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Champ Stories 2

Band 2: Ralia
von
Koautor:  Flordelis

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Ich hätte zu ihr gehen sollen

Sichtlich zufrieden zerkauten die Pokémon ihre Beeren, die Delion großzügig an alle verteilt hatte. Während die Gorgasonns und Corasonns durch das Essen noch träger zu werden schienen, zogen die Driftlons dagegen munter am Nachthimmel ihre Kreise. Der Vollmond beleuchtete diese Art Tänze wie ein Scheinwerfer, so hell strahlte er nach dem Ritual, und verstärkte dadurch die geheimnisvolle Aura der Geister-Pokémon immens.

Raelenes eigenes Gorgasonn leistete in der Zwischenzeit Endynalos Gesellschaft. Bestimmt wollte sie von ihm wissen, wie ihm das Ritual gefallen hatte. Was Endynalos ihr wohl antwortete? Delion könnte ihm das sicher schon ansehen, doch er war noch mit den wilden Pokémon beschäftigt und Raelene wollte ihn dabei nicht unterbrechen.

Erst als er sich irgendwann aufrichtete und die gesättigten Pokémon ihn endlich wieder freigaben, ging sie auf ihn zu. „Also, soll ich dich und deine Pokémon auch für zukünftige Vollmondnächte einplanen?“

„Klar, ich bin auf jeden Fall dabei!“, versicherte Delion enthusiastisch. Mit einem entschuldigenden Grinsen gab er Raelene den – nun leeren – Beutel zurück. „Dann bringe ich genügend Snacks mit.“

Prüfend warf er einen kurzen Blick zu Endynalos. „Ihm hat es auf jeden Fall auch gefallen, so begeistert wie er wirkt.“

Aus Raelenes Sicht gab es keinen großen Unterschied zu Endynalos' sonstigen Verhalten, aber dafür hatte sie richtig damit gelegen, dass Delion bereits ein gutes Gespür für ihren legendären Freund besaß. Wenigstens konnte sie bei Delions Glurak selbst erkennen, wie sehr ihn dieses spezielle Event fasziniert hatte. Noch immer musterte er alles interessiert, mit größeren Augen als sonst.

Darauf reagierte Delion mit einem zufriedenen Nicken. „Nächstes Mal frag ich Katapuldra, ob er auch Interesse hat.“

„Oh ja, mach das! Er und die Grolldras werden das sicher auch lieben~.“

Schon weil sie ebenfalls Geister-Pokémon waren. Solange nicht jeweils ihr gesamtes Team auf einmal diesem Ereignis beiwohnte, sollte es auch in Zukunft keine Probleme geben. Bei jedem Vollmond könnten sie also jemand anderen zusehen lassen, bis alle das Ritual mal bestaunen konnten.

Hoffnungsvoll schielte Raelene in Ralias Richtung, doch was sie sah, gefiel ihr überhaupt nicht. Im Moment wirkte ihr Glurak ziemlich niedergeschlagen, was allein an ihrer Körpersprache deutlich zu erkennen war. Ralia hatte sich zusammengerollt, mit dem Gesicht zur Felswand, als wolle sie sich von der ganzen Welt abschotten. Sogar die Flamme an ihrer Schwanzspitze war gedimmt. Dabei hatte Raelene darauf gebaut, dass diese Nacht ihre Stimmung besserte.

Normalerweise würde sie sofort rübergehen und versuchen Ralia zu trösten, war sich bei ihr jedoch nicht sicher, ob sie das tun sollte. Eigentlich wollte sie Ralias Laune nicht noch weiter verschlimmern. Andererseits könnte sie aber sonst denken, Raelene wäre es egal, wie es ihr ging. Das versetzte sie in einen heftigen Zwiespalt.

Gorgasonn bemerkte ihren inneren Konflikt schnell und blickte besorgt zu ihr, womit sie Raelenes Aufmerksamkeit wie durch Zauberhand auf sich zog. Da ihr Pokémon schon dazu ansetzte zu ihr zu kommen, ersparte Raelene ihr den Weg und ging selbst auf sie zu. Bei Gorgasonn angekommen hockte sie sich hin und strich ihr behutsam über den Kopf – diesmal schien Raelene das nicht mal sonderlich viel Energie zu rauben, wie ihr auffiel.

Nachdem sie Gorgasonn erklärt hatte, dass alles in Ordnung wäre, stand sie wieder auf und sah, wie auch Delion einen kurzen Blick zu Ralia riskierte. Anschließend neigte er blinzelnd den Kopf und verschränkte die Arme. Immerhin war das mal eine andere Emotion, die man an Ralia beobachten konnte, wenn auch keine positive. Ihn schien das nachdenklich zu stimmen.

Schließlich sah Delion Raelene an, dem ihre Sorge um Ralia nicht entging. „Ich würde sagen, hör auf dein Gefühl.“

„Ist es mir so deutlich anzusehen, dass ich einen Rat wollte?“

„Ich kenne dich halt.“

„Dann ist es ja gut, dass ich keine Geheimnisse vor dir habe.“

Leider blieb ihr Gefühl zwiegespalten, also beschloss sie, sich mit einem Gespräch noch ein bisschen Bedenkzeit zu geben.

Raelene verschränkte die Arme hinter dem Rücken. „Übrigens, wie lange wollen wir denn bleiben?“

„Wie lange bleibst du normalerweise in solchen Nächten?“, fragte Delion zurück. „Und will Gorgasonn vielleicht noch Zeit hier verbringen?“

Anscheinend war er der Ansicht, dass Gorgasonns Meinung auch zählte, weil der Abend ihr gehörte. Im Grunde dachte Raelene genauso, deshalb wurde sie nur einmal mehr darin bestätigt, was für ein toller Mensch Delion war. Natürlich dachte er in erster Linie an die Wünsche der Pokémon.

Lächelnd zwinkerte sie ihrem Gorgasonn zu und sprach mit gedämpfter Stimme zu ihr: „Siehst du? Ich hab es dir immer gesagt~.“

Ihr Pokémon gab einen verstehenden Laut von sich. Wenn Raelene sich damals in ihren Schwärmereien über Delion verloren hatte, wuchs in Gorgasonn stets die Angst davor, eines Tages wegen ihm vergessen oder gar zurückgelassen zu werden. Nun konnte sie selbst Delions rücksichtsvollen Charakter erleben und ihre Furcht ablegen. An Gorgasonns glasigen Augen erkannte Raelene, wie leid es ihr tat, einst so negativ über ihn gedacht zu haben. Beruhigend tätschelte Raelene nochmal ihren Kopf. So sensible Pokémon benötigten eben eine Menge Zuwendung – darum würde sie nie damit aufhören, Gorgasonn wieder und wieder zu umarmen.

„Wir bleiben noch eine Weile~“, verkündete Raelene. „Dann können die Pokémon sich weiter in Ruhe unterhalten und spielen, so lange wie sie Lust darauf haben. Könnte aber etwas spät werden ... und ich habe kein Zelt eingepackt.“

Wenn sie mit Nio diesen Ort aufsuchte, half ihnen sein Zwirrfinst nach oben und später wieder nach unten. Alleine musste Raelene auf ein Flugtaxi zurückgreifen. Allerdings wollte sie nicht einfach davon ausgehen, Glurak wäre auch in der Dunkelheit noch dazu bereit durch die Gegend zu fliegen, so wie Zwirrfinst oder Krarmor.

Delion nahm ihr diese Unsicherheit aber sofort: „Oh, kein Problem. Glurak fliegt uns bestimmt auch gern noch nachts nach Hause. Außerdem ist es gar nicht so kalt, also selbst wenn wir noch lange hier blieben, brauchen wir nicht unbedingt ein Zelt. Wir haben ja immer noch einander, so bleibt uns warm genug~.“

„Stimmt“, murmelte Raelene, wobei sie verliebt lächelte.

„Und im größten Notfall können wir unter Gluraks Flügel schlafen“, fügte er noch hinzu. „Das hab ich auch schon gemacht, der Platz reicht locker für uns beide.“

Sogleich fingen Raelenes Augen an zu glitzern. Unter Gluraks Flügel zu schlafen klang richtig gemütlich, jedenfalls stellte sie sich das schön vor. Also könnten sie wirklich so lange bleiben, wie Gorgasonn wollte.

„Alles klar, dann ist das ja geklärt~.“

Freudig hüpfte ihr Gorgasonn in die Luft, was ihre wilden Artgenossen nachahmten. Gemeinsam schwebten sie alle ganz langsam zu Boden, nur die Corasonns waren etwas schneller. Dank der Energie von Endynalos, die Raelenes Gorgasonn in den Himmel geschossen hatte, blieben die Geister-Pokémon mit Sicherheit noch sehr lange aufgeregt. Zumindest wirkte es so, als hätte die kurzzeitige Trägheit durch die Beeren schon wieder nachgelassen.

Endynalos wurde bald schon von mehreren lebhaften Geister-Pokémon belagert, die ihn neugierig unter die Lupe nahmen. Wahrscheinlich hofften sie darauf, auch persönlich Energie von ihm erhalten zu können. Daran schien Endynalos sich aber nicht zu stören, sondern betrachtete die Pokémon ebenso interessiert, während sie um ihn herumschwirrten. Je nachdem, auf welcher Seite sich mehr von ihnen aufhielten, neigte er den Kopf in die entsprechende Richtung.

„Ich glaube, Endynalos wäre ohnehin unglücklich, wenn wir zu schnell gehen würden“, meinte Delion, der über die verspielte Aufdringlichkeit der Geister-Pokémon lachen musste.

Raelene nickte amüsiert. „Du hast recht.“

Immerhin bekam Endynalos so auch Kontakt zu Pokémon, die nicht zu Delion oder Raelene gehörten, und konnte diese in aller Ruhe besser kennenlernen. Für ihn musste das eine weitere tolle Erfahrung sein.

Als Raelene erneut einen Blick zu Ralia warf, stellte sie fest, dass sie schon eingeschlafen war. Oder sie tat nur so, um von niemandem gestört zu werden. Besonders nicht von Raelene. Jedenfalls ein deutliches Zeichen für sie, Ralia jetzt lieber nicht zu belästigen. Morgen könnte sie auch noch vorsichtig nachhaken, ob Ralia darüber reden wollte, was sie bedrückte. Deswegen setzte sich Raelene vorerst wieder mit Delion auf die Decke und beobachtete die Pokémon.

Das Paragoni hatte sich derweil in den Hain zurückgezogen und betrachtete sie alle weiter heimlich von dort aus. Schüchterne Pokémon waren oft trotzdem ähnlich neugierig wie die anderen, was einen niedlichen Gegensatz darstellte. Natürlich respektierten Delion und Raelene, dass es nicht so kontaktfreudig war wie ein Nebulak oder Driftlon, indem sie sich auf die restlichen Pokémon konzentrierten.

Zwar schwiegen sie die meiste Zeit über nur, aber das war vollkommen in Ordnung. Zusammen diese besondere Nacht einfach zu genießen war sowieso viel schöner, als die entspannte Atmosphäre mit Worten zu stören.

 
 

***

 

Endynalos schien so viel Freude mit all diesen Geister-Pokémon zu haben, die von seiner Energie zehrten. Da brachte es keiner von ihnen über sich, ihn von den anderen zu trennen. Daher wurde es immer später.

Irgendwann in der Nacht hatten sich die Driftlons die Gorgasonns und Corasonns gegriffen, um sie vom Berg aus zurück nach unten zu tragen. Einzig die Nebulaks waren etwas länger geblieben, bis auch sie sich schließlich zurückgezogen hatten. Für einen Rückflug war es ab da zu spät, schon weil nicht nur Glurak, sondern vor allem Delion und Raelene zu müde geworden waren, aber das machte keinem von ihnen etwas aus. Wie besprochen beschlossen sie, sich wirklich gemeinsam unter Gluraks Flügel zu legen.

Es war nicht das erste Mal, dass Raelene so dicht bei einem Pokémon lag. Unter dem Flügel eines Gluraks war das trotzdem eine ganz neue Erfahrung. Schon an Delions Seite hatte sie sich stets sicher und geborgen gefühlt. Genau diese Empfindung hatte sich verdoppelt. Obendrein verströmte Gluraks Körper eine Menge Wärme, weswegen sie kein bisschen fror, und in Delions Armen war es schön gemütlich, trotz des harten Bodens. Darum war Raelene ziemlich schnell eingeschlafen.

Endynalos, Gorgasonn und Ralia hatten ebenfalls außerhalb ihrer Bälle die Nacht verbracht. Letztere war scheinbar zwischendurch wach, denn Raelene hörte manchmal ein leises Brummen und wie jemand mit den Flügeln schlug, wovon sie einmal aus dem Schlaf gerissen wurde. Wie spät es zu dem Zeitpunkt war, wusste sie nicht, aber da sie sowieso noch zu müde war, schmiegte Raelene sich nur enger an Delion und seufzte zufrieden, ohne die Augen zu öffnen. Glurak schlief noch, was sie an seinem gleichmäßigen Schnauben erkannte, und Delion sicher auch, also war es in Ordnung einfach liegenzubleiben.

Wieder waren Flügelschläge zu hören, gefolgt von einem leichten Windzug. Kurz darauf wurden die Geräusche schnell leiser.

„Fliegt Ralia weg?“, ertönte plötzlich Delions Stimme leise an ihrem Ohr.

„Sie dreht sicher nur ein paar Runden“, nuschelte Raelene verschlafen.

Eigentlich war das aber nicht Ralias Art. Selbst nachdem ihre Beziehung nicht mehr die beste gewesen war, hatte sie sich niemals zu weit entfernt. Vielleicht war heute einfach nur einer dieser Tage, an denen sie etwas mehr Bewegung benötigte. Da steckte sonst nichts dahinter. Kein Grund zur Sorge. Oder?

„Okay, wenn du das sagst.“ Vorsichtig drückte Delion sie an sich. „Dann schlaf ruhig noch ein wenig.“

Raelene murmelte zustimmend vor sich hin. Sie war es absolut nicht gewohnt, bis spät in die Nacht wachzubleiben – solche Vollmondevents machten ihr das jedes Mal deutlich – und deswegen noch viel zu müde, um klar denken zu können. Daher dauerte es nicht lange, bis sie tatsächlich nochmal einschlief.

Wie viel Zeit Raelene letztendlich erneut im Traumland verbracht hatte, konnte sie nicht einschätzen, als sie diesmal richtig wach wurde. Gähnend rieb Raelene sich die Augen. Hatte Delion auch noch ein wenig geschlafen? Er lag immer noch neben ihr.

„Delion?“, flüsterte sie. „Bist du wach?“

„Ein bisschen.“ Langsam fuhr er sich selbst mit der Hand über die Augen. „Bin ich froh, dass wir hier geblieben sind. Ich war so müde, ich hätte nicht mehr anständig auf Glurak fliegen können.“

„Du bist also auch kein Noctuh.“

„Überhaupt nicht. Ich bin eher ein Wadribie.“

„Das würde erklären, warum du so viele davon hast.“ Sie musste kichern. „Und warum du nachts auch so gerne kuschelst~.“

„Was gäbe es denn an kuscheln auszusetzen?“

„Mit dir? Natürlich nichts~.“

„Siehst du?“ Liebevoll strich Delion ihr mit einer Hand durch die Haare. „Hast du gut geschlafen?“

„Oh ja~. Das war richtig gemütlich.“

Obwohl sie auf dem Boden geschlafen hatten, aber Gluraks Körperwärme, und auch die von Delion, war schöner als jede Decke. Trotzdem war Raelene noch irgendwie müde – an diesem Tag mussten sie dringend früher ins Bett gehen.

„Hab ich das eigentlich nur geträumt oder ist Ralia zwischendurch weggeflogen?“, fragte Raelene unsicher.

Falls es kein Traum gewesen war, erstaunte es sie, dass Ralia so zeitig schon wieder aktiv sein konnte. Vielleicht lag es daran, weil Ralia sich viel früher hingelegt hatte als alle anderen.

„Nein, sie ist wirklich mal weggeflogen“, erwiderte Delion. „Ich hab das auch mitbekommen, als ich wach war.“

Ob sie mittlerweile zurück war?

Plötzlich hob Glurak vorsichtig den Flügel und stieß ein Schnauben aus, das möglicherweise ein Morgengruß sein sollte. Ausgiebig streckte und schüttelte er sich, während Delion und Raelene sich aufrichteten.

„Guten Morgen~“, grüßten sie ihn gleichzeitig zurück.

Raelene sah sich um. Ohne die ganzen Geister-Pokémon wirkte der nun Ort wieder ziemlich karg und einsam. Ihr Gorgasonn schlief dicht bei Endynalos und hatte noch die Augen geschlossen. Es war süß, dass sich ihr Ektoplasma in diesem Zustand immer zusammenzog, wodurch sie viel kleiner aussah. Von Ralia fehlte auf den ersten Blick aber jede Spur. Vielleicht könnte Raelene sie irgendwo am Himmel entdecken, wenn sie näher zum Abhang ging.

Endynalos folgte ihnen mit den Augen, als sie beide aufstanden, bewegte jedoch nicht den Kopf, wohl um Gorgasonn nicht aufzuwecken. Lächelnd nickte Delion ihm zu und folgte Raelene, wobei er sich selbst nach Ralia umsah, ebenfalls ohne Erfolg.

„Sie ist nicht hier“, bemerkte er. „Oder siehst du sie?“

Besorgt schüttelte sie den Kopf. „Nein, ich sehe sie auch nicht.“

Am Abhang angekommen, suchte Raelene nervös den Himmel ab, konnte Ralia aber auch dort oben nirgendwo entdecken. Wo war sie hingeflogen? Wie lange war sie schon weg? Sie lehnte sich ein wenig vor – Delion legte rasch einen Arm um ihre Hüfte – und blickte den Abhang hinab. Hier und da rührten sich einige Gesteins- und Boden-Pokémon, doch kein Glurak. Zum Glück, denn das hätte bedeuten können, Ralia wäre abgestürzt.

„Hoffentlich ist ihr nichts passiert ...“

„Ich bin sicher, dass es ihr gut geht. Wir finden sie schon.“

Es gab keinen Grund, warum Ralia gerade hier abhauen sollte, nachdem sie die ganze Zeit Gelegenheit dazu gehabt hätte. Womöglich wollte sie sich in der Nähe irgendetwas ansehen. Eigentlich sollte Ralia auch stark genug sein und auf sich achten können, aber Raelene machte sich trotzdem Sorgen. Zum ersten Mal war Ralia ganz alleine unterwegs. Jedenfalls hatten die Mitarbeiter auf der Ranch zuvor nie etwas in der Richtung erwähnt.

„Kann ja sein, dass sie die Zeit vergessen hat“, beruhigte Raelene sich selbst.

„Entweder das oder sie hat sich irgendwo hingesetzt und ruht sich aus“, versuchte auch Delion, ihr die Sorge zu nehmen. „Wir haben ja alle nicht viel geschlafen. Wenn du willst, können wir aber mit Glurak sofort losfliegen, um nach ihr zu suchen.“

Noch etwas unschlüssig lenkte Raelene den Blick zu Gorgasonn. Solange Endynalos bei ihr blieb, könnten sie die zwei bedenkenlos einige Minuten unbeaufsichtigt lassen.

„Lass uns wenigstens schon mal kurz die nähere Umgebung absuchen“, bat Raelene. „Vielleicht taucht sie ja wieder auf, während wir uns hier umschauen. Wenn nicht ...“

In dem Fall müssten sie Endynalos und Gorgasonn einsammeln und eine größere Suchaktion starten.

„Okay, machen wir das.“

Zusammen gingen sie zu Glurak und Endynalos zurück und erklären den beiden kurz, was sie planten. Dabei sprachen sie so leise wie möglich, um Gorgasonn nicht aufzuwecken.

„Wir sind bald wieder da, Endynalos“, versprach Delion ihm. „Pass solange auf Gorgasonn auf, okay?“

Endynalos lauschte ihm aufmerksam und gab dann ein kurzes, zustimmendes Brummen von sich. Raelene bedankte sich für sein Verständnis und versicherte ihm selbst vorsichtshalber nochmal, dass sie in ein paar Minuten wiederkämen. Wenn eines ihrer Pokémon bei ihm war, dachte Endynalos hoffentlich nicht, dass Delion und Raelene ihn nun zurücklassen wollten.

Schließlich wandte sie sich Delion und Glurak zu, bei denen sie sich ebenfalls dafür bedankte, dass sie direkt nach dem Aufstehen bereit waren nach Ralia zu suchen. „Nächstes Mal werde ich ihr sagen, dass sie in der Nähe bleiben soll.“

Glurak streckte seine Flügel aus und nickte ihr nur zu, um zu zeigen, dass er sich nicht daran störte.

„Wenn sie dann überhaupt auf dich hört ...“, gab Delion zu bedenken.

„Ja, sie hört nicht so gerne auf das, was ich sage ...“, seufzte sie bedrückt. „Ich hoffe, wir finden sie.“

Und dass Ralia nichts Schlimmes passiert war. Alles andere ließe sich regeln, auch wenn Raelene sich dafür bemühen müsste wesentlich strenger zu sein – falls das bei Ralia überhaupt half.

Aufbauend klopfte Delion ihr auf die Schulter und nickte zu Glurak. Schwungvoll stieg er auf dessen Rücken und half Raelene nach oben. Kaum saß auch sie auf Glurak, erhob er sich in die Luft und drehte einige Runden nahe des Hains, so dass sie sich von hier oben erst einmal nach Ralia umzusehen konnten.

Da sie wie jedes Glurak orange war, dürfte sie zumindest leicht zu sehen sein. Aufmerksam ließen Delion und Raelene den Blick schweifen. Beim Hain und um diesen herum war schon mal nichts von einem Glurak zu sehen, daher bat Raelene die beiden auch ein wenig vor dem Berg herumzufliegen. Je länger sie unterwegs waren, ohne einen Hinweis auf Ralias Verbleib zu finden, desto unruhiger wurde sie. Irgendwann waren sie sogar ein gutes Stück vom Berg entfernt, blieben mit ihrer Suche jedoch erfolglos.

Nach einiger Zeit beschlossen sie zu Endynalos und Gorgasonn zurückzufliegen. Raelene hielt weiterhin Ausschau nach Ralia, mit einem ernsten Gesichtsausdruck.

„Ich hätte zu ihr gehen sollen.“ Reumütig senkte Raelene den Kopf und spannte ihren Körper an. „Ralia hat irgendwie traurig ausgesehen, aber ich habe gezögert und dann gedacht, dass ich sie besser in Ruhe lassen sollte. Das war bestimmt ein Fehler.“

„Mach dir keine Vorwürfe, das konntest du nicht kommen sehen. Es ist nicht einfach, Ralias Stimmung zu deuten und darauf richtig zu reagieren.“ So überzeugt, wie Delion das sagte, musste er das aus seinen Beobachtungen für sich geschlossen haben. „Wir werden sie schon finden.“

Sanft landete Glurak wieder beim Hain, wo sie alle von Endynalos neugierig begutachtet wurden. Gorgasonn schlief immer noch, was Raelene aber nicht überraschte. Nach so einer langen Nacht musste sie auch furchtbar müde gewesen sein, obwohl sie ein Geister-Pokémon war.

Zuerst berichtete Raelene Endynalos, dass sie Ralia leider nicht gefunden hatten, bevor sie vor Gorgasonn auf die Knie ging und sie mit sanfter Stimme aufweckte. Nachdem Raelene anschließend auch ihr die Situation erklärt hatte, brachte Gorgasonn ihr Verständnis entgegen und ließ sich zurück in den Ball rufen.

„Ich weiß zwar nicht, wo ich mit dem Suchen anfangen soll, aber ich muss Ralia finden.“ Bittend sah sie Delion und Glurak an. „Sucht ihr weiter mit mir?“

Bestimmt war die Frage überflüssig, doch sie wollte lieber sichergehen, statt die beiden einfach automatisch zu verpflichten.

Zuversichtlich lächelte Delion ihr zu. „Natürlich suchen wir weiter mit dir. Stimmt's, Partner?“

Er sah über seine Schulter zu Glurak, der mit einem entschlossenen Nicken seine Zustimmung gab. Raelene nahm Delions Hand und erwiderte das Lächeln beruhigt. Auch Glurak nickte sie zu. Ohne ein Flug-Pokémon müsste sie sich sonst von einem Krarmor-Taxi helfen lassen, aber mit den beiden wäre sie wesentlich flexibler.

„Ich mache mir später Gedanken darum, warum Ralia weggeflogen ist“, sagte Raelene, mehr zu sich selbst. Es würde ihnen nicht helfen, wenn sie sich weiter selbst Vorwürfe machte. „Erst mal muss ich sie finden.“

„Und das wirst du. Davon bin ich überzeugt.“

Zügig holte Delion Endynalos' Pokéball hervor, um auch ihn zurückzurufen.

Erst nachdem er sichergestellt hatte, dass er Endynalos wieder sicher mit sich führte, nickte er zu Glurak hinüber. „Dann lass uns loslegen. Je früher wir anfangen, desto schneller haben wir sie gefunden.“



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