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Ein Herz aus Glas

von

Vorwort zu diesem Kapitel:
Einen schönen Samstag-Abend euch allen,

ja ich weiß, es ist noch nicht Sonntag, aber da ich morgen unterwegs bin und unter der Woche nie Zeit zum hochladen habe, hab ich mir gedacht, warum nicht schon heute ;-)

Ich möchte mich ganz herzlich für die lieben Kommentare bedanken, die mich so herzlich im Haikyuu!-Fandom willkommen geheißen haben, und darüber hinaus auch bei den vielen Favoriten und stillen Lesern. Nur für euch poste ich das hier und es freut mich, dass es euch bisher gefällt.

Viel mehr hab ich auch nicht zu sagen, außer, viel Spaß und euch noch ein schönes Wochenende.

Eure Sharry Komplett anzeigen

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Kapitel 2

 

„Guten Morgen, was macht ihr denn alle hier draußen?“

Es war gerade einmal fünf nach sieben als Sugawara an der Sporthalle eintraf. Er hatte sich verspätet da er noch bis spät in die Nacht hinein versucht hatte den Lernstoff nachzuholen und dann am Morgen noch seine Schultasche hatte packen müssen.

Wie zu erwarten waren sowohl ihre beiden schrägen Vögel als auch Tanaka und Nishinoya bereits anwesend. Daichi und Kinoshita winkten ihm ebenfalls zu.

„Was wartet ihr denn alle noch hier?“, fragte er nach als er näherkam.

„Ach, ich hab doch meinen Schlüssel gestern Asahi gegeben und der ist noch nicht da“, meinte Daichi lachend und rieb sich den Hinterkopf, zu seiner Rechten tauchten gerade auch Yamaguchi und Tsukishima auf, beide synchron am Gähnen.

Noch beim Aufschließen beobachtete Sugawara ihren Libero, aber seine Sorge war unbegründet. Breit grinsend erklärte dieser gerade dem viel zu begeisterten Hinata was er sich für ein neues, unbarmherziges, hartes Spezialtraining auferlegt hatte um seine Mängel vom vergangenen Tag auszugleichen.

Kaum hatte Sugawara die Tür offen, stürmten die anderen an ihm vorbei und begannen die Halle vorzubereiten.

„Was auch immer Asahi gestern getan hat, es scheint das Richtige gewesen zu sein“, murmelte er als Daichi ebenfalls hineinkam.

Dieser nickte nachdenklich.

„Ich weiß immer noch nicht, ob so ein Gespräch wirklich notwendig war. Nishinoya lässt sich ja nicht so schnell unterkriegen, auf der anderen Seite hätte er allein vielleicht länger gebraucht, daher war es wohl richtig so.“

Dann begannen sie mit dem üblichen Morgentraining. Bis viertel nach sieben waren sämtliche Clubmitglieder anwesend, bis auf ihr Ass.

Allerdings gab es so viel vom letzten Tag zu diskutieren und auszuprobieren, dass es wohl nur dem ein oder anderen aufmerksamen Spieler auffiel.

„Sawamura, weißt du warum Azumane nicht da ist? Er wollte heute einen neuen Angriff mit mir üben.“

Einer dieser Spieler war Kageyama. Der Zuspieler hatte am vergangenen Tag noch während des Spieles mit Asahi einige Dinge besprochen, die sie im kommenden Training testen wollten.

Der Kapitän wusste, dass Kageyama am Vorabend mitbekommen haben musste was los war, deshalb war er wohl zügig gegangen. Er war viel umsichtiger als er es wohl selbst wahrhaben wollte oder aber er hatte einfach keinen Nerv auf Drama gehabt, beides war bei ihrem mürrischen Wunderknaben gut vorstellbar.

„Ach, mach dir keine Sorgen. Wahrscheinlich hat der Gute nur verschlafen.“

Ohne etwas zu erwidern – aber mit dieser seltsam hochgezogenen Augenbraue die Daichi immer wieder doch leicht nervte – wandte sich der Erstklässler um und begann Hinata anzubrüllen, der genau diesen Moment ausgesucht hatte, um Kageyama vor Tanaka und Nishinoya nachzuäffen.

Hinata bemerkte zu spät, dass Kageyama auf ihn zu jagte und war kaum in der Lage dessen eiserner Faust zu entkommen.

Etwas unzufrieden beobachtete Daichi die Eingangstür; das Morgentraining war fast vorbei und Asahi tauchte einfach nicht auf. Es war ungewöhnlich für ihr zaghaftes Ass auch nur ein Training zu verpassen, dafür hatte er einfach viel zu viel Angst vor Daichi und davor, dass Tanaka oder Hinata ihm seinen Rang streitig machen würden.

Seufzend schüttelte er den Kopf. Sinnloses Kopfzerbrechen würde ihm nicht viel bringen.

„Okay Leute, wir sollten langsam aufräumen, sonst kommen wir zu spät zum Unterricht. Kageyama, Hinata, Nishinoya! Habt ihr mich nicht gehört? Aufräumen!“

Die zustimmenden Antworten wurden von Hinatas und Nishinoyas Quengeln unterbrochen, die nur noch einen Ball haben wollten, einen einzigen!

„Mach dir nicht so einen Kopf.“

Zu seiner Überraschung stand Kiyoko plötzlich neben ihm.

„Äh, was? Wie bitte?“

Nun sah sie von ihrem Klemmbrett auf und begegnete seinem Blick gewohnt ernsthaft.

„Du machst dir Sorgen, weil Asahi heute nicht zum Training gekommen ist, oder?“

Er nickte, erstaunt über ihre unglaubliche Beobachtungsgabe.

„Wie du weißt konnte ich gestern Nachmittag nicht, da ich Berufsberatung hatte. Heute ist Klasse 3 dran und morgen ihr. Ich bin mir sicher Asahi hat einfach nur einen der frühen Termine und hat über das unerwartete Trainingsspiel vergessen Bescheid zu geben.“

„Ja, du hast sicherlich Recht“, lachte Daichi halbherzig und beobachtete wie Sugawara mit der Eleganz eines Balletttänzers den Ball regelrecht aus der Luft fing und dann Nishinoya und Hinata zusammenfaltete.

 

*****
 

Doch auch nach dem Unterricht kam Asahi nicht zum Training.

Er war krank, wie Herr Takeda ihnen mitteilte, anscheinend überhaupt nicht in der Schule gewesen.

Die restlichen von ihnen trainierten wie üblich.

„Was ist denn mit dir los, Daichi? Du hast ja fast schon fröhlich ausgesehen als Herr Takeda uns gesagt hat, dass Asahi krank ist“, zog ihn Sugawara auf, während sie das Zuspiel übten.

„Ach das stimmt doch gar nicht“, entgegnete Daichi, während er den Ball seinem Zuspieler zuwarf, ehe er losrannte und so hoch sprang wie er nur konnte.

Wie zu erwarten kam der Ball in einem perfekten Bogen zu seiner Hand.

„Ich bin nur etwas erleichtert, dass es nur das ist“, gestand er dann leise ein als er wieder mit beiden Füßen auf dem Boden stand und sah seinen Klassenkameraden ernst an. „Ehrlich gesagt habe ich mir doch etwas Sorgen gemacht, aber solange Asahi nur krank ist, kommt er mit Sicherheit morgen wieder.“

„Azumane ist nicht krank.“ Gleichzeitig drehten Sugawara und Daichi sich zu Kageyama um, der ebenfalls am Netz stand und gerade einen ebenfalls perfekten Ball Tanaka zugespielt hatte.

„Gestern war er in einem Topzustand, sowohl körperlich als auch psychisch. Es ist sehr unwahrscheinlich, dass er heute so krank ist, dass er noch nicht Mal zum Unterricht gehen kann.“

Der Protegé ihres Teams stellte das so sachlich fest, dass Daichi über die subtile Anschuldigung noch nicht einmal wütend werden konnte. Ganz anders Tanaka, der das Gespräch mitbekommen hatte.

„Willst du etwa behaupten, dass unser Asahi nicht nur die Schule, sondern vor allem das Training schwänzt?!“, brüllte er Kageyama an und packte ihn am Kragen.

„Du musst wirklich deine Prioritäten neu überdenken“, kam es von Tsukishima von der anderen Seite des Netzes, der dort zusammen mit Hinata die Bälle annahm.

„Aber, aber“, ging Sugawara sofort dazwischen, „wir wissen doch alle das Asahi ein viel zu großer Angsthase ist, um einfach den Unterricht zu schwänzen. Wenn er krank ist, ist er krank.“

Tanaka nickte großzügig, doch Kageyama wirkte alles andere als überzeugt.

Er wollte wohl etwas erwidern, aber dann brüllte Herr Ukai zu ihnen herüber und erinnerte sie daran, dass sie gerade mitten im Training waren, sowohl Yamaguchi als auch Ennoshita standen schon bereit, beide mit einem leicht genervten Gesichtsausdruck. Narita hinter ihnen auf der anderen Seite schüttelte nur den Kopf und grinste fast schon schelmisch.

 

Als das Training langsam aufs Ende zukam fanden sich die beiden Drittklässler etwas Abseits an der Trainerbank ein, um mit Shimizu ein paar organisatorische Dinge zu klären. Herr Takeda hatte sich gerade verabschiedet, um einer Lehrerkonferenz beizuwohnen.

„Ihr denkt immer noch über Asahi nach, nicht wahr?“, bemerkte Kiyoko so selbstverständlich, dass die beiden anderen einen besorgten Blick austauschten. Manchmal wunderten sie sich, ob ihre Managerin Gedanken lesen konnte.

„Ach, was redest du da?“, winkte Sugawara mit einem falschen Lächeln ab und auch Daichi rieb sich kopfschüttelnd den Nacken.

„Ich muss gestehen, dass es mich auch überrascht hat“, sprach sie unbehelligt weiter und sah zum Spielfeld hinüber. „In den letzten drei Jahren ist Asahi nicht einen Tag krank gewesen. Ja nach dem Spiel gegen Datekou hat er aufgehört zu trainieren, aber trotzdem ist er zum Unterricht gekommen, er war ja nicht gesundheitlich angeschlagen.“

„Wie gesagt, ich glaube nicht, dass Azumane krank ist.“

Erschrocken sprang Sugawara herum, Daichi und Shimizu schauten nur verwundert auf.

Am Ende der Bank stand Kageyama und stellte gerade seine Trinkflasche ab. Schweiß rann sein Gesicht hinunter, doch sein Blick war so messerscharf wie eh und je.

„Warum behauptest du das die ganze Zeit?“, fragte Sugawara äußerst unzufrieden. Er wusste, dass der Erstklässler es nicht böse meinte. Kageyama analysierte Situationen meist objektiv und gab das Ergebnis direkt und ungeschönt wieder.

„Das habe ich doch schon gesagt“, entgegnete der jüngere Zuspieler leicht genervt, „er war gestern in einer so guten Verfassung, dass er heute auf keinen Fall so krank sein kann, dass er noch nicht mal zur Schule kommt. Er müsste schon einen Unfall gehabt haben.“

„Hey, beschwöre nichts herauf, ja?“ Schnell winkte Daichi ab.

„Kageyama hat Recht!“ Wieder wirbelten die Drittklässler herum als Hinata am anderen Ende der Bank ein Handtuch von Yachi entgegennahm. Im Verhältnis zu Kageyama wirkte er so als wäre er durch einen Regenschauer gelaufen, trotzdem schien er nicht im Mindesten erschöpft. „Asahi war gestern richtig cool. Jeder seiner Aufschläge hat so whuff gemacht und dann so BAM. Ich wünschte ich könnte so Aufschläge machen.“

„Nicht in einer Millionen Jahren“, kommentierte Kageyama schroff nur um von Hinata angegriffen zu werden.

„Naja, Unrecht haben die beiden nicht“, murmelte Kiyoko gelassen während die beiden Erstklässler sich im Hintergrund in der Wolle hatten und eine verzweifelte Yachi erfolglos versuchte zu schlichten. „Mir ist auch aufgefallen, dass Asahi viel lauter auf dem Spielfeld war als sonst.“

Daichi und Sugawara tauschten erneut einen Blick aus.

Das stimmte. Asahi war nie so laut wie Tanaka oder Hinata, aber auch er lobte gute Annahmen und rief so oft er konnte nach dem Ball.

Gestern jedoch war da mehr gewesen, nicht nur eine bessere Kommunikation, nicht nur flüssigere Bewegungen. Seine pure Anwesenheit war auf dem ganzen Spielfeld zu spüren gewesen und dabei hatte es sich nur um ein Trainingsspiel gehandelt bei dem sie verschiedene Dinge hatten ausprobieren wollen.

„Er hatte fast die Präsenz eines echten Asses“, flüsterte Sugawara, aber er meinte es nicht als kleinen Seitenhieb, er machte sich gerade gar nicht über den anderen lustig, sondern verstand langsam warum er selbst gestern so ruhig gewesen war.

Daichi nickte langsam und hielt sich nachdenklich das Kinn.

„Jetzt wo du‘s sagst. Normalerweise ist Asahi immer einer, der ein Momentum schnell spürt aber noch schneller wahrnimmt, wenn es kippt, aber gestern war er derjenige, der die Stimmung aufgebaut hat.“

„Stimmt.“ Herr Ukai kam zu ihnen herüber, offensichtlich hatte er mitbekommen worüber sie sprachen. „Ich bin überrascht, dass euch das erst jetzt auffällt, dabei war Azumane gestern eindeutig nicht mehr der Azumane, den wir bisher kannten.“

Die Angesprochenen schauten überrascht auf.

Mittlerweile hatten sich auch Tsukishima, Yamaguchi und die Zweitklässler zu ihnen gesellt, während Tanaka dabei war den verhedderten Hinata aus dem Netz zu entwirren, in das Kageyama ihn geworfen hatte.

„Am Anfang war ich noch davon ausgegangen, dass er einfach einen sehr guten Tag hatte oder aber nicht so nervös und unsicher wie sonst war, da es bei diesem Spiel um nichts ging und ihr euren Gegner schon einmal besiegt hattet.“

Zustimmendes Gemurmel kam vom Team.

„Aber wenn ich ehrlich bin glaube ich, dass es mehr ist als das“, erläuterte ihr Trainer. „Vielleicht ist es ganz gut, dass Azumane heute nicht da ist; jetzt kann ich ganz offen mit euch reden, ohne Druck auf ihn aufzubauen, denn gestern hat unser Ass gezeigt, dass er seine Grenzen noch lange nicht erreicht hat.“

Tanaka und Hinata konnten ein lautes „Oh!“ nicht verhindern, während Nishinoya laut lachend erklärte, dass ihm das immer schon bewusst gewesen wäre, schließlich ginge es hier ja um Asahi, ihr Ass.

„Aber warum dieses Aufsehen darum?“, fragte Tsukishima nach und schob seine Brille nach oben, um sich den Schweiß von der Nase zu reiben. „Wir trainieren doch alle, um besser zu werden. Was ist jetzt das Besondere daran, dass unser Ass ausnahmsweise mal das tut, was man von einem Ass erwartet?“

„Tsukishima!!“ Schnell brachte sich der große Blonde vor dem Kleinsten des Teams in Sicherheit.

Ukai kratzte sich am Hinterkopf.

„Du hast natürlich Recht, aber was ich sagen will ist, dass...“

„Gestern hat Azumane zum ersten Mal sein wahres Potential als Ass gezeigt.“

Es war Kageyama der den Coach unterbrochen hatte und für einen kurzen Moment herrschte Totenstille.

„Hey!“, schollt Daichi ihn jedoch dann sofort. „Du kannst nicht einfach reden wann und wie es dir passt!“

„Schon okay Sawamura“, winkte Ukai ab. „Kageyama liegt völlig richtig und Tsukishima dementsprechend auch.“

Überheblich grinste der Mittelblocker zum Libero hinab während ihr Trainer weitersprach.

„Azumane ist gut, er hat eine beeindruckende Kraft für sein Alter und wenn man mal von seinem fragilen Selbstbewusstsein absieht eigentlich keinerlei große Schwächen, deshalb ist er Karasunos Ass. Aber bei einem Ass geht es um mehr, als nur darum Blöcke einzureißen und Punkte zu holen. Wenn ihr euch die anderen Asse der Teams, die wir näher kennen mal etwas genauer anguckt, bemerkt ihr schnell, dass die richtig guten unter ihnen meist ziemlich eigen sind, die meisten von ihnen sind deutlich mehr als einfach nur gute Spieler. Dieses Mehr hat Azumane bisher nie ausfüllen können, bisher...“

Er nickte Kageyama zu, der die Arme verschränkt hatte und konzentriert den Boden begutachtete.

„Azumane kam gestern schon im Laufe des ersten Satzes zu mir und bat mich darum ihm die Bälle absichtlich ungenau zuzuspielen. Ich fand das ziemlich besch…eiden um ehrlich zu sein und ich wollte es auch zunächst nicht, aber er meinte, dass Trainingsspiele schließlich dafür da seien, solche Dinge auszutesten.“

„Ach so!“ Tanaka schlug sich auf die offene Handfläche als hätte er gerade ein kompliziertes Rätsel gelöst. „Ich hab doch gedacht, dass deine Vorlagen irgendwie komisch aussahen, aber da meine Bälle alle so gut waren wie sonst auch, dachte ich du hättest einfach einen schlechten Tag gehabt.“

„Ich habe keine schlechten Tage“, knurrte Kageyama.

Halb lachend verschränkte Sugawara ebenfalls die Arme. „Das ist eine dreiste Frage, so etwas von einem Zuspieler zu verlangen. Ich will mir gar nicht vorstellen, wie anstrengend es sein muss einen Ball absichtlich schlecht zuzuspielen, gerade für dich.“

Der Erstklässler winkte ab. „Zunächst ja, aber dann habe ich mich gefragt wie Hinata wohl zuspielen würde und danach war es eigentlich ganz...“

„Was?! Warum ausgerechnet ich?!“

„Weil dein Zuspiel scheiße ist.“

Ihr Trainer räusperte sich, um einen erneut aufkeimenden Streit zu unterbrechen.

„Genau, für Azumane ist eine solch selbstbewusste, aber auch egoistische, Forderung nicht selbstverständlich, da er sich immer um alles und jeden viele Gedanken macht.“

„Anders als andere“, flüsterte Tsukishima dazwischen und beäugte einige Teamkameraden kühl.

„Er hat gestern in allen Bereichen Bestleistungen abgegeben“, wiederholte Ukai und ignorierte gemurmelte Zwischenrufe, „doch um ehrlich zu sein bezweifle ich, dass es für Azumane förderlich wäre zu wissen, wie viel er noch aus sich herausholen kann. Aber es ist so, wenn er diese Leistung regelmäßig abrufen kann und lernt sein wahres Potential als Ass auszuschöpfen, dann...“

Er beendete den Satz nicht, sondern sah sie alle ruhig an.

Erneut war es Kageyama, der den Gedanken seines Trainers beendete: „Dann könnte er bald zu den besten 5 Assen ganz Japans gehören.“

Stille!

Selbst die Teammitglieder, die nie den Mund halten konnten, wussten nichts zu sagen was Ukai nutzte und langsam nickte.

„So ist es. Bisher war uns allen bewusst, dass wir mit Kageyama und Nishinoya zwei herausragende Naturtalente in unserem Team haben, die ein Potential verkörpern was für uns Normalos kaum nachzuahmen ist. Unser Hinata auf der anderen Seite steckt immer voller Überraschungen und vielleicht kann er seinen Namen eines Tages auch unter die Liste der Überflieger setzten. Aber ich muss gestehen, dass ich bis gestern Azumane nicht auf diese Liste gesetzt hätte und ich bin mir ziemlich sicher, dass er - anders als Hinata oder Nishinoya - von einem solchen Lob nicht angespornt werden würde, sondern nur den Druck wahrnehmen würde, diesen Worten gerecht zu werden.“

Zustimmend nickte Sugawara, nun noch ernster dreinblickend als zuvor. Er wollte etwas sagen, doch Ukai sprach bereits weiter.

„Deswegen bin ich froh heute mit euch, ohne ihn darüber reden zu können, damit er sich nicht unter Druck gesetzt fühlt“, erklärte ihr Trainer und sah einen jeden von ihnen ernst an. „Wir alle wissen, dass in unserem Team einige Positionen untypisch besetzt sind und ich glaube, dass Azumane keine Ausnahme darstellt. Zurzeit mögen sich manche noch fragen, warum jemand wie er unser Ass sein kann, aber wenn er sein Potential endlich erkennt und beginnt es auszuschöpfen, könnte er die Voraussetzungen eines Asses ganz neu definieren.“

„Boah das ist ja so cool!“

Hinatas Einwurf zerbrach die erhabene Spannung, die durch die Turnhalle gegeistert war. „Und wenn ich dann das nächste Ass von Karasuno werde bedeutet das ja, dass ich sogar Asahi dann übertroffen habe!“

„Idiot! Dafür müsstest du erst Mal einen vernünftigen Aufschlag hinkriegen.“

Während sich Kageyama und Hinata stritten ermahnte Trainer Ukai sie erneut, dieses Thema mit Vorsicht anzugehen, ehe er noch einige andere Themen des vergangenen Spieles ansprach und verschieden Aspekte betonte.

Aber auch dieses Mal wurde Nishinoyas fehlende überragende Leistung kaum erwähnt. Selbst der Trainer hielt es für unnötig dem Libero zu erklären, was dieser längst wusste. Außerdem war es ja nicht so, als ob der vergangene Tag noch wie eine dunkle Wolke über dem Zweitklässler waberte. Er hatte schon längst selbst kapiert, dass sogar er keine Maschine war und somit Fehler machte. Deswegen stand er ja nicht allein auf dem Spielfeld.

Als die Sonne bereits untergegangen war begannen sie aufzuräumen und alles war wie immer. Nun ja, fast alles.

Nishinoya, der sonst laut lachend mit Hinata und Tanaka durch die Halle tobte, erledigte ungewöhnlich ruhig und beflissen seine Aufgaben, doch dieses unnatürlich breite Grinsen verließ nicht eine Sekunde sein Gesicht.

„Du scheinst heute ja ganz besonders gute Laune zu haben“, bemerkte Sugawara mit einem Lachen während sie zusammen das Netz falteten.

„Ja natürlich. Du hast doch gehört, was Ukai über Asahi gesagt hat. Ich hab natürlich schon immer gewusst, dass er gut ist, und ich meine richtig scheiße gut, aber jetzt die Bestätigung zu kriegen, dass er wirklich ganz oben mitmischen kann… Ukai hat nicht nur gesagt, dass er zu den Besten gehören könnte, sondern zu den Besten der Asse, also den Besten der Besten, das ist doch total...“

„Aber du hast auch mitbekommen, dass wir Asahi nichts erzählen sollen, oder? Er würde sich zu sehr unter Druck setzten und dann die Nerven verlieren“, lachte der Zuspieler, bevor er nachdenklich das Netz in seinen Händen betrachtete.

„Schon klar, trotzdem ist es cool, oder? Und irgendwie bin ich froh, dass das Spiel von gestern auch noch diese Seite hat. Weil ganz ehrlich, gestern war ziemlich scheiße, aber heute ist wieder alles in Ordnung. Nur wegen Asahi.“

„Nishinoya…“, murmelte Sugawara besorgt.

„Alles okay, Suga.“ Breit grinsend strahlte Nishinoya ihn an. „Weißt du, gestern Abend war ich echt angepisst über das alles, aber dann hat Asahi mit mir gesprochen und mir ist aufgefallen, dass es in Ordnung ist, wenn ich mal nicht bei 110% bin, schließlich stehe ich ja nicht allein auf dem Feld und ihr deckt mir ja alle den Rücken.“

Überrascht sah Sugawara den anderen an, diese Erwartung an sich selbst war aber auch schwer zu erfüllen.

„Natürlich bin ich der Libero und somit ist die Defensive meine Spezialität, aber das bedeutet nicht, dass meine Mitspieler mir nicht helfen dürfen. Ich weiß, dass ihr euch wohler fühlt, weil ihr wisst, dass ich hinter euch stehe. Aber ganz ehrlich seit gestern ist mir erst so richtig bewusst, dass ein jeder von euch auch hinter mir steht und das fühlt sich echt gut an.“

Sugawara konnte kaum die Tränen zurückhalten über so viel Vertrauen und Teamgeist.

„Ich bin froh, dass dir das Gespräch mit Asahi etwas gebracht hat“, sagte er dann ruhig, anstatt sich dem Libero in die Arme zu werfen und seinen Tränen freien Lauf zu lassen.

Gemächlich brachten sie das Netz weg.

„Das hat es wirklich“, murmelte Nishinoya bedächtig, „Asahi war gestern einfach unglaublich. Ich meine nicht nur mit seinen Angriffen oder Aufschlägen. Die Defensive ist eigentlich nicht so seine Stärke und doch hat er mich öfters gedeckt als mir lieb war.“

Kopfschüttelnd seufzte er auf.

„Und als ich meine wichtigste Aufgabe vernachlässigt habe, hat er es einfach übernommen euren Kampfgeist zu entfachen. Ausgerechnet Asahi, hätte ich ihm um ehrlich zu sein nicht zugetraut.“

Dem konnte der Zuspieler nur zustimmen. Asahi war ein Hasenfuß und einer der ersten, der unter Anspannung und Fehlern einknicken konnte. Außerdem merkte er schnell, wenn ein Mitspieler am straucheln war und ließ sich dann meist viel zu leicht mit zu Boden reißen.

Aber gestern nicht, gestern hatte er wahrscheinlich als einer der Ersten gemerkt, dass Nishinoya nicht in seiner üblichen Verfassung war und war dann selbst aufs Spielfeld getreten. Gestern war Asahi ihr Rückgrat gewesen.

„Du hast Recht“, meinte Suga lächelnd, „ich hätte auch nie gedacht, dass unsere halbe Portion von einem Ass mal dir den Rang in Sachen Selbstvertrauen und Souveränität streitig machen würde.“

„Ach, so weit ist der Gute doch noch lange nicht“, lachte Nishinoya als sie zurück aus dem Geräteraum kamen und Richtung Umkleiden schlenderten. Sie hatten sich Zeit gelassen, Sugawara fand dieses Gespräch äußerst wichtig und so war es kaum verwunderlich, dass die übrigen Arbeiten längst erledigt waren.

„Aber weißt du, gestern hab ich echt noch mal darüber nachgedacht wie cool Asahi geworden ist.“

„Ach wirklich?“, fragte der Zuspieler zweifelnd nach, doch Nishinoya meinte es absolut ernst.

„Du hättest ihn sehen sollen. Er hat mich sogar unterbrochen mit seiner tiefen, männlichen Stimme, er ist richtig laut geworden und hat so coole Sprüche abgelassen wie  ‚für jeden deiner Fehler werde ich doppelt so viele Punkte holen, denn das ist meine Aufgabe als Ass‘ oder irgendwas in die Richtung von ‚Solange du mit mir auf dem Spielfeld stehst bin ich jederzeit bereit deinen Rücken zu decken‘ oder so in der Art hat er es gesagt. Ich war wirklich beeindruckt von so viel Standfestigkeit.“

Auch dem konnte Sugawara nur zustimmen. Gestern hatte er noch daran gezweifelt, dass es eine kluge Idee war, den Zuspruch ihrem unsichersten Mitspieler zu überlassen, doch anscheinend hatte Asahi alles richtig gemacht, war auch in diesem Bereich über sich hinausgewachsen.

Grinsend zog Sugawara sein Hemd über, er durfte Asahi vielleicht nicht erzählen, dass er das Potential zum Top-Ass hatte, aber er konnte ihn wohl morgen dafür loben was für einen guten Job er bei Nishinoya geleistet hatte. Er konnte wohl dafür sorgen, dass Asahi noch ein kleines bisschen selbstbewusster wurde, vielleicht genug um den Knoten endgültig platzen zu lassen.

Ja, darauf freute er sich jetzt schon; eine neue Strategie die er auch abseits vom Spielfeld verfolgen konnte um seinen Mitspielern und diesem Team zu helfen und morgen würde er damit anfangen.

Doch auch am nächsten Morgen kam Asahi nicht zum Training.

 

 



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Kommentare zu diesem Kapitel (1)

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Von: Crispie
2019-06-29T05:42:54+00:00 29.06.2019 07:42
Kann mir mal einer verraten, warum ich erst jetzt ein Update deiner Geschichte sehe...? Jedenfalls freue ich mich darüber sehr ♡

Du hast gleich zu Beginn für eine Überraschung bei mir gesorgt: Ich hätte erwartet, dass Nishinoya vom Training fernbleiben würde, aber das es Asahi ist...damit hätte ich nicht wirklich gerechnet. Schließlich war es Nishinoya, der ein Problem mit seiner eigenen Leistung hatte und nicht Asahi. Aber gerade deshalb fand ich den ersten Part des 2. Kapitels so gut ♡

Außerdem liebe ich deine Darstellung von Kageyama: Direkt und fühlt sich nicht zu schade, um seine eigene Meinung abzugeben. Gerade weil sich Daichi die innere Hoffnung gemacht, dass Asahi tatsächlich krank ist, aber Kageyama dies vehement quittiert.

Takedas Aussage ist plausible und auch hier hast du für mich eine logische Schlussfolgerung herausgebracht: Asahi würde im Gegensatz zu Hinata oder Nishinoya tatsächlich ein Lob auf seine Leistung, als eine Art Druck sehen D:

Der Schluss hat mir ebenfalls super gefallen und es war noch dazu ein offenes Ende. Warum Asahi nach wie vor die Schule/das Training meidet...ich hoffe, dass erfahren wir im nächsten Kapitel.

Wie gesagt - mir hat dieses Chapter sehr gefallen und freue mich schon darauf gleich das nächste Lesen zu können xD

Liebste Grüße
Crispie♡
Antwort von:  Sharry
06.07.2019 11:19
Hey Crispie,

also ich freue mich immre über deine Kommentare, auch wenn sie etwas später kommen. Vielen Dank!

Es freut mich, dass ich dich etwas überraschen konnte, aber Nishinoya lässt sich von so etwas doch nicht ins Boxhorn jagen, oder? o.o

Und ja, Kageyama fällt mir unglaublich leicht, ich muss nur immer darauf achten, ihm nicht zu komplizierte Worte zu geben, aber solche Charaktere machen mir immer unglaublich viel Spaß^^' (Oder Castiel aus Supernatural, bei denen das Empathielevel einfach nicht so hoch ist ;-P )

Liebe Grüße
Sharry


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