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Ich wette, du liebst mich!

von

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Kapitel 2: Zweifel

Kapitel 2
 

„Ich weiß nicht, Ben. Mir kommt das irgendwie komisch vor“, sagte Isabel zum wiederholten Male, als sie gerade in unserem völlig überfüllten Schrank für Vorratsdosen herumwühlte, um eine in der passenden Größe für den vom Essen übrig gebliebenen Reis zu finden.

„Mir doch auch!“, stimmte ich ihr sofort zu. Christians Angebot war ja auch wirklich komisch.
 

Gleich nachdem Isabel nach Hause gekommen war, hatte ich ihr von der Campingeinladung erzählt und sie war augenblicklich noch skeptischer als ich gewesen. Seitdem sprachen wir immer wieder darüber, sobald wir ein anderes Thema beendet hatten, doch unsere Gefühlslage blieb stets dieselbe.

„Ich kann mir einfach nicht vorstellen, dass er das ohne Hintergedanken macht. Da steckt doch bestimmt etwas dahinter“, murmelte sie, als sie nach erfolgloser Suche den Reis in eine zu große Dose umschüttete und sich darauf konzentrierte, dass kein Korn daneben fiel.

„Aber was könnte das sein?“, stellte ich die Frage, die ich mir insgeheim auch schon gestellt hatte. Was könnte Christian davon haben?
 

Kurz schaute meine beste Freundin von dem Topf in ihren Händen auf und sah mich ratlos mit einem kleinen Schulterzucken an.

„Er sagte zu mir, dass er sonst niemanden zum Campen hätte“, gab ich seinen genannten Grund schulterzuckend wieder und dachte darüber nach.

„Das mag ja vielleicht auch stimmen“, überlegte nun auch Isabel, nur eben laut. „Nimm es mir nicht übel, aber warum sollte er, dann ausgerechnet mit dir gehen wollen? Ich denke einfach, dass er dann wohl eher alleine fahren würde.“

„Na herzlichen Dank auch“, murmelte ich sarkastisch und griff nach der Vorratsdose und deren Deckel, als Isabel damit fertig war diese zu befüllen und sich mit dem Topf in den Händen zum Spülbecken hin abwandte.

„Du weißt wie ich das meine“, sagte sie sofort lachend, woraufhin ich leicht grinsen musste. „Selbst wenn er selber kein Problem mit dir hätte, seine Freunde haben es. Ich glaube kaum, dass er große Lust darauf hat mit denen herum zu diskutieren nur für einen kleinen Urlaub. Das ist immerhin so eine Clique, in der jeder die gleiche Meinung zu haben hat.“
 

Ich dachte darüber nach und musste ihr schon irgendwie zustimmen. In der Hinsicht war diese Gruppe wie die coolen Jungs aus der Schule. Entweder du ziehst mit oder du bekommst mit ihnen ein Problem. Eine individuelle Meinung zählte da nicht viel.

„Aber vielleicht sind die ja gar nicht so, wie wir denken und Christian würde tatsächlich kein Problem mit ihnen bekommen“, versuchte ich ihre Aussage zu entkräften.

„Und was ist mit den Gerüchten? Du kennst sie genauso gut wie ich, dass Christian auch auf Männer zurückgreift, wenn keine Frau ihn nach einer Party begleiten will.“ Während Isabell das sagte, zog sie das Geschirrhandtuch vom Heizkörper und trocknete den Topf ab, den sie kurz zuvor noch abgespült hatte, um so die Überreste vom Reis heraus zu lösen.

„Na siehst du, seine Freunde kennen scheinbar doch ein kleines bisschen Toleranz!“, sagte ich gleich und fühlte mich unsicher damit, auf das Gerücht einzugehen. Wer wusste schon, woher es kam und wie viel Wahrheit in ihm steckte. Es war eben nur ein Gerücht. Wir waren selten auf den ganzen Partys, auf die sie gingen und konnten uns dementsprechend kein eigenes Bild machen. „Außerdem würde ich mich schon wehren können, wenn er mir zu nahe auf die Pelle rückt.“

„Ja wunderbar und dann muss ich von der Polizei erfahren, dass du irgendwo im Wald gefunden wurdest, von Bären zerfleischt, weil er dich aus dem Auto geworfen hat“, tadelte sie weiter und sofort ging eine meiner Augenbrauen nach oben.

„Sag mal, von was für Bären sprechen wir hier? Waschbären?“, fragte ich sie, während ich darüber nachdachte, dass dies wohl wirklich die gefährlichsten Bären sein dürften hier in der Umgebung.

„Man weiß ja nie.“
 

„Du bist wirklich kein großer Naturfan“, stellte ich erneut amüsiert fest und musste grinsen.

„Das stimmt doch gar nicht!“, empörte Isabel sich und stemmte ihre Hände in die Hüften, was mich wiederum lachen ließ. „Natur ist etwas ganz tolles, da ist es zumindest ruhig, wenn man mal in Ruhe spazieren gehen will. Aber auf Nässe, Kälte und diese ganzen Krabbelviecher kann ich gut verzichten.“ Als sie von den Insekten sprach erschauerte sie kurz. Die mochte sie wirklich nicht. Schon die kleinste Spinne in der Wohnung ließ sie ausflippen und ich durfte zusehen, wie ich das arme Tierchen wieder heile nach draußen bekam, bevor sie den Staubsauger zücken konnte. Nicht, dass ich nun ein großer Sympathisant von Spinnen bin, doch man konnte sie ja trotzdem retten.
 

„Ach, Ben“, seufzte sie und stützte sich vor mir mit den Händen auf dem Tisch ab, um mich anzusehen. „Es ist und bleibt natürlich deine Entscheidung, was du machst, aber ich kann mir einfach nicht vorstellen, dass er tatsächlich der nette Typ ist, der er plötzlich meint, vorgeben zu müssen.“

„Ich weiß ja, was du meinst, aber bei unserer Gruppenarbeit war er wirklich ganz anders. Da waren seine Freunde ja auch nicht dabei“, wandte ich nachdenklich ein und verzog ein wenig überlegend meinen Mund, als ich an die letzten Wochen zurückdachte.
 

„Ben!“, rief Isabel plötzlich etwas lauter aus und ließ mich dadurch erschrocken zusammenzucken und sie wieder ansehen. „Wenn du deine Entscheidung doch eigentlich schon getroffen hast, warum fragst du mich denn dann überhaupt nach meiner Meinung?“ Ein wenig theatralisch hob sie eine Hand an ihre Stirn, tat so, als hätte ich ihr zum wiederholten Male ihre kostbare Zeit gestohlen. Welch Glück, dass ich wusste, dass sie heute nichts mehr vorhatte.

„Hab ich doch gar nicht“, antwortete ich schließlich kleinlaut und schmollte ein wenig. „Aber das Angebot ist so verlockend! Du oller Stubenhocker würdest mit mir so etwas ja nicht machen. Da kommt man dann schon mal auf verzweifelte Ideen!“, verteidigte ich meine Gedankengänge. Christians Angebot klang wirklich zu verlockend und ich würde mir wünschen, dass alles so gemeint war, wie er es gesagt hatte. Wenn da nur nicht diese negative Stimme in meinem Hinterkopf wäre, die mich warnte mit genau den gleichen Argumenten, die auch Isabel schon genannt hatte.
 

„Was kann ich denn dafür, dass du so ein Naturbursche bist?“, ging sie gespielt empört auf meine Beleidigung ein, was mich auflachen ließ. Bestimmt verstanden wir uns nur so gut, weil wir so verschieden waren. „Ich nehme dich nie wieder mit zu meinen Eltern! Das musst du dir erst wieder verdienen!“, drohte mir meine Freundin schließlich.

Uns war beiden klar, dass wenn ich das Angebot von Christian ausschlagen würde, dass wir beide dann wieder zu ihren Eltern in deren Ferienhaus fahren würden. So machten wir das immer, wenn wir Zeit dafür hatten.

Ihre Eltern waren ziemlich vermögend, weshalb sie in einem kleinen Touristenort, nur wenige Stunden von uns entfernt, eine dieser großen Luxusblockhäuser besaßen und dadurch, dass unsere Familien schon seit Jahren sehr gut befreundet waren, standen mir und meinem Vater auch entsprechend immer alle Türen offen.

Es war auch nicht so, dass ich diese Vorzüge nicht zu schätzen wüsste. Sogar handelte es sich dabei um einen Ort in direkter Bergnähe mit jeder Menge Wälder drum herum, doch trotzdem war es eben nicht diese Art von Natur, von der wir hier die ganze Zeit sprachen. Den Luxus genoss ich dankend, aber trotzdem war es etwas anderes, von klingelnden Fahrradfahrern oder hin und wieder von schreienden Kindern geweckt zu werden, als vollkommen friedlich durch Vogelgezwitscher in der Natur, weiter weg von der Zivilisation.
 

„Was soll ich für dich machen?“, sprang ich trotzdem auf die scherzhafte Drohung an. „Soll ich dir Kekse backen?“, fragte ich gedehnt und wusste, dass dies ihre Schwachstelle war.

„Bekomme ich die mit den Schokostückchen?“, fragte Isabel sofort mit einem begeisterten Leuchten in den Augen.

„Aber natürlich. Für die Dame nur das Beste!“, sagte ich feierlich und erhob mich nun langsam von dem Küchenstuhl. Wir mussten dringendst das Thema wechseln, sonst würden wir uns eh nur im Kreis drehen.
 

„Ich habe ein paar Tage Bedenkzeit“, meinte ich daher schließlich. „Vielleicht sollte ich erst mal eine Nacht darüber schlafen.“

„Ja, das wird das Beste sein“, stimmte meine beste Freundin mir zu, tätschelte meine Schulter und folgte mir zur Küchentür. „Morgen sieht die Welt gleich viel düsterer aus.“

„Pessimist…“
 

*~*~*~*
 

Ich war froh über die Bedenkzeit, die Christian mir von Anfang an eingeräumt hatte. In den nächsten Tagen fuhren meine Gefühle zu dem Thema Achterbahn. An dem einen Tag war ich bereit zuzusagen und am nächsten fragte ich mich, wie ich das überhaupt hatte in Erwägung ziehen können. Zum Glück befanden wir uns derzeit in der Selbststudienphase. Das hieß, obwohl ich oft in der Uni war um zu lernen, begegnete ich Christian eigentlich nicht, da er und seine Freunde so wenig Zeit wie möglich hier verbrachten. Somit musste ich mich nicht mit ihm auseinandersetzen und dementsprechend auch noch keine Antwort geben.

An einem Tag sah ich ihn trotzdem auf dem Campus. Ich war wirklich froh, dass er mich nicht gesehen hatte und ich somit einen großen Bogen um ihn machen konnte. Ich war einfach noch viel zu sehr mit meinen ganzen Überlegungen beschäftigt.
 

Wäre Christian ein anderer, dann hätte ich mit Sicherheit bereits zugesagt. Die Idee vom Campen reizte mich einfach zu sehr, doch hatte ich ihn betreffend oder viel mehr seine ganze Gruppe betreffend, einfach ein komisches Gefühl. Aber war das nicht schon immer so? Die Kinder, mit denen man nicht spielen wollte, hatten immer das tollste Spielzeug.

Wollte ich nun mit dem tollen Spielzeug spielen und womöglich auf meine Freunde dabei verzichten müssen oder wollte ich lieber mit den altbekannten Sachen mit meinen Freunden spielen?

Doch da war noch immer diese leise Stimme, die mir sagte, dass ich vielleicht auch beides haben konnte. Wer sagte denn, dass Christian nicht letztendlich doch so etwas wie eine Art Freund werden konnte? Vielleicht täuschte der Eindruck, den man von seiner Gruppe hatte und er selbst war gar nicht so verkehrt.
 

An unserem ersten Prüfungstag begegneten wir uns natürlich, jedoch zogen wir es beide vor, uns nur mit einem kurzen Nicken zu grüßen. Das Angenehme an der Situation war, das tatsächlich keiner seiner Freunde leise festgestellt hatte, dass eine ‚Schwuchtel‘ anwesend war. Zunächst war mir das gar nicht aufgefallen, war ich doch viel zu sehr damit beschäftigt zu hoffen, dass Christian mich nicht auf das Campen ansprechen würde, doch als ich das Ganze noch einmal Review passieren ließ, bemerkte ich es. Hatte er etwa mit seinen Freunden gesprochen oder waren sie nur zu sehr mit sich und der bevorstehenden Prüfung beschäftigt gewesen?
 

Nach der zweiten Prüfung jedoch schien meine Schonfrist beendet zu sein. Als ich den Prüfungssaal verließ, kam Christian bereits direkt auf mich zu und augenblicklich fing es wieder an in meinem Kopf zu arbeiten.

„Na, wie lief die Prüfung?“, fragte er sofort locker, als er in meiner Nähe ankam.

„Es war in Ordnung. Und bei dir?“, fragte ich und versuchte dabei meine leichte Nervosität zu unterdrücken.

„Auch, aber hätte bestimmt besser laufen können“, sagte er und lachte er ein wenig.

„Das kann es doch eigentlich immer“, stimmte ich zu, brachte es aber nur zu einem Lächeln.

„Ich wollte mal fragen, ob du schon Zeit hattest, dir über mein Angebot Gedanken zu machen?“, wollte er schließlich grinsend wissen und am liebsten hätte ich nicht geantwortet, denn trotz des ganzen Kopfzerbrechens war ich noch immer kein Stück weitergekommen.
 

Tatsächlich zögerte ich wohl ein wenig zu lange mit meiner Antwort, denn Christians Augenbrauen gingen langsam in die Höhe und sein Lächeln wurde ein wenig schräg. „Noch gar keine Zeit gehabt?“, fragte er schließlich und ich schüttelte sofort den Kopf, um ihm zum einen zu zeigen, dass ich mir sehr wohl Gedanken gemacht hatte und zum anderen, um das Gedankenkarussell in meinem Kopf zum Stillstand zu bewegen. Leider klappte letzteres nicht so, wie ich es mir vorgestellt hatte und ich blinzelte ein paar Mal überfordert, bevor ich die Stirn kraus zog. Warum zerbrach ich mir überhaupt dermaßen den Kopf darüber? Scheiß drauf!
 

„Entschuldige, ich war gerade irgendwie noch in der Prüfung“, erklärte ich mein Schweigen nicht ganz Wahrheitsgetreu. „Erzähl mir mehr. Was hast du genau geplant?“, gab ich mir selbst einen Ruck und warf sämtliche bedenken in dem Moment über Bord.
 

Ende Kapitel 2



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