Zum Inhalt der Seite

Sunpō no Gādian

a distant Dream
von

.
.
.
.
.
.
.
.
.
.

Seite 1 / 1   Schriftgröße:   [xx]   [xx]   [xx]

01. Kapitel || Aller Anfang.... ||

„Oh, Fräulein Shinkô!“

Die Angesprochene blieb stehen und seufzte innerlich. Bitte nicht ausgerechnet diese Mitte vierziger Dame….

Sie drehte sich zu der Älteren und setzte ein lächeln auf. „Ja, bitte?“

 

„Junges Fräulein, stimmt es, was ich gehört habe? Haben sie tatsächlich einen fremden Mann bei sich zu Hause aufgenommen? Kindchen, dass geht doch nicht! Was sollen die anderen Leute denken? Erst nehmt ihr zwei Kinder bei euch auf und dann so etwas.“, legte die Ältere ‚schockiert‘ eine Hand an ihre Wange.

 

Die Shinkô hob fraglich eine Augenbraue. Was genau ging das eigentlich diese neugierige Tratschtante an? Erneut entfloh ihr ein leiser Seufzer. Andererseits war so etwas in diesem kleinen Städtchen ja nichts ungewöhnliches.

 

Nach dem verheerenden Angriff, vor knapp 25 Jahren, verfiel die dreizehnte Dimension – welche damals als Heimat für die Wächter diente - wieder in ihr altjapanisches Schema zurück. Sie mussten komplett neu anfangen, da alles zerstört wurde.

Die Menschen gaben den Wächtern die Schuld an all dem. Immerhin hatten diese sie, nach ihren Meinungen, nicht vernünftig beschützt.

 

Die Dimensionen wurden vor knapp 1100 Jahren geschaffen, um die Erde vor finsteren Mächten zu beschützen. Sie ist der Lichtkern, der alles Leben erschuf. Auf ihr Leben vorwiegend normale Menschen.

Die Anderen verteilten sich später auf die Dimensionen, in denen das Leben möglich war.

Dazu zählten die des Lebens, der Zeit, der Weisheit und der Gefühle. Die Anderen acht – Tod, Licht, Dunkelheit, Raum, Schicksal, Elemente, Träume und Glaube – waren unbewohnbar.

Die des Lichtes, weil sie lediglich ein kleiner Teil von der Kraft der Erde war. Die des Glaubens hingegen, existierte in dem Sinne gar nicht. Sie umgab alles und jeden.

 

Zumindest sollte es so sein…. Doch die Shinkô spürte genau, wie Rens Kraft momentan sehr schwach und kaum vorhanden war.

Sie sah zum Himmel auf. Sie selbst kannte den Glaubenswächter, aus einem vergangenen Leben. Sie lernte ihn vor knapp 600 Jahren kennen. Sie Beide gehörten damals zu den ersten Wächtern.

 

Die Mimik der jungen Frau wurde traurig. Und wieder wurde sie als Todeswächterin, ohne Kräfte, geboren. Obwohl ihre Kraft scheinbar, wie auch die von Ren, die Unsterblichkeit war. Der einzige Unterschied bestand wohl darin, dass sie sterben würde, wenn sie Jahrelang nichts aß. Und das sie keine weiteren Kräfte besaß….

 

Sie kniff ihre Augen zusammen. Nein, sie durfte sich jetzt nicht runter ziehen lassen! Sie musste stark bleiben. Auch wenn das, was vor 25 Jahren passierte, schrecklich war….

Viele unschuldige Menschen starben. Die derzeitigen Wächter opferten sich. Darunter ihr Sohn und dessen Freunde….

 

Sie selbst quälte all das damals auch, obwohl sie selbst zu der Zeit nicht unter den Lebenden weilte. Umso verwunderter war sie, als sie als siebenjähriges Mädchen feststellte, wiedergeboren worden zu sein.

Dies war bei Wächtern zwar nicht unüblich, aber ihre Seele wurde damals aus mehrerlei Gründen, ziemlich üble mitgenommen. Daher glaubte sie nicht mehr daran, jemals wieder unter den Lebenden zu wandeln.

 

Sollten Wächter allerdings wiedergeboren werden, kommen ihre Erinnerungen an ihre vorherigen Leben, meist im Alter zwischen sechs und neun Jahren zurück. Wenn der Zustand ihrer Seele das zuließ….

 

Fräulein Shinkô?“

Die Angesprochene wurde aus ihren Gedanken gerissen und blinzelte. Die Tratschtante hatte sie ja völlig vergessen.

Die Todeswächterin setzte ein Lächeln auf „Verzeiht, aber ich glaube nicht, dass sie das etwas angeht. Es ist mein Leben. Stecken sie ihre Nase in ihre eigenen Angelegenheiten.“

 

Die Ältere sah schockiert zu ihr. „Also, ich darf ja wohl sehr bitten, junges Fräulein! Es schickt sich nicht, so respektlos gegenüber älteren zu sein. Haben ihre Eltern ihnen keine Manieren beigebracht? Oder starben sie damals, bevor sie die Möglichkeit dazu hatten, sie zu erziehen?“

Die junge Frau betrachtete ihren Gegenüber. Sie fühlte sich in die Vergangenheit zurück versetzt, obwohl sie sich in der Gegenwart befanden.

 

Die dreizehnte Dimension war zwar nie sonderlich weit Fortgeschritten - wie die der Weisheit, Zeit oder die Erde – aber zumindest hatten sie die Zeiten der Holzhäuser und sandigen Wege hinter sich gelassen. Technik gab es hier nie, die brauchten sie mit Magie allerdings auch nicht unweigerlich.

 

Aber es war nun einmal, wie es war. Die Shinkô hatte beschlossen, das Beste daraus zu machen. Sie würde nicht aufgeben. Das schwor sie sich, nachdem ihre Erinnerungen wieder da waren.

Auch wenn die Wächter nun unter den Leuten und teils Wesen verrufen waren. Sie würden wieder dafür sorgen, dass sie ihnen vertrauten…. Immerhin würde das Schild, welches die Vier Wächter zum Schutz um die Erde erschufen, nicht ewig halten. Irgendwann wurden die Wächter wieder gebraucht. Schließlich durfte der Erde – dem Lichtkern – nichts geschehen. Sonst wäre die Existenz aller Lebewesen, in allen Dimensionen, in Gefahr.

Ob es den Menschen und Wesen passte – oder eben nicht.

 

Die Todeswächterin seufzte genervt „Wisst ihr was, geht eurem Gatten auf die Nerven. Ich muss nämlich nach Hause. Wie ihr schon sagtet, es warten zwei Kinder und ein Fremder auf mich.“ Ohne weiter auf die Frau zu achten, ging sie weiter, stoppte aber noch einmal kurz und sah zu der Älteren zurück. Dabei wurden ihre Lippen von einem Lächeln umspielt „Im übrigen ist der junge Mann kein Fremder. Ich habe ihn nur sehr lange nicht mehr gesehen, das ist alles.“ Nach diesen Worten, setzte sie ihren Weg fort und ließ eine verdatterte Frau zurück, welche danach verärgert ihren edlen Kimono richtete und ebenfalls weiter ging.

 

….

 

Nach etwa zwanzig Minuten, traf die Shinkô zu Hause ein. Das Häuschen stand am Rande der Stadt und besaß vier Zimmer. Eines davon war der große Wohnraum, in welchem auch zeitgleich eine offene Küche stand. Dann gab es noch ein kleines Bad, in welchem sich trotz der Größe, eine kleine Wanne befand. Und zu guter Letzt, zwei Schlafzimmer.

Alles war im traditionell japanischen Stil gehalten.

 

Die junge Frau hatte gerade die Schiebetür hinter sich zugeschoben und ihre Geta ausgezogen, da lief ihr ein fröhlicher Junge entgegen. Die eine Hälfte seiner Haare schwarz, die Andere weiß.

„Aya – Chan! Du bist wieder da!“, sprang der Achtjährige sie beinahe um. Er richtete seine hellvioletten Augen erwartungsvoll auf sie. „Hast du uns etwas mitgebracht?“

 

„Lass sie doch erst einmal richtig rein kommen, Shiro….“, murrte ein Mädchen trotzig hinter ihnen. Ihre Schulterlangen Haare, begannen ihm Ansatz weis und verliefen nach unten hin Grau. Ihre hellblauen Augen, richtete sie verärgert auf den Jungen.

Dieser sah vielsagend zu ihr zurück und schmunzelte „Eifersüchtig~?“

Die Sechsjährige wurde prompt rot. „Nein! Bilde dir nichts darauf ein, was damals zwischen uns war!“ Trotzig und verlegen, wandte sich das Mädchen von ihnen ab und ‚stampfte‘ davon.

 

Aya betrachtete die Beiden verdutzt, ehe sie Shiros traurigen Blick bemerkte. Ihr eigener glich sich dem seinem an.

Sie waren noch Kinder, aber die Erinnerungen an ihr altes Leben waren dennoch da. Obwohl sie keine Wächter waren.

Sie waren die Tierdämonen gewesen, die an der Seite des Todes- und der Lebenswächterin standen. Auch sie hatten viel mit ansehen und erleiden müssen. Ein Wunder, dass sie überhaupt wiedergeboren wurden.

Aber als Aya sie vor einem Jahr vor ihrer Haustür stehen sah, nahm sie es als Zeichen. Einen Deut des Schicksals, dass sie nicht aufgeben sollten.

 

Die junge Frau lächelte sanft und strich dem Jungen über sein Haar, welcher deswegen zu ihr aufblickte. „Ich wünschte mir so sehr, ihr hättet eure Erinnerungen erst später zurück erhalten.“

Shiro schmunzelte betroffen „Schon gut. Ich bereue nur, sie damals nicht beschützt zu haben, wie ich es mir geschworen hatte. Ich habe bitterlich versagt und werde nie wieder vergessen, wie ihr Körper leblos in meinen Armen lag. Vollkommen Blutüberströmt. Mein Körper ist momentan noch der eines Kindes und ich verhalte mich auch oft dementsprechend. Trotzdem werde ich wieder viel trainieren und hart an mir arbeiten, dass das nie wieder passieren wird.“

Er betrachtete seine Hand und schloss sie zu einer Faust, woraufhin er zu der Älteren aufblickte und grinste. „Schließlich gehört der Raitâ Fuchsdämonen – Clan immer noch zu den stärksten, unter den Tierdämonen. Da hat sich in den letzten Jahren nichts dran geändert.“

 

Aya musterte ihn stumm. Er wollte stark sein, aber sie wusste, dass er oft schweißgebadet aufwachte. Alpträume suchten ihn Nacht für Nacht heim.

Plötzlich stand der Junge neben ihrem Korb und schnupperte daran. Seine Augen begannen wieder zu strahlen, wie die eines Kindes. So, wie es sein sollte.

 

„Du hast uns wirklich etwas mitgebracht!“

Nun konnte die Wächterin sich ein leichtes Lachen nicht mehr verkneifen. Sie griff in ihren Korb, wobei Shiro sie erwartungsvoll beobachtete. Anschließend reichte sie ihm ein Papiertütchen mit süßem Konfekt. „Aber das teilst du dir mit Kaede!“

Der Junge nickte eifrig und lief fröhlich davon.

Aya sah ihm lächelnd nach. Sie war erleichtert, wenn die Beiden sich einfach wie normale Kinder benahmen. Glücklicherweise änderte sich das bei ihnen nur in gewissen Momenten, wenn ihre Erinnerungen wieder überhand nahmen.

 

Aya beschloss das Zimmer endlich richtig zu betreten. Als sie den kleinen Eingangsbereich verließ, bemerkte sie Ren im Augenwinkel. Er war also doch wach…

Sie lächelte etwas und begrüßte ihn warmherzig. Bekam aber keinerlei Reaktion. So ging es schon die letzten Tage. Ren saß einfach im Schneidersitz vor dem kleinen Tisch im Wohnraum und betrachtete trüb die Teeschale vor sich.

 

Aya ging zu der offenen Küche und stellte ihren Korb auf der Theke ab. Ihre roten Augen, richtete sie besorgt auf den Älteren. Sie hatte schon so viel versucht, um ihn zu erreichen….

 

Früher war er ein begnadeter Künstler, weshalb sie ihm Malutensilien besorgte und ins Zimmer legte. Diese lagen immer noch unberührt an der selben Stelle.

 

Sie pflückte ein paar Zauberschein – eine Blume, welche nur bei Mondschein ihre Knospen öffnete und deren drei kleine Kugeln in der Mitte, dann begannen zu leuchten. Damals saßen sie zusammen auf einer Wiese, voller dieser Blumen. Das Lichtspiel sah wunderschön aus und es war auch der Ort, an dem sie sich das erste mal küssten.

Eine Vase mit diesen Blumen, stand in der Mitte des flachen Tisches. Doch auch sie lösten keinerlei Reaktion in ihm aus.

 

Aya hatte sogar ein paar seiner alten Gemälde aufgetrieben, aber diese standen nun verdeckt in einer Ecke.

 

Sie war sogar zu den Ruinen des alten Wächterschlosses gegangen und hatte dort ein paar Dinge zusammen gesucht, die noch unversehrt waren. Obwohl es sie beinahe selbst zu Tränen rührte, all die Zerstörung sehen zu müssen. Es war immerhin das Schloss, in welchem die Wächter und ihre Vorfahren lebten. Sie selbst gehörte nicht dazu. Es wurde erst nach ihrem Ableben erbaut.

 

Aber auch das half nichts…..

 

Aya betrachtete gedankenverloren den Inhalt ihres Korbes. Es war ihr anfangs unheimlich, Gefühle für einen jungen Mann zu besitzen, den sie eigentlich gar nicht kannte. Doch im Laufe der Jahre wurde ihr bewusst, dass das nicht ganz richtig war. Es waren die Gefühle und Erinnerungen, die ihre Seele beherbergte. Die Seele, die jedes Lebewesen zu dem macht, was es ist.

Nur die der Wächter war stark genug, wiedergeboren zu werden. Zumindest theoretisch gesehen. Praktisch sah es da wohl etwas anders aus.

Die zwei besten Beweise wohnten schließlich bei ihr.

 

Dabei fiel ihr auf, dass auch Shiro und Kaede nichts in Ren auslösten. Obwohl auch sie Freunde von ihm gewesen waren.

Doch wenn sie genauer darüber nachdachte, mieden die Beiden ihn – mehr oder weniger. Vermutlich wollten sie ihm nicht noch mehr zusetzten, wie eh schon.

 

Ein leiser Seufzer entfloh ihr. Zumindest sah Ren inzwischen wieder gesünder aus.

Als sie mit ihm hier ankam, hatte sie ihn zu aller erst in die Wanne gesteckt und seine zerzausten Haare geschnitten. Diese waren nun wieder Schulterlang, da die Jahre ihre Spuren hinterließen. Er neigte ja eh dazu, struppig durch die Gegend zu laufen, aber das war nicht mehr zumutbar.

 

Sie hatte es war nicht gezeigt, als sie ihn sah, aber sein Anblick schmerzte sie zutiefst. Dadurch wusste sie, dass sie sich nicht täuschte und ihre Gefühle sich kein bisschen verändert hatten. Das Einzige, was sie wollte, war ihm zu helfen. Allerdings gingen ihr allmählich die Ideen aus.

 

Aya beschloss erst einmal ihren Einkauf vom Markt weg zu räumen. Vielleicht kam ihr dabei ja die zündende Idee?

Das Obst legte sie wie immer in eine Holzschale. Daran konnten die Kinder gehen, wenn sie Hunger bekamen.

Mehl und Trockenfrüchte kamen in den Vorratsschrank. Ebenso wie die eingelegten Dinge und das Brot.

Im Kühlschrank lagerte sie Milch, Käse und das Fleisch.

 

Nachdem sie fertig war, stellte sie den Korb an seinen Platz, neben dem kleinen Kühlschrank – welcher in dieser Welt mit Magie betrieben wurde. So etwas wie Strom gab es nie.

 

Aya ließ ihren Blick schweifen. Er blieb an einem Gegenstand hängen, der in einem kleinen, offenen Kästchen lag. Darin befand sich, auf einem schwarzen Samt Kissen, die kaputte Kette.

Sie ging auf sie zu und stoppte vor ihr. Der kleine Rosenkranz Anhänger barg auch einige Erinnerungen von ihr. Er symbolisierte sowohl die Verbindung zwischen Leben und Tod, wie auch Liebe. Sie bekam ihn damals von Ren geschenkt. Gab sie ihm aber zurück, als sie ihn verließ.

Verließ, um Akaya und ihn zu beschützen. Auf eine ziemlich eigene Art und Weise, aber es funktionierte. Zumindest bis zu jenem Tag….

 

Sie schüttelte ihren Kopf etwas. Das war ihre Vergangenheit. Dieses Mal wollte sie es besser machen. Die zweite Chance nutzen, die sie bekam.

Ob sie Ren noch etwas in der Hinsicht bedeutete, oder nicht. Das war ihr gleich. Sie wollte ihm einfach nur helfen.

 

Aya nahm das offene Kästchen in die Hand und schloss es. Anschließend ließ sie es in ihrem Yukata verschwinden, ging zur Haustür und zog sich nebenbei ihre Geta an. „Ich bin noch mal kurz Weg!“

Mit diesen Worten zog sie die Schiebetür auf und machte sich auf den Weg. Es würde zwar ihre letzten Ersparnisse fressen, aber das war es ihr Wert. An dieser Kette hingen einfach zu viele Erinnerungen.

 

Von ihr.

Von ihm.

Und von ihrem Sohn, Akaya.

 

Bei dem Gedanken an ihn, wurde sie langsamer und stoppte letztlich. Sie weitete ihre Augen, als sie merkte, das Tränen an ihren Wangen herunter rannen.

Sie kniff ihre Augen zusammen, aber der Tränenfluss wollte einfach nicht nachlassen.

 

Aya ging zu einem Baum in der Nähe, legte ihre Hände an diesen und lehnte ihre Stirn an das Holz. Sie Schluchzte und spürte, wie sie begann zu zittern.

Nie hatte sie dieser Gedanke so sehr schockiert. Scheinbar löste das Wiedersehen mit Ren mehr in ihr aus, als sie anfangs dachte. Zudem wurde ihr schmerzlich bewusst, dass es ungewiss war, ob sie Akaya jemals wiedersehen würden. Selbst wenn, war die Wahrscheinlichkeit hoch, dass er nicht der Selbe sein würde. Seine Seele, sowie die der anderen drei Wächter – die mit ihm den Schutz der Erde erschufen – hatten viel abbekommen.

 

Zeitgleich war es eine Versiegelung dessen, was ihnen all das angetan hatte.

Die Dimension des Nichts. Die so stark war, wie alle anderen Dimensionen zusammen. Der böse Ausgleich, zu dem Guten.

 

Aya schluckte schwer, da ihr bewusst wurde, dass der Kampf immer noch nicht gewonnen war. Sowie der Schutz der Erde nachließ, so würde auch die Versiegelung des Nichts verschwinden.

Damals passierte so viel und sie konnte nichts tun, außer zusehen.

 

Die Dimension des Nichts, war die grausamste und manipulativste. Man könnte meinen, Dimensionen hätten keinen eigenen Willen. Aber bei manchen war das nicht ganz richtig. Jedoch war das gerade unwichtig. Sie musste sich auf das hier und jetzt konzentrieren.

 

Sie atmete einmal tief durch, wischte sich die restlichen Tränen weg, klatschte sich mit den Händen an ihre Wangen und setzte ihren Weg fort.

 

….

 

Als sie dieses mal der Tratschtante über den Weg lief, während sie in der Stadtmitte ankam, missachtete diese sie. Gott sei dank.

Ein paar spielende Kinder, welche an ihr vorbei rannten, wirbelten etwas Staub von dem sandigen Boden auf, weshalb sie niesen musste. Anschließend sah sie den Kindern nach und lächelte.

Ein Hoffnungsschimmer.

Diese Kinder wurden in diese Welt geboren. Sie wussten was passierte, verurteilten aber niemanden dafür.

 

Aya klopfte sich etwas die Kleidung ab, ehe sie die Schiebetür des Schmieds öffnete. Jener ältere Herr, sah ihr lächelnd entgegen.

„Das Fräulein Shinkô. Wie schön das du mich besuchst.“

Sie erwiderte seinen Blick gleichermaßen „Ja, ist schon etwas länger her. Ich hätte da eine Bitte.“

„Immer doch, nur zu junge Dame.“, entgegnete er freundlich. Er trug eine Brille, besaß eine struppige Kurzhaarfrisur und einen Bart, der sein halbes Gesicht einnahm. Beides war in den letzten Jahren ergraut. Dennoch wirkte er fit wie ein Turnschuh.

Man sah es ihm zwar nicht an, aber er war ein Dämon. Jedoch einer der Guten.

 

Er arbeitete damals im Wächterschloss und war für die Rüstungen und magischen Waffen der Soldaten zuständig. Shinosuke gehörte zu den Wenigen, die den Wächtern keinerlei Schuld an allem gaben.

Als sie mit Ren in der Stadt eintraf, erkannte er ihn natürlich sofort, schwieg aber. Immerhin wusste er, was Andere über die Wächter dachten.

 

„Diese Kette ist gerissen. Kannst du sie reparieren. Egal was es kostet!“, sie legte das Kästchen offen auf den Tresen und sah erwartungsvoll zu ihm auf.

Shinosuke nahm die Kette behutsam in seine Hände und betrachtete sie genauer. Er verstummte und richtete seine hellbraunen Augen auf die Jüngere. In seinem Blick konnte sie erkennen, dass er das Schmuckstück erkannte.

 

„Das ist die Kette des verstorbenen Todeswächters. Eurem Sohn, nicht wahr?“, der Dämon musste nur in die Augen der jungen Frau blicken, um seine Antwort zu erhalten.

Sie richtete ihre Augen traurig zur Seite „Zumindest indirekt, ja.“

„Ach papperlapapp! Der Körper ist nur eine Hülle. Deine Seele und Gefühle sind das, was zählt. Ich sehe dir an, dass du eben erst bitterlich geweint haben musst. Man weint um niemanden, der einem nichts bedeutet. Glaub einem alten Mann, wenn er das sagt. Ich habe in meinem fast zweihundertjährigen Leben schon einiges gesehen, Liebes. Und die Wächter gehörten zu den faszinierendsten Wesen. Ihr seid schon eine komische Sippe. Aber keinesfalls böse Menschen. Die, die das sagen, betrachten das Geschehene aus dem falschen Blickwinkel. Immerhin waren es nicht die Wächter, die alles zerstört haben. Im Gegenteil, sie wollten alles und jeden beschützen. Eigentlich ein ziemlich banaler Gedanke. Aber ich denke, das wussten sie.“

 

Auf Ayas Lippen bildete sich ein trauriges und dennoch glückliches Lächeln. „Danke, Shinosuke. Es wäre schön, wenn Andere das genauso sehen würden, wie du.“

„Ach, das kommt schon noch! Menschen lassen sich einfach viel zu schnell von ihren Ängsten leiten und von den Meinungen anderer mitreißen. Spätestens dann, wenn die finsteren Mächte zurück kommen, werden sie um Hilfe betteln.“, schnaubte der Dämon.

Die junge Frau schmunzelte fraglich „Scher uns bitte nicht alle über einen Kamm, ja? Es gibt auch unter den Menschen Unterschiede.“

Der Mann lachte „Weis ich doch. Es regt mich einfach nur auf, dass ist alles. Vermutlich habe ich zu lange mit den Wächtern gelebt und nehme sie deswegen so sehr in Schutz. Es ist manchmal gar nicht so leicht sich zurück zu halten, wenn meine Kunden schlecht über sie reden. Ich glaube einen habe ich mal etwas zu böse angesehen. Der ist nie wieder gekommen und hat den Laden fluchtartig verlassen.“

 

„Das glaube ich dir sofort.“, entgegnete Aya belustigt, sah aber wieder zu der Kette. „Kannst du sie denn reparieren?“

Shinosuke sah von ihr, zu der Kette in seiner Hand und zurück. Er stemmte eine Hand an die Hüfte. „Also wirklich, unterschätze mich mal nicht, Liebes. Immerhin hast du hier nicht irgendeinen Dämon vor dir. Die Kette ist zwar wirklich in einem miserablen Zustand, aber das bekomme ich wieder hin.“

Ayas Augen leuchteten dankbar „Ich danke dir von Herzen! Was soll es kosten? Ich bezahle dir so viel zu willst!“

 

Der alte Mann lächelte liebevoll. „Dein Dank ist dieses mal mehr als genug. Aber es wäre schön, wenn du Ren mitbringen würdest, sobald es ihm besser geht.“

Die Shinkô wollte gerade ihren Geldbeutel hervor holen, als sie seine Antwort realisierte. „Aber das kann ich doch nicht annehmen!“

„Doch, das wirst du. Keine Widerrede.“, Shinosuke beendete diese Diskussion, noch bevor sie richtig angefangen hatte. Er drehte sich von der Jüngeren weg und verschwand in einem kleinen Hinterzimmer.

 

Für Aya hieß es nun, zu warten. Also nutzte sie die Zeit und beäugte den kleinen Laden genauer. Der Dämon bot hier alles mögliche an.

Werkzeug, Waffen, kleine Arbeitsgeräte und Schmuck.

Seine Schmiedekunst war hervorragend. Kein Wunder, dass er früher im Wächterschloss arbeitete. Allerdings waren die Waffen, die er hier anbot, nicht magisch. Derartige Waffen sollte man untrainierten Menschen lieber nicht in die Hand geben….

 

….

 

Eine knappe Stunde später verließ Shinosuke den Hinterraum, weshalb Aya sofort zu ihm ging. Sie war etwas unsicher und nervös. Der Ältere benutzte zwar seine magischen Kräfte zum schmieden, aber das war keine Garantie dafür, dass es funktionierte.

 

Shinosuke lächelte zufrieden, aber erschöpft. Er legte das Kästchen auf den Tresen. In jenem erstrahlte die Kette in neuem Glanz.

Die Silberkette war wieder komplett und das getrocknete Blut, sowie die Kratzer verschwunden.

 

Der alte Mann betrachtete die Jüngere sanft lächelnd. Man sah ihr deutlich an, wie glücklich es sie machte, die Kette heile zu sehen. Dieser Blick war für ihn so viel mehr Wert, wie alles Geld auf der Welt.

„Ich bin mir sicher, dass die Kette nun eine Reaktion in Ren hervorrufen wird. Du wirst es schaffen, ihm zu helfen. Da bin ich mir sicher, Liebes.“

 

Aya nickte lächelnd „Ja, danke Shinosuke!“ Sei verneigte sich dankbar vor ihm, griff behutsam nach dem Kästchen und verließ den Laden.

 

…..

 

„Ich bin wieder da!“, mit diesen Worten, meldete die junge Frau sich zurück. Sie betrat den Wohnraum, wo Ren immer noch an der selben Stelle verweilte und seine Teeschale anstarrte.

So konnte es nicht weiter gehen. Sie hoffte inständig, dass Shinosuke recht behielt.

 

Aya holte das Kästchen hervor und betrachtete es einen Moment. Anschließend ging sie auf den flachen Tisch zu und kniete sich davor, neben Ren.

Ohne ein Wort schob sie die Teeschale nach hinten und stellte das offene Kästchen an dessen Platz. Danach beobachtete sie Rens Verhalten. Er richtete seine Aufmerksamkeit zwar auf die Kette, aber ansonsten passierte nichts weiter.

 

Sie betrachtete ihn von der Seite, da sie entsprechend vor ihm saß. Ein trauriger Blick zeichnete ihr Gesicht, ehe sie verzweifelt lächelnd seufzte. „Ich wusste ja schon damals, dass du kompliziert bist, aber kann es sein, dass das in den letzten Jahrhunderten schlimmer geworden ist?“ Sie erhob sich und ging zu dem kleinen Kamin, um Feuer zu machen, da es bald Nacht und somit kälter wurde.

„Ich weis, dass ich dir damals sehr weh getan habe. Aber du hast später ja die Gründe dafür erfahren….. Auch, wenn letztlich alles vergebens gewesen ist.“, sie unterbrach sich und schüttelte ihren Kopf. Das war jetzt nicht der Punkt.

 

„Im Laufe deines Lebens hast du viel durchmachen und erleiden müssen. Doch trotzdem hast du dich nie unterkriegen lassen. Du hast die Hoffnung und den Glauben nicht aufgegeben. Immer irgendwie nach vorne gesehen.“, erneut hielt sie inne und entzündete das Feuer. Sie betrachtete die auflodernden Flammen.

Kurz darauf blickte sie auf seinen Rücken und stellte weiterhin keine Reaktion fest.

 

Also wurde es Zeit, ihm etwas zu zeigen, dass er schon sehr lange nicht mehr sah. Von dem es gar nicht leicht war, daran zu kommen. Vor allem aber, spielte großes Glück eine Rolle.

Sie ging zu einer Kommode, öffnete die unterste Schublade und kramte darin herum. Wenig später schloss sie sie wieder, setzte sich an den Tisch und hielt kurz inne.

 

Es wurde still um sie herum. Nur das Knistern und Knacken der verbrennenden Holzscheitel war zu hören.

Nach einigen Minuten legte sie dann etwas auf den Tisch. Es waren zwei Zettel. Einer davon etwas größer als eine Hand und ziemlich abgenutzt. Aber ansonsten unversehrt. Es war die erste Skizze, die Ren damals von Akaya machte, kurz nachdem er auf der Welt war. Er bewahrte sie immer in einem Buch auf. Dies rettete dem Bild quasi das Leben.

Das zweite Blatt war etwas größer und war vergleichbar mit einer Buchseite. Sie fand es zufällig im selben Buch. Es war das Bild, dass damals ein wandernder Künstler von ihnen malte. Sie war überrascht als sie es fand. Sie wusste nicht, dass er auch dieses Bild, all die Jahre aufbewahrt hatte.

 

Aber auch dieses Mal, blieb eine Reaktion von Rens Seite aus.

Aya seufzte bitter und wollte aufstehen, bemerkte dann aber doch etwas im Augenwinkel. Sofort richtete sie erneut ihre Aufmerksamkeit auf ihn.

Sie weitete ihre Augen.

Tränen.

 

Plötzlich rannen Tränen über Rens Wangen. Sie liefen einfach aus seinen Augen. Stumme Tränen.

Sie wollte sich gerade nach ihm erkundigen, als er seine grünen Augen auf sie richtete. Das erste mal, seit vielen Tagen.

 

„Ist das hier etwa doch keine Wunschvorstellung?“

Aya erwiderte seinen Blick ruhig. Also dachte er das tatsächlich die ganze Zeit? „Das sagte ich doch immer wieder zu dir.“

„Schon, aber würde man sich nicht wünschen, dass einem das gesagt wird?“

„Ja...natürlich. Aber wieso denkst du jetzt plötzlich, dass es nicht mehr der Fall ist?“

„Weil ich mir dann nie das erste Bild von Akaya, so abgenutzt vorgestellt hätte.“ Ren strich vorsichtig über die Skizze.

 

Nun wurde Aya klar, was ihn die ganze Zeit in dem Glauben ließ. Für ihn war all das scheinbar zu unvorstellbar. Deswegen brachte auch die heile Kette nichts. Er hielt es für eine Wunschvorstellung, sie in neuem Glanz zu sehen.

 

Sie seufzte tief. „Das merke ich mir fürs nächste mal. Dann werde ich dir nur kaputte Dinge vor die Nase legen.“ Nach diesen Worten, wirkte sie etwas frustriert „All die Arbeit für die Katz. Du bist wirklich noch komplizierter geworden.“

Als sie keine Antwort bekam, blickte die zu dem Älteren und bemerkte seinen ruhigen Blick auf ihr. Dies ließ sie etwas erröten. Es war ein Blick, den sie schon lange nicht mehr sah.

 

Ren wandte seinen Blick von ihr ab und sah schmerzlich zu den Bildern. „Bitte verzeih mir, dass ich Akaya nicht beschützen konnte.“

Ein sanftes, sowie auch trauriges Lächeln umspielte Ayas Lippen. „Es ist nicht deine Schuld gewesen, Ren. Akaya vertraut dir eben Blind. Deswegen hat er dir alles weitere überlassen. Obwohl er wusste, was er dir damit antut. Es ist niemals leicht ein Kind zu verlieren, das weis ich. Immerhin habe ich ihn verloren, als du ihn zu dir in die Zukunft geholt hast. Aber ich wusste, dass du alles für ihn geben würdest und das hast du. Doch er hat auch das Selbe für dich getan. Du hast jetzt viele Jahre um ihn und die Anderen getrauert. Denkst du nicht, es ist an der Zeit, ihren Tod nicht umsonst gewesen sein zu lassen? Akaya wäre sicher nicht begeistert, dich so zu sehen. Ihr hattet damals zwar ein paar Anlaufschwierigkeiten, habt euch aber letztlich gut zusammen gerafft. Es wäre Akaya nur fair gegenüber, seinen letzten Wunsch zu erfüllen und die Erde, sowie Dimensionen zu beschützen.“

 

Ren sah von den Bilder zu ihr und lächelte verzweifelt, ehe er etwas nickte. Sie hatte recht, er musste sich zusammen reißen.

Für Akaya.

Für die Welten.

Und natürlich für sich selbst.

 

Auch wenn das kein leichter Weg werden würde.

Immerhin litten sein Körper und seine Seele sehr unter den letzten Jahren….



Fanfic-Anzeigeoptionen

Kommentare zu diesem Kapitel (3)

Kommentar schreiben
Bitte keine Beleidigungen oder Flames! Falls Ihr Kritik habt, formuliert sie bitte konstruktiv.
Von:  Nudelchen
2018-11-20T21:02:09+00:00 20.11.2018 22:02
Das ist ein wirklich trauriger Anfang für die neue Geschichte. Ren so zu sehen, das tut echt weh. Aber klar, wer sowas erlebt, der ist gebrochen.
Aber wenigstens ist es Aya am Ende doch noch gelungen, ihm wieder eine Reaktion zu entlocken. Aber wie das Ende es Kapitels schon anzeigt, ein leichter Weg wird es von da aus trotzdem nicht werden.
Die neue Geschichte fängt aber sehr spannend an. Zwar ist es echt traurig zu wissen, dass die Wächter gestorben sind, man hat sie aus den früheren Geschichten ja sehr lieb gewonnen, aber dass Aya und Shiro und Kaede wiedergeboren wurden, macht ja Hoffnung, dass die anderen Wächter auch wieder kommen. Ob sie dann nur wieder die Gleichen sind? Dass sie ihre Erinnerungen behalten könnte ja durchaus auch ein Fluch sein, immerhin haben sie einander sterben sehen. Das muss sicher Spuren hinterlassen.
Und die Welt um sie herum hat sich ja auch drastisch verändert, dazu auch die Meinung der Leute den Wächtern gegenüber.
Ich bin sehr gespannt, wie es weitergehen wird!
Antwort von:  Jayle
20.11.2018 22:11
Danke für deinen tollen Kommi x3

Ja, damit hast du vollkommen recht. Ren hat es ja noch nie so einfach gehabt, mit seiner Unsterblichkeit ´´
Wie gut, dass Aya auch ein kleiner Sturkopf ist ;9 Aber nein, einfach wird es wohl für keinen von ihnen.
Denn wie du schon sagst, können Erinnerungen Fluch und Segen zugleich sein. Aber die Hoffnung stirbt
ja bekanntlich zuletzt c:

Was und wie es mit den anderen Chars aussieht, erfahrt ihr dann ja ab dem 4ten Kapitel c:
Und das freut mich, ich hoffe, dass ich bald neuen Lesestoff bieten kann. Aber ich arbeite ja dran ;3 xD
Antwort von:  Nudelchen
20.11.2018 22:18
Eben, und das ist ja nun echt extrem. Alle auf einen Schlag zu verlieren...
Stimmt. Auch wenn es für die Wächter wahrscheinlich schwierig wird, ich kann mir nicht vorstellen, dass sie sich von Angst und Albträumen unterkriegen lassen werden.

Dann bin ich gespannt.
Viel Erfolg und Spaß beim Schreiben. ^^
Antwort von:  Jayle
20.11.2018 22:21
Ja, Unsterblichkeit ist eben doch eher ein Fluch wie ein Segen´´
Ich denke, damit könntest du sogar ziemlich richtig liegen. Zumindest, so lange sie
da nicht allein durch müssen. Dann könnte das anders aussehen :D"

Ich danke dir ^.^
Antwort von:  Nudelchen
20.11.2018 22:23
Das stimmt. Alleine wäre das schon ganz anders. ^^''


Zurück