an sich. Ruth lächelte mich über den Kopf ihrer Schwester an. Das war für ihre Verhältnisse sogar eine noch stürmischere Begrüßung.
 

„Hey…“, sagte ich etwas stumpf und entriegelte mein Schließfach. „Ich hätte nicht gedacht, dass du heute hier bist!“, sagte Leonie jetzt. „Bro!“, kam es nun auch von Bob den Flur entlang. Wir schlugen ein und umarmten uns, nachdem er unsere kleine Gruppe erreicht hatte. „Alles gut?“, wollte er wissen. Ich zuckte mit den Schultern und stopfte die Bücher, die ich erst später bräuchte ins Fach.
 

„Oscar!“, erklang mein Name erneut. Die Stimme hörte sich stark nach unserem Direktor an, „Oscar, mein Junge, wir hatten nicht damit gerechnet, dass Sie heute hier sind!“ „Direktor Finnick…“, meinte ich lahm und der langsam ergraute Leiter der Schule kam in dem für ihn typischen Entengang auf mich zu. „Ähm, klar es ist Dienstag, also…“, zuckte ich mit den Schultern. „Vielleicht kommen Sie jetzt mal gleich in mein Büro mit. Ich wollte mit Ihnen auch nochmal in Ruhe über alles reden.“ Kumpelhaft knuffte er mir gegen die Schulter. „Also…“, ich überlegte mir hastig eine Ausrede, „Ich will das gerade nicht nochmal hochholen…“. Natürlich fiel mir keine ein, „Wenn das okay ist?“ „Aber sicher, sicher, mein Junge!“, gönnerhaft und das Verständnis in Person nickte er wissend. „Wenn Sie reden möchten oder merken, Sie brauchen heute eine Pause, kommen Sie einfach zu mir. Miss Millerist natürlich auch für sie da!“ Miss Miller war die Vertrauenslehrerin in unserer Schule und ungefähr so vertrauensvoll wie Becky Fisher!
 

Ich nickte und lächelte schwach. Als Mr. Finnick ein Stück davon gewatschelt war, bemerkte Leonie: „Der ist bestimmt wegen dem Artikel so nett…“ „Jaaa… Was?“, verwirrt sah ich sie an, „Was für ein Artikel?“
 

„Es ist die Schlagzeile!“, sagte nun Ruth, „Lokaler Teenager-Held rettet Mitschüler!“ „Das ist nicht dein Ernst!?“ Alle drei nickten. „Fuck!“ „Ich finde es eigentlich ganz coo…“, wollte Leonie ansetzten, doch mein Blick brachte sie zum Schweigen. „Um so größer die Sache aufgebauscht wird, umso mehr rum getratscht wird, umso schlimmer wird das für die Eltern von Lukas und für ihn selbst!“, wütend knallte ich die Schließfachtür zu. Ich konnte dieses tragödiengeile Aufgebausche in den Medien nicht leiden.
 

„Gut geschlafen?“, Kim lehnte sich plötzlich neben mich und ich grummelte. „Hast du den Zeitungsartikel gelesen!?“, knurrte ich nur zur Begrüßung und umarmte sie eher halbherzig. Vins stand hinter ihr. Er musste gerade erst eine geraucht haben, der Tabakgeruch überlagerte sein Parfüm. „Ich wusste, du flippst aus…“. Kim verzog das Gesicht. „Willst du ihn lesen?“, fragte Vins und trat nun neben Kim. Sie schlang einen Arm um ihn. Wieder einmal wusste ich nicht, wie ich mit ihm umgehen sollte. Ich hätte ihn gerne umarmt zur Begrüßung, doch… Kurz flackerte mein Blick zu Kim. Ich wollte ihn berühren, aber ich hatte keinen Anspruch… Ich… Mein Traum wollte sich vorkämpfen, doch ich schüttelte das Gefühl ab. Kim sah zufrieden aus, wenn auch leicht besorgt wegen mir.
 

Wusste sie, dass wir schrieben? Natürlich schalt ich mich. Sie hatte ihm ja erst meine Nummer gegeben.
 

„Du hast ihn auch gelesen?“, fragte ich nur und er reichte mir die Tageszeitung von heute. „Es gibt wohl noch mehr. Mom meinte, sie sammelt alle Artikel zusammen und gibt sie deiner Mom dann…“, Kim linste über die Zeitung, als ich mein eigenes Gesicht von der Titelseite lächeln sah.
 

„Die loben dich da ganz schön in den Himmel!“, sagte Ruth, „Sportler, beliebt, gute Noten, Familie aus der Mittelschicht, Sohn eines echten amerikanischen Polizisten und einer Krankenschwester…“ Unwirsch knüllte ich die Zeitung zusammen und warf sie Vins zurück in die Hände. Er wirkte überrascht. „Lukas wird da drin, als ‚Junkie‘ und ‚Problemschüler’ bezeichnet! Haben die überhaupt keinen Anstand mehr!“ Ich hatte meinen Dad gefragt, genau wie bei Miguel, hatte niemand gewusst, dass Lukas gerne mal Entspannungsmittel konsumierte. Er war in der Schulband und mit ein paar Freunden hatte er eine eigene kleine Rockband gegründet. Sie nannten sich „MilkshakeMassacre“.
 

„Das verkauft sich besser!“, sagte der andere und wollte die Zeitung einfach wegwerfen, doch Bob nahm sie Vins ab. „Recycling, Bro!“ „Außerdem, was soll das heißen…“, ich zerrte Bob nun doch die Zeitung nochmal aus den Händen und lass laut vor: „Stand noch nicht zu einem Interview zur Verfügung? Denken die ernsthaft, dass ich mit denen darüber sprechen würde?“ „Als du im Schwesternzimmer warst, kam die Presse…“, erzählte Ruth nun, „Dein Dad hat ihnen erklärt, dass er nicht will, dass du interviewt wirst oder dir wer zu nahe kommt!“ Ich schnaufte, Gott, war ich froh, dass Dad ein Cop war. „Dein Dad kennt dich einfach…“, lächelte Kim milde.
 

„Hey Oscar…“, unerwartet kamen zwei Mädels aus der Unterstufe an. Sie lächelten sehr eindeutig, „Geht’s dir gut?“
 

Kim drehte sich entschieden zu ihnen um. „Verpisst euch!“
 

Völlig verdattert gingen die beiden weiter, dann drehte sich Kim zu Vins. „Du wirst so eklig wie möglich zu allen sein, die Oscar heute zu nah kommen! Die Leute können sich ihr geheucheltes Interesse in den Arsch schieben! Verstanden!?“ Vins sah aus, als würde er am liebsten salutieren zu dieser Anweisung. Sie küssten sich kurz. Teufelspackte, hatte ich zumindest mal gelesen oder bei Supernatural gesehen, wurden seit Jahrhunderten mit einem Kuss besiegelt. Fragt sich nur, wer hier wer ist? Ich sah entschieden den Gang entlang. Alle starrten zurück.
 

„Widerstrebt natürlich meiner charmanten Art, nicht wahr?“, grinste Vins mich nun über den Kopf seiner Freundin an. Ich konnte nun doch nicht anders, als auch zu lachen. „So charmant bist du nun auch nicht…“

Den Rest des Tages, sowie eigentlich den Rest der Woche, ließen Kim und Vins mich nicht alleine. Sie pöbelten beide mit fast leidenschaftlicher Art alles und jeden an, der sich wegen der Sache mit Lukas bei mir ein schleimen wollte.

Es war merkwürdig und angenehm zu gleich. Ich verbrachte Zeit mit Vins, die Kim sogar angeordnet hatte. Anstatt bei den ach so coolen Jungs, bei denen er sonst saß, verbrachte er jede Pause bei uns.
 

Kim und Vins verstanden sich in dieser Woche so gut, wie wahrscheinlich noch nie in ihrer Beziehung. Ich wusste nicht, ob es daran lag, dass Vins seine oft überschüssigen negativen Energien jetzt dosiert ablassen konnte. oder ob es das gemeinsame Pöbeln mit Kim oder, wie die meinte, mein guter Einfluss war. Das war einerseits toll, weil die beiden ein echt tolles Paar waren und beide tolle Menschen waren, aber andererseits …
 

Andererseits war es schrecklich. Es war Scheiße. Das machte es nur noch schlimmer, schwieriger, fragwürdiger, dass mein Herz jedes Mal Aussetzer hatte, wenn Vins nach einer Unterrichtsstunde im Flur wie selbstverständlich auf mich wartete.
 

Leider, auch wenn sie es versuchten, konnten sie mich nicht vor allem abschirmen. Ich hatte ein schreckliches Gespräch mit dem Direktor. Der tat als wäre seine grandiose Pädagogik der Grund, dass ich so heldenhaft gewesen wäre. Immer wieder erklärte er, welcher Reporter angerufen hatte und welche Zeitung über mich schreiben wollte. Am liebsten hätte ich ihm gesagt, dass es die gleiche Pädagogik war, die Miguel in den Tod und Lukas ins Krankenhaus gebracht hat.
 

Noch viel unangenehmer war das Gespräch mit Lukas Eltern und seinen Freunden, die sich bei mir bedankten, dass ich so schnell reagiert hatte. Als ich, zugegebener Weise ziemlich fertig, nach dem Gespräch aus dem Raum der Vertrauenslehrerin kam, wartete wieder Vins auf mich.
 

Gemeinsam gingen wir in die Kantine. „Du musst übrigens nicht wirklich permanent bei mir sein…“, sagte ich nuschelnd, „Kim übertreibt gern!“ Es war Freitag und ich war in den letzten vier Tagen noch nicht mal alleine aufs Klo gegangen. Vins lächelte wundervoll schmal und legte den Arm um meine Schultern, bevor er meine Haare, in jetzt fast typischer Manier, zerwühlte.

„Vorsicht ist besser als Nachsicht!“, sagte er und sah zwei Leute böse an, die uns beäugten, „Außerdem finde ich es witzig…“ „Ja, du bist ein richtiger Bad Boy!“, tat ich gespielt unbeeindruckt. Ich versuchte mal wieder vergeblich nicht rot zu werden. Daraufhin rempelte er mich ruppig an, lachte aber gleichzeitig auf.
 

Als wir in die Kantine kamen, saßen die anderen schon an unserem Tisch. Glücklich streckte Kim die Hände nach Vins aus, der sich neben sie setzte. Kurz wollte ich mich noch dazu quetschten, setzte mich dann jedoch ein Stück weg neben Bob, der mir gleich etwas über irgendeine Protestaktion erzählte. Ich hörte wie meistens nur mit halben Ohr zu, wenn Bob einen seiner Monologe führte, ab und an nickte ich oder machte „Oh“, dabei starrte ich in mein Essen. Kim fütterte Vins gerade Pommes.
 

„Hey!“, kam es plötzlich und eine Pommes flog mir ins Gesicht. „Was?“ „Alles gut, Digger?“, Bob schien besorgt. „Sorry, ich hab geträumt…“ „Wie ich gerade schon meinte…“, setzte Kim nun wieder an, „Wollen wir am Samstag was zusammen machen? Alle?“ „Und was?“, fragte nun Leonie, diesmal doch keine Ausrede suchend. „Weiß nicht…“ „Nicht schon wieder in die Mall…“, seufzte Vins leidgeprüft und sah mich plötzlich sehr auffordernd an. Verwirrt sah ich zurück. Vins tippte auf sein Handy. „Wir könnten was essen gehen?“, sagte Kim, „Oder wir gucken uns den neuen Marvel an?“ „Ich wäre für Beides!“, klinkte sich nun Bob ein. Kim strahlte. „Und wo wollen wir essen? Uhh wie wäre es mit Sushi!“ „Oh bitte nicht… Pizza wäre mal wieder geil…“
 

Unauffällig zog ich mein Handy vor. Vins hatte mir geschrieben. „Du siehst müde aus.“ Ich sah kurz zu dem Dunkelhaarigen, der sich ebenfalls für Pizza aussprach.
 

„Alles gut, schlaf einfach schlecht ein.“ Schrieb ich nur die halbe Wahrheit. Es stimmte schon, dass ich schlecht einschlief aus Angst vor dem Alptraum von Montagnacht, doch ich wachte, auch wenn ich den Traum nicht hatte, immer wieder auf und war schließlich kurz vor 6 hellwach. Vins mit Clowns Maske und das hysterische Gelächter verfolgten mich egal was ich träumte.
 

„Alpträume?“, kam es von Vins. Ich hatte das ‚Nein‘ schon getippt, doch unschlüssig sah ich auf mein halbgegessenes Sandwich. Vins grüne Augen starrten unergründlich zu mir und ich nickte. „Siehst du, Oscar ist auch für die Tapas Bar!“, deutete Ruth mein Nicken falsch. Ich korrigierte sie nicht. „Also wann wollen wir uns morgen treffen?“
 

„Ich kann nicht!“, sagte ich nun und drehte mein Handy in den Händen. „Was?“ „Warum nicht?“ Alle fünf sahen mich an. „Wir haben morgen Sondertraining. Es ist die Woche komplett ausgefallen. Lukas war mit Brandon befreundet und ist wohl der Cousin von Steven…“, nuschelte ich. Als ich die Info vom Coach gekriegt hatte, wusste ich, woher ich Lukas kannte. Er hatte ab und an bei unseren Läufen zu gesehen. „Kannst du denn überhaupt mit trainieren?“, fragte Leonie erstaunt. „Warum sollte ich nicht?“ „Naja… Du bist verletzt, oder nicht?“ „Ich hab’ mir nicht das Bein abgeschnitten, sondern hab’ zwei Kratzer am Arm!“, entschieden zog ich an meinen langen Ärmeln, mit denen ich den Verband versteckte.
 

„Geht das den ganzen Tag?“, fragte Kim und sah enttäuscht aus. Ich zuckte mit den Schultern. „Wann fangt ihr denn an?“, fragte Vins nun. „Um 11…“ „Länger als bis um drei macht ihr doch eh nicht!“, sagte er nun entschieden. „Ich bin momentan ohne Auto… Also Mom müsste mich drei Mal durch die ganze Stadt kutschieren…“ „Kim bekommt das Auto von ihrem Bruder. Wir holen dich ab!“, es war unfassbar wie bestimmend er war. Ich wollte etwas sagen, nickte jedoch nur. „Er ist so autoritär!“, schnurrte Kim zufrieden das ich mitkam und küsste ihren Freund.
 

Mein Handy vibrierte. In Vins Nachricht stand: „Du wirst dich nicht isolieren!“
 

Perplex, dass er das dachte, sah ich zu ihm. Kim und Leonie überlegten was sie anziehen sollten, sein Arm lag lässig um Kims Schultern, doch er sah mich entschieden an.
 

„Könnt ihr mich gleich mit einsammeln…“, sagte Bob mit dem Mund voller Tomaten, die ihm mal wieder Ruth gereicht hatte. „Klar!“ „Das ist cool und ökologisch…“
 

Der Rest des Tages verging schnell und Mom holte mich von der Schule ab. Ich erzählte ihr von meinen Plänen am Wochenende und sie nickte.
 

Den erste Teil des abends verbrachte ich mit meinen Hausaufgaben, als mein Hady klingelte. Kim fragte ob sie rüber kommen könnte.Vins mache irgendwas anderes und sie hätte die zweite Staffel von „Stranger Things“ noch nicht geguckt.
 

20 Minuten später hörte ich meine Mom Kim freudig begrüßen. Dann kam sie mit einer großen Cola und einer Packung Chips in mein Zimmer.
 

Wir pflanzten uns auf die Couch und redeten zuerst nicht viel. Schließich seufzte sie und ließ sich sehr entschieden auf mich fallen. Ich pikte ihr in die Wange und sie lachte. „Ich liebe ihn!“, sagte sie dann jedoch so ehrlich und zufrieden, dass ich kurz vergaß zu atmen. „Wa…Was?“ „Ich liebe ihn, ich liebe Vins!“, sagte sie und richtete sich auf. Ihre blauen, ehrlich Augen sahen mich voller Vertrauen an. Am liebsten hätte ich mich vor einen Bus geworfen. „Okay…“, ich versuchte meine Panik und das schlechte Gewissen in einem Lachen zu tarnen. „Ich weiß, dass kommt komisch… Aber…“, sie sah kurz zum Fernseher, schnappte meinen Controller und pausierte die Folge. „Aber am Montag…“, sie räusperte sich, „Ich hatte fürchterliche Angst um dich und was da mit Lukas war. Ich konnte mich kaum rühren.“, sie nahm meine Hand und strich mir den Arm hoch bis zu den Schnitte , die unter meinem Sweatshirt verborgen lagen. „Ich meine du kamst aus diesem Raum und du sahst so verloren und wütend aus. Ich wusste nicht was ich sagen sollte, doch plötzlich war er da, drückte mich kurz und ging sofort zu dir! Als wüsste er instinktiv was du brauchst…“ „Ich war ganz schön durch!“ „Zurecht! Du warst so krass und ich stand einfach nur da. Ich wusste nicht, was ich machen sollte, aber er…“, sie suchte die richtigen Worte, fand sie aber nicht, „Ich meine… Ich wollte schon mit ihm Schluss machen, echt jetzt!“ Ich wollte das alles nicht hören, doch was sollte ich machen? Ich versuchte zu lächeln, die Alternative wäre weinen gewesen. „Aber dann wie er sich am Montag verhalten hat und den Rest der Woche, auch am Samstag… Auf einmal ist er nicht mehr nur der heiße, mysteriöse Rowdy, von dem ich selber nicht genau weiß, warum ich mir den Stress gebe, auf einmal…“, sie ließ sich jetzt nach hinten fallen, streckte die Arme zur Decke, „Auf einmal ist er mehr! Ich dachte einfach, dass hält sowieso nicht über die High-School hinaus. Aber jetzt…“ „Jetzt was?“, meine Stimme war ganz leise. „Man kann ihm vertrauen. Er ist verantwortungsbewusst. Er war richtig beschützerisch bei dir diese Woche!“, sie gluckste. Ich versuchte es auch. „Man kann sich plötzlich so viel mehr vorstellen, in der Zukunft…“
 

„Wow!“, versuchte ich die Intensität aus dem allen zu ziehen Es machte mich völlig fertig,.„Machst du mich zum Onkel?“ „Oh Gott, labere keinen Scheiß!“, sie sah entsetzt aus, „Ich erzähl dir das nur, weil… ich bin dir so dankbar!“ „Was?“ „Naja, wenn du ihm am Wochenende keine Chance gegeben hättest, dann… Ich weiß, dass du ihn am Anfang nicht leiden konntest und er war auch nicht begeistert von dir. Er war echt eifersüchtig, glaub ich…“ „Natürlich, ich bin ja auch ein bedrohliches Alphamännchen, dass du als besten Freund hast! Ich mag es nicht, wenn sich jemand unerlaubt meinem Harem nähert!“ „Trottel!“, Kim lachte, „Warum duldest du dann Bob, ist er das Betamännchen?“ „Er ist meine Hauptfrau!“, sagte ich entschieden. „Das ist es, was ich meine…“, Kim sah mich voller Zuneigung an. Ich hatte nicht das Gefühl, sie zu verdienen, „Du bist ein Mensch, den man einfach mögen muss! Und du hast ‘nen guten Einfluss auf Vins, er wirkt so viel entspannter. Du hast keine Angst vor ihm, wie die meisten.“ „Als ich gemeint hab’, ich wäre Jesus, hab’ ich nur gescherzt. Fahr runter! Ich und Vins haben ja auch erst ‘ne Woche was miteinander also…“ „Er hat gemeint, er muss dringend die Mathehausaufgaben machen! Weil er dir beweisen will, wer cleverer von euch ist!“, Kim sah aus, als hätte ich eine neue Art Katzenbabys entdeckt und irgendwas gegen Krebs. „Du bringst ihn dazu Hausaufgaben zu machen!“ „Ich mach’ gar nichts. Ich bin einfach… ich…“, ihre Worte schmeichelten mir, was sich fürchterlich falsch anfühlte. Ich fühlte mich hochgradig unwohl. Sie konnte ja nicht wissen, dass ich alles dafür gegen würde sie zu sein - die Person zu sein, die Vins liebte!
 

„Das ist es ja!“, sie warf die Arme hoch, „Du bist du! Das reicht! Niemand außer dir hat schnell genug gecheckt, was mit Lukas abging. Du bist halt du und ich weiß, du willst es nicht hören, aber du bist wirklich ein lokaler Teenager Held!“ „Laber nicht, ich bin…“ Doch sie umarmte mich einfach. „… wundervoll!“,beendete sie meinen Satz und vergrub das Gesicht an meinem Hals. Ich versteckte mich in ihrem Haar, versteckte die Tränen. Ich war ihr bester Freund. Sie hielt mich für einen dummen Helden und das einzige an was ich dachte, war, dass der Typ, den sie liebte, sie abschießen sollte.
 

Am nächsten Tag versuchte ich nicht an gestern Nacht, Vins oder Kims Geständnis zu denken. Ich hatte gestern auf Vins letzte Nachricht nicht geantwortet und er hatte mir nicht nochmal geschrieben. Das Einzige, auf das ich mich konzentrieren wollte, war das Training und der Wettkampf in einer Woche. Coach Tuker schien das ähnlich zu sehen. Immer wieder übte ich den Start. Er hielt motivierende Reden und ließ mich mit Henry die Übergabe üben. Ich würde behaupten es war das beste Training, was wir je hatten. Wahrscheinlich weil jeder versuchte nicht an Lukas zu denken, tat das körperliche an seine Grenzen stoßen einfach sehr gut. Das Laufen hatte mir die Woche über ziemlich gefehlt!
 

Irgendwann merkte ich, dass jemand auf der Tribüne saß. Kim und Vins waren vor der Zeit da und spielten Cheerleader. Naja Kim spielte Cheerleader. Vins saß, die Arme verschränkt, da. Seine grünen Augen verursachten mir mal wieder Schüttelfrost. Er trug seine Lederjacke, in der er einfach anbetungswürdig aussah.
 

Sobald ich mir seiner Präsenz bewusst war, patzte ich bei der Übergabe, doch ich fing mich schnell. Als der Coach das Training endlich nach unserem letzten Durchgang beendete, lobte er mich mit den Worten „Verdammig warst du schnell!“ Ich wank den beiden zu und lief schnell mit den anderen in die Umkleide zum Duschen.
 

Schließlich fragte Henry, was wohl alle aus der Mannschaft interessierte. „Was ist das eigentlich mit dir und Kim und…“, er machte eine betont lange Pause, „…ihrem Stecher?“ „Ja, sieht aus als würdet ihr Vater-Mutter-Kind spielen?“, meinte nun Brandon. „Wir sind Teilnehmer an einer Studie für Sozialverhalten der Regierung!“, sagte ich so ernst wie ich konnte. Henry wirkt schockiert. „Mensch!“, Brandon lachte, „Der verarscht uns!“ Henry grummelte, doch ich war schon fertig mit duschen und zog mich etwas zu hastig an. „Bis Montag!“ nickte ich den anderen zu und lief los.
 

„Na mein Schatz!“, sagte Kim und grinste breit, „Du warst ganz, ganz schnell!“ „Und du warst ganz, ganz peinlich!“, begrüßte ich sie, worauf Vins lachte. „Brandon findet übrigens, dass du wirkst, als wärst du meine Mutter!“, fügte ich hin zu. „Dein Vater und ich sind auch wirklich stolz!“, nickte sie nur und tätschelte Vins die Schulter.
 

Wir gingen zum Parkplatz und Kim kramte nach ihrem Autoschlüssel. „Wir müssen dann noch gleich tanken fahren, bevor wir Bob abholen…“ „Du wolltest ja vorhin nicht!“, tadelte Vins sie. „Ich wollte Oscar lieber beim Training zu sehen!“, mauzte sie zurück. „Ey…“, sagte ich und fuhr mir durch die noch leicht feuchten Haare, „Macht mich nicht zum Scheidungskind!“ „Mami und Papi streiten nur, sie werden dich immer lieben!“, kicherte Kim und machte das Auto auf.
 

Völlig unerwartet, packte mich Vins auf einmal und zog mich zu sich ran. „Ich beantrage das Sorgerecht!“ „Vergiss es!“, Kim zog mich am Arm, „Ich hatte den schon vor dir!“ „Mich mag er aber lieber!“, entschieden zog mich Vins von ihr weg und ich drehte mich lachend zur Seite. Wenn Vins wüsste, wie recht er hatte!


Nachwort zu diesem Kapitel:
Huhu! :D

Eigentlich ist Sonntag immer mein versuchter Upload- Tag, aber was soll der Geiz, ich knall das heute schon raus! :D

Ich hoffe es gefällt und Kim hat den guten Vins "von der leihne" gelassen! *hust*

Im nächsten kapitel gibts dann mal ein bisschen was zur tragischen Figur Vins und mehr Freundefluff. ;)

Bis die Tage, euer Hase! :3 Komplett anzeigen

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Kommentare zu diesem Kapitel (1)

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Von:  Maginisha
2018-07-04T16:05:38+00:00 04.07.2018 18:05
Oh du meine Güte, was für eine Katastrophe! Dafür zu sorgen, dass die beiden sich MEHR mögen, stand irgendwie nicht oben auf der Liste. Ich hibbel immer noch, ob Vins was ahnt...
Antwort von:  Usagi_Jigokumimi
04.07.2018 23:42
Alos an sich, ist meine oberste Priorität schon, dass die beiden sich mögen... Nur müssen sie ja nicht wissen, dass sie sich mögen.... Ja... XD


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