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Geheimnisvolle Kirschblüte

Liebe vergisst nicht
von

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Auch wenn das alles vergeblich ist, liebe ich ihn. Nicht mehr und nicht weniger. Das ist alles. Von ganzem Herzen und ohne, dass ich etwas dagegen tun könnte. Was bleibt ist die Reue, die Erinnerung und die neu entflammte Zuneigung. Und der Duft des Sommergrases, der Wind und die Wolken. Wie viele Jahre auch vergehen, ich bin allein. Allein und auf der Suche nach deiner unweigerlichen Liebe, die sich irgendwo verstecken musste.
 


 

Aufschreckend fuhr ich aus meinem durchtriebenen Traum auf. Keuchend und in den Lacken gekrallt schaue ich mich im erhellten Raum um. Als sich mein Blick klärte und ich die Umrisse meines Bettes und auch meiner sonstigen Zimmereinrichtung erkannte, lehnte ich mich zurück in meine Kissen. Schon wieder so ein Traum. Es war immer dasselbe und auch nur, wenn die Kirschblüten einen besonders starken Duft absondern. Zuerst habe ich es für einen Scherz gehalten, aber es war wohl doch ein passendes Phänomen. Die Augenbrauen zusammenziehend starre ich an die Decke und versuche mit all diesen Gefühlen, die sich in meinem Bauch und auch an mein Herz klammern, umzugehen. Als müsste ich irgendetwas loslassen, um frei atmen zu können. Aber auch, als würde ich gleichzeitig etwas vermissen. Um etwas aber vermissen zu können, muss man es erst verloren haben.
 

Mit leicht zitternden Händen schiebe ich die Lacken von mir und stehe auf. Ich trete zu meinem Fenster und schiebe die dicken Vorhänge beiseite. Wie auch am Abend zuvor stand dort ein großgewachsener Kirschbaum und weht sorglos im sanften Wind hin und her. Die hellrosa Blüten sonderten auch jetzt einen himmlischen Duft aus, der auch durch meine geschlossenen Fenster zu wehen schien. Irgendetwas tat dieser Duft jedoch mit meinen Gedanken und sondert so beinahe jede Nacht einen so sonderbaren Traum in jene, dass ich nicht weiß, wo mir der Kopf nun steht. Dabei wusste ich nicht, was ich verloren hätte, das solch starke Gefühle auslösen könnte. Ich umfasse den weichen Stoff der Vorhänge härter und beiße mir auf meine Lippen. Was könnte es nur sein, dass mein Geist so bitterlich sucht und mit dem Duft von Kirschblüten in Verbindung setzt?
 

In meinen Träumen scheint es beinahe so, als wäre dieses Etwas stark mit meinem Herzen verbunden und hätte jenes in zwei gerissen, als es verschwunden war. Wie eine verlorene Liebe, wenn man den alten verstauben Liebesromanen in meinem Regal Glauben schenken könnte.

Einer der vielen Zweige des Baumes streckte sich bis zu meinem Fenster, sodass ich meine Hand ausstrecken und die sanften Blüten berühren konnte. Ich senkte meinen Blick und schloss für einen Moment meine Augen.
 

Beinahe war es so, als könnte ich die Arme einer doch so fremden Person um meine Schultern spüren. Den warmen Atem einer längst vergessenen Gestalt auf meinen Wangen spüren. Die Haare des anderen auf meiner Schläfe und sogar die weichen und etwas aufgesprungene Lippen auf den meinen fühlen. Es war, als hätte ich dies alles schon einmal erlebt. Als würde ich mir dies nicht nur vorstellen, sondern wirklich einmal erlebt haben. Meine Hand erhob sich und legte sich hauchzart über meinen Mund. Ein Windstoß ereilte mich und einige verlorenen Blütenblätter flogen langsam in meinen Raum hinein und landeten auf den weichen Tatamimatten, die dort ausgelegt waren.
 

Eine vergessene und verflogene Liebe, wie mir scheint.
 

Ich öffnete somit meine Augen und schaute den wehenden Ästen zu. Diese Ästhetik war atemberaubend und wenn das frühmorgendliche Licht in genau diesem Winkel schien, schien es beinahe, als würden die Blüten aufleuchten. Es lag ein Zauber auf diesem Baum. Wenn ich mir nicht allem klar war, war ich mir dem sicher.

Bäume verweilen über Zeit und Leid. Sie wissen mehr als wir einfache Menschen und haben in ihrem Stamm mehr Geheimnisse versteckt, als uns wirklich bewusst war.
 

Ein leises Klopfen ließ mich aufschrecken.
 

"Guten Morgen, Herr. Das Frühstück ist serviert, wenn sie Hunger haben."
 

Nickend wandte ich mir zu der altbekannten Stimme meines Butlers, Sumino Takeshi, um. Er stand schon so lange ich denken kann in diesem Arbeitsverhältnis in dem Anwesen meiner Familie. Sumino war ein recht alter Mann, der seine Aufgaben dennoch jeden Tag mit einer solchen Eleganz und Zuversicht verrichtet, das niemand auch nur auf die Idee kam, ihm in seine längst überfällige Pension zu schicken. Doch, als ich ihn eines Abends auf jene angesprochen habe, hatte er nur lächelnd abgewunken und verkündet, dass hier in diesem Haus sein Platz sei und er es sich wünschen würde, hier die restlichen Tage verbringen zu dürfen, als irgendwo in einer kleinen Hütte am Waldrand. Er würde ohne den täglichen Tumult wohl eingehen, wie eine der vielen Steckblumen, die meine Mutter so geliebt und stets vom Markt mitgebracht hatte. Etwas hatte damals in seinen Augen geleuchtet. Beinahe wie bei einem Kind, dass erhaben auf etwas wartete und erst dann Ruhe geben würde. Es war eigenartig, aber doch hatte ich das Gefühl, mich mit irgendetwas beeilen zu müssen.
 

"Ich werde gleich kommen, Sumino, danke.", ich schenke ihm ein Lächeln und sah zu, wie er sich verbeugte und die Tür erneut hinter sich schloss.
 

Seufzend sah ich ein letztes Mal auf die blühende Schönheit vor meinem Fenster und wandte mich dann meinem Kleiderschrank zu. Als Oberhaupt eines aussterbenden Clans habe ich gewisse Aufgaben und Pflichten, die ich nachgehen musste. Zeit zum Träumen habe ich wohl nur nachts. Zeit zum Nachdenken habe ich deswegen leider auch nicht, es sei den es wäre diplomatische oder akademischer Natur. Somit bleibt das Geheimnis der Kirchblüte wohl doch noch für einige Zeit länger verschlossen und unergründlich.
 


 

Eine alte Legende sagte jedoch, dass auf den Ästen eines Kirschbaumes die Ahnen der Geliebten sitzen und warten, bis sich ihre entzwei gerissenen Seelen erneut treffen würden. Was der junge Herr dieses Hauses nicht wusste war, dass sich auch auf diesem Baum ein Geist befand, der dort mit einem seligen Lächeln wartete, bis sich auch sein Geliebter zu ihm gesellen würde. Die etlichen Jahre, die dieser Geist schon wartete, die vielen Generationen, die er schon überdauert hatte, waren nichts im Angesichts zu der Liebe, die er auch in einer solchen Gestalt immer noch für eine ganz bestimmte Person empfand. Die Person, die ihm damals einen fisch abgefallenen Ast eines alten Kirschbaumes überreicht hatte. Mit dieser Liebe im Bauch war er damals in den Krieg und in sein Verderben geritten. Den Ast hatte er seinem Hoffolk jedoch aufgetragen einzupflanzen, wenn die Zeit reif war. Seitdem saß er dort auf den wachsenden Ästen des Zweiges und wartete darauf, dass sich seine Liebe erinnerte und zu ihm kommen würde. Doch Liebe vergeht nicht. Sie wächst und gedeiht wie dieser Baum. Erblüht und verwelkt nur um im nächsten Jahr erneut zu erblühen. Liebe war und ist unergründlich und eine subtile Substanz tief in unserem Inneren. Der Schatten des Baumes lag tief über dem in die Jahre gekommenen Anwesen und würde, sobald dessen Äste lang genug waren, auch die letzte Seele des Clans in sich aufnehmen. Und auch erst dann würden ihnen beide die Erinnerung zurückkehren. Doch der Geist der Liebe kann warten. Liebe war geduldig.



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