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We're Damaged, But Not Dead

Roy's Aufstieg an die Spitze des Landes
von
Koautor:  Tongari

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Pawn to E4

-Central City, zur selben Zeit-

Wie jeden Morgen ging Riza vor der Arbeit mit Black Hayate spazieren. Es war ein schöner Sommermorgen und auf den Straße war schon einiges los. Es war Markttag wie jeden Freitag. Es roch nach frischem Brot und der Geruch von Fleisch- und Käsewaren kam ihr in die Nase, während die Marktschreier alle durcheinander ihre Ware anpriesen. Doch etwas war komisch. Kaum stand sie mittig vom Platz, gab es erstes Getuschel und sie wurde angestarrt. Vereinzelt hörte sie nur: “Bist du dir sicher…” oder “Das erklärt einiges.” Sie sah sich um. Doch als sie sich zu dem Gespräch drehte, wurde nur angestrengt weggeschaut. Sie dachte erst, es liege an ihrer Uniform, die sie schon trug. Dann hörte sie vom Zeitungsstand nur “Ob der General es vorher schon wusste? Das würde einiges erklären. Vielleicht stimmen die Gerüchte, dass er und sie…” Sie drehte sich ruckartig zum Stand und sah den großen Artikel auf dem Titelblatt. Das konnte nicht wahr sein. Das hatte er nicht wirklich getan! Gnade ihm Gott. Das würde er nicht überleben.

Schnell war vergessen, dass sie Hayate weg bringen müsste und ging mit dem Hund schnurstracks zur Zentrale. Sie ließ sich aber dennoch nicht nehmen vorher noch eine Zeitung zu holen um den Schuldigen damit zu verprügeln.

Oberstleutnant Hawkeye konnte ja schlecht den Generalfeldmarschall erschießen…
 

Im Hauptquartier von Central City herrschte seit langem mal wieder Ruhe für eine entspannte Besprechung in Kombination eines Schachspiels. Roy, der jetzt unter Grumman als General arbeitete, stellte gerade mit aller Ruhe seine weißen Schachfiguren auf. Zum Schluss seine geliebte Dame mit aller Vorsicht die seine rechte Hand aufbringen konnte.

“Es ist lange her, dass wir Zeit hatten zu spielen.”, sagte Grumman und ging zu seinem Schreibtisch um sich einen guten Schluck Whisky ein zu schenken.

“Darf ich Ihnen auch etwas anbieten?” Grumman hielt sein gefülltes Glas hoch. “Sir, wollen Sie das Oberstleutnant mich erschießt? Es ist 9 Uhr!” Der Generalfeldmarschall lachte auf. “Sie wird sich leider nie ändern.”, schmunzelte er und sah zu seinem Regal. Dort stand ein altes Bild von seiner Frau, seiner Tochter und von Riza. Sie war damals noch 3. Eins der letzten Bilder die es von ihnen zusammen gab. Grumman seufzte: “Ob sie irgendwann die Alte wird?” Das fragte er offenbar eher sich selbst, aber Roy senkte schuldbewusst das Haupt, so dass seine Haare seine Augen verdeckten. Er sah es immer noch nicht ein die Haare streng nach hinten zu kämmen. Das machte seine charmante Art aus. “Sir, ich hole sie nur ungern aus ihren Erinnerungen, aber wir sind nicht hier um über meinen Oberstleutnant zu reden…” Roy nahm seinen Bauer von E2 auf E4. Das Oberhaupt des Militärs ignorierte seinen strengen Ton und drehte sich zu ihm um. “Tut mir leid Mustang. Fangen wir an.”, sagte er und machte seinen ersten Zug bereits bevor er sich wieder zu ihm gesellte. Grumman setzte den Springer von G8 auf F6. Roy zog die rechte Augenbraue nach oben. Sehr gewagt. Wird der gute Mann doch schon alt? Er lächelte kaum merklich und setzte den Bauern dann noch weiter auf E5. Grumman reagierte sofort und nahm seinen Springer auf D5. Der Flame Alchemist war Feuer und Flamme. Dieses Mal könnte er tatsächlich gewinnen und er wettete seine Handschuhe darauf, dass er dann in Grumman’s Augen bereit dazu war sein Amt zu übernehmen.

Die Schachpartie lief weiter und sie fingen endlich an über die wichtigen Dinge zu reden. “Major Falman ist wieder im Norden angekommen, Sir.” begann Roy, der seinen Blick nicht vom Schachbrett gehoben hatte. “Erinnern sie mich nicht daran Mustang. General Armstrong hat mich schon um 8:00Uhr angerufen um mir mitzuteilen, dass sie Hawkeye haben wollte. Die Frau Generalin macht mich eines Tages noch fertig.“ Roy schmunzelte bei der Bemerkung. “Sie hat doch nicht ernsthaft gedacht, dass ich ihr Hawkeye überlasse. Die Nordschanze hat den gleichen Rang wie ich. Das kann sie vergessen.” Er setzte seinen Läufer ein paar Felder weiter und sah mit einem sicheren Lächeln auf zu seinem Gegenüber. “Wer weiß, wer weiß. Ich denke aber, dass Falman von allen die beste Wahl für den Norden ist. Er war gezwungenermaßen schon dort.” Grumman setzte als Antwort zu Roy’s Zug einen seiner Bauern. “2. Leutnant Fuery ist ebenso in East City angekommen. Keine Probleme soweit ich weiß.” Fuhr Roy mit seinem indirekten Bericht fort und zog die Brauen zusammen, während er den ungewöhnlichen Zug des Älteren betrachtete. “Gehe ich richtig in der Annahme das es auch nicht grundlos war, dass Sie Captain Havoc als kampferfahrenen Soldaten in den Süden und Captain Breda als meinen intelligentesten Strategen in den Westen geschickt haben?” Ohne Umschweife setzte der Dunkelhaarige seinen Läufer und schlug den Turm des Generalfeldmarschalls. “Nein Mustang. Ich weiß, es fällt ihnen nicht leicht ihr treues Team aufzugeben, aber wir brauchen sie im Land, wenn wir weiterkommen wollen. Wegen Captain Breda und Major Falman. Nun, das Gute ist, dass Drachma relativ ruhig ist und Creta’s Angriffe immer weiter zurückgehen. Sie haben bisher zwar unsere Demokratisierung dazu genutzt, ständig wiederholte Angriffe zu starten, doch auch das scheint drastisch nachgelassen zu haben. Aber das Parlament macht sich immer noch Sorgen. Die haben sogar überlegt jemanden wegen Verhandlungen hin zu schicken.” Grumman’s Worte ließen den Flame Alchemisten aufhorchen. “Lassen Sie mich raten. Sie wollen eine Frau schicken, weil das besser ist?”, Roy lachte und schlug sich die Hand an die Stirn, “Wenn sie wenigstens vom Militär wäre, aber einfach so eine Frau aus dem Parlament hinzuschicken? Ich glaube die Demokratisierung war nicht überall erfolgreich. Immer öfter kommen jetzt die Gleichberechtigungs-Idioten hoch.”, seufzte Roy und schüttelte den Kopf. “Wir wussten was das alles mit sich bringt, Mustang. Alle Gesetze mussten angepasst oder geändert werden. Sogar die Militärgesetze. Ich wäre fast wahnsinnig geworden, aber immerhin hast du deinen Willen bekommen.” Grumman machte eine kurze Pause und ein amüsiertes Funkeln lag in den Augen des älteren Mannes. “Es gibt jetzt Röcke in verschiedenen Längen beim Militär. Freiwillig zu tragen natürlich!”

“Sir, ich war nicht der Einzige, der dafür gestimmt hat und das Parlament hang uns auch im Nacken wegen Gleichberechtigung und die Frauen brauchen jetzt im Sommer nicht mehr vor Hitze zu sterben.”, versuchte sich der General mit unterdrückter Begeisterung zu rechtfertigen. “Ist ja schon gut.”, sagte der Generalfeldmarschall mit einer abschließenden Handbewegung und fuhr fort, “Wie siehts in Ishval aus?”

Roy vergrub sein Gesicht bei der Frage in seinen Händen bevor er antwortete: “Ishval ist fertig, Sir. Sie können mit Miles einen Termin für die Verhandlung ausmachen. Aber bitte nehmen sie mich alleine mit. Armstrong hat doch den Kampf verweigert und Hawkeye war noch ein Kind. Sie war 19. Das war alles schon schlimm genug für sie.” Roy rieb sich mit den Händen durch die Haare und zerstörte seine ohnehin nicht existierende Frisur nur noch mehr. “Ich habe schon versucht sie da rauszuhalten, aber es ging nicht. Sie würde sich notfalls für ihren Vorgesetzten opfern, das wissen Sie…”

Roy’s Blick wanderte nach unten zu seiner Spielfeldseite, auf der seine Königin noch immer geschützt vor allen Angriffen stand. “Ich weiß und das macht mir Sorgen…” Für eine kurze Zeit war es still zwischen ihnen. Roy war Mitten in seinen Gedanken versunken, als er nur ein triumphierendes “Matt” von Grumman hörte und überrascht aufsah. Hatte er gerade wirklich so schnell verloren?

Der General konnte es nicht glauben.

“Ist nicht wahr und das ohne ihre Dame?”

Ein leises Lachen war von Grumman zu hören, ehe er ein verschmitztes Grinsen unter seinem Bart zum Besten gab. “Du hast noch viel zu lernen General Roy Mustang.”, langsam stand der Generalfeldmarschall auf und ging rüber zu seinen Schreibtisch, wo er eine dicke Akte hervor holte. “Ich habe lange nachgedacht. Wenn du deine Königin wirklich zu würdigen weißt, dann gehe ich in Pension.” Gerade als er noch was ergänzen wollte, hörte man nur das Knallen einer Tür aus dem Vorzimmer. Grumman und Roy drehten sich ruckartig herum und starrten die Doppeltür erwartungsvoll an.
 

Riza war aufgebracht ins Empfangszimmer des Generalfeldmarschall gestürmt, wobei die Tür mit einem gewaltigen Krach gegen die Wand knallte. Rebecca sah sie überrascht mit großen Augen an, blieb jedoch auf ihrem Platz am Schreibtisch sitzen.

“Morgen Riza… Was verschafft mir die Ehre?”, sagte sie leicht schockiert. Es lag definitiv schlechte Laune in der Luft. “Hier hast du die angeblich so besonderen Unterlagen von meinem Großvater wieder. Ich sag ihm meine Meinung selber dazu!”, sagte sie harsch und machte schon Anstalten in die Richtung der Doppeltür des großen Anführers zu gehen. “Aber Riza du kannst da jetzt nicht rein, da ist doch-” Riza würgte ihre Freundin nur mit einer einzigen Handbewegung ab und sah sie mit einem Todesblick an. Rebecca fühlte sich gleich ganz klein mit Hut, dass sie sich am Liebsten hinter den Schreibtisch verstecken wollte. “Im Gegensatz zu meinem Vorgesetzten, kenne ich seine Termine, aber danke für die Auskunft!” Ruckartig öffnete sie die Tür so stark, dass sie entgeistert von 2 Herren angestarrt wurde.

“Fürs Protokoll: Das ist gerade eine Familienangelegenheit.”, sagte sie in strengem Ton noch, was ihren Unmut deutlich machte, bevor sie sich direkt an Grumman wandte.

“Und jetzt zu Ihnen, Sir!" Ihr Blick, den sie ihrem Großvater zuwarf könnte kaum finsterer sein. "Was glauben Sie eigentlich, was Sie da tun? Ich dachte wir haben oft genug darüber gesprochen!”, bellte Sie forsch dem Generalfeldmarschall entgegen.

Äußerlich mochte Riza im ersten Moment vielleicht ruhig erscheinen, doch ihr harscher Ton und ihre flammenden Augen bewiesen das Gegenteil. Jedoch war die einzige Reaktion die sie in Grumman’s Miene erkennen konnte, dass er nicht zu wissen schien, worum es ihr ging. Sie schnaubte leise.

Wütend hielt sie ihm die Zeitung hin und packte sich an die Schläfen um sich zur Besinnung zu rufen. Das waren zu viele Emotionen für die nächsten 4 Wochen.
 

Sprachlos sah Grumman seine Enkelin an. Seit Jahren hatte sie nicht mehr einen solchen Gefühlsausbruch gehabt. Natürlich hätte er sich lieber ein Lachen oder ein Weinen vor Glück gewünscht, aber immerhin hatte sie irgendeine Emotion gezeigt. Aber bevor er einen Kommentar abgeben konnte, sah er sich ihr Problem erstmal an. Er schlug die Zeitung vom 24.06.1922 auf seinem Schreibtisch auf und dann sprang ihm auch sofort der Grund ihrer schlechten Stimmung ins Auge. Ganz groß auf der Titelseite war sein Interview mit der Zeitung in dem er Riza Hawkeye als Familienangehörige bekannt gegeben hatte. “Oberstleutnant.” Grumman sollte jetzt nichts Falsches sagen, das war ihm bewusst. Sie hatte ihm zuvor schon gesagt, dass sie unter keinen Umständen durch irgendetwas Privates in der Zeitung landen wollte. Und doch hatte er es ungewollt ausgeplaudert.

In der Zwischenzeit hatte die Scharfschützin ihre Hände von den Schläfen genommen, um diese einfach zur Faust geballt an ihren Seiten hängen zu lassen. Sie sah ihn mit festen Blick an, doch er konnte einen Hauch Enttäuschung in ihren haselnussbraunen Augen sehen. Er hatte ihr Vertrauen missbraucht.

“Sir, ich habe nein gesagt, weil ich wusste was das auslösen wird...” Er sah wie sie tief durch die Nase einatmete, bevor sie mit zitternder Hand die Zeitung nahm und weiter blätterte. Für einen Augenblick wusste er nicht, worauf sie hinaus wollte, begriff dann aber den Inhalt des Artikels. Er sah sie schockiert an und beugte sich über die Zeitung. “Oje…” Er überflog die Überschriften. Zusammengefasst waren es einige Bilder vom General und Hawkeye. Dabei interessierte es niemanden, dass das einzige, etwas private Bild nur das Richten seines Kragens vor einer Pressekonferenz war. Dazu kamen noch einige Sachen unter der Gürtellinie und obwohl sie am Anfang behaupteten, dass Hawkeye dem General versprochen wäre, fand man unten links noch eine Sammlung von Heiratskandidaten für Hawkeye mit Bildern und Kurzbeschreibungen. Logischerweise alle vom Militär, weil sie laut der Zeitung ‘zu gefährlich und zu kalt für Zivilisten wäre’. Trotzdem war es für Grumman noch kein Grund, dem General etwas anzuhängen oder zu behaupten, dass Riza ihren Großvater dazu überredet hätte, dass ihr Vorgesetzter der nächste Generalfeldmarschall werden würde. Grumman sah etwas schockiert zu Mustang rüber, der aufgrund von Riza’s Reaktion schon aufgestanden war. Riza indes hatte sich mit beiden Händen auf dem Schreibtisch abgestützt, sodass ihre Haare ihr unweigerlich ins Gesicht fielen.
 

Wie konnte ihr Großvater sowas tun. Natürlich kamen all die Jahre immer so kleine Gerüchte hoch. Immerhin war sie die einzige Frau im Team Mustang und jeder wusste, dass er von einem Date zum anderen schlenderte. Nur sie wusste, dass es eine Masche war, damit er nicht so gefährlich wirkte und das es alle Informantinnen waren. Ob er jemals eine berührt hatte, wollte sie gar nicht wissen. Sie hatte sich immer mühe gegeben noch kühler zu werden, wenn wieder ein neuer Mustang Gegner irgendein Gerücht aufflammen ließ. Sie tat dies alles für ihn und der Generalfeldmarschall hatte das alles mit einem einzigen Interview in der Zeitung zunichte gemacht.

Sie sah nur wie der General neben ihr auftauchte. Ihr Blick glitt zu ihm hinüber, als er die Zeitung vom Tisch hob und ein paar Schritte durch das Büro ging. Er drehte sich zu Grumman und ihr um und hob die rechte Augenbraue nachdenklich hoch. Dann fing er an zu sprechen: “Also ehrlich gesagt sehe ich hier nur ein Haufen Bilder vom Oberstleutnant bei der Arbeit. Das ist fast schon traurig, dass die Central Times so schlechte Bilder hat.” Riza folgte seinen Schritten mit den Augen, während er wieder auf sie zukam. “Außerdem möchte ich nur mal anmerken, dass die Auswahl auch zu wünschen übrig lässt. Ich meine, Oberstleutnant, die Presse ist wohl nicht sonderlich gut informiert. Oberstleutnant Colt und Nash wären ein Schlupfloch im Gesetz, aber Herr Hawking ist General und Herr Stamp ist Oberst. Da ist ja in jeder Version ein Gesetzesverstoß dabei und das nur, weil Sie irgendwann mal mit einem von ihnen einen gemeinsamen Termin hatten. In Sachen Märchen erfinden sind die echt gut.” Der General zupfte die Doppelseiten über Riza aus der Zeitung heraus, schlug den Rest zu, zerknüllte die Doppelseiten rasch und schmiss sie auf einen Teller auf Grumman’s Schreibtisch.

Mit einer Selbstverständlichkeit zündete er sie an, als würden sich alle Probleme somit in Rauch auflösen. Riza musterte ihn zweifelnd. “Oberstleutnant, sie sollten nach Hause gehen.” Raunte Roy, woraufhin Riza nur seufzend die Arme vor der Brust verschränkte. “Ihre Sorge ehrt mich, Sir, aber der Weg hierher war schon anstrengend genug. Ich verzichte. Bis Dato hat die Presse noch nicht herausgefunden wo ich wohne. Nachher sind meine Chancen besser unbemerkt nach Hause zu kommen.”, sie wandte sich herum, blieb jedoch noch stehen. “Generalfeldmarschall ich lasse Hayate hier. Ich hole ihn nachher wieder ab und wenn ich noch einmal Mitarbeiterakten auf meinem Platz zur ‘besonderen Durchsicht’ bekomme-” Riza brach den Satz ab und ließ einen kurzen, mahnenden Blick über ihre Schulter für sie sprechen. Daraufhin wandte sie sich von ihm ab, um vorwurfsvoll auf ihren Vorgesetzten zu zu gehen. Direkt vor ihm erhob sie den Zeigefinger. “General, sie haben in 10 Minuten einen Termin. Kommen Sie nicht wieder zu spät. Ich will mir nicht schon wieder eine Ausrede ausdenken müssen.” Nachdem sie alles losgeworden war, wollte sie nur noch weg und setzte sich schnellen Schrittes in Bewegung.
 

Grumman seufzte. “Riza?” Eigentlich benutzte er nie ihren Vornamen während der Anwesenheit von Dritten und er wusste, dass sie ihn zurechtweisen würde. Aber er wollte irgendwie zeigen, dass es ihm auch als Großvater leid tat, dass er so eine Diskussion ausgelöst hatte. Immerhin schätzte sie ihre Privatsphäre. Schützte sie förmlich vor Allem. In den letzten Jahren hatte er es nicht geschafft, dass sie sich bei ihren regelmäßigen Großvater-Enkelkind-Treffen ein bisschen öffnete. Sie erzählte nicht wirklich was. Dabei wollte er irgendwie ein Teil ihres Lebens werden. Immerhin hatten sie nur noch Einander, nachdem Berthold verstorben war.

Plötzlich riss Riza ihn aus den Gedanken: “Sir, sie sollen mich nicht mit Vornamen ansprechen.” Ihr verärgerter Unterton ließ ihn aufschauen, doch anstatt dass ihr kalter Blick ihn traf, hatte sie sich nicht mal umgedreht. “Es tut mir leid. Kommst du trotzdem heute Abend?” Er starrte erwartungsvoll ihren Rücken an, trotz angespannten Situation. Er bereute es sie mit Vornamen angesprochen zu haben. Er wollte ihr damit zwar sagen, dass es ihm persönlich leid tat, aber im Endeffekt hatte er nur dafür gesorgt, dass er sie noch wütender machte. Er verdiente das nicht, doch ihre Antwort war überraschend und unerwartet.

“19 Uhr, wie jeden ersten Freitag im Monat.”, sagte sie nur trocken und ging schnurstracks aus seinem Büro. Grumman atmete erleichtert aus und sah zu Roy, der da eigentlich nur unnütz wie ein Weihnachtsbaum an Ostern rumstand. “Mustang, haben sie vielleicht eine Gebrauchsanweisung für Hawkeye? Ich verstehe sie nach knapp 7 Jahren genauso wenig wie zu Anfang.” Erneut seufzte er und verschränkte die Arme vor der Brust.
 

Roy musste auflachen. Grumman am Ende seiner Weisheiten war ein zu amüsanter Anblick. Er konnte sich ein leicht belustigtes Lächeln nicht verkneifen. “Generalfeldmarschall, meine Regel ist einfach. Die Papiere unterschreiben, wenn sie mir mit ihrer Waffe droht. Aber wenn sie meinen Rat wollen, dann bedrängen Sie sie nicht so sehr. Sie geht sonst eher einen Schritt zurück, als auf Sie zu.”, er lächelte erneut, “Aber wenn ich es mir so überlege...Ich wäre erschossen worden, wenn ich sie Riza genannt hätte auch wenn kein Dritter anwesend gewesen wäre. So schlimm ist es also gar nicht für Sie ausgegangen.” Grumman schaute über seine Brillengläser hinweg direkt zu ihm herüber. “Das war eine 50-50 Chance getötet zu werden. Entweder konnte ich ein bisschen an das Enkelkind in ihr appellieren oder ich sterbe heute Abend. Man weiß es nicht.” Der General schüttelte den Kopf. “Soll ich Sie zur Sicherheit um 20 Uhr anrufen?” Grumman winkte Roy nur ab und er beobachtete wie der Generalfeldmarschall wieder etwas entspannter zum Schachtisch ging. “Wenn, war es wohl Schicksal.”, sagte er zum Schwarzhaarigen und griff nach seinem kleinen schwarzen Buch. Roy sah, dass er das neuste Schachergebnis notierte und kurz darauf den neuen Stand vorlas. “Also eine Niederlage, 131 Siege und 16 Unentschieden. So wird das nie was. Wollen Sie erst mit 45 Generalfeldmarschall werden?” Der ehemalige Mentor sah den Alchemisten mit herausfordernden Blick an. Es machte ihm offenbar Spaß seinen Untergebenen ein bisschen aus der Reserve zu locken. Das klatschende Geräusch des Buches auf dem Schreibtisch sorgte dafür, dass Grumman wieder seine volle Aufmerksamkeit bekam. Seinem Vorgesetzten schien etwas eingefallen zu sein, denn er wunk Roy wieder näher zu sich.
 

“Nun wieder zu wichtigeren Themen!”, Grumman hob wieder die dicke Akte auf, die mittig auf seinem Schreibtisch lag. “Ich habe im Auftrag des Parlaments alle Militärgesetze überarbeitet. Lies dir alle genau durch und unterzeichne sie zügig. Hawkeye sollte sie vorerst nicht sehen und übrigens, mein Angebot dahingehend steht immer noch.” Vertrauensvoll legte das Oberhaupt die wichtigen Unterlagen in Roys Hände. Doch mit so einen schweren Stapel hatte er wohl nicht gerechnet. Er hörte nur ein “Uff” des Jüngeren und sah, wie Roy mit dem ganzen Stapel ein ganzes Stück einsackte. Sein Gegenüber sah ihn nur verwirrt an. Grumman wollte zwar eigentlich nicht so direkt sein, aber half dann nur mit einem “Angebot - Hand - Enkeltochter.” nach. Es sah jedoch nicht so aus als würde bei dem Flame Alchemisten der Funke überspringen. Leicht genervt rollte er mit den Augen. Roy würde es schon merken, wenn er die Unterlagen richtig lesen würde. Verschmitzt lächelnd ging das Oberhaupt mit den Armen hinterm Rücken zu seinem Platz und setzte sich entspannt ausatmend auf den Stuhl. Endlich ging alles langsam aber sicher seinen Weg. Zufrieden mit sich und seinem vielleicht etwas listigen Plan stützte er seine Ellenbogen auf den Tisch um daraufhin sein Gesicht mit den Händen abzustützen. “Mustang?”, sein Gesprächspartner schien noch immer in Gedanken zu sein. “Ich glaube sie werden noch vor der Mittagspause erschossen. 10 Minuten sind schon etwas länger vorbei.” Er sah Panik in dem Blick seines sonst so furchtlosen Untergebenen aufkeimen und hörte nur den panischen Aufschrei “Verdammt!”, den er ihn ausnahmsweise mal durchgehen ließ. Und schon war Mustang erstaunlich schnell aus dem Büro verschwunden.

“Hach ja, die junge Liebe. Lang ist’s her.”, raunte Grumman leise und sah auf das alte Bild mit seiner Frau, das auf dem Schreibtisch stand, die leider schon vor vielen Jahren von dieser Welt gehen musste. Sein Blick wurde weich.



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