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Oh Tannenbaum

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Vorwort zu diesem Kapitel:
Hier kommt eine kleine Kurzgeschichte von mir, in der es um das Thema Weihnachten geht. Ich hatte viel Spaß sie zu schreiben und ich hoffe, ihr habt genauso viel Spaß beim lesen. :) Komplett anzeigen

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Oh Tannenbaum

Atemu mochte den Winter mit seiner klirrenden Kälte absolut nicht und er verkroch sich in der kalten Jahreszeit lieber unter einer warmen Decke, eingekuschelt auf der Couch mit einem warmen Kakao oder einem Tee. Doch im Dezember machte er gerne eine Ausnahme, denn dieser eine besondere Monat im Jahr hatte seinen ganz eigenen Zauber.
 

Nicht nur die Menschen waren viel fröhlicher als sonst, es war die gesamte Atmosphäre mit ihrem einnehmenden Wesen. Die Innenstadt leuchtete in der Dunkelheit wie in einem bunten Lichtermeer.

Selbst die Geschäfte waren viel freundlicher mit ihren weihnachtlichen Angeboten und besonders der Weihnachtsmarkt hatte es Atemu angetan, der in diesem Jahr in der Nähe des Parks stattfand.

Vor ein paar Tagen fielen die ersten Schneeflocken und brachten einen frühen Wintereinbruch mit sich. Alles war in eine weiße Pracht gehüllt und durch die frostigen Nächte glitzerte der Schnee wie in einem Märchen.

Schon immer liebte Atemu dieses Fest, doch gerade in diesem Jahr war es etwas ganz Besonderes für ihn. Zum ersten Mal feierte er mit der ganzen Familie und seinen Freunden. Zusammen mit Seto wollte er ein kleines Weihnachtsfest auf die Beine stellen, von dem weder sein Freund noch irgendein anderer wusste.

Was die Planung anging hatte Atemu bereits eine genaue Vorstellung und dafür brauchte er Hilfe. Seto würde ohnehin nicht ablehnen, davon war Atemu überzeugt.

Zu aller erst musste ein Weihnachtsbaum her und da der nächste Stand ein gutes Stück von ihrem Wohnhaus entfernt war, musste Seto ihn mit dem Auto hinfahren.

Deshalb spazierte Atemu geradewegs ins Wohnzimmer, in dem Seto über seinen Büchern hing und für die Uni lernte.
 

„Bist du soweit?“, fragte Atemu und tat so, als wüsste Seto Bescheid.

Seto nahm seinen Blick vom Buch schaute seinen Freund in die roten Rubine, die ihn ungeduldig anstarrten. „Was hast du angestellt?“

Beleidigt verzog Atemu das Gesicht. „Überhauptnichts! Wie kommst du darauf?“

Seto schaute wieder in sein Buch und suchte die Zeile, bei der er stehengeblieben war. „So schaust du immer nur dann, wenn du etwas ausgefressen hast.“

Die Augen verdrehend nahm Atemu das Buch an sich, welches Seto in den Händen hielt. „Ich brauche deine Hilfe, deshalb zieh dich an und komm mit.“

„Früher haben wir noch `bitte´ gesagt, wenn wir etwas wollten.“ Ohne viel Mühe eroberte sich Seto das Buch zurück und setzte sich wieder auf die Couch.

„Ich möchte einen Tannenbaum kaufen und ohne Auto bekomme ich ihn nicht transportiert.“, kam Atemu auf sein Anliegen.

Verwundert runzelte Seto die Stirn. „Wir haben erst in drei Wochen Weihnachten. Wenn du ihn jetzt kaufst, wird er ohne Ende nadeln. Du drehst die Heizung den ganzen Tag voll auf, das wird dein Baum nicht lange überstehen.

„So ein Blödsinn.“, winkte Atemu ab. „Wie immer willst du alles besser wissen. Lass mich doch einfach mal.“

Seto gab es auf. Gegen so viel Sturheit war kein Kraut gewachsen. Lieber konzentrierte er sich auf sein Lehrbuch.
 

„Wenn wir jetzt nicht zuschlagen, werden die schönsten Exemplare weg sein. Deshalb will ich gleich los.“, wurde Atemu drängender. Für seine Weihnachtsfeier brauchte er nun einmal einen Tannenbaum.

„Tut mir leid, aber ich habe heute keine Zeit. Frag deinen Vater ob er mit dir fährt.“

„Warum stellst du dich so an? Ich würde alleine fahren, wenn ich einen Führerschein hätte. Eine Stunde kannst du für deinen Freund doch wohl opfern, oder bedeute ich dir so wenig? Sind die Bücher dir etwa wichtiger?“

Seto stellte auf Durchzug. Bereits gestern hatte er Atemu gesagt, dass er den ganzen Tag in sein Studium investieren wollte, weil sein Freund ihn die Tage davor bereits eingespannt hatte. Heute ließ er sich nicht überreden, komme was wolle.
 

„Dann eben nicht.“, gab Atemu auf. Wutentbrannt verließ er die Wohnung und stampfte ein Stockwerk höher. Zurück blieb Seto, der sich neben dem Lernen schon mal eine passende Entschuldigung überlegte. Für gewöhnlich war Atemu nicht so anstrengend. Es musste etwas in der Luft liegen, vermutlich lag es an der Kälte.
 

Gerade wollte Atemu an die Tür seines Vaters klopfen, als diese aufsprang und ein abgehetzter Yasuo herausstürmte. „Was ist denn los, Papa?“

„Hab jetzt keine Zeit!“, rannte Yasuo an seinem Sohn vorbei.

„Warum denn nicht?“ Meine Güte, sah sein Vater fertig aus. Hatte er sich etwa mit Seth gestritten?

„Ich habe irgendeinen Jahrestag vergessen und nun muss ich etwas kaufen, damit Seth mir keine Szene macht. Er kann echt empfindlich sein.“

Oje, Seth hatte viele Ereignisse zu besonderen Tagen erklärt. Da würde keiner mehr mitkommen, es sei denn man führte einen peinlich genauen Terminkalender. „Da der Jahrestag im Dezember ist, kannst du drauf kommen.“, überlegte Atemu, während er hinter seinem Vater herging.

„Mir fällt es einfach nicht ein. Der erste Kuss, der erste Sex, das erste Mal Händchen halten, das erste Mal kuscheln, nicht zu vergessen unser erstes gemeinsames Frühstück bei dem ich nur kalten Kaffee hatte. Wer will sich bitte daran erinnern?“
 

Jetzt ging das schon wieder los. Die Liste war wirklich lang und Atemu kannte sie auswendig. „Dann viel Glück, Papa.“ Das war die nächste Pleite. Geknickt ging Atemu zurück in seine Wohnung, wo Seto seelenruhig dasaß und in sein dämliches Buch starrte.
 

„Du bist aber schnell zurück.“ Jetzt musste Seto aufpassen nicht in ein Wespennest zu stechen.

„Mein Vater hat seine eigenen Probleme und hat mich links liegen lassen.“

Belustig blätterte Seto eine Seite weiter. „Lass mich raten, ein besonderes Ereignis das Yasuo nicht in den Sinn kommen will? Mein Vater kann eben auch anstrengend sein. Warum sollte es nur mir so gehen?“

Eingeschnappt verschränkte Atemu die Arme vor der Brust. „Was willst du denn damit sagen?“

„Gar nichts.“ Das war jetzt doch zu viel.

„Ich kann auch alleine gehen. Als ob ich auf euch angewiesen wäre.“ Atemu zog sich seinen dicken schwarzen Mantel an, wickelte sich seinen weißen Schal um den Hals und schnappte sich seine warmen Handschuhe.
 

Leicht zuckte Seto zusammen als Atemu die Haustür ins Schloss krachen ließ. „Warum kann er nicht bis morgen warten?“
 

*
 

Mit dem Bus fuhr Atemu in die Innenstadt, den restlichen Weg dorthin musste er zu Fuß gehen. Alles in allem ein Katzensprung, wenn man nichts schweres schleppen brauchte. Nun musste Atemu zusehen wie er klarkam.

Wenigstens sah die Stadt durch den vielen Schnee viel freundlicher aus und wie bereits in der Nacht, fielen wieder zahlreiche Schneeflocken vom Himmel. Der Wetterbericht kündigte sogar einen Schneesturm an, der bis zum nächsten Tag anhalten sollte. Weiße Weihnachten waren auf alle Fälle gesichert, was für Atemu besonders wichtig war.

„Hey Atemu“, grüßte Joey seinen Kumpel. „Sag bloß du willst dir einen Weihnachtsbaum kaufen?“

Überrumpelt, weil Atemu nicht mit Joey gerechnet hatte, nickte er. „Sag bloß du arbeitest hier?“

„Na klar, gibt gutes Geld. Kann ich dir behilflich sein?“
 

Solange er Joey kannte, war dieser immer fleißig und nahm jede Arbeit an. „Nein, ich komme zurecht.“ Atemu hatte ganz spezielle Vorstellungen, wie sein Tannenbaum aussehen sollte und deshalb brauchte er sich nur umsehen.

„Lass es mich wissen, wenn du einen gefunden hast.“ Joey widmete sich einem anderen Kunden und half ihm bei der Auswahl.
 

Atemu schlenderte durch die grüne Pracht, von groß bis klein war für jeden etwas dabei. Zusammen mit Seto wäre es bestimmt schöner geworden, aber später konnten sie ihn gemeinsam schmücken. Dieser Gedanke stimmte ihn wieder fröhlich.
 

Es dauert nicht lange und Atemu entschied sich für eine zwei Meter fünfzig hohe Tanne, die mit ihrem intensiven Grün und dem dichten Nadelwerk überzeugte. Die und keine andere sollte es sein. Zwar schaute Joey ihn etwas seltsam an, als er den übergroßen Tannenbaum hinter sich her schliff, aber was sollte Atemu machen? Irgendwie musste er dieses Monstrum nach Hause bringen. Bis zur Bushaltestelle sollte er es schaffen und der Rest würde ganz einfach sein. Der Bus hielt fast vor seinem Wohnhaus und den Rest erledigte der Aufzug. „Ist er nicht toll?“

„Schon, nur etwas…groß, findest du nicht?“ Besonders gut konnte Joey seine Zweifel nicht verbergen. Eine kleinere Tanne hätte es seiner Meinung nach auch getan und ob er den riesigen Baum mit in den Bus nehmen durfte, stand auch in den Sternen.

„Er muss so groß sein, sonst sieht man ihn in unserem Wohnzimmer nicht. Er soll halt auffallen.“ Eine kleine Tanne kam nicht in Frage.

„Du musst es wissen. Komm heil zuhause an.“

„Ich pass auf, mach’s gut.“
 

So ein Baum war viel schwerer als Atemu dachte. Ein Schlitten wäre gut gewesen, um ihn darauf zu transportieren. Daran hätte er denken können und müsste sich jetzt nicht abrackern. Der kurze Weg wurde immer länger und die Tanne schwerer und schwerer. „Bald fallen mir die Arme ab. Seto hätte sich die Stunde Zeit nehmen können, dann müsste ich jetzt nicht…“ Je schwerer der Baum wurde, umso schlechter wurde Atemu’s Laune. Je mehr fluchte er.
 

Nach einer Ewigkeit stand Atemu außer Puste an der Bushaltestelle und löste den Schal von seinem Hals. Durch das Geschleppe schwitze er unerträglich und selbst der kalte Wind störte ihn nicht mehr. Auch vom Mantel wurden sämtliche Knöpfe geöffnet, während die Handschuhe in die Taschen getopft wurden. Plötzlich fühlte sich der sonst so verhasste kalte Wind, unglaublich wohltuend an.

„Das schlimmste ist geschafft.“ Bis jetzt lief es gut, auch wenn es anstrengend war und der Bus bog auch gerade in seine Straße ein.
 

„Willst du das Riesending etwa mit in den Bus nehmen?“, fragte ein älterer Herr verwundert.

„Natürlich!“, was für eine dumme Frage. Sollte er den Baum etwa bis nach Hause schleppen? Hatte halt nicht jeder ein Auto.

„Dann viel Glück, Kleiner.“

„Wenn der noch einmal Kleiner sagt, dann kann er was erleben.“ Mit roten Wangen, die nicht von der Kälte herrührten, versuchte Atemu das Ungetüm durch die offene Bustür zu bekommen.

Die arme Tanne büßte dabei einige ihrer schönen Nadeln ein, dennoch zerrte Atemu weiter an ihr, weil sie einfach viel zu breit war und sich scheinbar dagegen wehrte mitgenommen zu werden.
 

„Verzeihung, junger Mann.“, kam ein Busbegleiter auf Atemu zu. „Tannen in dieser Größe werden nicht mitgeführt.“

Atemu hielt inne und starrte den Mann an, als käme er vom Mond. „Das ist jetzt nicht Ihr Ernst.“ Sein Gesicht nahm ein tiefes Rot an. Dieses Mal nicht vor Wut, sondern aus Scham. Alle Blicke waren auf ihn gerichtet und so kletterte Atemu aus dem Bus und zog die schwere Tanne hinter sich her. Auf diese Peinlichkeit hätte er gut und gerne verzichten können.

„Jetzt muss ich doch laufen.“ Zu Fuß brauchte Atemu eine halbe Stunde. Mit einem großen Tannenbaum im Schlepptau brauchte er bestimmt noch länger. Es nützte nichts, ohne Weihnachtsbaum war es kein richtiges Fest. Wenn er dafür Federn lassen musste, sollte es eben so sein. Voller Elan schliff er die Tanne hinter sich her und stapfte durch den Schnee. Immer noch fielen Schneeflocken vom Himmel und wurden immer zahlreicher. Der Wind wurde zunehmend stärker und wirbelte die Flocken munter umher. „Muss es ausgerechnet jetzt so schlimm werden?“
 

*
 

Seto beschloss eine Pause einzulegen und bereitete sich einen kleinen Snack zu. Um Atemu’s Laune anzuheben machte Seto ihm ebenfalls einen Teller fertig.

Wenn Atemu später seinen Tannenbaum schmücken konnte, würde er ohnehin in bester Laune sein. Das hier war lediglich das i-Tüpfelchen.

Ein Rumpeln ertönte aus dem Wohnzimmer, was Seto aufmerksam werden ließ und er beschloss nachzusehen. „Das hat…aber…lange…“ Seto stockte als er den völlig erschöpften Atemu sah, der eine zerrupfte Tanne hinter sich her schleifte, die eine Spur von grünen Nadeln hinterließ.

Zunächst musste Seto sich ein Bild machen, welches sich vor seinen Augen abspielte, weil er nicht begreifen konnte, wie sein Atemu auf die Idee kam so einen Riesigen Baum zu kaufen. „Was hast du mit dem armen Baum angestellt?“

„Stell mir später Fragen.“, keuchte Atemu erschöpft und pfiff buchstäblich aus dem letzten Loch. „Hilf mir ihn aufzustellen.“

„Du solltest dich besser hinsetzen. Dein Kopf ist ganz rot.“

„Geht schon.“ Es ging nicht. Das war einfach zu viel. Wie ein nasser Sack ließ er sich auf die Couch fallen. „Ich muss den Hausflur gleich absaugen. Überall liegen Tannennadeln herum. Der blöde Baum nadelt ohne Ende.“
 

„Meinst du vom Fahrstuhl bis hierher?“

Langsam schüttelte Atemu den Kopf. „Er hat nicht in den Aufzug gepasst und deshalb musste ich…“

„Du hast ihn 20 Stockwerke hochgeschleppt? Warum hast du mir nicht Bescheid gesagt?“ Das war der erste Fehler, denn Atemu funkelte ihn aus rotglühenden Augen an und setze sich kerzengerade hin. „Ich habe dich vorhin gebeten dir eine Stunde Zeit zu nehmen. Du wolltest nicht und ich fange nicht an hinter dir her zu betteln.“
 

Jetzt wurden wir also schnippisch. „Meinetwegen, dann gehe ich den Flur von den Nadeln befreien.“ Im Laufe der Beziehung hatte Seto gelernt, dass es keinen Sinn machte mit Atemu zu diskutieren. Obwohl Seto es gut meinte, war das der nächste Fehler.
 

„Lass mich nur alleine. Soll ich den Baum jetzt auch noch alleine aufstellen?“, fing Atemu an zu zetern. „Ich bin total erschöpft und nun suchst du dir die bessere Aufgabe aus.“

„Schon gut, ich helfe dir zuerst die Tanne aufzustellen.“ Viel war von ihr ohnehin nicht mehr übrig und übermäßig Nadeln würde sie auch nicht mehr. Ob Atemu den Baum am Ende wirklich noch wollte, wagte Seto zu bezweifeln. Bis Weihnachten überlebte er garantiert nicht. Jedenfalls wollte er für den Moment seine Ruhe, damit er sich wieder an seine Bücher setzen konnte. Deshalb machte Seto sich auf die Suche nach dem Baumständer, der sich irgendwo im Keller versteckt haben musste.



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