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Der überschattete Zweifel

von

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Der Schattenduellant

Spät abends, in der Mädchenunterkunft, Alexis‘ Zimmer:
 

Es war ruhig in der Unterkunft. Um diese Uhrzeit hörte man kein Gelächter, aufgeregtes Gerede oder herumlaufende Studenten mehr. Fontaine ermahnte streng jede Studentin, die die Ruhezeiten der Unterkunft missachteten. Vor allem unter der Woche wurden diese Regeln streng befolgt.

Würde eine Studentin am nächsten Tag in den Vorlesungen von Professorin Fontaine schlafen oder noch spät abends in der Unterkunft erwischt werden, würde sie zur Strafe in den Putzdienst für den Rest des Monats eingeteilt werden oder sogar noch länger

Dieses Risiko musste Alexis eingehen.

Die Nachricht des Unbekannten. Die angebliche Information. Alles klang nach einer Falle, aber dennoch wollte es Alexis wissen. Sie wollte wissen ob nicht doch die Wahrheit über das Verschwinden ihres Bruders dort zu finden war.
 

Nervös blickte sie durch ihre Fensterfront hinab auf dem Mondsee, dabei schaute das Mädchen immer wieder auf die Wanduhr. Diese bewegte nur zögerlich ihren großen Zeiger voran.

„Ich denke…“, fing an Alexis zu überlegen:

„…die beiden schlafen jetzt.“ Dies war die schwerste Aufgabe gewesen, die Alexis bisher auf der Insel absolvieren musste. Die Studentin wollte nicht, dass ihre beiden Freundinnen mitsiekamen.

Allein war es unsicherer, aber diese Sache ging nur Alexis etwas an.

Sowohl Jasmin als auch Mindy waren jedoch sehr aufmerksam und ihnen würde nichts entgehen, wäre heute nicht der Prüfungstag gewesen. Jasmin und Mindy hatten sich duellieren müssen. Ihr Duell war ausgeglichen und immer wieder schenkten sich die beiden nichts. Jasmin gewann am Ende, weil sie mehr Zauber übrighatte, als Mindy ihren Karten annullieren konnte.

Die beiden hatten einen kurzen Streit gehabt und waren am Ende in ihre Zimmer geflüchtet. Dieser Streit hatte sich morgen erledigt, aber für heute Abend war er für Alexis günstig gewesen.

Die Studentin und Freundin der beiden Streitenden hatte sich heute nicht einmischen dürfen, ansonsten hätte sich eine von beiden bei ihr ausgeheult.

Alexis würde das wiedergutmachen, aber das war ein Thema für einen anderen Tag.
 

Die Studentin drehte sich um und sie wandte sich zu ihrem Bett zu. Sie würde nicht viel mitnehmen, um nichts dabeizuhaben was behindern würde.

Den Schlüssel für den Hinterausgang hatte sie sich schon organisiert und der Sicherheitsdienst lief um diese Uhrzeit zuerst am Hafen umher. Ungefähr hatte sich Alexis einen Plan zusammengestellt wie die Sicherheitsmänner laufen würden. Da die beiden Männer bisher jedoch nicht den Eindruck gemacht hatten, dass sie besonders ehrgeizig wären, würden sie ihre Standardroute wahrscheinlich heute auch nicht spontan ändern.

„Es wird Zeit. Ich denke ich habe mindestens eine Stunde.“ Alexis ging zur ihrer Zimmertür und sie horchte ob jemand auf dem Gang war, bevor sie die Türe minimal öffnete und durch die Spalte lugte. Der Gang war dunkel und es war niemand zusehen.
 

In der Slifer-Unterkunft:
 

Wegen dem großartigen Erfolg von Jaden über einen Obelisk-Blue und der damit verbundenen kleinen Anerkennung der Slifer-Red-Studenten, gab es eine kleine Feier im engeren Kreis. Zuerst nahmen fast alle Slifer der Unterkunft daran teil, aber zur späten Stunden saßen nur noch Chumley, Syrus und Jaden an einem der Tische.

Die Feier war nicht außergewöhnlich gewesen. Besonderes Essen oder mehr gab es auch nicht, jedoch hatte Professor Banner für alle eine Portion mehr des heutigen Nachtischs organisiert, sodass jeder der Anwesenden in den Genuss kam nicht nur mit einer mageren Schüssel des frischen Erdbeerpuddings zufrieden zu sein.
 

Als nur noch eine Portion übrig war, die übrigblieb, entfachte eine Diskussion unter den dreien wer die Portion nun essen durfte.

Jaden war der Meinung, dass er durch seinen Sieg erst dies ermöglicht hatte. Syrus erwiderte, dass Jaden schon drei und damit mehr als jeder anderer gegessen hatte. Chile argumentierte, dass er der größte der drei ist und sein Hunger gestillt werden muss, weil das ansonsten furchtbare Schmerzen für ihn sei.

Jaden schlug als Lösung ein Duell vor, während Syrus sofort streikte. Der Junge wollte eine viel schnellere und fairere Entscheidung haben. Nach einem kurzen hin und her gab Jaden klein bei und schlug stattdessen einen alternativen Wettbewerb vor.

Er zog sein Deck heraus und legte es nach dem Mischen auf den Tisch. Jeder soll eine Karte ziehen und das Monster mit der höchsten ATK gewinnt.

Syrus fand das wiederrum zu einfach.
 

Professor Bann öffnete in den Moment die Tür, die nach draußen führte. Er klopfte einen Behälter aus, währenddessen zog der kalte Wind in den Raum und es fröstelte Chumley, da dieser mit dem Rücken zur Tür saß.

„Wah… es ist so kalt! Ich zittere ja schon…“

Jaden sah auf, ihm schien eine Idee gekommen zu sein.

„Ich habe einen viel besseren Vorschlag!“ Der Junge legte sein Deck auf den Tisch und darauf seine rechte Hand. Die oberste Karte tippte er mit seinem Zeigefinger an und erklärte:

„Jeder von uns zieht eine Karte und erzählt dann eine richtig gute spannende Gruselgeschichte. Die gruseligste Geschichte gewinnt.“
 

Zufrieden mit sich selbst, grinste Jaden vor sich hin. Der Junge war begeistert von seinem Vorschlag und er wollte am liebsten losgehen, jedoch unterbrach ihn Syrus erneut.

„Ich bin nicht so gut im Geschichten erzählen…, ich wäre für…“

„Ach was, Syrus. Zaubere dir einfach etwas aus den Fingern. Ich bin mir absolut sicher, dass das cool wird.“

„Hast du überhaupt Karten in deinem Deck, die gruselig genug sind? Ich denke nicht, dass dein Flammenflügelmann besonders angsteinflößend ist.“

Chumley fing an sich zu zieren:

„Ah… Geistergeschichten… fangt ihr lieber mal an und ich… ich halte mich da raus.“
 

Jaden deckte die erste Karte vom Kartenstapel auf und Elementarheld Avian war zu sehen.

„Mh… also…“ der Student wurde nachdenklich. Seine Freude verflog und angestrengt starrte Jaden seine Karte an.

„Dir fällt nichts ein oder?“ Syrus sah ihn mit hochgezogenen Augenbrauen und kritischen Blicken an.

„Nun ja… Avian ist ein cooler Held...“

„Hast du noch andere Karten? Also Nichthelden?“ Syrus wirkte ungeduldig.

Jaden schüttelte als Antwort den Kopf:

„Mein Deck besteht nur aus Helden“, erklärte er stolz.

„Und was machst du mit den ganzen anderen Karten? Ich meine…, du hast doch bestimmt ein Stapel Karten, die du nicht in dein Deck tust. Andere Monster… irgendwelche Monster des Typs Unterwelter, Ungeheuer oder Zombies…“

„… Zombies…“, grummelte Chumley. Ihn schien dieses Thema anzuekeln.

„Also Zombies müssen nicht sein. Ich denke mit unseren Karten müsste das auch gehen. Koalas sind auch gruselig.“

Syrus sah seinen Kommilitonen verdutzt an:

„Wo sollen den Koalas bitte gruselig sein?“

„Ich habe noch ein paar Karten in meinem Schrank, ich kann sie holen gehen, wenn du willst…“, mischte sich Jaden ein, aber der Junge stoppte, als er Professor Banner bemerkte. Der Mann war an die drei angeschlichen. Banner gehörte zu den wenigen Personen, die keine Geräusche von sich gaben, wenn sie im Raum standen. Mit seinem zufriedenen, aber schleierhaften Schmunzeln betrachtete er die Gruppe.

„Ich mag Gruselgeschichten. Wollt ihr eine spannende mir hören? Es hat etwas mit dieser Insel zu tun.“

Jaden sah überrascht zu seinen Kommilitonen, bevor er reagierte:

„Ja natürlich! Spannende Geschichten höre ich gerne.“ Syrus und Chumley erwiderten nichts.

Der Professor setzte sich auf den freien Hocker. Der Mann wartete einen Moment ab, dabei sah er von Syrus über Chumley zu Jaden.
 

„Habt ihr schon etwas von der verlassenden Unterkunft gehört?“

Jaden schüttelte sofort den Kopf. Syrus wirkte nachdenklich und Chumley nervös.

„Da verschwinden doch die Studenten…, die… die immer noch vermisst werden…“, der korpulente Student wirkte nervöser. In seiner Stimme lag ein wenig Furcht.

„Was… verschwinden?!“ Syrus zog seine Finger ein und es schüttelte ihn. Nur Jaden schien weiterhin gespannt zuzuhören.

„Jeder der in dieses verlassende Anwesen geht, soll dort heimgesucht werden. Angeblich fordern Geister dich zu einem Duell heraus. Verlierst du, wirst du für immer verschwinden. Man hört nachts die Rufe der verschwundenen Studenten wie sie immer wieder rufen…“, Professor Banner beabsichtigte eine kurze Pause, um seine Gegenüber nervös werden zu lassen:

„Ich fordere dich heraus zu einem Schattenduell und du bist der nächste…“

Auf den darauffolgenden Moment herrschte Stille, bis Professor Banner sich das letzte Stück des Nachtischs schnappte, aufstand und davonging.
 

Jaden schien das nicht gestört zu haben, denn er blickte konzentriert in eine Richtung. Seine Konzentration richtete er auf etwas Anderes.

„Ach so…, Professor Banner wollte sich einfach nur den Nachtisch krallen. Dieser Fuchs…“ Syrus schüttelte den Kopf.

„Dabei wollte ich…“

„Ja wir machen das!“, rief Jaden plötzlich aus. Syrus sah überrascht auf. Er verstand Jadens Ausruf nicht.

„Eine verlassende Unterkunft…, duellierende Geister? Lass uns sofort hingehen!“

Jadens Kommilitone sah den Jungen verständnislos an.
 

Erst als Jaden den Jungen länger angrinste, erwiderte Syrus:
 

„Nein…, ich denke das sollten wir nicht tun. Hast du Professor Banner nicht gehört…, wenn wir verlieren dann verschwinden wir.“

„Geister gibt es nicht und selbst wenn, dann müssten die mich erst einmal schlagen.“ Jaden stand auf. Er hatte inzwischen einen fest entschlossenen Blick.

„Du willst da wirklich hin?“ Syrus hingegen wünschte sich, dass Jaden seine Meinung änderte.

„Ein kurzer Abstecher, Syrus. Das ist total aufregend. Einen duellierenden Geist oder was auch immer habe ich noch nie gesehen.“

„Ich will auch keinen in meinem Leben sehen.“

„Sei doch kein Feigling, Syrus. Was ist denn doch schon dabei? Wir schauen doch nur und vielleicht ist da ein kleines Duell dabei.“ Syrus war sich sicher, dass er Jaden nicht mehr umstimmen würde.

„Na gut, aber lass uns das morgen machen… irgendwann am Mittag, dann bekommen wir zumindest keinen Ärger, weil wir…“

„Alles klar, dann auf geht’s.“, Jaden schnappte sich seine Jacke und seinen Rucksack, der immer noch am Haken hing. Sie waren nach dem Duell immer noch nicht auf ihren Zimmern gewesen.

Jaden bemerkte nicht einmal, dass Chumley verschwunden war.
 

Die beiden verließen den Aufenthaltsraum durch den Vordereingang. Seelenruhig spazierte Jaden von der Unterkunft in den naheliegenden Wald. Der Junge machte den Anschein, dass er zielgerichtet eine Richtung verfolgte. Syrus eilte ihm hinterher, weil er von Jaden plötzlicher Eile überrascht wurde.
 

Die Unbedachtheit von Jaden war jedoch nicht unbemerkt geblieben, denn über dem Eingang zum Speiseraum befand sich der halboffene Balkon, der an alle Zimmertüren des oberen Stockwerks vorbeiführte. Eine gerüstähnliche Treppe befand sich an der waldgewandten Seite des Hauses. Die Treppe führte zum Erdgeschoss. Es war die Alternative zum Treppenaufgang hinter dem Gebäude, der meergewandten Seite.
 

Am hüfthohen Eisengeländer vor einer der geschlossenen Türen stand ein Slifer. Der Semesteranfänger hatte die beiden beobachtet und dabei auf seine Armbanduhr gesehen. Verwundert sah der schwarzhaarige Junge anschließend Jaden hinterher.

Leicht kopfschüttelnd wandte er sich ab, jedoch zuckte der Junge kurz als dieser Professor Banner neben sich bemerkte.

„Ah, Mallius. Alles in Ordnung? Habe ich dich erschreckt?“, Professor Banner sanfte Stimme ließ den schwarzhaarigen Jungen jedoch nicht entspannen. Leichte Nervosität lag in der Stimme:

„Sie kamen mitten aus dem Nichts. Ich habe Sie nicht einmal die Treppe hinauflaufen gehört.“

„Ach so.“, Banner lachte leicht vor sich hin.

Das Lachen endete abrupt, als der Professor seine nächste Frage stellte:

„Weißt du wohin Jaden und Syrus gegangen sind?“

Der schwarzhaarige Junge, der sich zuvor noch auf das Geländer gelehnt hatte, stellte sich wieder aufrecht und sah den Mann einige Sekunden skeptisch an.

„Nein…“, Mallius zögerte. Er war sich nicht sicher.

„Ich mache mir Sorgen, denn nicht, dass die beiden noch in schwerwiegende Schwierigkeiten geraten. Ich habe die Befürchtung, dass sie etwas falsch verstanden haben und nun zu einem gefährlichen Ort gehen. Wie die ehemalige Unterkunft der Obelisk-Blue Studenten. Ich würde den beiden gerne erklären, dass sie das nicht tun sollten, aber ich kann nur wegsehen. Vielleicht könnte sie jemand daran erinnern und dann wäre nichts geschehen.“

Mallius hörte ihm genau zu.
 

„Die verlassende Unterkunft? Das Gebäude nahe dem östlichen Rand der Insel?“, fragte er zögerlich.

„Die Sicherheitsleute sind noch nicht auf ihrer Tour. Man hätte noch Zeit…“, der Professor nickte Mallius zu und ließ den schwarzhaarigen Jungen anschließend mit einem nachdenklichen Gesichtsausdruck zurück.

„Ich habe die Befürchtung, dass geht nach hinten los…“ Es schauderte ihn leicht über den Nacken. Eine dunkle Vorahnung übermannte ihn.

Der Slifer blickte ein weiteres Mal nervös auf die Uhr. Zögerlich wandte er sich der Treppe zu.

Mallius seufzte, bevor er die Treppe hinuntereilte und in den Wald lief.
 

Am östlichen Rand der Insel, einige Meter von der derzeitigen Obelisk-Blue Unterkunft für Mädchen entfernt:
 

Alexis schlich durch den dunklen Wald fort. Zielstrebig und entschlossen wollte sie ihr Ziel erreichen. Plötzliche seltsame Geräusche, dunkle Ecken oder das Gefühl beobachtet zu werden schrecket die Studentin nicht ab. Sie wusste sich schon zu verteidigen.
 

Ein eingefallener Zaun stand nicht unweit von ihr und dahinter erstreckte sich ein ungepflegter Vorgarten, sowie eine größere, zum Teil stark zerfallene, Villa. Eingeschlagene Fenster, heruntergefallene Dachziegel. Stark bröckelnde Fassade. Das Gebäude strahlte eine unangenehme Schwärze aus. Man konnte durch die kaputten Fenster nur in eine schwarze Leere blicken, alle übrigen Fenstern waren milchig geworden. Alexis trat in den Vorgarten.

‚Das ist angeblich der Ort, an dem mein Bruder verschwunden sein soll.‘
 

Kurz blickte die Studentin betrübt zur Seite, bevor sie wieder Mut fasste und mit festen Schritten zum Eingang lief.

Der Eingang der verlassenden Villa befand sich auf meergewandten Seite des Gebäudes. In der Mitte des mehreren Meterlangen Gebäudes war eine größere Doppeltüre, die jedoch aus ihrer Verankerung gerissen worden war. Verrottende Holzsplitter lagen auf dem Boden und das Moos vom Wald war inzwischen über die den Rahmen der Tür gewachsen.

‚Wo auch immer er ist…, wer auch immer mir geschrieben hat. Ich werde erst gehen, wenn ich weiß wo mein Bruder ist oder was mit ihm passiert ist. Der Verantwortliche…‘ Ein lautes unangenehmes Quietschen unterbrach ihre Gedanken, dann war es still. Ihr Herz klopfte stark, denn blieb Alexis ruhig.
 

Sie lauschte für einen Moment, ob wieder etwas zu hören war, aber es blieb still. Das Quietschen klang nach einer schweren Tür, die über steinernen Boden geschoben wurde. Alexis konnte aber durch den Haupteingang keine eiserne Tür erkennen. Sie sah nur den großen Eingangsbereich. Zwei halbrunde Treppenaufgänge befanden sich an den Seiten und sie führten in den zweiten Stock. Ein heruntergefallener Kronleuchter lag in der Mitte des Gebäudes. Der dunkelrote stark verschmutzte Teppich, der wie ein Pfad durch die Halle führte, war zum Teil aufgekratzt. Tiefe Furchen waren an den Wänden zu erkennen. Das Geländer der Treppen zum Teil zerborsten, als hätte jemand mit großer Wucht darauf eingeschlagen.

‚Es gab keine Schilder, keine Warnhinweise, kein Absperrband, aber dennoch warnt diese Akademie vor diesem Ort. Was ist hier nur los?‘
 

Alexis trat über die kaputten Reste der Eingangstüre in den Eingangsbereich hinein.

‚Was ist hier geschehen? Es sieht aus, als hätte es hier einen schlimmen Kampf gegeben?‘ Alexis glaubte nicht an die Gerüchte mit den Geistern. Sie war sich sicher, dass etwas Anderes dahintersteckte.

Ein lautes Knacken war zu hören und Alexis wandte sich zur Seite. Vom oberen Stockwerk flogen kleinere Holzreste des Geländers zu Boden. Sie zerborsten in mehrere Einzelteilte, als sie auf dem Boden aufkamen. Alexis suchte nach der Ursache, aber sie sah keine.

‚Durch die feuchte Umgebung und der kaputten Fenster ist hier alles morsch. Ich sollte mich vorsehen.‘
 

Alexis wandte sich zu einem der Gänge zu, die links und rechts, vom Eingang aus, von der Halle weiter in das Gebäude führten. Im zweiten Stockwerk befanden sich ebenfalls zwei Gänge.

Ein heruntergefallenes Schild verwies auf die Schlafsäle hin. Ihr Ziel war das Zimmer ihres Bruders zu finden.

Ein heruntergefallener Spiegel stand schräg auf dem Boden. Er hatte Risse bekommen und am Rand war er leicht vergilbt, dennoch konnte sich Alexis darin spiegeln. Sie sah auch die schwarzen Handschuhe, die plötzlich hinter ihr erschienen und sie packen wollte.
 

Alexis ließ sich zu Boden fallen, um dem Griff auszuweichen, wich dann nach vorne. Ein gezielter Tritt gegen das Schienbein soll den Angreifer niederzwängen. Es fühlte sich an, als hätte Alexis gegen Stahl getreten. Nur sehr widerwillig fand ihr Tritt Wirkung. Sie wich zurück.

Alexis blickte auf eine zwei Meter große schwarzgekleidete Person. Sie trug einen langen Mantel, unter dieser war über die komplette Brust eine silberne Duell-Disk zu sehen. Es ähnelte stark dem Modell von Crowler. Der Erschienene trug eine silberne Maske, diese tarnte die Augen, sodass nicht einmal von seinem Gegenüber erkannt wurden. Auf dem Kopf trug der Maskierte einen schwarzen Hut.
 

„Noch einen Schritt und du wirst was erleben. Ich kann so laut schreien, dass jeder auf der Insel mitbekommt, dass wir hier sind.“ Sie wollte Zeit zum Nachdenken gewinnen.

„In den Schatten hört dich niemand schreien“, antwortete der Fremde in einer kräftigen, männlichen und dämonischen Stimmlage. Seine Stimme wirkte natürlich, als wäre diese nicht verzerrt worden.

„Ich dachte mir schon, dass deine Nachricht nur ein Bluff ist.“

„Wo ist Jaden Yuki?“ Der Mann unterbrach sie mit seiner lauten Stimme.

„Jaden Yuki? Was? Du hast…“, Alexis realisierte, dass dieser Mann wohl nicht der Absender war.

„Für die Schatten wirst du aber dennoch ein gutes Opfer sein!“ Als der Ummantelte seine Drohung aussprach, sah Alexis für einen Moment zu dem kaputten Fenster in ihrer Nähe. Sie wollte fliehen.

Alexis wich zurück um sich dem Fenster zu nähern. Der Fremde rührte sich nicht, stattdessen brüllte er weiter:

„Ich fordere dich heraus! Eine Flucht gilt unter den Regeln der Schatten als Niederlage. Deine Seele wird direkt vom Schattenreich verschlungen.“
 

Die Studentin ignorierte ihn und sie eilte zum Fenster.

Eine purpurfarbige Flüssigkeit sammelte sich vor ihren Füßen. Es formte sich eine große Hand und diese wollte Alexis greifen. Durch einen Sprung zurück rettete Alexis sich. Herzklopfend und fast panisch starrte sie auf die dämonische purpurfarbige Hand vor ihr. Der purpurfarbige Schatten vor ihr löste sich auf und verteilte sich auf dem Boden. In einem Abstand von wenigen Metern um die beiden versammelten sich immer mehr dieser Flüssigkeit.

„Was passiert hier?“ Sie versuchte sich zu beruhigen, aber diese schauderhafte Geblubber der Flüssigkeit vor ihr verunsicherte das Mädchen.

„Ein letztes Mal! Lehnst du ab, wirst du verschlungen! Du wirst zu den anderen kommen, die ebenfalls geholt wurden.“
 

Alexis horchte auf:

„Die anderen?“

‚Er könnte für das Verschwinden verantwortlich sein!‘

„Was hast du mit ihnen gemacht? Wo hast du sie hingebracht?“
 

Der Mann lachte mit seiner dämonischen Stimme:

„Die Schatten haben sie fortgebracht. Ich bin nur ein Diener, der ein Handel eingegangen ist. Ich bin nicht wichtig. Ich erledige nur meinen Auftrag. Duelliere dich und der Verlierer verliert seine Seele. Jede Flucht ist zwecklos!“

Zögerlich starrte Alexis weiterhin den Mann vor sich an.
 

„Ein Duell?“ Sie sah zu ihrem Armband. Alexis hatte ihr Armband stets bei sich. Während die Studentin über das Duell nachdachte und die Erinnerungen an ihrem Bruder wieder in das Gedächtnis gerufen wurden, gewann sie an Mut.

Mit entschlosseneren Blicken forderte Alexis:

„Ich duelliere mich mit dir, aber, wenn ich gewinne, dann sagst du mir wo sich die Verschwundenen befinden und holst sie zurück!“

„Sie befinden sich im Schattenreich und zurückholen kann ich sie nicht. Die Schatten fordern einen Tribut dafür. Einen Ausgleich.“ Der Mann aktivierte seine Duelldisk. Sein Brustpanzer leuchtete dunkelblau auf und ein blaues Dreieck im Deckfach leuchtete auf. Wie von Geisterhand formte sich aus schwarzem Nebel ein Deck in seiner rechten Hand, welches er in das Deckfach schob.
 

„Die Schatten fordern Regeln für den Tribut und missachten Betrug, deswegen werden wir hier die normalen Regeln anwenden, dennoch gibt es ein paar spezielle Zusätze.“

Normale Duellregeln bedeutete 8000 LP für jeden Spieler.
 

Währenddessen erschien Alexis‘ Holodisk und ihr Deck projizierte sich im entsprechenden Fach.

Als sie den Befehl zum Duellstart gab, erschienen ihre Lebenspunkte.

„Was…“, schockiert blickte das Mädchen auf die Anzeige. 7940 Lebenspunkte wurden statt den regulären 8000 Lebenspunkten angezeigt. Ihr Gegenüber hatte 8000 Lebenspunkte auf seiner Anzeige.

Der Mann lachte wieder nur dieses Mal war es ein noch viel unangenehmeres Lachen. Es fühlte sich niederschmetternder und beängstigender als zuvor an.

„In Schattenduellen entsprechen deine Lebenspunkte deiner Energie. Beginnst du ein Schattenduell geschwächt, sind deine Lebenspunkte auch nicht allzu hoch. Du kannst dir sicherlich denken was passiert, wenn du Lebenspunkte verlierst.“

 
 

Das Ergebnis der digitalen Münze war Kopf.

 
 

Titan (Schattenduellant) beginnt.

 
 

Duell: Alexis vs. Titan

 
 

Regeln: Offizielle Duellregeln, jedoch ein Spiel der Schatten; 8000LP; Fünf Handkarten; Keine ban-list

 
 

Zuganzahl: Eins

 
 

Titan -> Erster Spielzug
 

Der maskierte Mann begann.

Alexis ließ ihre Karten vor sich projizieren, während der Ummantelte seine sechs Karten zog.

Alexis schaute sich ihr Blatt an. Es bestand aus ‚Klingenläuferin‘, ‚De-Fusion‘, ‚Polymerisation‘, ‚Fusionsrückerstattung‘ und ‚Ritualwaffe‘.

‚Vier Zauberkarten…, das ist kein gutes Blatt.‘ Unter keinen Umständen wollte sie jedoch nervös werden. Gegen so einen Gegner war jede Unsicherheit ein Fehler, der schwer bestraft wurde.

„Ich spiele…“ Erneut wurde ihr Gedankengang von seiner kräftigen, tiefen Stimme unterbrochen:

„Soldat des Erzunterweltlers (1900 ATK / 1500 DEF) im Angriffsmodus.“ Eine zweimetergroße menschenähnliche Kreatur erschien auf dem Spielfeld. Ihre Projektion wirkte besonders realistisch, als die sonstigen Hologramme die Alexis in ihrem Leben gesehen hatte. Es wirkte teilweise schon beängstigend wie realistisch der Atem und das grimmige Brummen der Kreatur dargestellt wurde.

„…eine Karte verdeckt.“ Alexis war von der Kreatur so sehr abgelenkt gewesen, dass sie beinahe nicht mehr auf seinen Spielzug geachtet hätte.

Der maskierte Mann beendete seinen Spielzug.
 

 
 

Handkarten Titan: 6 -> 4

 
 

Spielfeld: Soldat des Erzunterweltlers und eine Karte verdeckt

 
 

Lebenspunkte Titan: 8000
 

 
 

Zuganzahl: Zwei

 
 

Alexis -> Erster Spielzug
 

Alexis war an der Reihe und sie ließe eine Karte vor sich projizieren.

Es war dieses Mal ‚Geisterbarriere‘.

‚Mit meinem Monster komme ich nicht an dieser Kreatur vorbei und dazu hat er auch noch eine verdeckte Karte auf dem Spielfeld.‘

Der Anfang verlief für sie gar nicht gut.

„Ich spiele ein Monster verdeckt und ich spiele eine weitere Karte… ebenfalls verdeckt.“ Sie hatte ‚Ritualwaffe‘ als Bluff verdeckt gespielt.

Alexis beendete ihren Spielzug.

 
 

Handkarten Alexis: 6 -> 4

 
 

Spielfeld: Ein Monster verdeckt und eine weitere Karte verdeckt

 
 

Lebenspunkte Alexis: 7940
 

 
 

Zuganzahl: Drei

 
 

Titan -> Zweiter Spielzug
 

Nervös perlten sich die Schweißtropfen von ihrer Stirn, während ihr Blick immer wieder zur Seite wich. Der purpurfarbige Schleim, der weiterhin blubberte und sich ungerührt in Kreisform um die beiden befand, machte sie nervös.

‚Ich darf mich nicht von diesen Zaubern beeinflussen lassen. Ich muss diesen Entführer stoppen!‘

Der maskierte Mann hatte währenddessen eine weitere Karte gezogen und spielte wenig später ein weiteres Monster aus. Es war ein weiterer ‚Soldat des Erzunterweltlers‘.

„Ich spiele ‚mystischer Raum-Taifun‘ und ich zerstöre damit deine verdeckte Karte.“

Die Studentin sah zufrieden auf. Ein kleiner Hoffnungsschimmer hatte sie, denn ihr Kontrahent war tatsächlich auf den Bluff hereingefallen.

„Du hast deine starke Zauberkarte für einen Bluff verschwendet…“, sie legte ihre Karte mit einem Tippen ab.

„Dafür wirst du büßen!“, die zufriedene Selbstsicherheit des Mannes wich einem leichten Grummeln. Seine Stimme wurde kräftiger und seine Tonart härter.
 

Mit seiner freien Hand zeigte er dominierend auf Alexis und befahl lautstark:

„Dir wird der Spaß vergehen, wenn du erlebst was ein Schattenspiel bedeutet!“

Ein ‚Soldat des Erzunterweltlers‘ zerstörte ihr Monster, während das andere schon vor ihr stand.

Das Hologramm vor ihr starrte sie an. Noch nie hatte Alexis das Gefühl gehabt, dass eine projizierte Kreatur so angsteinflößend sein kann. Der Soldat holte aus und seine Schwertklinge sauste auf sie zu. (Alexis‘ Lebenspunkte: 7940 -> 6040)
 

Plötzlich durchschlug sie ein brennender Schmerz und Alexis wich schockiert zurück. Ihr Atem war für einen Moment stehengeblieben und sie vergaß völlig ihre Umgebung. Nicht einmal das tiefe laute Lachen des Mannes nahm sie war.

Der Schmerz wurde stärker und zwang sie zum Schweigen.
 

Alexis brauchte einen Moment um sich zu betrachten, aber sie erkannte nicht woher der Schmerz kam. Das projizierte Schwert hatte sie erwischt, aber es war nichts zu sehen. Keine Wunde, kein Blut, aber dennoch dieser Schmerz.

„Tat es weh? Hast du es gespürt? Die Schatten haben diesem Duell mehr Würze verliehen. Nicht nur dass deine Lebenspunkte deiner Energie entsprechen, dir wird nun auch die Energie genommen!“

‚Wa… as? Da…. as... ist doch… nicht möglich?‘
 

Langsam bekam sie wieder einen klaren Blick und das Brennen nahm ab. Ihre Lebenspunkte sanken und die Studentin betrachtete nun die Anzeige mit anderen Augen.

Der Soldat war an seine ursprüngliche Position gekehrt. Alexis war sich sicher gewesen, dass er sie mit ihrem Schwert getroffen hätte.

„Du bist dran.“ Mit einem boshaften Lachen beendete er seinen Spielzug.
 

 
 

Handkarten Titan: 4 -> 3

 
 

Spielfeld: Zwei Soldaten des Erzunterweltlers und eine Karte verdeckt

 
 

Lebenspunkte Titan: 8000
 

 
 

Zuganzahl: Vier

 
 

Alexis -> Zweiter Spielzug
 

Zögerlich ließ Alexis eine weitere Karte vor sich projizieren. Es war eine Zauberkarte ‚Schwarzes Loch‘.

Verunsichert starrte sie ihre neuste Karte an. Ihr Kopf war leer. Der Schmerz lenkte sie ab.

„Wehre dich noch ein wenig…, die Schatten langweilen sich“, drängte der maskierte Mann.

‚Ich brauche eine Strategie…, ich kann nicht noch so einen Treffer aushalten.‘

Mit ihrer Zauberkarte konnte sie alle Monster auf dem Spielfeld zerstören, jedoch hätte Alexis keine Verteidigung. Normalerweise war dies das Risiko wert, aber dieses Mal wollte die Studentin nicht einen weiteren direkten Treffer riskieren. Zu sehr fürchtete sie sich davor.

Ihr blieb jedoch keine andere Wahl.
 

„Ich spiele ‚schwarzes Loch‘ und ich werde alle deine Monster vom Spielfeld verschwinden lassen.“

„Netter Versuch, aber ich aktiviere meine verdeckte Fallenkarte ‚Feierliches Urteil‘.“ Nach seinem Gesichtsausdruck zu urteilen ärgerte es den Mann schon sehr, dass er nun die Hälfte seiner Lebenspunkte opfern musste um ihre Karte zu annullieren und zu zerstören.

Ein purpurfarbiger Blitz durchschlug ihn und leicht gekrümmt von Schmerzen lachte der Mann. Er richtete sich wieder auf.

„Das ist der Preis…“

(Titans Lebenspunkte: 8000 -> 4000)
 

‚Ich habe keine Verteidigung mehr…‘

Widerwillig beendete Alexis ihren Spielzug.
 

 
 

Handkarten Alexis: 4 -> 4

 
 

Spielfeld: Keine Karte auf dem Spielfeld
 

 
 

Lebenspunkte Alexis: 6040

 
 

Zuganzahl: Fünf

 
 

Titan -> Dritter Spielzug

 

„Ah ha ha… ja, das war wohl nichts.“ Der Mann zog eine weitere Karte. Für einen Moment verschwand sein boshaftes Lächeln und er fügte die Karte seinem Blatt hinzu.

„Meine Soldaten! Attackiert sie direkt!“

Die beiden Erzunterweltler stürmten auf sie zu und ihre Schwerter stürzten wieder auf Alexis zu.

(Alexis‘ Lebenspunkte: 6040 -> 2240)
 

Jeder Treffer war schmerzhafter als der vorherige und sie sank auf die Knie. Keuchend verarbeitete sie den schweren Treffer. Auch wenn die Studentin keinen Kratzer davontrug und nur ihre Lebenspunkte weitersanken, so fühlte sich ihr Körper schwächer an. Er arbeitete stark gegen den brennenden Schmerz an.

Ihre Duelldisk senkte sich und ihr Blick wurde matter.

Es schien so als würde ihr Körper im nächsten Moment nachgeben und sie würde ihr Bewusstsein verlieren.
 

Gespielte Duelle in diesem Kapitel:

Alexis Rhodes vs. Titan (Schattenduellant) -> Status: Fortsetzung Folgt
 



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