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Unmei no Akai Ito

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Das dämonische Turnier – Unmei no Akai Ito

Der Kampf begann mit einem Paukenschlag. Trotz versiegelter Kräfte stemmten sich selbst ihre feinen Härchen binnen Bruchteilen von Sekunden gegen ihre zarte Haut. Ein Kribbeln durchfuhr sie – warnend. Wie stark ihre Energie auch gebannt war, unterschwellig, gedämpft wurde sie doch von der machtvollen Präsenz der beiden Yôkii tangiert. Und nicht nur ihr erging es so. Ein Raunen ging um die flankierende Veranda des traditionellen Baus. Sie selbst stand mit dem Gastgeber separat am westlichen Seitenflügel, Ai dabei zu ihrer anderen Seite, das Dach ragte schützend über ihre Köpfe. Sie genossen den besten Blick auf die Kampfgeschehen.
 

Die beiden hatten offensichtlich nicht vor, am Boden zu bleiben. Kaum die Yôkii entflammt und die Schwerter gezückt, waren sie bereits in der Luft und schleuderten die ersten magischen Attacken einander erbarmungslos entgegen. Eine jede von solch unbändiger Härte, dass den Erdboden alsbald tiefe Furchen durchzogen. Nicht das erste Mal an diesem Abend regten sich Zweifel am Austragungsort dieses Turniers in der Göttin. Sie war dankbar um ihre derzeit lose Bindung an die Natur, welche ihr die Versiegelung ihres göttlichen Reiki gewährte.

Hatte sein Vater ihn nicht stets gemahnt, der weise Krieger offenbarte nie sein wahres Können. Wenn das hier also zur Demonstration gezügelt war, welche Macht verbarg er dann tatsächlich? Der Gedanke war ihr bis dato noch nie gekommen, mochte er auch noch so viele Nächte bereits bei ihr gelegen haben. Und ein weiterer schlich sich darüber in ihr Bewusstsein. Wo war ihr göttliches Reiki dabei verblieben, um seine dämonische Energie abzuwehren?
 

Damit wurde sie auch bereits wieder ihren Gedanken entrissen. Sie erschrak heftig ob einer der Attacken des Drachendämons gegen Sesshômaru; ein Glück, ohne darüber sichtlich zusammenzufahren. Einzig Ihr angehaltener Atem hatte die Regung bezeugt. Er war nur um Haaresbreite verfehlt worden. Die Züge des Drachen zeigten keinerlei Ausdruck und wirkten mehr denn je wie die leblose Maske denn das Gesicht eines lebenden Wesens. Kurz hatten die Kontrahenten innegehalten, sich gesammelt, ehe sie ihr zuvor rasches Tempo wieder aufnahmen, zu rasch, um von den für den Moment menschengleichen Augen der Megami einzeln verfolgt werden zu können. Sie war auch dafür dankbar, erschien ihr doch die gewaltige Menge an freigesetztem Yôki ausreichend genug, um den akrobatischen Sprüngen und Flügen der beiden Kontrahenten beim besten Willen nicht genau folgen zu wollen. Noch hielten sie sich an das Gebot, in ihren menschlichen Erscheinungen zu verbleiben. Es erinnerte an einen Tanz, ein Spiel, in brachialem Tempo, nur selten stoben sie auseinander. Stets der Moment, in welchem sie einen Blick auf seine feinen Züge erhaschen konnte. Gold war umringt von tiefem Rot, die Streifen längst ausgefranst, sie erkannte sein offenes Lächeln wieder: Pures Vergnügen am Spiel. Seine Art war hierfür geschaffen worden; sie verbesserte, er war hierfür geboren worden.
 

Anders als von ihr erwartet, regte sich bei dieser Erkenntnis kein Missfallen in ihr. Ganz im Gegenteil fühlte sie sich doch mit einem Blick in die gebannten Mienen so mancher Beobachter geschmeichelt, längst zu einer weiteren Leidenschaft des Dämonenprinzen geworden zu sein. Ihr entglitt ein Schmunzeln über diese Entdeckung. War sie von Sinnen?
 

Undeutbar für das dämonische Augenpaar, welches sie seit geraumer Zeit in seinen Fokus genommen hatte. Sie schien äußerlich ungerührt und doch verriet sie ihr ein ums andere Mal angehaltener Atem, erschienen die Attacken des Drachendämons kurz erfolgsversprechend. Tatsächlich wirkte der verhaltene Kampf für das geübte Auge durchaus ausgewogen. Dennoch regte sich die Neugier in dem Braunhaarigen.
 

Es war ein Tick zu viel, gefolgt von einer Abwehrbewegung, die nur von Dämonenaugen aufgeschnappt werden konnte. Für die Menschengöttin geschah alles viel zu schnell. Sie sah die Attacke nicht, nahm sie nur kurz wahr, bevor der Windzug an ihrem linken Ärmel riss.

Automatisch stockte ihr der Atem.
 

Seinen türkisenen Augen war ihre Regungslosigkeit dagegen nicht entgangen. Bemerkte sie die Attacke etwa nicht? In einem – zugegeben - naiven Versuch sie zu erreichen, langte er beinahe in den bereits wieder abklingenden Bannkreis des Gastherrn, der Weiteres verhindert hatte. Wie auf die Sekunde genau abgepasst kreuzten ihre Wege sich nicht, als sich seine Klaue kurz nach dessen Abflammen nach ihrem Arm streckte.
 

Für Ishizu kam der Bannkreis wenig überraschend, war sie doch nahe genug neben ihm und kannte die Vorsicht ihres dämonischen Mentors. Nichts überließ er dem Zufall, ging es darum, das Versprechen ihrer Unversehrtheit an ihren Vater und Bruder zu wahren. Zu gravierend wären die Konsequenzen gewesen. Umso mehr erschrak sie, als sich in ihren Blickfeldrand die fremde Klaue schob. Es geschah zu schnell, um ihren Arm dieser zu entziehen, da regte sich in ihr bereits ihre angeborene göttliche Energie. Wie wallendes Magma sich dem Erdboden explosionsartig entgegenwarf, entwich sie ihr und fegte in einer ausufernden bläulichen Welle über den Platz, sodass selbst der mächtige Taishô redlich Mühe hatte, sein Yôki unter Kontrolle zu halten.
 

Was sich wie Wellen der Heilung über den Erdboden ergoss und die Spuren der dämonischen Kampfhandlungen sofort hinwegfegte, als seien diese niemals gewesen, senkte sich gleichzeitig wie ein flammendes Inferno aus spitzen Pfeilen über die versammelten Fürsten unter den Dämonen herab. Selbst den Schlossherrn erreichten die Wellen der Läuterung, hatte er ihren Effekt auch bereits lange nicht mehr fürchten müssen. Verblüfft wanderte sein tiefroter Blick neben sich.
 

Der Wolf hatte derweil in seine dämonische Gestalt gefunden, wie so viele mit ihm. Ein angeborener Schutzreflex griff die gegensätzliche Macht gefährlich nahe nach ihrer Lebensenergie. Zur Überraschung sah er auch seinen Sohn sich in seinen Nebel hüllen, um sogleich in seiner wahren Gestalt zwischen Wolf und Göttin, welche immer noch auf der Veranda stocksteif verharrte, Stellung zu beziehen. Sein giftiger Speichel verätzte bereits die ersten Holzstufen, als sich seiner Kehle ein angriffslustiges Grollen entrang. Ob sein Sohn die Verteidigung der Göttin und damit ihrer Ehre nicht zu ernst nahm?
 

Huch, war er riesig. Wäre Ishizu nicht erschrocken, ob der viel zu heftigen Schutzreaktion ihrer Lebensenergie, hätte sie ihn sich wesentlich eingehender besehen. Er überragte die traditionellen Bauten bei Weitem. Instinktiv wallte die Furcht in ihr auf. Sie schöpfte Atem, bemüht sie hinwegzuatmen und zwang sich stattdessen, den Taishô anzusehen. Beinahe flehentlich erreichte ihn ihr entschuldigender Blick.
 

Sie hatte keinen politischen Ausnahmezustand verursachen wollen, das war ihm von vornherein klar. Weit weniger sicher war er sich da allerdings bei der Motivation des Drachenjungen. Dafür war später noch Zeit, schickte er sich auch schon an, für Ordnung zu sorgen und hob gebieterisch die Hand alle blutgetränkten Dämonenaugen damit auf sich beordernd.
 

„Eine kleine Demonstration unseres ungleichen Gastes - wohl ein Automatismus. Wie es scheint, obliegt es keinem Dämon, eine Göttin zu berühren.“

Warum die Gunst der Stunde ungenützt verstreichen lassen... Er kannte ja die Ausnahmen.

Mit einer weiteren Einladung ins Innere läutete der Dämonenherrscher – ganz der gute Gastgeber – rasch ein versöhnlicheres Beisammensein zurück in der Halle ein. Das Fest sollte also weitergehen.
 

„Sesshômaru-sama, Ihr seid disqualifiziert – Ryuken-sama, Ihr seid der Gewinner“, urteilte da Takesumi als eine Art Schiedsrichter, sobald Sesshômaru und Kaito sich in ihren Energienebeln zurückverwandelt hatten.

Aus dem Zucken seines Jochbogens, als sich seine Kiefer schmerzhaft zusammendrückten, erahnte sie, wie wenig er dem Dämon, der seinem Vater wohl in Form eines Adjutanten oder Sekretärs dienlich war, zustimmte. Auf den Blick zwischen Vater und Sohn hin, ließ er es dann darauf bewenden. Ishizu beschloss, den Moment für eine Entschuldigung ihrerseits zu nutzen, zumal sich die Blicke der Umstehenden stark veränderten, mit denen sie sie nun maßen. Ein Nicken und sie konnte versichert sein, ihr Gastgeber war einverstanden.
 

Es war angenehm still geworden, die Bewohner der Nacht hatten längst die Oberhand über die Geräusche der Feierlichkeiten gewonnen, welche der Wind herantrug. Sie liebte diesen Bereich des Schlossgartens, war er doch zu ihrem heimlichen Mitverschwörer avanciert, ein jedes Mal, wenn sie gedankenverloren in ihm spazierte.

„Komm mit“, ereilte sie dann unerwartet.

Seine Wärme hatte sie in ihrem Rücken noch nicht erreichen können, der Wind seine raubtierhaften Bewegungen - wie stets - nicht weitergetragen; zum Umkleiden hatte sie keine Zeit gefunden, also fühlte sie sich nach wie vor beengt, als er ihre zarten Hände in seine nahm und mit einem charakteristischen Glühen mit sich riss.
 

„Du hättest mich vorbereiten können“, sie hatte nicht einmal die Zeit zum Atmen gefunden, ehe er sie mit sich teleportiert hatte.

Eine Unart, welche selbst die Ungehobelsten unter den Ihren nicht wagten. Nach einem kurzen Blick vor sich, fand sie sich auf einem Plateau wieder, von zerklüfteten Berghängen umgeben, weit über den Dächern der Welt. Ihre Gipfel reckten sich entblößt gen Himmel. Sie schöpfte leise nach Atem.

Nicht nach unten sehen.

Angeregt durch ihre Bemühungen, sich zu beruhigen, entglitt ihm ein Schmunzeln in ihrem Rücken. Er wartete, ließ ihr die Zeit und vernahm nach kurzem ihren zur Gleichmäßigkeit zurückgefundenen Atem.

Faszinierend.
 

Er hatte sie überrascht, aber bei genauerer Betrachtung hatte sich ihnen mit dem heutigen Abend eine einmalige Möglichkeit geboten, die er dankbarerweise erkannt hatte. Das Schloss war mit den Feierlichkeiten vollauf beschäftigt, niemand kümmerte sich wohl darum, ob beide Energiesignaturen fehlten, zumal Ishizu sich sicher war, dass Ai für den leisen Verbleib ihrer Energie sorgte. Ihr entkam ein Lächeln. Es gefiel ihr.

Sorgsam schmiegte sie sich gegen ihn, seine Wärme im Rücken, einzig der Obi störte ihre Nähe.

„Nimm ihn ab“, seufzte sie da schon leidlich.
 

Das Zucken, welches seine Mundwinkel dabei gefährlich ins Wanken brachte, entging ihr, als er seine Klaue zückte.

„Er war ein Geschenk“, gemahnte ihn zur Umsicht.

Er knurrte leise. Wie sollte er das Ding denn abnehmen? Da hatte sie sich auch schon zu ihm umgewandt. Er hatte die Zeit gefunden, sich des Brustharnisches zu entledigen. Sie war begeistert, störte dieser sie doch ein ums andere Mal zugegebenermaßen. Als sie auf seine gezückte Braue traf, hätte sie diese am liebsten lächelnd nachgezogen, stattdessen griff sie hinter sich und suchte nach dem Knoten. Er beobachtete sie dabei, die Belustigung nur zu deutlich in seinem flackernden Gold hervortretend. Sie schürzte die Lippen.
 

„Und, wo bin ich?“, ereilte es ihn dann, ehe sich ihr der weiße Nebel, welcher sich in dicken Schwaden hinter seinem Rücken gegen das dunkle Firmament abhob, erschloss.

Ihr Blick fand wissend den Seinen. Die heißen Bergquellen, welche so manches Tier die harten Winter in Japan überstehen ließen. Er nahm zur Kenntnis, dass auch das ihr gefiel.

„Sesshômaru-sama, welch erstaunliche Entdeckung, Ihr vermögt es, zuzuhören“, erinnerte dann jedoch mehr an Tadel denn Dankbarkeit.
 

Sie wich wohlwissentlich von ihm zurück, noch ehe er nach ihr langen konnte und befreite sich darunter von ihrem Obi, einen erleichterten Seufzer dabei ausstoßend, der ihm doch glatt abermals ein Schmunzeln entlockte. Hatte die alte Yoko den Obi etwa zu fest gebunden?

Wie auf der Lauer verfolgte sein Raubtiergold dabei die Lagen an blutrotem Stoff, welche sich aus der festen Schnürung lösten und immer mehr der makellosen Haut dem Mondlicht preisgaben. Den Obi ließ sie noch unter seiner genauen Musterung aufreizend langsam aus ihrer Hand zu Boden gleiten.

Es war eine geraume Zeit her, dass sie ihm von ihrer Sehnsucht nach den heißen Quellen der himmlichen Gefilde erzählt hatte. Ihre Glieder sehnten sich nach Entspannung. Er hatte zwar nicht recht verstanden, warum es ein einfaches Bad nicht auch tat, aber mit natürlichen Quellen konnte sein Heimatland auch dienen.

„Ihr anscheinend nicht, Megami“, war nicht nur Retorte, an seinem Ton erkannte sie, dass er glaubte, recht behalten zu haben.

Sie hielt inne, ehe sie mit schwingenden Hüften auf ihn zukam. Seine Braue wanderte daraufhin unter seinen Pony. Was kam denn jetzt? Fest bohrte sich ihr Finger da in seine Brust – einen elektrisierenden Impuls damit anstoßend, den sie in seinen Spitzaugen genussvoll verfolgte.

„Er gedachte...“, setzte sie gerade an, da fand sie sich bereits wieder auf seine Arme geladen.

Das helle Lachen entwich ihr für den Augenblick, ehe er sie da Richtung einer der Quellen trug.

„Was hast du vor?“

„Zieh dich aus“, schoss wohlig kribbelnd durch ihren Körper.

„Du meinst, bevor ich noch das Geschenk deines Herrn Vaters benetze?“, konnte sie sich dann nicht verkneifen, als er sie neben dem natürlichen Reservoir absetzte.

„Nicht jetzt, Megami.“

Sie wusste, dass der hochverehrte Herr Vater nun so gar nicht seine Gedanken beherrschen sollte. Es musste ihm wie Verrat an ihm erscheinen, ähnlich wie ihr. Sein Kuss erstickte weitere Gedanken in ihr, während sie sich aus den Lagen an Stoff befreiten.
 

Es war das dritte Mal an diesem Tag, dass er sie sich auf die Arme lud, bemerkte sie noch bei sich. Dann bettete er sie auch schon im angenehm warmen Nass. Ihr wohliger Seuzfer vibrierte durch seinen Körper als ihre Lippen sich fanden.

Ihre Beine um seine Hüfte schlingend fanden ihre Hände wenig später zu ihrer Hochsteckfrisur, um eine ihrer Haarnadeln daraus zu lösen. Wallend ergoss sich ihr Pechschwarz da über ihre Schultern. Mit einem neckischen Biss in seine Oberlippe ihn vertröstend wanderten ihre Lippen über seine Wange, seinen Hals hinab bis zu seiner Brust dabei zarte Küsse auf seine Haut tupfend. Umso rabiater durchbrach die Nadelspitze daraufhin seine Haut. Sein Knurren entrang sich aus den Tiefen seiner Kehle. Als er ihre warme Zunge daraufhin sein Blut, das wenige, was sie wohl tatsächlich hervorgelockt hatte, aufsaugen spürte, sah er sich zu einer Erwiderung genötigt.
 

„Du weißt nicht, was du da tust“, war eine Feststellung.

Allein, dass diese erfolgt war, weckte ihre Neugierde und so begann sie lediglich die Nadelspitze über seine Brust zu führen und seine Züge dabei eingehender zu betrachten.

Es gefiel ihr zu verfolgen, wie der rote Ring um seine katzenartig spitzen Pupillen anwuchs. Seine Atmung ging merklich.

Er pinnte sie kurzerhand mit seinem Körper gegen den gegenüberliegenden Felsen, die Oberhand zurückerobernd.

Diesmal ließ sie ihn gewähren, was er mit einem kurzen Zücken der Augenbraue guotierte.

„Was tue ich, Sesshômaru?“, kam spielerisch.

Unbestreitbar, dass sie nicht im Ansatz verstand, wie gefährlich nahe sie über den Rand der Klippe tänzelte.

„Erinnere dich an die Bedeutung von Blut für meine Art“, kam einer ihrer nachmittäglichen Geschichtsstunden gefährlich nahe, wäre sein Ton gleichgültiger gewesen.

Er ergriff noch darunter ihre Hand und führte sie gen Rand. Sein Blick eine einzige Forderung. Sie entließ die Haarnadel aufseufzend.

Er erstickte es in einem Kuss, wild, ungebändigter als er sich gebärdete.

Mit den Händen seine Wangen erfassend erfühlte sie die leichten Furchungen der dämonischen Zeichnungen an seinen Wangenknochen. Wie zur Bestätigung bog sich ihr Körper ihm entgegen, als seine Zähne andeutungsvoll die Haut an ihrem Nacken durchbrachen.

Schwer atmend begegnete sein tiefes Raubtierrot da ihrem Meeresblau. Sie glaubte zu verstehen. War das sein Begehr? Ihre Augen wanderten seine raubtierhaften Züge ab; sie dachte nach, ließ den Tag Revue passieren. Für Dämonen galt Blut als machtvoll; Macht war, was sie zu erlangen suchten, es war verführerisch; das, wonach sie stets strebten. Konnte Blut auch Macht über andere bedeuten? Sie sah, dass er jede Regung ihrer in den Hintergrund gerückten Pupillen genau verfolgte, hörte, wie er seine Atmung regulierte, spürte, bei genauerem Hinfühlen, das leise Kitzeln seiner dämonischen Energie auf ihrer Haut. Es verwunderte sie.

„Was passiert, wenn du mein Blut kostest?“, zauberte ihm doch tatsächlich das so seltene Lächeln auf die Züge.
 

Sie hatte verstanden. Er genoss den weiteren Moment, den sie ihm gewährte, als ihre Finger durch seinen Pony streichelten; brauchte er diesen doch, um den stärker aufwallenden Drang ein erneutes Mal in den Hintergrund zu drängen. Er war gefährlich nahe gewesen. Es war Zeit, sie aufzuklären.
 

„Nach deiner heutigen Vorstellung, wer weiß; in unserer Welt obsiegt das stärkere Yôki über das schwächere."

Es ging also darum, sich die Schwächere einzuverleiben, schloss sie daraus. War das ihre Art, sich aneinander zu binden?

„Also ist es ein Kampf um die Oberhand, mit welchem Resultat?“

„Der Stärkere wählt die Konsequenz.“

Dass sie damit weniger übereinstimmte, zeigte ihr skeptisch gekräuseltes Näschen. Das klang für sie nach einem wenig freiwilligen Akt.

„Was wäre also die Konsequenz, sollte ich unterliegen?“

„Du gehörtest mir“, kam erstaunlich fest.

Sie blickte ihn wohl offen überrascht an, da er sich dazu veranlasst sah, auszuführen: „Du wärst an mich gebunden, mein Yôki würde dich fortan schützen.“

„Also geht es um Besitz“, fand sie dann ihre Sprache wieder.

Schutz war eine nette Umschreibung dafür.

„Sollte mein Yôki obsiegen können.“

Es war ihm hoch anzurechnen, dass er ihr, dank des kleinen Ausbruchs ihrer göttlichen Reiki heute Abend zumindest eine Chance einräumte.

„Ist das eure Art, euch zu verbinden?“, verdiente keiner Antwort.

Allmählich dämmerte ihr, warum ihre Energie keine Berührung des Dämons zugelassen hatte. Doch warum dann die des Inuyôkaiprinzen? Gut, sie war den Abend über aufgeregt gewesen, hatte sich unwohl gefühlt, dennoch...

„Und du dachtest, Kaito könnte Macht über mich erlangen wollen“, kam ihr ein weiterer Gedanke.

Wieder diente sein Schweigen zur Antwort.

„Wertvoll“, wiederholte sie und nickte.

Oder fürchtete er gar, der andere könnte ihm zuvorkommen?

„Deine Vorstellung genügt, um Derartiges wohl von nun an zu verhindern.“

Kein Dämon würde auch nur mehr den Versuch wagen, war allein die Andeutung ihrer Macht doch stark genug gewesen, um eine Läuterung auch der Mächtigsten unter ihnen anzudrohen. Selbst seinen Vater hatte sie trotz dessen Yôki erreicht.

„Ich hatte es auch nicht erwartet“, überraschte ihn dann doch sehr und zwang seine Brauen unter den Pony.

Hatte er etwa angenommen, sie steuerte ihre Energie?

„Ich bin geboren, wie ihr, ich habe nur bedingt Kontrolle über meine Lebensenergie und im jetzigen Zustand schon gar nicht.“

Nun, so wenig ihm das auch ungelegen gekommen war, weshalb ihre Reaktion derart heftig erfolgt war, erschloss sich ihm nicht recht. Er hatte wahrgenommen, wie rasant ihre Energie angeschwollen war, hatte mitverfolgt, wie diese wie ein Feuer der Aufregung über die Fürsten seiner Art niedergegangen war und sich zeitgleich wie Balsam über die Natur gelegt hatte. Ihn dagegen hatte lediglich ein warmer Windzug erreicht, wie eine Welle war dieser einfach über ihn hinwegschwappt. War es ihre Reaktion auf die konträre Machtfülle der Fremden, welche sie bedroht und den ganzen Abend umgeben hatte? Ihre Vertrautheit die ihn schützte? Er konnte nur inständig hoffen, dass sein Vater von Ersterem ausging. Wenn nicht, würde er es sicherlich bald erfahren.
 

Sie erahnte seine Überlegungen, waren ihre doch die Gleichen. Dennoch, sie wusste, welches Risiko sie eingingen, sollten sie die Einzige, die eine Antwort vielleicht in Aussicht stellen könnte, auch nur mit einer hypothetischen Frage involvieren.

Als sein Raubtiergold auf ihr lag, konnte sie seine dahinterliegende Frage beinahe in ihrem Kopf vernehmen. Was passierte, wenn sein Yôki ihre Energie zum „Ringen um die Macht“ einlud.

„Du solltest das nicht versuchen“, entkam ihr flüsternd.

„Hältst du mich für so schwach, Megami?“

Natürlich, sein Stolz. Ihr entglitt ein Lächeln darüber - unpassenderweise. Wieder zog sie liebevoll seine längst geglätteten Dämonenstreifen nach, als sein Raubtiergold ihr Meeresblau einfing. Wie könnte sie nach dem heutigen Abend.

Dennoch, sie erkannte die machtvolle Natur dahinter. Er wollte sie besitzen. Es war seine Natur. Eigentlich müsste es ihr schmeicheln. Zart führte sie ihre Nase dabei an seiner entlang, ehe sie einen hauchzarten Kuss auf seine Lippen tupfte, um dann ihre Stirn gegen seine zu lehnen und seinen Blick zu suchen.

„Ich bin nichts, was 'besessen' werden kann, Yôkai.“

„Muss ich mich wiederholen, Ishizu“, grollte es ihr da auch schon angriffslustig entgegen.

Sie lachte leise auf, schlang die Arme um seinen Hals und fand sich in seinem begehrlichen Kuss wieder. Niemals würde sie ihn für schwach halten, ganz im Gegenteil.

Sie ergab sich alsbald seiner Gier und hieß so die Chance, dem Hier und Jetzt für den Augenblick zu entgleiten nur zu gerne Willkommen...
 

Die Dämmerung war noch nicht angebrochen, da durchbrach bereits der Ruf des ersten Vogels die Stille der Nacht. Sie hatten also nicht mehr allzu viel Zeit. Die Göttin begann sich leicht an seiner Seite zu regen, das Glühen des Gottessteins, welcher ihre Stirn rautenförmig zierte, ebbte immer mehr ab bis er schließlich zu seinem tiefen Blau zurückgekehrt war. Sie befand sich weich gebettet in seiner Fellboa, als sie die Schwere der Nacht allmählich aus ihren bleiernen Armen entließ. Nach und nach wich sie von ihr und das Gefühl von Kaschmir auf ihrer Haut drang immer weiter in ihr Bewusstsein vor. Sobald sie die Augen aufschlug, sah sie ihn neben sich am Baum lehnen. Sein Raubtiergold ruhte ruhig auf ihr. Sie wusste, er hatte sie beobachtet. Ihr entglitt ein hauchzartes Schmunzeln darüber. Es gefiel ihr mit jedem Morgen, der hereinbrach mehr.
 

„Wie wählen Götter?“, überraschte er sie dann.

Es musste ihn mehr beschäftigen, als er erkennen ließ, zeigte er doch sonst nicht offen Interesse an ihrer Welt.
 

„Wir wählen nicht, wir werden füreinander geschaffen“, entkam es ihr automatisch.

Noch darunter setzte sie sich auf, kam so auf Augenhöhe mit ihm; sein Raubtiergold dabei fest auf ihrem Götterblau.
 

„Macht bedeutet auch Verantwortung, Sesshômaru; Götter teilen sich diese."

Die Belehrung kam ihm unangenehm vertraut vor. Allmählich dämmerte ihm, warum sein Herr Vater und der Gott der Götter diese einzigartige Übereinkunft im Pakt hatten finden können.

Sie sah, dass es ihm missfiel und identifizierte wenig später auch seine Frage dahinter.

Unter seiner genauen Musterung kam sie auf seinen Schoß und begann seine Dämonenstreifen, wie so oft, gefühlvoll nachzuziehen. Einiges war ihnen gemein, die spitzen Ohren, die Magie, entsprang sie doch den mächtigen Schöpfern dieser Welt, doch so vieles trennte sie.

Er gewährte ihr den Moment, beobachtete in ihren Augen, wie sie in ihren Gefühlen schwankte.
 

„Nicht, Sesshômaru“, versuchte sie es dann zaghaft und tupfte ihm einen zärtlichen Kuss auf die Lippen.

Er war bereits drauf und dran, beinahe wäre es ihm entkommen, fast hätte er seine anerzogene und jahrhundertelang antrainierte Fassung preisgegeben, dann druchzuckte ihn die Erinnerung: Ihre Ankunft, seine Reaktion, ihr Blick.
 

„Tataka."

Ihr Blick war Bestätigung genug. Doch anders, als von ihr befürchtet, stiftete seine verzögerte Reaktion absolute Verwirrung bei ihr.

Es war kein Lachen, aber es kam nahe an ein kurzes Auflachen heran, fest ausgestoßene Luft, ein kehliger Laut, der sich in den Tiefen seines Rachens wohl formiert hatte und nun plosiv ausgestoßen worden war. Sie hatte das nie zuvor von ihm vernommen. Als sie ihn ansah, erkannte sie, dass hinter dem oberflächlichen Amüsement Bitterkeit lag. Verständnislos erreichte da ihr Meeresblau sein goldenes Spitzaugenpaar.
 

„Der Kriegsgott.“

Er war ein Dämon.
 

„Ihr teilt weniger, als du glaubst“, entgegnete sie schnippisch.

Schon suchte sie nach einem Weg, sich aus der Umklammerung zu lösen. Er spürte die leichte Bewegung ihres Beckens, das gegen seines drückte, noch ehe ihre Hände auf seiner Brust lagen.

Einen Moment ließ er es zu, was glaubte sie nun für ein Recht zu besitzen?

Dann zog er sie enger an sich.

Diesmal kam er in den Genuss ihres argwöhnisch verengten Augenpaares. Er genoss es scheinbar und hatte nicht vor, sie zu entlassen, erkannte sie ärgerlich.

Wenn sie einmal alles erben sollte, warum dann den Kriegsgott an ihre Seite stellen?

Es mochte erklären, warum der Kampf sie nicht abschreckte, obwohl er ihr Erzittern vor seiner wahren Gestalt wahrgenommen hatte. Hatte sie ihn sich anders vorgestellt? Sie zeigte jedenfalls keine Abneigung gegen Übungskämpfe, Neugierde traf es eher, seinem Befinden nach. Doch für den Krieg war sie nicht geschaffen. Was also bezweckten die göttlichen Geschwister damit, den Gott des Krieges an ihre Seite zu stellen? Dass sie keinen Beschützer brauchte, davon hatte ihre Vorführung ihn gestern überzeugt, zumal dies nur die versiegelte Version ihrer Macht war. Er war sich sicher, dass selbst sein verehrter Herr Vater nicht wagte, deren tatsächliches Ausmaß auch nur grob einschätzen zu wollen.
 

„Wer in den Krieg zieht, braucht die Hoffnung auf den Sieg“, gab sie dann nach.

Das erklärte, warum Tataka sie, die Göttin der Hoffnung, „benötigte“.

Seine ungestellte Frage beantwortete sie mit deutlicher Verzögerung und erheblich leiser, jedoch noch gut hörbar für das ausgezeichnete Spitzohrenpaar des Dämons: „Ich bin keine Heerführerin.“
 

Also war der kriegerische Bruder die Rückendeckung. Die Unsicherheit in ihrem Blick als sie ihn maß, entging ihm nicht.

Er senkte seine Lippen auf ihre Stirn, sich wohl gewahr, dass er ihr damit auswich. Einen Moment sog er dabei den Duft nach Kirschblüten in sich auf, welcher ihr so zu Eigen war und sich bereits in ihm fest mit ihr verankert hatte.

Wie sollte ihm das nicht unwohl aufstoßen. Er war kein Gott.
 

„Es gibt Orte, die sich selbst meinem Vater verschließen", ließ dann sogar seine Mundwinkel ins Wanken geraten.

Sie erahnte das leise Zucken mehr denn dass sie dessen Zeugin wurde.

Er wusste, von welchem magischen Ort sie da sprach. Ein Ort, tief verborgen in der Unterwelt. Selbst Seinesgleichen mied den Tartaros. Er hegte ernste Zweifel, dass die Megami sich dort zurecht finden könnte. Also gewann jener letztlich doch die Oberhand über seine feinen Züge und zwang seine Augenbraue unter seinen Pony.

Er ergab sich der Sanftheit ihrer Hand, als sie ihm diese andächtig nachzuziehen begann. An ihrem lebendig flackernden Meeresblau erahnte er ihren Widerstand, noch lange bevor sie ansetzte: „Mein Onkel findet sich auch zurecht; er könnte helfen."
 

„Nicht einmal Meinesgleichen wagt, den Tartaros ohne Grund zu betreten, Ishizu“, erfolgte es pragmatisch, wenn auch für seine Verhältnisse durchaus ungrausam.

Diesmal war es seine Klaue, die ihr eine ihrer Haarsträhnen aus dem Gesicht strich. Sie schmiegte sich ihr sehnsuchtsvoll entgegen. Er kostete jeden Moment davon aus, sog jede der noch so winzigen Regungen in ihren so makellosen Zügen in sich auf, drohte doch die Ahnung längst wieder Besitz von ihm zu ergreifen, dies könnten alsbald nur mehr kostbare Erinnerungen sein. Er wurde Zeuge, wie der Widerstand in ihr brach.
 

Dann lass mich nicht gehen.

Er las in ihrem bewegten Meeresblau, was es nicht über ihre Lippen geschafft hatte.

Und er akzeptierte, dass er längst für sich entschieden hatte, genau das zu tun, lange bevor ihre Bitte ihn auch nur erreicht hatte.

Er war von Sinnen...



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