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Wir zwei am Strand

Und wie es dazu kam
von

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Der Zettel

Samstag. Die Sonne strahlte mit voller Kraft vom Himmel und erhellte die Straßen von Iwatobi. Auch dieses Jahr hatten die Temperaturen Rekordzahlen erreicht und außer im kühlen Schatten der Bäume schien die Hitze nicht einmal für wenige Sekunden ertragbar. Wer zuhause nicht glücklicherweise in Besitzt einer Klimaanlage oder eines Ventilators war, packte heute also seine Sachen und machte sich auf an den Strand. Nur das kühle Nass des Meeres konnte nämlich noch Abhilfe schaffen. Der kleine Strand gleich neben dem Hafen von Iwatobi begann sich bereits am Vormittag langsam mit Menschen zu fühlen und schon zur Mittagszeit konnte man vor lauter Handtüchern und Badeequipment kaum noch ein Sandkorn des eigentlich so feinen Sandstrandes erkennen. Manche waren bereits in den Schatten ihrer Schirme geflohen, manche setzten sich zum Bräunen freiwillig den Strahlen der Sonne aus und die meisten schwammen, paddelten, trieben auf dem Wasser, tauchten ein wenig oder spritzen sich gegenseitig nass.
 

Überall erschallte Gelächter und lautes Gerede, als Rin und Haru bereits in Schwimmsachen am doch kleiner als erwarteten Strand ankamen. Eigentlich hatte Haru gar keine große Lust gehabt, an den Strand zu gehen. Viel lieber würde er in einem richtigen Schwimmbad seine Bahnen schwimmen oder einfach ungestört in seiner Badewanne sitzen. Rin hingegen hatte vehement darauf bestanden, dass sie auch mal ein klein wenig Abwechslung zum Training haben sollten. Natürlich liebte er es gegen Haru anzutreten oder einfach nur neben ihm zu schwimmen, aber jedes Mal, wenn der schwarzhaarige ins Wasser tauchte, vergaß er alles um sich herum. Hier am Strand erhoffte sich Rin ein klein wenig mehr Interaktion mit seinem eher introvertierten Freund, mit dem er nun schon seit fast einem ganzen Jahr zusammen ist.
 

Wo Rin jetzt so daran zurückdenkt; es ist ein fast so heißer Tag wie heute gewesen.
 

Mit einem Eis in der Hand, das Rin so schnell gar nicht essen konnte wie es schmolz und sich dementsprechend überall auf seiner Hand verteilte, hatte er sich auf den Weg zu Haru gemacht, um zu fragen, ob er Lust auf ein paar Runden im Schwimmbad hätte, auch wenn man den Wasserfanatiker danach eigentlich gar nicht fragen musste. Zu dem Zeit Punkt hatte Rin eigentlich schon länger gewusst, dass er für den in sich gekehrten Jungen mehr empfand als bloße Freundschaft. Auf ihrem Trip nach Australien ist es ihm zum ersten Mal richtig aufgefallen. Er hatte gemerkt, dass ohne Haru an seiner Seite Schwimmen nur halb so viel Wert war und er wirklich alles dafür tun würde, um Haru von seinen Dämonen zu befreien, denn, auch wenn viele nicht schlau aus seinem Freund wurden, so wusste er genau, wie sich Harus Augen leicht aufhellten, wenn er sich freute genauso wie er wusste, wenn etwas nicht stimmte. Schließlich kannten sich die beiden bereits seit der Grundschule und auch wenn Rin in ihm zu Beginn nur einen Rivalen und Kumpel zu sehen geglaubt hatte so ist Haru doch so viel mehr für ihn geworden.
 

Natürlich wusste zu der Zeit noch niemand von den Gefühlen, die sich in ihm eingenistet hatten. Auch Haru, besonders Haru nicht. Wahrscheinlich wäre er auch der letzte, der von so etwas Notiz nehmen würde, dachte sich der rothaarige. Unwissend klingelte er also an der Tür und war erstaunt, wie schnell ihm aufgemacht wurde. Überrascht vergaß er das Eis in seiner Hand und ließ auch den Rest über seinee Hand zerfließen. Erst als die Masse anfing sich zu verteilen bemerkte er das Unglück. „Verdammt“ fluchte er kurz. Haru starrte ihn währenddessen nur ruhig an und fing leider nicht an die Eismasse auf Rins Hand zu probieren, wie er es schon das ein oder andere Mal in seinen Fantasien getan hatte, fast schon ein wenig Schade, um das verlaufene Eis. „Kann ich vielleicht kurz dein Bad benutzen?“, er hebt seine mittlerweile klebrige Hand. Die Tür wird ihm nun ganz geöffnet und Haru nickt. Schnell findet er seinen Weg zum Waschbecken, um das kleine Malheur aus der Welt zu schaffen. Während er versucht das klebende Gefühl mit der Seife los zu werden fängt er an laut genug den eigentlichen Grund seines Besuches zu verkünden. „Ich wollte dich übrigens fragen, ob du bei dem heißen Wetter Lust auf ein bisschen Abkühlung ihm Schwimmbad hättest, keine Rennen oder so nur-“ er stockte in seinem Satz, als er beim Aufblicken sah, dass Haru direkt neben ihm stand und ihn gebannt anschaute.
 

„Em, Haru? Was ist los?“ Es ist schon wunderlich gewesen, warum Haru nicht in der Badewanne gesessen hatte und sofort an der Tür gewesen ist, aber auch sein sonstiges Verhalten schien an diesem Tag irgendwie nicht normal zu sein. „Liebst du mich?“ Harus Worte waren fast monoton ausgesprochen und übertönten nur gerade so den laufenden Wasserhahn, doch sie waren genug um Rin mitten ins Herz zu treffen. Hatte er das gerade wirklich gehört? Oder spielte ihm sein Verstand einen Streich? Bei der Hitze nicht ganz auszuschließen. Zudem hatte ihm seine nicht erwiderte Liebe in letzter Zeit viel zu schaffen gemacht, es mochte also alles nur eine Illusion sein. Haru starrte ihn mit großen erwartungsvollen Augen an. Rin hingegen war vor lauter Schock regungslos und lief rot an, was zum Glück durch die hohen Temperaturen kaum auffiel. Zwei lautlose Minuten vergingen, bis Rin sich endlich traute wieder zu reden. „Was?“ war jedoch alles, was er zunächst heraus brachte. Er hatte es doch so gut versteckt! Unmöglich, dass Haru etwas von seinen Gefühlen wusste. Unbefangen wie Haru war wiederholte er den Satz noch einmal, diesmal etwas lauter, aber auch ihm merkte man jetzt an, dass ihn die Situation ein klein wenig nervös machte.
 

Es hatte sich also niemand verhört. Rin merkte, wie sich die Muskeln in seinem Körper anspannten. „Ja“, hörte er eine Stimme in sich rufen „verdammt ja, warum hast du es nicht früher bemerkt, du Idiot!“ Doch er wusste, dass er dieser Stimme nicht gewähren konnte. Aus so vielen Gründen wäre es besser seine Gefühle nicht zu entblößen und weiterhin in sich zu verbergen. Es war einfach nur falsch und er wollte Haru keine Sorgen machen oder schlimmer ihn in etwas hin einzuziehen. Doch zu lange hatte er es nun unterdrückt und es stand kurz davor überzulaufen. Hätte es gerade erst bemerkt hätte er gegrinst und gefragt, wie man denn auf diese Idee kommen würde, aber jetzt, wo er schon so oft den Drang seine Hand zu nehmen, ihm durch die Haare zu fahren, ihn zu Umarmen, zu küssen, unterdrückt hatte. Zwar brachte er den Satz, der ihm sein Verstand bereit gelegt hatte über die Lippen, aber längst nicht so überzeugend, wie er es gern gehabt hatte. Das Lächeln klang künstlich und gedrungen, seine Augen spiegelten seine innere Unruhe für jeden sichtbar wieder und beide seiner Hände hatten sich unbewusst zu Fäusten verkrampft. „Wie.. Wie kommst du denn darauf?“
 

Unerwartet griff Haru als Antwort in die Tasche seiner Shorts und kramte darin nach etwas. Die kurze Zeit zog sich für Rin qualvoll lange bis er endlich gefunden hatte, wonach er gesucht hatte. In seiner langsamen Art Dinge zu tun zog er einen kleinen gefalteten leicht zerknüllten Zettel hervor und erst scheint er überhaupt nichts mit der eigentlichen Frage zu tun zu haben. Dann aber realisiert der Rothaarige, dass er den Zettel kennt. Und er weiß auch woher. Verdammt! Woher? „Woher hast du den?“ fragte Rin etwas lauter als gewollt und machte aus Wut einen Schritt nach vorne. In Teilen war es Wut auf sich selbst, aber größtenteils war es seine Schwester, an die diese Wut wohl gerichtet war. Er hätte sich niemals auf ihre kleinen Spielchen einlassen sollen. Natürlich hatte sie ihr Versprechen mit einem Schlupfloch ausgestattet. Sie hatte nur versprochen, dass sie denn Zettel auf keinen Fall lesen würde, von anderen war nie die Rede, aber das viel ihm natürlich erst jetzt auf. Haru hatte sich sichtlich erschreckt, als der andere so plötzlich auf ihn zu getreten war, blieb aber trotzdem an Ort und Stelle stehen und wich nicht zurück. Stattdessen versuchte er zu erklären wie er in den Besitz gelangt ist, obwohl Rin sich die Umstände im Grunde schon ausmalen konnte. „Gou, sie sagte da steht in welches Mädchen du verliebt wärst und dass du ihn geschrieben hättest“
 

Die heiße Luft drohte Rin langsam zu ersticken. Vielleicht könnte er sich noch damit raus reden, dass das alles nur ein Scherz von Gou war und Haru nicht auf so etwas reinfallen sollte. Vielleicht könnte er das, wäre er noch einigermaßen durch seinen Verstand geleitet und hätte nicht schon längst sein immer lauter schlagendes Herz die Führung übernommen. Vielleicht wollte er sich auch einfach nicht mehr heraus reden. Vielleicht brauchte er die Ablehnung, um endlich über diese schmerzhaften Gefühle hinweg kommen zu können. „Ich sollte ihn ihr vorlesen“ Haru war mit seiner Erklärung noch nicht ganz am Ende und Rin musste schlucken, als er das offensichtliche hörte. Klar, das war die ganze Zeit Gous Plan gewesen. Mittlerweile war sie also auch schon im Bilde und wer wusste, wer noch. Haru hat sicherlich keinen Moment gezögert, anders als Makoto und die anderen, die wahrscheinlich seine Privatsphäre respektiert und den Gefallen ausgeschlagen hätte. In Gedanken versuchte Rin schon tausend mögliche Ausreden zu finden, da unterbricht Haru ihn. „Ich habe ihr gesagt es steht kein Name darauf“ sagt er kaum hörbar, doch Rin vernahm die Worte laut und deutlich. Nur verstand er kein einziges.
 

Welchen Grund würde Haru haben den Namen auf dem Zettel zu verheimlichen? Wollte er sich über ihn lustig machen? Ihn erpressen? Nein, nichts davon könnte er sich bei seinem Freund vorstellen. Also „Warum?“ sprach er aus, was durch seinen Kopf schwirrte und nicht still halten wollte. Sein Gegenüber schien sich ein wenig zu zieren bevor ihm nach einer ganzen Weile mit einer Antwort kommt. Etwas ertappt schaut er dabei zur Seite. „Sie würde sich nur unnötig einmischen“ Kurz darauf dreht er sich aber auch schon wieder zu Rin und sieht ihm in seine rot schimmernden Augen. „Und ich wollte sichergehen“ Sichergehen? Wegen was? Rin atmete scharf auf, als er verstand, was in den letzten Minuten passiert war. Haru wollte schlicht und einfach wissen, ob er ernst nehmen konnte, was Gou ihm erzählt hatte. Bestimmt hatte sie es ihm erzählt. Dass sie Rin den Tipp gegeben hatte, den Namen der Person aufzuschreiben, die ihn nachts immer wieder wach gehalten hatte, damit er nicht alles in sich hineinfresse. Sie würde den Zettel dann auch sicher aufbewahren und ihn natürlich unter keinen Umständen lesen. Da war der rothaarige ja fein reingefallen.
 

Ihn schmerzte das, was als nächstes kommen musste. Er musste Haru erklären, dass das alles nur ein Scherz von Gou gewesen sein muss, dass er nichts wusste von all dem, dass er ihn natürlich nur als Freund mochte, nicht nachts von Gedanken an ihn wach gehalten wurde, sich nicht nach jeder seiner Berührungen sehnte, dass er ihn nicht mit jeder einzelnen Zelle seines Körpers küssen wollte. Rin musste sagen, dass er ihn nicht liebte. Haru würde es akzeptieren. Sie könnten Freunde bleiben. Nichts würde sich verändern. Nichts. Rin biss sich auf die Unterlippe, um abwegige Gedanken, wie die Wahrheit zu sagen auszublenden. Das einzig richtige in diesem Moment war es zu lügen. Er log doch schon die ganze Zeit seinen besten Freund an, was war schon dabei, es einmal mehr zu tun. Doch vielleicht lag es an der stechenden Hitze, die auf ihn nieder drückte, vielleicht lag es auch einfach daran, dass er keine Lust mehr hatte sich zu verstecken und daran zu denken was wäre wenn. Er wollte den täglichen kleinen stechenden Schmerz in seiner Brust endlich loswerden. Und so tat er etwas, dass er aus objektive Sicht nie getan hatte.
 

Er bekannte sich zu seinen Gefühlen.



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