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Pride

von

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Samstag
 

Ich wollte eigentlich nur kurz die Augen zumachen, wurde allerdings erst wieder wach als mein Wecker klingelte.

Genervt nahm ich mein Handy in die Hand. 9 Uhr. Warte, 9 Uhr?! Wie viele Male hab ich bitte Snooze gedrückt?! Ich soll doch um 10 Uhr bei Kilian sein!

Hastig sprang ich auf und schleuderte Kosmo dabei unsanft runter.

“Tut mir leid”, rief ich und beeilte mich ins Bad. Als ich nach einer kurzen Dusche wieder aus dem Bad kam. Stand das Fenster in meinem Zimmer offen und Kosmo war weg.

Wahrscheinlich hatte ich es gestern Abend nicht richtig zugemacht und der Kater hat es beim Versuch rauszukommen geöffnet. Ich hatte allerdings auch keine Zeit mir weiter darüber Gedanken zu machen, die Zeit lief mir davon.

Mehr durch ein Wunder stand ich tatsächlich fast pünktlich, vor Kilians Haus und hatte sogar das Auto dabei.

Kilian wartete allerdings nicht draußen, wie ich gehofft hatte. Auch auf meine WhatsApp Nachrichten, bekam ich keine Antwort.

Musste ich echt klingen?

Unmotiviert stieg ich aus dem Auto und schlurfte zur Tür, alles extra langsam, in der Hoffnung Kilian würde von allein rauskommen. Leider war es vergebens und ich musste klingen.

Im Haus blieb es ruhig, nur eine rot-weiße Katze sprang ins Fenster neben der Tür und betrachtete mich.Sie hatte schöne grüne Augen und dichtes, schönes Fell. Warum hatte ich in letzter Zeit so ein Interesse an Katzen? Und warum hatten sie plötzlich so ein Interesse an mir?

Wenn Kosmo nur wüsste, dass ich andere Katzen betrachte…

In meinem Kopf machte sich der Gedanke breit, dass ich am falschen Haus war. Es war eigentlich unmöglich, aber auf logische Zureden wollte mein Gehirn gerade nicht eingehen.

Endlich bewegte sich im Haus etwas und bei mir setzte sofort der Fluchtreflex ein.

Langsam ging ich zurück zum Auto und überlegte mir bereits eine Ausrede für den ahnungslosen Hausbesitzer. Aktuell schwankte ich zwischen : “Ich bringe Ihn frohe Kunde von Gott.” und “Ich verkaufe Schokolade für die örtlichen Pfadfinder.”

“Alexis, warte!” hörte ich eine bekannte Stimme rufen. “Wir kommen gleich! ”

Ich drehte mich herum. Nicht Kilian, sondern Cain stand in der Tür.

Oh Gott, was ist bloß los heute?

Zaghaft lief ich zurück.

“Was machst du denn hier? ”, fragte ich ihn.

“Ich wohne hier”, antwortet er verwundert.

“Und Kilian?”

“Ja, der auch.” Cain drehte seinen Kopf ins Haus und schrie: “KILIAN! Komm schon, Mann!”

Scheiße, wenn Cain mitkommt, dann kann ich mich ja nur blamieren!

Man hörte im Haus eine Tür knallen. Kilian tauchte endlich auf, mit drei dicken Büchern in den Armen. Die Bücher sahen alt aus, sehr alt sogar. Sie waren in Leder gebunden und die Einbände waren handschriftlich beschriftet wurden.

“Cain kommt übrigens mit”, erklärte Kilian etwas verspätet. “Ich hoffe, es macht dir nichts aus.” Mein Mitspracherecht war wohl eher eine Farce.

Endlich waren alle bereit und wir konnten fahren.

Kilian bestand auf den Beifahrersitz, weil er navigieren wollte. Das war mir ganz recht, denn Cain würde mich nervöser machen als ich es eh schon war. Er sah hinten und erkläre sich zum DJ für die Fahrt.

Zum Glück war Kilian ein besserer Navigator, als Cain ein DJ.

Er war sich nicht sicher was er spielen sollte und schaltete die Songs immer nach ein paar Sekunden wieder, weil er dann doch nicht mit ihnen zufrieden war.

Die Inspiration kam ihm erst als wir auf der Staße eine Ausfahrt Richtung Fleetwood sahen.

Jetzt wurde Fleetwood Mac aufgelegt und mit ihnen auch alle anderen Kult Künstler der 70er.

Laut Cain waren die 70er eh die beste Zeit für Musik gewesen und ich stimmte ihm natürlich zu, ohne die Musik vorher jemals gehört zu haben. Man musste sich immerhin beliebt machen.

Mir gefiel die Musik tatsächlich, allerdings hätte er in meinem Zustand, eh jegliche Musik anmachen können und sie hätte mir gefallen.

Kilian blätterte hastig durch seine Bücher, als wolle er sie auf der Fahrt noch alle durchlesen.

Nach der ersten Stunde Fahrt verstand ich, dass ich die Strecke eindeutig unterschätzt hatte und wir hatten noch eineinhalb Stunden zu fahren. Und die Rückfahrt… Böser Fehler meinerseits.

Wann immer der Verkehr es zuließ, sah ich in den Rückspiegel zu Cain um mich etwas zu motivieren. Er ging in der Musik total auf, trommelte und sang mit, fast schon mit einer kindlichen Begeisterung.

Allerdings langweilte ich mich trotzdem ziemlich. Der Highway bot nicht viel Abwechslung und Gespräche kamen auch nicht so wirklich zustande.

“Was liest du da eigentlich? ”, fragte ich Kilian, um mich bei Laune zu halten.

Er lachte peinlich berührt. “Ich glaube nicht, dass du dich dafür interessiert.”

“Ach sag schon. Sonst schlaf ich hier noch ein.”

“Aber du darfst nicht lachen.”

“Versprochen.”

“Das ist eine Sammlung von verschiedenen Naturritualen, Zaubern und Tränken.”

“Alles klar...” So hätte ich ihn echt nicht eingeschätzt, er kam mir immer so rational vor. Nun gut, es war ja nichts verwerfliches.

“Glaubst du daran?”, interessierte ich mich.

“Schon. Und du?” In seinem Ton klang eine gewisse Gereiztheit über diese Frage mit. Wahrscheinlich hatte er sie zu häufig gehört.

“Teilweise.”, log ich. Eigentlich glaube ich gar nicht an diesen Quatsch, aber ich wollte die Stimmung nicht schon auf der Hinfahrt total vermiesen.

Ich hörte wie Kilian seufzte. Er war mit der Antwort wohl nicht wirklich zufrieden..

Vielleicht hör ich lieber auf zu reden, bevor es zu spät ist.

“Alexis, ich muss dir ja noch meinen Traum erzählen.”, meldete sich Cain von der Rückbank. Und was für ein Traum es war! Er beschrieb erstmal ein ganzes dystopisches Science-Fiction Setting, bevor er überhaupt zum eigentlichen Inhalt kam.

Er hat geträumt, dass er Drohnen für eine Straßengang repariert hat, die gegen eine andere Gang um die digitale Vorherrschaft in der Welt kämpfte. Kilian war ein Hacker und Newy auch. Sie waren auch in dieser Gang. Und ich war wohl auch irgendwie da, auch wenn er sich nicht mehr richtig erinnerte warum.

“Sie wollten mich verhaften und ich bin weggeräumt. Und dann bin ich aufgewacht.”, beendete er seine Erzählung.

“Hast du schonmal daran gedacht so aufzuschreiben? Ich würde es auf jeden Fall lesen. ”, interessierte ich mich.

“Uhhh heikles Thema”, flüsterte Kilian.

“Ich hab es versucht... oft...” Im Rückspiegel sah ich wie Cain dramatisch aus dem Fenster starrte. “Aber ich hab es nie hinbekommen. Ich kann einfach besser erzählen, als ich schreiben kann.”

“Wie oft denn noch, das Geschriebene war super. Du darfst bloß nicht nach 2 Kapiteln aufhören!”, meinte Kilian.

“Schreiben ist anstrengend und ich mag es nicht., gestand Cain nun.

“Ja, das klingt schon eher nach der Wahrheit.”

“Du bist heute gemein! Ich dachte ich habe einen entspannten TAg, weil Newy mich nicht nerven kann, aber ihr hat euch wohl abgesprochen.”

Ich musste etwas lächeln.

“Ich kann dir noch so viele Ideen erzählen! ”, sagte Cain. “Du bist nämlich nett zu mir!”

“Nur zu! Du hast noch die gesamte Fahrt.”, beschwor ich das Unheil.

Das war nur die Antwort auf die Cain gewartet hatte. Er erzählte von allem was ihm je im Kopf herum geschworen war oder was er irgendwann mal geträumt hatte. Von Drachen über Raumschiffe bis zu sprechenden Pflanzen, war alles dabei.

Und ich könnte glücklicher nicht sein. Erstens hatte ich endlich meine Unterhaltung für die fahrt, zweitens war es auch noch gute Unterhaltung und drittens es war Cain.

Kilian ließ sich weder durch die Erzählung, noch von einem seiner Anfälle, von seinen Büchern ablenken.
 

In Philadelphia regnete es, also so viel zum Thema Sightseeing.

Also gingen wir eigentlich nur einkaufen und dafür sind wir fast 100 Meilen gefahren…

Wir kamen auch an einem Tierfachgeschäft vorbei und ich erinnerte mich, dass ich ja Kosmos etwas kaufen wollte.

Ich war allerdings mit der Auswahl an Sachen dort etwas überfordert, 1000 Sorten an verschieden Futter und Spielzeug.

“Ihr habt doch eine Katze.” sagte ich zu meine beiden Begleitern.

Kilian und Cain wechselten verwirrte Blicke aus.

“Die rote Katze… Ich hab sie im Fenster gesehen.”

“Ach die…”,meinte Cain. Jetzt war ich verwirrt, hat er vergessen, dass er eine hat?

“Wir haben sogar drei Katzen”, erklärte Kilian.

“Was kauft ihr denn so für sie?”

“Was brauchst du denn?”, interessierte sich Cain.

“Naja primär erstmal Futter und vielleicht etwas zur Beschäftigung.”

“Du willste dir eine Katze zulegen?”, fragte er mich als ich ihm zum Futterregal folgte.

“Naja ich hab mir etwas unfreiwillig eine angelacht. - Die, die Newy mal dabei hatte.”, sagte ich zu Kilian, der uns ebenfalls nachlief.

“Na dann, viel Spaß”, meinte Kilian. “Er ist sehr wählerisch. ”

“Wir finden schon was.”, versicherte Cain wiederum.

Er studierte die Etiketten wirklich sehr genau, bevor er mir ein paar Dosen in die Hand drückte.

Beim Spielzeug brauchte er nicht so lange. Es beschränkte sich auf einen Ball und ein einzeln verpacktes Kissen.

“Schmusekissen mit Baldrian”, las ich vor. “Was ist das genau?”

“Drogen für Katzen”, lachte Cain. “Die stehen da total drauf.”

Kilian allerdings riet mir allerdings davon ab, es zu kaufen. “Das sieht total ekelhaft aus, wenn sie damit spielen. Alles voller Sabber.”

“Aber es ist der Shit!... für Katzen....”, empörte sich Cain.

Also hatte ich keine Wahl als das Kissen auch zu kaufen.

Am Ende unserer Shopping Tour kamen wir endlich zu dem Laden, wegen dem wir eigentlich hier waren. Und es war gleichzeitig die Antwort auf die Frage, woher Kilian seine Esoterik-Bücher hatte.

Perfekt gelegen in einem dunklen Hinterhof befand sich “Gates of Hell”, stilecht mit einem Pentagramm statt dem A im Namen.

Tja, Alexis lass es dir eine Lehre sein. Fahr niemals mit Leuten, die du eine Woche kennst, nach Philadelphia. Sie könnten Kultisten sein!

Meine nicht vorhandene Begeisterung über diesen Ort war so deutlich, dass Kilian mich fragte ob ich lieber draußen warten wollte.

Ich vermutete allerdings, dass es drin nicht schlimmer sein könnte als in einem dunklen, kalten, nassen Hinterhof und kam mit rein.

Die Ladenfläche war eindeutig zu klein für die Menge an “Waren”, die man versucht hat unterzubringen. Bei jedem Schritt musste man aufpassen, nichts umzuwerfen.

Kilian und die Besitzerin des Ladens, eine Frau in mittelalterlich anmutender Kleidung, scheinen sich gut zu kennen. Er gab ihr die drei Bücher zurück und sie verließen uns in ein Hinterraum, um neue Bücher für ihn zu suchen. Kilian kam noch einmal kurz raus und schleifte Cain mit hinein.

Ich nutze die Zeit um mich etwas umzusehen. Hier war alles zu finden, was man erwartete hier zu finden und sogar noch ein Bisschen mehr. Pendel, Kristallkugeln, von der Decke hängende Kräuter, Gläser gefüllt mit zweifelhaften Inhalten,... Besen!?

Meine Meinung über Kilian und eigentlich die ganze Gruppe, begann nach und nach etwas zu kippen.

Ich persönlich war zu logisch veranlagt, um dem ganzen Zeug auch nur den Hauch einer Chance zu geben.

Eine Art Schneekugel, schaffte es dennoch mich zu fesseln. Sie war gefüllt mit einer violetten Flüssigkeit und Glitzer, welcher nach dem Schütteln hypnotisch darin herum wirbelte. Ich konnte mir richtig vorstellen, dass Newy so eine Kugel besitzt.

“Alexis”, hörte ich hinter mir.

Erschrocken drehte ich mich um. Zum Glück waren es nur Cain und Kilian hinter mir, aber irgendwie sahen sie trotzdem beunruhigend aus, wie diese Zwillinge aus The Shining.

Kilian hielt mir eine kleine Skulptur entgegen.

“Was ist das?”, fragte er in einem eigenartigen Tonfall.

“Ein Einhorn?”, antwortete ich unsicher. Es war ganz sicher ein Einhorn, bloß die Frage ließ einen Twist erwarten.

“Siehst du, ich hab dir gesagt, dass es kein Pegasus ist.”, merkte Cain an.

“Da hab ich mich geirrt, vielen Dank Alexis. Wir sind gleich wieder zurück.”, sagte Kilian und sie verzogen sich wieder in den Hinterraum.

Die schauspielerische Leistung der beiden unterbot sogar meine..

Was zur Hölle passierte hier?

Ich schlich mich an die Tür und lauschte. Vielleicht bekam ich so ein paar Antworten.

“Wir müssen es ihm erzählen!”, hörte ich Kilian sagen.

“Ich weiß nicht…”, widersprach Cain zögerlich.

“Das war doch der Beweis, den du wolltest. Du weißt was ich gesehen hab. Wir haben jetzt mehr als damals bei Newy.”

“Newy wusste es, doch fast schon selber. Und du hast gehört wie er über, das Ganze hier denkt. Er wird es nicht glauben.”

“Natürlich wird er es glauben. Wir haben genug Sachen um es zu beweisen.”

“Uhhhh so spannend!”, merkte eine Frauenstimme an, die wahrscheinlich der Verkäuferin gehörte.

“Denkst du, ich weiß nicht warum du es ihm nicht sagen willst?”, setzte Kilian fort, ohne dem Kommentar Beachtung zu schenken.

Eine kleine Glocke klingelte, als die Eingangstür aufging und eine Gruppe Goths rein kam.

Ich hörte, wie sich daraufhin etwas im Hinterraum bewegte und sprintete sofort von der Tür weg.

Das Gespräch hat mehr Fragen aufgeworfen als es geklärt hat. In meinem Kopf ging ich alle möglichen Szenarien durch. Am plausibelsten schien mir tatsächlich, dass sie etwas mit einem Kult zutun hatten. Und wenn das die plausibelste Lösung war, dann konnte man sich ja vorstellen was mir sonst so im Kopf herumschwirrte.

Ich finde Freunde und am Ende stellt sich heraus, dass es Kultisten sind. Das ist mal wieder typisch.

Während sich die Verkäuferin um die Goths kümmerte, kamen auch Kilian und Cain aus dem Raum. Sie warfen sich vieldeutige Blicke zu und in mir kam die Hoffnung auf, dass sie mir endlich sagen würden, was hier passiert.

Doch das Einzige was Cain mir sagte war: “Willst du noch irgendwo hin? Wir sind hier fertig.”

Er deutete auf einen neuen Stapel Bücher, die Kilian jetzt dabei hatte.

Ich schüttelte den Kopf. Ehrlich gesagt wollte ich momentan nur nach Hause und mir alles in Ruhe durch den Kopf gehen lassen.

Die Fahrt zurück kam mir um einiges kürzer vor, worüber ich nicht böse war.

Leider erwähnte ich, dass ich allein nach Hause laufen muss, nachdem ich das Auto bei Newy abgestellt hab. Also bestand Cain darauf mich zu begleiten, nachdem wir Kilian zuhause abgesetzt hatten.
 

Was war mittlerweile dunkel geworden und die Straßen waren praktisch menschenleer.

Wir liefen wortlos nebeneinander her und diese Stille machte mich verrückt. Ich hatte das Gefühl als müsste ich einfach was sagen.

“Da-Danke.”, ich räusperte mich. “Du musst nicht weiter mitkommen. Du musst ja auch noch nach Hause.”

“Wie gesagt, es ist kein Problem.”

Ich spürte, dass er mich ansah und drehe mich noch etwas mehr in die andere Richtung um jeden Augenkontakt sicher aus dem Weg zu gehen.

Kultisten hin oder her, ich war immer noch hoffnungslos in ihn verschossen. Solange Kilian dabei gewesen war, war die Atmosphäre lockerer, aber jetzt bekam ich die volle Ladung meiner Awkwardness zu spüren. Zum Beispiel war mein Mund schneller im Sprechen als mein Hirn im Denken.

“Ich denke nicht, dass mir hier viel passieren kann. Pottsville ist nicht gerade eine Kriminalitätshochburg. Hier überfallen mich höchsten tollwütige Rentner.”

“Auch vor denen muss man sich in Acht nehmen ”, lachte Cain. “Aber deswegen bin ich eigentlich nicht mitgekommen.”

“Nicht? Ich denke immer zuerst an die tollwütigen Rentner.” Ja, genau...

“Ich wollte nicht, dass der Tag schon vorbei ist”

Ich höre mein Herz hämmern.

“Achso ok, cool...” Wow Alexis, du bist heute eine richtige Bombe. Hättest ja gleich ‘Key, sagen können.

“Ich bin froh, dass du heute mitgekommen bist.”, versuchte ich es noch auszubügeln.

“Und ich hatte schon Angst, dass ich euch Nerds stören würde.” Oh, du kannst mich ruhig jederzeit und überall stören.

Ich wusste nicht so recht was ich darauf sagen sollte, daher setze ich meinen Geheimwaffe ein: ungeschickter Themenwechsel!

“Da ist der große Wagen.” Ich deutete in den Himmel.

Cain sah nach oben. “Oh ja stimmt, den erkenne sogar ich… Außer den Mond kenn ich nicht besonders viel da oben.”

Er sah sich kurz um und deutete auf einen Stern.

“Weißt du. wie der farbig-blinkende Stern dort heißt?”

“Das ist Capella. Es ist ein doppeltes Doppelsternsystem, also vier Sterne die einander umkreisen, darum funkelt er in so vielen Farben. Das ist mein Lieblingsstern. Also Lieblingssterne um genau zu sein… Also Lieblings-astromoisches-Objekt. Nein, das sind eher die Plejaden - ” Endlich brachte ich mich dazu die Klappe zu halten.

“Ich hab jetzt persönlich kein Lieblings-astronomisches-Objekt, aber ich hab schon immer gern in die Sterne geguckt und fand sie ziemlich cool, wenn das reicht... Vielleicht kannst du mir ja mal irgendwann ein bisschen mehr über sie erzählen.”

“Ähm...klar, wenn du das willst. Ich will dich auch nicht langweilen oder so.”

“Ich hab dich gefragt.”

“Ja. Ja, das stimmt.” Ich sah zu ihm rüber. Wieder böser Fehler. Augenkontakt. Warum war er bloß so heiß? Nein, Stop!

Wir waren mittlerweile vor unserem Haus angekommen. Als wir da nun vor der Haustür standen, musst ich an jeden klischeehaften Romance Film denken und ich hatte absolut nichts dagegen.

“Danke, nochmal für den schönen Tag und fürs fahren. War echt toll.”, sagte Cain. Man konnte ihm ansehen, dass er etwa genauso nervös war wie ich. Er hatte allerdings mehr Mut und kam näher.

“Danke, für die ganzen Geschichten” Ich biss mir kurz auf die Unterlippe.

Er lächelte kurz. Sein Gesicht war so nah. Ich hielt die Luft an. Es könnte wirklich passieren. Küss mich Trottel, küss mich jetzt!

Warte! Meine Eltern! Was wenn meine Eltern das sehen?! Nein!

“Meine Eltern… ich...nein… ein andermal.” Hastig öffnete ich die Tür und verschwand, ohne Cain nochmal anzusehen.

Hinter der Tür holte ich wieder Luft.

Fuck! Was war das, denn? Ein andermal? Es wird kein nächstes Mal geben, soviel steht fest. Und meine Eltern waren nicht mal zuhause! Aber ich konnte wohl schlecht jetzt wieder rauskommen.

Frustriert über mein Manöver verzog ich mich in mein Zimmer. Ich war so wütend auf mich selbst, ich wollte schreien.

Zu meiner Überraschung, sah ich hinter meinen Fenster zwei bekannte, leuchtende Augen.

Ich ließ Kosmo ins Zimmer und er schmiegte sich um meine Beine.

“Ich bin zwar gerade nicht in der Laune zum Kuscheln, aber dafür kannst du ja nichts...”, murmelte ich und seufzte.

Genervt setzte ich mich einfach auf den Boden und sah Kosmo an.

“Ich bin echt froh, dass du nicht weißt was für ein Loser ich bin, sonst würdest du wahrscheinlich auch aufhören vorbeizukommen.”

Kosmo sah mich an, als würde er beinah verstehen, was ich sagen wollte.

Mir kam nochmal die Vorstellung des Katzenopas in den Kopf, nur das ich jetzt nicht mehr allein, Katzen sammeln wollte. Cain sollte auch da sein, im Schaukelstuhl neben mir. Und dann wären es UNSERE Katzen und wir können zusammen Leute verschrecken und zusammen in die Sterne gucken.

Kosmo starrte mich immer noch an, vielleicht sah er, aber auch einfach nur in die Ferne.

“Können Katzen verliebt sein?”, fragte ich ihn.

Er miaute ich an.

“Ich hoffe es war ein Nein, verliebt sein suckt nämlich!”

Ich wiederhole nochmal, dass ich keine Ahnung von Katzen habe. Aber selbst ich wurde stutzig als Kosmo anfing dunklen Rauch abzusondern. Das konnte nicht gesund oder normal sein!

Immer mehr Rauch sammelte sich um ihn herum bis der Kater nicht zu sehen war.

Endlich verstand ich wieder, wie ich meine Beine benutze, sprang auf und versuchte nach meinem Handy zu greifen, ohne meinen Blick von der Wolke zu lösen, die immer weiter wuchs.

Sollte ich rennen? Wahrscheinlich schon, trotzdem bewegte ich mich nicht von der Stelle. Ich konnte nicht.

Die schwarze Rauchwolke wurde zumindest nicht mehr größer und begann sich sogar wieder zu lichten.

Auf einmal fiel mir auf, dass sich aus dem Rauch eine menschliche Silhouette bildete. Was passiert hier?

Sie nahm nach und nach immer mehr Gestalt an, Cains Gestalt.

Das ist ein Traum. Es muss ein böser Traum sein! Du musst rennen! Du musst jetzt rennen!

Mein ganzer Körper war Pudding und statt zu rennen, klappte ich einfach nur zusammen.

Selbst meine Schutzreflexe, waren ein Witz.

“Alles gut?”, fragte das Rauchmonster oder Cain oder was auch immer. Ich hatte keinen Ahnung mehr was hier passiert. Wenn es tatsächlich Cain war, dann sah er wirklich besorgt aus.

“Alexis, hey!”, sagte er und streckte seine Hand nach mir aus. Ich wich ihr aus.

“Ich bins, Cain. Ich weiß, es ist jetzt sehr verwirrend, aber ich erklär’s dir gleich alles.”

Ich konnte mich nicht bewegen, ich konnte nicht mal denken.

Cain lief planlos im Zimmer umher und blieb immer kurz stehen um was zu sagen: “Es gibt Magie. - Wir sind Hexen, also Kilian, Newy und ich. - Du weißt es bestimmt noch nicht, aber du bist auch magisch. Kilian hat es in der Zukunft gesehen. - Reagier doch wenigstens irgendwie!”

“Was passiert hier?”, brachte ich endlich raus.

“Das versuche ich gerade zu erklären. Wir sind Hexen und - ”

Ich unterbrach ihn: “Du warst gerade eine Katze!”

“Ja, ich bin ein Gestaltenwandler. Bitte Alexis, du musst mir, dass jetzt glauben. Magie ist nicht gruselig, man muss sich nur daran gewöhnen, dass es sie gibt. Das braucht ein bisschen, aber dann wird alles wieder normal.”

“Nichts ist hier normal!”, protestierte ich und versuchte wieder auf die Beine zukommen, kam allerdings nur zum Bett.

“Das läuft nicht so ganz wie geplant…”,flüsterte Cain und zog sein Telefon aus der Tasche. “Ich rufe jetzt Kilian, er erklärt dir das nochmal.”

Nach einigen Sekunden ging Kilian ran.

“Hey...Wir haben da so eine Situation”

Ich hörte leider nicht was am anderen Ende der Leitung gesagt wurde.

“Du wolltest doch, dass wir es Alexis sagen. - Ich hab es ihm gesagt.”

Längere Pause.

“Ich hab mich verwandelt. - Ja, ich weiß. - ”

Er sah zu mir. “Ziemlich blass”

Während Cain telefonierte kam ich nach und nach zu mir.

Ok, sie waren also keine Kultisten, sie waren Hexen. Das machte es irgendwie nicht besser.

“Weißt du, ich stell dich auf Lautsprecher und dann kannst du es ihm persönlich sagen.”

“- hasse dich!”, hörte ich Kilian noch sagen.

Cain setzte sich zu mir aufs Bett und legte das Handy zwischen uns.

“Sag: Hallo!” befahl Cain und ich war nicht sicher wem es galt, also sagte ich lieber nichts.

“Alexis, hörst du mich?”, fragte Kilian.

Ich nickte bis ich verstand, dass es sinnlos war. “Ja”, flüsterte ich.

“Er sagt Ja.”, übersetzt Cain.

“Ich weiß, es ist alles ungünstig gelaufen und es ist Cains Schuld, aber wir bekommen das wieder hin. Es ergibt bald alles mehr Sinn, versprochen. Du musst es nur etwas setzen lassen und wir reden morgen darüber. ” Man hörte im Hintergrund wie Kilian eine Treppe runter rannte.

“Wir reden morgen”, wiederholte er nochmal. Bevor er auflegte, rief er noch: “Ava!” und dann war Stille.

Cain sah mich immer noch beklommen an. “Willst du reden oder soll ich einfach gehen?”

Ich wusste es nicht und da von mir keine Antwort kam, stand er auf.

“Bleib”, sagte ich, immernoch unsicher ob es nun, das war was ich wollte.

“Natürlich” Er nahm wieder neben mir Platz.

“Träum ich?”

“Es ist wohl ein ziemlicher Alptraum für dich, kann ich mir vorstellen.”

Ich wollte es verstehen, dass alles verstehen. Aber mir fielen keine Fragen ein, die nicht total bescheuert klangen.

“Wie ist das mit der Magie? So wie bei Harry Potter?”, fragte ich.

“Naja, nicht ganz. Fliegende Besen gibt es zum Beispiel nicht und auch keine coolen, englischen Internate, wo man das ganze lernt. Die Realität ist immer uncooler als Fiktion, auch bei Sachen wie Magie.”

“Kannst du zaubern?”

“Es kommt drauf an, was du als Zaubern definierst. Ich kann mich in eine Katze verwandeln, das ist leider auch so ziemlich das Einzige, was ich kann. Wenn du was magischeres sehen willst, musst du Newy fragen, er kann unter anderem mit Geistern reden. Die gibts nämlich auch wirklich.”

“Und Kilian?”

“Wow, keine weiteren Fragen über die Geister? Na gut. Kilian ist spannender. Er kann in die Zukunft sehen. Seine Anfälle - .”

Cains Telefon klingelte. “Mama” leuchtete auf dem Display auf.

“Shit”, fluchte er und drückte den Anruf weg. “Ich sollte wahrscheinlich schnell nach Hause. Tut mir Leid! Sonst bringt sie mich um.”

“Eine Frage noch!”, bestand ich. “Warum hast du dich verwandelt? Warum jetzt, heute?”

Cain wurde leicht rot und griff sich in den Nacken. “Wie gesagt, ich wollte nicht, dass der Abend aufhört und das Ende war etwas unbefriedigend.”

Das war natürlich ein berechtigter Grund meine Weltanschauung zu zerstören.

“Ich muss jetzt wirklich los. Ich hoffe, du bist mir nicht böse wegen all dem.”, kündigte er nochmal an, konnte sich aber nicht dazu durchringen aufzustehen.

Es folgte also awkward Abschied, der zweite an diesem Abend. Ich sah zu ihm rüber. Er lächelte schwach, in seiner typischen Cain-Manier, aus der ich einfach nicht schlau werden wollte. War es falsch, dass ich ihn immer noch küssen wollte?

Zu meiner Enttäuschung stand er dann doch, streckte sich und lief zögerlich zum Fenster.

“Darf ich mich hier verwandeln oder soll ich es dann draußen machen?”, erkundigte er sich.

“Was dir lieber ist. Mein Gehirn kann die Situation so oder so nicht verarbeiten ”, meinte ich mit einem Schulter zucken.

Er warf mir nochmal mal dieses Lächeln zu, atmete tief durch und kam mit schnellen Schritten wieder zu mir zurück. Unsere Lippen berührten sich nur ganz kurz, aber das reichte mir schon.

Cain machte dann wieder einen großen Schritt zurück um meine Reaktion abzuwarten. Ich grinste über beide Backen, wie ein totaler Idiot.

“Da hat sich die ganze Aktion, ja doch noch gelohnt..”, lachte er. “Bis morgen”

“Bis morgen”, wollte ich sagen, aber er verwandelte sich schon in eine Wolke dunklen Rauchs. Aus dem Rauch trat nun ein sehr vertrauter Kater hervor, sprang aufs Fensterbrett und verschwand durch das Fenster in die Dunkelheit.
 

Ich bekam nicht viel Schlaf diese Nacht. Dafür war in meinem Kopf viel zu viel los und eine Internetrecherche konnte mir dieses Mal, auch nicht helfen. Natürlich fand man einiges zum Thema, allerdings wusste ich nicht, was davon echt war und was nicht.

Erst nach und nach wurde mir auch bewusst, was es richtig bedeutete das Cain und Kosmos eine Person bzw. Katze waren. Eigenartigerweise schien dass mich mehr zu beschäftigen als die Tatsache das Magie real war.



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