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Winter Glück

von

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Nichts ist auf Erden so schwer zu halten wie der Mund.

Als ich etwa anderthalb Stunden später vor der Haustür stand und klingelte, wunderte es mich nicht wirklich, dass keiner aufmachte.

Immerhin hatte Oliver ein eigenes Leben, mit eigenen Verpflichtungen.

Ich überlegte wieder nachhause zu fahren und Tanja zu bitten mir mein Handy mitzubringen, wenn sie Oliver das nächste Mal besuchen würde. Allerdings könnte das auch ein paar Wochen dauern und ich wusste nicht, wie ich das meiner Mutter erklären sollte, ohne, dass sie einen Tobsuchtsanfall bekam.

Ich seufzte schwer und ging einen Schritt von der Tür weg. Es würde mir also wirklich nichts anderes übrig bleiben, als hier auf ihn zu warten, wenn ich nicht den Zorn meiner Mutter auf mich ziehen wollte.

Zehn Minuten hielt ich es aus sinnlos herum zu stehen, danach lief ich die Straße ab und suchte nach einem Café, um mir von meinem letzten Kleingeld einen Kaffee zu holen.

Es konnte immerhin noch Stunden dauern, bis Oliver zurückkam – wenn ich Pech hatte.

Das nächste Café befand sich direkt zwischen einem Kiosk und einer Dönerbude in einem schmalen Geschäftsraum. Türen und Fenster waren mit smaragdgrünen Vorhängen aus Samt zugezogen. Auf den Scheiben stand in goldglänzender Schrift „zur goldgrünen Bohne“, dabei sahen die Pünktchen des „ü“ aus wie Kaffebohnen.

Ich blieb stehen und zog das Portemonnaie aus meinem Rucksack. Ein Kaffee hier war bestimmt nicht günstig, schmeckte aber mit Sicherheit besser als einer aus dem Kiosk. Außerdem hatte ich hier die Möglichkeit diesen im Warmen zu trinken.

Neben der Tür hing eine Karte und nach einem kurzen Blick musste ich feststellen, dass ich mir sogar noch zwei Cappuccino mit Haselnusssirup leisten konnte. Das sollte reichen um meine Wartezeit zu überbrücken!

Ein kleines Glöckchen über der Tür klingelte, als ich das Lokal betrat. Bis auf zwei junge Studentinnen, die direkt neben der Tür saßen, war das Café leer. Hinter der rustikalen Theke werkelte eine ältere Dame umher, füllte Kaffeebohnen in ihre Maschine und rückte anschließend Tassen und Untertassen hin und her, bis sie die perfekte Position dafür gefunden hatte.

Die grünen und senfgelben Sessel, die überall herumstanden sahen zwar sehr bequem aus, doch ich bevorzugte dann doch den gepolsterten Barhocker an der Theke. Das waren die richtigen Plätze für Leute die alleine unterwegs waren. Wenn man sich nämlich an einen Tisch setzte, der eigentlich für zwei oder mehr gedacht war, kam man sich immer so schrecklich einsam vor.

Ich machte beim Hinsetzen mit Absicht das ein oder andere überflüssige Geräusch, damit ich mich nicht erst räuspern musste, um wahrgenommen zu werden.

Die ältere Dame trug die Haare zu einem streng nachhinten gebundenen Knoten, der von einem tannengrünen Haarband mit weißen Punkten, zusammengehalten wurde.

Sie strahlte mich an, als wäre ich ihr der liebste Mensch auf Erden.

»Hallo mein Hübscher, was darf‘s sein?«, fragte sie mit recht starkem französischem Akzent.

Schüchtern gab ich meine Bestellung auf.

Sie nickte, drehte sich um und ging dann ihrem Handwerk nach.

Ich beschloss die Zeit zu nutzen und holte mein Mathematikbuch aus meinem Rucksack.

Nur leider konnte ich mich im Moment auf meine Hausaufgaben überhaupt nicht konzentrieren, weil mir die ganze Zeit das bevorstehende Treffen von mir und Oliver durch den Kopf spukte.

Die Angestellte schob mir von der anderen Seite der Theke meinen Kaffee zu. Ich bedankte mich leise bei ihr.

»Was machst du da? Sieht ganz schön schwer aus!«

»Ich zerbreche mir den Kopf an gleichschenkligen Dreiecken. Ist eigentlich ganz einfach«, antwortete ich, ohne sie anzusehen.

Die Kellnerin lachte und ich hörte an den knarrenden Parkettdielen, dass sie davon ging.

Weil ich mich eh nicht konzentrieren konnte, starrte ich die Kaffebohne aus Milchschaum in meinem Cappuccino an und lauschte mit dem einen Ohr der ruhigen Rockabilly Musik. Mit dem anderen versuche ich zu verstehen, was die Kellnerin zu den beiden Studentinnen sagte. Doch sie sprach französisch mit Ihnen und das verstehe ich nicht, also konzentrierte ich mich nun ganz auf die Musik. Während ich dann den ersten Schluck von meinem Cappuccino trank, klopfte ich leise den Takt auf meinem Oberschenkel mit. Ich setzte die Tasse wieder ab, starrte mein Mathematikbuch einen kurzen Moment an und klappte es schlussendlich wieder zu. Ich versuchte mich vor mir zu selbst zu rechtfertigen, dass ich im Moment nicht dazu in der Lage bin die Aufgaben nach bestem Wissen und Gewissen auszuführen. Also werde ich mich heute Abend noch hinsetzen müssen. Ich hoffte meine Mutter hatte neuen Kaffee gekauft.

Neben mir wurde der Hocker über die Dielen geschoben und eine zierliche Gestalt schwang sich auf die Sitzfläche. Aus dem Augenwinkel erkannte ich den weiten Rock der Kellnerin.

»Ich heiße Helene und du?«, stellte sie sich vor. Ihr französischer Akzent ist wirklich unverkennbar.

»Leon«, brummte ich und griff gleich wieder nach meiner Tasse.

Normalerweise war ich nicht so unhöflich – vor allem nicht zu Erwachsenen – aber im Moment war mir nicht nach reden zu Mute. Ich wollte einfach alleine vor mich hin vegetieren und meinen Gedanken nachhängen.

»Du kommst nicht aus Düsseldorf oder?«

Ich schüttelte den Kopf. Helene lachte leise.

»Das merkt man sofort! Düsseldorfer haben die Freundlichkeit nämlich mit einem Löffel gegessen und nicht mit einer Gabel!«

»Entschuldigung – heute ist einfach nicht mein Tag!«, murmelte ich.

»Wie kann denn ein so junger Mensch schon so etwas sagen? Jeder Tag sollte dein Tag sein!«

Ich zuckte mit den Schultern. »Pubertätsdepressionen. Die Pubertät ist doch die Ausrede für alles oder nicht?«

Helene lachte wieder. Ich könnte schwören, dass ihr französischer Akzent sogar darin mitschwang. »Ich wünschte diese Ausrede könnte ich auch benutzen!«

Ich hob den Kopf und sah sie mit hochgezogenen Augenbrauen an. »Die Pubertät gehört zu den ekeligsten Phasen des Lebens! Wer will die denn freiwillig zweimal durchmachen?«

Helene rümpfte die Nase. »Ohlala, daher weht also der Wind; der junge Herr hat Liebeskummer!«

Diese Situation könnte auch einem Hollywood-Film entsprungen sein. Denn in diesen haben gefühlt alle Kellner Psychologie studiert, bevor sie sich dazu entschieden haben lieber leere Teller und Gläser durch ein Lokal zu tragen.

»Ich habe keinen Liebeskummer, ich bin bloß verwirrt!«, gestand ich ehrlich.

Und das war ich wirklich. Denn normalerweise gab es für mich nichts Leichteres als Mathematikhausaufgaben. Aber sobald ich versuchte mich auf Katheten und Hypotenusen zu konzentrieren, tauchte sofort Oliver vor meinem inneren Auge auf und versuchte mir den Stoff zu erklären. Nur gilt meine Aufmerksamkeit dabei nicht dem was er sagte. Und sobald ich daran dachte, dass wir uns in ein paar Stunden wieder über den Weg laufen würden, begann ich zu schwitzen und bekam furchtbare Angst davor, etwas Falsches zu ihm zu sagen.

»Aber deine Verwirrung hat auf jeden Fall etwas mit einem Mädchen zu tun!«

»Woher willst du das wissen?«, stellte ich die Gegenfrage.

Im Moment ist es mir egal, wie frech das klingen mag. Denn ich fand es ziemlich unfreundlich von ihr über mich zu urteilen, obwohl sie mich gar nicht kannte.

»Ich habe sechs Kinder – zwei Jungen und vier Mädchen! Ich weiß wovon ich rede!«, erklärte sie lächelnd und tätschelte danach meinen Unterarm. »Möchtest du darüber reden? Ich bin eine gute Zuhörerin!«

Ich dachte einen kurzen Moment über ihr Angebot nach und schüttelte schlussendlich mit dem Kopf.

»Danke, das ist nett gemeint, aber ich muss mir selbst erst einmal ein genaues Bild über die Situation machen, bevor ich mit jemand anderem darüber sprechen kann. Im Moment weiß ich nicht mal, ob das alles richtig ist und ob ich das alles will!«, antwortete ich ehrlich.

Helene stemmte die Hände in die Hüften. »Aber wenn du hier sitzt und Cappuccino mit Haselnusssirup säufst, dann wirst du es auch nicht herausfinden. Und wenn du sie absichtlich meidest, machst du es ihr auch nicht leicht herauszufinden ob sie etwas von dir will – vor allem wird dadurch aber nichts besser!«, echauffierte sie sich und seufzte danach schwer. »Neben mir wohnt ein hübscher junger Mann. Jeden Morgen holt er sich hier einen Kaffee und jeden Freitagabend kommt er hier mit einem anderen Mann rein. Sie turteln immer herum wie zwei Frischverliebte und irgendwann gehen sie hoch in seine Wohnung und ich hoffe für ihn das es dieses Mal der Richtige ist. Doch jeden Freitag bringt er ein anderes Gesicht mit. Er ist aber kein Schürzenjäger, denn er sieht dabei nicht glücklich aus. Eher traurig und müde. Und ich wünsche mir sehr für ihn, dass er bald den Richtigen findet – jemand der ihn so zum strahlen bringt, wie er es verdient!«

Ich dachte kurz über das nach was sie gesagt hatte.

»Ich an seiner Stelle, hätte die Hoffnung schon längst aufgegeben«, sagte ich schließlich.

»Ich hoffe er wird es niemals tun. Alleinsein ist die Größte Strafe dieser Welt!«, antwortete Helene mit einem traurigen Ausdruck in den Augen.

Dieses Gespräch ging in die völlig falsche Richtung. Zum Glück war mein Cappuccino leer und ich konnte Helene damit beauftragen einen neuen zu machen.

Sie schnaubte verärgert. »Ich hatte ganz vergessen, dass ihr Teenager unangenehmen Themen ja lieber aus dem Weg geht, als sich damit auseinander zu setzen!«, sagte sie und schwang sich vom Barhocker.

Ich wollte gerne noch etwas zu meiner Verteidigung vorbringen, doch als mir die passenden Worte eingefallen waren, war Helene bereits verschwunden und tat von da an so, als würde sie mich nicht sehen.

Sie stellte mir mein Getränk vor die Nase und verlangte anschließend, dass ich meine Rechnung bezahlte. Sie meinte es nicht so böse wie es im Moment rüberkam. Eigentlich wollte sie mich durch ihre unterschwellige Aufforderung zu gehen, nur dazu animieren, dass ich dem Ursprung meiner Verwirrung gegenübertrete – zu mindestens hoffte ich, dass sie das so plante. Aber da der Grund für meine Verwirrung bestimmt noch nicht zu Hause war, ließ ich mir mit meinem Kaffee extra viel Zeit und grübelte alleine weiter.

Und das so intensiv, dass ich erst wieder von meinem Schoß hochsah, als mein Cappuccino schon längst kalt war und Helene Feierabend machen wollte.

Sie streichelte mir sanft über den Unterarm um meine Aufmerksamkeit zu bekommen.

»Ich kann mir vorstellen, dass diese Situation nicht leicht für dich ist, aber noch länger solltest du dich wirklich nicht davor drücken. Außerdem ist es schon spät und ich möchte gerne noch zu meinem Sohn!«, sagte sie.

Ich nickte, schob ihr die Tasse zu und stand dann auf. Während ich meine Jacke anzog sagte ich: »Es war nett hier! Du wirst mein deprimiertes Gesicht wohl öfters ertragen müssen!«

Sie lachte und wünschte mir einen schönen Abend, als ich zur Tür rausging.

Ich ging den Weg zu Olivers Haustür langsam zurück. Du willst nur dein Handy, sagte ich dabei immer wieder zu mir selbst, mehr nicht!

Doch als wir vor der Tür aufeinandertrafen, sprang mir das Herz vor Aufregung und Nervosität beinahe aus der Brust.

Er war sichtlich verwundert über meine Anwesenheit.

»Hi Leon, hätte nicht gedacht dich so schnell wiederzusehen. Kann ich was für dich tun?«

Ich riss mich gewaltsam von seinen Augen los und starrte lieber den parkenden Audi zu meiner linken an.

»Ich hab‘ mein Handy heute Morgen bei dir liegen gelassen und brauche das dringend! Kannst du es mir schnell geben? Danach verschwinde ich auch gleich wieder!«

Zu meiner Überraschung lachte Oliver nur leise in den Kragen seiner Jacke. »Wenn du magst, kannst du auch noch schnell mit hochkommen, dann musst du nicht hier in der Kälte warten!«

Die Glückshormon-Abteilung meines Gehirns begann schon wieder damit, pinke Herzchen durch meinen gesamten Körper zu pumpen. Doch bevor diese die komplette Kontrolle über mich übernahmen, schüttelte ich schnell mit dem Kopf. »Dafür habe ich leider überhaupt keine Zeit. Ich ähm … Bin … Bin nämlich noch verabredet«, stotterte ich vor mich hin.

Im Moment wollte ich lieber vor Scham im Erdboden versinken.

Oliver zog einen Moment die Augenbrauen hoch, dann grinste er. »Du bist ein ziemlich schlechter Lügner!«

»Musst du das Ganze noch schlimmer machen als es eh schon ist? Gib‘ mir einfach mein Handy, damit ich mich aus dem Staub machen kann«, quengelte ich, traute mich dabei nicht einmal ihm in die Augen zu sehen.

Ich erwartete Widerworte, hörte jedoch nur ein leises seufzen.

»Ist okay, ich hol‘ dein Handy«, sagte er.

Als ich hochsah fiel gerade die Haustür ins Schloss. Erleichtert atmete ich auf. Mein Mantra hatte bis hier super funktioniert.

Weil ich nicht wusste was ich mit der Wartezeit sonst anfangen sollte, fing ich an die vorbeifahrenden Autos zu zählen. Aber nur die roten und blauen. Im Dunkeln eine ziemlich dumme Idee.

15 hatte ich gezählt, als Oliver wenige Sekunden später wieder aus der Haustür heraustrat.

Wortlos hielt er mir mein Handy entgegen. Ich nahm es ihm ab und bedankte mich leise, während ich es in den tiefen meiner Jackentasche verschwinden ließ.

Es herrschte Stille zwischen uns. Ich wusste nicht, was ich zur Verabschiedung sagen sollte. Und einfach gehen wollte ich auch nicht.

Die Autos rasten an uns vorbei, über uns flackerte eine Straßenlaterne. Die Wahl- und Zirkusplakate am Mast flatterten umher. Von weitem hörte ich eine Gruppe Menschen auf uns zu kommen. Es wurde Zeit zu gehen!

Ich wollte gerade dazu ansetzen etwas zu sagen, als Oliver sich plötzlich räusperte. »Soll ich dich nach Hause fahren?«, fragte er mit zitternder Stimme.

Ich schloss den Mund wieder und dachte einen Moment ernsthaft über sein Angebot nach. Normalerweise zog ich ein Auto der Bahn immer vor. Doch ich wusste, dass es für mein verwirrtes Gehirn nicht gut wäre noch mehr Zeit in seiner Nähe zu verbringen.

»Nein. Die Bahn fährt und es nicht weit«, lehnte ich ab. »Aber vielen Dank.«

Wir schwiegen wieder, bis Oliver sich erneut räusperte. »Na dann wünsche ich dir noch einen schönen Abend.«

Ohne meine Antwort abzuwarten drehte er sich um und verschwand im Haus. Die Haustür knallte er regelrecht hinter sich zu.

Ich seufzte. »Ja dir auch«, sagte ich leise.

Dann vergrub ich das Kinn im Kragen meiner Jacke, die Hände in den Taschen und stapfte los in Richtung Straßenbahnhaltestelle.
 

Als ich ungefähr zwei Stunden später zu Hause ankam, war es bereits 22.00 Uhr.

Meine Mutter war nicht zuhause. Sie hat Nachtschicht im Krankenhaus. Mein Vater lag im Wohnzimmer auf dem Sofa und schaute die letzten Minuten von „Wer wird Millionär“.

Bevor er mich begrüßte, schaute er sich erst mein Oberteil an. Im Dunkeln ist das das einzige Unterscheidungskriterium zwischen mir und Maximilian. Meine Karohemden verrieten mich halt immer.

»Der Ausreißer ist ja wieder da«, begrüßte er mich und setzte sich auf. »Wie war’s denn in Düsseldorf?«

»Ganz nett«, antwortete ich kurz angebunden. »Hat Mama neuen Kaffee gekauft?«

Mein Vater war einen kurzen Moment verwirrt. Normalerweise erzählte ich immer lange und ausführlich von allem, weil das in meiner Gewohnheit lag. Doch über diese Geschichte wollte ich nicht weiter reden, weil es an sich überhaupt nichts zu bereden gab.

Als er sich wieder gefangen hatte, räusperte er sich verhalten. »Ja, Kaffee ist in der Küche und Nudelauflauf auch.«

Ich bedankte mich leise und huschte an ihm vorbei. Den Nudelauflauf ließ ich unberührt im Ofen. Ich befüllte die Kaffeemaschine und starrte dem Gebräu beim durchlaufen zu.

Circa fünf Minuten später gab sie ein leises piepsen von sich. Ich begnügte mich in diesem Fall jedoch nicht mit einer kleinen Tasse aus Mamas Kaffeeservice, sondern nahm mir gleich Papas Thermokanne. Die würde ich dann heute Abend zwar noch abwaschen müssen, aber diesen Aufwand nahm ich in Kauf. Dann blieb der Kaffee wenigstens warm und ich musste nicht alle 15 Minuten aufstehen und durch die ganze Wohnung rennen.

Als ich mit der Kanne wieder durchs Wohnzimmer ging, hielt mein Vater mich an. »Die brauche ich morgen früh – wasch die bloß auf nachher!«

»Ja, ja – gute Nacht!«, antwortete ich abwinkend und ging direkt in mein Zimmer.

Mein Bruder hörte Tecno-Musik im Nebenzimmer. Sein Date mit Jennifer schien als nicht wirklich erfolgreich gewesen zu sein, wenn er schon wieder zu Hause war.

Ich schloss leise die Tür hinter mir und schaltete gleich darauf meine Schreibtischlampe an. Ich setzte mich an den Tisch und holte mein Buch aus der Tasche.

Eine viertel Stunde versuchte ich mit Maximilians Musik zu koexistieren, doch die brummenden Bässe waren noch schlimmer, als an Oliver zu denken. Deswegen kramte ich meine Ohrstöpsel aus der obersten Schublade meines Schrankes und versenkte sie tief in meinen Ohren.

Ich konnte mich bei keiner Art von Musik konzentrieren. Ich brauchte absolute Ruhe um meine Hausaufgaben zu erledigen. Nur im Moment wurde mein Hirn von absoluter Stille nicht zum rechnen angeregt, sondern dazu, über Oliver nachzudenken.

Die Konzentration war weg, aber ich hatte keine Lust die ganze Nacht hier zu sitzen. Deswegen zwang ich mich dazu und schrieb die Ergebnisse hin, von denen ich dachte, dass sie richtig sind. Beim aufschreiben fiel mir auf, dass ich das erste Mal in meinem Leben wirklich absolut keine Lust darauf habe, meine Hausaufgaben zu machen.

Am Ende hatte ich nur die Hälfte meiner Kanne geleert und war trotzdem so müde, dass ich beinahe vom Stuhl fiel. Die Musik von meinem Bruder war schon lange aus und einen Blick auf die Uhr später, war ich von mir selbst erschrocken. Es war beinahe 2.00 Uhr. Und wenn ich daran dachte, dass ich morgen um halb sechs aufstehen musste, standen mir die Locken zu Berge.

Ich streckte mich und gähnte laut. Dann stand ich auf und schaltete das Licht aus. Mithilfe der integrierten Taschenlampe meines Smartphone suchte ich mir den Weg zum Bett und kroch dann unter meine Bettdecke.

Es dauerte keine zwei Minuten und Morpheus Arme nahmen mich gefangen. Und ich träumte von Oliver, der mich im Arm hielt, mich küsste und mir sagte wie sehr er mich liebte. Wie so ein kitschiger Film lief das ganze ab.

Als ich am nächsten Morgen aufwachte, bereute ich es, dass ich gestern nicht mit ihm in seine Wohnung gegangen war. Stattdessen hatte ich die einzige wirkliche Chance vertan, meinen ersten Kuss hinter mich zu bringen, mit jemandem, den ich mochte.

Ich vergrub den Kopf im Kopfkissen und schüttelte den Kopf über meine eigene Dummheit.

Und während mein Bruder mir auf dem Weg zur Schule alles über sein Date mit Jennifer erzählte, überlegte ich, wie ich wieder an Oliver rankommen konnte, ohne wie ein Stalker zu wirken.

Nur leider fiel mir nichts ein. Ich könnte meinen Bruder fragen, der hätte bestimmt eine Idee. Aber ich wusste nicht, wie ich Oliver tarnen konnte. Denn nur über meine Leiche würde ich meinem Bruder erzählen, dass ich davon träumte einen Mann zu küssen.

Und dann kam mir die rettende Idee: Milena!



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Kommentare zu diesem Kapitel (2)

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Von:  Onlyknow3
2019-03-11T08:53:48+00:00 11.03.2019 09:53
Er sollte es vielleicht sogar Oliver überlassen. Denn seine Reaktion, auf das "nein" von leon war eindeutig.
Auch ihm ging der er nicht mehr aus dem Kopf. Da ist was passiert, in der Nacht, bei beiden.
Weiter so, freue mich auch das nächste Kapitel.

LG
Onlyknow3
Von:  Usaria
2019-02-28T21:50:48+00:00 28.02.2019 22:50
Oh! Oh! tolles Kapitel, deine Überschriften sind immer so flippig.
Ich ahne noch jede Menge Verwirrung. So wie ich Max einschätze wird der doch bestimmt seinem schüchternen Bruder helfen wollen, und dann... Du solltest deine Geschichte um benennen in Chaos hoch 13, oder Chaos der Liebe. Den vom Neujahrsglück merkt man noch nicht´s. Oder kommt das später? Lieben Gruß Usaria


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