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Das letzte Plätzchen war schlecht

von

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Luke fluchte immer wieder in den kurzen Pausen, in denen es ihm vergönnt war, sich nicht die Seele aus dem Leib zu kotzen. Er hatte mittlerweile das Gefühl, als wäre neben seinem aktuellen Mageninhalt auch noch das Essen von letzter Woche zurückgekehrt. Halb hing er über der Toilettenschüssel und die Tatsache, dass Scott sich schuldbewusst neben ihn gesetzt hatte, veränderte an seinem Ärger wenig. Stiles erging es ähnlich, das war dem Briten bewusst, doch auch das war nur ein schwacher Trost.
 

„Das kommt davon, weil ihr mit euren beschissenen Bräuchen und eurem selbstgemachten Mist, immer einen auf Happy Family machen müsst“, krächzte Luke und schlug halbherzig die Hand seines Freundes weg, der ihm mit seinen Kräften die Übelkeit nehmen wollte. „Nein, dieses Mal nicht – mir geht es dreckig wegen Derek und dir und das sollst du auch einmal ausbaden“, fuhr er ihn an, bevor er sich wieder über die Schüssel beugte.
 

Seine Weihnachtstage verbrachte Luke für gewöhnlich alleine, einzig begleitet von seinem Hund und Jonathan. Der Butler bereitete ihm ein Festtagsmenü, bestehend aus Roastbeef mit einer leichten Pfefferminzsoße und Rosmarinkartoffeln, Zitronensorbet und Blaubeermuffins zu. Seit er mit Scott zusammen war, hatte sich seine Feiertagsplanung jedoch ein wenig geändert. Er hatte bisher auch noch nie Geschenke besorgen oder gar selbst machen müssen. Im Hause McCall, genauso wie im Hause Stilinski, war es Brauch, dass man sich etwas Selbstgemachtes schenkte. Luke hatte diese Regel ein müdes Schnauben und ein Zucken seines linken Augenlids beschert. Eigentlich war sein Plan gewesen, den kaputten Fernseher in Scotts Zimmer zu ersetzen, Melissa Ohrringe und ein farblich passendes Kleid zu besorgen und Stiles und Derek einen Gutschein für irgendein Wellnesswochenende, ganz weit weg, vorzugsweise in Timbuktu, unterzujubeln. Seine Einwände und sein Gemeckere hatte man einfach übergangen.
 

Diese, in seinen Augen dämliche Regel, beinhaltete auch, das Weihnachtsmenü selbst zuzubereiten. Die beiden Werwölfe hatten außerdem darauf bestanden, ihre beiden menschlichen Gefährten zu bekochen und zu Lukes großem Erstaunen war das Essen tatsächlich annehmbar gewesen. Sogar Stiles hatte mit einer Kernschmelze in der Küche gerchnet. Es wäre auch alles gut gegangen, bis zu dem Punkt, an dem sie die Plätzchen probierten. Die beiden Helden hatten es irgendwie geschafft, irgendetwas nicht mehr Frisches in den Teig zu mischen. Wie das zwei Werwölfen passieren konnte, war ein Rätsel. Das rächte sich nun bei ihren menschlichen Gefährten und genau das trieb Luke zur Weißglut. Obwohl Stiles und er selten einer Meinung waren, teilten sie die Ansicht, dass es eine Frechheit war, dass Werwölfe nicht unter lebensmittelbedingter Übelkeit litten.
 

„Es tut mir leid“, nuschelte der Alpha und strich seinem Freund durch die Haare, der sich nicht mehr gegen die Berührung wehrte, was bei Luke ein Zeichen von großer Erschöpfung war.
 

„Das kannst du dir sonst wohin stecken, Schatz“, fauchte er, schloss die Augen und stöhnte dabei laut. „Nächstes Jahr kocht Jonathan und zwar genau das, was ich will.“
 

„Wird er“, bestätigte ihm Scott schuldbewusst.
 

„Und wir schenken uns irgendetwas Gekauftes“, setzte Luke fort.
 

„Einverstanden.“
 

„Und wir feiern alleine.“
 

„Aber…“
 

„Provozier mich nicht“, presste Luke leise drohend zwischen den Zähnen hervor. „Das ist schlimmer als damals, als Stiles´ Vater mit dieser Lasagne aufgetaucht ist und ich, dir zuliebe, ein Stück davon hinuntergewürgt habe.“
 

„Hey, die Lasagne war gar nicht so schlecht. Du hast seine vorherigen Versuche nicht mitbekommen. Dieses Mal waren wenigstens Nudeln dabei“, verteidigte Scott den Sheriff. „Außerdem hast du gesagt, sie hätte dir geschmeckt.“
 

„Das nennt man einen guten Lügner.“ Luke wischte sich mit einem bereitliegenden Handtuch über die Mundwinkel. „Außerdem wärst du beleidigt gewesen, hätte ich die Wahrheit gesagt.“
 

„Wäre ich nicht“, protestierte Scott.
 

„Doch, weil ich dich mittlerweile sehr gut kenne, Babe.“ Der Brite schüttelte sich und würgte erneut, doch sein Magen schien leer zu sein. „Du bist viel zu gut für diese Welt. Wenn sie nach gehäckseltem Haggis an lauwarmer Pfefferminzsoße geschmeckt hätte, wärst du auch nicht mit der Wahrheit herausgerückt.“
 

„Das stimmt doch gar nicht. Ich sehe eben nur das Gute in den Menschen“, rechtfertigte sich der Werwolf.
 

„Ich sehe eine Körperverletzungsklage auf Derek und dich zufliegen und da ich auf der Klägerseite stehe, werde ich dir den Verteidiger nicht finanzieren.“ Luke räusperte sich, um sich dann wackelig in die Höhe zu drücken. Sein Freund war gleich zur Stelle, um ihn zu stützen und entgegen dessen Erwartung, folgte keine weitere Schimpftirade. Gemeinsam gingen sie zum Waschbecken, wo Luke nach seiner Zahnbürste griff und bei der Mundhygiene sogar zuließ, dass ihm Scott die restliche Übelkeit nahm, genauso wie das Brennen in seinem Rachen und in der Magengegend.
 

„Tut mir leid, Babe. Derek und ich haben uns echt bemüht“, flüsterte ihm Scott zu und schlang dabei die Hände von hinten um seinen Bauch. „Ich mache es wieder gut, versprochen.“
 

„Wenn du nicht gerade Manchester United dieses Jahr zum Meister in der Premier League machst, sehe ich da schwarz“, knurrte der Brite, schmiegte sich aber automatisch in die Umarmung, die Zahnbürste noch immer im Mund.
 

„Du weißt ja noch gar nicht, was ich machen will.“
 

„Vielleicht will ich das ja auch gar nicht?“ Luke spuckte aus und atmete tief durch, während er sich im Spiegel betrachtete; er wirkte wie ein Zombie, dunkle Augenringe, aschfahl und die Zahnbürste in seiner Hand zitterte auffällig. Letztere stellte er zurück auf das kleine Regal über dem Waschbecken.
 

„Willst du. Mom hat gesagt, sie backt dir zum Weihnachtstag Pancakes, mit frischen Blaubeeren, etwas Zitrone und einer Prise Zimtzucker. Wir gehen nachher gemeinsam auf den Weihnachtsmarkt und ich sehe mir mit dir sogar den neuen Dragonballfilm an, ohne jedwedes wertende Kommentar“, versuchte der Alpha seinen Freund zu besänftigen.
 

Dieser drehte sich langsam in der Umarmung herum und sah ihm tief in die Augen. Ein Zucken der Mundwinkel verriet den Briten. „Du musst dich ziemlich schuldig wissen.“
 

„Ich habe mich sogar eingelesen, kenne jetzt deine Lieblingscharaktere.“
 

„Aha?“ Luke hob zweifelnd seine rechte Braue an.
 

„Der grüne Narzisst und der Fusionskrieger mit den blauen Haaren“, präsentierte ihm Scott stolz.
 

„Lassen wir es einmal so gelten“, gluckste der Brite und schmiegte sich noch ein wenig mehr an seinen Freund, der erleichtert ausatmete. „Manchmal erinnerst du mich ein wenig an Son Goku“, meinte er und schloss die Augen, seine Wange an Scotts Schulter bettend.
 

„Den ganz starken Superkrieger?“
 

„Genau den“, bestätigte ihm Luke. „Im richtigen Moment weißt du, was zu tun ist und bist so aufopfernd für deine Freunde, dass ich manchmal die Vermutung hege, du wärst so etwas wie ein Heiliger.“
 

„Höre ich da eine Spur Eifersucht heraus?“, wollte der Alpha wissen und rieb seine Wange an die des Briten.
 

„Für mich wäre dieser Lebensstil nichts. Ich bin für so etwas nicht gemacht.“
 

„Du lebst ihn aber bisher ganz gut. Mom hält dich für den perfekten Schwiegersohn, der Sheriff ist glücklich, weil sie nun bessere Ausrüstung auf der Wache haben, alles kostenlos von deinem Vater zur Verfügung gestellt wegen dir und das Lacrosseteam ist dir noch immer dankbar dafür, dass du uns einen neuen Bus spendiert hast.“ Scott drückte Luke einen Kuss auf die Wange, was diesem ein Lächeln abrang.
 

„Das liegt daran, weil ich deine Mutter liebe, Dad das Zeug sowieso herumliegen hat und ich mit dem Kapitän des Lacrosseteams gehe.“ Luke seufzte wohlig und genoss die angenehme Wärme seines Freundes, dessen Finger, welche ihm über den Rücken strichen und Scotts Geruch, den er mittlerweile vor dem Waschmittel mit Zitronenduft einreihte, mit dem Jonathan seine Sachen wusch.
 

„Du bist ein weitaus besserer Mensch als du zugibst“, meinte der Alpha und wiegte mit seinem Freund in den Armen hin und her. „Sonst hätte ich mich nicht in dich verliebt.“
 

„Ich dachte das läge daran, dass ich mehr Taschengeld im Monat zur Verfügung habe, als deine Eltern gemeinsam in einem Jahr erwirtschaften können und ich aussehe, wie direkt vom Olymp gestiegen“, stichelte Luke.
 

„Vielleicht ein wenig“, scherzte Scott. „Es liegt aber auch an deiner romantisch-liebevollen Art, deiner verletzlich-weichen Seite, wie du an deinem Hund hängst oder dich damals für mich in die Kugel geworfen hast.“
 

„Erinnere mich nicht daran“, murrte der Dunkelblonde leise und zuckte dabei mit der linken Schulter. Wenn schlechtes Wetter herrschte, und das war in Großbritannien oft der Fall, spürte er die Wunde noch immer. Damals war ihm keine andere Möglichkeit eingefallen, als sich in den Schuss zu werfen. Das war der Moment gewesen, in dem er sich seiner Liebe zu Scott endgültig bewusst wurde. Zum ersten Mal hatte er nicht egoistisch gehandelt und obwohl er dabei fast gestorben wäre, so hatte er es nicht eine einzige Sekunde lang bereut. Er würde es jederzeit wieder für Scott tun. Gleiches galt für Melissa. Sie war ihm mehr Mutter, als Kate es jemals hätte sein können. Dabei fiel ihm etwas ein.
 

„Ist es eigentlich okay, wenn deine Mutter und du gemeinsam ein Geschenk bekommt?“, fragte er leise und senkte den Blick ein wenig.
 

„Hm? Klar“, lächelte Scott und legte seinen Zeigefinger unter Lukes Kinn, um ihn, mit sanfter Gewalt, dazu zu bewegen, ihm in die Augen zu sehen. „Alles okay, es war dumm von mir, dass ich dich zu diesem Brauch gedrängt habe. Was hast du denn vorbereitet?“ Neugierde schwang in Scotts Stimme mit.
 

Luke zögerte, ehe er seinen Freund an der Hand nahm und ins Schlafzimmer zog, wobei er immer wieder ein wenig schwankte, was der Werwolf, so gut es ging, auszugleichen wusste. Der Brite setzte sich auf die Kante des großen Doppelbettes und beugte sich nach unten, um einen kleinen braunen Karton hervorzuziehen, den er Scott in die Hand drückte. „Hier mach auf und lach mich aus“, forderte er ihn auf.
 

„Würde ich nie, das weißt du“, entgegnete der Alpha und nahm den Deckel ab. Ihm präsentierte sich ein Bilderrahmen aus hellem Kirschholz, in den ein einzelnes Bild eingefasst war. Es zeigte seine Mutter, wie sie einen Arm um ihren Sohn, und einen um Luke gelegt hatte, während Hakim, der weiße Schäferhund, sich geduldig zu ihren Füßen hingelegt hatte. In den Rahmen waren zwei chinesische Schriftzeichen eingeritzt. Beide Jungs strahlten förmlich, wobei Luke herausstach, da im Licht der Sonne seine Zahnspange ein wenig aufblitzte. Melissa schien genauso glücklich zu sein, während der Schäferhund sich an die Beine der beiden Teenager schmiegte.
 

„Jiātíng bedeutet ‚Familie‘“, erklärte Luke leise. „Ihr seid meine Familie, du, deine Mutter, Hakim und wahrscheinlich auch Jonathan.“
 

„Das ist…“, begann Scott und unterdrückte ein leises Seufzen. Sein Freund hatte die Schriftzeichen selbst eingeritzt, das war ihm bewusst, denn es wirkte nicht so filigran, wie bei einer maschinellen Arbeit. Er konnte sich sogar noch an die Szene erinnern, als sie zu viert im Park gewesen waren. Stiles hatte das Foto geschossen.
 

„Es ist wunderschön“, hauchte der Alpha ihm zu und küsste ihn sanft auf die Stirn.
 

„Gut, denn ich hätte dich sonst wahrscheinlich erwürgt“, lautete die grinsende Antwort, er nahm Scott das Bild aus der Hand, legte es sorgsam in die Schachtel zurück und verstaute sie unter dem dem Bett. „Und jetzt machst du deinen Fehler wieder gut, ja?“
 

„Und wie?“, erkundigte sich der Werwolf vorsichtig.
 

„Das merkst du dann schon“, kicherte Luke, zog seinen Freund auf sich und küsste ihn. Der Ärger war verflogen und wenn der Brite ehrlich sein sollte, so freute er sich auch auf sein Weihnachtsgeschenk, mehr als auf irgendein gekauftes Objekt. Dieses eine Weihnachtsfest würde besonders werden und auch immer bleiben, nicht nur wegen eines verdorbenen Plätzchens.



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