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Töten kann so einfach sein

Sommerwichteln 2018
von

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Man sollte meinen, dass es für eine Truppe Auftragskiller nicht schwer war, eine Person zu töten. Vor allem, wenn sich jene Person fast gar nicht um die eigene Sicherheit kümmerte, außer dieser jämmerliche Sicherheitsmann an seiner Seite und der konnte nicht alleine dafür verantwortlich sein, dass ihre Mordanschläge immer schiefgelaufen waren. Zumindest hatte Brad Crawford dies niemals in seinen Visionen gesehen und da mittlerweile der fünfte Versuch vereitelt worden war, musste er den Fehler finden. Auch wenn er sich sicher war, dass sie keinen begangen hatten. Dennoch, irgendwas mussten sie übersehen haben! Er würde es finden und höchstpersönlich ausmerzen.

Mit einer steilen, unzufriedenen Furche auf der Stirn und verbissen zusammen gekniffenen Augen starrte er aus der Fensterfront. Es herrschte tiefste Nacht in Tokio und so starrte nur sein Spiegelbild zurück. Er beachtete es nicht. Seine Gedanken kreisten um ihr Problem, solange bis jemand einfach sein Zimmer betrat. Nun gut, genau genommen war es nicht sein Zimmer, sondern das Schlafzimmer eines der teuersten Hotels in Tokio. Sie nutzten es als temporäre Basis und dies war sein Rückzugsort. Schuldig war dies allerdings egal.
 

„Dir ist bewusst, dass du davon Falten bekommst. Nicht wahr?“, durchbrach der Rotschopf die Stille und sorgte damit nur dafür, dass die Furche noch etwas tiefer wurde. „Nicht, dass es mich interessieren würde, aber ich dachte, du achtest auf dein Äußeres.“

Crawford verdrehte die Augen. Auf so etwas würde er sicherlich nicht reagieren und so lenkte er seine Aufmerksamkeit auf sein eigentliches Problem zurück, den immer noch quicklebendigen Benoit Labelle. französischer Modedesigner mit exquisitem Gaumen und Lebensstil.

„Das Glas kann nichts dafür, dass wir scheiterten“, war wieder Schuldigs Stimme zu hören. Crawford schloss kurz seine Augen und rieb sich über den Nasenrücken. Er hatte das große Bedürfnis, dem Anderen eine Kugel in den Kopf zu jagen, auch wenn normalerweise Farfarello solche Gelüste hatte. Vielleicht würde auch ein Schuss in die Schulter ausreichen. „Würde es nicht, du hättest nur einen deiner besten Männer verletzt.“

„Du könntest deine Arbeit auch gehandicapt verrichten“, widersprach Crawford und ärgerte sich im nächsten Moment, seine Stimme erhoben zu haben. Schuldig grinste viel zu zufrieden.

„Natürlich könnte ich das“ nickte er und ging hinüber zu der kleinen Sitzecke aus Sofa und Sessel, um auf dem dunklen Designertisch eine Flasche Whiskey und zwei Gläser abzustellen. „Aber ich wäre auch sehr unleidlich, weil mein Boss mich unbegründet angeschossen hat.“

Crawford schnaubte und verharrte weiterhin an seinem Platz. Er hatte keinen Grund, es sich gemütlich zu machen. „Was wird das?“

„Ich offeriere dir, ein Getränk mit mir einzunehmen“, kam es viel zu hochgestochen von Schuldig, der sich absolut wohl zu fühlen schien, dabei musste er wissen, wie unerwünscht er gerade war. Sicherlich hatte er gerade einen teuflischen Spaß an dieser Situation.

„Mit welchen Absichten?“

„Unterstellst du mir etwa niedere Absichten?“ wollte Schuldig wissen und neigte seinen Kopf, so als würde er ihn unterwürfig ansehen. Das dreckige Grinsen passte nur nicht ganz dazu. Danach ließ er das Spiel sein. „Ich will an deinen Gedanken teilhaben. Du grübelst viel zu sehr über unsere Fehlschläge nach und findest die Lösung nicht.“

„Und du hast sie?“ Mit verschränkten Armen trat er nun doch vom Fenster zurück und hielt seine Hand auffordernd auf. Schuldig schüttelte auf die Frage den Kopf, ehe er etwas von der goldbraunen Flüssigkeit in eines der Gläser schenkte und es ihm reichte. Danach schenkte er sich auch selber ein. „Was machen Nagi und Farfarello?“

„Wechselst du absichtlich das Thema?“ Schuldig musterte ihn aufmerksam und nachdenklich, doch Crawford sah nicht ein,zu antworten. Wenn er wollte, könnte er in seinem Kopf nachsehen, was er sicherlich auch machte. Wahrscheinlich sogar öfter als es ihm selber lieb war. Also trank er einen Schluck Whiskey und wartete darauf, dass er seine Fragen beantwortet bekam. Ansonsten würde er Schuldig doch herauswerden, mit oder ohne Verletzung.

„Nagi überwacht Labelle und Farfarello ist ruhig“, antwortete Schuldig schließlich. „Er wird nichts anstellen, er hat die Zwangsjacke an und wartet auf die nächste Aufgabe.“

„Wir haben nicht mehr viel Zeit. Er reist morgen Abend ab“, wechselte Crawford wieder das Thema.

„Also sollten wir möglichst schnell und präzise handeln, damit er dieses Mal auch wirklich stirbt. Er ist momentan in seinem Zimmer.“ Schuldig sah auffordernd zu ihm. „Was sagt Oracle dazu? Wäre es keine passende Möglichkeit?“

„Wir hatten schon mehrfach die passende Möglichkeit, doch jedes Mal ging es schief“, gab Crawford nur widerwillig zu.

„Und das obwohl du deine hellseherischen Fähigkeiten genutzt hast und ihn jedes Mal tot gesehen hast“, stichelte Schuldig grinsend nach. Der bitterböse Blick schien ihn nicht zu interessieren und so langsam bekam Crawford Kopfschmerzen. Er wusste sehr genau, dass er sich auf seine Fähigkeiten verlassen konnte und was er gesehen hatte. Benoit Labelle war jedes Mal tot gewesen.

Nachdenklich tippte mit dem Zeigefinger gegen sein Glas, blendete Schuldig aus und ging die Szenarien eines nach dem anderen wieder durch.

„Ist er allein in dem Zimmer?“

„Nein, der Sicherheitstyp ist bei ihm und schläft sehr unbequem auf dem Sessel und laut Terminplan steht auch für heute nichts mehr an. Er wäre also eine sehr passende... hey, wo willst du hin?“

Doch Crawford war schon dabei, das Zimmer zu verlassen. Das halbleere Glas stellte er einfach auf das Nachttischchen und dann war er auch schon aus dem Raum hinausgestürmt, während Schuldig leise fluchte und sich beeilte ihm nachzukommen.
 

„Nagi, welche Informationen haben wir über Arsène Lèvesque?“ forderte Crawford unumwunden, sobald er den Wohnbereich der Suite betreten hatte. Der Jüngste wandte nur kurz seine Aufmerksamkeit ihm zu, ehe seine Finger über die Tastatur flogen.

„Das ist alles, was wir über ihn haben“, murmelte er leise. Crawford lehnte sich etwas hinab, damit er die Informationen besser lesen konnte. Am oberen Bildschirm waren vier kleine Bilder zu sehen. Sie zeigten einmal den schlafenden Arsène – seine Schlafposition sah in der Tat sehr ungemütlich aus, das Bett war verlassen, ebenso wie der Balkon, im Bad waren Dampfschwaden zu sehen und gerade erhob sich der Modedesigner aus der heißen Wanne. Nicht der angenehmste Anblick, aber er hatte schon weitaus schlimmeres gesehen. Nagi gab einen unzufriedenen Laut von sich, was Schuldig als Anlass nahm, sich wieder einzumischen.

„Ist das für unseren Knirps zu nackt oder zu alt?“

„Halt die Klappe!“ zischte Nagi, der sich dann auch schon wieder an Crawford wandte. „Was suchst du? Wir haben ihn doch schon durchleuchtet.“

„Da hat er recht und es gab überhaupt nichts Interessantes an ihn. Er ist nicht einmal besonders gut darin, auf seinen Auftraggeber aufzupassen“, stimmte Schuldig zu.

Was suchst du also?, hörte er auch schon die Stimme des Telepathen in seinem Kopf.

Siehst du das etwa nicht in meinen Gedanken? Crawford konnte nicht widerstehen ihm ebenfalls gedanklich zu antworten. Schuldig würde es schon hören, auch wenn Nagi nicht begeistert wäre, wenn sie ihn ausschließen.

Du suchst den Fehler, aber was hat dieser Vollpfosten damit zu tun?

Crawford reagierte nicht sofort darauf, sondern ging die Daten noch einmal durch. Arsène Lèvesque , 29 Jahre, geboren in Marseille, 189 cm groß und mit 71 kg nicht gerade schwer. Er war nach der Schule in der Firma seines Vaters zum Security ausgebildet wurden. Eher mäßig, dennoch hatte er schon hohe Tiere beschützt und nun war er seit einem Jahr für den Modeschöpfer verantwortlich.

Bla, bla, bla! Da steht überhaupt nichts Interessantes!, beschwerte sich Schuldig wieder gedanklich und Crawford schnaubte.

„Könntet ihr bitte aufhören über meinen Kopf hinweg telepathisch miteinander zu reden?“, beschwerte sich Nagi und schloss einfach alle Fenster, die Informationen zu Arsène beinhalteten.

„Das war kindisch“, lachte Schuldig und ignorierte wieder einmal einen wütenden Blick, den man ihm zuwarf.

„Wir haben nicht miteinander geredet, Schuldig hat sich aufgeführt wir ein kleines schmollendes Kind“, korrigierte Crawford genervt. „Arsène muss das Problem sein. Etwas müssen wir bei ihm übersehen haben.“

„Wir oder du?“, stänkerte der Telepath auch schon wieder und Crawford hätte es gerne übergangen, wäre Nagi nicht mit auf den Zug gesprungen. „Du hast gesagt, dass wir Erfolg bei unseren Tötungsversuchen haben werden, aber er lebt dennoch immer noch. Also?“

„Wir erinnern uns komischerweise auch immer daran, dass der Mord geglückt ist.“ Schuldig verschränkte die Arme auf eine Arte, die Crawford wie eine Karikatur seiner selbst vorkam. Er hasste es, ebenso wie die ganze Diskussion. Jedes Mal hatte er den Leichnam gesehen und sich über die weitere Zukunft nicht gekümmert. Crawfords Augen weiteten sich für wenige Sekunden. Da war der Fehler!

„Arsène ist tatsächlich der Fehler“, stellte Schuldig ernüchternd fest, als er mal wieder in den Gedanken von Crawford herumwühlte.

„Wie?“, wollte Nagi wissen und wandte sich nun tatsächlich ganz von dem Computer ab.

„Er kann in die Vergangenheit springen und Dinge ändern“, knurrte Crawford. „Deswegen werden wir ihn nun zuerst töten und dann seinen Boss, damit das Thema endlich vom Tisch ist.“

„Das soll heißen, du hättest es uns schon gleich einfacher machen können, indem...“, schlussfolgerte der Jüngste, ehe ihn der mahnende Blick von Crawford zum Schweigen brachte. Nagi hatte dann doch noch etwas mehr Respekt vor ihm als Schuldig; dieser grinste. „Soll ich Farfarello holen?“

„Nein, wir erledigen das“, bestimmte Crawford und nickte Nagi zu, damit er alles über den Computer überwachen sollte.

„Falls etwas schiefgehen sollte...“, begann Nagi, wurde aber unwirsch von Crawford unterbrochen. „Es wird nicht schiefgehen.“

„Nicht nachdem er schon einen Fehler gemacht hat oder fünf, wenn man es genau nehmen will“, zischte Schuldig ihm zu, ehe die beiden Älteren den Raum verließen.
 

„... schicke ich dennoch Farfarello nach“, beendete Nagi schmollenden seinen Satz. Er hatte keine Ahnung, wie so etwas gehen sollte. In die Vergangenheit springen und etwas ändern. Warum erinnerte er sich nicht daran, dass etwas anders war? Nachdenklich biss er sich auf seine Lippe und begann schnell auf seine Tastatur einzutippen. Irgendwelche Aufnahmen musste es geben, die bewiesen, dass Crawford recht hatte und ihre Erinnerungen sie nicht täuschten. Beim ersten Mordversuch in einem Restaurant konnte er nichts finden. Es gab keine Kameraaufnahmen. Auch beim zweiten oder dritten fanden sich keine brauchbaren Aufnahmen. Es zermürbte Nagi und er schlug frustrierte die Hände über dem Kopf zusammen. Kurz atmete er tief ein und aus, dann suchte er sich die Kameras zu ihrem vierten Mordversuch.
 

„Und du meinst, dieses Mal klappt es?“ Schuldig konnte es nicht lassen und musste Crawford noch ein bisschen weiter piesacken. Wie oft passierte es schon, dass sich Oracle irrte? Bei Kleinigkeiten außerhalb ihrer Aufträge, war dies sicherlich schon ein oder zweimal vorgekommen, aber nicht wie jetzt. Er freute sich diebisch darüber, dass ihr Chef mal einen Fehler begangen hatte. Auch wenn er sicherlich dafür noch bezahlen würde, aber bis dahin genoss er es in vollen Zügen. „Ich meine, nicht dass wir den sechsten Fehlschlag machen. Weißt du, das frustriert nur und nachher könnte noch jemand auf die dumme Idee kommen und gegen den Chef eine Meuterei anzetteln.“

Er hatte gehofft, dass er Crawford schon jetzt reizen würde und er seine Waffe auf ihn richten würde. In seinen Gedanken hatte er diesen Wunsch nun schon zum zweiten Mal gesehen am heutigen Abend. Noch schien er ihm den Gefallen aber nicht tun zu wollen.

„Dieses Mal unterläuft uns kein Fehler. Öffne die Tür!“ forderte Crawford ruhig und nickte Richtung Tür.

Schuldig sah ihn einen Moment irritiert an, ehe er die Kamera im Gang suchte. „Nagi ist beschäftigt.“

„Womit? Schaut er sich etwa Pornos an?“, grinste Schuldig und bekam dafür nur ein Augenverdrehen. Crawford zeigte wieder auf die Tür. „Die Kleinen werden so schnell erwachsen.“

„Nicht jeder hat es so nötig wie du“, brummte es hinter ihm und Schuldigs Mundwinkel zuckten noch ein Stück höher, ehe er sich seiner Aufgabe widmete.

„Es würde ihm aber nicht schaden, wenn er sich ein wenig damit auseinandersetzt“, murmelte der Telepath, ehe es Klick machte und die Tür sich öffnete. Er streckte seine telepathischen Fühler aus, ehe er die Suite von Benoit betrat.

Er ist wach, ließ er Crawford wissen.

„Ich weiß. Er erwartet uns.“ Crawford trat an ihm vorbei. Sein Blick ruhte kurz auf Schuldig und dieser bildete sich doch glatt ein, dass die Mundwinkel sich für eine Millisekunde zu einem fiesen Grinsen anhoben. Doch es war einfach wieder zu schnell verschwunden, als dass er sich sicher sein konnte.
 

„Da bist du“, murmelte Nagi und betrachtete die Aufzeichnung. Arsène verließ gerade über den Hinterausgang die Halle für die Haute-Couture-Aufführung. Er machte sich eine Zigarette an und verschwand zwischen den Lkws. Dann erschienen Schuldig und Farfarello. Pünktlich. Wie auch nicht anders zu erwarten. Nach weniger als fünf Minuten waren sie zurück. Der Ire schien zufrieden, wischte sein Messer an einem Tuch ab, welches er dann wegschmiss. Schon waren sie aus dem Bild und Arsène kehrte wieder zurück. Er sah ganz entspannt aus und betrat die Halle. Zwei Minuten später kam er wieder raus, trug einen großen schwarzen Müllsack bei sich, den er mit Hilfe eines Mitarbeiters in eine der großen Müllcontainer warf und dann winkte er und – Nagi schnappte nach Luft – da kam doch tatsächlich Benoit Labelle hinter einem der Lkws hervor. Er schien aufgeregt zu sein, doch Arsène beruhigte ihn und sie gingen wieder hinein.
 

„Bonsoir messieurs dames!“, wurden sie von Arsène begrüßt. Er lehnte entspannt an dem Sessel, in dem er eben noch geschlafen hatte. Seine fransigen hellbraunen Strähnen hingen wirr in seinem Gesicht und ließen ihn mit den knittrigen und unordentlichen Klamotten aussehen, als wäre er irgendein Penner. Arsène sagte noch etwas auf Französisch. Schuldig mochte die Sprache nicht. Da hörten sich die übelsten Beschimpfungen immer noch wie eine Liebeserklärung an. Außerdem tat er sich mit der Aussprache schwer und so überließ er es lieber Crawford, zu reden.

„Bonsoir Monsieur Lèvesque!“, übernahm er auch schon das Ruder. „Parlez-vous anglais ou japonais?“

„Oui! Ich spreche English“, war die akzentlastige Antwort des Franzosen. Er grinste träge und zeigte mit dem Finger auf die geschlossene Schlafzimmertür. „Er liegt darin.“

„Warum überlässt du ihn uns jetzt?“ Crawford verschränkte seine Arme, wirkte aber ansonsten nicht angespannt. Anders sah es bei Schuldig aus, ihm gefiel das Ganze nicht. Es schrie nach einer Falle und das musste auch sein Boss wissen. Vielleicht hätte er ihn mehr ausfragen sollen, anstatt zu piesacken. Oder war das Crawfords Rache für seine Schadenfreude?

„Sagen wir einfach, ich habe bekommen, was ich wollte und nun könnt ihr ihn haben?“ entgegnete Arsène wieder.

„Augenscheinlich. Ich weiß, dass Benoit Labelle schon tot in seinem Bett liegt. Du hast ihn vergiftet.“ Das träge Lächeln von dem Franzosen verrutschte eine geschlagene Minute und ließ Schuldig dreckig grinsen. „Was hast du also von ihm bekommen, dass er unsere Anschläge überlebt hat?“

Kurz trafen sich Schuldig und Crawfords Blicke, dann begann er mit der Arbeit und durchforstete den Geist des Franzosen auf mögliche Hinweise. Er hatte bis jetzt nur oberflächlich angekratzt und die tiefe Zufriedenheit hinter dem Plan des Anderen erkannt. Arsène hatte tatsächlich gedacht, dass er sie wieder überlisten könnte.

„Das ist nicht von Belang“ blockte er nun ab, was Crawford ein charmantes Lächeln entlockte. „Wichtig ist doch nur, dass er nun tot ist und ihr beruhigt anderen Aufgaben nachgehen könnt.“

„Meinst du, die haben wir?“ grinste Schuldig von einem Ohr zum anderen, ehe er Crawford mitteilte, was er von dem Modeschöpfer bekommen hatte. „Vielleicht ist unsere nächste Aufgabe, dich umzubringen?“

Arsène wurde bleich. Schuldig lachte dreckig, verstummte dank Crawfords mahnenden Blick aber wieder.

„Du kannst beruhigt abreisen, wir haben kein Interesse an dir“, beruhigte er den Franzosen und verabschiedete sich danach.

„Kein Wort“, wies Crawford Schuldig an, nachdem die Tür hinter ihnen ins Schloss gefallen war.
 

„Wie ist das möglich?“ Er konnte keine Fehler auf der Aufnahme sehen und sich auch nicht erklären, wie genau dies mit dem Sprung in die Vergangenheit aussehen sollte. Er spulte zurück, weiter als zuvor, und konnte sehen wie Benoit aus der Halle gebracht wurde und wenig später ein anderer Mann mit Arsène hineinging. War dies etwa ein Double? Aber wie war dies Crawford nicht aufgefallen? Nagi konnte hier nicht mit Logik vorgehen und er sollte sich auch lieber um die jetzige Überwachung kümmern. Aber er sah nur noch zwei Leichen, weder Crawford, noch Schuldig waren zu hören. Dafür hörte er das Klicken des Türschlosses. Als er sich umdrehte waren die Beiden wieder zurück.

„Er hat Informationen über uns gesammelt und du lässt ihn einfach gehen?“, platzte es aus Schuldig heraus. Nagi runzelte nur verwirrt die Stirn. Er sollte sich nachher nochmal die Bänder ansehen. Vielleicht könnte er das auch jetzt tun, wenn sie sich stritten. Er hackte sich in die Aufnahmen ein und ließ sie leise abspielen, während er mit einem Ohr der aufkommenden Diskussion folgte.

„Ich habe nicht vor ihn einfach gehen zu lassen.“ Einfache Worte, die Nagi schmunzeln ließen. Sein Glück, dass sein Gesicht in Richtung des Bildschirms gerichtet war. So sah keiner von Beiden es. Schuldig mochte es gar nicht, wenn man über ihn lachte und Nagi war nicht sehr erpicht darauf, nun die schlechte Laune abzubekommen. „Er wird jetzt seine Sachen packen und den Flug in zwei Stunden nehmen. Du wirst am Flughafen auf ihn warten und ihn erschießen oder soll sich Farfarello darum kümmern?“

Es herrschte ein Moment Stille, in der Nagi die Lautstärke an seinem Rechner drosselte, damit die Beiden nicht doch mitbekamen, was er tat. Aber sie dauerte ihm zu lange und so drehte er sich dann doch um. „Ihr tut es schon wieder.“

„Tun wir nicht“, widersprach Schuldig. „In zwei Stunden, huh? Ich kümmere mich um ihn.“

Crawford nickte und wandte sich an den Jüngsten. „Wenn du fertig bist, löschst du die Bänder bitte und packst deine Sachen zusammen. Wir reisen ab.“

„Natürlich. Haben wir schon den nächsten Auftrag?“, wollte er wissen. Nicht, dass es ihn wirklich interessierte. Es gab immer einen nächsten Auftrag und sei es, dass er sich irgendwo hinein hacken musste.

„Ja, wir fliegen nach Frankreich. Dort gibt es Leute, die zu neugierig sind.“ Crawford grinste schmallippig.
 

Am nächsten Tag wurde in den Nachrichten von dem tragischen Mord an dem französischen Modedesigner Benoit Labelle berichtet. Er sei von seinem engsten Vertrauten und Security Arsène Lèvesque kaltblütig ermordet worden und dieser wollte mit dem Geld untertauchen, aber er habe dann aus noch ungeklärten Umständen auf der Flughafentoilette Selbstmord begangen. Dies alles habe man aus einer geheimen Quelle, während die Polizei noch keine Informationen bekannt geben wollte.
 

Crawford hörte sich die Nachrichten in einem Privatjet an. Schuldig stöhnte und schimpfte über die französische Sprache. Farfarello saß still in seiner Zwangsjacke am anderen Ende des Raumes und Nagi hatte seine Aufmerksamkeit auf den Laptop vor ihm gerichtet. Crawford war äußerst zufrieden, vor allem weil er wusste, dass ihr Aufenthalt nicht von langer Dauer sein würde. Natürlich erzählte er dies nicht dem Rotschopf, sondern ließ ihn in dem Glauben, dass sie für mehrere Wochen hier sein würden. Rache war bekanntlich süß und Crawford würde seinerseits jede Minute davon genießen.

„Je ne parle pas français. Merk' dir einfach diesen Satz, Schuldig“, unterbrach Crawford die Schimpftirade und ließ sich zu einem Grinsen hinab, was der Angesprochene nicht erwiderte.

„Ich werde einen Teufel tun! Du kannst mit ihnen reden so viel du willst“, widersprach Schuldig. Crawford wusste, dass er ihn sich sehr wohl merken würde, ebenso wie er diverse andere Sätze und Fragen beherrschte und sogar nutzen würde. Aber er ließ es dabei bleiben und lehnte sich entspannte in seinem Sitz zurück.



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Kommentare zu diesem Kapitel (2)

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Von:  _Delacroix_
2018-10-15T11:15:37+00:00 15.10.2018 13:15
Hallo  Kim_Seokjin,
 
ich hatte ja auch zu dieser Geschichte schon was im Wichtelthread gesagt, aber ich will es mir natürlich nicht nehmen lassen, es hier noch mal ganz offiziell zu wiederholen.

Ich freue mich wirklich, dass du dich an diesen - ja, wirklich schon alten - Anime gewagt hast und ich freue mich auch über Crawford. (Den ich auch gut getroffen fand, genau wie Nagi und Schuldig). Nur zur Story selbst kann ich leider nicht viel sagen, weil ich sie leider nicht verstanden habe. Vermutlich liegt es irgendwie an mir, aber auch mehrmaliges lesen, hat da leider nicht geholfen. Ich kapier's einfach nicht. Sorry.
 
Trotz allem freue ich mich sehr über Crawford. Vielen Dank, dass du ihn mir geschrieben hast.^^
Antwort von:  Kim_Seokjin
15.10.2018 22:49
Es tut mir schrecklich Leid, dass vielleicht hätte ich mich besser ausdrücken und erklären sollen. Manchmal sind für einem selber die Sachen absolut logisch, während es für Außenstehende nicht so ist.

Aber es freut mich natürlich, dass du dir Crawford gefällt. <3
Von: abgemeldet
2018-10-15T06:30:50+00:00 15.10.2018 08:30
Huhu :3

ich hatte mit einem Auge im Wichtel-Thread gelesen, dass du etwas zu WK geschrieben hast, und musste mich direkt draufstürzen! :D Das Gefoppe von Brad und Schuldig (hach!) ist einfach herrlich! Armer Nagi, bei den Beiden würde ich auch lieber live zuhören, als daneben zu sitzen in dem Wissen, dass sich die Highlights wieder nur in deren Köpfen abspielen.

Mir gefällt deine Plot-Idee wahnsinnig gut! So ein Vergangenheitsspringer ist definitiv ein cooler Ansatz, auch wenn ich nicht hundertprozentig sicher bin, ob ich das wirklich restlos verstanden habe x‘D Die Dynamik zwischen Brad und Schuldig ist jedenfalls super unterhaltsam! Was das Französische betrifft, bin ich übrigens ganz auf Schuldigs Seite - ich versteh selbst kein Wort und bin immer froh, wenn jemand anderes für mich spricht, wenn es Richtung Frankreich geht (ach, und der Song macht mich auch wahnsinnig xD Ich wette, Schuldig sieht das ähnlich 8)).

Eine sehr schöne Geschichte, danke dafür! <3
Antwort von:  Kim_Seokjin
15.10.2018 22:47
Das freut mich ehrlich! Ich hatte sehr viel Freude an Schuldig und Crawford! <3 Mit Nagi hatte ich tatsächlich auch Mitleid. Der arme Kerl! Ich würde irgendwann ausrasten, wenn die Zwei das zu oft machen würden.

Du bist damit wohl nicht alleine, dass man es nicht ganz verstanden hat. Ich hätte da vielleicht ein bisschen mehr Erklärung dazu schieben sollen.

Vielen Dank für deinen Kommentar!


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