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Reminiszenz

von

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Konfrontation

Seine Finger legen sich um die metallene Türklinke. Er hört die gedämpften Stimmen auf der anderen Seite. Eine davon klingt ärgerlich. Er vermutet, dass sie Ken gehört. Mit einem letzten, tiefen Atemzug strafft er sich und öffnet die Tür zu dem Kellerraum, der die momentane Einsatzzentrale von Weiß darstellt.

 

„Setz dich, Siberian“, weist er den jungen Mann an, der zu seinen Füßen auf der Kellertreppe steht. Die Züge des anderen zeigen zunächst Erstaunen und verziehen sich dann aber in abfälligem Spott. „Ich dachte mir schon, dass du es sein könntest. Aber jetzt, wo wir uns von Angesicht zu Angesicht sehen, muss ich sagen, dass ich ein wenig enttäuscht bin, Perser.

Es schmerzt ihn, seinen ehemals besten Freund so zu sehen, diese harten Worte aus seinem Mund zu hören. So voller Verachtung. Ken hat noch nie einen Hehl aus seiner Meinung gemacht. Eine Eigenschaft, die er immer an ihm geschätzt hat.

 

Die Gesichter der anderen sind nicht so deutlich zu lesen. Ayas Augen richten sich über das Notizbuch auf dem Tisch hinweg auf ihn. Yoji steht in einer Ecke und weicht seinem Blick aus. Sena sieht von einem der Sofas aus zu ihm auf und scheint nicht so recht zu wissen, was sich hier gerade abspielt. Rex schließlich gleicht einmal mehr der Katze, nach der sie benannt wurde, während sie mit geschlossenen Augen das Unvermeidliche abwartet. Er hat sie nicht eingeweiht und entschuldigt sich in Gedanken bei ihr, während er an die Längsseite des Raumes tritt, von wo ihn alle sehen können. Alle bis auf Ken, der ihm demonstrativ den Rücken zuwendet.

 

„Ich bin heute nicht als Perser zu euch gekommen“, beginnt er seine Rede und merkt, wie seine Kehle eng wird. Die Worte fallen ihm schwerer als gedacht. „Stattdessen steht hier derjenige vor euch, der sich vor Jahren dazu entschieden hat, nicht mehr als euer Freund Omi zu leben, sondern wieder den Namen Mamoru Takatori anzunehmen. Ich habe einen neuen Weg gewählt. Einen Weg, der euren nicht mehr kreuzen wird und dessen Bürde ich allein tragen muss. Doch...um Omi Tsukiyono endgültig auszulöschen, möchte ich euch auf eine letzte Mission schicken.“

„Was?“ Ken hatte sich jetzt zu ihm herum gedreht. In seinem Gesicht steht ehrliche Überraschung.

„Dies ist keine offizielle Mission von Perser. Stattdessen bittet euch der schwache, kleine Blumenhändler Omi Tsukiyono um eure Mithilfe. Wenn ihr dieser Mission beiwohnen wollt, bleibt. Wenn nicht, verlasst jetzt bitte den Raum. Vorher möchte ich aber, dass ihr wisst, dass ich niemals erlauben werden, dass irgendjemand der Takatori-Familie Schaden zufügt. Das schwöre ich bei meinem Leben.“

 

Es tut weh, diesen letzten Satz auszusprechen. Aber er weiß, dass er es tun muss, für den Fall, dass einer von ihnen geht. Er ist sich nicht sicher, ob Ken bleiben wird, dem offensichtlich seine Flucht von damals immer noch sauer aufstößt. Oder ob Yoji es ertragen wird, schon wieder eine Frau töten zu müssen, an die er sein Herz verloren hat, weil die Mission es von ihm verlangt. Der Schwur, den er eben geleistet hat, ist das Schwert, das das Band zwischen ihnen endgültig durchtrennen wird. Er weiß, dass es notwendig ist, doch er kann die Tränen, die hinter seinen Lidern lauern, kaum noch zurückhalten. Wenn einer von ihnen sich jetzt von ihm abwendet, muss er ihn verloren geben. Jetzt schon und nicht erst, wenn die Mission vorbei ist.

 

Niemand im Raum bewegt sich. Omi sieht zu Ken, der immer noch an der Treppe steht. Es wäre leicht für seinen alten Freund, sich einfach umzudrehen und zu gehen. Unentschlossen sieht Ken zu den anderen, dann zuckt er mit den Achseln und macht eine wegwerfende Handbewegung.

„Ich will ja nicht das einzige Arschloch sein, das sich jetzt einfach verpisst. Also schieß los, worum geh es?“

Ehrlich Erleichterung steigt in Omi auf. Er wird noch einmal an der Seite von Weiß, von allen seinen Freunden kämpfen können. Plötzlich muss er an einen weit zurückliegenden Tag denken, an dem ihm Aya bei seinen Englisch-Hausaufgaben geholfen hat. Shakespeare. Die Eröffnungsrede von Heinrich, dem Fünften:
 

Noch einmal stürmt, noch einmal, lieben Freunde!

Sonst füllt mit toten Englischen die Mauer!

Im Frieden kann so wohl nichts einen Mann

Als Milde und bescheidne Stille kleiden,

Doch bläst des Krieges Wetter euch ins Ohr,

Dann ahmt dem Tiger nach in seinem Tun.

 

Er schüttelt innerlich den Kopf bei dem Gedanken, dass er vermutlich überhaupt nichts von einem englischen König an sich hat. Trotzdem stehen seine Freunde zu ihm. Er dankt Ken mit einem ehrlichen Lächeln. Er ist froh, dass sein bester Freund an seiner Seite kämpfen wird.
 

Während er die Details der Mission ausgibt, fühlt er sich noch einmal als Teil von Weiß. Sein Herz geht auf, als Ken ihm den Arm um die Schulter legt und ihn in die Seite boxt so wie früher, während ein anderer Teil von ihm trauern will. Er schiebt diesen Teil weit von sich. Er wird später noch genug Zeit dafür haben, sich einsam zu fühlen. In seinem zu großen Büro mit dem zu weichen Sessel, dem zu breiten Schreibtisch und einem Haufen von Aufgaben, an denen sein Herz nicht hängt. Diese eine, letzte Nacht gehört Omi Tsukiyono.

 

 

 

 

 

 

 

 

Über ihm jagt der Wind Wolken über den vollmondhellen Himmel. Seine Schritte hallen hohl in der Nacht wieder. Die drei Türme von Eszetts riesiger Kathedrale ragen schwarz und bedrohlich vor ihm auf. Er hört den Kampflärm schon von Weitem. Schläge, Schreie, der Aufprall von Metall auf Metall. Ein gutes Dutzend Z-Klassler greifen Weiß an. Die fünf weißen Ritter schlagen sich besser, als er erwartet hat.

Der Kampf stoppt plötzlich. Seine Gabe zeigt ihm, dass die Kämpfer alle wie bewegungslos an ihren Plätzen verharren. Etwas ist passiert. Ein Mann, vermutlich dieser Shimojima, hat eine Waffe gezogen und richtete sie genau auf Abyssinian. Als sein Finger den Abzug betätigt, handelt Nagi, ohne darüber nachzudenken.

 

Zentimeter vor dem Gesicht des weißen Anführers bleibt die Kugel in der Luft stehen. Nagi hört die erstaunten Laute, den Aufschrei Shomijimas, als sein Schuss nicht die gewünschte Wirkung zeigt.

 

'Uh, bist du jetzt einer von den Guten geworden? Das hätte ich nicht erwartet.'

Nagi blinzelt ob der Stimme in seinem Kopf. 'Schuldig?'

'Natürlich. Meinst du vielleicht, wir lassen dir den ganzen Spaß für dich alleine?'

Einen kurzen Augenblick lang gleitet etwas wie ein Lächeln über Nagis Gesicht. Es ist ein gutes Gefühl, sein altes Team wieder im Rücken zu haben.

'Wir sehen uns später', lässt er Schuldig noch wissen, bevor er sich wieder auf den Weg vor sich konzentriert. Langsam geht er weiter.

 

 

„Wer bist du?“, schreit Shimojima ihn an. „Ich lasse nicht zu, dass du dich hier einmischst!“

Er schießt wieder und wieder. Nagi fängt die Kugeln eine nach der anderen ab. Mit hellem Klirren fallen sie zu Boden. Die aufgefangene Energie leitet er in den erbarmungslosen Klammergriff um, mit dem er die Jugendlichen in den roten Uniformen im Schach hält. Er fühlt, wie sie gegen seine Kräfte ankämpfen. Ihre Versuche sind müßig. Seine Fähigkeiten übersteigen ihre bei weitem.

 

Shimojima hat aufgegeben, ihn erschießen zu wollen. Stattdessen schreit er die Z-Klassler an: „Ihr seid die Elite, die Auserwählten. Ihr dürft nicht zulassen, dass dieser Abschaum euch besiegt. Kämpft! KÄMPFT!“

 

Er kann es in ihren Gesichtern sehen. Die Wut und den Ehrgeiz, sich zu beweisen. Wie die Schüler damals in Rosenkreuz. Grausam, überheblich, gewillt für den eigenen Vorteil über Leichen zu gehen. Hinter all dem steht Shimojima und bellt Befehle. Spucke fliegt aus seinem Mund wie der Geifer eines tollwütigen Hundes. Aber seine Kläffer sind keine Herausforderung. Den Blick immer noch auf Shimojima gerichtet fängt Nagi an, sie einem nach dem anderen zu zerbrechen. Er hört das Knirschen von Knochen, das trockene Knacken, wenn sie nachgeben, die Schmerzensschreie wie das Aufjaulen getretener Köter.

Nagi mustert sie mit unbeweglicher Miene. „Wenn ihr nicht aufhört zu kämpfen, werdet ihr sterben.“

In Shimojimas Augen lodert der Wahnsinn. „Wenn ihr sie nicht besiegen könnt, dann habt ihr den Tod verdient. Sterbt! Sterbt ihr Schwächlinge!“

 

Nagi sieht ihn über den Haufen zerstörter Körper hinweg an. Noch hat er keine Hand an ihn gelegt. Er will, dass er sieht, was mit denen geschieht, die sich ihm in den Weg stellen. Diese sogenannte Elite war nicht viel mehr als Käfer, die er ohne große Mühe zermalmt hat. Er wartet ab, dass der Mann versteht, dass seine Arroganz ungerechtfertigt, sein Stolz nur luftleerer Raum.

 

Erkenntnis kriecht mit kalten Spinnenfingern über Shimojimas Gesicht. Plötzlich sieht er sich ganz allein vor seinen Gegnern stehen. Er beginnt zu stottern, zu zittern. Nagi ist froh, als er endlich seine Waffe hebt, um seiner erbärmlichen Existenz ein Ende zu bereiten. Leblos sackt sein Körper zu Boden, während sich eine Blutlache um seinen Kopf herum ausbreitet. Eine weitere, tote Puppe.

 

 

Ein metallenes Geräusch reißt Nagi aus seiner Betrachtung. Ihm gegenüber steht Abyssinian, die Spitze seines Katanas direkt auf Nagis Brust gerichtet. Er hätte ihn für schlauer gehalten.

„Wer bist du?“, verlangt der Anführer von Weiß zu wissen.

Omi stürzt plötzlich auf Nagi zu und stellt sich mit ausgebreiteten Armen vor ihn. „Warte Aya. Nagi-kun ist einer von uns. Er...er arbeitet für mich. Seinetwegen hat Eszett bereits eine wichtige Einrichtung in Deutschland verloren. Er ist hier, um uns zu helfen.“

Abyssinian senkt die Waffe. Nagi kann sehen, dass er weiterhin misstrauisch ist, aber er verlässt sich auf das Wort seines Teamkameraden.

 

Omi dreht sich mit einem erleichterten Lächeln zu Nagi um. „Ich bin froh, dass du doch noch gekommen bist. Das war gerade ganz schön knapp.“

Nagi weiß jetzt, dass er sich die Daten aus der Diskette angesehen hat. Er sieht die Hoffnung auf seinem offenen, ehrlichen Gesicht. Er wird ihn enttäuschen.

„Ich bin nicht euretwegen hier“, sagt er leise. „Ich bin gekommen, um den Krieg zu Ende zu bringen, den ich begonnen habe.“

Omis Mundwinkel sinken langsam nach unten. „Du meinst...“

„Sie sind hier“, sagt Nagi nur noch, bevor er Omi stehenlässt und an ihm vorbei weiter auf die Kathedrale zu geht.

 

Er weiß, was ihn dort drinnen erwartet. Er hat die Daten seiner Gegner gesehen; Klone, die auf den Gensequenzen von Schwarz basierend gezüchtet wurden. Ein höchst gefährliches Team, das auch er nicht unterschätzen wird. Zumal er dieses Mal nicht den Vorteil der Überraschung auf seiner Seite haben wird. Dieses Mal werden sie auf ihn warten.

 

Ohne sich noch einmal umzudrehen, betritt er die Kathedrale.

 

 

 

 

 

 

 

„Soll ich wirklich nicht mitkommen?“ Schuldigs Ton war beiläufig, fast gelangweilt. Aber Nagi wusste, dass allein die Tatsache, dass er fragte, mehr verriet, als er eigentlich zugeben wollte.

„Crawfords Befehle waren eindeutig. Ich gehe alleine“, antwortete Nagi.

Schuldig sah zu dem Gebäude hoch, an dessen Außenmauer sie gerade im toten Winkel der Überwachungskameras standen.

„Mir gefällt das nicht. Du weißt nicht, was sie alles da drinnen haben.“

Nagi gab ein amüsiertes Geräusch von sich. „Dann wird es wohl Zeit, dass ich es herausfinde.“

Er stieß sich vom Boden ab und ließ sich von seinen Kräften auf die Mauer tragen. Von oben sah er noch einmal zu Schuldig herunter. In der Dunkelheit war von dem anderen nicht viel mehr als ein Umriss zu erkennen.

„Mach keinen Unsinn hier draußen, solange ich weg bin“, rief er hinunter.

Schuldig schnaubte beleidigt. „Wäre das nicht eigentlich meine Aufgabe, so etwas zu sagen, Kohai?“

„Irgendwann kommt der Punkt, an dem der Schüler den Meister überholt. Wer weiß, vielleicht ist es ja heute soweit.“

Er konnte Schuldigs Grinsen praktisch fühlen. „Bilde dir nur nichts ein, Bürschchen. Sonst lege ich dich nachher übers Knie und versohle dir den Hintern. Das mache ich übrigens auch, wenn du nicht in einem Stück wiederkommst. Also streng dich ein bisschen an. Mach Papa stolz.“

 

Nagi antwortete nicht mehr darauf. Er hatte eine Tür entdeckt, die in das Innere des Gebäudes führte. Er folgte der Treppe dahinter, die ihn immer weiter nach unten brachte. Am Fuß der unzähligen Stufen sah er noch einmal nach oben. Er musste sich bereits weit unter der Erdoberfläche befinden. Das hieß, dass Schuldig ihn vermutlich nicht mehr erreichen würde, wenn er ihn suchte. Und Nagi würde nicht um Hilfe bitten können, wenn etwas schief ging.

 

'Ich muss es also wirklich alleine schaffen.'

 

Mit diesem Gedanken griff er nach der Türklinke und betrat einen langen, dunklen Gang, von dem mehrere Türen abgingen. An einem Ende des Korridors konnte er Licht sehen. Er warf einen Blick auf die Kameras an der Decke. Wenn Schuldig seine Aufgabe ernst nahm, stellten sie inzwischen kein Problem mehr dar. Tote Wachmänner konnten keinen Alarm geben.

 

Er trat vor die Tür, deren obere Hälfte als dickem Glas bestand. Dahinter befand sich ein Labor. Er konnte die Leitungen an den Wänden sehen, die großen Zuchttanks, die Kontrolllichter, die Überwachungspulte, auf denen die Daten der neuesten Kreationen über die Monitore flackerten. Zwischen den Tanks stand eine Gestalt; ein junger Mann mit blonden Haaren in einer blauen Uniform. Sein Blick war auf die Tanks gerichtet. Neben seinem Kopf schwebten drei durchsichtige Kugeln. Nagi war sich nicht sicher, was es war, aber er wusste, dass er sein erstes Opfer gefunden hatte. Mit einem Knopfdruck öffnete er die Tür.

 

Der junge Mann fuhr herum. Seine beeindruckend blauen Augen wurden schmal. „Wer bist du? Was willst du hier?“

Nagi bemerkte, dass die Kugeln hinter seinem Kopf zu zittern begannen. Anscheinend handelte es sich nicht um feste Objekte. Eine Flüssigkeit?

„Ich bin hier, um dich zu töten“, sagte Nagi ohne Umschweife. Ohne weitere Vorwarnung schickte er einen telekinetischen Energieimpuls auf seinen Gegner. Der sprang zur Seite und die Schockwelle trafen stattdessen einen der Tanks. Seine Scheibe bekam einen großen Riss und einer der Monitore begann warnend zu fiepen.

„Bist du verrückt?“, fauchte der andere. „Du wirst sie noch umbringen. Das kann ich nicht zulassen.“ Mit einem Schrei stürzte er sich auf Nagi.

 

Die drei Kugeln schossen vor, vereinigten und verformten sich. Bevor Nagi wusste, wie ihm geschah, war er in ihrem Inneren gefangen. Er versuchte, die durchsichtige Hülle mit seinen Kräften zu sprengen, doch seine Energie glitt wirkungslos durch sie hindurch. Wie ein Fisch in einem Goldfischglas schwebte er ein Stück über dem Boden. Sein Gegner lachte nur.

„Wenn ich mich noch schnell vorstellen darf, bevor du das Zeitliche segnest: Mein Name ist Aaron. Ich bin der Meister von Wasser und Eis.“

Nagi versuchte erneut, sich zu befreien, aber die Wasserhülle folgte jeder seiner Bewegungen. Er fühlte, wie langsam die Luft knapp wurde. Wenn ihm nicht schnell etwas einfiel, würde er ertrinken.

 

Mit einem gehetzten Blick sah er sich in dem Labor um und entdeckte schließlich eine geeignete Waffe. Er griff mit seiner Kraft hinaus und warf einen der schweren, metallenen Laborstühle nach Aaron. Der wich dem Geschoss zwar aus, verlor dabei jedoch die Kontrolle über die Wasserblase. Mit einem feuchten Klatschen landete Nagi auf dem Boden. Gierig sog er die dringend benötigte Atemluft in seine Lungen.

„Ok, ich wollte es dir einfach machen, aber wenn du auf Schmerzen stehst“, knurrte Aaron und die Kugeln teilten sich in unzählige Tropfen. „Friss das, du Punk!“

Wie ein waagerechter Regenschauer bewegten sich alle Tropfen gleichzeitig auf Nagi zu. Plötzlich veränderten sie sich und die einfachen Tropfen wurden zu rasiermesserscharfen Eisschrapnellen, die alles auf ihrem Weg zerfetzen würden. Instinktiv zog Nagi seinen Schutzschild hoch und rollte sich zu einem Ball zusammen. Die Eisklingen prallten gegen ihn und er stöhnte aufgrund der puren Kraft, die auf ihn einprasselte. Über sich konnte er Aaron lachen hören. Er musste sich schnell etwas einfallen lassen.

 

Er rollte zur Seite und richtete sich auf. Der Boden um ihn herum war feucht, das kostbare Nass überall verstreut. Aaron musste seine Waffe erst langsam wieder zusammenziehen. Das war seine Chance. Er sandte einen neuen Impuls auf den anderen zu. Die Augen seines Gegners wurden groß, als ihm klar wurde, dass er der Energielanze nicht mehr ausweichen konnte. So tat er das Einzige, was ihm einfiel. Er zog das Wasser um sich herum zusammen und errichtete einen Schutzschild aus Eis. Nagi hätte fast gelacht. Sein Gegner war berechenbarer, als er gedacht hatte. Sofort griff er nach dem Schild und begann, von allen Seiten Druck darauf auszuüben. Er wusste, dass der andere jetzt keine Chance mehr hatte. Er hatte sich selbst in sein höchst eigenes Gefängnis gesperrt.

 

Das Eis dämpfte die Schreie ein wenig, die aus dem Inneren des glasartigen Kokons kamen. Nagi kümmerte sich nicht darum. Er biss die Zähne zusammen und erhöhte die Kraft, die auf die Eishülle drückte. Langsam begann der Kokon kleiner zu werden. Die Wände wurden undurchsichtig, als sich das Eis weiter verfestigte. Ein blauer Schimmer erschien auf der Oberfläche, während das Kreischen im Inneren immer weiter anschwoll. Plötzlich verstummten die Schreie. Mit einem erschöpften Ausatmen ließ Nagi das Eisgefängnis zu Boden sinken. Es war inzwischen nicht mehr groß genug, um einen menschlichen Körper aufzunehmen.

 

Ohne die immer größer werdende Lache aus Tauwasser und Blut noch weiter zu beachten, trat Nagi zu den Tanks. Darin warteten bereits die nächsten Klone auf ihre Dekantierung. Er gab einige Befehle in den Monitor der Temperaturkontrolle ein. Während er sich abwandte, begann das Thermometer langsam zu steigen. Eine Warnleuchte begann zu blinken und ein Alarm ertönte.

 

Mit einer entschlossenen Geste schloss Nagi die Labortür hinter sich und zerstörte den Schließmechanismus mit einem Energieimpuls. Diesen Kreaturen würde niemand mehr helfen können. Seine Schritte hallten von den Wänden wieder, als er dem Korridor weiter folgte.

 

 

Er ging eine ganze Weile, bevor er bemerkte, dass etwas nicht stimmte. Als ihm plötzlich klar wurde, dass der unterirdische Gang unmöglich so lang sein konnte, blieb er stehen. Die Geräusche um ihn herum waren verstummt, er hörte nicht einmal mehr seinen eigenen Atem. Sein Blick irrte hin und her, aber er konnte nichts erkennen. War es um ihn herum dunkler geworden?

 

Die Lampe über seinem Kopf begann zu flackern. Sie verlöschte nicht, aber irgendetwas sorgte dafür, dass ihr Schein zu einem schwachen Lichtkreis zusammen schrumpfte. Dahinter lag undurchdringliche Dunkelheit. Eine Dunkelheit, in der sich etwas zu bewegen schien. Nagi trat einen Schritt zurück, bis er die Wand hinter sich fühlte. Sein Herz hatte begonnen, schneller zu schlagen. Leise Angst begann seinen Rücken hinaufzukriechen.

 

Die eben noch leere Finsternis war auf einmal mit Geräuschen gefüllt. Ein hechelndes Atmen, ein Jaulen und Winseln und das Tappen großer, krallenbewehrter Pfoten, das immer näher kam. Nagi spürte, wie seine Handflächen feucht wurden. Er versuchte, die Quelle der Geräusche mit seiner Fähigkeit ausfindig zu machen, aber irgendetwas schien ihn zu behindern. So sehr er auch suchte, er konnte nichts finden. Die Geräusche wurden lauter und ein unmissverständliches Knurren mischte sich darunter.

 

'Hunde! Es sind Hunde!'

 

Kaum hatte er das gedacht, schob sich das erste Untier schon in den Lichtkreis. Es handelte sich um einen riesigen, schwarzbraunen Dobermann. Seine Augen funkelten rot und seiner Kehle entstieg ein tiefes Grollen. Seine gehobenen Lefzen entblößten eine Doppelreihe gefährlich aussehender, spitzer Reißzähne. Nagi wollte gerade zurückweichen, als neben ihm ein weiteres dumpfes Knurren zu hören war. Ein zweiter Hund war an den Rand des Lichtkreises getreten. Sein Blick war mörderisch und genau auf Nagis Kehle gerichtet. Die spitzen Ohren waren dicht an den Kopf gelegt und er schnappte in die leere Luft. Nagi zuckte zusammen.

 

Sein Atem beschleunigte sich und er merkte, wie sich die Welt um ihn herum anfing zu drehen. Das Blut rauschte in seinen Ohren. Er musste seine Kräfte benutzen, um die Tiere auszuschalten. Es war eigentlich ganz einfach und doch konnte er sich nicht genug konzentrieren. Er schnappte nach Luft, Schweiß lief über seine Stirn. Er streckte die zitternde Hand aus, wollte die Biester zurückwerfen, aber sie rückten nur noch näher. Schon meinte er, ihren heißen Atem auf seiner Haut fühlen zu können, als er plötzlich ein Lachen hörte.

„Sieh nur, Diana. Ich glaube, deine Schoßtiere gefallen unserem Gast nicht.“

„Da könntest du recht haben, Brigid. Aber vielleicht hat er auch nur einfach Angst im Dunkeln, der arme Junge.“

„Dann solltest du ihn vielleicht ein wenig erleuchten, Schwesterchen.“

 

Der Schein der Lampe breitete sich aus und beschien jetzt wieder einen größeren Teil des Gangs. Nagi sah sofort den dritten Dobermann, der neben einem Mädchen in einem schwarzen Kleid mit langen, schwarzen Haaren stand. Lediglich eine einzelne Strähne an ihrem Pony war weiß. Sie hatte dem knurrenden Hund die Hand auf den Rücken gelegt und streichelte das geifernde Tier mit einem entrückten Lächeln.

„Mir scheint, er fürchtet sich immer noch. Allerdings noch lange nicht genug“, sagte eine Stimme von der anderen Seite. Nagis Kopf ruckte herum. Dort stand ein zweites Mädchen, das dem ersten bis aufs Haar glich. Aber wo ihre Schwester dunkel war, war dieses Mädchen in Weiß gekleidet mit hellen Haaren bis auf eine einzelne dunkle Strähne. Auch sie lächelte auf eine grausame Weise. Ihre Augen funkelten bernsteinfarben.

 

Nagi spürte, wie sich ihr Blick auf ihn legte. Gleichzeitig begann er zu zittern. Panik schnürte seine Kehle zu und ließ seinen Mund trocken werden. Verdammt, er musste nachdenken. Aber er hatte die Hunde vergessen. Auf einen Wink des schwarzen Mädchens hin sprang eines der Untiere vor. Seine Zähne gruben sich in Nagis Arm. Er schrie auf, versuchte den anderen Arm hochzureißen, um sein Gesicht zu schützen. Der Schmerz raste durch seine Sinne, er fühlte das Reißen des Fleisches und roch den stinkenden Atem des Untiers. Ein zweites, messerscharfes Gebiss bohrte sich in sein Bein. Er schrie, wollte die Hunde zurückstoßen, doch sein Impuls lief ins Leere.

 

Bernsteinfarbene Augen bohrten sich in seine und er hörte das verzerrte Lachen der Mädchen. Und plötzliche wusste er es. Er wusste, wie er sie besiegen konnte. Mit letzter Kraft langte er hinaus und griff das Mädchen in dem weißen Kleid an. Sie wurde zurückgeschleudert und kreischte wütend auf. Gleichzeitig wich der Schmerz aus seinem Arm und er konnte wieder freier atmen. Er hatte Recht gehabt. Sie war ein Empath. Die Angst und die Schmerzen kamen von ihr.

Er wirbelte herum und sandte einen zweiten Impuls auf ihre dunkle Schwester. Sie war ein wenig schneller und wich dem Angriff aus, aber in dem Moment, in dem sie zur Seite sprang, flackerte der Hund an ihrer Seite. Er war nur eine Illusion. Deswegen hatte Nagi die Tiere auch nicht angreifen können. Er knurrte und stemmte sich hoch.

Wütend sandte er Impuls um Impuls auf seine Gegnerin. Sie wich den meisten Attacken aus, doch schließlich erwischte er sie und ihr Körper wurde gegen eine der Wände geschleudert. Stöhnend brach sie zusammen. Im gleichen Augenblick verschwanden die knurrenden Hunde. Plötzlich hörte er hinter sich einen Wutschrei und ein Gewicht riss ihn fast von den Füßen.

„Lass sie in Ruhe“, kreischte das helle Mädchen und schlang ihre Arme um seinen Hals. Er fühlte die Panik, die sie ihm induzieren wollte, die Fingernägel, die sich in seine Haut bohrten. Aber dieses Mal war er vorbereitet.

Er imitierte ihren Angriff, legte seine Kräfte um ihre Kehle und drückte zu. Er spürte, wie ihre Bewegungen zunächst fahrig und dann panisch wurden. Irgendwann ließ sie ihn los und griff an ihren Hals. Zusehends kraftloser versuchte sie, sich gegen die unsichtbare Kraft zu wehren, die sie langsam erdrosselte. Ihre Finger glitten wirkungslos über ihre Kehle, während ihr Gesicht blau anlief. Schließlich baumelte ihr Körper leblos im Griff seiner Kräfte. Er schleuderte sie beiläufig zur Seite und wandte sich ihrer Schwester zu.

 

Ein Aufjaulen antwortete ihrem Aufprall. Das schwarze Mädchen streckte die blutende Hand nach ihrer Schwester aus. In ihren dunklen Augen loderte der Hass.

„Ich werde dich töten!“, fauchte sie und versuchte, wieder auf die Füße zu kommen, doch ihre gebrochenen Glieder gehorchten ihr nicht mehr.

„Das glaube ich nicht“, antwortete Nagi. Er beendete er ihr Leben mit einem kurzen Ruck gegen ihr Genick. Sie fiel nach vorn und blieb regungslos liegen.

 

Er stöhnte und ließ sich neben ihr zu Boden sinken. Der Kampf hatte ihn mehr angestrengt, als er zugeben wollte. Er brauchte einen Moment, bis die schwarzen Punkte vor seinen Augen verschwunden waren. Nach einer Weile stemmte er sich hoch und ging weiter auf der Suche nach seinem letzten Gegner.

 

 

Er fand ihn in einem Raum, der offensichtlich zu Trainingszwecken genutzt wurde. Mit geradezu atemberaubender Geschwindigkeit bewegte sich der junge Mann in einer ähnlichen Uniform wie Aaron zwischen seinen Zielen hin und her. In seiner Hand blitzte ein kurzes Schwert auf, mit dem er die Übungspuppen in ihre Einzelteile zerlegte. Als die Teile der letzten Puppe zu Boden fielen, applaudierte Nagi höflich.

„Du bist schnell“, sagte er.

„Und du bist hier nicht willkommen“, erwiderte der andere. „Wo sind Aaron und die Zwillinge?“

Nagi antwortete nicht. Die grünen Augen seines Gegenübers verengten sich. „Was hast du mit ihnen gemacht?“

Als Nagi weiterhin schwieg, wurde die Gestalt vor ihm plötzlich durchsichtig, ihre Ränder schienen zu verschwimmen und kurz darauf war Nagi allein. Er sah sich suchend um, aber das Labor war leer. Wo war er hin?

 

Plötzlich hörte er einen Aufschrei aus dem Flur und Sekunden später stürmte der junge Mann wieder durch die Tür. Der Ausdruck auf seinem Gesicht sprach Bände.

„Du hast sie umgebracht!“, brüllte er. „Das wirst du büßen!“ Ohne zu zögern, stürzte er sich auf Nagi.

 

Im letzten Augenblick warf sich Nagi zur Seite und die Klinge des kurzen Schwertes bohrte sich an der Stelle in den Boden, wo er gerade noch gestanden hatte. Er sprang ein gutes Stück zurück und wollte seinen Gegner gerade angreifen, als er aus den Augenwinkeln eine Bewegung auf sich zukommen sah. Er warf sich zurück und wieder raste eine Klinge nur Zentimeter an ihm vorbei. Er blinzelte überrascht. Sah er jetzt doppelt?

„Du magst Zweien von uns widerstanden haben, aber wie sieht es mit dreien aus. Oder vier? Oder fünf?“

 

Plötzlich stand Nagi fünf völlig identischen Gegnern gegenüber. Sein Blick irrte hin und her. Es mussten Illusionen sein. Aber welcher von ihnen war der echte?

Er sandte seine Gabe aus und lokalisierte einen festen Körper in dem zweiten Gegner von links. Er schickte einen Energieimpuls auf diesen zu, doch er ging durch die Gestalt hindurch, als bestünde sie aus leerer Luft. Die Illusion lachte.

„Du wirst niemals wissen, wer von uns der Ursprung ist. Denn wir sind alle auf unsere Weise echt.“

Seine Gegner verbeugten sich. „Echo unser Name und du wirst jetzt sterben.“

 

Nagi warf sich zur Seite, als eine Klinge nach seiner Kehle hackte. Er spürte den Luftzug und einen scharfen Schmerz, als die Waffe seine Haut ritzte. Er warf sich zu Boden, sprang hoch und setzte ein Stück zurück. Doch schon war wieder ein Echo neben ihm und griff ihn an. Er bekam einen Schlag in den Magen und stolperte rückwärts. Seine eigene Attacke ging durch den Gegner hindurch, der ihn gerade noch geschlagen hatte. Dafür erwischte ihn ein anderes der Abbilder mit einem gezielten Tritt und schleuderte ihn gegen die Wand. Er keuchte, als die Luft aus seinen Lungen getrieben wurde.

Sein Blick wurde für einen Augenblick unscharf. Seine Gedanken rasten. Wie sollte er einen Gegner erwischen, von dem er nicht wusste, wo er sich aufhielt? Sein Blick fiel auf die Rückwand des Raumes, wo mehrere dicke Leitungen an der Wand hingen. Er spürte die elektrische Energie, die darin summte. Eine Idee begann sich in seinem Kopf zu formen.

 

Er zog sich in eine Ecke des Raumes zurück. Die Echos betrachteten ihn spöttisch.

“Gibst du auf?“, fragten sie gleichzeitig.

„Niemals“, antwortete Nagi und richtete seine Kräfte auf die Überreste der Übungspuppen. Vor seinen Augen erhoben sich die Trümmer, teilten sich, und formten sich neu. Die nutzlosen Teile fielen zu Boden, während aus dem Metall, das in ihnen gewesen war, ein stabiles Geflecht entstand. Die Echos ließen ihn hohnlächelnd gewähren.

„Was soll das werden?“, rief einer von ihnen. „Willst du mich damit erdrücken? Oder gar fangen? Ich dachte, du hättest inzwischen verstanden, dass ich mich zwischen den Abbildern hin und her teleportieren kann. Du kannst mich nicht einsperren.“

Nagi erlaubte sich ein kleines Lächeln, als das Gebilde auf ihn zu schwebte. „Der Käfig ist nicht für dich. Der ist für mich.“

 

Mit einem schnellen Schritt trat er hinein und verschloss die Öffnung. Gleichzeitig griff er mit seiner Kraft hinaus und riss die riesigen Stromleitungen von der Wand. Die freiwerdende Energie fauchte in blauen Blitzen aus dem geborstenen Metall und raste mit unglaublicher Geschwindigkeit durch den Raum. Ein Gitter aus gleißender Elektrizität füllte den Raum und erfasste die Echos. Sie zuckten und jaulten, bevor sie eins nach dem anderen verschwanden und nur einen Körper zurückließen, der haltlos zu Boden sank. Mit einem Wink legte Nagi den Schalter um, der den Strom abstellte. Erst dann trat er wieder aus seiner Schutzhülle. Der Geruch von Ozon und verbranntem Haar lag in der Luft. Er trat zu dem zuckenden Körper. Echo war nicht bei Bewusstsein. Seine Augen rollten haltlos in ihren Höhlen hin und her und seine Muskeln gehorchten ihm nicht mehr.

„Dein Unglück und mein Glück“, sagte Nagi und griff nach der Stirn des anderen. Mitleidlos bohrte er sein Bewusstsein in den Geist des anderen und wühlte darin herum, bis er fand, was er suchte. Echos Schmerzensschreie füllten den Raum, bis Nagi das Wissen über seine Fähigkeiten völlig in sich aufgenommen hatte. Erst dann ließ er ihn los und sah mitleidlos auf ihn herab.

 

„Wenn sie dich fragen, wer das hier war, sag ihnen, mein Name ist Nagi Naoe. Ich werde kommen und auch noch den Rest von euch auslöschen, bis keiner mehr übrig ist. Hast du das verstanden?“

Echos bewegte sich nicht, doch das Entsetzen in seinen Augen war Nagi Antwort genug. Er wandte sich zum Gehen.

„Meinst du wirklich, dass es klug ist, ihn am Leben zu lassen?“ Schuldig lehnte nahe der Tür an der Wand und musterte ihn aufmerksam.

„Was tust du hier? Ich dachte, Crawford...“

Ungeduldig wedelte Schuldig mit der Hand. „Jaja, ich weiß. Ich sollte oben bleiben. Aber ich wollte dir gerne zusehen. Leider habe ich von den anderen dreien ja nur noch die Überreste gefunden. Du musst mir alle schmutzigen Details erzählen. Ich bin neugierig, was diese Maden konnten.“

 

Schuldig überwand die Distanz zwischen ihnen mit unmenschlicher Geschwindigkeit. Er legte seinen Arm Nagis Schultern, während sich sein Blick auf den entsetzten Echo richtete.

„Mhm“, machte er und schloss genüsslich die Augen. „Ich kann sein Leid hören, seine Verzweiflung, die Angst, was wir noch mit ihm tun könnten. Meinst du, uns fällt da noch etwas ein, wie wir ihn ein bisschen quälen könnten?“

„Ich habe kein Interesse daran, sein Leiden zu erhöhen“, antwortete Nagi. „Wenn du meinst, kannst du ihn töten. Ich muss mich um die Daten kümmern.“

 

Er trat an einen der Computerterminals und begann die Projekte aufzurufen, die in dieser Anlage zum Abschluss gebracht wurden. Mit einigen Klicks gab er den Befehl, die Daten auf eine Diskette zu übertragen.

„Oh, du bist langweilig“, gab Schuldig ein wenig missmutig von sich. Er zog seine Waffe und gab einen tödlichen Schuss auf Echo ab. Unbefriedigt steckte er seine Waffe wieder ins Holster.

 

„Dafür bist du mir wirklich was schuldig“, murrte er und drückte sich von hinten gegen Nagi. Sein Atem streifte Nagis Ohr. „Ich wollte es schon immer mal in einer Rosenkreuz-Einrichtung treiben. Nur um der guten, alten Zeiten willen. Komm schon, lass uns die Gelegenheit nutzen.“

 

Nagis Blick war weiter auf die Daten gerichtet. Neben den vier Toten gab es noch drei weitere, weitaus ältere Testobjekte, die alle Simulationen mit Auszeichnung durchlaufen hatten.

„Ist Sex das Einzige, woran du jetzt denken kannst?“

„Wenn ich dich sehe, immer“, gurrte Schuldig und seine Hände wanderten an Nagis Seiten hinab zu seiner Körpermitte. „Ich verspreche dir, dass es nicht zu deinem Nachteil sein wird.“

Nagis Mundwinkel glitten ein Stück nach oben. Er drehte sich um und zog Schuldig in einen tiefen Kuss. Seine Hände glitten unter die Kleidung des anderen und er ließ sich von Schuldig auf einen der Labortische heben.

„Ich werde das hier bereuen“, keuchte er in ihren Kuss, während Schuldig mit fliegenden Fingern seine Hose öffnete und seine Hand hineingleiten ließ. „Du bist kein guter Lehrer.“

Schuldig grinste an seinen Lippen. „Du irrst dich. Ich bin der beste Lehrer. Der allerbeste.“

 

 

Die Geräusche ihres Akts hallten von den Wänden des Labors wieder, während der Computer arbeitete und die Daten herunterlud. Nagi übergab seinen Körper und seinen Geist ganz dem Rhythmus, den Schuldig vorgab. Er teilte die Erinnerungen, die Pein und das Leid, das er verursacht hatte. Gab seinen Schmerz und seine Angst und fühlte die Erregung des anderen, die wie eine Hitzewelle über ihn hinweg rollte und alles auf ihrem Weg verbrannte, bis nur noch das Feuer übrig war. Heiße Ekstase lief durch seine Nervenbahnen und loderte immer heller bis zu dem Punkt, an dem er selbst verglühte. Er krallte sich an Schuldig fest und keuchte einige Stöße später auf, als der Nachhall des fremden Orgasmus durch seine wund geriebenen Sinne tobte. Atemlos und unfähig sich zu bewegen verharrten sie beide, bis die Realität wieder feste Formen annahm.

 

Nagi öffnete mühsam die Augen. Am liebsten wäre er jetzt einfach in ein weiches Bett gesunken. Sein Blick fiel auf die vorbeilaufenden Buchstabenkolonnen.

„Wir werden uns ihnen stellen müssen“, murmelte er leise und lehnte sich an Schuldigs Schulter. Der andere ließ seine Lippen über Nagis schweißnasse Stirn streifen.

„Das werden wir“, versprach er. „Und wir werden sie alle vernichten.“

 

 


Nachwort zu diesem Kapitel:
Soundtrack:
„It Has Begun“ - Starset
„Courtesy Call“ - Thousand Foot Crutch


So, das vorletzte Kapitel ist geschafft. Es folgt nur noch eins und ein Epilog. Ich hoffe, ihr seid bis zum Ende mit dabei. ^_^ Komplett anzeigen

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