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Eine Kirschblüte reist durch die Zeit

von

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„Ich habe eine ungewöhnlich aussehende Tasche gefunden.“ Izuna hielt den Rucksack von sich, als befürchtete er, er könnte jeden Moment explodieren. „Ansonsten ist die Luft rein, wie es scheint. Sehr merkwürdig.“
 

„Das ist meiner“, keuchte Sakura, als sie ihren Rucksack erkannte.
 

Madara hatte sie in der letzten halben Stunde verhört. Einen Teil der Fragen hatte sie längst beantwortet, den anderen Teil hatte sie nicht beantworten können. Madara hatte historischen Namen durch die Gegend geschmettert – Senju, Hagoromo, Uzumaki, Uchiha – und Sakura aufrichtig damit verwirrt. Nicht nur, dass er aussah wie Uchiha Madara, er nannte ihr Namen von Leuten, die aus der gleichen Ära stammten.
 

Madara nahm den Rucksack an sich. Obwohl Sakura dagegen war, öffnete er ihn und griff hinein. „Was ist das?“, wollte er wissen, als er Sakuras Handy herausholte. „Dergleichen habe ich vorher noch nie gesehen.“
 

Sakura runzelte die Stirn. Der Mann hatte noch nie in seinem Leben ein Handy gesehen?
 

Madara tippte auf der glatten, schwarzen Oberfläche herum und wunderte sich, als der Bildschirm aufleuchtete und eine winzige Allee aus Kirschblütenbäumen im Kasten auftauchte. „Was ist das?“
 

„Es ist ein Handy“, sagte Sakura langsam, ls hätte sie einen Begriffsstutzigen vor sich. „Damit kann man telefonieren. Wahlweise auch Fotos machen.“ War sie in einer Irrenanstalt gelandet? Nein, das konnte nicht sein. Wie konnte sie an einen anderen Ort landen? Das war schlichtweg unmöglich! Die Angst wich allmählich Gereiztheit. Mutig fragte Sakura: „Verzeihung, aus welchem Jahrhundert sind Sie denn, dass Sie nicht wissen, was ein Handy ist?“
 

„Jahrhundert?“ Madara drehte das Handy hin und her. „Wir schreiben das Jahr 1412.“
 

Sakura blinzelte verwirrt. Dann klappte ihr die Kinnlade herunter. „1412?“ Sie hätte hysterisch gelacht, wenn die Männer nicht so wunderlich gekleidet wären und ebenso wunderlich sprechen würden.
 

„1412“, bestätigte Madara und fuhr fort, in Sakuras Rucksack zu wühlen.
 

Madara, Izuna, Senju, Hagoromo, Uzumaki… Eine Erklärung war, dass sie in der Zeit zurückgereist war; die zweite, dass sie tief und fest schlief und von Uchiha Madara träumte. Aber nichts, was sie hier erlebte, fühlte sich an wie ein Traum. „Zeitreisen sind unmöglich, Haruno“, murmelte Sakura. „Du kannst nicht in der Zeit zurückgereist sein, das geht nicht, das geht rein logisch nicht.“
 

„Sie könnte in der Zeit zurückgereist sein“, sagte Madara nachdenklich und legte den Rucksack weg. Er hatte Sakuras Terminplaner aus dem Rucksack gezogen und blätterte darin herum. „Schau dir die Daten an, Izuna.“
 

Izuna warf einen kurzen Blick in den Terminplaner. „Ich glaube ja immer noch, dass es eine Verwirrungstaktik unserer Gegner ist.“
 

„Ich bin keine Verwirrungstaktik“, fauchte Sakura zurück.
 

Madara ging weder auf Sakuras noch auf Izunas Worte ein. „Die Garderobe dieses Mädchens ist merkwürdig. Ihre Art, sich auszudrücken, ebenso.“ Noch etwas war an Sakura merkwürdig: Jetzt, da er sich halbwegs entspannt hatte und bezweifelte, dass von Sakura irgendeine akute Gefahr ausging, nahm er die sonderbare, vertraute Aura zur Kenntnis, die die junge Frau umschloss. Dabei hatte er sie noch nie zuvor gesehen.
 

Izuna bemerkte die Neugierde, mit der Madara Sakura musterte, und verzog das Gesicht. Er wollte etwas sagen, da kam Madara ihm zuvor: „Gibt es in deiner Zeit Ninjas, Frau?“
 

„Ninjas? Nein. Bitte binden Sie mich endlich los. Die Fesseln liegen eng, ich habe Schmerzen“, flehte Sakura. Erschöpft sank sie zu Boden, schloss die Augen und bekam nicht mit, wie sich Madaras Iriden für einige Augenblicke blutrot färbten.
 

„Binde sie los“, sagte Madara zu Izuna. „Sie verfügt nicht über Chakra. Sie ist Zivilist.“
 

„Chakra?“, wunderte sich Sakura träge und sah zu Madara hoch. Er meinte doch nicht etwa die Energiezentren aus dem Hinduismus?
 

Izunas Stirn legte sich in tiefe Faltenschluchten. Lange sahen sich die Brüder schweigend an, kommunizierten nur mit Blicken ihrer pechschwarzen Augen, bis Izuna schließlich mit einem fassungslosen Glucksen nachgab. Seine Finger schwebten dennoch nahe an seinem Kunai und er war bereit, jederzeit anzugreifen, sollte Sakura eine verdächtige Bewegung machen.
 

„Wir sind Ninjas, Shinobi. Du willst mir also sagen, dass es in der Zukunft keine gibt?“ Wie konnte das sein? Würden die Menschen in 600 Jahren tatsächlich nichts mehr über Chakra wissen und keine Jutsus anwenden können? Welches Ereignis würde dazu führen? Je länger Madara über diese Frage nachdachte, desto interessanter wurde Haruno Sakura für ihn. Er glaubte ihr. Nicht vollends, aber er glaubte ihr.
 

Noch ehe Sakura, die sich ein wenig aufgerichtet hatte, antworten konnte, ertönte von draußen ein Knall. Zähneknirschend wandten sich Madara und Izuna um. Kaum hatte sich Sakura versehen, waren beide Männer aus dem Raum. Verwirrt sah Sakura auf die Stelle, auf der Madara eben noch gestanden hatte. Sie wollte aufstehen, als abermals ein Knall ertönte und sie vor Schreck aufquietschte. Madara und Izuna hatten beim Verlassen des Raumes die Shoji weit aufgerissen und Sakura sah, wie einige Männer in dunkler Kleidung am Raum vorbeiliefen.
 

„Das Dorf wird angegriffen!“, schrie einer von ihnen.
 

„Zeit aufzuwachen, Haruno.“ Sakura kniff sich so fest in den Arm, dass sie sich auf die Lippe beißen musste, um nicht aufzuschreien. Ihr Nagel hinterließ einen tiefen Abdruck in der Haut. Sie war immer noch hier, weigerte sich aber nach wie vor, diesen Ort und die Umstände als Wirklichkeit zu behandeln.
 

Sakura entschied definitiv, dass es sich um einen realistischen Traum handelte, in welchem sie bewusst Entscheidungen treffen konnte. Also schnappte sie sich ihren Rucksack und beschloss zu fliehen.
 

An ihre Ohren drang gedämpfter Kampfeslärm und ein Knistern wie von einem Lagerfeuer, während sie durch das Anwesen schlich. Sakura konzentrierte ihre Gedanken ganz auf ihre Flucht und bemühte sich, die Geräusche auszublenden. In geduckter Haltung überquerte sie einen weiten, menschenleeren Hof und gelangte schließlich an die hohe Schutzmauer, die das gesamte Dorf einfasste.
 

Ein Baum erwuchs neben ihr aus der Erde, der sich nur dazu anbot, als Leiter genutzt zu werden. Sakura grinste nervös, versicherte sich, dass keiner in der Nähe war, und reckte ihre Arme dem niedrigsten Ast entgegen. Von dort aus kletterte sie angestrengt auf den höher gelegenen Ast und bekam den nächsten zu fassen. So viel Kraft hätte sie ihren Armen nicht zugetraut.
 

Sakura setzte vorsichtig erst den einen, dann den anderen Fuß auf die Mauer und sprang. Weiches Gras federte ihre Landung auf der anderen Seite der Mauer ab. Zufrieden sah Sakura zurück und dann nach vorne. Eine baumlose Fläche von der Größe eines Fußballfelds lag vor ihr und in der Ferne drängten sich Tannen zu einem Wald zusammen. Sakura schluckte. Mit einem Mal wurde ihr bewusst, dass der Kampfeslärm nicht mehr vernehmbar war.
 

„Wo ist die Rosahaarige hin? Findet sie!“, ertönte eine bekannte Stimme hinter ihr. Es war Uchiha Izuna, ganz sicher.
 

Sakura hatte keine Zeit zu verlieren. Wenn sie hier sitzen bliebe, würde man sie finden. Sie musste den Wald erreichen, dann wäre sie fürs Erste sicher von diesen… Ninja-Irren. Sakura ballte die Hände zu Fäusten, begab sich wie ein Sprinter in Startposition, holte tief Luft. Und lief los. Sie sah nicht zurück, sah weder nach links noch nach rechts. Die Tannen kamen immer näher, wurden größer, sie glaubte beinahe, die Nadeln zu sehen, den Harz zu riechen, und riss glücklich Augen und Mund auf, als sich ein Schatten über sie senkte.
 

Sakura warf einen flüchtigen Blick nach oben, drosselte ihr Tempo und registrierte die Silhouette eines Falken am Himmel. Nur ein Falke, schoss es ihr durch den Kopf. Lauf weiter, Haruno, lauf weiter!
 

Der Schatten verfolgte sie und wurde immer größer. Verunsichert sah Sakura nach oben und ehe sie sich versah, krallte sich der Falke in ihren Rucksack fest. Sakura brüllte auf, als hätte das Tier seine Krallen direkt in ihren Rücken versenkt. Es war kein gewöhnlicher Falke, es war ein gigantischer Falke, doppelt so groß wie sie, und sein langer, triumphierender Schrei klang noch einige Sekunden schmerzhaft in Sakuras Ohren nach.
 

Das Tier gewann schnell an Höhe und Sakura schaute entsetzt nach unten. Sie hatte keine Höhenangst, doch als sie das Dorf, aus dem sie geflohen war, unter ihren schwebenden Füßen erblickte, wäre sie beinahe bewusstlos geworden.
 

„Du dachtest wohl, du kannst die Gunst der Stunde nutzen und entkommen“, erklang eine düstere Männerstimme. Madara befand sich auf dem Rücken des Falken. Er saß im Schneidersitz und ein sardonisches Lächeln schmückte sein Gesicht.
 

Sakura kniff die Augen zusammen. „Es tut mir leid“, rief sie ihm von unten zu. „Es tut mir leid. Ich bin kein Feind, ich bin kein Senju und auch kein Uzumaki. Ich bin nur ein einfaches Schulmädchen. Wie oft denn noch? Mein Gott, ich bin doch einfach nur ein einfaches Schulmädchen.“ Sie begann zu wimmern und zu heulen. Dieser Traum war mit Abstand der schlimmste, den sie je gehabt hatte. Keiner der Albträume, an die sie sich erinnern konnte, kam an diesen hier heran.
 

„Hör auf zu flennen“, herrschte Madara sie an, doch Sakura konnte ihren Tränen nicht Einhalt gebieten. Sie war völlig fertig und mit ihrer Lage überfordert.
 

Madara erhob sich auf dem Falken, als hätte er festen Boden unter den Füßen, und sondierte die Umgebung. Sie befanden sich nordwestlich vom Dorf und unter ihnen entfaltete sich ein großer, blauer See, der von grünen Bäumen umgeben war. „Sho, bring uns nach unten.“
 

Sakura beruhigte sich, als sie spürte, dass der Falke ein gutes Stück an Höhe verloren hatte, und öffnete ein Auge.
 

„Wirf sie in den See. Das ist die Strafe dafür, dass sie geflohen ist.“
 

Sakuras Herz setzte einen Schlag aus. Der Falke gab sie frei und wurde kleiner. Vor Schock unfähig, einen Schrei auszustoßen, griff Sakura ins Leere, fiel weiter und klatschte schließlich gegen die Seeoberfläche.
 

Madara brach in schallendes, schadenfrohes Gelächter aus.
 

Elegant landete der Falke samt Passagier am Seeufer. Madara sprang herunter, lehnte sich lässig gegen seinen tierischen Gefährten und fuhr ihm sanft durch die Federn. Amüsiert beobachtete er, wie Sakura aus dem See auftauchte und einige Male hustete, ehe sie sich umsah.
 

Als sie Madara erblickte, wusste Sakura, dass es keinen Zweck hatte, vor ihm zu fliehen. Mit diesem mutierten, wenn auch schönen Federvieh würde er sie zu fassen bekommen. Wenn sie doch nur länger die Luft unter Wasser halten könnte... Sie hätte vorgegeben, ertrunken zu sein, und wäre zur anderen Uferseite hinübergeschwommen. Doch so blieb ihr keine andere Wahl.
 

„Ich dachte, eine Abkühlung würde dir guttun“, sagte Madara, als Sakura aus dem Wasser stieg.
 

Sakura antwortete nicht und wahrte Abstand zu Madara.
 

Der Falke taxierte sie neugierig mit seinen dunkelblauen Iriden. Es handelte sich um einen Wanderfalken, dem schnellsten Tier auf dem Planeten, das erkannte sie an der Färbung. Na, wenn das so war, dann brauchte sie es sich nicht ein zweites Mal zu überlegen, ob sie einen erneuten Fluchtversuch wagen sollte.
 

„Ich glaube dir, dass du weder zu den Senju noch zu den Uzumaki gehörst.“
 

„Wirklich? ... Jetzt auf einmal?“
 

„Es spricht zu viel dagegen, dass du ein Feind bist. Ich habe dich fliehen lassen, um zu sehen, wohin du fliehst und was du machst. Deine Reaktion war nicht die eines Ninja. Du hast zu den Senju, die das Dorf angegriffen haben, keinen Draht, auch wenn dein Auftauchen beinahe parallel zum Angriff auf das Dorf verlief.“
 

„Dann lassen Sie mich gehen. Das geht doch klar, oder?“, fragte Sakura nervös.
 

„Dich gehen lassen? Daran denke ich nicht. Das wäre fahrlässig. Ich habe außerdem noch Fragen an dich. Daneben: Wenn es stimmt, dass du durch die Zeit zurückgereist bist, wo willst du dann hin? Weißt du etwa, wie du zurück in deine Zeit kehren kannst?“
 

„Ich träume. Das ist alles ein Traum. Ich werde es schon irgendwie bewerkstelligen.“
 

Ein Traum?“, hakte Madara nach und hob eine Augenbraue. „Das ist kein Traum, Haruno. Du befindest dich im Jahr 1412. Ninjas, Shinobi und Kunoichi, existieren. Sie verfügen über Chakra, das sie nutzen, um mächtige Jutsus anzuwenden.“
 

Sakura tat, als hätte sie den ersten Part überhört. Natürlich wollten Traumgestalten ihr weismachen, dass sie nicht schlief. „J-Jutsus?“ Allmählich spürte sie, wie die Nässe ihrer Kleidung sich einen Weg in die Knochen fraß. „Mein Handy!“, erinnerte sie sich plötzlich. Hastig nahm sie ihren Rucksack von den Schultern. Blöcke und Bücher waren nass geworden. Ihr Handy war mit Tropfen bedeckt, funktionierte aber noch. Erleichtert atmete Sakura aus. Sie hatte auf dieses Gerät, das ein halbes Vermögen gekostet hatte, monatelang hin gespart. Ein Glück hatte sie sich eine wasserabweisende Hülle zugelegt. „Was sind Jutsus?“
 

„Jutsus sind Techniken, die ein Ninja im Kampf anwendet“, erklärte Madara und stieß sich von Sho ab. „Es gibt drei Haupttypen von Jutsus: Genjutsu, Ninjutsu und Taijutsu. Für Letzteres ist Chakraenergie keine Voraussetzung. Fingerzeichen spielen eine große Rolle, wenn man Ninjutsu anwendet.“
 

Sakura schwirrte der Kopf. Nicht, weil sie nicht verstand, was Madara sagte, sondern weil sich das alles wie aus einem Manga anhörte, der sich primär an heranwachsende Jungen richtete. Sakura zitterte nun am ganzen Körper, weil ihr kalt war.
 

„Erklär mir die Funktionsweise dieses Gegenstands. Was ist telefonieren? Was sind Fotos?“
 

Sakura seufzte und wischte über den Bildschirm. „Man kann mit einem Handy jemanden kontaktieren, der weit weg ist. Das nennt man telefonieren. Fotos sind Abbildungen der Realität.“ Sakura ging in die Kameragalerie und suchte ein Foto aus, das sie Madara zeigte. „Dieses Foto habe ich von meinem Zimmer aus gemacht.“
 

Fasziniert betrachtete Madara den blauen Himmel, der sich wolkenlos über große weiße Gebäude und goldfarbene Baumkronen wölbte. „Ist das der Ort, wo du wohnst?“
 

Sakura bejahte und fügte zähneklappernd hinzu: „Früher konnte man mit einem Handy nur telefonieren. Für Fotosmachen nutzte man ein anderes Gerät, eine Kamera. Heute verfügen alle neuen Handys über eine Kamerafunktion.“
 

Madara nickte. „Ich mache Feuer“, bot er an. „Lass uns hier reden. Im Dorf werden wir keine Ruhe haben. Izuna ist dir gegenüber nur noch misstrauischer geworden, weil du geflohen bist.“
 

Sakura sah auf ihr Handy und tippte gedankenverloren auf ihren Bildschirm. Anstelle von Datum und Uhrzeit wurden ihr, seit sie hier war, Sonderzeichen angezeigt. Warum hatte sie plötzlich Heimweh, wenn sie doch schlief? Warum packte sie jetzt die Sehnsucht, da sie sich die Aussicht aus ihrem Zimmerfenster besah?
 

Mit einem Mal war ihr, als wäre sie schon seit Wochen von Zuhause fort. Was nützte ihr ein Handy, wenn sie sich tatsächlich im besagten Jahr aufhielt und die Einzige war, die über ein solches Gerät verfügte?
 

„Ah!“, entwich es Sakura. Das Handy hatte noch reichlich Akku, Empfang hatte sie auch. Keinen guten, aber ihr wurde angezeigt, dass sie Empfang hatte. Sakura probierte, Ino anzurufen, in der Hoffnung, dass ihre Freundin herangehen würde.
 

Es konnte keine Verbindung hergestellt werden.
 

„Mist“, fluchte Sakura.
 

Sakura war so beschäftigt, dass sie nicht mitbekam, wie Madara ein paar Zweige und Blätter sammelte, Fingerzeichen machte und den arrangierten Haufen aus Zweigen und Blättern zum Brennen brachte. „Komm näher ans Feuer ran, sonst wirst du nicht trocken“, wies er sie an.
 

Sakura zuckte zusammen, steckte ihr Handy weg und ging vor dem kleinen Feuer in die Hocke. Sie streckte ihre Arme aus, schielte zu Madara hoch und murmelte: „Danke.“
 

Sho ließ sich auf der Erde nieder. Madara tat es ihm nach und lehnte sich gegen den Falken, um es bequem zu haben. „Wie gesagt, habe ich ein paar Fragen an dich.“ Madara machte eine Pause, um Sakura auf das Kommende vorzubereiten. „Kennen wir uns? Wir können uns nicht kennen, habe ich Recht?“
 

Sakura schüttelte den Kopf. „Ich kenne Sie nicht. Nicht persönlich... Natürlich nicht.“
 

Madara wollte widersprechen. Eine leise Stimme sagte ihm, dass sie einander sehr wohl kannten. Was das sollte, das wusste er nicht, schließlich war auch sie ihm nicht bekannt. Und wenn sie aus der Zukunft war, war es umso unwahrscheinlicher, dass sie einander bekannt sein könnten. „Dann die nächste Frage, noch einmal: In deiner Zeit gibt es keine Ninjas, kein Chakra, keine Jutsus. Alle Menschen sind Zivilisten.“
 

„Nun ja“, meinte Sakura und kam näher an das Feuer. „Alle nicht. Wir haben eine Armee. Aber keiner kann Ninjutsu – und was war das noch? Ach ja – Genjutsu anwenden, indem er etwas mit seinem Chakra anstellt. Die Begriffe Ninjutsu und Taijutsu existieren aber. Das Wort Genjutsu dagegen dürfte keiner kennen.“
 

Madara verarbeitete Sakuras Antwort erst, ehe er ihr die nächste Frage stellte. „Wo bist du gewesen, bevor du hier gelandet bist?“
 

Missgestimmt, weil sie wieder verhört wurde, antwortete Sakura: „Ich war in der Schulbibliothek. Ich habe keine Ahnung, was ich ausgelöst haben könnte, dass ich in einem anderen Jahrhundert lande.“ Hätte es nicht wenigstens das zwanzigste oder neunzehnte sein können?, fügte Sakura gedanklich hinzu. „Ich habe aber auch Fragen. Wer hat das Dorf vorhin angegriffen? Gab es Verletzte?“
 

„Ein paar Senju-Einfaltspinsel haben es auf eigene Faust gewagt, in unser Dorf einzudringen. Sie sind tot. Einige Häuser wurden beschädigt. Es ist aber nichts, was man nicht wieder hinkriegen kann.“ Unerklärlicher Weise fühlte sich Madara in Gegenwart von Sakura wohl und es fiel ihm, obwohl sie eine Fremde war, nicht schwer, mit ihr zu reden. „Soll ich dir zeigen, wie man ein Jutsu ausführt?“
 

Sakura überlegte. „Ja. Ja, ich denke, das würde mich interessieren. Dann habe ich eine Vorstellung davon, wozu ihr Ninjas fähig seid.“ Sakura wusste, dass Ninjas in der Vergangenheit speziell ausgebildete Männer gewesen waren, die als Spione oder Meuchelmörder agiert hatten.
 

Er will mich doch nicht etwa meucheln?, dachte Sakura panisch. Nein, wenn Madara das gewollt hätte, hätte er das längst getan.
 

Madara stand auf und forderte sie mit einer Geste auf, ihm zu folgen. Er trat ganz nahe an das Wasser und Sakura konnte nicht leugnen, dass sie gespannt war.
 

„Ich zeige dir eine Technik, die jeder Uchiha irgendwann lernt. Wenn man diese Technik noch nicht gemeistert hat, gilt man in unserem Clan nicht als erwachsen“, erklärte Madara. Er bereitete sich vor und formte die altbekannten Fingerzeichen: Schlange, Schaf, Affe, Wildschwein, Pferd, Tiger.
 

Sakura starrte ihn mit großen Augen an, als seine Brust im selben Moment anschwoll, in dem er seinen Oberkörper zurückwarf. Mit gespitzten Lippen atmete er einen riesigen, brennenden Ball aus, der Sakura an die Abbildungen der Sonne in Büchern über Astronomie erinnerte. Sakura spürte die Hitze, die von diesem Feuerball ausging, und schirmte ob seiner Grelle die Augen mit der Hand ab. Sie war zu gebannt, um zurückzuweichen.
 

Der Feuerball schoss über das Wasser und hinterließ eine Flammenspur in der Luft. Schweißperlen kullerten Sakuras Stirn herunter und ihr war, als wären ihre Kleider im Nu trocken geworden.
 

War das Feuer? War das echtes Feuer? Hatte Madara ihr eben Feuerspeien demonstriert wie ein Drache?
 

„Haruno, was machst du da?“
 

Wie entrückt griff Sakura nach den tanzenden Flammen in der Luft und die rotgelben Zungen verbrannten ihr die Fingerkuppen. Mit einem scharfen Zischen zog sie ihre Hand zurück.
 

Der Feuerball erlosch über dem Wasser wie eine Kerzenflamme, die ausgepustet wurde. Sakura sah ungläubig auf ihre roten, geschwollenen Fingerkuppen, die spürbar pochten.
 

Sie begriff endlich, dass sie nicht träumte.



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