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Boston Boys - Fragmente

Kurzgeschichten zur Boston Boys Reihe
von

Vorwort zu diesem Kapitel:
CN: Drogenmissbrauch (Hasch, Alkohol; erwähnt) Komplett anzeigen

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Samsa – November 2015 I

Ein zärtliches Lächeln huschte über meine Lippen, als ich mich seufzend an den warmen Körper neben mir kuschelte. Er wollte doch hoffentlich nicht direkt aufstehen.

»Du bist ja schon wieder hier«, flüsterte er leise und hauchte mir einen Kuss auf die Stirn.

Ich konnte mir das genervte Stöhnen nicht verkneifen. Dennoch richtete ich mich auf und stieg aus dem Bett. Ich hatte verstanden. »Schon gut, ich gehe. Kann ich noch kurz duschen?«

»Ja, sicher.« Tino stand ebenfalls auf und stellte sich mir halb in den Weg. Sanft umfasste er mein Gesicht und küsste mich. »Tut mir leid, so meinte ich das nicht. Ich wollte dich nicht rauswerfen. Wir können auch gern noch zusammen frühstücken, aber ich brauche wirklich ein paar Tage Pause.«

Reumütig nickte ich. Er hatte ja recht. Ich war in letzter Zeit viel zu häufig bei ihm – wann war ich das letzte Mal über Nacht zu Hause gewesen? Vor zwei Wochen? – obwohl er bereits deutlich gemacht hatte, dass ihm zu häufige Besuche nicht recht waren.

»Ich hab das schon so verstanden. Keine Sorge, ich bin nicht wütend.« Ich schmiegte mich kurz an seine Brust, bevor ich mich auf den Weg ins Bad machte. »Und ich bleib gern noch zum Frühstück.«
 

»Samsa?«

Mit einem tiefen Seufzen sah ich von meinem Sandwich auf. Der Ton machte deutlich, dass Tino etwas Ernstes von mir wollte. War ich ihm so sehr auf die Nerven gegangen, dass er mir nun sagen wollte, dass ich gar nicht mehr kommen sollte?

»Magst du darüber reden?«

»Worüber genau?« Keine Ahnung, was er meinte, immerhin hatten wir bis auf Höflichkeitsfloskeln kein Wort gesprochen, seitdem er aus dem Bad gekommen war.

Er sah mir direkt in die Augen und legte den Kopf etwas schief. »Was auch immer dir auf dem Herzen liegt. Oder warum du in letzter Zeit so oft hier bist. Oder warum dein Drogenkonsum im Moment ziemlich durch die Decke geht. Such es dir aus.«

Erneut rang sich ein tiefes Seufzen aus meiner Kehle. War jetzt auch nicht besser ...

Tino strich über meine Hand. »Du musst nicht, wenn du nicht willst. Das ist nur ein Angebot.«

Unschlüssig zuckte ich mit den Schultern.

»Um ehrlich zu sein, mache ich mir ziemliche Sorgen um dich. Wenn du nicht für dich darüber redest, dann vielleicht wenigstens, um mich etwas zu beruhigen?«

»Ist okay.« Ich kniff die Finger der Hand zusammen, über die er streichelte, und hielt damit seine Finger zwischen meinen gefangen, mit der anderen Hand massierte ich meinen Nasenrücken. Ich wollte nicht, dass er sich Sorgen machte, aber toll fand ich das Thema dennoch nicht. »Aber vorher brauch ich noch einen Kaffee.«

Er goss mir Kaffee nach und wartete dann geduldig, bis ich bereit war, zu reden.

»Ich weiß gar nicht so genau, was ich erzählen soll ...« Oder wollte. Noch immer hielt ich mich mit privaten Angelegenheiten ihm gegenüber zurück. Die Erfahrung, dass es schnell dazu führte, dass sich andere mehr erhofften, als ich bereit war zu geben, saß zu tief.

Gleichzeitig wollte ich mit ihm reden. Zum einen verdiente er eine Antwort, warum ich ihm in letzter Zeit so oft auf die Nerven ging, zum anderen ... vertraute ich ihm. Tatsächlich glaubte ich ihm, was er vor einigen Monaten zu Nick gesagt hatte. Seitdem war ich immer wieder versucht, auch über meine Angelegenheiten mit ihm zu reden. Vielleicht war jetzt der beste Zeitpunkt, damit anzufangen.

»Ich weiß nicht, wie viel du davon mitbekommst, aber bei meiner Band läuft es im Moment beschissen. Wir bekommen kaum Aufträge, unsere Drummerin ist schwanger und erstmal ausgestiegen, ich stecke haushoch in einem Kreatief und zu allem Überfluss hab ich mich wegen all dem mit meinem besten Freund, unserem Gitarristen und Keyboarder, gestritten.« Ich ließ Tinos Hand los und massierte meine Schläfen.

Abwartend sah er mich über den Rand seiner Tasse an, während er trank. Als von mir nichts mehr kam, sagte er: »Klingt, als bräuchtest du dringend eine Auszeit.«

Ich schnaufte daraufhin nur. Ihm zu sagen, dass ich die bei ihm fand und deshalb so häufig bei ihm war, klang nicht nur albern, sondern auch aufdringlich.

»Ich würde dir gern helfen, aber um ehrlich zu sein, weiß ich nicht wirklich, wie.«

Argh, er machte es mir aber auch nicht wirklich leichter ... Na schön. »Versteh das bitte nicht falsch – ich möchte dir wirklich die Zeit lassen, die du für dich brauchst – aber am meisten hilfst du mir, wenn ich bei dir sein kann. Es beruhigt mich, wenn ich weiß, dass ich hierherkommen und abschalten kann.«

Verlegen lächelte er und wich meinem Blick aus. Sein Glück, dass man kaum sah, wenn er rot wurde.

»Außer du kennst jemand, der Emilys Platz einnehmen könnte oder uns Aufträge vermittelt.« Ich wollte gar nicht, dass er sich allzulange über meine vorherige Aussage Gedanken machte.

»Nein, leider nicht. Aber ich kann zumindest die Ohren offenhalten.«

Dankbar lächelte ich ihn an. Das Angebot war wirklich lieb, auch wenn ich nicht viel Hoffnung darin setzte. Wenn Latisha, die megagut vernetzt war, schon nichts fand, dann er wohl auch nicht.

»Kann ich dir vielleicht mit deinem besten Freund helfen?«

»Nein, nicht nötig. Wir haben das schon geklärt. Ich bin nur noch immer etwas sauer auf ihn, weil ich das Gefühl habe, dass er mich absichtlich falsch verstehen wollte. Aber das passt schon. Wir wären nicht seit über 30 Jahren befreundet, wenn uns das jetzt plötzlich auseinanderbringen würde.« Diesmal kam das Lächeln wirklich aus dem Herzen und diente nicht nur dazu, ihn zu beruhigen.

Erneut schwieg Tino eine ganze Weile, knabberte an seinem Sandwich und schlürfte seinen Kaffee, bevor er sich räusperte. »Ich wollte nächstes Wochenende mit Justine nach Maine zum Wandern oder, wenn das Wetter passt, Langlauf. Sie hat gestern abgesagt. Möchtest du mitkommen? Vielleicht hilft es dir, mal rauszukommen? Und ansonsten sitzt du ein ganzes Wochenende in der Pampa fest. Manchmal soll das bei kreativen Ausfällen ja helfen. ... Und ich möchte nichts darüber hören, dass du dir das nicht leisten kannst! Es ist alles bezahlt.«

Überrumpelt schluckte ich erstmal. Ich sollte mit ihm ein Wochenende in der Pampa verbringen? Das klang abschreckend und aufregend zugleich. So viel Zeit zusammen und wir hatten keine Chance, sie vorzeitig zu beenden ...

»Nimm dir ruhig etwas Zeit, dir das zu überlegen. Ich fahr auf jeden Fall, du kannst es also auch kurzfristig entscheiden.« Zärtlich lächelte er mich an, wurde aber direkt wieder ernster: »Und wenn ich mir etwas wünschen darf: Versuch, bis dahin auf Alk und Hash zu verzichten. Ich versteh, dass es erstmal hilft, aber na ja ... Ich glaub, du weißt es selbst, oder?«

Ich seufzte. »Ja, ich weiß. Ich versuche es.«



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Kommentare zu diesem Kapitel (1)

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Von:  chaos-kao
2021-06-11T07:07:47+00:00 11.06.2021 09:07
Tino ist wirklich super lieb und es ist schön, dass Samsa sich langsam ihm gegenüber öffnet. Ich bin gespannt ob die beiden jetzt wirklich zusammen in die Pampa fahren werden. Samsa in der Pampa ... irgendwie eine amüsante Vorstellung, da es nicht so wirklich zu ihm passen will. Aber vielleicht genau deshalb das Richtige im Moment :) Schöne Idee auf alle Fälle!
Antwort von:  Vampyrsoul
15.06.2021 18:12
Das stimmt, Samsa ist so das totale Großstadtkind XD Ich stell ihn mir schon immer leicht verloren vor, wenn er bei Toby und Roger in der Kleinstadt ist.


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