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Voiceless

The words I have to tell you
von

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Zuflucht

Peter Pan muss ein Glückspilz ein! Nicht nur das er die volle Aufmerksamkeit meiner besten Freundin hat. Nein...

Der Typ kann einfach so durch die Luft fliegen wohin er will und lockt wildfremde Mädchen ganz bedenkenlos ins Nimmerland. Und dazu braucht er nur Glaube und ein bisschen Feenglanz!? Und die Mädchen fahren auch noch daruf ab! Ernsthaft?!

In der realen Welt wäre er wohl eher ein Kriminaler, der wegen Entzugs oder Entführung Minderjähriger verklagt und im Knast gelandet wäre. So ein Luftikus ...eine reine Erfindung und hat rein gar nichts mit der Realität zu tun!

Ich kann weiß Gott nicht verstehen, was Kat, die reinzufällig meine beste Freundin ist, so toll an dem findet.

"Joe, jetzt hör schon auf so ein Gesicht zu ziehen. Peter Pan ist doch toll! Ich wünschte, ich könnte auch so fliegen wie er!", schwärmt sie mal wieder voller Begeisterung. Genauso kenne ich meine beste Freundin, immerzu ganz weit weg von der Realität. Und weil das so ist, arbeitet sie wohl auch in einem Comicbuchladen und verkauft laut eigener Aussage "Spaß" und das rund um die Uhr. Nicht dass, das schlecht wäre, aber manchmal habe ich das Gefühl, dass sie seid des Jobs noch viel abgehobener ist als früher.

Kat ist nämlich ein Fan von allem was mit Disney, Fantasy, Comic, Anime und Manga zu tun hat. Selbst ihr Zimmer, das in schreiend bunten Farben gehalten ist, platzt fast aus allen Nähten, weil es so dermaßen zugekleistert ist mit Postern, Fanartikeln und Büchern, die sich quasi bis fast unter die Decke stapeln, das es fast schon ein bisschen beängstigend ist.

Doch meine beste Freundin strahlt heller als die Sonne, wenn sie sich ihrem heiß geliebten Hobby widmen kann. Da fühle ich mich manchmal schon ein bisschen...naja, wie drücke ich es am besten aus...fehl am Platz. Denn ich kann damit nicht so recht was anfangen, was ich ihr auch schon mehr als einmal zu verstehen gegeben habe. Mal wieder, aber sie grinst nur und kuschelt sich an meine Schulter.

Na immerhin scheine ich noch als Kuscheltier zu taugen, obwohl sie auch davon eigentlich genug hat.

In Mitten in der Szenerie in der Peter Pan einen Kampf mit seinem Erzfeind Capitaine Hook zum besten gibt platzt Lara ins Zimmer, wie immer ohne zu klopfen.

Lara ist Kats WG-Mitbewohnerin, die das Zimmer gleich nebenan bewohnt. "Hey Kat, hast du meinen letzten Schockopudding aufgegessen?...", schimpft sie und zieht sofort wissend eine Augenbraue hoch, als sie meine bescheidene Wenigkeit entdeckt. Ups...Da habe ich wohl ihren Schockoladenpudding gegessen, und es geht mir vollkommen am A**** vorbei. Kat hat jedenfalls nichts gesagt. "Was...macht der schon wieder hier? ", gibt sie genervt von sich. So wie immer, wenn ich diese heiligen Hallen betrete. Sie konnte mich von Beginn an nicht leiden. Schon als sie mich das erste Mal gesehen hat, hat sie mich nur missgünstig angesehen und als ich das erste Mal einen ihrer Puddings gegessen habe, war wohl endgültig Krieg. Zumindest von ihrer Seite aus.

Das sie mich statt bei meinem Namen zu nennen, nur mit Artikeln versieht, lasse ich ihr mal großzügig durchgehen. Denn ich ärgere mich schon lange nicht mehr darüber. Sie ist und bleibt eben eine Zicke. Eine ziemlich nervige, penetrante Zicke, aber das behalte ich für mich.

Ein Mann weiß, wann er unnötige Konservationen vermeidet. Das weiß sogar Peter Pan.
 

Kat sieht auf und dreht sich in ihre Richtung.

"Lara! Sei doch nicht so! Der arme Joe brauchte etwas Aufmunterung und ich konnte ihn doch nicht vor der Tür stehen lassen."

"War ja klar, das wieder so etwas kommt. Der frisst uns in regelmäßigen Abständen den Kühlschrank leer und pennt hier um sonst. Der ist mehr hier als zu Hause!"

Und das aus gutem Grund. Zu Hause ist es nicht aus zu halten! Nicht dass es mit dieser Tussi viel besser wäre, aber die kann man ja zur Not einfach aussperren und die Schlüssel wegwerfen oder so...

Und zu "Hause " wartet nur meine nervige, völlig überbesorgte Mutter mit ihren Vorhaltungen darüber wie ich mein Leben zu führen habe. Außerdem hält sie meine Homosexualität für eine Phase der Verwirrung und versucht mich andauernd mit der Tochter ihrer besten Freundin zu verkuppeln, seit sie das vor einem Jahr erfahren hat, wie auch immer das passiert ist. Ich habe es ihr bestimmt nicht auf die Nase gebunden, da ich mir schon denken konnte wie sie reagieren würde. Mir ist sogar schon in den Sinn gekommen, einfach aus zu ziehen. Nur leider werde ich erst in einem halben Jahr 18, was mich bedauernswerter Weise dazu zwingt zu Hause wohnen zu bleiben. Und das ist noch nicht das Schlimmste. Der Typ, den meine Mutter sich angelacht hat, nachdem mein Vater abgehauen ist, ist ein spießiger Anzugträger mit Stock im A**** und erhöhten Gewaltpotential. Der macht nämlich nicht selten den Anschein, das ihm meine Lebensweise auch nicht so recht gefällt und war schon häufiger kurz davor seiner Hand Schwung zu verleihen. Natürlich nur, wenn meine Mutter nicht daheim ist. Eines ist in jedem Fall klar! Das er Schwule hasst wie die Pest!
 

Kat, die mittlerweile aufgestanden ist, versucht ihre Freundin zu beruhigen.

"So schlimm ist er nun auch wieder nicht. Joe hat dir noch nie was getan, macht keine Unruhe, ist fast die ganze Zeit über nur in meinem Zimmer und hilft sogar beim Abwaschen, wenn wir gegessen haben. Also, wo ist dein Problem?", will sie wissen.

Lara schnaubt wütend, scheint sogar vergessen zu haben, wie man sich angemessen artikuliert und dampft einfach ab. Mit einem lauten Knallen ihrer Tür, wie ein störrisches, kleines Kind. Das macht sie öfter. Immer dann, wenn ihr Wortschatz sich verabschiedet und sie nichts mehr zu erwidern weiß.

Nachdenklich kratzt meine Beste sich am Hinterkopf. Ich muss mich nicht fragen was sie denkt, denn ich weiß auch so, was in ihrem hübschen Köpfchen vor sich geht .

"Hmm. Ich verstehe das nicht. Was hat sie nur gegen dich? Sie verhält sich echt seltsam wenn du da bist. Sonst ist sie nie so."

Ja, das ist in der Tat äußerst merkwürdig. Vielleicht ist sie ja eifersüchtig. Eifersüchtig auf mich, der ihr, ihre geliebte, beste Freundin wegnimmt, was im Grunde totaler Humbuck ist, da Kat ihr mindestens genauso viel Aufmerksamkeit schenkt wie mir. Teilen scheint aber trotzdem nicht so ihr Ding zu sein. Sieht man ja schon am Pudding. Sie knurrt mich ja schon an, wenn ich den nur ansehe. Ob sie auch noch einen Puddingkomplex hat, oder wecke ich bei ihr einfach nur längst in Vergessenheit geratene Urinstinkte?

Diese Gedanken sind ja schon irgendwie amüsant und das zeige ich auch mit einem fetten Grinsen im Gesicht. Unter anderem, weil ich so etwas wie Schadenfreude empfinde. Schon allein, weil sie sich so herrlich dumm aufführt.

Meine Beste, die neben mir steht, zieht eine Augenbraue nach oben.

"Na du scheinst ja trotzdem deinen Spaß zu haben, so wie du grinst. Du weißt schon, dass das auch nicht sehr nett ist Joe, oder?", weist sie mich mit ihrer ruhig gebliebenen Stimme zurecht. Auch das ist eine ihrer Eigenarten, die ich allerdings sehr zu schätzen weiß. Sie bleibt fast immer ruhig und gelassen und schreit nicht rum wie ein Psychopath. So wie Lara das zu tun pflegt.

Ich zucke mit den Schultern und deute auf den Bildschirm, wo immer noch Peter Pan läuft, oder vielmehr der Abspann.

Jetzt verzieht Kat doch noch ihr Gesicht, doch nicht wütend, sondern eher entsetzt...unglücklich.

"Oh nein! Nein, nein, nein! Jetzt habe ich diesen spannenden Kampf verpasst! Mensch!", äußert sie äußerst übertrieben dramatisch.

Ich mache ihr deutlich, dass sie doch einfach zurückspulen kann, an die Stelle, an der wir unterbrechen mussten. Kat lenkt sofort ein und strahlt auch schon wieder. Na das ging ja schnell.

"Au ja! Das ist eine gute Idee Joe!"

Keine fünf Minuten später sitzen wir wieder auf ihrem kleinen Sofa, bereits mit dem zweiten Teil von Peter Pan, den Kat voller Spannung in ihren Händen hält und ihre Augen leuchten nahezu wie ein Feuerwerk. Das obwohl sie beide Teile bereits in und auswendig kennt. Doch das stört sie kein Stück. Sie könnte ihre geliebten Filme wohl zehn Mal hinter einander anschauen und würde immer noch nicht genug davon haben. Verrückt irgendwie und zugleich auch ziemlich sympathisch. Die Art wie sie sich für etwas begeisterten kann ist schon beeindruckend. Auch, weil es so einen total krassen Kontrast zu mir ist. Ich könnte das nicht, weil mir das einfach zu langweilig werde würde. Dennoch kenne ich Peter Pan auch schon fast auswendig, weil Kat diesen Film ungefähr so braucht wie die Luft zum Atmen. Und so habe ich ihn bestimmt schon gefühlte 100 mal mit ihr gesehen.
 

So Mitte des zweiten Teils muss ich eingeschlafen sein. Denn ab da kann ich mich nicht mehr erinnern weiter gesehen zu haben.

Am nächsten Morgen wache ich auf. Kat liegt in mitten ihrer Kuscheltiere in ihrem Bett und ich zugedeckt auf ihrem kleinen Sofa. Als ich mich erhebe stöhne ich einmal tonlos auf und reibe mir meinen verspannten Nacken. Nicht das erste Mal. Aber ich will mich mal nicht beklagen. Immerhin musste ich nicht zu "Hause" schlafen, wo ich eh keine ruhige Minute finde.

Schon bei dem Gedanken meine hysterische Mutter ertragen zu müssen, könnte ich kotzen. Auch der Gedanke auf meinen Stiefvater zu treffen ist nicht gerade prickelnd. Das Szenario ist immer das Gleiche. Manchmal komme ich mir vor, wie vor einem Gericht. Besonderes wenn ich nach Hause komme. Sie haben es sogar schon mal gebracht, mich in meinem Zimmer einzusperren. Nur damit ich nicht zu Kat flüchten kann. Zum Glück wissen die Beiden nicht wo sie wohnt. Denn ich würde ihnen zutrauen, dass sie doch eines Tages vor ihrer Tür ständen um mich ab zu führen wie einen Verbrecher.
 

Kaum das ich einigermaßen wach bin beginnt auch schon Kats Wecker in Form eines Hahns zu plärren. Ein ätzender Ton, der sicher auch Tote wecken könnte. Ein Rascheln aus ihrer Richtung gibt mir Anlass zu denken, dass sie aufgewacht ist. Eine Hand bahnt sich ihren Weg unter der Decke hervor und stellt den Wecker aus. Kurz darauf lugt ein verwuscheltes Etwas unter der Decke hervor. Es ist natürlich Kat, deren lange knallrot gefärbte Haare wild vor ihrem Gesicht hängen. Manchmal frage ich mich, wie sie so unter der Decke überhaupt atmen kann?

Als sie mich entdeckt wünscht sie mir erstmal einen guten Morgen.

"Joe, du bist ja schon wach!", stellt sie mit einem Lächeln fest.

Ich nicke zur Antwort. Aber im Gegensatz zu Kat, die entgegen ihres Aussehens hell wach zu sein scheint fühle ich mich regelrecht erschlagen und mein Nacken verdammt, bringt mich fast um.

Kat kichert. "Armer Joe ist dein Nacken wieder so verspannt? Sorry, aber du hast geschlafen wie ein Toter und warst daher nicht wach zu kriegen.", erklärt sie. Dann steht sie auf und kommt zu mir rüber um mir kurz, entschuldigend einen Kuss auf die Wange zu geben und sich dann auf zu ihrem Kleiderschrank zu machen.

"Ich würd dir ja noch ne Nackenmassage anbieten, aber leider muss ich gleich zur Arbeit, auch wenn heute Samstag ist. Meine Schicht dauert nur bis 14 Uhr, du kannst also auch gern so lange hier bleiben. Oh! Und wenn du magst...würdest du mich abholen? Das wäre Mega! Ich lad dich auch zum Kuchen essen ein!", plappert sie ohne Punkt und Komma und schon ist sie verschwunden, ohne eine Antwort abzuwarten. Ins Bad schätze ich, da sie vor der Arbeit immer duscht.

20 Minuten. Länger braucht sie nicht. Dann taucht sie wieder im Zimmer auf. Frisch wie der junge Morgen. "So, da bin ich wieder und muss dann auch schon los! Hier ist mein Ersatzschlüssel falls du noch mal wo hinwillst.", ich schaue auf den Schlüssel, den sie mir in die Hand gedrückt hat und sehe sie fragend an. Was ist mit Lara? Die rastet doch aus, wenn ich noch da bin, wenn sie aufwacht.

"Mach dir keine Sorgen, Lara wird es schon überleben. Außerdem pennt die doch eh immer bis mittags am Wochenende, sie wird deine Anwesenheit also kaum bemerken. Geh doch duschen und erfrisch dich erstmal, du hast doch noch Klamotten in meinem Schrank gebunkert. Ah und auf dem Schreibtisch liegt noch Geld, falls du Hunger hast. Oh und es wäre nett, wenn du noch Einkaufen würdest, Zettel liegt auch da. Im Kühlschrank herrscht leider Ebbe.", stimmt, der Pudding war neben Senf und Ketchup das einzige und letzte essbare Lebensmittel, "Bis nachher, ciao.", verabschiedet sie sich in einem Redeschwall. Nun sitze ich da....allein, um sieben Uhr morgens. Was nun? Im Grunde bin ich noch zu müde um irgendwas mit dem Tag anzufangen...andererseits auch zu wach, um jetzt wieder schlafen zu gehen. Also entscheide ich mich für die Dusche.

Müde bewege ich meinen Hintern zum Schrank, um mir frische Sachen raus zu suchen. Tatsächlich ist ein ganzer Stapel darin verstaut. Ich nehme mir alles raus, was ich brauche und gehe duschen.
 

Die Dusche tut mir wirklich gut. Das warme Wasser auf meinem Nacken schenkt mir wohltuende Entspannung. Wacher werde ich auch, fühle mich langsam aber sicher vitaler.

Aber nicht nur das. Zaghaft taste ich über meinen Hals. Manchmal habe ich das Gefühl das sich die Muskeln ein wenig zusammen zieht, wenn sie mit warmen Wasser in Berührung kommt. So auch heute. Dieses Gefühl habe ich nun schon seid zwei Jahren, regelmäßig.

Fertig geduscht stelle ich das Wasser ab...
 

So wie Kat es voraus gesagt hat, begegne ich Lara nicht. Im Grunde weiß ich es doch, schließlich übernachte ich ja fast jedes Wochenende hier und manchmal auch in der Woche. Trotzdem vergesse ich es ab und zu,...wie auch immer, ich verlasse die Wohnung, ohne dass sie irgendetwas davon mit bekommt. Zumindest vermute ich das mal, da aus ihrem Zimmer nicht der kleinste Mucks zu hören war.

Dafür gibt mein Magen umso lautere Geräusche von sich. Auch dieses piesackende Leeregefühl, sich in einem unangenehmen zusammen ziehen des Magens äußert ist nicht gerade angenehm. Ich sollte etwas essen! Dringend! Welch ein Glück, das Kat mir vorhin noch das Geld dagelassen hat. Davon kann ich mir was zu essen kaufen und so wie ich das verstanden habe...soll ich wohl auch noch einkaufen gehen. Jedenfalls hat sie mir ja einen Einkaufszettel dagelassen, den ich, ohne ihn weiter zu betrachten, dann in meiner Geldbörse verstaue, wärend ich die Treppen des Mehrfamilienhauses hinabsteige. Erstmal muss ich eh etwas essen, bevor ich mir darüber Gedanken machen kann, wo ich einkaufe. Nicht dass ich beim Einkaufen noch kollabiere...oder so.
 

Als ich meine Geldbörse in meiner Hosentasche verstaue, höre ich plötzlich laute Schritte, die, die Holztreppen hinter mir herunter poltern und das Gezeterte einer jungen Frau, das ich nicht verstehen kann. Reflexartig drehe ich mich um und werde sogleich vom Blick eines jungen Mannes erfasst. Das Gesicht, welches bis eben noch recht vergrätzt aussah, ziert plötzlich fettes Grinsen.

Meine Intuition sagt mir, dass ich schleunigst die Flucht ergreifen sollte, aber mein Körper macht keine Anstalten sich in Bewegung zu setzten. Stattdessen, werde ich gepackt und an den jungen Mann herangezogen. Er senkt seinen Kopf. Seine Lippen sind mir eindeutig zu nah an meinem Ohr. Mit sanft gedämpfter und zugleich auffordernder Stimme, die mir einen seltsamen Schauer durch den Körper jagt, flüstert er mir nur drei Worte ins Ohr. Spiel einfach mit.

Alles woran ich dann nur noch denken kann ist...Wo zum Teufel ist Peter Pan, wenn man ihn braucht!?

Es dauert keine Minute bis auch eine weitere Person die Treppen herunter gestürmt kommt. Eine junge Frau mit verwuschelten Haaren und äußerst knapp bekleidet flucht wütend durch das Treppenhaus. "Was fällt dir ein, du Arsch!? Was nimmst du dir eigentlich heraus? Erst verführst du mich und dann haust du einfach ab? Das kann doch nicht dein Ernst sein?!...", plötzlich bricht sie ab und zeigt noch wütender mit dem nackten Zeigefinger auf mich was schon äußerst unhöflich ist. "Was soll denn das? Ist das etwa schon dein nächster Lover?", der Typ stellt sich einfach neben mich, einen Arm um meine Schulter legend, "So siehts aus und weißt du was? Ich freue mich schon sehr auf die vielen unanständigen Dinge, die wir so treiben werden, wenn du verstehst was ich meine.", erwidert er und noch bevor mir das Gesicht vor Entsetzen entgleiten kann verabschiedet er sich auch schon." Also, wir müssen dann. Machs gut!", beendet er selbstsicher die Konversation.

Paranoid!?

Dann nimmt er mich an die Hand und zerrt mich einfach hinter sich her bis sich mein Hirn wieder meldet und ein Signal meines freien Willens an meine motorischen Sinne weiterleitet. Das bringt mich dazu mitten im Lauf zu stoppen, mich mit einem Ruck loszureißen und ihn mit einem wütenden Blick zu strafen. Meine Fäuste sind geballt, bereit ihm eine zu verpassen. Überrumpelt starrt er mich an.

In mir brodelt es.

Zu gerne würde ich meiner Wut auch mit meiner Stimme Ausdruck verleihen. Was ihm einfiele mich in seine Eskapaden mit rein zu ziehen!

Meine Lippen wollen sich bewegen, aber sie bleiben tonlos, bringen höchstens noch ein Flüstern fertig. Verdammte Scheiße! Wie sehr ich das hasse!

"Hey! Was ist denn los? So schlimm war das doch auch nicht!", erwidert er, als sei das von eben nur eine Belanglosigkeit. Als sei es das Normalste der Welt wildfremde Menschen einfach als seinen Lover auszugeben. Toll! Jetzt kann ich mich da doch nie wieder sehen lassen! Mein einziger Zufluchtsort!

Verachtend schnaubend ziehe ich an ihm vorbei. Soll der Typ doch bleiben wo der Pfeffer wächst!

Just in diesem Moment erinnert mich auch noch mein Magen wieder daran, dass er schon längst hätte gefüllt werden müssen. Schlimmer kanns nun echt nicht mehr werden! Was für wundervoller ein Tag! Denke ich voller Ironie.

"Sag mal, bin ich es nicht mal wert das du mit mir redest oder was? Jetzt bleib doch mal stehen!", höre ich seine eifrige Stimme hinter mir. Sie dringt immer lauter an mein Ohr, auch seine Schritte sind nicht zu überhören. Ernsthaft? Der hat doch nicht die die Absicht mich jetzt zu verfolgen?!

Nicht mit mir! Ich bleibe standhaft, reagiere nicht auf ihn, sondern bleibe auf meinem Weg. Wenn mein Magen sich dann auch noch beruhigen würde, wäre ich ihm wirklich sehr dankbar.

In meinen Gedanken vertieft achte ich nicht mehr auf den Weg vor mir und werde plötzlich wieder gepackt und von der Straße weggerissen. Erst jetzt realisiere ich überhaupt, dass ich in meiner Wut beinahe über eine rote Ampel gegangen und von einem Auto erfasst worden wäre. Und kaum das ich einen klaren Gedanken fassen kann, sehe ich auf und befinde mich in den Armen dieses Typen, der mich wütend und zu gleich erschrocken ansieht.

"Sag mal spinnst du?! Du kannst doch nicht bei rot über die Straße laufen!", motzt er. Zugegebener maßen hat er sogar recht. Das sollte man wirklich nicht tun...ich spüre, wie bei seinem Anblick meine Wangen rot anlaufen....mein Herz unnormal schnell schlägt...

Sobald ich meine Fassung zurück erobert habe, drücke ich mich schnellstmöglich von ihm weg. Verpasse ihm aus Reflex sogar eine Ohrfeige. Dann renne ich davon...ja...einfach davon. Seine Stimme, die nach mir ruft, dringt nur noch dumpf an mein Ohr.

Erst als ich mir ganz sicher bin, dass er mir nicht mehr folgt bleibe ich stehen, ringe nach Luft. So gerannt bin ich schon lange nicht mehr.

Ich muss mich einen Moment beruhigen. Dann sehe ich mich noch mal um, bevor es weitergehen kann und setzte mich wieder in Bewegung.

Bis zur Einkaufsstraße in unserer kleinen Ortschaft ist es zum Glück nicht mehr weit.

Das Erste was ich aufsuche ist ein Becker. Denn ich habe Hunger. Riesenhunger.

Ich betrete den Laden, in der Hoffnung, dass mir dieser Spinner wirklich nicht gefolgt ist.

Mein Gott...ich werde paranoid! Hoffentlich fällt das keinem auf.

Schließlich werde ich auch so schon oft genug schräg angesehen.

Und das nur, weil ich ein bisschen anderes bin.

"Guten Morgen Joe! Alles klar bei dir?", begrüßt mich Nina, die Auszubildende der Bäckerei. Auch ihre Chefin, Karin, hebt eine Hand und verschwindet nach hinten in die Backstube.

Ich hebe die Hand zum Gruß und lächle sie beide nickend an.

"Cool, was kann ich für dich tun?"

Ich schaue mich an der Theke um, krame in meiner Tasche nach einem Ringblock und einem Stift. Das erleichtert die Kommunikation ungemein, da nicht jeder die Gebärdensprache versteht. Auf diesem Block stehen einige Worte und Sätze, die ich oft benutze. Zugleich kann ich aber auch Dinge aufschreiben, um mich verständlich zu machen. Wahlweise verwende ich auch manchmal eine kleine Tafel. Obwohl ich schon einige Male hier war werde ich von einigen Kunden immer noch misstrauisch beäugt. Das ist zwar nervig, aber aufregen bringt auch nichts.

Nina schaut gespannt auf diesen Block. Sie kennt das schon. Ich schreibe auf, was mir vorschwebt und zeige es ihr. Sie nickt.

"Kommt sofort! Das große Hähnchenbrötchen und ein Kakao XL!"

Nachdem sie mir alles bereit gestellt hat setze ich mich mit dem Tablett in eine Ecke, um meinen Magen endlich zu füllen. Das Brötchen sieht wirklich herrlich aus und regt meinen Appetit an. Darum beiße ich auch gleich hinein und lasse es mir schmecken. Auch der Kakao ist nicht zu verachten und erfüllt mich sanft mit Wärme. Etwas Gutes zu Essen und zu trinken hilft manchmal eben doch gegen Aufregung und Anspannung. Danach fühle ich mich auf jeden Fall wieder etwas entspannter und gedämpft. Meine Wut habe ich fast wieder vergessen und ich hoffe das bleibt auch so. Auf eine weitere Begegnung dieser Art kann ich wirklich verzichten.

Beim Essen studiere ich den Einkaufszettel, um mir unnötige Umwege zu ersparen.

Wie üblich stehen eine Menge Gemüsesorten darauf. Kat ist zwar keine Vegetarierin, aber sie isst am liebsten Salat und natürlich haufenweise Süßes...und für Lara...ihr heiß umkämpfter Schockoladenpudding und noch einige andere Dinge.
 

Nach meiner Mahlzeit verabschiede ich mich und mache mich auf den Weg zum Einkaufen.

Das Meiste bekomme ich im gleichen Laden, nur das Klopapier gibt es wo anders günstiger.

Zwei Stunden später komme ich mit samt der Einkäufe wieder an der Wohnung an. Wäre gerade jemand im Eingang gewesen, hätte man mich wohl für verrückt gehalten, so paranoid wie ich mich verhalte. Ständig sehe ich mich um, ob dieser Typ mir irgendwo auflauert. Zum Glück laufe ich der Tussi von vorhin nicht über den Weg. Ich zücke den Schlüssel, um auf zu schließen. Dabei laufe ich prompt Lara in die Arme. Na toll...Da hat man mal ein bisschen Glück und schon folgt der nächste Tiefschlag.

Von wegen sie schläft bis mittags. Na okay, von ausgeschlafen kann keine Rede sein. Denn unter ihren Augen ziehen sich dunkle, müde Schatten, die aber nicht ihren genervten Gesichtsausdruck verbergen.

"Du schon wieder! Sag jetzt nicht Kat hat dir den Zweitschlüssel gegeben? Und was sind das für Tüten? Hat sie dir etwa auch noch Geld in den Rachen gesteckt?", will sie missgelaunt wissen.

Manchmal frage ich mich, ob sie auch noch eine andre Sprache beherrscht, außer zickig. Kat behauptet zwar immer, dass sie sonst ganz anders sei, aber das ist nur schwer zu glauben.

Genervt stelle ich ihr die Einkäufe vor die Füße und ziehe an ihr vorbei in Kats Zimmer. Sobald ich darin verschwunden bin, schließe ich die Tür. Sogar dadurch ist ihr Gezeter noch zu hören.

"Hey! Was soll das? Du kannst das doch nicht einfach hier abbestellen und verschwinden!"

Ach, kann ich das nicht? Und ob ich das kann!
 

*
 

Pünktlich, um 14 Uhr, stehe ich vor dem Comic und Fantasy laden in dem meine beste Freundin arbeitet. Kurz danach kommt sie auch schon raus und begrüßt mich mit einer überschwänglichen Umarmung.

"Joe! Wie schön dass du da bist! Ich brauch sofort was Süßes! Lass uns gleich los und Kuchen essen!", teilt sie mir mit und kichert heiter vor sich hin, als brütet sie irgendwas aus. Wenn mich meine Intuition nicht täuscht, erwartet mich eine Überraschung. Ich hasse Überraschungen!

Sie harkt sich bei mir ein und schleift mich einfach hinter sich her. Wiederrede zwecklos.

"Du wirst begeistert sein! Der Laden ist einfach spitze! Jetzt wo alles fertig ist, können wir es endlich genießen!", plappert sie voller Vorfreude. Stimmt ja. Das Einkaufszentrum wurde ja umgebaut. Und in mitten drin, hat so ein Kaffee eröffnet. Alles ist in Pastelltönen gehalten und die Bedienungen sollen sogar Uniformen tragen, mit gerüschten, weißen Schürzen. Das erinnert mich irgendwie an Maid-Cafés, von denen Kat mir immer so begeistert erzählt. Ich meine mich zu erinnern, dass sie mich sogar schon mal in son Maid-Kostüm stecken wollte. Dagegen habe ich mich natürlich vehement gewehrt. Damals, als verbale Kommunikation noch kein Fremdwort für mich war.

"Sie nur, da ist es! Ist es nicht toll?", sie deutet direkt auf ein Kaffee, das in mitten einer riesigen Halle prangt, in sanften Pastelltönen gehalten. Die Sitzgelegenheiten sind in einer runden Vertiefung angelegt, die von rundgehaltenen Anhöhen umschlossen sind, die zu einer Seite offen sind und schräg gegenüber ziert eine lange Theke mit vielen süßen Kuchenleckereien den Bereich. Alles ist genauso, wie Kat es beschrieben hat. Sogar die Verkäuferinnen sehen fast ein bisschen aus wie Maids...so etwas habe ich wirklich noch nie gesehen. Jedenfalls nicht in Deutschland. Das kenne ich höchstens aus Prospekten.

Wie ich mich so umsehe, trifft mein Blick auch wieder auf Kat, die sich um zu sehen scheint.

Ich sehe sie fragend an.

"Da ist er!"

Er? Wer?!

Sie winkt einem jungen Mann zu, der schon auf uns zu warten scheint.

"Huhuuu...Cole! Wie schön, dass du gekommen bist!", wieder zerrt sie mich mit sich und je näher wir besagten "Cole", kommen, -Was ist das überhaupt für ein Name?-, desto mehr steigt ein ziemlich unbehagliches Gefühl in mir hoch.

Das kann doch nicht sein! Das ist ja der Spinner von vorhin!

Ich bemerke, wie meine Mundwinkel anfangen zu zucken. Innerlich beginne ich zu beten, dass er mich nicht erkennt und ich für ihn nur irgend son Gesichtsloses Etwas bin, an das er sich nicht erinnern kann.

"Kat. Klar bin ich da!", meint er.

Unglücklicher Weise erhört der liebe Herr Gott meine Gebete nicht. Denn Coles Blick richtet sich sofort auf mich, als er meine bescheidene Anwesenheit bemerkt.

"Du bist doch...der Typ von vorhin!"

Muss er denn wieder darauf zu sprechen kommen?

Ich schlucke.

Kat sieht zu mir auf.

"Ihr kennt euch?"

Ich nicke verhalten.

"Was für eine Überraschung.", meint sie lachend und deutet an, das ich mich setzen soll. Rasch, nehme ich neben ihr Platz. Zwangsweise sitze ich auch gleichzeitig neben Cole, da die Tische ebenfalls rund sind und nicht besonders viel Fläche bieten.

"Wir haben uns vorhin im Treppenhaus getroffen.", meint er nur schulterzuckend. "Er ist mir gleich aufgefallen. Kein Wunder, bei so einem hübschen Gesicht.", meint er lächelnd. Seine Schandtat hat er großzügig ausgelassen. Soll Kat etwa nicht wissen, wie der Spinner wirklich tickt?

Missmutig verziehe ich das Gesicht und sehe auf den Tisch vor mir.

Kat muss lachen.

"Er kann dich scheinbar nicht ausstehen. Hast du etwa irgendwas unanständiges mit ihm angestellt?", will sie plötzlich wissen, was mich wieder aufsehen lässt. Sie sieht ihn prüfend an, als ahne sie, was er für ein Mensch ist. Er sollte vorsichtig sein, Kat kennt bei sowas echt keinen Spaß.

Cole aber schüttele den Kopf. "Nichts was ich irgendwann bereuen müsste.", gibt er unschuldig von sich und taxiert mich dabei grinsend. Was soll das?

Was zum Teufel will der von mir?!

"Dann bin ich ja beruhigt.", meint Kat. "Dann lass uns mal was bestellen gehen ja?", meint sie. Cole nickt. "Okay, aber ich finde, das solltest du den Jungs überlassen. Du kannst ja so lange den Tisch besetzen. Eine heiße Schokolade und diese sündhaft leckere Schockotorte nehme ich an." Kat nickt.

"Ja, du kannst wohl Gedanken lesen! Und Joe, du willst bestimmt einen Eiscafé und Zitronen-Mandel-Torte oder?", meint sie. Ich nicke.

Cole sieht sie verwirrt an, als checke er die Lage immer noch nicht so recht.

"Du, sag mal...wieso sprichst du eigentlich immer für Joe?", Blitzmerker.

Jetzt ist es an Kat, Cole verwirrt an zu sehen, dann aber lächelt sie amüsiert.

"Ist dir das denn gar nicht aufgefallen? Joe kann nicht sprechen.", erklärt sie ihm frei heraus. So war sie schon immer. Direkt und ohne um den heißen Brei herum zu reden. Was für einen Sinn ergäbe es auch, sich alles schön zu reden?

Dann geht sein Blick wieder zurück an mich.

"Ist ja verrückt! Das habe ich echt nicht bemerkt! Aber weißt du was, das macht die Sache ja noch viel interessanter!", grinst er entzückt. "Also dann, lass uns mal losgehen!"

Das gefällt mir nicht. Das gefällt mir ganz und gar nicht!

Hilfesuchend sehe ich zu Kat. Doch die scheint von der Entwicklung der Situation positiv überrascht zu sein.

Was geht hier nur ab?!

"Geh ruhig mit Joe, ich warte solange hier auf euch.", meint sie und schon kurze Zeit später befinde ich ich in einer langen Schlange von Kunden, die alle etwas bestellen wollen. Hier herrscht nämlich das Motto, "selber holen".

Ich hasse solche Menschenmassen! Vor allem, wenn sie alle so drängeln, dass es schon fast als Belästigung eingestuft werden könnte. Dabei ist das vollkommen unnötig, da es hier eh der Reihe nach geht. Wer zuerst kommt der malt auch zu erst. Wer zu spät kommt, den bestraft das Leben. So ist das nun mal.

Eine gefühlte Stunde später sitzen wir wieder bei Kat am Tisch. Die fällt auch sofort über ihre Torte her.

"Wow, du hast wirklich eines dieser leckeren Stücke ergattern können! Was schulde ich dir? Ich wollte Joe ja einladen.", will sie voller Begeisterung wissen. Cole winkt allerdings ab. "Schon gut. Ich lade euch beide ein.", er sieht mich an und zwinkert mir zu. Dann beugt er sich etwas zu mir rüber, "Ich denke damit wären wir wohl quitt.", flüstert er leise in mein Ohr, so das Kat, die so oder so voll auf ihre Torte fixiert ist, nichts mitbekommt, und muss feststellen, dass das, was er da eben gemacht hat, schon wieder ein kleines Verbrechen ist. Denn mein Ohr kribbelt unaufhörlich. Auch dann noch, als wir uns von ihm verabschieden. Das ist wirklich seltsam.
 

"Und? Was meinst du? Er ist doch total cool oder?", strahlt meine beste Freundin neben mir, als sie die Tür zur Wohnung aufschließt. In der Wohnung herrscht gähnende Leere. Lara scheint ausgegangen zu sein, was in der Tat sehr erfrischend ist..

Trotzdem sehe ich Kat unschlüssig an. Denn um ehrlich zu sein, weiß ich nicht so recht was ich von ihm halten soll.

Heute Morgen noch war er so penetrant, mich als seinen "Lover" aus zu geben mit dem er unanständige Sachen anstellen wollte...

"Was ist? Du bist so rot. Kann es sein, dass du ihn irgendwie gut findest?", grinst sie.

N..nein! Doch nicht diesen Spinner!

Heftig schüttle ich den Kopf und wedle abwehrend mit den Händen in der Luft herum.

Meine Freundin muss lachen.

"Oh Joe, dein Gesicht verrät dich! Er hat es zwar abgestritten, aber irgendwas muss doch vorgefallen sein, sonst wärst du jetzt nicht so rot im Gesicht. Er sagte doch, ihr seid euch im Hausflur begegnet. Das kann also nur hier gewesen sein."

Irgendwie fühle ich mich ertappt. Das fühlt sich an, als hätten wir genau diese unanständigen Sachen gemacht, von denen er gesprochen hat...obwohl im Grunde nichts dergleichen vorgefallen ist.

Für einen Moment verschwende ich einen Gedanken daran, dass es vielleicht gar nicht mal so verkehrt ist, dass ich es nicht lautstark abstreiten kann. Bei meinem Pech könnte mich gerade so etwas gewaltig in die Scheiße reiten...obwohl...das nun auch egal ist, da sie ja eh bereits Lunte gerochen hat...Kat ist wirklich geübt darin meine Emotionen und Gedanken aus meinem Gesicht zu lesen. Allerdings verhält mein Körper sich auch äußerst verräterisch...so ist das.

Ob Peter Pan seine Emotionen wohl besser im Griff hätte?

Wahrscheinlich...immerhin habe ich ja bereits festgestellt, dass er ein Glückspilz sein muss...
 

Da ich vor meiner besten Freundin eh nichts verheimlichen kann, erkläre ich ihr das Geschehen aus dem Treppenhaus. In Gebärdensprache, die sie extra mit mir zusammen gelernt hat.

Damals sagte sie, dass sie als meine beste Freundin unbedingt weiterhin so normal wie möglich mit mir kommunizieren wolle. Ich muss schon gestehen...einen Vorteil hat es tatsächlich. Wir können Gespräche führen, ohne das Lara etwas davon mitbekommt. Die konnte mit dieser Art Verständigung nämlich noch nie wirklich etwas anfangen...

Kats Gesichtszüge reichen während meiner Erzählung von geschockt, bis erzürnt und...erheitert.

Ja! Zum Schluss lacht sie!

"Joe, ..So wie es aussieht hat Cole wirklich einen Narren an dir gefressen."

Offensichtlich!

Sie seufzt und plötzlich verfinstert sich ihr Blick.

"Allerdings hoffe ich schwer für ihn, dass er sich nicht an dich ranschmeißt und dann weiterhin mit anderen Typen oder Weibern so frei rummacht! Das wäre wirklich das Letzte! Ich sollte ihm mal ausgiebig die Leviten lesen bevor es mit euch beiden weitergeht.", erzählt sie voller Tatendrang, als sei das mit Cole und mir bereits beschlossene Sache...In welche Richtung artet das nur gerade aus?

Ich lege ihr einen Finger auf den Mund und erzähle ihr in Zeichensprache, dass sie das nicht tun bräuchte, da ich schon auf mich aufpassen könne und zwischen uns ja eh nichts läuft.

Daraufhin fällt sie mir in die Arme und drückt mich mit ihrem Gewicht rücklinks auf ihr Bett.

"Och Joeyyy, du bist doch mein aller bester Freund. Ich muss dich doch beschützen!", jammert sie und drückt ihr Gesicht voller Wehmut an meine Brust. Sie erinnert mich ein wenig an eine Mutterglucke. Beruhigend streichle ich ihr über den Rücken um ihr klar zu machen, das, das Alles nicht ganz so dramatisch ist, wie sie es gerade darstellt.

Es scheint zu helfen. Jedenfalls höre ich den Rest des Tages keine Klagen mehr und ausnahmsweise lassen wir den Abend nicht mit Peter Pan, sondern mit Dornröschen und Pizza ausklingen. Mir solls recht sein. Auch, weil Lara sich den Rest des Abends nicht mehr blicken lässt.

Aller Anfang ist schwer

Sonntagmorgen.

Diesmal wache nicht auf dem unbequemen Sofa auf und mein Nacken ist verschont geblieben. Dafür habe das Gefühl, das mein Arm bald abstirbt, auf dem Kat die ganze Nacht gelegen haben muss. Ich ziehe ihn vorsichtig unter ihrem Kopf hervor. Angewidert verziehe ich das Gesicht, da er ziemlich unangenehm kribbelt. Mein tonloses Fluchen macht es auch nicht besser.

Kat murmelt irgendein unverständliches Zeug und kuschelt sich direkt wieder an mich, als ich mich nur einen Zentimeter zu viel von ihr entferne.

"Joe...ich beschütze dich!", brabbelt sie und lächelt selig vor sich hin. Süß ist sie ja. Ich muss lächeln und wuschle ihr durch die Haare und ernte ein leises Murren. Ich grinse schelmisch. Sie hat es ja noch nie gemocht, wenn man ihre Frisur zerstört, aber dass sie sogar im Schlaf noch murrt, ist immer wieder lustig.

Tonlos flüstere ich ihr ins Ohr.

Kat, aufwachen, Schlafmütze.

"Hmm....", murmelt sie müde und drückt sich weiter an mich.

An ihrem freien Tag braucht sie immer etwas, bis sie so richtig wach ist. Kein Wunder, wenn man sechs Tage die Woche arbeitet.

Sie reibt sich die Augen, die noch voller Schlaf sind und kommt so langsam zu sich.

"Du bist ja schon wach...ich hab Hunger, lass uns frühstücken.", sagt sie noch im Halbschlaf, kann sich aber so nach und nach von mir lösen und torkelt zur Tür. Ich folge ihr in die Küche, in der die Lebensmittel bereits weggeräumt sind. Stimmt ja. Darum habe ich mich gar nicht mehr gekümmert, aber Lara scheint ja ganze Arbeit geleistet zu haben.

Alles ist ordentlich in den Schränken und im Kühlschrank einsortiert.

Kat holt eine Verpackung mit aufbackbaren Brötchen raus und schiebt sie in den Ofen. Während ich den Tisch decke scheucht sie ihre Mitbewohnerin aus dem Bett, die von ihrem nächtlichen Ausflug noch ganz schön verkatert ist, und ich muss zugeben, dass ich ihr das nur zu sehr gönne. So wie sie aussieht scheint sie meine Schadenfreude zu riechen.

"Kat, was macht der immer noch hier? Sollte er nicht langsam mal wieder nach Hause?", meckert sie.

Kat winkt ab.

"Jetzt meckere nicht so viel, sondern iss, sonst wird dir noch schlecht...", kontert sie zurück. "Außerdem ist er mein Gast, das weißt du doch."

"Von wegen Gast, du meinst wohl Wohnungsbesetzer!"

Pah! Unverschämtheit! Angesäuert verziehe ich das Gesicht .

Lara lächelt schadenfroh.

"Was denn? Ist doch wahr. Du nistest dich hier ein wie ein Parasit.", schimpft sie auf mich ein.

"Lara! Jetzt hör schon auf! Joe hat dir nichts getan!", verteidigt mich meine beste Freundin.

Die Angesprochene verschränkt die Arme vor der Brust und bläst demonstrativ die Wangen auf. Wäre sie eine Kreatur aus Kats geliebten Nimmerland, würde sie wohl anfangen zu schweben oder so...Ihr Wortschatz scheint allerdings aufgebraucht, denn so wie es aussieht, findet sie keine Worte mehr um ihrer Missgunst mir gegenüber Ausdruck zu verleihen. Jedenfalls kaut sie nun schweigend an ihrem Brot und beachtet mich keines Blickes mehr.

Was für eine Wohltat.

Das weitere Frühstück verläuft weitestgehend schweigend. Beim Aufräumen hilft Miss Oberzicke sogar mit und verzieht sich dann schleunigst wieder in ihr Zimmer, an dessen Zimmertüre mittlerweile sogar dieses sehr entzückende Türschild hängt. "Kein Zutritt für Wohnungsbesetzter" steht da. Meiner Einschätzung nach, soll das wohl eine Beleidigung sein. Das tangiert mich allerdings kein Stück, da ich nicht das geringste Bedürfnis verspüre ihr Zimmer zu betreten.

" Oh man, was hat sie nur für ein Problem?", seufzt Kat. Wie so oft ist sie am Ende ihres Lateins. Alles was ich tun kann ist Ahnungslos mit den Schultern zu zucken. Wie so oft.
 

Erst am späten Abend verlasse ich schweren Herzens das Mehrfamilienhaus in dem Kat wohnt. Sie hat mir zwar angeboten noch bis morgen früh zu bleiben, aber ich habe abgelehnt. Lara war kurz vorm Durchdrehen, als sie von ihren Vorschlag hörte und das Gezicke wollte ich uns beiden nicht antun. Erschwerend hinzu kommt noch, dass ich nicht alle benötigten Schulutensilien mitführe, die ich für den kommenden Schultag benötige. Eilig habe ich es dennoch nicht nach Hause zu kommen. Denn der Mann, der sich mein "Stiefvater" schimpft, wartet sicher nur auf eine Gelegenheit mich runter zu putzen...Von wegen wo ich das ganze Wochenende war und was ich getrieben habe. Als ob den das was anginge. Gar nichts und daher habe ich es auch nicht für nötig gehalten ihm oder meiner Mutter etwas von meinem kleinen Wochenendausflug zu erzählen. Es wird wirklich Zeit das ich 18 werde! Dann könnte ich ohne Probleme ausziehen und würde mich für eine Ausbildung bewerben, oder mir einen Job suchen, ohne mit meinen Eltern in Konflikt zu kommen, oder die Zustimmung meiner Eltern einklagen zu müssen...Ja, zumindest würde ich mir genau das vorstellen...mein einziges und wohl auch größtes Hindernis...meine nicht vorhandene Stimme...Ich habe einen guten Realschulabschluss gemacht, aber keine Idee was ich damit anfangen soll. Wer stellt schon jemanden ein, der sich nicht richtig artikulieren kann?

Das Einzige was mir bisher eingefallen ist, ist ein Bürojob in dem ich keinen direkten Kundenkontakt pflege...und dann sind da noch meine "Eltern", die unbedingt wollen, dass ich noch Abitur mache. Und so lange ich meine Füße unter deren Tisch stelle...wird mir nichts anderes übrig bleiben. Außerdem traut mir keiner von denen wirklich etwas zu, wegen meines Handicaps. Dabei ist außer meiner Stimme, alles intakt...verrückte Welt.
 

Nun irre ich schon über eine Stunde durch den Park, absichtlich langsam. Nein schleichend. Das trifft es wohl eher.

Ich will nicht nach Hause, aber hier bleiben kann ich auch nicht. Nachts wird es zu kalt und ich muss doch zur Schule. Einfach schwänzen geht nicht. Dann müsste ich meine Mutter um eine Entschuldigung anbetteln, da ich ja noch nicht so ganz 18 bin und mein Stiefvater würde mir dafür bestimmt auch liebend gern eine verpassen. Minderjährig zu sein hat echt Nachteile.

"Hey du, was machst du so spät noch hier? Musst du nicht morgen in die Schule?", spricht mich eine männliche Stimme von der Seite an. Als ich meinen Kopf in die entsprechende Richtung drehe, erkenne ich den jungen Mann sofort! Es ist der unverschämte Kerl, der mich erst als sein Date titulierte und dann unter mysteriösen Umständen auch noch mit Kat befreundet zu sein scheint. Das ist irgendwie mehr als fragwürdig.

Ich sehe ihn nur fragend und auch ein wenig misstrauisch an.

Es ist wohl so etwas wie sein Hobby mir irgendwo auf zu lauern.

"Was denn? Bin ich so wenig vertrauenswürdig?", will er wissen.

Ich ziehe eine Augenbraue nach oben, verschränke die Arme vor der Brust.

Cole seufzt.

"Okay Joe,...unser Start war vielleicht nicht unbedingt der Beste...", meint er plötzlich.

Nicht der Beste Start? Na hör mal! Du hast behauptet wir hätten ein Date und würdest dich schon auf all die Unanständigen Dinge freuen, die wir so treiben!

Verärgert verziehe ich meine Mundwinkel. Dann wende ich mich von ihm ab und gehe einfach weiter.

Er hält es aber scheinbar für abwegig mich einfach gehen zu lassen und folgt mir einfach. Ich muss schon sagen: Zurückhaltung ist nicht gerade seine Stärke, Aufdringlichkeit liegt ihm wohl eher.

"Man Joe wie kann man nur so stur sein? Jetzt bleib doch mal stehen! Ich rede mit dir! ", er packt mich an der Schulter. Das kam unerwartet. So unerwartet, das ich erschrecke und ihn zurück stoße. Kaum stoppt er, sieht er mich erst entrüstet, dann grinsend an.

Was bitte ist so lustig?

Fragend und auch verärgert sehe ich ihn an.

"Du bist ganz schön schreckhaft, das ist irgendwie süß.", meint er schelmisch, grinst mir dabei direkt ins Gesicht.

Will der mich verarschen?! Der soll mich verdammt noch mal in Ruhe lassen!

Wenn ich nur so könnte wie ich will, würde ich ihm so richtig meine Meinung geigen! Ja! So richtig! Klar bin ich der Zeichensprache mächtig, aber irgendwie ist das nicht so effektiv wie ausgesprochene Worte habe ich das Gefühl. Außerdem kann er sie sicher nicht verstehen.

Menschen die sich nicht richtig mit ihrer Stimme artikulieren können, werden oft nicht ernst genommen. Es reicht schon wenn man stottert. Dennoch würde ich in meiner Situation wohl so einiges geben, um stottern zu können...Stottern ist in den meisten Fällen therapierbar...mein Problem aber ist nicht dazu gemacht, es so simpel lösen zu können, da nichts geholfen hat. Das ist frustrierend, aber nicht zu ändern.

In meine Gedanken vertieft streiche ich mir über meinen Hals, in Höhe meines Kehlkopfes.

"Du bist bestimmt frustriert, weil du nicht sagen kannst was dich bewegt oder?"

Überrascht sehe ich auf zu ihm auf. Der Typ ist wirklich gruselig. Aber egal wie sehr ich mein Gesicht auch verziehe, er grinst einfach vor sich hin, als könnte ihn kein Wässerchen trüben. Als sei ihm das total egal. Und er sagt Dinge, die sonst nur meiner besten Freundin auffallen.

"Da, dein Gesicht sagt alles. Du hast genau darüber nachgedacht oder? Dein Gesicht ist so aussagekräftig, dass du...gar keine Stimme brauchst, um auszudrücken was du fühlst.", meint er und sieht keineswegs so aus, als ob er mich verschaukeln wolle, wie anfangs gedacht. Vielleicht täuscht das auch nur aber... Diese Worte bringen mein Herz leicht außer Takt...und ich glaube...wenn ich nicht aufpasse werde ich wieder rot...oh nein!

Und wenn schon! Ich kann ihn trotzdem nicht ausstehen!

Er soll mich in Ruhe lassen. Jawohl! Alles andere würde nur in Schwierigkeiten enden! Mein Stiefvater wird mir das Leben noch mehr zur Hölle machen, wenn er auch nur eine Ahnung bekommt, das ich wieder etwas mit nem Typen haben könnte.

Abwehrend verkreuze ich die Arme vor der Brust und schüttle den Kopf.

Meine Lippen formen tonlos einen Satz.

Lass mich einfach in Ruhe!

Dann wende ich mich erneut von ihm ab, in der Hoffnung, ihn endlich abschütteln zu können. Versuchen kann man es ja mal.

Mir bleibt wohl nichts anderes übrig, als meinen Umweg zu beenden und nach Hause zu gehen, sonst werde ich ihn wohl nie los! Und es ist echt schon spät. Hoffentlich schlafen meine "Eltern" schon. Allerdings würde ich meiner Mutter zutrauen, dass sie vor lauter Sorge, die ganze Nacht auf mich wartet, nur um mir dann eine Standpauke zu geben. Damit würde sie meinen Stiefvater wecken, was wiederum zur endgültigen Eskalation führen würde. Ein Teufelskreis. Im Endeffekt ist es egal was ich tue, es ist immer falsch. Wenn es nach meinen Eltern ginge, würde ich das ganze Wochenende zu Hause bleiben und hinter meinen Schulsachen sitzen, damit ich mir meine "Homosexualität", besser aus dem Kopf schlagen kann. Ausgehen...verboten. Wie schon gesagt, sie bringen es sogar fertig mich in mein Zimmer einzusperren. Sie nehmen mich einfach nicht ernst. Wenn ich nach Hause komme...gibt das wieder Stress.

Nach dem ich mich noch einige Male, wie ein paranoider Idiot, nach meinem Verfolger umgesehen habe und mir sicher bin, das er mir nicht mehr folgt, schalte ich das erste Mal seit Freitag mein Handy wieder an. Oh man, ich will nicht nach Hause...20 SMS von Mama in denen sie mir mit Sicherheit immer wieder ihre Sorgen und ihre Enttäuschung mit teilt. Mürrisch verziehe ich das Gesicht. Ich ahne schon was mir blüht.

Peter Pan wäre einfach davongeflogen!

"Ist ja irre, ist deine Mom ein Kontrollfreak, oder so?", ertönt seine Stimme über meine Schulter hinweg. Schon wieder zucke ich zusammen. Ich habe ihn gar nicht kommen hören. Der Mistkerl ist mir tatsächlich nachgerannt!

"Hmm, ist das der Grund, warum du hier draußen rumirrst?", nervt er. Der Kerl ist...so penetrant! Was fällt dem ein mir einfach so über die Schulter zu schauen?!

Ruckartig drehe ich mich um und schubse ihn von mir weg. Der soll mich verdammt noch mal in Ruhe lassen! Und das sage ich ihm auch, in Zeichensprache, versteht sich. Dabei sind meine Zeichen ziemlich schwammig und wild. Es ist schwer sich auszudrücken, wenn man wütend ist und sich für die eigene Unfähigkeit verflucht. Meine Mundwinkel zucken immer wieder vor Wut. Ich fühle mich bedrängt und eingeengt. Kein Wunder in so einer Situation. Ich sitze auf heißen Kohlen. Wenn ich nicht bald zu Hause auftauche bekomme ich mächtig Ärger und es wird nicht nur bei Worten bleiben. Auf der anderen Seite ist da dieser Typ, der mich einfach nicht in Ruhe lässt. Ich will nicht, dass er auch noch weiß wo ich wohne. Nachher stellt er mir dort auch noch nach. Da ist die Katastrophe schon vorprogrammiert. In meiner Wut boxe ich ihm auch noch gegen die Brust, bis er plötzlich meine Handgelenke festhält und ich irritiert zu ihm aufschaue.

"Hey, hey, hey...", grummelt er zunächst leicht belustigt, wird dann aber ernst. "Ich kann zwar deine Zeichensprache nicht wirklich verstehen, aber dein Gesichtsausdruck und dein merkwürdiges Verhalten sagen mir einiges.", eröffnet er mir. Grandios und jetzt?

"Hör mal, mir ist nicht entgangen, dass du mich lieber loswerden möchtest, als mich in deiner Nähe zu haben. So wie du mich abwehrst ist das ja nicht zu übersehen...", Blitzmerker! Da stellt sich mir die Frage, warum du mir dann nachrennst, wenn es doch so offensichtlich ist, "Allerdings entgeht mir auch nicht, dass es da etwas gibt vor dem du Angst hast. Hast du etwa Angst nach Hause zu gehen?"

Oh man...jetzt fängt der auch noch an mich zu analysieren...mein Entsetzten nimmt kein Ende. Tonlos wie ich bin, starre ich nach unten, beiße mir auf die Unterlippe. Wenn ich so weitermache fliegt noch alles auf! Was findet der an mir denn nur so interessant? Die meisten Menschen schauen mich nur einmal schräg von der Seite an und verziehen sich dann wieder, wieso also? Warum verfolgt er mich?

Auf einmal löst sich die Hand von meinem linken Handgelenk und er legt Daumen und Zeigefinger unter mein Kinn um mein Gesicht leicht nach oben zu drücken.

"Hey! Lass das...sonst beißt du sie dir noch blutig.", mahnt er streng.

Als würde mich das interessieren!

Wütend funkle ich ihn an und reiße mich dann endgültig los, schubse ihn von mir und fange dann wieder an zu laufen. Ich höre ihn hinter mir her rufen, aber es interessiert mich nicht. Es interessiert mich einfach nicht! Zumindest will ich mir das einbilden!
 

Warum nur ist Peter Pan jetzt nicht zur Stelle, um mich mittels Feenglanz nach Hause zu fliegen, damit ich so tun kann, als sei ich nie weg gewesen...?!

.

.

.

"Mensch Joe! Wie siehst du denn aus? Ist das ein Veilchen?", will Kat wissen, die mir etwas zum kühlen gibt. Ich zucke zusammen, als der kühle Umschlag mein blaues Auge berührt.

Ich zucke nur mit den Schultern.

"Jetzt sag schon! Es war dein Stiefvater, oder?", rät sie. Sie kennt mich einfach zu gut. Ich schweige dazu, sehe sie gar nicht erst an.

Sie seufzt wissend.

"Er war es also. So kann das echt nicht weitergehen.", stellt sich nüchtern fest. "Lass mich raten. Weil du es nicht mehr ausgehalten hast, hast du deine Sachen gepackt und bist abgehauen.", sie deutet auf meine gepackte Tasche. Wieder schweige ich, allerdings, weiß sie auch so, dass es stimmt. Es ist Montagabend und ich streune schon seit den frühen Morgenstunden durch die Gegend, da ich es nicht wage mit einem Veilchen zur Schule zu gehen. Ich weiß genau, wann Kat Feierabend hat, deshalb habe ich sie direkt nach der Arbeit abgefangen. Sie war sichtlich erschüttert, als sie mein Auge sah, ganz zu schweigen von Lara, die sich ausnahmsweise mal nicht an mir ausgelassen hat. Sie hat nur kurz den Mund aufgemacht, als sie meine Wenigkeit sah und ihn auch gleich wieder verschlossen, sobald sie mein Auge erblickte, um sofort in ihr Zimmer zurückzukehren. Diese Stille...herrlich...
 

Letztlich ist es wirklich so eingetreten wie ich es erahnt habe. Meine Mutter saß in der Küche, als ich spät nach Hause kam und fing mich vor meinem Zimmer ab. Ich habe sie lange nicht so schnell rennen sehen. Sie hielt mir einen ihrer hysterischen Vorträge, was ich doch für ein schrecklicher Junge sei, ihr solchen Sorgen zu bereiten und ohne Abmeldung weg zu bleiben. Sie hat ja recht, dass es nicht richtig ist einfach so weg zu bleiben, aber was bleibt mir schon übrig, wenn sie mir alles verbieten will? Und dann kam mein Stiefvater an, brüllte mich an wie ein Besessener, hielt mich dabei an den Schultern fest. Seine Fingerspitzen vergruben sich schmerzhaft in meine Haut. Was er mir bot war keine Wut, aus Besorgnis um mich, sondern Hass, blanker Hass... Was ich schon wieder getrieben habe, wollte er wissen.. Ob ich schon wieder mit irgendwelchen Typen rumgemacht habe?!

Da habe ich es gewagt mich zu wehren und schubste ihn von mir. Dafür kassierte ich einen Faustschlag, direkt ins Gesicht. Das war einfach zu viel. Ich wusste ja, dass es eines Tages eskalieren würde. Und meine Mutter hatte keinen Finger gerührt. Nicht selten habe ich daran gezweifelt, das meine Mutter mich tatsächlich liebt...seid ich meine Stimme verloren habe, hat sich meine Mutter ziemlich von mir entfernt. Das klingt verdammt hart und das ist es auch.
 

Scheiß drauf, dass ich noch nicht 18 bin! Scheiß auf dieses knappe halbe Jahr! Dort werde ich sicher nicht bleiben! Auch wenn ich noch nicht weiß, was ich machen soll...alles ist besser als mit einem brutalen Schläger zusammen zu wohnen!

"Oh man Joe, was soll ich nur mit dir machen? Du kannst auf jeden Fall nicht einfach hier bleiben. Du musst zumindest deiner Mutter sagen, dass du hier bist. Sonst ruft sie die Polizei vor lauter Sorge um dich."

Ich blase genervt die Wangen auf. Wieso muss sie nur gerade jetzt die Moralapostel spielen? Und...warum hat sie nur recht? Tatsächlich traue ich meiner hysterischen Mutter so etwas zu. Dabei find ich es ganz nett, dass sie nicht weiß, wo Kat wohnt. So kann sie nicht plötzlich vor ihrer Tür stehen, um mich abzuführen wie einen Verbrecher.

Ich schätze Captain Huck wäre weniger anstrengend...und Peter Pan, wäre einfach davon geflogen...er muss aber auch nicht erwachsen werden, um frei zu sein...der hat es echt verdammt gut...

Unerwarteter Besuch zum Tee

Ich seufze tonlos und zücke mein Handy.

"Solange der Schläger bei uns wohnt, werde ich nicht zurückkommen! Und so lange du dich nicht entschuldigt hast, erst recht nicht!", schreibe ich ihr und drücke auf senden.

Kat guckt mich erheitert an. "Und du meinst, das wird sie beruhigen?"

Ich zucke mit den Schultern. Mir doch egal. Jedenfalls weiß sie das ich lebe, meine ich nur.

"Das bist typisch du...du bist so verdammt stur."

In der Tat. Ich bin stur. Von Natur aus und das ist auch gut so. Nur weil meine Stimme mir ihren Dienst versagt hat, bedeutet das nicht, das ich mir alles gefallen lasse!

Kat lächelt sanft und wuschelt mir neckisch durchs Haar.

"Aber weißt du, das ist eine deiner guten Eigenschaften.", erklärt sie wissend. Und ob sie das ist.

Plötzlich klingelt es an der Tür. Ich schaue sie fragend an. Ob sie jemanden eingeladen hat? Oder vielleicht Lara? Hoffentlich nicht. Lara ist allen Anschein nach nämlich nur mit komischen Tussen und eingebildeten Vollpfosten befreundet. Ich verziehe mich dann immer in Kats Zimmer, da mir diese Leute nicht geheuer sind.

Kat geht an die Tür, während ich einfach hier sitzen bleibe und mein Auge kühle, das immer noch wehtut.

Nur wenige Minuten später falle ich fast vom Glauben ab. Cole...der scheint auch nicht darauf gefasst zu sein, mich hier anzutreffen.

"Joe, wir haben einen Gast.", meint Kat lächelnd. Sie scheint sich zu freuen. Ganz im Gegensatz zu mir. Ganz tief in mir bin ich im Irrglauben, dass es gegebenen falls nur eine Halluzination ist. Natürlich werde ich enttäuscht.

"Joe...du bist ja auch hier.", sagt er, als könne er diesen Umstand überhaupt nicht glauben.

Ist es denn so seltsam, dass ich mich bei meiner besten Freundin aufhalte? Aber...oh mein Gott. Viel zu spät bemerke ich, dass es weniger an meiner Anwesenheit liegt, als an dem Eisbeutel, den ich an mein Auge halte.

Sofort kommt er auf mich zu zieht mir die Hand mit dem Eisbeutel von meinem Gesicht weg und starrt schockiert auf mein Veilchen.

Wie unangenehm...

"Was zum Teufel...", murmelt er, als ich mich schon wieder losreiße.

Kat schaltet sich ein, "Sein S..."

KAT verdammt! Will ich hinausschreien...gerade noch rechtzeitig, sieht sie, wie ich sie anfunkle. Ich will nicht, das er es weiß. Mein Privatleben geht ihn nichts an! Er soll sich daraus halten!

"Joe...", meint sie. Ich schüttle den Kopf. Nein, nein, nein! Verdammt noch mal!

Cole seufzt. "Schon gut, ich kann dich verstehen. Trotzdem...kann ich es erahnen.", deutet er wissend an.

Ich presse die Lippen zusammen. Es herrscht Stille zwischen uns, bis Kat in die Hände klatscht.

"Lass uns doch einen Tee trinken. Ich hab auch noch etwas Kuchen vom Einkauf da. Lass uns den doch essen, was meint ihr?", sie schaut fragend in die Runde.

"Ja, warum nicht, klingt gut.", meint Cole neben mir. Ich zucke nur mit den Schultern. Solange mein blaues Auge nicht mehr im Zentrum der Aufmerksamkeit ist, ist mir alles recht. Da guck ich sogar freiwillig Peter Pan zehn Mal hinter einander. Da kann er sich aber geehrt fühlen, der fliegende Held in viel zu engen Hosen.

"Okay, dann werde ich mal das Wasser kochen. Cole hilf mir doch eben mit dem tragen. Dann kannst du mir auch sagen welche Sorte Tee du willst. Joe, bei dir wie immer?"

Ich nicke. Ja...solange es nur kein Fenchel, oder Pfefferminz ist...

"Okay. Dann bis gleich."

Kat verschwindet mit ihrem Gast in die Küche.

Zeit für mich, kurz zu verschnaufen. Ich frage mich, ob er wohl öfter hier ist, wenn ich nicht da bin. Das würde auch erklären, warum ich ihn nie zu vor begegnet bin. Schon komisch Aber er war doch bei dieser Tussi, die über Kat wohnt.
 

"Da sind wir wieder.", meint Kat plötzlich. Sie trägt den Teller mit dem Kuchen und Cole balanciert ein Tablett mit Tee und kleinen Tellern.

"Stell es einfach hier auf dem Tisch ab."

Cole tut wie ihm gesagt und Kat verteilt den Kuchen und den Tee.

"Lasst es euch schmecken."

"Du dir auch Kat.", meint Cole. Ich schweige einfach nur und fange an den Kuchen zu essen.

"Sag mal Cole, hast du heute noch einen Job?", will Kat wissen.

"Nein, heute nicht mehr und morgen habe ich frei.", meint er.

"Ach so, deswegen bist du so spät noch hier.", erläutert sie. Cole nickt. "Cole kommt meistens, wenn er abends keinen Job mehr hat, oder wenn zwischen seinen Jobs etwas Zeit liegt."
 

Also scheint er zu arbeiten. Misstrauisch schaue ich ihn an. Irgendwie kann ich ihn mir in keinem Job so wirklich vorstellen. Er ist nicht gerade der typische Anzugträger, also ist es wohl kein Bürojob...dafür ist er irgendwie zu auffällig mit seinen langen schwarzen Haaren, der dunklen Kleidung und den ganzen Piercings im Gesicht. Außerdem spricht Kat ja von Jobs, da nehme ich an, dass er nicht nur einen Job macht...irgendwie blicke ich da nicht so ganz durch...das Alles ist mir nicht geheuer!

Aber was mir noch viel weniger geheuer ist, ist die Tatsache, das die beiden wohl schon eine ganze Weile Kontakt haben, ohne das Kat ihn je erwähnte. Läuft da etwa irgendetwas ab, von dem ich nichts wissen soll?
 

Cole legt den Kopf etwas schief, als ich ihn so misstrauisch beäuge.

"Na ich werde das Gefühl nicht los, das dir etwas nicht an mir passt Joe.", konfrontiert er mich direkt. Na was soll ich schon denken? Ich kenne ihn kaum, und schon erzählt er haarsträubende Lügen, läuft mir nach und nervt mich...ich will das es aufhört...ich will nicht mehr rot werden, und ich möchte kein Herzrasen mehr haben...Oh man.

"Ja Joe, was ist los? Du siehst so misstrauisch aus.", bemerkt meine beste Freundin.

Doch ich schweige. Ich will nichts weiter dazu erläutern, also wende ich mich ab und esse weiter meinen Kuchen und trinke meinen Tee.

Alles was ich möchte ist, meine Ruhe zu haben, über nichts nachdenken zu müssen.

Schlafen wäre schön.

"Hm, ich glaube es ist sinnlos. Er ist bockig. Sag mal Cole, hast du morgen schon was vor? Oder bist du zu Hause?"

"Oh, ich werde zu Hause sein."

"Wie wäre es, wenn du Joe morgen früh abholst und zum Arzt begleitest, der sollte sich das echt mal ansehen...", schlägt sie vor, und noch bevor sie ihren Satz richtig beenden kann, sehe ich empört auf.

Bitte was?!

"Ja Joe, nun schau nicht so geschockt! So wie ich dich kenne wirst du eh nicht von alleine gehen. Das sollte sich auf jeden Fall mal ein Arzt ansehen..."
 

Und wenn schon... ist doch meine Sache! Außerdem bin ich groß genug, um das selbst zu entscheiden! Mach nicht einfach etwas ab, ohne mich zu fragen!- hantiere ich wild mit meiner Zeichensprache.

Kat seufzt. "Hör mal, ich mach mir doch nur sorgen...Schließlich arbeite ich bis abends...

und ich glaube, du könntest unter anderen, auch etwas Ablenkung gebrauchen..."

Eingeschnappt verziehe ich das Gesicht, gestikuliere erneut.

-Und wenn ich gar keine Ablenkung möchte?-

Meine beste Freundin winkt ab.

"Was bist du nur für ein sturer Esel?"

Zum ersten Mal schaltet Cole sich ein.

"Hey...jetzt hört auf euch zu streiten...zwingen können wir dich nicht, aber Kat hat schon recht..", meint er. Dabei sieht er etwas verlegen aus. Nur warum?

Verstehe ich nicht.

In diesem Moment holt Kat Luft. "Du hast ja recht...es ist schon spät...", meint sie.

"Ja, stimmt, ich werde mal langsam wieder nach Hause gehen.", meint er. "Soll ich noch was abräumen?"

"Nein schon gut, das kann Joe machen.", meint sie beiläufig.

Schön! Na gut! Kein Problem!

Ich muffle vor mich hin, während ich das Geschirr abräume und in die Küche bringe.

Cole verlässt Kats Zimmer, klopft noch einmal an die Küchentür.

"Hey Kleiner, hier ist meine Nummer", er reicht mir einen kleinen Zettel ,"Schreib mir einfach, wenn ich dich doch begleiten soll, oder wenn du Sehnsucht hast.", dann zwinkert er mir zu.

Frechheit! Eben spielt er noch den Verständnisvollen, okay zumindest halb verständnisvoll.. und in der nächsten Sekunde klopft er freche Sprüche. Was denkt der sich nur?

Schnaubend, drehe ich mich um, und beachte ihn nicht weiter.

"Joe, sei nicht so unfreundlich, du könntest dich wenigstens verabschieden.", meint meine Beste. Klar könnte ich, aber ich will nicht.

Der Typ geht mir ungefragt auf die Nerven. Der soll bleiben wo der Pfeffer wächst! Ja wohl!

"Schon gut Kat, man sieht sich!"

"Ja, bis dann.", sie schließt die Tür und bleibt dann im Küchenrahmen stehen. Ich wasche gerade das Geschirr ab.

"Hier! Speicher sie wenigstens ab.", meint sie, als sie mir den Zettel auf die Arbeitsplatte knallt. Ich sehe sie genervt an.

"Jetzt guck nicht so!", sie schnappt sich das Geschirrhandtuch und fängt an abzutrocknen. Wirklich vorbildlich. Lara würde im Traum nicht auf diese Idee kommen, "Kontakte zu menschlichen Wesen tun dir sicher gut.", grinst sie schelmisch. "Und sei mal ehrlich, Cole ist schon heiß oder? Ich kenne dich, du findest ihn gar nicht so schrecklich wie du immer tust.", sie zwinkert mir zu und räumt das Geschirr weg.

Dann nimmt sie meine Hand und zieht mich mit sich in ihr Zimmer.

"Lass uns schlafen gehen. Wir müssen beide früh raus!", mahnt sie im Sinne von: Wehe du gehst nicht zum Arzt.

Ich grummle vor mich hin. Gegen Kats geballte Entscheidungsgewalt habe ich einfach keine Chance. Sie ist mindestens so stur wie ich und das muss sie auch sein, bei so einem komplizierten Menschen wie mich. Außerdem ist sie die Einzige, die mich nie verurteilt hat und mich schon immer völlig normal behandelt. Sie wickelt mich nicht in Watte, streitet ganz normal mit mir, wie es kein anderer tut und ist immer für mich da. Im Gegensatz zu meinen Eltern, oder anderen Personen, die sich an den Umstand erst "gewöhnen" mussten und sich immer noch nicht damit abgefunden haben.
 

In einem stillen Moment, in dem Kat kurz im Bad verschwindet, tippe ich die Nummer in mein Handy ein. Sie muss es ja nicht mitbekommen, auch wenn sie sicher schon eine Ahnung hat. Jedoch, verliert sie darüber kein Wort mehr.

Stattdessen kuschelt sie sich an meine Brust und schläft ziemlich schnell ein.

Ich liege noch eine Weile wach, bis ich dann auch einschlafe.
 

Am nächsten Morgen werde ich durch Kats Gewusel in ihrem Zimmer geweckt.

Sie macht sich wohl gerade fertig für die Arbeit.

"Hey, Schlafmütze. Ich muss gleich los.", meint sie, holt dann noch mal richtig Luft und setzt noch mal an. Ich ahne böses. " Ach ja ich hab eben mit Cole geschrieben, er wird dich um halb neun abholen und zum Arzt bringen. Und wehe du moserst rum!", ermahnt sie mich und lässt mich gar nicht erst antworten. Denn schon ist sie aus der Tür verschwunden.

Ich schnaufe auf. Hinter der Tür kann ich ein leises Kichern hören, oder bilde ich mir das ein?

"Das ist nicht lustig Lara, vielleicht hat er wirklich was.", schimpft Kat, also doch keine Einbildung.

"Ja, ja, ist ja schon gut, dein heiliger Joe halt...", meckert sie und schließt die Tür laut hinter sich. Der Schock von gestern hat sich anscheinend aus ihren Gedanken verzogen und weicht der alten Abneigung.

Wenig später schließt sich auch die Haustür und ich bin wieder alleine. Ich schaue auf den Hahnwecker. Es ist halb acht. In einer Stunde wird Cole also hier aufschlagen, ob ich will oder nicht. Aber wer sagt denn, dass ich aufmachen muss. Ich könnte ihn einfach ignorieren, so tun, als ob ich nicht da bin. Ja, ich glaube das mache ich. Denn ich habe nicht die geringste Lust ihn zu sehen. Diesen langhaarigen Typen mit seinen vielen Piercings. Der schon irgendwie,...verdammt, wieso ist mein Gesicht plötzlich so heiß?

Mahnend klatsche ich mir auf die Wangen und zucke kurz zusammen, weil mein Veilchen wieder wehtut.

Tonlos zischend lasse ich mich wieder in die Kissen fallen. Vielleicht kommt er auch gar nicht, oder vergisst, dass er mich abholen wollte. Bestimmt wird es so sein. Außer Kat interessiert sich niemand wirklich für mich. So war es schon immer...

Erpressung für einen guten Zweck!

Durch das Geklingel an der Tür werde ich aus dem Schlaf gerissen, schrecke hoch. Noch in der nächsten Sekunde fällt mir ein, das der Spinner mich abholen wollte. Also zerre ich mir ein Kissen über den Kopf, um mich darunter zu vergraben. Ich denke nicht daran, ihm zu öffnen. Soll der sich doch dumm und dämlich stehen, da vor der Tür. Immerhin habe ich deutlich gemacht, das ich gut für mich selbst entscheiden kann.

Doch ich werde einfach nicht in Ruhe gelassen. Lara, selbstlos wie sie ist, muss die Tür geöffnet haben. Denn kaum ein paar Minuten später klopft es an Kats Zimmertüre. Ohne groß abzuwarten, wird sie geöffnet. Die Tür wird wieder geschlossen. Ich höre Schritte, die auf mich zu kommen. Dann senkt sich die Matratze und plötzlich klopft mein Herz wie wild.

Nähe! Ich spüre seine Nähe. Bitte geh weg! Ich will das nicht!

Mit einem sanften Ruck, wird mir das Kissen weggenommen und schon liege ich ohne Schutz da. Du heilige Scheiße! Er grinst mir direkt ins Gesicht. "Wusste Ichs doch, das du dich hier versteckst. Hab mir schon gedacht, dass du nicht ganz freiwillig mitkommst."

Ach, er wusste es. Dann kann er sich ja wieder verziehen und mich in Ruhe lassen!

Mürrisch rümpfe ich die Nase und deute ihm an, dass er sich verziehen soll, nur leider scheint das nicht zu ziehen. Im Gegenteil, es scheint ihn eher anzustacheln.

Nur wenige Sekunden später spüre ich seinen Atem an meinem Ohr. Belästigung! Das nennt man sexuelle Belästigung!

Etwa weil Kat nicht da ist? Zeigt er sein wahres Gesicht etwa wirklich nur dann, wenn wir allein sind? Damals im Treppenhaus, war es doch ähnlich oder?

"Wenn du nicht brav bist, muss ich dich küssen.", raunt er mir ins Ohr, das mir die Haare zu berge stehen.

Erpressung! Der Typ erpresst mich!

Entrüstet starre ich ihn an. Das wagt er nicht!

"Weißt du eigentlich wie süß du bist, wenn du so mürrisch dreinschaust?", meint er schon wieder grinsend. Ich schnaufe verächtlich, aber tonlos! Soll ihm sein dummes Grinsen doch aus dem Gesicht fallen! Mit all meiner Kraft schubse ich ihn vom Bett.

Mit einem dumpfen Rums landet er auf dem Boden vor mir. Nun ist er an der Reihe bedröppelt drein zu schauen. Aber nicht lange. Im Gegenteil. Das scheint ihn noch eher zu imponieren. Der Typ hat echt nicht mehr alle Tassen im Schrank!

Kat! Wieso tust du mir diesen Kerl nur an? Scheinbar wusste sie wirklich nicht, wie er wirklich drauf ist. Sonst hätte sie es niemals zugelassen, mich mit ihm allein zu lassen, oder?

Cole sitzt nun vor mir und streicht sich seine Haare aus dem Gesicht. Sein Ausdruck sagt alles. Er ist bereit für den Kampf, aber gleichzeitig zeigt er auch viel Ernsthaftigkeit.

"Joe...tu es für Kat! Sie macht sich ernsthaft Sorgen um dich!", meint er plötzlich rau. "Sie wusste, dass du dich hier verkriechen und nicht allein gehen würdest."

Ich beiße mir auf die Unterlippe. Er hat ja recht, aber wieso muss er dabei nur so verdammt unverschämt sein!?

Mit einem verärgerten Gesicht greife ich nach einer Kreidetafel, die Kat in ihrem Zimmer liegen hat. Wir haben sie ewig nicht mehr benutzt, da Kat ja mittlerweile wie ich die Zeichensprache beherrscht.

Cole sieht interessiert dabei zu, wie ich etwas aufschreibe und grinst schon wieder.

"Na du hast wohl echt schiss, dass ich dir was abgucke.", meint er amüsiert, zieht sich aber aus dem Zimmer zurück und wartet brav bis ich mich angezogen habe.
 

Schließlich geht er mit mir zum Arzt, der mich einmal gründlich durch checkt. Da meine Situation eindeutig ist, braucht es keine Worte, um alles zu klären. Und wenn es Fragen gibt, beantwortet Cole diese. Ohne meine Zustimmung. Zum Glück ist es "nur" eine leichte Schwellung, die klaglos verheilen wird, wenn ich sie weiterhin gut kühle und mit einer verordneten Salbe behandle. Mir wird aber empfohlen nach einer Woche eine Nachuntersuchung beim Augenarzt machen zu lassen. Mein Begleiter ist so nett mir gleich einen Termin zu besorgen. Dazu stecke ich noch meine Krankmeldung in die Tasche, da ich so auf keinen Fall in die Schule gehen will.

Als wir dann endlich fertig sind, machen wir noch einen Abstecher zur Apotheke, um die Salbe zu besorgen, und dann auf den Weg nach Hause. Zu Kat nach Hause. Zumindest ist das MEIN Plan. Cole scheint da ganz andere Vorstellungen zu haben.

"Du Joe, was hälst du davon, wenn wir noch was essen gehen. Als Dank dafür, dass ich dich so liebenswert begleitet habe.", versucht er mich zu überreden.

Bitte was? Als Dank? Dem ist schon klar, dass ich hier ein fettes Veilchen im Gesicht habe.

Vorwurfsvoll verziehe ich meine Stirn in Falten.

Mit meinen Händen forme ich die Worte, die ich sonst sprechen würde, wenn ich nur könnte.

Von wegen liebenswert! Du hast mich erpresst!

Um Missverständnissen vor zu beugen schreibe ich es noch mal auf meinen Block, den ich ihm unter die Nase halte.

Penner! Es war abgemacht, das er mich zum Arzt bringt, nicht mehr und nicht weniger.

Cole reibt sich am Hinterkopf. "Das war doch keine Erpressung. Nennen wir es eine wirkungsvolle Maßnahme die ihren Zweck erfüllt.", dann grinst er zufrieden, dieser Idiot! Ich schüttle den Kopf und verschränke die Arme vor der Brust, weil ich es kaum fassen kann, wie unverschämt dieser Kerl ist!

Ein seufzen, "Du bist ziemlich stur, weißt du das?"

Ich zucke nur mit den Schultern. Das ist mir ja so was von egal. Alles was ich will ist, zu Kat nach Hause zu gehen und das tue ich auch. Ich mache kehrt und will mich auf den Weg machen.

"Joe, jetzt warte doch mal. Soll ich dich nicht wenigstens nach Hause bringen?", will er noch wissen. Doch ich schüttle nur den Kopf und lasse ihn stehen.

Schmerzhafter Zufall

"Was machst du denn schon wieder hier? Quartierst du dich jetzt etwa endgültig hier ein oder was?", schimpft Lara, die gerade aus der Küche kommt, als ich die Wohnung betrete.

Ach stimmt ja, Lara ist ja auch noch da.

Wenn sie den Mund hält, oder man sie eine Weile nicht gesehen hat, könnte man glatt vergessen, das sie existiert.

Ich zucke mit den Schultern. Ich bin ja nicht wegen ihr da, sondern wegen Kat. Aber das versteht sie nicht. Auch nicht, das ich ihr noch nie was getan habe. Die meiste Zeit über bin ich in Kats Zimmer. Sie sieht mich quasi kaum. Wir kommen uns nicht mal morgens im Badezimmer ins Gehege, da wir zu verschiedenen Zeit aufstehen. Höchstens zum Essen sieht sie mich mal, oder wenn wir uns zufällig über den Weg laufen, auf dem Weg zum Klo zum Beispiel, oder wenn ich wie jetzt "Nach Hause" komme. Doch ihr scheint meine Anwesenheit bereits zu genügen, um sie zu verärgern. Das ist schon belustigend. "Hey, du Hausbesetzter! Glaub ja nicht, das du damit durchkommst!", schreit sie mir hinterher, während ich die Tür zu Kats Zimmer schließe. Echt mal, die sollte sich mal nen Arzt suchen, der ihre Ausfallerscheinungen kuriert. Das heißt, wenn ihr überhaupt noch zu helfen ist.

Den Nachmittag über date ich erst mal Kats Bücherregal. Das hat so viele Bücher, das man sich den ganzen Tag damit beschäftigen könnte. So habe ich immerhin etwas zu tun. Zwischendurch kommen noch ein paar SMS von meiner überfürsorglichen Mutter. Von wegen, das ich doch wieder kommen soll und dass sie sich sorgen um mich macht. Das alles besser werden wird...das mein Stiefvater mich nicht mehr schlagen wird...Ja, wer`s denn glauben will. Meine Antwort ist Ignoranz.
 

Die nächsten Tage, verlaufen zur Abwechslung mal ruhig. Weder meine Mutter meldet sich, noch kommt Cole vorbei, um mich zu belästigen. Das sollte mich zur Abwechslung mal entspannen, aber das tut es nicht. Es ist seltsam, wenn man plötzlich nicht mehr belästigt wird. Genug damit, ich sollte mich nicht beschweren. Auch mein Auge ist binnen einer Woche verheilt und der Arzt ist sehr zufrieden mit dem Ergebnis.
 

Da Kat die Tage über Spätschichten hat und wenig Zeit für mich hat, ist es an mir selbst mich zu beschäftigen. Immer nur "zu Hause" rum zu hocken ist mir zu langweilig. Klar ich kann im Internet surfen, was lesen, schlafen...aber auf die Dauer...Also habe ich gen frühen Nachmittag beschlossen spazieren zu gehen und etwas frische Luft zu schnappen. Immer noch besser als diese blöde Kuh von Lara zu ertragen, die übrigens nen komischen Typen zur Übernachtung angeschlept hat. Und aus ihrem Zimmer kamen die halbe Nacht komische Geräusche, deren Bedeutung ich nicht weiter ausführen möchte. Scheint so, als schwänze sie ihre Lesung. Das tut sie immer wenn sie die Nacht durchgemacht hat.

Mein Weg führt mich durch einen hübsch angelegten Park, in deren Mitte ein kleines Cafe steht, das sehr beliebt ist. Besonders bei Paaren für erste Dates. So hat es Kat mir mal erzählt. Sie ist auch schon einige Male mit mir dort gewesen und meinte, das sie sich sehr freuen würde, wenn ich mal mit meinem zukünftigen Partner dort aufkreuzen würde. So wie es aussieht, plant sie schon meine Dates. Doch das wird sich wohl noch etwas hinziehen.
 

Im Vorbei gehen sehe ich eine mir bekannte Gestalt in Begleitung eines Mannes um die 40. Der Typ hat einen ziemlich schicken, teuren Anzug an und unterhält sich angeregt mit Cole, der sich auch raus geputzt hat. Ein grauer, dünner Pullover mit schwarzer Weste mit Anzugkragen, eine enge, schwarze Röhre, dazu schwarze Lederstiefel mit schnallen, die langen, schwarzen Haare cool zur Seite gestylt. Eine schwarze Jacke lässig über seinen Arm hängend. Ich muss schon sagen, das steht ihm wirklich gut. Nur, was in aller Welt hat er mit diesem Anzugtypen zu tun? Er wirkt nicht wie jemand, der sich mit Schnöseln abgibt. Allerdings...auf der anderen Seite...ist Cole ja schon ein bisschen speziell.

Ah...Moment, was macht der denn da?

Wie ein schnüffelnder Idiot, verstecke ich mich hinter einem Baum und sehe zu, wie dieser komische Anzug Typ, seinen Arm um Coles Hüfte legt, und ihn mit sich führt, das Café zu verlassen. Viel zu vertraut für meinen Geschmack. Vor allem bei dem Altersunterschied. Na ja...vielleicht steht er ja auf ältere, allerdings, würde das nicht ins Bild passen...Wollte er nicht neulich noch ein Date mit mir? Was soll denn so ein Theater, wenn er sich auch noch mit anderen trifft?

Das ist mir wirklich nicht geheuer. Sie gehen den Weg entlang und wirken noch immer sehr vertraut. Sie kommen immer näher, ich versuche möglichst nicht aufzufallen. Je näher sie kommen, desto besser kann ich sie verstehen. Ich verstecke mich weiter hinter meinem Freund dem Baum und höre, ohne es zu wollen ihr Gespräch mit.

"Ja, wirklich, der Abend gestern mit dir war wieder hervorragend. Ich werde dich bei Gelegenheit wieder buchen. Nächsten Monat ist wieder eine Veranstaltung, bei der ich deine Begleitung gern in Anspruch nehmen würde. Ich werde gleich anrufen, du bist sehr beliebt, da ist es immer sehr schwer einen Termin mit dir zu bekommen. ", erklärt der Mann.

Er lässt sich buchen? Was zum Teufel geht er für einer Beschäftigung nach?

"Rufen sie gerne an.", erwidert er höflich mit einem für ihn total unnormal höflichen Lächeln. Sonst ist er ja eher ein aufdringlicher Idiot.

"Soll ich dich nicht noch irgendwo absetzen?", will der Mann wissen, doch Cole lehnt dankend ab.

Der Herr verabschiedet sich und steigt dann in ein vornehmes Auto, das am Rande des Parks schon auf ihn wartet. Scheint so, als hätte er sogar einen privaten Fahrer oder so. Cole bleibt allein zurück und geht in die entgegen gesetzte Richtung, während er in seine Westentasche greift und sich anschließend sein Handy ans Ohr hält.

"Ja? Ein neuer Auftrag? Wann? Um 18 Uhr, geht klar, schick mir bitte die Daten. Ja, es ist alles gut gelaufen.", antwortet er der Person am anderen Ende der Leitung. Das wird echt immer mysteriöser. Und überhaupt...ich sollte echt aufhören mich zu verstecken, ich komme mir schon vor wie ein kranker Stalker. Aber, was wird wohl passieren, wenn er mich entdeckt? Ob er sich dann ertappt fühlt? Oder sich irgendwelche scheinheiligen Ausreden ausdenkt? Vielleicht sollte ich einfach noch eine Weile warten, bis er an mir vorbei ist, und er mich nicht mehr erwischen kann. Danach tue ich dann einfach so, als hätte ich das nie gesehen und streiche ihn aus meinem Gedächtnis. Das wollte ich ja so wieso.

Trotzdem...fühlt es sich seltsam an, ihn so zu sehen...auch wenn ich noch nicht alles verstehe...

Meine Hand greift nach dem Stoff an meiner Brust und vergräbt sich darin. Irgendwie tut mein Herz so weh. Nein, das darf einfach nicht sein...

Ohne weiter nach zudenken, oder auf Cole zu achten, komme ich hinter dem Baum hervor und will in die entgegen gesetzte Richtung gehen, als ich plötzlich seine Stimme in meinen Ohren vernehme.

"Joe? Bist du das?", fragt er überrascht und irgendwie ertappt.

Abrupt bleibe ich stehen, ehe ich dann plötzlich anfange zu laufen.

"Joe! Nicht schon wieder! Bleib stehen!", ruft er mir hinterher und plötzlich höre ich seine Schritte hinter mir.

Er packt mich an meinem Shirt, zieht mich daran zurück, so dass ich nach hinten falle.

Ich stoße einen stummen Schrei aus, als ich mit voller Wucht gegen seine Brust pralle und er mit mir zusammen, gerade noch zum Stehen kommt.

Seine Hände ruhen auf meinen Schultern.

"Lauf doch nicht weg..."
 

Ich will aber! Ich will hier einfach nur noch weg! Lass mich doch in Ruhe!

Das ist es, was ich sagen will...
 

Er beugt sich runter an mein Ohr.

"Tut mir leid, du solltest das nicht sehen...Bitte vergiss das wieder...", bittet er mich. Meine Augen weiten sich.

Ich soll es vergessen? Was genau...macht dieser Kerl eigentlich,...? So langsam geht mir ein Licht auf...dieser ältere Typ, diese Vertrautheit die so gar nicht passt...dieses untypische Überfreundliche...NEIN! Ich will das Alles gar nicht wissen!

Entsetzt reiße ich mich von ihm los und sehe ihn an.

Ich beiße mir auf die Unterlippe und schaue dann zu Boden, auf der trostlos seine Jacke liegt. Sie muss ihm eben herunter gefallen sein. Meine Hände zu Fäusten geballt.

Dann sehe ich ihn wieder an, diesmal wütend!
 

...ich würde ihn so gern anschreien!
 

"Joe! Das mag nicht die richtige Art und Weise sein, wie man so etwas erfahren sollte..."

Nicht die richtige Art und Weise? Was ist denn die richtige Art und Weise?

Was soll das? Wieso macht er sich dann an mich ran und läuft mir nach, wenn er es vielleicht doch nicht so meint. Das ist doch alles nur ein Spiel, bei dem am Ende keiner gewinnen kann!

So ist es doch.

Und so wie es aussieht, scheint er sich neben seinem "Job", ja auch noch anders zu begnügen. So wie mit diesem hysterischen Weib letztens. Aber, was will er dann von mir? Er geht in die Hocke, um seine Jacke auf zu heben und abzuklopfen, anschließend steht er wieder vor mir und sieht mich ernst an.

" Also gut...Ich werde es dir erklären. Dazu werde ich morgen gegen 12 bei euch vorbeikommen. Dann kannst du entscheiden, ob du mich wiedersehen willst, oder nicht.", antwortet er auf meine Gedanken, die er offenbar gelesen hat. Er schaut auf seine Uhr.

"Ich muss jetzt weiter. Bis morgen, Joe.", meint er. Danach kommt nichts weiter.
 

Er zieht an mir vorbei. So wie es aussieht, zu einem neuen "Auftrag".

Ich drehe mich nicht um, bleibe stattdessen noch eine Weile Gedankenverloren so stehen. Erst viel später setzten sich meine Beine wieder in Bewegung.
 

Ganz automatisch stehe ich irgendwann wieder vor Katis Haustüre und schließe auf. Als ich die Wohnung betrete höre ich lautes Gelächter.

Lara hat ein paar Freunde, zum "lernen" eingeladen. Lernen bedeutet bei Lara so viel wie feiern, chillen oder einfach nur mit Leuten abhängen. So wie auch jetzt gerade. Dieses Mal hängen sie in der Küche ab, bei Cola und Chips. Der Typ von heute Morgen scheint schon verschwunden zu sein. Ja, die beiden die gerade neben ihr sitzen sind eindeutig nicht dieser Typ.

"Hey Lara, ist das der Hausbesetzter von dem du erzählt hast?", will einer ihrer Kumpels wissen. Wie hieß der Typ noch gleich? Den hatte sie doch schon mal bei sich eingeladen...na ja, an mich scheint er sich nicht so ganz zu erinnern.

"Ja, das ist er. Der hat sich einfach hier einquartiert, ohne zu fragen. Durchfüttern müssen wir ihn auch noch.", argumentiert sie äußerst genervt, wie immer. So wie es aussieht erzählt sie auch noch in der Weltgeschichte von mir, ihrem persönlichen Sündenbock. Klasse Lara, da hast du dir ja wieder eine tolle Märchengeschichte zurechtgebogen. Die glaubt doch allen ernst, das ich das freiwillig mache! Mit ihr unter einem Dach zu wohnen ist ja wohl die größere Strafe. Und überhaupt, hilft Kati mir von sich aus, das hat mit Lara ja überhaupt nichts zu tun! Die muss keinen Cent für mich investieren.

Ich rümpfe nur die Nase und gehe an ihnen vorbei, nachdem ich mir die Schuhe abgestreift habe. Sollen die doch denken, was die wollen! Mir egal! Es bringt eh nichts sich zu rechtfertigen. Zumal sie nicht mal versuchen würden mich zu verstehen.

Selbst einige von Laras Kumpels, die öfter mal zu Besuch sind haben immer noch nicht geschnallt, das ich nicht sprechen kann. Da die liebe Lara sie aber auch nicht darüber aufklärt, vermutlich, weil sie selbst damit nicht ganz klar kommt, denken sie eben, das ich sie einfach ignoriere. Ich selbst gebe mir allerdings auch keine Mühe, etwas daran zu ändern, da diese Typen zumeist gleich einen auf gekränkt tun, wenn ich ihnen nicht auf ihre nervigen Fragen antworte.

"Hm, aber Lara, der ist aber ziemlich süß, dein Hausbesetzer.", meint der Typ von eben plötzlich, kurz bevor ich die Tür von Katis Zimmer öffnen will. Lara reagiert ziemlich gereizt.

"Was? Süß? Was ist denn an dem bitte süß? Der nistet sich hier ein und frisst uns die Haare vom Kopf und Kat lässt das einfach so zu...", knurrt sie ihn an. Und sie wiederholt sich, ob sie das überhaupt merkt?

"Ach ist das so?", lacht der Typ. "Kann es sein das du eifersüchtig bist?"

"Halt die Klappe Vincent!", befiehlt sie hysterisch. Oh Gott gleich dreht sie durch.

"Schon gut, schon gut.", winkt dieser ab.

"Vincent hat recht. Mir ist das auch schon aufgefallen, wenn ich mal hier war, er hat ein ziemlich hübsches Gesicht. Fast wie ne Frau.", meint ein anderer. Der Typ ist mir irgendwie unsympathisch, er hat etwas an sich, was mir überhaupt nicht gefällt!

So langsam wird mir das alles echt unangenehm. Ich schließe lieber die Tür hinter mir. Dahinter höre ich Laras Gezeter, das dumpf schallt.

Ich lasse mich auf Kats Bett fallen und murmle mich in die Decke ein.

Ob Cole morgen wirklich hier sein wird?

Was ist, wenn ihm einer seiner Termine dazwischen kommt?

Ich beiße mir auf die Unterlippe. Und wenn schon? Was ändert sein Erscheinen schon?
 

Nach und nach spüre ich, wie sich die Müdigkeit über mich legt und ich schlafe ein. Ich sollte nicht so viel nachdenken…

Unangenehmes Erwachen

Irgendwann wache ich wieder auf. Ein unbehagliches Gefühl weckt mich auf. Ein Gefühl, das von meiner unteren Region kommt. Plötzlich muss ich stumm aufstöhnen, aber nicht vor Glück, sondern vor Ekel. Erschrocken sehe ich an mir herab. Ein Blondschopf hat mich entblößt, macht sich an meiner unteren Hälfte zu schaffen. Als er bemerkt, das ich wach bin, schaut er zu mir hoch. „Hey, du bist ja wach. Mein kleines „Aufweckprogramm“, scheint dir zu gefallen.“, grinst er. Von wegen! Das ist widerlich! „Ich würde dich gern so richtig zum Stöhnen bringen. Also…legen wir mal so richtig los.“, meint er.

~Aufweckprogramm?~. was soll das? Was fällt dem ein?

Das ist doch einer von Laras Kumpels, der Andere neben Vincent. Apropos, wo ist Lara überhaupt? Und wieso, ist der Typ in Kats Zimmer?

Auf einmal ist er über mir. Viel, viel zu nah! Schattenhaft hat er sich über mich gebeugt, und will mich offenbar küssen. Seine Lippen kommen mir dabei gefährlich nah. Panik! Lass das! Lass mich in Ruhe!

Mit aller Kraft stoße ich ihn von mir und springe auf. Ein erschrockener Schrei geht durch den Raum. Der Blondschopf, der auf dem Boden vor mir gelandet ist, schaut bedröppelt zu mir auf, während ich panisch meine Kleidung richte, oder es zumindest versuche. Mein Reißverschluss klemmt und mein Hosenknopf will sich nicht schließen lassen. Mein Hemd ist völlig zerwühlt.

„Was?...“, fängt er an, traut sich aber, so wie es aussieht, nichts mehr zu sagen.

Kein Wunder, denn er wird gerade mit wütenden Blicken erdolcht. Nämlich von Kat, die Feierabend zu haben scheint. In den Augen von Vincent und Lara sehe ich nur Entsetzten.

„Oh Gott!“, schreit Lara Hysterisch auf. „Ich hab`s schon immer gewusst! Der bringt nur Unruhe in unser Leben!“, beschuldigt sie mich. MICH!

Kat schreitet ein. „Lara! Jetzt rede doch nicht so einen Müll! Das ist ganz sicher nicht Joes Schult!“, weist sie Lara zurecht. Gott sei Dank. Auf Kat ist Verlass!

„Bitte? Du stellst dich doch nicht ernsthaft auf die Seite, dieses Hausbesetzers?“, erwidert Lara entsetzt. „Der hat ihn doch ganz sicher verführt!“

Der Typ schaut etwas unsicher zwischen den Beiden hin und her und wittert offenbar seine Chance, heil aus der Sache heraus zu kommen. Abgesehen davon, das Kat so etwas so etwas haarsträubendes so oder so nie glauben würde, ist auch seine Wortwahl nicht gerade klug gewählt.

„Äh…ja genau! Der Kleine hat mich verführt! Kurz nach dem Lara und Vincent los sind Knabbernachschub zu holen, kam er aus dem Zimmer und sagte mir ganz klar, dass ich ruhig reinkommen solle, damit wir Spaß haben können.“

Kat zieht eine Augenbraue hoch und stemmt ihre Hände in die Seiten.

„Ach, ist das so? Wie hat er dir das denn gesagt?“, will sie wissen.

„Na mit seiner Stimme, wie denn sonst?“, brummt er ungehalten.

„So, so, mit seiner Stimme also…Brian…“,ihr Blick verdüstert sich. Auch Lara fällt aus allen Wolken, will es aber offenbar immer noch nicht glauben.

„Äh Kat?“, beginnt Vincent, der bis eben nur wie angewurzelt da gestanden hat, kann aber gar nicht so schnell weiter sprechen wie Kat schon auf ~Brian~ zugeht.

Schnurstracks hat sie seine Richtung eingeschlagen, packt ihn am Kragen und zieht ihn zu sich runter. Brian staunt schon nicht schlecht, über ihre ungeahnten Kräfte und schaut nur dumm aus der Wäsche.

„Mein Lieber Freund, wenn du Joe noch ein einziges Mal zu nahe kommst, kannst du was erleben! Und jetzt hau bloß ab! Und in dieser Wohnung will ich dich auch nicht mehr sehen! Klar?“

So wie es aussieht, hat der Kerl bereits die Hosen voll, denn er nickt nur verängstigt und sieht zu das er Land gewinnt. Zum Glück.

Dann sieht Kat in Laras Richtung, die sich am Türrahmen rum drückt und leicht beschämt aussieht, aber nicht zugeben möchte, dass sie Mist gebaut hat. Wie immer eigentlich.

Kat verschränkt die Arme vor der Brust.

„Meinst du nicht, das es angebracht wäre dich bei Joe zu entschuldigen? Immerhin hast du ihn zu Unrecht beschuldigt!“, meint Kat.

Lara aber schaltet auf stur. „Wieso sollte ich? Wenn er nicht hier wäre, wäre das auch nie passiert!“, faucht sie zurück.

Vincent scheint immer noch nicht ganz zu überblicken, was hier abgeht, sieht aber so aus, als ginge ihm langsam ein Licht auf.

„Ähm, Lara, Kat hat aber recht. Es wäre wirklich angemessen, wenn du dich entschuldigst. Davon abgesehen, war es auch nicht richtig, das wir ihn hier mit Joe allein gelassen haben. Immerhin haben wir beide gewusst, dass er auf Joe steht.“, bei diesem Satz fällt sowohl Kat, als auch mir alles aus dem Gesicht. Vincent richtet sich an mich.

„Joe, es tut mir aufrichtig leid, was er dir angetan hat, auch das wir nicht vorher richtig gehandelt haben, das ist nicht zu entschuldigen.“, erklärt er mir und verabschiedet er sich dann.

Lara, Kat und ich bleiben alleine zurück.

Das schreit nach Ärger. Lara, du blöde Kuh! Hast du eine Ahnung wie sich so etwas anfühlt?

Dazu kommt, erst jetzt merke ich wieder, wie unbehaglich ich mich gerade fühle und lege meine Arme um meinen Körper und sehe an Lara vorbei. Am liebsten will ich jetzt einfach nur noch meine Ruhe haben, mich irgendwo vergraben. Alles was mir bleibt ist, erleichtert zu sein, dass nicht noch mehr passiert ist.

Scheiße verdammt! Womit habe ich das Alles nur verdient? Das fühlt sich alles so verdammt widerlich an!

Ich weiß ja…es bringt rein gar nichts sich solche Fragen zu stellen…was passiert ist, kann man nicht ändern. Man kann nur versuchen es zu verdrängen, oder damit um zu gehen.

Kat scheint zu bemerken, dass es mir sichtlich schlechter geht.

„Lara, ich glaube es ist besser, wenn du uns für heute in Ruhe lässt!“, meint Kat. Lara holt nur tief Luft und hält ausnahmsweise mal ihren Mund. Dann dampft sie ab und knallt wütend ihre Zimmertür hinter sich zu. Das Schild auf dem, „Kein Zutritt für Hausbesetzer“ steht, fällt bei der Wucht herunter.

Kat und ich verweilen noch einen kurzen Moment in unseren Positionen, ehe sie einen Arm um mich legt und mich zu sich zieht. Ich vergrabe mein Gesicht in ihrer Halsbeuge. Was kann ich schon groß anderes tun?
 

Kurz darauf stehe ich unter der Dusche und wasche mir dieses eklige Gefühl von meinem Körper. Das ist noch viel schlimmer, als das Blaue Auge, das mir mein Stiefvater verpasst hat. Ich zittere, trotz dessen, das das Wasser warm ist.

Gedankenverloren streiche ich mir über meinen Hals dessen Muskeln sich merklich zusammenziehen, als wollen sie mir die Kehle zuschnüren. Noch viel mehr als sonst.

Als ich fertig bin kuschle ich mich zu Kat unter die Decke, die schon auf mich wartet.

Am liebsten möchte ich nur noch schlafen, und über nichts mehr nachdenken. Nicht mal über Cole…ach ja…der wollte doch morgen um 12 vorbei schauen und mir alles erklären…vielleicht sollte ich ihm lieber absagen und ihm klar machen, das ich mich nicht wohl fühle.

Müde greife ich nach meinem Handy, das direkt neben dem Bett auf dem Nachtschrank liegt.

Auch jetzt sind keine Nachrichten von meiner Mutter darauf zu sehen. Besser so, ich hätte ihr so oder so nicht geantwortet.

Doch ich überlege tatsächlich, ob ich Cole eine Nachricht schreiben soll oder nicht. Ich befinde mich in einem ernsthaften Zwiespalt. Ich fühle mich nämlich wirklich nicht danach...denn ich schäme mich, für das was da vorhin passiert ist. Ich fühle mich beschmutzt…und ich habe auch ein bisschen Angst. Vor dem was er mir sagen wird.

„Joey, alles okay? Du starrst schon die ganze Zeit so konzentriert auf dein Handy.“, meint Kat, plötzlich neben mir.

Ich schaue zu ihr rüber und nicke.

Sie sieht kurz auf mein Handy und staunt nicht schlecht.

„Was denn, überlegst du, ob du Cole eine Nachricht schreiben sollst, oder nicht?“, dann grinst sie schelmisch. „Wusste ich es doch, du hast die Nummer also doch abgespeichert!“

Ich nicke. Ja das habe ich tatsächlich und werde dann auch wieder sehr ernst.

Ich beschließe ihr alles zu erklären und sie folgt ruhig meinen Erläuterungen auf der Zeichensprache.

„Ach so ist das, dann bist du ihm also bei seiner Arbeit begegnet.“, seufzt sie.

Ich presse die Lippen zusammen, dann sehe ich sie fragend an. Sie wusste also davon?

Sie nickt ernüchtert. „Ja, er hat mir mal kurz etwas darüber erzählt, aber ich musste ihm versprechen nicht darüber zu sprechen. Außerdem hatte er so die Möglichkeit dich ganz normal kennen zu lernen, weißt du? Aber, wenn er morgen zu dir kommt, kann er dir ja alles erklären.“, meint sie und lächelt. Anschließend strobelt sie kurz durch meine Haare und zieht mich wieder zu sich runter in die Kissen. Die Decke zieht sie ganz hoch, bis zu unseren Nasen.

„Lass uns schlafen. Das wird morgen ein aufregender Tag. Ich werde euch morgen dann auch ganz in Ruhe reden lassen. Okay?“

Ich nicke einfach, auch wenn mir das nicht wirklich so geheuer ist. Unbemerkt schlucke ich.

Es ist wirklich nicht gut, wenn man zu viel nachdenkt.

Lieber sollte ich schlafen. So geschieht es auch. Die bleierne Müdigkeit legt sich wie ein Zauberbann über mich und zwingt mich zu schlafen.

Der Schlaf ist aber nicht sehr angenehm. In meinen Träumen liegt immer wieder dieser Brian über mir, der mir seine Zunge in den Hals stecken will, immer und immer wieder das tut, was er vorhin mit mir gemacht hat.
 

Morgens schrecke ich auf und schaue mich panisch um. Gott sei Dank! Kein Brian zu sehen. Der Platz neben mir ist auch leer. So wie es aussieht, ist Kat bereits aufgestanden. Der Blick auf die Uhr sagt, dass es bereits 10 Uhr 30 ist. Bald kommt Cole vorbei. Das wäre also die letzte Chance ihm ab zu sagen. Doch ich tue es nicht. Nein, ich kann es nicht. Ich bringe es einfach nicht fertig die Tasten auf meinem Handy zu drücken. Wieso nur fällt es mir so unsagbar schwer?

Als ich mein Handy gerade wieder bei Seite gelegt habe, kommt Kat ins Zimmer. Frisch wie der junge Morgen.

„Hey Joe, du bist ja wach. Möchtest du auch noch duschen, bevor Cole nachher hier auftaucht?“, will sie wissen und zwinkert mir zu.

Mir müde die Augen reibend nicke ich, obwohl ich innerlich immer noch mit mir kämpfe. Langsam strecken sich meine Glieder in alle möglichen Richtungen, bevor ich aufstehe und nach meinen Klamotten in Kats Schrank greife.

Hoffentlich begegne ich Lara nicht im Flur. Das wäre echt das Letzte, was mir gerade fehlen würde!

Zum Glück begegne ich ihr nicht und kann meinen Duschackt problemlos vollziehen.

In Kats Zimmer angekommen, steht meine beste Freundin schon bereit mit Bürste, Föhn und Glätteisen bewaffnet.

So wie es aussieht will sie mir die Haare machen. Von mir aus, das hat ihr schon immer Spaß gemacht und sie kann das auch wirklich gut.

„So fertig! Du siehst echt super aus, das wird Cole sicher gefallen.“, war ja klar, dass sie darauf anspielt. Ich weiß nicht, will ich ihm wirklich gefallen? Ist es nicht egal, wie ich aussehe?

Kat schüttelt den Kopf.

„Aber nein, es ist nicht egal! So siehst du doch viel frischer aus.“, sie zwinkert mir zu. Ach so…jetzt verstehe ich das erst.

„Weißt du Joe ich habe es dir an der Nasenspitze angesehen! Ich wünsche mir für dich, das du dich wenigstens ein bisschen besser fühlen kannst. Schließlich bin ich deine beste Freundin und ich möchte dir helfen, wo ich nur kann.“, erklärt sie mir wohlwollend. Sie ist einfach so wunderbar. Kat ist wirklich ein Schatz, der Größte, den ich jemals hatte.

Sie schaut auf die Uhr.

„Oh. Schon halb 12. Dann wird er sicher bald das sein. Ich war vorhin übrigens noch beim Becker und habe euch frische Brötchen mitgebracht. Ihr könnt also auch noch was essen wenn ihr Hunger habt.“, erklärt sie mir, bevor sie sich verabschiedet und mir alles Gute wünscht. Heute geht sie etwas früher zur Arbeit, damit Cole und ich allein sind. Sie hat mir übrigens auch erklärt, das Lara schon früh aus dem Haus ist und ihr gesagt hat, dass sie erstmal bei einer Freundin übernachtet. Das soll mir nur recht sein.

Dann geht sie mir wenigstens nicht auf den Keks und ich muss mir ihr genervtes Gesicht nicht antun.
 

Eine halbe Stunde. Niemals im Leben habe ich daran geglaubt, das 30 Minuten eine solche Ewigkeit sein können!

Der Retter und seine Geschichte

Nun sitze ich hier und warte auf Cole. Doch die Zeit will einfach nicht vergehen. Unruhig wälze ich mich auf dem Bett hin und her und finde keine Ruhe. Schrecklich! Und als es endlich so weit ist, als es endlich 12 Uhr ist…passiert nichts! NICHTS! Kein klingeln, kein klopfen. Nichts! Die Zeit verstreicht, fünf nach 12, zehn nach 12, viertel nach 12…12 Uhr 30.
 

Gerade als ich die Hoffnung schon aufgeben will klingelt es plötzlich an der Tür. Ohne mir groß etwas dabei zu denken stehe ich auf und öffne sie langsam. Doch als ich aufsehe, steht da nicht Cole,… sondern Brian. Erschrocken will ich die Tür wieder zuschlagen, doch er hält die Türe fest und schiebt sie auf. Dabei werde ich auch wieder in die Wohnung gedrückt, „Hey, was soll das? Schlägst du anderen Leuten immer die Tür vor der Nase zu?“, erwidert er wütend. Oh Gott, er macht mir Angst. Er ist recht groß und breit gebaut und…er stinkt nach Alkohol! Das ist verdammt gefährlich! Hormon gesteuerte Typen, die zu viel getrunken haben und dabei eine aggressive Neigung entwickeln, lassen sich nur schwer stoppen. Kat hat mir schon oft davon erzählt, wenn sie mal feiern war. Da kann man nur von Glück reden, das meine beste Freundin in Sachen Selbstverteidigung eine gute Figur macht, obwohl man es ihr bei ihrer schmalen Figur so überhaupt nicht ansieht.
 

Brian steht mir direkt gegenüber.

Komm mir bloß nicht zu nahe!

Doch diesen Gefallen tut er mir nicht. „Du bist ja noch viel unhöflicher, als ich gedacht habe!“, brummt er, kommt immer näher an mich heran.

Bitte was? Ich soll unhöflich sein? Wer wollte denn gestern wer weiß was mit mir machen? Und warum ist er überhaupt hier? Hat er sich in seinem Alkoholrausch wahllos irgendein Ziel gesucht?

„Sag mal, kannst du nicht mal was dazu sagen?“, will er wissen. Also langsam wird er aber ungeduldig. Als wenn ich das nicht täte, wenn ich es nur könnte. Ich trete lieber etwas zurück, versuche ihn etwas auf Abstand zu halten und schaue ihn böse an. Mit meinen Händen gestikuliere ich auf Zeichensprache. Ich sage ihm ganz eindeutig, dass er mich in Ruhe lassen soll! Nur leider verzieht er lediglich unverständlich die Augenbrauen.

„Willst du mich verarschen? Mach gefälligst den Mund auf!“, schreit er mich an. Ok, langsam wird er aber so richtig ungemütlich. Er drängt mich in eine Ecke. Was soll ich nur machen? Wenn der so richtig loslegt, habe ich keine Chance.

Cole, du Idiot! Warum bist du nur nicht gekommen? Ich unterdrücke meine aufkommenden Tränen.

Brian streckt seine riesige Hand nach mir aus. Ich verstecke schützend meine Gesicht hinter meinen Armen und mache mich schon mal auf das Schlimmste gefasst. Aber…es passiert nichts.

„Hey! Was soll das du Penner!“, schimpft Brian plötzlich.

„Genau das könnte ich dich fragen!“, schimpft jemand zurück. Jemand, den ich kenne. Langsam lasse ich die Arme sinken und sehe, wie Cole, Brian heraus befördert, „Hau ab, du besoffener Vollidiot!“, die Tür schließt sich. Welch Glück, das die Tür nicht zugefallen ist, bevor Cole kam.

„Joe! Hat er dir was getan?“, will Cole aufgebracht wissen. Ich kann nichts antworten. Alles was ich tun kann ist ihn fassungslos anzustarren und die Lippen fest auf einander zu pressen. Ganz deutlich spüre ich wie sich die angestauten Tränen lösen, schüttle aber den Kopf. Er hat mir nur Angst gemacht. Aber…

Warum? Warum bist du so spät?- würde ich ihn so gern fragen.

Cole seufzt erleichtert, „Es tut mir leid Joe. Ich bin nur froh, dass dir nichts passiert ist…!“. Er kommt langsam näher. Ich sehe zu ihm auf. Meine Lippen beben. Und schließlich…halte ich es nicht mehr aus. Ich lehne meinen Kopf gegen seine Brust. Ich spüre wie er mir behutsam den Kopf streichelt. Das sollte mir unangenehm sein, doch das ist es nicht. Viel mehr drücke ich mich noch ein bisschen mehr an ihn und lasse meine Tränen laufen. Scheiße verdammt, das war einfach zu viel in letzter Zeit!

„Lass uns in Kats Zimmer gehen.“, schlägt er dann vor und ich nicke. Meine Tränen wische ich mir mit meinem Ärmel ab und gehe voran, gefolgt von Cole in Kats Zimmer.

Wir schließen die Tür hinter uns und setzen uns aufs Bett. Cole hält mich noch eine Weile im Arm, bis ich mich etwas beruhigt habe und danach…. schweigen wir uns an. Kein Wunder, wo soll man bei so einem Thema auch anfangen?

Und, will ich die ganze Wahrheit überhaupt wissen? Irgendwie habe ich Angst davor und auf der anderen Seite…

Nach einer Weile ergreift er das Wort, nachdem er sicher gestellt hat, das ich wieder halbwegs aufnahmefähig bin.

„Also Joe, ich hab dir ja versprochen, das ich dir alles erkläre. Zunächst einmal möchte ich mich entschuldigen, das ich so spät war. Es ist leider etwas dazwischen gekommen. Es hatte etwas mit meinem Job zu tun. Kurzfristig hat sich noch ein Kunde gemeldet, den Termin musste ich wahrnehmen. Und ich muss dich bitten, alles was du jetzt hörst für dich zu behalten. Mein Job verlangt größte Diskretion. “, fängt er an. Ich habe schon so eine Ahnung, wie er das meint und nicke. Wem sollte ich es auch verraten? Schließlich kann ich nicht mal sprechen und selbst wenn ich es könnte, hätte ich nichts davon.

„Also, ich arbeite bei einem Begleitservice für Männer und Frauen. In diesem ist es möglich sowohl Männer, als auch Frauen als Begleitung zu mieten. Dabei entscheidet jeder Angestellte selbst, welchem Geschlecht er sich anbietet… Es gibt auch jene, die beide Geschlechter begleiten.“, er zögert einen Moment. Ich sehe ihn an, öffne den Mund und schließe ihn wieder. Dann gehört er also zu denen, die beide begleiten. Das würde auch die Situation im Treppenhaus erklären. Also, ist er bi?

„Gestern hast du mich bei meinem Job gesehen. Ich werde sowohl von Frauen, als auch von Männern gebucht. Meist sind es gut betuchte Geschäftsleute, aber auch „normal bürgerliche“ Leute sind dabei. Das Angebot der Begleitagentur, geht von kleineren Jobs, bin hin zu größeren Aufträgen. Die kleineren Jobs nehmen oft eher die normal bürgerlichen Leute in Anspruch, die meist Treuetests beinhalten. Die anderen Jobs gehen von Essen gehen bis hin zur Begleitung auf einer größeren Veranstaltung. Viele Leute wollen sich einfach nur mit jemandem schmücken, aber es kommt auch nicht selten vor, das sie jemanden auch für die Nacht mit buchen…quasi als zusätzlichen Gaumenschmaus. So hat es ein Kunde mal betitelt. “, klärt er mich auf. Auch, wenn er es eher umschreibt weiß ich genau das der Sex mit Kunden keineswegs ausgeschlossen ist.

Mit jedem seiner Worte, gefällt mir weniger was ich höre. Was aber geht mich das schon an? Im Grunde nichts, oder? Und trotzdem…

Ich spüre, wie meine Kehle sich immer mehr zusammenzieht. Mir die Luft wieder abschnürt. Komisch, sonst passiert das nur unter der Dusche. Aus Reflex streiche ich wieder über meinen Hals. Und mein Herz…es schmerzt.

Cole seufzt, bleibt aber ernst. In seinem Blick ist eine gewisse Wehmut zu erkennen.

„Da ich in diesem Job arbeite, ist jeder Versuch eine feste Beziehung zu führen gescheitert…ich kann es auch niemandem verübeln. Wer will schon mit jemandem zusammen sein, der in gewisser Maßen nie treu sein kann?“, erklärt er mir weiter.

So sehr ich es auch ignorieren möchte, mir würde es genauso gehen. Auch, wenn es mir das Herz bricht. Scheiße!

Nur…wie kam es eigentlich dazu? Jetzt würde ich gerne wissen, wie er überhaupt zu diesem Job kam.

Ich nehme meine Tafel und schreibe eine Frage auf. Er muss erst einmal durchatmen.

Erst sieht er zu mir, dann starrt er an der Tür.

„Nun ja. Dazu musst du wissen, dass meine Eltern sehr früh gestorben sind. Danach habe ich eine Weile bei einem Freund meiner Eltern, und dessen Frau gelebt. Doch seine Frau konnte mich nicht ausstehen. Sie hat Wahnvorstellungen entwickelt, das ihr Mann etwas mit mir anfangen könnte und hat angefangen mich zu misshandeln. Ich wurde fast täglich geschlagen zur Strafe für meinen Ungehorsam in die Besenkammer eingesperrt. Ich bin dann auch nicht mehr in die Schule gegangen, weil ich mich für die ganzen blauen Flecken immer geschämt habe. Irgendwann hat ihr Mann das bemerkt und mich zu meinem Schutz ins Kinderheim gegeben, wo ich einige Jahre verbracht habe. Auch dort waren die Umstände nicht unbedingt die Besten und bin auch von dort aus nur unregelmäßig zur Schule gegangen.“, er streicht sich eine Strähne aus dem Gesicht. Sein Blick wird für einen Moment starr, ehe er sich wieder lichtet und mich ansieht. „ Mit 16 bin ich dann abgehauen, habe eine Weile auf der Straße gelebt und da ich die Schule nie beendet habe, und daher keinen Abschluss habe, habe ich auch nie eine Ausbildung begonnen, habe mich auf die falschen Leute eingelassen, geraucht und getrunken und habe angefangen… meinen Körper für Geld zu verkaufen bis ich 18 war, dafür habe ich zumindest hin und wieder einen warmen Platz zum Schlafen gehabt, bis mich jemand auf der Straße angesprochen hat, ob ich nicht modeln möchte, weil ihm mein Aussehen gefiel. Unter den Kunden war auch ein Freund des Agenturchefs der Begleitagentur, der mich ihm dann vorgestellt hat. So kam es, das ich dort angefangen habe….“, er unterbricht kurz, um sich noch einmal zu sammeln. „Tja, es mag nicht der Traumjob sein, aber seit dem habe ich wieder ein halbwegs geregeltes Leben und ein Dach über dem Kopf. Ich muss nicht mehr unter Brücken schlafen und auch nicht mehr hungern, wenngleich ich auch immer noch meinen Körper verkaufe. Zusätzlich stehe ich noch 2 Tage die Woche hinter einer Bar, um noch etwas sparen zu können, da mein Gehalt sich immer nach meinen Aufträgen richtet. So sieht es aus…“

Ich muss erst einmal schlucken, denn auch wenn er auf den ersten Blick, wie ein dreister Idiot wirkt, so kommt mir sein Schicksal noch um ein vielfaches schlimmer vor, als das Meine. Im Gegenteil, ich komme mir sogar eher lächerlich vor mit meinen Problemen.

Für ihn war es sicher eine große Überwindung mir das Alles zu erzählen. Das zeugt von Mut. Und trotzdem weiß ich nicht wie ich mit der Situation umgehen soll.

Ich schätze seinen Mut aber…Was erwartet er von mir?

Mit einem fragenden Blick sehe ich ihn an. Er antwortet.

„Joe, ich kann es verstehen, wenn dich mein Job erst mal abschreckt…dennoch würde ich dich gerne noch näher kennenlernen.“, er nimmt meine Hand und streichelt mit dem Daumen über meinen Handrücken und seinen Augen Fixieren mich, bitten mich inständig. Nur diese kleine Berührung jagt mir einen Schauer durch den Körper.

Ich sehe von unseren Händen zu ihm auf, direkt in seine Augen in denen ich mich spiegle.

Was passiert, wenn ich mich auf ihn einlasse? Das Risiko, dass er mich wegen eines Jobs versetzen muss wird immer bleiben. Wenn ich ihn brauche…wird er nie einfach abrufbar sein. Er ist oft lange weg, wird niemals treu sein, auch wenn das an seinem Beruf liegt und es nicht seine Schuld ist. Ich weiß nicht, ob ich damit auf Dauer umgehen kann.

Cole sieht mich ernüchtert an. „Schon okay, ich verstehe deine Zweifel. Du musst dich auch nicht gleich entscheiden. Lass dir ruhig Zeit darüber nach zu denken. Sag mir einfach Bescheid wenn du so weit bist.“, antwortet er mir. Langsam lässt er meine Hand los und ist im Begriff auf zu stehen. Mit jedem Millimeter den er sich mehr von mir löst, steigt in mir das Gefühl immer mehr, ihn unbedingt fest halten zu wollen.

Tief in mir spüre ich einen Schmerz…nein….ich will das nicht! Warum nur, muss das so sein?

Er ist bereits aufgestanden und ich sehe zu ihm auf, folge jeder seiner Bewegungen. So wie es aussieht will er gehen.

„Keine Sorge, ich werde dir nicht böse sein, wenn du dich gegen mich entscheidest.“, gibt er mir lächelnd zu verstehen. „…das war auch eine Menge Information mit der ich dich da überrannt habe. Ich schätze, es ist besser, wenn ich dich erst mal in Ruhe lasse, damit du das Alles erst mal sacken lassen kannst.“, entscheidet er, ohne mich zu fragen ob das für mich in Ordnung ist. Er lässt das also einfach so im Raum stehen. Und was ist, wenn ich will, das er…vielleicht doch bleibt? Ich weiß, das klingt verrückt. Bis vor kurzem hätte ich noch gedacht….das er aus meinem Leben verschwinden soll. Bis heute Morgen habe ich sogar noch darüber nachgedacht ihm abzusagen, habe es aber nicht getan. Und jetzt? Und jetzt?

Mein Körper setzt sich ganz von allein in Bewegung und meine Hand greift nach seinem Arm, um ihn auf zu halten. Verblüfft sieht er zu mir runter. Ich beiße mir auf die Unterlippe für das was ich hier gerade tue. Cole braucht einen Moment um sich aus der Verwirrung zu lösen, grinst dann aber verheißungsvoll. „Soll das etwa, ein spontanes -Ja- sein?“, will er wissen und überrumpelt mich damit komplett. Äh…, als ich mir klar darüber werde, was ich tue, lasse ich ihn los. Heftig schüttle ich den Kopf, versuche mich zu erklären. Meine Lippen bewegen sich und formen Worte. Verdammt noch mal, es hat einfach keinen Sinn! Da kommt einfach nichts raus, so sehr ich es auch versuche. Wie ärgerlich!

Dennoch, so sehr ich mich auch über mein Defizit ärgere, scheint Cole das gar nicht zu interessieren. Stattdessen fängt er an zu kichern, hält sich dabei die Hand vor den Mund. Ich funkle ihn böse an. Der soll aufhören mich auszulachen! Das ist überhaupt nicht witzig, verdammt!

„Keine Sorge Joe, das ist nicht böse gemeint. Es ist einfach nur so unfassbar wie süß du bist.“. gibt er mir zu verstehen, was mich rot werden lässt. Mein Herz rast wie verrückt. Das geht doch nicht! Das darf nicht sein! Aber…

„Sag mal, darf ich dich mal küssen?“, will er plötzlich wissen, was mich erschrecken lässt. Ich trete einen Schritt zurück und fange an rum zu drucksen, schaue auf den Boden und knabbere mir auf der Unterlippe herum. Um ehrlich zu sein bin ich mir nicht sicher, ob mir das nicht doch ein bisschen zu schnell geht. Immerhin habe ich noch nicht mal wirklich in eine Beziehung eingestimmt.
 

Oh man Peter Pan käme jetzt wie gerufen! Der ist aber auch nie da, wenn man ihn braucht! Unzuverlässiger Kerl!- Schimpfe ich innerlich.

Das versprochene Date

Cole kommt mir etwas näher, ergreift vorsichtig meine Hände. „Du musst nichts übereilen. Wenn es okay für dich ist, lass uns demnächst mal auf ein Date gehen.“, erklärt er mir ruhig und macht tatsächlich keine Anstalten mehr zu tun. In Gedanken gehe ich seinen Vorschlag durch. Ist es wirklich okay mit ihm auszugehen? Wenn ich mich darauf einlasse...gehe ich ein hohes Risiko ein, verletzt zu werden. Aber vielleicht ist es das ja sogar wert. Was habe ich schon zu verlieren?

Mit einem Nicken stimme ich zu, versuche meine Zweifel in den Hintergrund zu stellen.

„Okay, also abgemacht. Schreib mir doch mal, oder klingle mich mal an, damit ich deine Nummer abspeichern kann. Dann melde ich mich bei dir, wenn ich weiß wann ich Zeit habe.“, schlägt er mir vor. Oh, stimmt ja, er hat meine Nummer ja immer noch nicht, weil ich ihm immer noch nicht geschrieben habe. Also löse ich mich von ihm, um mein Handy hervor zu holen. Kurz getippt und sein Handy gibt einen Laut von sich. „Und gespeichert! Vielen Dank für dein Vertrauen.“, er schaut auf seine Uhr und knurrt unzufrieden. „Du, tut mir leid, ich muss jetzt leider los, arbeiten. Verzeih!“

Was soll ich schon darauf antworten. Auch wenn es mir nicht passt, kann ich nur zusehen wie er geht. Also bleibt mir nur ein nicken übrig.

An der Tür sehen wir uns noch ein letztes Mal tief in die Augen, ehe er sich endgültig verabschiedet. Dieses Mal fällt es mir schwer, seine Hand los zu lassen, doch ich muss und bleibe allein zurück.

Als die Tür ins Schloss fällt, laufen mir unaufhaltsam die Tränen die Wange runter. Wird das ab jetzt jedes Mal so sein, wenn er geht?

.

.

Super, nun habe ich den Salat! Klar ich habe ihn mir selbst eingebrockt, trotzdem bin ich ja nicht allein schuldig daran! Cole trägt nämlich eine Mitschuld an allem. Nach dem wir uns ausgesprochen haben, oder er mir viel mehr seine Geschichte erzählt hat, habe ich angefangen andauernd auf mein Handy zu starren und werde jedes Mal ganz nervös, wenn es mir zu lange dauert, bis er auf meine Nachrichten antwortet. Natürlich weiß ich ganz genau, das er mir nur in seinen wenigen freien Momenten antworten kann, dennoch kann ich mich einfach nicht daran gewöhnen! Gesehen habe ich ihn seid dem auch nicht mehr, da er ständig Aufträge hat. Scheint gut gebucht zu sein. Sein letzter freier Tag war so weit ich weiß der, an dem er mich zum Arzt begleitet hat. Das ist jetzt bald zwei Wochen her. Zwar habe ich nicht damit gerechnet, dass wir gleich am nächsten Tag unser Date haben würden, aber damit, dass es so lange dauert, habe ich nicht gedacht. Das beunruhigt mich und mein Herz droht zu zerspringen. Wenn ich nur sprechen könnte, dann könnten wir wenigstens mal in einer Pause telefonieren, doch was bringt es ihm, wenn ich ihm nicht mal antworten kann.
 

Ich beiße mir auf die Unterlippe. Eigentlich müsste ich mich jetzt auf den Unterricht, zu dem mich Kat geschliffen hat, konzentrieren. Sie war nämlich der Meinung, das mich das ablenken würde, jetzt wo mein Auge wieder abgeheilt ist, aber es fällt mir schwer. Statt richtig mit zu machen starre ich aus dem Fenster und betrachte das deprimierende Regenwetter. Außerdem habe ich noch immer die Befürchtung, dass meine Mutter und ihr Macker mich an der Schule abfangen könnten, um mich Ausreißer, nach Hause abzuführen. Aber bisher ist noch nichts passiert. Keine Ahnung, ob das gut oder schlecht ist. Wenn es raus gekommen wäre, hätte ich sicher längst auch ein Gespräch mit der Schulleitung gehabt oder?

Jedenfalls hoffe ich, das ich noch ein bisschen bei Kat bleiben kann. Sie wird mich sicher nicht ewig bewirten können. Wenn ich wenigstens etwas beisteuern könnte…für einen Schülerjob bräuchte ich sicher die Erlaubnis meiner Eltern. Die kann ich aber nicht fragen. Verzwickt…Warum muss nur alles so kompliziert sein?
 

Die nächsten Stunden sind zum Einschlafen langweilig. In Deutsch schauen wir nur einen langweiligen Film und in Englisch haben wir eine noch langweiligere Freistunde, weil der Lehrer, aufgrund einer Klausur, wo anders Vertretung machen muss. Und weil wir die älteren sind, sollen wir in Arbeitsgruppen Aufgaben bearbeiten, die wir dann im Nachgang alle zusammen besprechen sollen, wenn der Lehrer wieder da ist. Da mit mir kaum einer freiwillig zusammenarbeiten will, weil ich ja nichts ernsthaftes beitragen kann, so der Wortlaut meiner unfreundlichen Mitschüler, bleibe ich allein zurück an meinem Sitzplatz und löse die Aufgaben alleine für mich. Das ist mir, um ehrlich zu sein, auch ganz recht. So muss ich mir wenigstens keine Jammerei anhören über die Luxusproblemchen der Anderen. So bleiben meine Gedanken also an Cole hängen, der sich heute den ganzen Tag noch nicht gemeldet hat.
 

Am Ende des Schultages, als sich die meisten anderen sich bereits verdünnisiert haben, erreicht mich eine Nachricht von Cole.

~Hey Süßer, ich warte am Schultor auf dich. Oh und keine Sorge ich habe dich nicht ausspioniert. Kat hat mir die Adresse gegeben. ;- )~, lese ich und lasse fast das Handy fallen, aber eben nur fast, ich kann mich gerade noch bremsen, beschleunige aber beim Einpacken meiner Sachen.

Irgendwie kann ich es kaum erwarten hier weg zu kommen. Normalerweise ziehe ich das so lange wie möglich in die Länge, um nur nicht nach Hause gehen zu müssen. Entweder zu meiner Mutter, oder aber zu Kat, wenn ich mit Lara allein wäre. Mit denen…das kann ja keiner ertragen!

Ich ziehe die Kapuze meiner Swet-Shirt-Jacke tief in mein Gesicht und schließe den Reißverschluss bis ganz nach oben. Ich verfluche mich dafür, dass ich keinen Regenschirm mitgenommen habe. Was auch immer Cole vorhat, ich werde nicht trocken ankommen. Scheiß Regen!

In der Nähe vom Schultor sehe ich ihn tatsächlich stehen, der mir die eine Hand zu Gruß hebt, in der anderen hält er einen großen Regenschirm. Insgeheim starre ich in alle Richtungen, um zu schauen, ob wir auch nicht zu auffällig sind. Ein bisschen unangenehm wäre es mir schon, wenn ich demnächst zum Mittelpunkt der Schule mutieren würde. Ganz zu schweigen davon was passiert, wenn jemand heraus findet, als was Cole arbeitet. Auch wenn ich ihn noch nicht gegoogelt habe, bin ich mir ziemlich sicher, das seine Agentur auch im Internet vertreten ist. Doch ich habe beschlossen, dort nicht weiter nach zu forschen. Sonst käme ich mir wirklich noch vor wie ein Stalker. Manchmal ist es vielleicht auch besser nicht alles zu wissen. Das wir so ziemlich keine Aufmerksamkeit erregen, ist wohl dem Mistwetter zu verdanken.

Als ich bei ihm ankomme lächelt er mich an und begrüßt mich freundlich mit einer herzlichen Umarmung. Diese lässt mein Herz gleich höher schlagen. Sicher bin ich auch rot im Gesicht, wie peinlich!

„Entschuldige, das ich dich so überrumple. Mein Chef meinte das ich mir mal etwas frei verdient habe, weil ich den letzte Zeit so viel gearbeitet habe. Da dachte ich, dass ich dich von der Schule abhole. Schließlich habe ich dir ja noch ein Date versprochen.“. erklärt er mir. Im ersten Moment muss ich erst mal schlucken. Wenn er so viel gearbeitet hat, hat er bestimmt auch viel…nein verdammt! Ich muss das runter schlucken und darf nicht zu viel darüber nachdenken! Sonst werde ich verrückt!

Er nimmt wie selbstverständlich meine Hand und führt mich von diesem Ort weg. Gleichzeitig hält er den großen Regenschirm, über uns beide. Meine Hand erwidert den Druck ganz einfach. Das fühlt sich überraschend gut an. Ist das, das gleiche Gefühl, das man hat, wenn man fest mit jemanden zusammen ist? „Du, ich hab vorhin noch ein bisschen eingekauft und würde dich gerne zu mir nach Hause einladen. Da würde ich dich dann bekochen. Es ist sehr eng dort, hab nur eine kleine eineinhalb Zimmer Wohnung, aber wenn dir das nichts ausmacht…“, erklärt er mir. Eine enge Wohnung also…dann sind wir uns sicher die ganze Zeit sehr nah…oh je. Wie war das noch? Man soll nicht einfach mit Fremden mitgehen? Das wird einem doch schon in frühester Kindheit und Jugend beigebracht. Da muss ich zugeben, bin ich sehr ungehorsam.

Ohne ihn anzusehen nicke ich. Das wäre das aller erste Mal, dass wir in einer mir fremden Umgebung alleine sind. Meine Lippen pressen sich vor Aufregung fest auf einander.

„Da bin ich aber beruhigt. Ich freue mich schon.“, antwortet er.
 

Mit dem Bus ist es nicht weit. Wir fahren etwa zehn Minuten, danach noch ein kleiner Fußmarsch. Dann stehen wir vor einem Mehrfamilienkomplex in Stadtnähe. Das Haus sieht ziemlich alt aus. Es hat sicher schon einige Jahrzehnte hinter sich und ist ein mehrstöckiges Gebäude mit einem kleinen, sehr alten Fahrstuhl. Na immer hin. Cole wohnt im zweiten Stock. Wir nehmen die Treppen, die ziemlich quietschen und knarzen. Den Fahrstuhl meint er, empfiehlt er mir nicht. Ich weiß nicht, ob ich wirklich wissen möchte warum.

Oben angekommen schließt er seine Wohnungstüre auf, die das Einzige zu sein scheint, was in diesem Treppenhaus nicht quietscht, oder knarzt.

„Komm herein. Fühle dich wie zu Hause.“, fordert er mich freundlich auf. Drinnen ist es erstaunlich sauber und aufgeräumt. Da sieht man mal wieder. Der äußere Schein kann trügen. Der Dielenboden des kleinen Flurs glänzt, Schuhe und Jacken bestücken ordentlich aufgereiht die platzsparende Garderobe, an der Cole seine Sachen ablegt . Rechts daneben ist eine Tür auf der Badezimmer steht. Direkt daneben ist noch eine weitere, die aber verschlossen ist. Links neben der Haustür sind zwei offene Türen, ganz vorne eine kleine Quadratische Küche, mit einem kleinen Küchen- Klapptisch und zwei passenden Klapp- Stühlen, die an der Wand hängen. Praktisch eingerichtet würde ich sagen. So das man sich bewegen kann, aber auch hinsetzen, um zu essen. Sie ist hellbraun gefliest mit beigen, älteren, aber gepflegten Küchenmöbeln. Alles ist penibel eingeräumt und sieht einladend aus, so wie auch der Nebenraum, der klein aber ordentlich und sauber ist. An der Wand steht ein beiges, ausklappbares Sofa, ein Tisch und eine in die Jahre gekommene Wandschranklandschaft mit einem Fernseher. Neben her stehen noch kleinere Sachen, wie Deko, DVDs, CDs, Bücher und so weiter. Und er scheint ein Freund von Orchideen zu sein. Die stehen neben der Balkontür, der Fensterfront, die von schwarzen und lilanen Vorhängen gerahmt werden. Diese hängen an einer silberglänzenden Stange, deren Enden detailverliebte Totenköpfe zieren. Insgesamt ist die Wohnung wie auch seine Kleidung in einem eher dunklen Ton gehalten. Passend wie ich finde.

„Gefällt es dir hier? Vieles ist ein bisschen veraltet, aber es erfüllt seinen Dienst.“, erklärt er. Ich nicke. „Magst du Nadelhackauflauf mit selbstgemachter Tomatensauce?“, fragt er. Aber ja doch! Ich liebe selbstgemachte Tomatensauce! Schmeckt doch viel besser, als dieses Tütenzeug, das meine Mutter immer macht. Die gibt sich bei so was nämlich kein bisschen mühe. Bei ihr würde es eher Brokkoliauflauf geben. Bäh!

Ich lächle ihn an. Aus meiner Tasche, hole ich meine Tafel auf der ich etwas schreibe. ~Klingt lecker, ich helfe dir auch!~, das gebietet die Höflichkeit.

Das scheint Cole zu gefallen, denn er grinst zufrieden. „Das ist sehr lieb von dir. So, jetzt leg aber erst mal deine Sachen ab. Ich hab auch Hausschuhe da, falls es dir sockfuß zu unangenehm ist. Du kannst alles an der Garderobe ablegen.“, klärt er mich auf und so tue ich es auch. Die Hausschuhe, die er mir angeboten hat, sind etwas zu groß, was mich aber nicht weiter stört.

Als erstes bietet er mir etwas zu trinken an. Gemeinsam setzen wir uns mit einem Tee aufs Sofa. Der tut ganz gut bei diesem erbärmlichen Wetter.

Cole lehnt sich entspannt zurück. Ich sehe, wie jegliche Anspannung aus seinem Körper weicht. Ich nehme wahr, das ich ihn so tatsächlich noch nie gesehen habe, nicht mal bei Kat. Wenn man ihn sonst sieht ist er immer top gepflegt und gestylt und erlaubt sich niemals unentspannte Aussetzer, keine Spur von schlechter Laune. Abgesehen von ein, zwei kleinen Dreistigkeiten, ist er immer höflich und zugewandt. Das sind sicher die Folgen seines Jobs. Nur zu Hause scheint er sich fallen lassen zu können. Wenn ich es recht verstanden habe, scheint er auch nur sehr selten mal einen freien Tag zu haben. Sein Job verlangt ihm sicher extrem viel Disziplin ab. Wie auch sonst kann man das auf die Dauer durchstehen?

Innerlich muss ich darüber den Kopf schütteln. Nein verdammt! Ich tue es schon wieder! Cole setzt sich nach einer Weile wieder aufrecht hin und greift nach seinem Tee. „So ein Tee tut echt gut bei so einem Wetter oder? Obwohl es nicht kalt ist, ist es durch den Regen sehr ungemütlich.“, stellt er fest. Da kann ich ihm nur zustimmen. Daher tue ich es ihm gleich und nehme meinen ebenso, wage einen Schluck zu versuchen. Er ist bereits trinkbar und schmeckt echt gut. Eine Früchtemischung.

„Scheint dir zu schmecken.“

Mein Blick dreht sich in seine Richtung. ~Ja, sehr.~, ich lächle. „Wollen wir dann gleich mit dem Kochen anfangen, wenn wir mit dem Tee fertig sind?“, will er wissen. Gerne. Ich habe auch schon Appetit., schreibe ich auf meine Tafel. Ja in der Tat, sein Vorschlag mit dem Auflauf klingt tatsächlich sehr vielversprechend. Es ist fast so, als sei meine ganze anfängliche Skepsis wie weggeblasen.

„Gut, dann legen wir mal los.“, gibt er mir zu verstehen, als wir fertig sind.
 

So legen wir los. Cole füllt schon mal das Wasser für die Nudeln in einem Topf und stellt den Herd an. Und lässt das Hackfleisch brutzeln. Dann machen wir uns gemeinsam ans Schnippeln. Zwiebeln, Lauch, Tomaten, frische Basilikum-blätter, Petersilie. Allein durch Petersilie und Basilikum, die er aus seinem Hauseigenen Kräutergarten gezupft hat duftet es lecker. Aus Tomatenmark, passierten Tomaten, Wasser und weiteren Gewürzen mischt er eine Sauce zusammen, das Gehackte kommt dazu. Ich rühre alles gut durch, während er die Nudeln abkippt und den Backofen anstellt. Ich kippe die Sauce zum gebratenen Hackfleisch und lasse alles zusammen köcheln. Die Nudeln werden in eine Auflaufform gegeben, anschließend lässt er mich die Sauce über die Nudeln schöpfen bis sie alles reichlich bedecken. Dann kommt das Beste! Der Käse, der nachher eine leckere Kruste bilden wird. Mir läuft bereits das Wasser im Munde zusammen. Ich kann es kaum erwarten bis es fertig ist. Leider muss der Ofen noch sein Übriges tun, ehe wir den Auflauf verzehren können. Cole stellt ihn in den Ofen. So zehn bis fünfzehn Minuten dauert es noch, mein er.

„Das sieht jetzt schon sehr gut aus.“

Ich nicke. Mein Gastgeber wendet seinen Blick auf die Schränke über uns. „Nicht erschrecken.“, warnt er mich. Seine Hand greift über mich hinweg. Dabei kommt sein Körper, dem meinem so nahe, das dieser den meinen berührt. Die Stelle kribbelt ein bisschen. Er öffnet den Schrank und holt schon Teller heraus, die er an die Seite stellt.

Dann fangen wir an schon mal auf zu räumen, damit wir nachher nicht so viel Abwasch haben. In dieser Zeit backt der Auflauf vor sich hin und entwickelt eine wohlig duftende, goldgelbe Käsekruste.
 

Kurz darauf sind Esstisch und Stühle ausgeklappt und wir sitzen gemütlich zusammen beim Essen. Cole hat sogar ein Teelicht angezündet. Das macht es fast ein bisschen romantisch. Ehrlich, da staune ich nicht schlecht. Ich gebe ihm zu verstehen, das mir das essen sehr gut schmeckt. Schon toll was man mit einfach Lebensmitteln alles machen kann. Das macht Spaß! Ja, es ist wirklich schön mit ihm! Mein Gastgeber erzählt mir, das er gern öfter kochen würde, weil es ihm Spaß macht, aber nur für sich allein, lohne es sich nicht. Ein weiterer Punkt sei auch, das er eben auch oft auswärts isst. Auch wenn er nicht näher auf den Punkt eingeht, weiß ich genau worum es geht.

Was das für eine Konsequenz auch für uns haben könnte, wird mir auch immer mehr bewusst. Falls es denn ein „uns“ wirklich geben kann. Wie jedes Mal schlucke ich es herunter.

Unausgesprochene Realität

Nach dem Essen machen wir es uns wieder auf dem Sofa bequem. Ich muss zugeben, das hat er wirklich gut ausgesucht. Wenn man so darauf sitzt versinkt man fast darin. So sehr, dass man Gefahr läuft darauf einzuschlafen. Genau richtig, wenn man so gut gegessen hat. Mir ist bewusst, dass man sich da eher ein bisschen bewegen sollte, aber schlafen tut auch gut. So ein bequemes Möbelstück hat in meinem „ zu Hause“, bei meinen „Eltern“, noch keinen Platz gefunden. Meine Mutter mag es da eher steril, am liebsten einfach zu reinigen. Heimelig kann man das wohl kaum nennen, eher praktisch.

Cole, scheint das anders zu sehen, auch wenn seine Wohnung nicht unbedingt voll gestellt ist, ist es wenigstens gemütlich.

Aber…was jetzt? Normalerweise sollte man sich bei einem Date doch ein wenig austauschen oder? Nur schwer, da unsere Kommunikation ja auf ein Minimum beschränkt ist. Trotzdem sieht Cole nicht unzufrieden aus. Ich muss aber ehrlich zugeben, dass ich gerne mehr mit ihm reden würde. „Du siehst so nachdenklich aus, bedrückt dich etwas?“, will er wissen.

Ich würde gern nein sagen, aber das wäre eine Lüge. Ja, kann ich aber auch nicht sagen, denn ich will ihn nicht belasten. Was soll ich also tun?

Ich wage es nicht ihn anzuschauen, presse stattdessen meine Lippen auf einander. Mensch Joe, was du hier veranstaltest ist doch mehr als nur verdächtig.

Plötzlich spüre ich Coles Hand auf meiner Schulter. Sie zieht mich näher an seine Seite, so nah, bis ich seinen Körper eng an mir spüren kann. Er hält mich fest im Arm, was mich völlig durcheinander bringt. Meine Hand legt sich automatisch an seiner Brust ab. Ein Kribbeln, ein wahnsinniges Kribbeln erfüllt meinen Körper sofort. Mein Gott, sicher bin ich schon wieder rot, wie ein verliebtes Mädchen. So bin ich doch sonst nicht!

Cole grinst auf mich herab, „So einer bist du also! Du schluckst alles runter was dich bedrückt. Oh, versuch gar nicht erst es zu leugnen! Ich sehe es dir an der Nasenspitze an!“, offenbart er mir. Verflixt und zu genäht! Normalerweise ist Kat die Einzige, die so gut in mir lesen kann. Für Cole ist das auch kein Problem, so wie es aussieht. Das hat er mir ja bereits bewiesen. Aber wieso muss er mir das auch noch so auf die Nase binden?

„Joe weißt du, es ehrt dich, das du die Menschen in deiner näheren Umgebung nicht belasten willst, aber wenn es dir nicht gut geht oder dich etwas bedrückt, kann es sehr entlastend sein, wenn du darüber redest. Und anderen würde es dann auch leichter fallen dich zu verstehen.“, gibt er mir zu verstehen. Ich muss zugeben, dass er recht hat, allerdings bin ich nicht der Einzige, der nicht über alles redet. Cole wird es auch nicht tun, vor allem nicht, wenn es seinen Job betrifft. Aus diesem Grund kann ich auch nicht mit ihm darüber reden. Sicher hat er schon genug Dinge die ihn diesbezüglich belasten.

„Joe?“, fragt er nochmals. Ich schüttle den Kopf, um ihm zu versichern, dass ich nicht darüber reden werde, wenn gleich mein Gesicht auch ein mieser Verräter ist. Das nutzt er schamlos und irgendwie auch… charmant aus.

Er kommt mir näher und sieht mir tief in die Augen. „Wenn du es mir nicht verrätst muss ich dich küssen!“, gibt er zu Protokoll. Das ist schon das zweite Mal das er mir mit einem Kuss droht. Dieser Mann ist eindeutig ein Sadist…ob er sich dessen bewusst ist, was er damit in mir auslöst? Wenn er so weiter macht…werde ich irgendwann nicht mehr ich selbst sein. Unweigerlich durchbricht er meine schützende Mauer…Das ist einfach nicht fair!

Ich werde mein Herz an ihn verlieren und verletzt werden! Aber…

Mein Herz pocht so unglaublich laut in meiner Brust, das ich Angst habe, er könnte es hören. Inständig weigere ich mich auch weiterhin ihm etwas zu verraten.

Seine Stirn legt sich sanft gegen meine.

„Okay, dann lebe mit der Konsequenz.“

Ich nicke verhalten, da ich nicht im Stande bin mich zu wehren, oder es viel mehr auch gar nicht will.

Auch wenn es höchst selbst zerstörerisch ist, fühle ich mich zu einem Mann hingezogen, der niemals ganz allein Mein sein wird.

Unsere Lippen berühren sich. Er drückt mich noch fester an sich. Schließlich zieht er mich auf seinen Schoß und legt eine Hand an meine Hüfte. Schauer für Schauer jagt durch meinen Körper bei jeder Berührung. Das fühlt sich so verboten gut an, das ich beinahe alles vergesse. In was für einer Situation wir uns eigentlich befinden und wie verletzt ich sein werde, wenn wir uns wieder trennen. Für diesen einen Moment ist einfach alles total normal…doch das währt nicht lange… Plötzlich klingelt sein Handy mich in die Realität zurück. Cole seufzt tief in den Kuss, ehe er ihn beendet. „Tut mir leid, da muss ich ran gehen.“, entschuldigt er sich. Ich lasse ihn machen. Meine Enttäuschung verstecke ich. Wärend er telefoniert, lässt er mich weiter auf seinem Schoß sitzen und hält einen Arm locker um mich gelegt. Dabei bestaune ich gleichzeitig, wie schnell er von dem einen auf den anderen Moment, einfach so umswitchen kann. Sein Gesichtsausdruck und seine Stimmlage verändern sich total, wenn es um seinen Job geht. Man kann ihm deutlich ansehen, wie sehr ihn sein Job geprägt hat. „Hier Cole. Ja, morgen um 17 Uhr…bleibt der Termin um 12? Okay, ja bis dann.“, als er sein Handy weggelegt hat, widmet er sich wieder mir. „Das war mein Chef…“, ich nicke. Sicher ging es wieder um seine Termine mit seinen „Kunden.“

Mein Gefühl sagt mir, das es vielleicht sogar besser ist zu gehen, aber ich traue mich nicht etwas zu sagen. Aus Angst, es könnte ihn verletzten. Ausgerechnet jetzt, wo ich gemerkt habe, wie gern ich ihn habe. Dabei wusste ich doch, das das ein Fehler ist… Aus diesem Grund kann ich ihm auch gerade jetzt, nicht ins Gesicht schauen. Wie soll das nur gut gehen? Cole führt seine Hand unter mein Kinn und zieht mein Gesicht zu sich rüber. So, dass ich ihn ansehen muss. „Joe? Du musst wirklich nichts vor mir verbergen…ich kann damit umgehen…“, will er mir begreiflich machen. Seine andere Hand, liegt noch immer an meiner Hüfte, die versucht mich auf seinem Schoß zu halten. Meine Fingerspitzen vergraben sich in meiner Hose. Ich brauche einen Moment, aber kann nicht anders. Meine Fingerspitzen lösen sich von meiner Hose und meine flachen Handflächen drücken sich gegen seine Brust. Mein Körper setzt sich in Bewegung. Ich stehe auf. „Joe?“

Vor ihm bleibe ich stehen und sehe ihn an. Ich forme Worte mit meinen Händen, in Gebärdensprache und mit meinen tonlosen Lippen.

Ich mag dich sehr, aber ich weiß nicht, wie ich damit umgehen soll. Was richtig und was falsch ist…

Obwohl ich mir ziemlich sicher bin, dass er die genaue Bedeutung meiner Gebärden nicht kennt, scheint er eine Ahnung zu haben, was ich ihm sagen möchte. Er greift nach meiner Hand.

„Weißt du Joe,…um ehrlich zu sein, ich bin mir auch nicht sicher, ob das, was hier gerade passiert richtig ist, ich bin mir im Grunde in gar nichts sicher! Nur in einem! Das ich dich sehr mag .“, erklärt er mir. Ich muss gestehen, seine Ausführungen machen es nicht unbedingt besser, aber…

„Deshalb, möchtest du trotz all dieser Dinge, die dagegen sprechen und obwohl es furchtbar egoistisch von mir ist, mit mir zusammen sein?“, fragt er mich jetzt ganz direkt. Was soll ich nur antworten? Er hat recht, das ist tatsächlich sehr egoistisch…Doch nicht nur er, auch ich bin nicht besser…

Ich beiße mir auf die Unterlippe, weiche einen Schritt zurück, so dass unsere Hände sich lösen.

Ich weiß nicht…, meine Lippen pressen sich unwillkürlich aufeinander.

Ich glaube, ich muss erst mal darüber nachdenken. Ja, ich bin mir wirklich unsicher, ob ich das wirklich kann…Sicher wird es mich verrückt machen…ich weiß nicht, ob ich das aushalte…und meine Unentschlossenheit, wird es auch nicht besser machen…Wenn ich jetzt schon zweifle, wie soll ich dann erst eine Beziehung mit ihm meistern?

Schweren Herzens schüttle ich den Kopf. Cole sieht mir direkt in die Augen. Ich kann erkennen, wie er für einen Moment droht die Fassung zu verlieren, ehe er sich wieder sammelt. Ein Seufzen.

Ich entscheide mich dafür, dass es besser ist zu gehen und mache kehrt, um meine Sachen zusammen zu suchen. Cole hält mich an der Hand fest, so dass ich stehen bleiben muss.

„ Es ist spät, ich bringe dich nach Hause.“, erklärt er mir. Dagegen wehre ich mich nicht und wir ziehen uns an.

Draußen, will es einfach nicht aufhören zu regnen. Daher spannt Cole wieder seinen großen Schirm über uns, um uns vor dem Regen zu schützen. Auffordernd streckt er seine Hand nach mir aus. Verständnislos sehe ich ihn an. Wieso…?

Cole lächelt. „Dieser Nachmittag mit dir war so schön…Nur noch dieses eine Mal ja?“

Seine Hand sieht so einladend aus, das ich sie schließlich nicht ablehnen kann.

Mir ist bewusst,…Sobald unsere Hände sich wieder lösen, wird diese kleine Geste zu einer warmen, sehnsuchtsvollen Erinnerung werden, die sich in mein Herz einbrennt…
 

Cole bringt mich zu Kat nach Hause. Setzt sich direkt vor der Haustür ab. Kat erwartet mich bereits, es ist schon kurz nach 20 Uhr.

„Joe, mein Lieber! Wie schön, dass du wieder zu Hause bist!“, freut sie sich und fällt mir überschwänglich in die Arme. Dabei sieht sie erwartungsvoll zu Cole rüber. „Lieb das du ihn nach Hause gebracht hast, möchtest du noch mit uns zu Abend essen? Hab gerade eine Pizza in den Ofen geschoben.“, bedankt sie sich, während sie mich fest an sich drückt, so dass ich beinahe keine Luft mehr bekomme. Die ganze Zeit über, sehe ich Cole nicht an.

„Das ist wirklich sehr lieb von dir Kat, aber ich muss jetzt nach Hause. Muss morgen wieder arbeiten. Pass gut auf Joe auf.“, erklärt er und verabschiedet sich noch. Mein Herz, schmerzt. Sobald sich die Tür schließt, lösen sich einige Tränen. Nun ist es an mir, mich an Kat zu drücken.

„Joe? Hey, was ist los? Wieso weinst du?“

Sie drückt mich leicht von sich und sieht mir in mein verheultes Gesicht. Gott ich komme vor wie ein verliebtes Mädchen in einem von Kats Romance- Manga, das gerade eine Abfuhr von seinem Schwarm bekommen hat. „Hat er dir etwas angetan?“, will sie sofort wissen. Ich schüttle den Kopf.

Meine Hände zeichnen einige Worte.

Kat.. Ich glaube ich habe mich verliebt und er hat mich gefragt, ob ich mit ihm zusammen sein möchte…

„Was? Wirklich? Aber das ist doch toll!“, freut sie sich. „Ich dachte mir schon, das ihr gut zusammen passt.“

Ich schüttle aber den Kopf.

Als ich ihr zu verstehen gebe, das ich ihm einen Korb gegeben habe, sieht sie mich zunächst ungläubig an.

„Waaas?“, ruft sie hysterisch, fährt dann aber wieder runter und seufzt, „Verstehe, es ist wegen seines Jobs oder?“, erkennt sie. Zunächst presse ich die Lippen fest zusammen, balle die Hände zu Fäusten und sehe leicht zur Seite. Kurz darauf sehe ich sie wieder an. Erneut beginne ich die Konversation, in dem ich mit meinen Händen gestikuliere. Diesmal ausdrucksstärker denn je.

Das kann niemals gut gehen…!, meine Lippen beben.

Beruhigend tätschelt meine beste Freundin mir den Kopf. „Hach Joe, ist nicht leicht,…oh man, dabei wollte ich doch nicht das du unglücklich wirst…!“, irritiert sehe ich sie an. Wie meint sie das?

„Na ist doch klar! Ich habe ihn doch eingeladen, hätte ich das nicht, wäre es nie so weit gekommen. Hab nicht richtig nachgedacht…immerhin wusste ich ja von seinem Job…und, das das natürlich ein Problem sein könnte…“

Jetzt macht sie sich auch noch Selbstvorwürfe. Deutlich schüttle ich den Kopf.

Nein! Es ist nicht deine Schuld! Ich hätte dir einfach was sagen sollen…, erkläre ich ihr. Ja, es ist nicht ihre Schuld. Es folgt Stille und dann…Du…, ich möchte nur noch duschen und ins Bett, wenn das okay ist., sie nickt zustimmend. „Ja, ist okay, aber iss trotzdem noch etwas Pizza mit mir. Essen hilft bei Liebeskummer! Vertrau mir.“, verspricht sie. Ich weiß nicht, was ich dazu sagen soll, „Keine Sorge, das meistern wir gemeinsam!“, sie lächelt milde und zieht mich mit sich in die Küche. Ich wehre mich kein bisschen. Das war schon immer so. Gegen sie hatte ich noch nie eine Chance. Sie hat mir immer das Gefühl vermittelt, das ich ihr grenzenlos vertrauen kann. Auch jetzt vertraue ich darauf, das sie recht hat. Also esse ich mit ihr zusammen die Pizza, obwohl ich bis eben absolut keinen Hunger hatte. Beim Essen bekomme ich dann schließlich erst Appetit und dann fängt der Magen an zu knurren, so dass ich rot werde. Wie peinlich. Kat fängt an zu lachen. „Oh Joe, du bist so süß, wenn du rot wirst!“, gibt sie mir zu verstehen. Empört sehe ich sie an. „Schon gut, schon gut, nicht böse werden. Die Pizza hat dir echt gut getan was?“, schlussfolgert sie. Für einen Moment sehe ich sie fragend an, bis ich es dann verstehe. Schließlich schaffe ich es sogar zu lächeln.
 

Unter der Dusche bin ich zunächst meinen Gedanken unterlegen und fange wieder an zu grüble, schüttle dann aber den Kopf und klatsche mir mit meinen Handflächen gegen die Wangen um die Gedanken zu vertreiben und bringe die Dusche so schnell wie möglich hinter mich. Anschließend geselle ich mich wieder zu meiner besten Freundin, die sich schon unter die Bettdecke gekuschelt hat und auf mich wartet. Es ist nur noch das Nachtlicht an. Sofort kuschle ich mich dazu. Schön warm ist es hier. Kat ist auch schön warm. Sie ist der Inbegriff für Sicherheit, wie eine große Schwester, die mich beschützt und vor Dummheiten bewahrt.

Wir liegen uns seitlich gegenüber.

Sie drückt meine Hand.

„Du Joe, bist du sicher, dass du es nicht versuchen willst?“

Sie sieht mich fragend an. Ich erwidere ihren Blick. Meine Lippen öffnen sich und schließen sich wieder.

Mit meiner freien Hand ziehe ich die Decke ganz hoch bis zu meiner Nasenspitze, so das nur meine Augen zu sehen sind. Ich will nicht, das sie sieht, wie meine Lippen anfangen zu beben. Verdammt, ich fühle mich so hilflos. Jetzt bin ich es der ihre Hand drückt, etwas zu fest. Mitfühlend und entschuldigend sieht sie ich an.

„Entschuldige Joe, das war taktlos von mir.“, entschuldigt sie sich. „Ich mag nur nicht, wenn du so leidest.“, gibt sie mir zu verstehen. Ich nicke und kuschle mich näher an sie. Sie streichelt beruhigend meinen Rücken. Mein Gesicht vergräbt sich an ihrer Brust und ich schließe die Augen. „Aber, egal wie du dich entscheidest, selbst wenn niemand mehr da ist, bleibe ich bei dir. Das verspreche ich, hörst du?“, erklärt sie mir, was mich dazu bringt, wieder zu ihr hoch zu sehen und zu nicken, gar nochmals zu lächeln. Manchmal ist sie wirklich süß, aber das sage ich ihr lieber nicht.

Sie hasst es süß genannt zu werden. Da sind wir uns schon ähnlich. Dem letzten Kerl, der es gewagt hat sie süß zu nennen, hat sie aus Reflex eine Ohrfeige verpasst. Ok der Typ war aber auch äußerst aufdringlich ihr gegenüber. Allerdings hat er da noch Glück gehabt…wenn er mich so angemacht hätte, hätte er vermutlich ihre Faust im Gesicht gehabt. Das ist durchaus schon passiert, wenn ich bedrängt wurde. Kat ist eine ganz schöne Powerfrau, wenn man das so sagen darf. Ich habe wirklich Glück so eine tolle, beste Freundin zu haben.

Bittere Erkenntnisse

Die Tage vergehen, ohne ein Lebenszeichen von ihm. Ich kann es ihm nicht verübeln. Nach der Abfuhr, die ich ihm erteilt habe. Er hat versucht es zu verbergen, aber seine Maske war nicht ganz wasserfest. Es soll nicht überheblich klingen…ich bin sicher, dass es ihn ins Herz getroffen hat, genau wie auch mich. Ich weiß, ich bin ein mieser Feigling, aber ich fühle mich hilflos. Ich habe Angst, das ich ihn nie wieder sehe, obwohl ich es mir selbst eingebrockt habe.

Das ist wirklich ein ganz schöner Schlamassel in den ich mich da rein manövriert habe.

Nach der Schule schlendere ich Gedanken verloren durch die Straßen. Es ist wieder einer dieser Tage an denen Lara, die mittlerweile wieder aus der Versenkung aufgetaucht ist, mit ihrer „Lerngruppe“ die Wohnung unsicher macht. Kat hat zwar vorher sicher gestellt, das dieser Brian, die Wohnung nicht mehr betritt, aber wohl fühle ich mich trotzdem nicht. Schon der Gedanke, das er vielleicht doch noch auftaucht lässt es mir eiskalt den Rücken runterlaufen. Hätte Cole mich nicht gerettet, hätte er sicher wer weiß was mit mir angestellt.

Ich beschließe mich auf eine Bank im Park zu setzten und auf den See zu starren auf dem einige Schwäne schwimmen, die jedes Jahr hier ausgesetzt werden.

Eigentlich sollte ich jetzt Hausaufgaben machen, aber ich sehe keinen Sinn darin. Wenn Kat nicht weiter so hartnäckig wäre, würde ich schwänzen.

Wenn ich doch endlich 18 wäre, wäre alles so viel einfacher. Und ich fürchte, das werde ich noch viele weitere Male wiederholen. Bestimmt nervt dieser Satz schon gewaltig oder? Na immerhin habe ich jetzt etwas über einen Monat geschafft.

Wenn es erst soweit sein wird, werde ich es bestimmt nicht glauben und mich erstmal an die Volljährigkeit gewöhnen müssen. Wie man es auch macht, man macht es verkehrt.

Ich stoße einen tiefen Seufzer aus und im nächsten Moment höre ich eine Vertraute Stimme hinter mir, die mein Herz höher schlagen lässt.

„Das ehrt mich, dass sie das so sehen, aber ich kann das wirklich nicht annehmen.“, sagt diese Stimme.

Zwischen mir und ihm ist ein Buschgestrüpp, so dass die Person, die ich gerade höre mich nicht sehen kann. Das ist wohl auch besser so für uns Beide. Ich reiße mich zusammen, um nicht plötzlich auf zustehen und los zu stürmen. Das würde ihn in seinem Job nur stören. Mir bleibt nichts anderes übrig, als dem Gespräch zu lauschen, oder aber mir die Ohren zu, zu halten.

„Cole, bist du sicher, dass du‘s dir nicht doch noch überlegen willst? Du würdest wirklich gut verdienen und könntest ein sorgenfreies Leben haben.“, höre ich die andere Stimme, die ich auch schon mal gehört habe. Der alte Kerl von neulich.

„Ich kann nur dankend ablehnen, ohne sie beleidigen zu wollen.“, erwidert er höflich wie immer.

„Hm, bist du sicher? Es muss doch schrecklich anstrengend sein sich ständig anderen Männern und Frauen hingeben zu müssen. Wenn du bei mir arbeitest, müsstest du das nie wieder tun. Du wärst einzig und allein nur noch für mich zuständig. Du gefällst mir wirklich gut.“

Dieser schmierige alte Sack!

Cole lacht charmant, als sei er geschmeichelt. Das muss er wohl tun, um seine Kunden nicht zu verärgern.

„Es schmeichelt mir, dass ich ihnen so sehr gefalle und das sie so sehr an mich denken…das ist wirklich sehr freundlich und ich weiß das zu schätzen. Trotzdem, lehne ich in aller Höflichkeit ab.“, erläutert er nochmal in aller Höflichkeit, ohne weiter in die Tiefe zu gehen.

„Haha, du bist wirklich geschickt darin, die richtigen Worte zu finden. Ich kann schon verstehen, dass du so begehrt bist. Schöne Männer wie dich, die gut im Bett und dazu noch so repräsentativ und Wortgewandt sind, sind sehr selten. Ich verstehe schon, unsere Verbindung wird sich wohl auch weiterhin auf diese Treffen durch die Agentur beschränken. Das ist wirklich zu schade.“, erläutert der Herr. Ich beiße mir auf die Unterlippe. Das Alles wollte ich nie hören. Spätestens als er gesagt hat, das Cole gut im Bett ist, wäre ich am liebsten davon gelaufen, oder wahlweise im Erdboden versunken. Das tut wirklich weh. Und warum suchen sie sich ausgerechnet diesen Park aus, wenn ich hier gerade vor mich hin sinniere? Mag sein, das das so etwas wie eine vorherbestimmte, schicksalhafte Folter ist, die mir sagen soll, das ich die falsche Entscheidung getroffen habe… trotzdem ist das echt gemein!

„Vielen Dank für ihr Verständnis.“, bedankt Cole sich.

„Ich habe zu Danken. Du warst gestern Abend wieder eine perfekte Begleitung und die Nacht mit dir war wieder ein sehr angenehmer Bonus.“, erzählt der Herr begeistert.

Meine Hände balle ich zu Fäusten und ich unterdrücke meine Tränen. Mir wird schlecht. Was ich noch weniger wissen wollte war, wie oft Cole mit anderen das Bett teilt! Außerdem wird mir klar, wie wenig ich im Grunde von diesem Mann, der vor kurzem noch mit mir zusammen sein wollte, weiß. Alles was er mir hinterlassen hat ist ein Kuss, der durch einen Anruf von seinem Chef unterbrochen wurde.

Trotzdem bleibe ich brav auf meiner Bank sitzen und halte still. Ich darf mich nicht beschweren, habe kein Recht jetzt zu weinen. Schließlich habe ich ihn doch abgelehnt.

„Okay, dann verabschiede ich mich mal. Ich habe in einer halben Stunde ein Meeting. Bis zum nächsten Mal Cole.“, verabschiedet sich der Mann, der sicher gleich wieder in dieses schicke Auto steigt.

„Ja, auf Wiedersehen.“, erwidert Cole.

Keine Ahnung wie lange ich hier ausharren muss, da ich ihn nicht sehen kann. Deshalb bleibe ich einfach noch eine Weile hier sitzen. Etwa eine halbe Stunde, dann bin ich sicher, das Cole weit genug entfernt sein könnte. Möglichst leise erhebe ich mich und schaue mich die Umgebung prüfend um. Er ist nicht zu sehen. Da habe ich wohl noch mal Glück gehabt. Immerhin hätte es sein können, das sie auf die Idee kämen sich hier auf diese Bank zu setzen, oder Cole hätte sich entschieden noch kurz ein Päuschen hier einzulegen. Tja, man muss ja auch mal Glück haben.

Als ich auf die Uhr meines Handy schaue ist es bereits spät. Schon so um die 18:30. So langsam sollte ich mal den Heimweg antreten. Auch wenn mich bei Kat nur diese blöde Kuh von Lara und ihre idiotischen Kumpels erwarten. Aber ich sollte nicht meckern. Immerhin hat Kat mich aufgenommen. Wer weiß wie lange das noch gut geht. Soweit ich weiß, darf auch Besuch nicht ewig in einer angemieteten Wohnung kampieren, ohne dass der Vermieter etwas davon weiß. Aus diesem Grund sollte ich mich schon mal Abflugbereit machen. Da sehe ich's schon kommen. Am Ende werde ich noch als Obdachloser enden.

Cole hat ja was ähnliches durchgemacht. Ha, da fällt mir ein, ich weiß ja doch etwas über ihn. Nur das seine Geschichte noch um einiges traumatischer ist.
 

Vor dem Haus in dem Kat wohnt bleibe ich erst einmal stehen und starre an die Haustür. Ich bin unentschlossen, ob ich überhaupt reingehen soll. Es könnte tatsächlich sein, das Laras Besuch immer noch da ist. Darauf habe ich so gar keine Lust. Die nerven einfach nur. Vielleicht gehe ich ja noch eine Runde auf den Spielplatz oder so und warte, bis Kat nach Feierabend nach Hause kommt. Das mit Lara ist nämlich echt kein Spaß. Ein stummes Seufzen verlässt meine Lippen. Meine Lippen pressen sich fest auf einander.
 

Gerade, als ich kehrt mache sehe ich einen Mann mit einem Handy am Ohr, den ich kenne und erstarre. Mein Stiefvater. Um Himmels Willen, was hat der hier nur zu suchen? In dieser Gegend habe ich ihn noch nie gesehen.

Genau das Gleiche scheint dieser Mann auch von mir zu denken, als meine Bescheidene Wenigkeit in seinem Blickfeld auftaucht. Sofort schaltet er sein Handy aus und geht in schnellen Schritten auf mich zu. Verdammt! Ich sollte mich so schnell es geht aus dem Staub machen, doch soweit komme ich gar nicht erst.

„Joe! Verdammt, da bist du ja!“, grölt er mir entgegen. Oh man, der ist ja im wahrsten Sinne des Wortes auf 180. Sein unentspanntes Gesicht bringt mir nichts als Verachtung entgegen. Nicht das, das was Neues wäre… „Du verdammtes Balg! Wegen dir ist deine Mutter völlig durchgedreht!“, brüllt er weiter und packt mich mit seiner riesigen Hand am Kragen. Mit der anderen flachen Hand schlägt er mir direkt ins Gesicht. Aua, das tat weh. Arsch!-Schreie ich ihm stumm entgegen. Das blaue Auge war doch gerade verheilt! Da ist es, sein wahres ich, dass er nur mir zeigt, wärend er meiner Mutter den perfekten Mann vorheuchelt.

Ich versuche mich vergebens zu wehren. Er ist viel zu stark für mich dürres Bürschchen. Mit meinen Händen kann ich gar nichts bewirken.

„Du kommst jetzt mit nach Hause, du kleine Mistkröte!“, befahl er. Dieser Mistkerl! Ich hasse ihn! Er macht mich so wütend!

Mit meinem Bein hole ich aus und stoße ihm mein Knie mit voller Wucht gegen seinen Schritt. Der Mistkerl, stößt einen schmerzerfüllten Schrei aus, lässt mich schlagartig los und krümmt sich zusammen. „Du verdammter …!“, knurrt er mir hinterher, als ich loslaufe, um mich aus dem Staub zu machen.

Innerlich verfluche ich mich selbst, das ich nicht gleich nach Hause gegangen bin. Dann wäre das hier nicht passiert und dann hätte ich auch dieses Gespräch zwischen Cole und diesem Typen nie gehört. Jetzt fühle ich mich noch mehr hin und her gerissen, als vorher.

Oh man, oh man, was mache ich jetzt nur? Ich kann doch nirgends hin, außer zu Kat, meine Insel der Hoffnung und der Flucht. Aber wenn ich jetzt dort auftauche, schöpft er doch sofort Verdacht. Bisher konnte ich es immer gut verbergen und mich ungesehen aus dem Staub machen, ohne das Mama und dieser Irre mitgekriegt haben wo ich bin. Aber jetzt, wird es echt brenzlich für mich. Meine Möglichkeiten sind noch mehr geschrumpft. So ist das eben, wenn man keine Freunde hat, oder Verwandte wo man untertauchen könnte. Oder eben einen Peter Pan, der einen einfach ins Nimmerland entführt.

Wärend ich wohl den Sprint meines Lebens absolviere, merke ich gar nicht, wie kopflos ich eigentlich bin. Irgendwann komme ich einfach irgendwo an. Ich sehe mich um. Sehr weit bin ich nicht gekommen. Nur ein paar wenige Straßen weiter, an einer Birkenallee, die eine Straße mit vielen Einfamilienhäusern säumt, bleibe ich stehen. Am Ende ist da eine Sackgasse mit einem kleinen Seitenweg, der zu einer Wiese mit einem Spielplatz führt. Recht versteckt mit den ganzen Hecken und Grashügeln. Hier wird der Idiot sicher nicht suchen. Ob er sich überhaupt die Mühe macht weiter zu suchen? Hoffentlich nicht.

Ich lasse meinen Rucksack in den Sand fallen und lasse mich auf einer Schaukel nieder. Ich weiß nicht, was ich noch tun soll und fühle mich rastlos. Mir bleibt nur mein Handy zu zücken und Kat eine Nachricht zu schreiben, da sie sich sonst sorgen macht.

Hey Kat, mein Stiefvater ist plötzlich vor deinem Wohnhaus aufgetaucht und wollte mich gewaltsam mitnehmen. Ich bin abgehauen, darum kann ich jetzt nicht nach Hause kommen., schreibe ich ihr und prompt kommt eine Nachricht zurück.

Oh Gott, ist alles okay mit dir? Soll ich zu dir kommen? Wo bist du?, bombardiert sie mich mit Fragen. Typisch Kat. Jetzt macht sie sich wieder sorgen. Ich schreibe ihr, wo ich mich befinde und sie macht sich sofort auf den Weg. Es dauert nicht lange, bis sie mir völlig hysterisch mit einem, „Gott sei Dank, du lebst!“, in die Arme fällt und mich an sich drückt. Wie sie es oft tut in etwa so, das mir die Luft wegbleibt, aber das macht gar nichts. Erleichtert lege ich meine Arme um sie und seufze. Erst als sie sich wieder von mir lösen kann schaut sie mir geschockt ins Gesicht.

„Was ist denn mit deinem Gesicht passiert?“, fragend sehe ich sie an, ehe mir wieder einfällt, das ich ja eine Ohrfeige kassiert habe. So wie es aussieht nicht ohne Folgen, denn Kat erklärt mir, das meine Lippe etwas lädiert ist. Das war mir noch gar nicht aufgefallen. Ich erkläre ihr die ganze Geschichte und wie es dazu kam, „Oh Joe, ich bin mir sicher, das Cole, das sicher nie wollte, dass du so ein Gespräch mit anhören musst, oder ihn mit einem anderen siehst. Das muss ein Schock gewesen sein. Ich weiß gar nicht was mich mehr beunruhigen oder aufregen soll. Leider kann man an der Sache mit Cole nicht viel ändern…Ich weiß nur, das dein Stiefvater eine Tracht Prügel verdient hat!“, erklärt sie mir und sie hat ja recht. Kat seufzt schwer. „Nun gut, kann man jetzt eh nicht mehr ändern. Das Beste wird sein, wenn wir erstmal eine Weile warten bis die Luft rein ist.“, meint sie. Kat ist wirklich wunderbar…sie ist wohl die Einzige, die mich wirklich leiden kann. Die Einzige, die mit mir befreundet sein möchte und mich nie im Stich lassen würde. Sie ist sogar bereit das hier mit mir aus zu sitzen.

Manchmal frage ich mich, ob es egoistisch ist, sich zu wünschen, dass sie für immer meine beste Freundin bleibt.

Die Lösung des Problems?!

Irgendwann beschließen wir zu ihrer Wohnung zurück zu kehren. Auf unserem Weg sind wir sehr umsichtig und vorsichtig. Irgendwie artet das schon in so eine Art Verfolgungsjagt aus und ich komme mir dabei echt blöd vor.

Zu Hause angekommen, steht Lara schon bereit, um uns dämlich fragend anzusehen. Ihre „Lernkumpels“, scheinen bereits abmarschiert zu sein. Denn es ist angenehm ruhig. Jedenfalls wenn Lara einfach mal den Mund halten würde.

„Da bist du ja Kat, ich hab mir schon Sorgen gemacht…“, meint Lara und unterbricht kurz, als sie mich sieht. „Oh…und dieser Haus- Äh, Wohnungsbesetzer ist ja auch wieder da. Ich dachte schon das er ausgezogen ist, nachdem er nach der Schule nicht heimkam.“, erläutert sie. Tja Pech gehabt. Ihre Witze werden echt immer schlechter.

Kat schüttelt den Kopf. „Wieso sollte er ausziehen? Wir waren eben noch spazieren.“, erklärt sie Lara. Diese rümpft beleidigt die Nase. „Jaaa. Ist klar! Ich schätze eher, das der sich noch irgendwo rumgetrieben hat! Wer weiß mit was für komischen Leuten der abhängt!“, macht sie sich Luft. War ja klar, dass unsere Ankunft nicht kommentarlos bleibt. Lara muss eben immer ihren Senf dazu geben. Sonst würde sie wohl irgendwann platzen.

Meine Beste winkt nur ab. „Schon gut Lara, wir sind müde und werden mal so langsam schlafen gehen.“, und lässt sie einfach stehen. Mich zieht sie an der Hand mit sich und schließt die Zimmertüre hinter uns.

Lara kann ich im Flur noch fluchen hören.
 

Kat lässt sich in die Kissen ihres Bettes zurückfallen.

„Ist das anstrengend…Lara ist manchmal echt kindisch…“, stellt sie fest. Damit hat sie wohl recht, wenngleich das auch nichts neues ist. Ich kenne Lara so gut wie gar nicht anders. Kat kommt aber schnell wieder zum Thema zurück. „ Joe so kann das nicht weiter gehen. Ich komme mir schon vor wie ein Gangster aus dem wilden Westen. Jetzt wo er dich hier gesehen hat, wird er sicher zurückkommen. Wir müssen das klären!“, beschließt sie und steht auf. Zielstrebig geht sie an ihre Tasche und zückt ihr Handy. Verwirrt sehe ich ihr hinterher. Was hat sie nur vor?

„Weißt du ich habe letztens mit einer Freundin gesprochen. Sie erzählte mir, etwas das ich bisher gar nicht wusste, nämlich das einer unserer gemeinsamen Freunde, Timo, Verwandte hat, die mit dem Jugendamt zusammenarbeiten. Das hätte mir schon viel eher einfallen müssen! Mensch ich muss ein Brett vor dem Kopf gehabt haben. “

Verwandte die mit dem Jugendamt zusammenarbeiten?-Frage ich sie.

Meine beste Freundin sieht mich optimistisch an, als hätte sie die Idee des Jahrtausends und nickt, „Ja Joe, überleg doch mal! Das wäre die Lösung! Wenn wir eine Pflegefamilie für dich finden, stehen dir viel mehr Türen offen, als wenn du so weiter machst wie bisher. Ich hab dich so gern bei mir, aber wenn mein Vermieter oder die Nachbar-Zicke von nebenan mitkriegt, das du Monate hier kampierst, kommen wir alle in Schwierigkeiten. Und die Sache mit deinem Stiefvater und deiner Mutter, kann doch auch nicht so weitergehen. Darum finden wir jetzt eine Lösung!“, erläutert sie. Abgesehen von ihrem Manga und Disney-Fimmel, kann sie manchmal echt erwachsen sein.

Aber…Sie hat recht. Mit meiner Mutter kann ich so nicht reden, sie würde ausrasten und ihren Macker kann man eh vergessen. Der schlägt mich ja nicht das erste Mal. Trotzdem ist mir nicht ganz wohl. Nicht das ich ihr vorwerfen will, das sie mich loswerden will…Bei Lara wäre ich mir da allerdings ziemlich sicher. Ich kann schon ihre Jubelschreie hören…Trotzdem… Ist schon seltsam der Gedanke in einer Pflegefamilie unter zukommen. Diesbezüglich kann ich mir sogar vorstellen, dass es ein gerichtliches Verfahren geben wird. Jedoch ist das wohl besser, als auf der Straße zu landen.
 

Und Cole? Wie wird es dann wohl mit ihm weitergehen? Auch wenn noch lange nichts entschieden ist.. könnte es sein, das meine Befürchtung Wirklichkeit wird. Ich bin so ein Idiot…wer weiß, ob so eine Familie den Kontakt überhaupt zu ihm gestatten würde…
 

Kat unterbricht meine Gedanken. Sie hält ihr Handy mit einem Offenen Gespräch in der Hand.

„Joe, Amira sagt, Timo würde sich gleich morgen- Vormittag mit dir treffen wollen.“, teilt sie mir mit.

Timo also. Ich lege den Kopf schief. Morgen Vormittag?

„Ja, du bleibst morgen einfach zu Hause. Wir wollen ja nicht das dein Stiefvater dich wohl möglich an der Schule abfängt.“, erklärt sie mir.

Irgendwo hat sie recht, aber ich frage mich, ob er das nicht längst getan hätte, wenn er das gewollt hätte. Ich zweifle, das er sich überhaupt für mich interessiert.

Ich nicke einfach.

„Okay, ich sage ihr Bescheid.“, erwidert sie und drückt das Handy wieder ans Ohr. Sie wechselt noch einige Worte und legt dann auf. Anschließend tippt sie eine andere Nummer ein. „Ja hallo, ich weiß, es ist schon spät,…sag mal wäre es möglich das ich morgen kurzfristig frei bekomme? Ja, es ist ein Notfall…vielen Dank! Du hast was gut bei mir!“, meint sie und legt wieder auf. Dann legt sie das Telefon bei Seite und setzt sich zu mir.

Sie streckt sich einmal ausgiebig, „So, das wäre schon mal geklärt! Das ist doch super. Timo kommt morgen vorbei und wird sich deine Geschichte anhören und ich werde dein Dolmacher sein. Er kann ja keine Zeichensprache.“

Ach so, stimmt ja. Bei meinem unbefangenen Umgang mit Kat vergesse ich manchmal, das ich nicht sprechen kann. Denn sie versteht jedes Wort und weiß oft schon vor mir was ich sagen möchte. Für sie ist es das Natürlichste der Welt. Für andere nicht.

Ich nicke. Hört sich gut an.

„Nicht wahr?“, strahlt sie. „Dann können wir zumindest mal diese eine Baustelle angehen!“

Stimmt wohl.

Ein Vorschlag, Überraschungen und ein Déjà-vu

Viel tun wir nicht mehr, außer uns Bettfertig zu machen und schlafen zu gehen. Kat ist blitzschnell eingeschlafen. Ich hingegen liege die halbe Nacht wach und denke nach. Über all das Chaos in meinem Leben. Über Cole und über die Zukunft. Ein flaues Gefühl macht sich in meinem Magen breit. Hoffentlich geht am Ende alles gut.

.

Die Nacht vergeht.

Nach dem Frühstück kündigt sich auch schon Timo an und er kommt nicht allein. Im Schlepptau führt er zwei weitere Jungs mit sich, etwa im gleichen Alter wie er. Sie sind beide etwas größer als er und sie halten Händchen. So wie es aussieht, sind sie zusammen. Sie sehen beide recht sympathisch aus.

„Schön das ihr da seid. Muss Amira arbeiten?“, heißt Kat sie auch schon willkommen.

„Jo. Ist doch kein Problem. Ja leider, aber sie grüßt dich ganz lieb. Hoffe es ist in Ordnung, das ich die Beiden mitgebracht habe. Live hat nämlich etwas ähnliches erlebt.“, meint Timo.

Kat lächelt zufrieden. „Ach so ist das, trotzdem schade. Nein gar kein Thema. Freut mich euch kennen zu lernen. Ich bin Kat und das hier neben mir ist mein allerbester Freund Joe.“, stellt sie uns beide vor.

Timo nickt und richtet sich an mich. „Hey, ich bin Timo, das hier sind Live und Chris meine besten Freunde.“

Live hält mir sofort die Hand hin und lächelt mich an. „Schön dich kennen zu lernen. Ich würde mich echt freuen, wenn wir dir helfen können.“

Ich erwidere seine Geste und gebe ihm die Hand, nicke und lächle ihn ebenfalls an. Auch Chris tut es uns gleich.

„Übrigens, Joe kann nicht sprechen, also wundert euch nicht, das er euch nicht antwortet.“, wirft Kat noch ein.

„Ach so, dann unterhaltet ihr euch bestimmt über Zeichensprache oder?“, will Chris wissen.

Kat grinst stolz. „Oh ja, teils, teils. Es ist mehr so eine Art Mischung aus verbaler und nonverbaler Kommunikation. Manchmal lese ich auch einfach seine Gedanken.“, kichert sie. Timo samt Anhängsel schauen mich fragend an. Mir bleibt nichts über, als zu nicken. Denn es ist ja keine Lüge.

Das Eis ist gebrochen. Die Stimmung ist ungewohnt locker. Bisher kenne ich ja überwiegend angespannte Situationen. Doch die drei scheinen absolut kein Problem damit zu haben, das ich nicht sprechen kann und für meine aktuelle Situation haben sie offenbar auch Verständnis. Das überrascht mich.
 

Als wir gerade auf dem Weg in Kats Zimmer sind, kommt plötzlich Kats nervige Mitbewohnerin aus ihrem Zimmer geschlichen. „Sag mal, was ist denn das für ein Lärm, hat der Haus-Äh Wohnungsbesetzter etwa sprechen gelernt oder was?“, muffelt sie. Unverschämtheit! Das ist wirklich ein fieser Kommentar! Voll unter der Gürtellinie. Wo sie doch ganz genau weiß, dass ich das niemals können werde. Am liebsten würde ich sie anschreien und mit meinen Blicken erdolchen, aber ich reiße mich zusammen. Es würde ihr nur Genugtuung geben, wenn ich mich jetzt gehen lasse.

„Also wirklich, Lara! Der Kommentar war echt unangebracht!“, weist Kat sie zurecht, „Joe und ich haben Besuch. Sei bitte etwas freundlicher!“

Das Fräulein Unzufrieden denkt aber gar nicht dran. „Wieso sollte ich? Ständig höre ich nur Joe, Joe, Joe. Immer geht es nur um ihn! Es nervt mich einfach! Wenn ich mal Freunde mitbringe, gibt es immer was zu meckern, aber wenn es um Joe geht, vergisst du einfach alles um dich herum! Der isst hier kostenlos mit, nutzt unser Badezimmer und kampiert hier seit Wochen immer wieder regelmäßig. “, nörgelt sie. Gerade jetzt, wo es überhaupt nicht passt.

„Lara, ich habe jetzt wirklich keine Lust mich mit dir zu streiten.“, antwortet sie auf ihre Zickerei. Ich sehe ihr an, das ihr Nervenkostüm so langsam aber sicher auch so leichte einbüßen zeigt. Kein Wunder. Ich schätze, das Lara keine Ruhe geben wird, solange ich hier bleibe.

Und zu einem gewissen Teil hat sie ja sogar recht. Kat tut wirklich fast alles für mich und Lara musste in letzter Zeit schon etwas zurückstecken. Allerdings, in gewisser Weise war sie noch nie gut auf mich zu sprechen. Schon damals nicht, als sie mit Kat in die WG gezogen ist. Im Grunde…hat Kat diesen Stress nur wegen mir. Sicher wäre ihr Leben entspannter ohne mich. Oh man, jetzt fange ich schon an in die totale Deprieschiene über zu gehen. Dieses Chaos in meinem Leben nimmt so langsam echt immer unschönere Ausmaße an.

Bevor es aber weiter ausarten kann, schreitet Timo ein. „Mädels, Mädels. Jetzt beruhigt euch doch mal. Lara, wenn du es genau wissen willst, sind wir hier, um das Problem zu lösen. Du musst dich also nicht länger aufregen.“, macht er ihr deutlich. „Wenn es für dich in Ordnung ist Joe, kannst du erstmal zu mir kommen, bis das geklärt ist.“, schlägt Timo vor. Ich sehe ihn verwirrt an. Sagt er das jetzt nur, um die Situation zu entschärfen? Oder meint er das ernst? Das Alles bringt mich voll durcheinander. Das kommt so plötzlich.

Auch Chris und Live scheinen da nicht so ganz durch zu blicken.

Lara scheint sprachlos zu sein, denn sie sagt nichts mehr. Wie erfrischend.

Nur Kat unterbricht die Stille. „Meinst du das ernst?“, will sie wissen.

„Ja klar, für ein paar Tage geht das schon. Ich bin vor zwei Jahren in eine eigene Wohnung gezogen, weil meine Eltern nach meinem 18 Geburtstag ausgewandert sind und ich gerne hierbleiben wollte.“, teilt er uns mit. „Aber lasst uns erstmal in dein Zimmer gehen, damit wir sprechen können. Ciao Lara, war schön dich mal kennen zu lernen.“, winkt er ihr überfreundlich zu und schiebt uns in Richtung von Kats Zimmer.

Lara bleibt mit offenem Mund zurück.
 

Ich muss zugeben, mit fünf Personen in diesem Raum ist es ziemlich eng hier. Das Maximum waren immer drei Leute. Mit…Cole zusammen. Genau…Was er wohl gerade macht?
 

Nachdem wir das Zimmer betreten haben meldet Chris sich zu Wort. „Was für ne Zicke, ist die immer so drauf?“, ich nicke und hantiere mit meinen Händen.

Im Grunde ist sie noch viel Schlimmer.- teile ich ihm mit, was er natürlich nicht versteht. Oh, ich vergas. Ich nehme meine Tafel zur Hand, um es auf zu schreiben.

Chris grinst kurz und lacht. „Das kann ich mir denken. Es muss schrecklich sein, mit so einer Schreckschraube zusammen zu wohnen.“, Kat verschränkt die Arme vor der Brust.

„Chris, benimm dich!“, Timo gibt seinem Freund einen Klaps auf die Schulter. „Wofür war das denn? Es stimmt doch.“

„Entschuldige, es war nicht seine Absicht, dich zu beleidigen.“, erklärt Live.

Kat seufzt. „Schon gut, er hat ja recht. Sie kann Joe nicht leiden und regt sich ständig auf wegen ihm. Schon wenn sie nur seinen Namen hört, kriegt sie sich kaum noch ein.“

„Hört sich schwer nach Eifersucht an.“, erläutert Chris.

„Stimmt.“, stimmt Timo zu. „Aber um zu unserem eigentlichen Gespräch zu kommen. Erläutert doch mal worum es geht. So wie es aussieht, scheint eure Geschichte ja nicht das einzige Problem zu sein.“, erkennt Timo. Und er hat recht. Es ist alles noch so viel verfahrener, als es am Angang schien. Nicht nur meine Situation zu Hause, auch hier wird es immer schlimmer. Eins steht fest. Auch hier kann ich nicht bleiben.
 

Kat erklärt die ganze Situation mit meiner hysterischen Mutter und ihrem aggressiven Schläger, den sie sich angelacht hat. Sie erzählt über die Gewalt, die ich zu Hause erlebe und dass sie mich sogar eingesperrt haben. Auch von der Aggressivität meines Stiefvaters gegenüber Homosexualität.

Alle drei hören ruhig und gefasst zu, bis zum Ende.

„Das hört sich schlimm an. Ich werde mit meinem Onkel und mit meiner Tante sprechen. Sie werden sich dann sicher mit dem Jugendamt in Verbindung setzten und eine Lösung für die Zeit bis zu deiner Volljährigkeit finden. So wie sie es bei Live gemacht haben.“

Stimmt ja, das hatte er erwähnt. Das Live eine ähnliche Situation durchgemacht hat.

„Das stimmt. Karl und Magda haben mir echt sehr geholfen. Sie haben mich bei sich aufgenommen und mir so ermöglicht mich von meinem Vater zu lösen. Ich wurde auch geschlagen, genau wie du und dann waren da nach ganz andere Dinge...“, er brach ab und sammelte sich eine Weile. Chris drückt seine Hand. „Schon gut, du musst nicht darüber reden.“, redet er beruhigend auf ihn ein. Sein Freund nickt und sieht mich wieder an. „Ich wollte mich sogar umbringen, aber Chris hat mich daran gehindert. Und Timo hat mir dann geholfen. Und für dich werden wir auch eine Lösung finden.“

Ich nicke und zum ersten Mal seit langem fühle ich mich nicht allein mit meinem Problem. Es gibt viele Menschen, die Gewalt erleben. Die Dunkelziffer lässt sich sicher gar nicht erörtern. Doch bei aller Gewalt ist der seelische Schmerz, der schlimmste.
 

Als wir am Ende unseres Gesprächs angekommen sind, kommen wir noch mal auf Timos Vorschlag von vorhin zurück.

„Um noch mal auf meinen Vorschlag zurück zu kommen. Ich weiß, es kommt etwas plötzlich, aber was haltet ihr beiden davon? Wenn du willst, kannst du gleich heute mitkommen.“, lenkt Timo ein.

Ich sehe zwischen Timo und Kat hin und her. Das ist wirklich keine leichte Entscheidung, aber was bleibt mir übrig? Wenn ich hier bleibe, wird Lara uns beiden das Leben zur Hölle machen. Wenn ich gehe kann Kat vielleicht endlich mal zur Ruhe kommen.

„Joe, du kannst gerne bleiben.“, sagt Kat und lächelt. Das würde ich wirklich gerne, aber es wird Zeit zu gehen. Vielleicht hilft es ja alles zu entspannen. Ich nehme meine Tafel und schreibe die Worte, die ich sagen möchte.

Ich nehme Timos Vorschlag an und gehe mit ihm.

Timo nickt und Kat seufzt. Es fällt ihr schwer los zu lassen. Genau wie auch mir. Ich fühle mich ständig hin und her gerissen und Kat ergeht es sogar noch schlimmer. Sie soll sich nicht mehr ständig zwischen mir und ihrer Freundin entscheiden müssen. Mit Timos Vorschlag können wir die Situation vielleicht etwas entzerren. „Also gut. Vielleicht ist das ja erstmal besser. Aber du musst mir jeden Tag eine Nachricht schreiben. Sonst mache ich mir sorgen!“, predigt sie mir nur. „Und…sei brav ja? Mach keinen Unsinn.“, ihr Blick geht zu Timo rüber. „Das gilt aber auch für dich! Mach ja keinen Unsinn, sonst kriegst du Ärger mit mir!“, macht sie ihm klar. Ich muss nur wieder an den armen Typen denken, dem sie eine verpasst hat.

Timo lächelt bemüht. Er kann sich wohl in etwa vorstellen was Kat meint.

Chris hingegen scheint das äußerst amüsant zu finden und kichert.

„Chris!“, tadelt Live, ihn.

„Was denn? Das ist doch echt lustig. Armer Timo, gegen Kat hast du keine Chance schätze ich.“

Das stimmt, gegen Kat hat niemand eine Chance. Auch ich muss amüsiert grinsen.

Timo sieht mich erschüttert an. „Was du auch? Oh man, ihr seid so gemein!“, jammert er. Am Ende müssen wir alle lachen. Das lockert wirklich auf und die Entscheidung, die steht.
 

Eine Stunde später sitze ich mit Timo in seinem Auto, auf der er übrigens sehr stolz ist. Wir fahren zu seiner Wohnung, die nicht weit entfernt ist. Natürlich erst nachdem Kat, die mich zum Abschied fest an sich gedrückt hatte, endlich von mir lösen konnte und wir Live und Chris abgeliefert hatten.

Als wir ankommen, staune ich nicht schlecht. Es kommt mir vor wie ein Déjà-vu . Das ist doch genau dieselbe Gegend in der…„Da wären wir. Das Haus da, in dem wohne ich. Es sieht von außen etwas verramscht aus, aber die Wohnung ist echt gemütlich.“

Ich komme aus dem Staunen nicht mehr raus.

„Joe? Hey, Erde an Joe. Alles klar?“, fragt er verwundert.

Das ist sogar dasselbe Haus in dem Cole wohnt!

Stumm schrecke ich auf, als ich wieder zu mir komme und nicke. Ich presse den Rucksack, in dem ich auch meine Tafel, meinen Block und sämtliche Stifte beherberge, an mich. Plötzlich wird mir wieder unwohl in der Magengegend. Ich werde ihm ganz nah sein. Das war so nicht geplant.

„Bist du sicher? Sag ruhig, wenn was ist ja?“, meint er freundlich. „Lass uns aussteigen und deine Sachen hochbringen.“

Ja.- antworte ich.

Wir steigen aus dem Auto. Ganz automatisch, als sei es das Selbstverständlichste der Welt, schultert er meine Tasche, die er im Kofferraum verstaut hat. Nur wenige Sekunden, bevor ich danach greifen will. „Nix da, du bist mein Gast und wir müssen noch einige Stufen erklimmen.“, erläutert er mir. Das ist wirklich nett von ihm. So nett war bis her nur Kat zu mir.

„Du diese Zeichensprache ist echt interessant. Bringst du sie mir bei? Dann können wir uns viel besser unterhalten.“, fragt er interessiert. Timo scheint echt ein sympathischer Mensch zu sein, auch wenn es verrückt ist, das ich bei ihm übernachte, obwohl ich ihn gar nicht kenne. Aber das scheint zur Gewohnheit zu werden. Ich nicke. Gern, warum nicht.

Wir treten durch die Tür.

„Wir müssen in den dritten Stock. Es gibt zwar einen Fahrstuhl, aber den würde ich lieber nicht nutzen.“, er also auch. Genau wie Cole. Der hat mir auch davon abgeraten ihn zu benutzen. „Weißt du, der ist schon öfters mal stecken geblieben, dem Teil trau ich nicht über den Weg.“

Kein Wunder, das würde ich an seiner Stelle auch nicht. Es muss wirklich unangenehm sein, in so einem engen Raum eingeschlossen ohne Fluchtmöglichkeit zu sein.

Auch heute quietschen und knarzen die Stufen des Treppenhauses wieder.

Im zweiten Stock kommen wir an Coles Wohnung vorbei. Der Ort an dem ich einen so schönen Tag mit ihm verbracht habe. Der Ort an dem er mich geküsst und umarmt hatte.

Vielleicht ist er jetzt nur ein Klingeln weit entfernt und kommt raus, wenn ich nur diesen Knopf drücke, aber wir gehen noch eine Etage weiter. In mir drinnen braut sich die Wehmut zusammen, aber das zeige ich nicht. Zumindest versuche ich es.

Timo hat die Wohnung auf der gegenüberliegenden Seite im Gegensatz zu Cole. Sie ist zwar fast genauso geschnitten, aber nicht ganz so ordentlich und wesentlich heller eingerichtet und sie hat ein weiteres, kleines Zimmer, das Timo allerdings nur als Abstellkammer benutzt, wie er selbst sagt. Da die Tür verschlossen ist, konnte ich noch keinen Blick erhaschen.

„Sorry, hab nicht aufgeräumt. Auf Besuch war ich nicht vorbereitet.“, gibt er etwas peinlich berührt zu. „Ich hoffe du kannst dich hier trotzdem einigermaßen wohl fühlen.“, sagt er wärend er seine Jacke am Garderobenständer anhängt und seine Schuhe abstreift. Ich tue es ihm gleich. „Komm mal mit.“, er deutet auf die halb offene Tür, die bei Cole verschlossen war. Dahinter befindet sich ein kleines Schlafzimmer. Timo stellt meine Tasche auf dem gemachten Bett ab und schiebt eine der Schranktüren zurück. Dahinter befinden sich Fächer mit Klamotten, die kreuz und quer liegen und einige freie Fächer. Ein wüstes Chaos. Kat würde durchdrehen, wenn es in ihrem Schrank so aussehen würde. So vollgestellt wie ihr Zimmer auch ist, aber es ist immer irgendeine Art von Ordnung darin, „Du kannst die freien Fächer im Schrank erstmal verwenden, wenn du magst. Dann musst du nicht aus der Tasche leben. An der Hängestange ist auch noch Platz. Ich hoffe du kannst mir mein Chaos verzeihen.“, grinst er und kratzt sich verlegen am Hinterkopf. Dann kramt er aus einer Ecke eine bezogene Decke und ein Kopfkissen hervor und legt es schonmal bereit.

„Möchtest du etwas trinken? Wasser, Cola, Kaffee, Eistee?“, fragt er.

Ich krame meine Tafel hervor und schreibe meine Antwort darauf. Einen Eistee bitte.

„Sehr gerne. Wie gut das ich gestern eine Flasche in den Kühlschrank gestellt habe. Der ist jetzt schön kühl.“, wir gehen in die helle Küche, wo er mir einschenkt.

„Hier bitte, lass uns Wohnzimmer gehen, da ist es bequemer.“, schlägt er vor und ich folge ihm.

Dort setzen wir uns auf das Sofa, das in seiner Wohnung am der anderen Wand steht, als bei Cole. Es ist Hellbraunes Leder. Davor steht ein heller, weiß lackierter Holztisch. Die restlichen Möbel sind ebenfalls weiß gehalten und an den Fenstern hängen hellblaue Wandschals. Auf dem hellen Laminatboden liegt ein großer, grauer flauschiger Teppig unter dem Tisch. Und auf dem Sofa liegen eine blaue Wolldecke und einige Sofakissen. Blau scheint seine Lieblingsfarbe zu sein.

„Also dann, auf gutes Zusammenwohnen, bis wir eine Lösung gefunden haben.“, er hält mir sein Glas hin und stößt mit mir an. Der Eistee ist wirklich lecker.

„Also, heute Abend werde ich mal meinen Onkel anrufen, wenn er von der Arbeit wieder kommt. Bis dahin müssen wir leider warten. Das heißt also…Ich muss dich auch gleich noch mal allein lassen, da ich heute noch für ein paar Stunden arbeiten muss. Muss für einen Kollegen einspringen, in meinem Kellnerjob. Meinst du, du schaffst es bis dahin?“

Ich nicke. Was bleibt mir auch anderes übrig? Ihm sagen, dass er nicht gehen soll? Das wird auch nichts ändern. Außerdem bin ich es gewohnt allein zu sein. Wenn Kat zur Arbeit geht, ist es nicht anderes. Ok oftmals ist Lara noch da, aber die zählt eigentlich nicht…muss ich dazu noch was sagen?

Timo lächelt und wuschelt mir über den Kopf. „Sehr gut. Du bist echt tapfer, weißt du? Also im Kühlschrank sind noch Nudelsalat und Frikadellen. Ist selbstgemacht, von Amira, einer Freundin, schmeckt also ziemlich gut.“, erzählt er mir stolz. „Wenn du möchtest, kannst du die Frikadellen auch gerne in der Mikrowelle warm machen. Du kannst dich hier ganz unbefangen bewegen und alles nutzen was hier ist. Fernseher, Blue Ray-Player, Konsole…was du magst. Nur bitte das kleine Zimmer hinten bitte nicht. Das Chaos darin ist mir unangenehm.“, er grinst beschämt. „ Ich gebe dir meine Handynummer, dann kannst du mir jederzeit schreiben, wenn was ist.“, gibt er mir noch zu verstehen und schon tauschen wir die Nummern. Ich speichere sie gleich ein. „Cool. Jetzt muss ich aber los und entschuldige, das ich nicht bei dir bleiben kann. Ich komme so bald wie möglich wieder und dann fangen wir an, die Sache anzugehen.“, meint er noch, dann verabschiedet er sich und geht zur Tür raus. „Tschüüüs.“

Ich folge ihm zur Tür und winke ihm zu. Dann geht die Tür zu.

Ungeplante Begegnung

Jetzt tritt die berühmte Stille ein. Immer dann, wenn die anfängliche Aufregung vorbei ist.

Ich sehe mich um und seufze. Zunächst vertreibe ich mir meine Zeit damit seine Wohnung zu durchstöbern. Er hat eine beeindruckende BD-Sammlung und zahlreiche Fantasybücher. Scheint eine Leseratte und ein Filmfan zu sein. Im Gegensatz zu dem Rest der Wohnung sind diese alle ordentlich aufgereiht. Das sind sicher seine Schätze.

Später gehe ich ins Schlafzimmer, wo meine Tasche steht. Ich überlege, ob ich meine Sachen wirklich schon einräumen soll. Immerhin weiß ich ja nicht mal wie lange ich hier bleiben werde. Ob ich überhaupt eines Tages ein „Zuhause“ haben werde. Am Ende lasse ich die Sachen in der Tasche.

Schließlich gehe ich zurück ins Wohnzimmer und beschließe meiner Besten eine Nachricht zu schreiben.

Hey, ich bin angekommen. Timo ist jetzt zur Arbeit. Er scheint ganz nett zu sein. Hat Lara sich beruhigt?-schreibe ich ihr.

Kurze Zeit später kommt ihre Antwort. Okay, ich hoffe er behandelt dich auch weiter gut! Sonst kriegt er es mit mir zu tun! Lara ist immer noch beleidigt, aber scheint etwas runtergefahren zu haben. Melde dich auf jeden Fall wieder, wenn du was neues weißt! Ich hab dich lieb!

Ich muss grinsen. Kat wieder. Sie ist echt die Beste. Ja, das mache ich. Ich hab dich auch lieb.

Ich durchstöbere noch einmal meine Nachrichten. Außer Kat und Cole schreibt mir echt niemand. Wer sollte mir auch schreiben? Außer den Beiden gibt es da nicht wirklich jemanden. Aus der Zeit bevor ich meine Stimme verloren habe, ist niemand außer Kat geblieben. Alle anderen haben den Kontakt abgebrochen. Und außer meiner Mutter und wenn man vom Teufel spricht…kommt tatsächlich eine Nachricht herein. Es ist wirklich…meine Mutter.

Joe! Dein Vater hat mir erzählt, dass er dir begegnet ist und das du weggerannt bist, als er dich wieder mit nach Hause nehmen wollte. Wieso kommst du nicht zurück!? Ich mache mir solche Sorgen um dich!

Angewidert rümpfe ich die Nase. Da haben wir es wieder! Ich bin mir ziemlich sicher, dass dieser Pseudovater ihr nicht erzählt hat, das er mich beleidigt und hinter mir her geschrien hat, und schon mal gleich gar nicht, das er mich mal wieder geschlagen hat. Am Ende würde meine Mutter mir auch noch die Schuld geben. Davon bin ich überzeugt.

Ich habe nicht vor ihr zu antworten. Außerdem, warum schreibt sie mir erst jetzt, warum nicht schon viel eher? Wenn sie sich solche Sorgen um mich gemacht hat, dann wäre das, das Mindeste.

Kann man das noch Mutterliebe nennen? Wohl kaum. So wie es aussieht haben sie noch nicht mal eine polizeiliche Vermisstenanzeige gestartet. Mich wundert es nicht, denn wenn sie das täten würde am Ende ja noch heraus kommen, was für Rabeneltern sie sind.

Ich habe gar nicht wirklich Zeit mich noch weiter darüber aufzuregen, denn auf einmal klingelt es an der Haustür.

Ich schrecke zusammen. Ob ich sie öffnen soll? Es könnte sein, dass Timo das nicht recht ist. Zudem weiß ich nicht, wer hinter der Tür sein könnte. Ich entschließe mich erst einmal durch den Spion zu schauen.

Vorsichtig schiebe ich die kleine, runde Sichtverdeckung zur Seite, schaue hindurch und erstarre. Wie kann das sein? Nein, warum ausgerechnet jetzt? Ich wusste ja, dass er hier wohnt, aber dass er gleich hier klingeln würde, damit habe ich nicht gerechnet. Auch wenn klar ist, dass sie sich natürlich kennen könnten…so unter Nachbarn. Trotzdem ist es eine Überraschung.

„Timo? Bist du da? Deine Post ist wieder in meinem Briefkasten gelandet.“, höre ich diese Stimme, die ich wohl nie vergessen werde. Nein, er ist nicht da, aber ich…ich bin doch da und da ist nur diese Tür, die uns noch trennt. Meine Lippen beben und wollen seinen Namen rufen.

Cole!-rufen sie. Es ist nur eine Art lautloses Flüstern zu hören.

Durch den Spion sehe ich wie er seufzt und etwas vor sich hin murmelt. Noch hadere ich mit mir. Er ist schon dabei sich umzudrehen. Nein!

Auf einmal spüre ich mein Herz, wie es anfängt wie wild zu hämmern. Es will mir etwas sagen.

Tu es endlich!- ruft es mir zu und dann öffne ich die Tür.

Wie vom Geistesblitz getroffen, dreht er sich zu mir um und starrt mich an. „Joe!?“, er sieht verwirrt aus. Das ist wenig verwunderlich. An seiner Stelle wäre ich es auch.

„Was machst du hier? Besuchst du Timo? Ich wusste gar nicht, dass ihr euch kennt.“, will er wissen. Oh man, so viele Fragen auf einmal. Wie soll ich das beantworten? Ich deute ihm an einen Augenblick zu warten und hole meine Tafel. Ich schreibe etwas und zeige es ihm.

Timo hilft mir bei dem Problem mit meinen Eltern. Solange bleibe ich erstmal hier, weil Lara wieder ausgerastet ist.- Ok das beschreibt nicht ganz die Problematik…eher so grob, aber auf die Tafel passt nicht so viel.

„Was? Lara ist ausgerastet? Oh..“, er streckt seine Hand nach meinem Gesicht aus und streicht vorsichtig mit seinem Daumen über meine Verletzung an der Lippe. Oh…Die Stelle kribbelt. Nicht rot werden, bloß nicht rot werden!, „Hat…sie…“, eilig schüttle ich den Kopf. Nein, nein sie wars nicht. Dabei löst er seine Berührung.

Ich wische das Geschriebene weg und schreibe etwas neues. -Mein Stiefvater hat mich geschlagen, als er mich mitnehmen wollte.-, erkläre ich.

„Dann hat er dich gefunden?“, ich schüttle den Kopf. Es war Zufall.

Purer Zufall.

Plötzlich herrscht wieder diese peinliche Stille zwischen uns. Ich glaube, ich habe schon mal erwähnt, dass ich mich selbst dafür verfluche, das ich nicht sprechen kann.

„Möchtest du vielleicht mit zu mir kommen, solange Timo weg ist? Ich habe gerade etwas Zeit bis zu meinem nächsten Termin.“, lenkt er ein.

Ich zögere eine Weile, als er den Termin erwähnt. Mit wem er sich wohl diesmal trifft…? Und dann ist da ja noch das Gespräch, das ich belauscht habe…Der Gedanke tut immer noch weh. Dazu kommt, dass Timo sich Sorgen machen wird, wenn ich nicht da bin, aber ich kann ihn auch nicht einfach einladen rein zu kommen. Schließlich ist das Timos Wohnung. Ich beiße mir auf die Unterlippe.

Cole seufzt. „Versteh schon. Es ist dir unangenehm oder? Ich hätte nicht fragen dürfen. Schließlich hast du mir ja schon einen Korb gegeben.“, erläutert er mir und lächelt mich verständnisvoll an. „Wir sollten lieber Abstand zu einander halten.“, teilt er mir mit einem Hauch von Verbitterung mit und auch, wenn es noch so wehtut, hat er recht. Wir sollten uns wirklich voneinander fernhalten. Das würde uns eine Menge Schmerz ersparen aber…manchmal siegt eben nicht die Vernunft, sondern das Herz. In meinem Hals steckt so ein fetter Klos…

„Ich sollte jetzt gehen. Wärst du so nett Timo seine Post zu geben? Die ist mal wieder in meinem Briefkasten gelandet.“, fragt er mich und überreicht mir die Post, dann dreht er sich um, um zu gehen. Aber wie aus einem Reflex heraus halte ich seine Hand fest.

„Joe? Was ist los?“, will er wissen, als ich ihn anstarre und spüre wie meine Wangen ganz heiß werden und die Tränen aufsteigen. Erschrocken lasse ich ihn los und wische sie mir so schnell wie möglich aus dem Gesicht.

Ich will das nicht! Ich will das doch gar nicht! Was ich will ist…

Bevor wir weiter sprechen können, werden wir unterbrochen.

„Hey was ist denn hier los?“

Es ist Timo, der die Treppe hochkommt. Seine Schicht scheint vorbei zu sein. Wahnsinn, nun ist die Zeit doch viel schneller vorüber gegangen, als gedacht.

„Cole, was machst du hier und vor allem…was hast du mit Joe gemacht? Er sieht ja völlig aufgelöst aus.“, will er mit Nachdruck wissen und legt schützend seinen Arm um mich. Was ist das nur für eine Anspannung in der Luft?

Natürlich kann er den genauen Grund für meine Tränen nicht wissen.

„Rein gar nichts. Ich habe dir nur deine Post bringen wollen und da hat er aufgemacht und wenn du`s genau wissen willst…Joe und ich haben uns über eine gemeinsame Freundin kennengelernt. Du kannst also wieder runterfahren.“, macht er mit fester Stimme deutlich. Er ist plötzlich so anders. Wie viele…Rollen spielt er eigentlich? Es ist fast so…als sein sie Spinnefeind.

„Ach so. Das wusste ich ja gar nicht. Dann kennt ihr euch ja bereits. Aber so wie es scheint, ist es wohl besser, wenn du jetzt gehst. Danke für die Post.“, teilt er ihm mit, in dem er es wie eine Aufforderung formuliert. Strenger als erwartet. Denn Timo kam mir bis vorhin so locker vor.

Cole lächelt nur freundlich, ohne auch nur ein bisschen die Fassung zu verlieren, „Keine Sorge, wir waren schon dabei uns zu verabschieden. War schön dich mal wieder zu sehen Joe.“

So wie er das sagt, klingt es fast so, als wäre ich irgendein Bekannter. Als wäre nie etwas passiert. Mir bleibt keine Zeit etwas zu erwidern.

Denn schon steigt er die Stufen der Treppe runter und ist wieder verschwunden. Die Anspannung verschwindet nur allmählich. Timo sieht ihm noch kurz hinterher und bittet mich dann rein.

„Ist alles okay bei dir?“, will er dann wissen und ich nicke.

Die Wahrheit aber ist, dass ich innerlich total aufgewühlt bin und mit jeder Faser meines Körpers bei Cole sein möchte. Es hat nicht viel gefehlt und ich wäre ihm in die Arme gefallen. Warum habe ich diese Möglichkeit nur nicht genutzt? Ob Cole es gemerkt hat?

Timo sieht ganz so aus, als glaubte er mir nicht so wirklich. „Sicher? Du kannst mir alles sagen.“, jetzt lächelt er wieder entspannt. Dann lag es also wirklich nur an Cole. Ob da was vorgefallen ist? Ich glaube, ich frage lieber nicht.

Wieder nicke ich und deute stattdessen auf das Telefon.

„Du hast recht, es wird Zeit Karl mal anzurufen.“

Ein Glück, er bohrt nicht weiter nach, sondern ruft sofort seinen Onkel an und unterhält sich mit diesem. Er schildert ihm meine Situation in allen Punkten, die Kat ihm aufgezählt hat und vereinbart gleich einen Termin mit ihm. „Cool, dann sehen wir uns morgen.“, dann legt er auf.

„Joe, er sagt, dass er dich gleich morgen früh sehen möchte. Es kann sogar sein, dass er gleich morgen einen Termin mit dem Jugendamt für dich organisiert, um die Situation zu klären. Das wird kein einfacher Weg. Ich hoffe du bist bereit dazu.“, erklärt er ernst werdend.

Ja, ich bin bereit.

Was bleibt mir auch übrig? So wie es jetzt ist, kann es nicht bleiben. Ich kann nicht ewig wegrennen.

„Sag mal, hast eigentlich schon etwas gegessen?“

Ausnahmsweise schüttle ich mit dem Kopf. „Okay, dann lass uns erstmal essen und danach mach ich das Bett fertig.“

Gesagt, getan.

Gemeinsam essen wir den Nudelsalat und die Frikadellen, die übrigens sehr lecker schmecken und machen uns nach dem Abwasch Bettfertig.

„So, Zeit ins Bett zu gehen. Morgen müssen wir früh hoch. Ich überlasse dir mein Bett. Breite dich ruhig aus. Ich lümmle mich dann aufs Sofa.“

Er nimmt sein benutztes Bettzeug vom Bett, und tauscht es durch das aus, dass er zuvor heraus gekramt hat, um seines ins Wohnzimmer zu verfrachten. Ich sehe ihn fragend an. Wäre es nicht an mir das Sofa zu benutzen?

„Hm? Ach mach dir keine Gedanken, du bist mein Gast und der Gast ist König.“, grinst er.

Entschlossen schüttle den Kopf. Das geht doch nicht!

Er hebt eine Augenbraue, „Du bist aber ein ganz schöner Sturkopf, weißt du das?“, stellt er fragend fest und stemmt die Hände in die Hüften.

Stimmt, aber echt nur manchmal.[ii]

Ich zucke nur mit den Schultern und hole unwissend mit den Händen nach rechts und links aus. Dabei lächle ich verschmitzt.

„Okay Joe, wäre es dir dann recht mit mir in einem Bett zu schlafen?“, will er wissen.

Fragend lege ich den Kopf zur Seite.

Was wäre daran verwerflich? Schließlich schlafe ich mit Kat auch immer in einem Bett, außer ich schlafe mal wieder versehentlich auf dem Sofa ein. Das ist echt keine gute Idee, die Nackenverspannung danach ist echt kein Spaß.

„Tja weißt du, Männer finden sowas in der Regel nicht so cool, außer sie sind betrunken.“, grinst Timo.

Ich muss lachen. „Sag mal wusstet du schon, dass du echt ein tolles Lächeln hast?“, meint Timo erheitert.

Wieder schaue ich fragend drein.

Echt? Ist das so?- Schreibe ich auf die Tafel. So etwas hat mir echt noch nie jemand gesagt, außer Kat. Allerdings lache ich auch selten mit anderen Menschen. Ansonsten habe ich auch nicht unbedingt so viel zu lachen, was im Grunde ziemlich traurig ist. Aber ich lasse mich nicht unterkriegen!

„Klar ist das so.“, antwortet er kurz. „Also gut, dann eben in einem Bett, aber beschwer dich nicht, wenn ich mich zu sehr ausbreite.“, grinst er.

Gesagt, getan. In Null Komma nichts, hat er beide Bettdecken und Kopfkissen platziert. Das 1,40 mal zwei Meter Bett steht an der Wand. Mehr Platz bietet dieser Raum nicht. Sonst könnte man die Schranktüren nicht mehr öffnen. Ich rutsche an die Wand und er macht es sich auf der offenen Seite bequem.

„Kann das Licht aus?“

Ich antworte mit einem Nicken.

„Okay. Dann schlaf mal schön.“

Und schon ist das Licht aus.

Früher habe ich die Dunkelheit gehasst. Damals, als ich gerade meine Stimme verloren habe. Denn immer wenn es dunkel wurde, war mir die Kommunikation so gut wie unmöglich. Als ich noch sprechen konnte, haben Kat und ich oft stundenlang des Nachts geredet. Wenn wir jetzt vor dem Schlafen gehen noch reden wollen bleibt das Nachtlicht noch an, damit sie meine Gebärden sehen, oder aus meinem Gesicht lesen kann. Heute kann ich mich kaum noch an meine eigene Stimme erinnern. Bei dem Gedanken schnürt es mir schon wieder den Hals zu. Es macht mir schon ein wenig Angst, dass ich es irgendwann wirklich komplett vergessen könnte. Als hätte mein Ich von damals nicht existiert.

Wenn Peter Pan jetzt hier wäre, wüsste er dann eine Möglichkeit mir meine Stimme wieder zu geben? Könnte ich mit dem Zauber des Feenglanzes wieder sprechen? Das wäre zu schön. Denn dann könnte ich ganz laut Coles Namen rufen. Selbst, wenn es nur ein einziges Mal wäre…dann wäre ich schon glücklich. Natürlich weiß ich, dass die Realität anders aussieht.
 

Timo ist recht schnell eingeschlafen. Ich kann sein gleichmäßiges Atmen hören und er murmelt hin und wieder unverständliches Zeug vor sich hin. Ich brauche noch eine Weile, bis ich einschlafe. Morgen wird ein anstrengender Tag, auch die nächste Zeit wird mich einiges an Nerven und Kraft kosten. Wie es wohl schließlich am Ende ausgehen wird?
 

Das Gespräch mit Karl und Magda erweist sich als sehr hilfreich. Hinzu kommt, dass die Beiden wirklich nett sind und Verständnis für meine Situation zeigen. Sofort setzen sie alle Hebel in Bewegung, um dieses Problem aus der Welt zu schaffen.

Willkommensparty

Einige Wochen später steht das Ergebnis fest. Für die letzten Monate meiner Minderjährigkeit wurde meinen „Eltern“, das Sorgerecht entzogen und auf Karl und Magda übertragen bis ich 18 bin. Des weiteren werde ich finanziell vom Amt unterstützt. Gegen meinen gewaltbereiten Pseudo-Stief-Vater wurde zudem ein Näherungs- und Kontaktverbot erwirkt und er muss sich wegen Körperverletzung verantworten. Und meine Mutter? Die hat ebenfalls ein Annäherungs- und Kontaktverbot und eine Anzeige wegen vernachlässigter Fürsorgepflicht am Hals und es ist auch noch nicht ganz raus, ob sie auch noch eine Anzeige wegen fahrlässiger Körperverletzung in mittelbarer Täterschaft erhält, oder so ähnlich. Denn auch wenn sie mich nicht selbst geschlagen hat, hat sie es in Kauf genommen, dass dieser agressive Typ mich schlägt und die Augen davor verschlossen hat…, es ist, als wäre er so etwas wie ihr Werkzeug gewesen und dann war da noch irgendwas wegen ihren Psychischen Problemen. Ihr wurde auferlegt eine Therapie zu machen…irgendwie kompliziert, dieser Juristenkram…für mich zählt aber ja nur eins, nämlich dass ich die Beiden los bin und sie mir nichts mehr tun können. Da war ganz schön was los im Gerichtssaal. Mein Pseudovater ist bei den Vorwürfen völlig ausgerastet und meine Mutter ist letztlich psychisch komplett durchgedreht, als sie kapiert hat, dass ich nicht mehr zu ihr zurückkehre. Deshalb auch die Therapieanordnung. Dabei sollte man meinen, dass ich meiner Mutter einfach nur egal bin. Aber lasst euch sagen, durch ihre instabile Psyche wirkt sie oft wie sie ein Wiederspruch in sich. Mal wirkt sie anteilnahmslos, ein anderes Mal, dreht sie völlig durch und steigert sich in eine Situation oder ihre Vorstellung hinein. Und ihr Typ wurde direkt in Handschellen gelegt, als er versucht hat auf mich loszugehen. Bevor die Situation noch völlig eskalierte. Da hat echt mal jeder Anwesende gesehen, was bei mir „zu Hause“ manchmal so abgeht.

Da ich schon fast 18 bin, haben Karl und Magda es mir freigestellt wo ich leben will. Schließlich kam es dazu das ich mit Absprache mit dem Vermieter, Timos Eltern, die derzeit noch einen Teil der Miete zahlen und meinen neuen Pflegeeltern, erstmal ganz zu Timo gezogen bin. Dazu war er sogar bereit sein geheimes Chaoszimmer zu entrümpeln.
 

Timo hat mir erklärt, das zu vor sein Mitbewohner darin gewohnt hat, aber vor einem halben Jahr ausgezogen ist, weil er sich kurzfristig dazu entschlossen hat mit seiner Freundin zusammen zu ziehen. Sein Bett und seinen Schrank hat er dabei zurückgelassen, weil er es nicht mehr brauchte. Timo hat dann versäumt den Sperrmüll zu beantragen. Im Verlauf der Zeit mutierte der Raum dann zu einer Abstellkammer.
 

„Was meinst du Joe, ist das so okay für dich? War gar nicht so schlecht, dass mein Kumpel Bett und Schrank da gelassen hat. Jetzt wo du eine neue Matratze hast, kannst du endlich in deinem eigenen Bett schlafen und musst dir nicht mehr meinen Bewegungsdrang antun.“, grinst er.

Ich nicke. Da ist schon was Wahres dran. Er hat Nachts wirklich ein sehr einnehmendes Wesen und verbraucht mindestens dreiviertel des Bettes. Entweder hat er mich total an die Wand gedrückt, oder mit seinem Hintern aus dem Bett geschubst, je nachdem wo ich gelegen habe.

Ich nicke.- Ja, es sieht wirklich toll aus.

„Stimmt, und mit dem Teppich und den Vorhängen sieht es jetzt viel wohnlicher aus. Der kleine Sessel, den ich noch in meinem Keller stehen hatte passt auch super hier rein und wenn du Platz zu Arbeiten brauchst kannst du einfach den kleinen Wandtisch ausklappen. Da passt alles nötige drauf.“, meint meine beste Freundin. Sie hat mich auch die ganze Zeit über begleitet und unterstützt. Es tut wirklich gut zu wissen, sie auch weiter an meiner Seite zu haben. Sie hat mit mir und Timo zusammen, ein Praktikum in einer Kindertagesstätte für Hörgeschädigte und Taubstumme Kinder organisiert. Worauf ich mich wirklich sehr freue. Einen Schnuppertag hatte ich bereits und es hat mir echt gut gefallen. Ich war über mich selbst erstaunt, wie gut die Kinder mich bereits an diesem einen Tag angenommen haben. Die Chefin meinte sogar, das sie mich bei einer Ausbildung zum Erzieher unterstützen würde. Von ihr habe ich auch erfahren, dass es hier in der Nähe eine spezielle Berufsschule gibt, die gehörlose und Taubstumme Erzieher ausbildet. Das wäre auch für mich eine tolle Möglichkeit. Zumal ich vor kurzem noch nicht mal wusste, was ich überhaupt nach der Schule anfangen soll.
 

Und Lara? Die hat sich seit meinem Auszug wieder beruhigt und das Verhältnis zwischen ihr und meiner Besten hat sich wieder deutlich entspannt. Mittlerweile sogar so sehr, dass sie mich normal begrüßt, wenn ich Kat besuche. Außerdem hat Kat mir erzählt, dass die Beiden letzte Woche mal so einen richtigen Mädels Abend gemacht haben. Scheint zu laufen.

Cole begegne ich hin und wieder im Treppenhaus. Manchmal, haben wir sogar Zeit ein paar Worte zu wechseln. Meistens bleibt es jedoch bei den alltäglichen Floskeln wie „Hey“, oder „Alles, klar?“, im Treppenhaus. Es ist wirklich fast so, als sei nie etwas gewesen. Allein zusammen Zeit verbracht haben wir seid unseren Date nämlich auch nicht mehr. Auch Nachrichten haben wir uns nicht mehr geschrieben. Ich ringe immer wieder mit mir, es einfach mal zu versuchen, aber ich weiß nicht ob ich uns Beiden einen Gefallen damit tun würde. Das würde alles nur komplizierter machen. Ich werde mich wohl auch in Zukunft damit abfinden müssen, dass sich unsere Kommunikation auf ein Minimum beschränken wird. Auch, wenn es nach wie vor wehtut. Aber wer weiß was die Zeit so bringen wird. Fürs Erste ist es vielleicht sogar besser für uns beide.
 

„Also jetzt wo wir fertig sind können wir ja endlich deinen Einzug feiern!“, erörtert Timo. „Gibs zu, du hast doch einfach nur Hunger.“, schmeißt Chris ein, der mit Live ebenfalls zu unserer Party erschienen ist. Timo grinst ertappt. „Ha, du hast mich erwischt. Du kennst mich einfach zu gut.“

„Das kenne ich, so ist es bei Joe und mir auch.“, lässt Kat durchsickern. „Ich kann meinem liebsten Freund an der Nasenspitze ansehen was er denkt.“

Ja, das ist manchmal schon fast gruselig, aber auch praktisch.

„Also ich habe auch Hunger. Magda hat extra eine Willkommenstorte für uns gebacken und einen leckeren Nudelsalat gemacht.“, lenkt Live ein.

„Oh stimmt, das sieht echt lecker aus. Und ich habe Würstchen im Schlafrock gemacht.“, fügt Kat noch hinzu.

Timo und ich haben den fast den ganzen Vormittag mit der Vorbereitung für die Party verbracht. Eingekauft, aufgeräumt, Essen zubereitet und den Tisch im Wohnzimmer gedeckt und dekoriert. Neben den Leckereien, die unsere Freunde mitgebracht haben, haben wir noch frische Burger und Schockopudding mit Obstsalat zubereitet. Dazu natürlich die üblichen Knabbereien. Zu trinken gibt es Eistee, Cola und selbstgemachte Limonade. Auf den Alkohol wird bewusst verzichtet. Live zuliebe.
 

Als jeder sein Getränk hat wird angestoßen. „Also dann auf dich Joe, deinen neuen Start und darauf, dass wir uns möglichst immer gut vertragen.“, spricht Timo den Tost aus. „Jaaa.“, rufen dann alle. Auch wenn meines nur ein unhörbares Flüstern ist, fühle ich mich zum ersten Mal seit langem wirklich zugehörig und habe eine Menge Spaß mit meinen…Freunden.

Zusammen essen und unterhalten wir uns. Dabei beäugt Chris erstaunt meine Tafel und meinen Block.

„Damit kommunizierst du also. Auf diesem Block stehen ja tatsächlich alle möglichen Floskeln. Sogar deine Bestellung vom Becker.“. stellt er fest. „Tja, er weiß sich eben zu helfen. Du gehst echt gut mit der Situation um, das ist echt bewundernswert.“, ergänzt Live, als Chris plötzlich wieder dichter neben ihm steht, seine Hand drückt und ihn anlächelt.

„Ja, das stimmt, das hat er wirklich gut gemacht.“, lässt Kat ihre Begeisterung durchsickern. Ich schüttle den Kopf und nehme meine Tafel zur Hand. Alle um uns herum schauen gebannt was ich schreibe. Das ist das erste Mal, das sich andere außer Kat so sehr dafür interessieren.

Timo liest vor. „Stimmt nicht ganz. Ich hatte Kat, die immer für mich da war und mich unterstützt hat.“, er lächelt in sich hinein. „Es ist wirklich gut, wenn man eine Freundin wie Kat an seiner Seite hat. Ihr habt doch auch zusammen die Gebärdensprache gelernt oder?“, Kat und ich sehen uns an und nicken wie aus einem Ei. Dabei lächeln wir uns an. „Ach was das war doch gar nichts. Zu viel der Schmeichelei.“, kichert sie mädchenhaft.

Ich bemerke wie besonders Live plötzlich die Lippen zusammenpresst. „Live, ist alles in Ordnung?“, fragt Timo. Live schüttelt den Kopf. „Ja schon. Ich hab mich nur an etwas erinnert. Ich kann gut verstehen, wie Joe sich fühlt. Bevor ich Chris begegnet bin hatte ich keine Freunde und mein Leben erschien mir sinnlos. Daher weiß ich sehr genau was du meinst Joe.“, gesteht er uns. Dabei schaut er zu Chris hoch, der einen Arm um ihn legt, was ihn erröten lässt. Er hat wirklich Glück gehabt. So wie es aussieht wird er aufrichtig geliebt. Das wünscht sich doch jeder Mensch. Nicht wahr?

Aber ich glaube, dass sein Leidensweg ohne einen wahren Freund an seiner Seite viel länger war als meiner. Denn ich hatte Kat schon so lange an meiner Seite, schon bevor ich meine Stimme verloren habe.
 

Wärend ich das so höre und sehe muss ich an meine Mutter denken.

Auch meine Mutter… hat sich Liebe gewünscht, nachdem mein Vater uns verlassen hat und ist dann an diesen Typen geraten. In meinem kindlichen Leichtsinn dachte ich immer, dass ich ihr meine Liebe nicht genügt und sie mich nicht mehr lieb hat. Heute weiß ich es besser und konnte trotzdem nicht zu ihr vordringen. Und als ich auch noch meine Stimme verloren habe, und sie erfahren hat das ich schwul bin, war es einfach aus. Das hat ihr den Rest gegeben. Sie muss gedacht haben total versagt zu haben. So hat sie sich das sicher nicht vorgestellt. Ich schätze das ihre Verzweiflung und die Angst einfach alles zu verlieren größer war, als ihr verloren gegangener Mut.

Aber ich bin auch nicht besser, auch ich bin davon gelaufen, weil ich keinen Ausweg gesehen habe. Und schließlich kam es dazu, dass ihr das Sorgerecht entzogen wurde. Doch hätte ich mich und meine Gefühle meine Einstellung zum Leben einfach so verleugnen sollen? Das hätte doch niemanden glücklich gemacht. Alles was dabei rausgekommen wäre, wäre eine Scheinwelt in der nichts echt gewesen wäre.
 

Und auch Cole…wünscht sich nichts sehnlicher…

Ich presse die Lippen zusammen und reiße mich zusammen.
 

Ich nicke dankend zu Lives Ausführung, als ich plötzlich Kats Hand an meinem Arm spüre. Sie zieht mich kurz zur Seite und sieht mich an, als ahne sie etwas. Tja, sie kann eben in mich hineinschauen. So als sei ich ein offenes Buch für sie. „Du denkst an ihn, oder? Wenn ich was für dich tun kann…“, flüstert sie mir zu. Ich schüttle den Kopf. Schon gut. Da muss ich eben durch., argumentiere ich mit meinen Gebärden. Meine beste Freundin seufzt tief. „Aber wenn du mich brauchst, sagst du mir doch Bescheid?“, will sie wissen und sieht mich ernst an. Ja, ganz sicher., verspreche ich ihr.
 

„Was wird denn da getuschelt? Ihr beiden?“, unterbricht Timo plötzlich unsere Unterhaltung und legt seine Arme von hinten über unsere Schultern und erschreckt uns beide damit fast zu Tode. Kat sieht ihn strafend an. „Timo, also wirklich! Du hast uns erschreckt!“, Timo grinst und lacht. „Guck doch nicht so böse. Jetzt wird gefeiert! Das war doch der Grund für diesen Anlass.“, treibt er uns an.

Er verbreitet so gute Laune, dass schließlich auch Live und Chris wieder davon angesteckt werden und den Rest des Abends feiern wir ausgelassen.
 

Wir spielen Spiele und hören Musik. Hin und wieder liefern Timo und Chris uns einige Tanzeinlagen, die einfach zum todlachen sind. Sie sind wohl in ihrem Element wie es aussieht. Eben die besten Freunde, zwei die sich gesucht und gefunden haben. So wie Kat und ich.

Irgendwo mitten in ihrem lustigen Tanz zieht Chris, Live und Kat zu sich und fordert sie zum tanzen auf. Timo nimmt sich mich zur Brust und tanz mich an. In diesem Moment muss ich wieder anfangen zu lachen, weil er die ganze Zeit total bescheuerte, aber lustige Faxen macht. Er hat echt keine Scheu sich zum Horst zu machen. Aber das scheint sein Wesen auszumachen. Schätze, das ich mit ihm echt viel Spaß haben könnte, was ja auch nicht so schlecht ist, wenn man zusammen wohnt.

Wir feiern bis tief in die Nacht, bis sich unsere Gäste dann irgendwann verabschieden.

„Also wir bringen Kat dann noch nach Hause. Es war echt ne coole Party, lass uns das mal wieder machen.“, grinst Chris, der noch top gelaunt ist. Live hingegen zeigt schon Müdigkeitszeichen. „Ja, vielen Dank für die Einladung! Hat echt Spaß gemacht.“, bedankt er sich und umarmt mich zu Abschied. Kat ist die Letzte im Bunde. „Bis dann Großer. Wir sehen uns. Und schreib mir wenn Timo Unsinn macht.“, verabschiedet sie sich grinsend und drückt mich nochmal ordentlich. Wieder so, dass ich fast keine Luft kriege. Timo entgleist kurz das Gesicht. „Ich mache keinen Unsinn! Niemals!“, ruft er ihr hinterher.

„Ja, ja.“, gackert sie. „Also dann Jungs, lasst uns fahren.“, zeigt sie sich abfahrbereit und harkt sich bei den Beiden ein. Man hört sie noch bis nach unten kichern, als Timo die Tür schließt.

„Sie ist echt gut drauf, unsere Kat.“, schmunzelt mein Mitbewohner. Ich erwidere sein Schmunzeln. Kat ist im wahrsten Sinne des Wortes eine Stimmungskanone, aber Chris ist auch nicht schlecht. Live scheint ja eher ruhiger zu sein, aber er lässt sich gut mitziehen, trotz dessen, dass seine Vergangenheit ihn manchmal noch bedrückt.
 

„Hm, was meinst du, beseitigen wir das Chaos lieber morgen, wenn wir ausgeschlafen haben?“, scherzt Timo. Wenn ich mich so umsehe, überlege ich, auf seinen Vorschlag einzugehen, da ich jetzt auch nicht mehr wirklich Lust habe etwas zu tun. Also stimme ich zu.

„Okay, dann hoffe ich, dass du gut schläfst, es ist der erste Tag in deinem eigenen Bett. Genieß es.“, er zwinkert mir gönnend zu. Ich lächle ihn dankend an. Das wird sicher schön. Ich habe schon lange nicht mehr in einem bequemen, eigenen Bett geschlafen. Für die Matratze waren wir mit Karl und Magda extra in einem Betten- und Matratzengeschäft, wo ich probeliegen konnte. Die Preise waren glücklicherweise ordentlich reduziert. Ich bin echt erstaunt gewesen, wie teuer so eine Matratze sein kann. Es war mir zunächst unangenehm dieses Geschenk anzunehmen. Timo hat mir aber Mut zugesprochen und sagte das es total in Ordnung sei das anzunehmen. Magda und Karl haben ihm da voll und ganz zugestimmt und mir erklärt, wie wichtig eine gute Matratze für einen erholsamen Schlaf sei und dass sie wollen, dass ich mich wohl fühle. So viel Freundlichkeit auf einmal bin ich nicht gewohnt. Das ist total neu für mich.

Erst so nach und nach kann ich realisieren, dass, das auch wirklich wahr ist, was hier passiert.


Nachwort zu diesem Kapitel:
Schon das zweite Kapitel. Ich schätze an dieser Stelle wird deutlich, das ich ursprünglich in einem Fließtext geschrieben habe. Denn Anfangs sollte es nur ein längerer One-Short werden. Zum jetzigen Zeitpunkt umfasst die Geschichte fast 60 Seiten. Ich schätze, dass ich die Kapitel immer so nach 10 bis 20 neugeschriebenen Seiten hochladen werde, damit ich immer was zum hochladen habe. Natürlich variieren die Lade Termine dann immer. Wenn ich viel Zeit habe geht es natürlich deutlich schneller. Auch die Seitenzahlen kann sehr unterschiedlich sein. Es kommt ganz darauf an wie die Zusammenhänge zusammen passen. Wenn es nur sehr kurze Kapitel sind, kann es auch mal sein, das zwei hintereinander rauskommen :) Vielen Dank fürs lesen <3 Hoffe es gefällt. Komplett anzeigen
Nachwort zu diesem Kapitel:
Hallo alle zusammen.
Hier ist das 4 Kapitel! Das ist extrem kurz, ich weiß, doch es passt ganz gut vom Inhalt zusammen finde ich. Natürlich wird auch bald schon das 5 folgen, um die Kürze auszugleichen. Denn das 4 ist nur knappe 2 Seiten lang. Ich hoffe, es gefällt euch trotzdem. Ich würde mich sehr über eine Rückmeldung freuen. Vielen Dank. <3

LG Middy Komplett anzeigen
Nachwort zu diesem Kapitel:
Das 5 Kapitel ist da, Hurra! Mittlerweile hat die Story insgesamt 70 Seiten, es ist also noch ordentlich Nachschub da :) Ich hoffe das Kapitel macht euch Spaß. Komplett anzeigen
Nachwort zu diesem Kapitel:
Kurz, kurz, kurz. Dieses Kapitel ist wieder mega kurz, aber dieser Abschnitt eignete sich sehr gut als Kapitel und schließt echt passend ab. Ab jetzt kommt die Geschichte so nach und nach in Schwung :D Seid gespannt. Komplett anzeigen
Nachwort zu diesem Kapitel:
Kapitel 7. Ab jetzt wird es tiefgründiger, aber nicht netter XD. Ich hoffe es gefällt meinen Lesern. Danke für 14 Abos! Über Eindrücke würde ich mich freuen. Es würde mich echt interessieren, was ihr darüber denkt :-)
Jetzt gerade sind wir bei Seite 26. Meine aktuell fertig geschrieben Seiten zählen knapp 74. <3 Der Nachschub ist also schon gut in Arbeit. Mal schauen, wann ich das nächste Kapitel hochlade. Dieses hier ist etwas länger. Bis zum nächsten Mal. *_*

Middy <3 Komplett anzeigen
Nachwort zu diesem Kapitel:
Das 8 Kapitel ist da. Es sollte eigentlich schon gestern erscheinen, habe es aus Zeitgründen nicht geschafft. :) Nun ist es heute da. Ich hoffe ihr habt Spaß beim Lesen :)

Außerdem: Dies ist eine rein fiktive Geschichte und hat nicht zwingend etwas mit der Realität zu tun. Für die Richtigkeit der Funktion eines echten Begleitservices kann hier also nicht gebürgt werden. :) Komplett anzeigen
Nachwort zu diesem Kapitel:
Puh, das nächste Kapitel. Es hat wieder etwas gedauert, aber ich hoffe es hat sich gelohnt. Hier gibt es endlich Aufschluss über Coles Vergangenheit. Was sie wohl daraus machen und wie gehen sie in Zukunft mit ihren Gefühlen um? Tja wer weiß. :)
Derzeitiger Fortschritt: 77 Seiten, das ist nicht sonderlich viel. <3 Das ist sicher den Anderen FFs, an denen ich auch noch arbeite geschuldet, dennoch könnte ich viel mehr schaffen. Sry für die Wartezeiten. Komplett anzeigen
Nachwort zu diesem Kapitel:
Hallo liebe treue, Leser!
Ja endlich mal wieder ein neues Kapitel! Das fällt etwas kurz aus, ich weiß, aber es ist auch eher so eine Art Lückenfüller.
Keine Sorge, es geht ganz bestimmt bald weiter! Doch da sind so einige Umstände, die es mir ein wenig erschweren. Leider habe ich schon lange kaum noch Zeit mich wirklich darum zu kümmern. Und jetzt noch weniger. Denn, ich bin vor kurzem Mutter eines süßen kleinen Wurms geworden! Er ist mein ganzer Stolz und mit meinem Mann meine große Liebe! Aus diesem Grund wird alles Andere noch weiter in den Hintergrund rücken, da er meine volle Aufmerksamkeit braucht.

Jetzt da er mal wieder ein bisschen geschlafen hat, habe ich die Chance genutzt mal wieder was hoch zu laden. :)
Und habe auch gleich einen tollen Song gefunden, der echt gut zu dieser Geschichte passt, denn verlinke ich bald mal.

Bis zum nächsten mal. <3 Komplett anzeigen
Nachwort zu diesem Kapitel:
Und weiter gehts!
Wie schon mal erwähnt befindet sich die Geschichte bereits in einem etwas fortgeschrittenerem Stadium. Daher gibt es gleich das nächste Kapitel hinten dran. Ich habe die Chance genutzt, die Seiten ein wenig zu überarbeiten. <3 Und hier passiert auch wieder mal etwas mehr. :D

Wie immer viel Spaß beim Lesen. <3 Komplett anzeigen

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Kommentare zu dieser Fanfic (3)

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Von:  ElenaMorris
2019-08-15T19:51:50+00:00 15.08.2019 21:51
Ich liebe deine Fanfiction, egal welche, doch mit dieser hast du dich wieder übertroffen. Diese Gefühle, sie reißen mich wahrlich bei jeden einzelnen Wort mit und ich fiebere darauf zu erfahren wie es weiter geht ❤️

LG Elena :)
Von:  Sei512
2019-07-18T07:16:49+00:00 18.07.2019 09:16
Geile Geschichte, wunderschön geschrieben. Die Gefühle die einzelnen Personen hast du gut ausgearbeitet. Damit hast du mich als Fan gewonnen. Ich hoffe du veröffentlichst es weiter und ich muss nicht so lange warten auf die Kapitel. ♥ Ich muss doch wissen ob sich beide noch einen Schubs geben oder nicht? Und wie es mit seinen Eltern weiter geht...
Den Stiefvater hätte ich schon 180 tief begraben... Nur zu zuschlagen weil er nichts sagen kann. *verdreht die Augen * man könnte ihn auch nominieren für den schlechtesten Vater aller Zeiten? Kat würde mir wahrscheinlich recht geben ;)
Jetzt aber mal zu den schönen Sachen.

Aber Cole ist schon ein schnuckelchen... *räusper hust *
Kate muss man einfach nur lieb haben.
Naja und Lara? Was soll man dazu sagen. Die kann sich mit Joes Vater die Hand geben.

So nun :) warte ich ganz brav auf ein neues Kapitel und kann es kaum erwarten
Liebe Grüße Sei
Antwort von:  Midnight
31.12.2020 13:37
Vielen Dank für deine Rückmeldung, darüber habe ich mich sehr gefreut. Auch mal mehr als einen Satz zu lesen. :3
Ja also Bösewichte muss es immer geben, sonst ist es ja langweilig. :D
Ich hoffe sehr, dass die nächsten Kapitel auch so gut bei dir ankommen.
Schreib es mir gern in die Kommentare, auch, wenn es dir nicht gefällt. :)
Manchmal mache ich nämlich auch Fehler, die ich gar nicht bemerke manchmal gibt es Verbesserungsvorschläge. Ich freue mich über alles.
Ganz lieben Dank <3
Von: Hinata_Shouyou
2018-10-10T18:49:58+00:00 10.10.2018 20:49
nyu! noch kein Kommi?
oh man ><
also ich liebe die FF
Bin echt gespannt ob Joe noch spricht und wie die Beziehung zu Cole noch so läuft^^
Antwort von:  Midnight
10.10.2018 22:45
Vielen Dank für den Kommentar <3
Joe wird nicht sprechen, er kann es physisch nicht :)
Der Grund wird noch irgendwann erläutert. Bis dahin wird noch etwas Zeit vergehen <3


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