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Roter Regen

von

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Kapitel 3: Wolkendecke


 

Nach einem angenehmen Bad und einer etwas rastlosen Nacht waren Jill und Chris am nächsten Morgen schon kurz nach 7 wach und auf dem Weg zum Speisesaal. Lustlos und in Gedanken versunken lief er neben ihr her. Sie betrachtete ihn besorgt. Er hatte sich im Schlaf mehrmals umhergewälzt, leise vor sich hingemurmelt und wirkte heute erschöpfter als noch am letzten Abend. Aber natürlich redete er nicht mit ihr darüber.

»Sieh mich nicht so an«, meinte er plötzlich. »Es geht mir gut.«

Am liebsten hätte sie ihm widersprochen, aber sie wusste, dass er sich dann noch mehr sperren würde. Also stimmte sie ihm mit einem Nicken zu und sagte nichts mehr.

Der große Speisesaal hatte eine Glasfront als Wand, die einen wunderbaren Blick auf den See ermöglichte. Wenn die Sonne darauf schien, war es bestimmt noch besser – an diesem Tag verhüllten allerdings Wolken den Himmel und ließen den Wasserspiegel schwarz erscheinen. Direkt neben der Tür war ein Frühstücksbuffet aufgebaut, mit allerlei Obst, Rührei, Speck, Kaffee, Milch und Orangensaft. Eine gebückte alte Frau hantierte allein daran, stellte noch Tassen bereit und betrachtete diese mit zusammengekniffenen Augen.

Jill grüßte sie freundlich, worauf die Frau sich ihnen zuwandte. Sie lächelte, wie nur freundliche alte Damen lächeln konnten. »Oh, guten Morgen. Sie müssen die Gäste sein, von denen Charles mir erzählt hat. Die Redfields, nicht wahr?«

»Richtig. Wir sind gestern angekommen.«

»Ich bin Polly Oxford, mir gehört dieses Hotel. Tut mir leid, dass ich Sie nicht empfangen habe, in meinem Alter bin ich nicht mehr die Schnellste.« Sie schüttelte bedauernd mit dem Kopf.

»Das ist schon okay«, versicherte Jill ihr lächelnd. »Mr. Coleridge hat sich um uns gekümmert.«

»Oh nein«, hauchte Polly entsetzt. »Er hat sie bekümmert

Offenbar war es nicht nur ihre Schnelligkeit, die unter dem Alter litt. Aber Jill verbesserte das sofort: »Nein, nein. Er hat sich gekümmert. Alles bestens.«

Das stimmte Polly wieder fröhlich. »Charles ist mir eine große Hilfe im Haus. Aber genug davon. Bitte bedienen Sie sich am Buffet. Lassen Sie es sich schmecken.«

Nach diesen Worten tippelte sie davon. Chris schenkte sich etwas von dem frisch aufgebrühten Kaffee ein und probierte direkt. Sein Gesicht hellte sich ein wenig auf, also war er wohl gut. Während Jill sich eine Tasse davon nahm, öffnete sich die Tür noch einmal. Sie erwartete, dass Charles hereinkam, aber statt dessen trat ein ihr unbekannter übergewichtiger Mann in einer Latzhose, gemeinsam mit einem Dalmatiner ein. Der Hund kam sofort in ihre Richtung, worauf sie beide zurückwichen. Glücklicherweise verstand er dieses Signal und hielt schwanzwedelnd inne.

»Oh, keine Sorge, er tut niemandem etwas«, sagte der Mann mit dröhnender Stimme. »Willie ist ein ganz Braver.«

»Darum geht es nicht«, erwiderte Chris schroff. »Wir haben in der Vergangenheit schlechte Erfahrungen mit Hunden gemacht.«

Natürlich waren das infizierte Dobermänner gewesen, aber Jill konnte dennoch darauf verzichten, andere fremde Hunde in ihrer Nähe zu haben, wenn es nicht sein musste. Vor allem, wenn das ohne Vorwarnung geschah.

Der Mann entschuldigte sich und rief seinen Hund zurück. Dann lächelte er sie beide an. »Ich bin übrigens Forrest Kaysen, ich bin auch ein Gast hier, gestern Abend erst angekommen.«

Das Licht spiegelte sich ein wenig in seiner Brille, hinter der seine Augen vergnügt funkelten, während Jill sich und Chris vorstellte.

»Ah, eine Hochzeitsreise. Wenn ich daran denke, habe ich sogar noch ein Geschenk für Sie!«

»Das ist nicht nötig«, wehrte Chris ab.

»Doch, doch, ich bestehe darauf! Wissen Sie, ich handele mit Baum-Setzlingen. Ein besonders schönes Exemplar wäre für Ihre reizende Frau doch genau richtig.«

Jill mochte den Blick nicht, den er ihr dabei zuwarf. Sie wandte sich demonstrativ ab, um sich ihr Frühstück zusammenzusuchen. Chris verstand diesen Wink offenbar, denn seine Stimme wurde plötzlich frostig: »Danke, kein Bedarf. Jetzt entschuldigen Sie uns bitte, wir wollen essen.«

Kaysen entschuldigte sich, obwohl sein Ton keinen Zweifel daran ließ, dass er nicht wusste, warum sie so ablehnend waren.

Chris nahm sich etwas von dem Rührei und dem Speck, dazu ein Brötchen, dann ging er mit Jill zu einem Tisch, wobei er darauf achtete, immer zwischen ihr und Kaysens Blick zu bleiben. Erst als sie sich setzte, wurde Jill wieder ein wenig ruhiger. Dabei konnte sie nicht einmal genau sagen, was ihr Problem mit ihm war, aber etwas an ihm verschaffte ihr eine Gänsehaut.

Kurz nach ihnen ging Kaysen mit Willie zu dem großen Tisch, der direkt am Fenster stand und wo Polly bereits saß, um sich zu ihr zu setzen. Chris' finsterer Blick folgte ihm. Erst als Kaysen sich dann in ein Gespräch mit Polly vertieft hatte, entspannte er sich genug, um selbst zu essen.

Der Kaffee war wirklich der beste, den Jill bislang getrunken hatte, auch das Essen stand dem in Nichts nach. Zu ihrer Freude schien Chris das auch zu denken, denn er aß mit großem Appetit, der fast schon wieder an damals reichte, bevor alles irgendwie schief gelaufen war.

So waren sie nach einer schweigenden halben Stunde fertig, nickten sich zu und standen auf. Nachdem sie das Geschirr weggeräumt hatten, verließen sie ohne Umschweife das Hotel, um die Milk Barn aufzusuchen. Jill hatte extra auf der Karte den Weg dorthin studiert, so dass Chris sie einfach fahren ließ. Er blickte nachdenklich aus dem Fenster, besonders während sie der Straße am See folgten.

Sie hätte gern gewusst, was ihm durch den Kopf ging – und nach etwa der Hälfte der Strecke öffnete er sich ihr auch: »Glaubst du, Coleridge hat der Frau etwas getan?«

Erstaunt sah sie zu ihm hinüber. »Warum denkst du das?«

Dass er sich Sorgen um sie machte, wunderte sie nicht, denn immerhin erinnerte sie ihn an Claire. Aber wie kam er darauf, dass Charles ihr etwas getan haben könnte?

»Er war heute nicht im Hotel«, erklärte Chris. »Wenn er ihr etwas getan hat, obwohl wir ihr hätten helfen können …«

Er musste den Satz nicht beenden, damit sie wusste, dass das an ihm nagen würde. Beruhigend legte sie eine Hand auf sein Bein. »Mach dir keine Sorgen. Er wird sie bestimmt nicht vor unseren Augen entführt haben.«

Außerdem hatte zumindest die Frau so gewirkt, als sei sie sehr glücklich und zufrieden in Charles' Gegenwart. Und in dieser kleinen Stadt machten Gerüchte schnell die Runde, wie Harry ihnen gesagt hatte. Würde Charles da wirklich etwas riskieren?

Das Gespräch schien Chris nicht beruhigt zu haben. Als sie auf den Parkplatz der Milk Barn einbogen, war er auf dem Sitz zusammengesunken. Da entdeckte Jill aber etwas, das ihn aufmuntern könnte. »Hey, schau.«

Sie deutete auf ein anderes Auto, das bereits hier stand. Darin saßen Charles und die Frau von gestern, die gerade noch einen Kuss miteinander teilten. Als Chris hinsah, stieg sie aus und winkte Charles noch einmal zu. Er erwiderte diese Verabschiedung mit einem feinen Lächeln um die Lippen, ehe er den Wagen startete und davonfuhr. Anscheinend bemerkte er sie nicht. Die Frau lief derweil an ihrem Auto vorbei zur Eingangstür des Ladens, ohne sie zu beachten.

Chris blies Luft durch seine geschlossenen Lippen. »Es geht ihr gut.«

»Siehst du?« Jill lächelte.

Natürlich wäre es eine Möglichkeit gewesen, dass er ihr etwas antun wollte, besonders wenn er wirklich etwas mit den Ereignissen zu tun hatte. Aber zumindest was diese Frau anging, waren Chris' Sorgen wohl unbegründet.

Seine Erleichterung drückte sich in Tatendrang aus: »Lass uns anfangen. Wir haben einen Fall zu klären.«

Sie stiegen aus dem Auto und gingen auch zur Eingangstür, nur um festzustellen, dass tatsächlich noch geschlossen war. Die Frau lehnte mit den Händen in ihren Jackentaschen vergraben gegen einen der Balken des Vordachs. Sie musterte sie beide mit unverhohlener Neugier. »Guten Morgen. Wir öffnen erst um 8.«

»Oh, Sie arbeiten hier?«, fragte Jill.

»Ja. Ich bin Valeria.«

Da sie ihren Nachnamen wegließ, machte Jill dasselbe, als sie sich ihr vorstellte. »Wohnen Sie schon lange hier?«

»Oh nein. Ich bin erst seit ein paar Jahren hier. Falls Sie also irgendetwas Bestimmtes über die Stadt wissen wollen, sollten Sie echt meine Chefs fragen. Lilly und Keith wohnen schon immer hier.«

Jill und Chris warfen sich einen Blick zu. Bevor sie fragen konnten, lächelte Valeria schelmisch. »Tut mir leid. Charlie hat mir gesagt, dass Sie Interesse an der Stadt haben, deswegen bin ich jetzt davon ausgegangen, dass Sie deswegen fragen.«

»Nun, es ist nicht falsch«, gab Jill zu. »Wir wollten wirklich etwas sehr Spezielles wissen.«

»Wohnt Charles Coleridge schon lange hier?«, mischte Chris sich plötzlich ein.

Valeria sah zu ihm hinüber und schüttelte mit dem Kopf. »Er kam nach mir in die Stadt, kann Ihnen also auch nicht helfen. Falls Sie das fragen wollten.«

Plötzlich wirkte ihr Blick herausfordernd, als wünschte sie sich, dass sie noch etwas bezüglich Charles fragten, nur damit sie die beiden auch dabei zurechtweisen konnte. Chris tat ihr den Gefallen sogar: »Arbeitet er nur im Hotel?«

»Ja. Er ist bei Polly untergekommen, als er hier ankam – und hat dann beschlossen, einfach zu bleiben. Sie ist ja auch sehr dankbar dafür, also ...« Sie zuckte mit den Schultern.

Chris war immer noch nicht zufrieden: »Er hat sicher auch kein Interesse an Wissenschaft?«

Jill stieß ihm vorsichtig in die Rippen, er hob nur die Schultern, um zu zeigen, dass er nichts dafür konnte. Valeria musterte sie beide inzwischen mit gerunzelter Stirn. »Charlie interessiert sich nur für Autos. Was haben Sie gegen ihn?«

»Nichts«, versicherte Jill ihr sofort. »Er erinnert uns nur an jemanden, deswegen ...«

Aber diese Worte ließen Valeria nur misstrauischer werden, ihre Miene verhärtete sich. Zum Glück bog in diesem Moment ein SUV auf den Parkplatz. Eine Frau mit schulterlangem blonden Haar stieg aus dem Wagen und kam mit großen Schritten auf den Eingang zu.

»Oh, Schätzchen«, flötete sie. »Tut mir leid, dass ich so spät komme. Hoffentlich wartest du noch nicht so lange, Val.«

Während sie die Tür aufschloss, sah sie über die Schulter zu Jill und Chris. »Sie müssen das Paar sein, das gerade in Pollys Hotel lebt. Hoffentlich gefällt es Ihnen in Greenvale.«

Gerüchte machten hier wirklich schnell die Runde. Jill versicherte ihr, dass es eine schöne Stadt sei, was die Frau beruhigte. Kaum war die Tür offen, wies sie Valeria an, mit der Arbeit anzufangen. Diese nutzte die Gelegenheit, ihnen zu entkommen – nach einem letzten finsteren Blick – und verschwand im Inneren des Ladens.

Die Frau wandte sich derweil ihnen zu und reichte ihnen die Hand. »Lilly Ingram, freut mich sehr. Olivia hat mir gesagt, dass sie mich vielleicht etwas fragen könnten.«

Jill stellte sich und Chris noch einmal vor. Inzwischen genoss sie es ein wenig, sich Redfield zu nennen, es war schon am zweiten Tag gar nicht mehr seltsam. »Wir waren gestern am Lake Cranberry und dachten uns, das wäre ein guter Angelplatz.«

»Normalerweise, ja. Aber in der letzten Zeit ist die Polizei dort sehr beschäftigt.« Sie erwähnte keine der Leichen, vermutlich weil sie die Touristen nicht verprellen wollte. »Falls Sie aber Interesse an den Fischen haben, müssen Sie nur am Eingang des Forest Park angeln. In dem Fluss finden Sie die gleichen Sorten.«

»Wie das?«, fragte Jill, die krampfhaft jedes bisschen Fischkenntnis auftrieb, das sie in ihrem Gehirn finden konnte. »Gibt es nicht Unterschiede zwischen Fluss- und Seefischen?«

»Das kann ich nicht genau sagen«, antwortete Lilly mit geneigtem Kopf. »Aber es gibt wohl zwischen dem Fluss und diesem See eine unterirdische Verbindung, durch die Fische zwischen beidem wechseln können. Früher fand man deswegen auch manchmal Abfälle aus der Mühle im Fluss. Das wissen viele tatsächlich nicht.«

Jill und Chris tauschten einen Blick miteinander. Dann stellte Chris noch eine Frage: »Gibt es flussaufwärts noch etwas Interessantes zu sehen?«

»Ja. Es gibt einen Wasserfall. Er ist besonders gut von der Aussichtsplattform im Forest Park zu sehen. Ein absolut traumhaftes Plätzchen, da sollten Sie unbedingt auch hingehen, wenn Sie schon hier sind.«

 

Konzentriert starrte Chris durch das Fernglas auf den Wasserfall. Lilly hatte nicht gelogen, von dieser Aussichtsplattform war er gut zu sehen, aber Jill hatte zumindest auf den ersten Blick nichts Verdächtiges entdecken können. Das einzige, was ihr auffiel, war das Herrenhaus von Harry Stewart, das auf den Klippen am Wasserfall saß.

»Denkst du, er hat irgendetwas damit zu tun?«, fragte sie.

»Meinst du Coleridge oder Stewart?«, fragte Chris, ohne das Fernglas abzusetzen.

Sie waren gerade die einzigen Besucher des Parks, deswegen waren sie beide der Meinung, dass sie offen reden könnten. Auf seine Frage hin wiegte sie bedächtig den Kopf. Charles' Verhalten war auffällig, aber gleichzeitig nicht verdächtig. Er arbeitete in einem Hotel für eine kleine alte Dame und verbrachte seine Freizeit mit einer Frau, die ihn offensichtlich mochte, da fiel es ihr immer schwerer, sich vorzustellen, dass er etwas im Schilde führte. Harry Stewart dagegen …

»Stewart«, antwortete sie entsprechend. »Sein Haus steht da oben. Er könnte ganz einfach Leichen in den Fluss werfen, dann fallen sie den Wasserfall runter und landen irgendwie im See, wo die Polizei sie dann vorfindet.«

»Aber warum sollte er uns dann deswegen anrufen?«, gab Chris zu bedenken.

»Spencer hat durchsickern lassen, wo er sich versteckt, damit jemand ihn aufsucht«, konterte sie. »Vielleicht ist es hier ähnlich. Und dass wir inkognito ermitteln sollen, denkst du nicht, dass das irgendwie seltsam ist?«

Chris nahm endlich das Fernglas runter, um sie anzusehen. »Möglich. In dieser Stadt vertraue ich deswegen auch nur dir.«

Seine Worte rührten ihr Herz ein wenig. Sie lächelte. »Dito. Wir sind immerhin Partner, nicht?«

Er schmunzelte etwas. »Und für alle anderen gerade auch ein Ehepaar.«

»Da könnte ich mich fast dran gewöhnen«, sagte sie, noch bevor sie ihre Zunge zügeln konnte.

Im selben Moment hätte sie es am liebsten wieder zurückgenommen. Chris schien etwas dazu sagen zu wollen, vielleicht einen Witz darüber machen oder sie darauf hinweisen, dass das nie etwas werden würde, doch da klingelte ihr Handy. Sie war noch nie so dankbar gewesen, aus einer Situation herausgerissen zu werden, deswegen zog sie es sofort aus ihrer Tasche und nahm den Anruf an, ohne erst nachzusehen, wer da anrief.

»Endlich erreiche ich dich!« Es war Quint.

»Das Netz hier ist nicht das Beste«, entschuldigte sie sich. »Ich bin überrascht, dass es hier draußen funktioniert.«

Ihr Blick wanderte wieder zum Anwesen hinauf. Vielleicht besaß Harry einen eigenen Funkturm irgendwo. Es würde zu ihm passen.

»Jetzt reden wir ja wenigstens«, sagte Quint. »Du hast mir doch das Bild von diesem Kerl geschickt. Ich hab das für euch mal untersucht.«

Jill wurde sofort hellhörig. »Hast du etwas herausgefunden?«

»Etwas sehr Interessantes sogar. Hoffentlich sitzt du gerade.«

»Schieß einfach los, Quint. Ich stelle dich auf Lautsprecher.«

Chris nickte ihr zu und lauschte aufmerksam, während Quint mit der Erklärung anfing: »Du meintest ja, er nennt sich Charles Coleridge, ja? Der Name ist definitiv falsch. Sein richtiger Name ist Murphy Pendleton.«

Also lebte er mit einem falschen Namen hier in Greenvale. Wusste Valeria das? Oder Polly? Irgendwer? Und warum sollte er das tun, dann aber nur in einem Hotel arbeiten? Ihr Misstrauen flammte wieder auf.

»Aber das Interessanteste kommt jetzt noch«, fuhr Quint fort. »Pendleton war nämlich im Gefängnis, weil er ein Polizeiauto gestohlen und sich eine wahnsinnige Verfolgungsjagd mit der Polizei geliefert hat. Im Gefängnis hat er dann aber während einer Gefangenenrevolte einen der Officer so schlimm zugerichtet, dass dieser nicht mehr arbeiten konnte.«

Wut fachte das Feuer in ihrem Inneren an. Da sie selbst einmal Polizistin gewesen war, fühlte es sich immer noch wie ein Angriff auf ihre eigene Familie an, wenn sie hörte, dass jemand einem anderen Beamten etwas angetan hatte. Auch Chris verzog wütend das Gesicht.

»Danach sollte er verlegt werden, aber der Transporter hatte einen Unfall – und danach wurde Pendleton von der einzigen Überlebenden für tot erklärt.«

»Also ist er geflohen«, schloss Jill, während sie sich fragte, was er getan hatte, dass diese Überlebende bereit gewesen war, ihn zu decken. War sie bedroht worden?

»Wenn er jetzt gerade in Greenvale ist, offenbar.«

Chris hob eine leicht zitternde Hand. »Warte. Vielleicht sehen die beiden sich auch einfach nur wahnsinnig ähnlich.«

Der Gedanke kam ihm sicher, weil Valeria auch aussah wie Claire, ohne diese zu sein. Aber Quint konnte den Einwand sofort abwehren: »Das habe ich auch gedacht. Aber dann hab ich ein wenig in Pendletons Vergangenheit herumgeschnüffelt und dabei weitere interessante Dinge herausgefunden. Wenn ihr das hört, glaubt ihr auch nicht mehr an einen Zufall.«

Jill hätte ihn gern geschüttelt, damit er sich nicht so viel Zeit dabei ließ, ihnen alles zu erklären. Aber sie war auch dankbar, dass er sich die Mühe gemacht hatte – es war nun einmal wirklich nicht sein Job, also hätte er auch ablehnen können.

»Bevor Pendleton ins Gefängnis kam, hatte er einen Sohn, der getötet worden ist. Er hieß Charlie.«

Unwillkürlich musste Jill wieder an Valeria denken, die Charles vorhin mehrmals Charlie genannt hatte. Auch das könnte aber noch ein Zufall sein, deswegen fragte sie Quint, ob da noch mehr käme.

»Wenn euch das nicht überzeugt, hab ich noch den Namen des Officers, der von Pendleton so übel zugerichtet worden ist.«

Er schwieg wieder. Jill schnaubte leise, aber es war Chris, dem der Geduldsfaden riss: »Jetzt rück schon raus damit, Quint!«

Zum Glück machte er sich nichts aus Chris' schroffem Tonfall, stattdessen antwortete er, als hätte er gerade ein schweres Rätsel gelöst, an dem alle anderen verzweifelt waren: »Der Name des Officers war Frank Coleridge
 



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