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Das Glück der Erde

von

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Ein Tor für einen Namen

Das Training war seit einer Stunde vorbei. Beinahe die komplette Mannschaft verließ den Platz; nur vier waren geblieben. Drei der Jungs, die sich auf der Zuschauertribüne gemütlich machten, sahen zeitgleich auf Genzo, der sich lässig und mit heruntergezogener Kappe gegen den Torpfosten gelehnt hatte und mit seinem linken Turnschuh den leicht abgenutzten Fußball am Wegrollen hinderte.

»Sagt mal wisst ihr, was mit Gen heute los ist?«, kam es plötzlich von Sho, der zwischen Kalle und Levin saß. Die Angesprochenen waren genauso überfragt, wie ihr Kollege.

»Erst kommt er zu spät zum Training und nun bleibt er hier und rührt sich nicht von der Stelle. Er scheint auf jemandem zu warten, seht ihr?« Levin, ein recht stiller, aber freundlicher Fußballer, deutete auf Genzos Hand, die kurz in seiner Jackentasche verschwand und mit einem gezückten Smartphone wieder hervorkam.

»Wen bitteschön soll er denn erwarten? Hat er einen Kumpel, von dem wir nichts wissen und von ihm abgeholt wird?«

»Vielleicht hat er auch eine Freundin, die er uns verheimlicht?«, scherzte Sho, wobei die Idee gar nicht mal so abwegig klang. Genzo war als Topkeeper weltberühmt und viele seiner Kollegen hatte man des öfteren mit reizenden Damen gesehen. Er allerdings war da ganz anders. Nie gab es Anzeichen dafür, dass er eine Freundin hatte. Manche behaupteten gar, dass er sich anders umorientierte und eher die Gesellschaft von Männern genoss, was er allerdings lachend abstritt. Ganz der Profi erklärte er der Presse einst, dass er wegen seines Berufes leider nie wirklich die Zeit fand die ganz Besondere für eine langfristige Partnerschaft zu finden, aber zuversichtlich wäre, dass es eines Tages der Fall sein könnte. Seine Freunde wussten ganz genau, dass es für Genzo ein Kinderspiel wäre sich eine Freundin zu angeln. Er war nicht nur ein erfolgreicher Profispieler, was bereits ein Pluspunkt in der Partnersuche war, er war auch wirklich gutaussehend. Wie laut die Mädchen seinen Namen schrien, wenn die Rotburger ins Stadion eintraten und an die Fanmassen vorbeigingen. Das einzige, was der Keeper tat, war ihnen Autogramme zu geben, ein paar Selfies zu schießen oder ihnen einfach nur lächelnd zuzuwinken. Karl fand es bemerkenswert, wie professionell und mit solch einer Souveränität er damit umging. Er wusste auch, dass, sobald man zu der Prominenz gehörte, die ganze Welt auf einem schaute. Skandalfreie Berühmtheiten waren überaus selten und Genzo hatte es bis jetzt geschafft eine reine Weste zu haben und galt bis heute als Vorbild für viele Menschen weltweit.

Nicht schlecht, Alter, dachte der Fußballkaiser lächelnd. Mach weiter so. Starallüren würden ohnehin nicht zu dir passen.

»So Jungs, ich will wissen, was mit Gen los ist«, streckte sich Sho und rieb sich den Nacken. »Kommt ihr mit?«

»Das fragst du noch?«, lachte Levin und stand ebenfalls auf. Alle drei machten sich bereit auf ihn zuzugehen, da preschte plötzlich ein Pferd an ihnen vorbei und galoppierte wiehernd Richtung Fußballfeld. Levin erschrak sich so fürchterlich, dass er rücklings auf den Boden landete und einen lauten Schrei ausstieß. Sho und Karl taumelten zurück und Karl wäre das selbe Schicksal ereilt, hätte sein Kumpel ihn nicht rechtzeitig aufgefangen.

»Was zum Teufel?!« Levin verschlug es die Sprache und auch den anderen erging es nicht anders. Selbst Genzo war vom plötzlichen Auftauchen des Pferdes erschrocken und starrte regelrecht auf das Tier samt Reiterin.

»Also, kleiner Balljunge«, sagte sie gleichgültig und hielt die Zügel locker in ihrer Hand. »Da bin ich. Bringen wir es hinter uns.« Sie stieg von Dilas ab, band einen losen Knoten um den Sattelknauf, dann trabte das Tier ein paar Schritte voraus, als er den sanften Klaps auf die Flanke spürte.

»Okay wow. Ich bin auf einiges vorbereitet gewesen, aber nicht auf das«, musste Genzo lachen, als er seine Fassung wiedererlangte.

»Genzo, wer zum Teufel ist dieses Mädchen?!«

»Und warum kommt sie mit einem Pferd hier an?!«

Der Keeper sah zu Karl und Sho, die mit Fragen nur so um sich schmissen.

»Wer bist du?«, wollte Levin in aller Aufregung wissen und rieb sich weiter seinen Allerwertesten. »Was machst du hier? U... und wie bist du ins Vereinsgelände reingekommen?! U... und das Pferd?!«

Die junge Frau sah sie unbeeindruckt an. Dann richtete sie ihren Blick wieder auf Genzo, die ungeduldig ihre Arme verschränke. »Können wir jetzt endlich mal anfangen, oder hast du keine Lust mehr, du Wundertorhüter?«

»Jetzt mach doch mal langsam, wir fangen gleich an. Ich habe dem Personal gebeten das Vereinsgelände offen zu lassen, weil ich... nun ja... jemanden hierher eingeladen habe. Und da steht sie«

»Ja, schön... aber wer ist das jetzt?«, stellte Karl erneut mit zunehmender Ungeduld die Frage.

»Das ist der Grund, warum sie hier ist«, antwortete Genzo lächelnd. »Ich selbst kenne auch nicht ihren Namen, daher habe ich mit ihr einen kleinen Deal ausgehandelt. Wenn ich ihre Bälle halte, verrät sie mir, und auch euch, ihren Namen. Wenn auch nur ein Ball hinter die Torlinie gerät, werde ich aus ihrem Leben verschwinden«

»Okay... und das Pferd?«

»Gehört mir«, antwortete sie Sho. »Sein Name ist Dilas und da ich heute mit ihm ausreite, kam mir der kleine Umweg hier gerade recht. So, können wir jetzt endlich beginnen? Ich habe keine Lust weiter meine Zeit hier auf diesem... Vereinsgelände zu verbringen«

»Was denn, was denn?«, stichelte Genzo und kickte ihr dann den Ball zu, den sie mühelos mit ihrem Fuß abfing. »Gefällt es dir hier bei uns etwa nicht?«

»Nein«, sagte sie knapp und kickte ein paar Mal den Ball mit ihrem Knie.

»Du magst offenbar kein Fußball, kannst aber so was?«

»Fußball ist langweilig und unnötig«, gab sie lässig zurück und ließ weiter den Ball auf ihrem Knie tänzeln. »Und meine Talente in diesem Sport beschränken sich auch nur aufs Kicken. Richtig spielen kann ich nicht, falls du fragen solltest. Mein Bruder und manchmal auch mein Vater „zwangen“ mich mit ihnen ein bisschen mit dem Ball zu spielen, wenn ich gerade nichts besseres mit meiner Zeit anfangen konnte und ich Langeweile hatte. Jungs und ihr bescheuerter Fußball.«

Sie stoppte und sah beinahe abwertend zur Männergruppe. »Wieso man euch für das hier feiert, werde ich nie verstehen«

»Und was macht dich besser als uns?«, fragte Levin und stemmte eine Hand auf seine Hüfte.

»Ich bin professionelle Springreiterin mit Leib und Seele. Der Pferdesport ist anspruchsvoll, aber doch nicht... das.« Sie deutete auf das ganze Gelände um sich herum. »Und wer sagt, dass ich angeblich besser als ihr bin? Ich sagte nur, dass Fußball langweilig und schwachsinnig ist. Ich bin nicht ein gewisser Torwart, der mit seinem Ruhm und Status angibt und gerne mein geliebtes Pferd beleidigt«

»Darauf wirst du wohl ewig... herumreiten, oder?« Genzo entschuldigte sich sofort für dem Wortwitz, konnte aber das leise Lachen seiner Teamkollegen dennoch nicht verhindern.

»Stell dich gefälligst ans Tor oder ich verschwinde wieder!«

»Ist ja gut, du brauchst hier nicht gleich die Zicke spielen«, hob Genzo beschwichtigend seine Hände. »Drei Versuche gebe ich dir und wenn sie alles Nieten sind –«

»Dann sage ich dir meinen Namen. Hör auf dich zu wiederholen.«

Die Jungs machten ihr Platz, sodass die Beiden endlich mit ihrem kleinen Duell beginnen konnten. Sie legte den Ball bewusst auf den Elfmeterpunkt. Genzos Fähigkeiten waren selbst ihr bekannt und er galt in der Fußballwelt als unbezwingbarer Gegner, der in der Lage war nahezu jeden Ball außerhalb des Strafraums zu halten. Nur den wenigsten war diese Leistung jemals geglückt. Einer von ihnen, der Wakabayashi bezwang, war Shunko Sho – Der Shunko Sho, der in diesem Moment zusammen mit Karl – Heinz und Levin am Platz stand und sich das kleine Duell ansah. Beeindruckend, gab sie gedanklich zu und konnte von sich aus nicht erwarten, dass auch ihr dieses Glanzstück gelänge. Das wollte sie auch nicht. Sie fand den Japaner einfach nur überheblich und nervig und wenn der kleine Ball auch nur einen Millimeter hinter der Torlinie rollte, wäre das Grund genug für sie sich zu freuen ihn nie wieder sehen zu müssen.

»Schieß einfach, wenn du bereit bist!«, rief er ihr zu und beobachtete sie ab da ganz genau, was sie als Nächstes tat.

Sie nickte und ging langsam ein paar Schritte zurück, um Anlauf zu nehmen. Sie atmete tief ein und konzentrierte sich.

Dann wollen wir mal. Sie schoss. Der Ball flog relativ mittig Richtung Tor. Für Genzo war das kein Problem ihn zu halten – sogar mit nur einer Hand. Dabei ging er nur zwei Schritte nach rechts und streckte seinen Arm aus, sodass der Ball beinahe einladend in seine Handfläche landete

»Das geht besser«, sagte er grinsend und warf ihr den Ball zu, den sie mit ihrem Oberkörper abfing. »Zwei Versuche hast du noch!«

Sie legte den Ball wieder auf den Elfmeterpunkt, konzentrierte sich erneut und schoss ein zweites Mal. Dieses Mal war dieser Schuss besser platziert und kam der rechten Torecke nahe.

Genzo musste sich etwas mehr anstrengen, um sich diesen Ball zu schnappen. Er hechtete sogar, pflückte das runde Leder aus der Luft und landete mit einer Rolle neben dem Tor.

»Okay der Schuss war besser, nicht schlecht!«, lobte er und selbst ihre Zuschauer waren positiv überrascht von ihrer Schusskraft. Für ein Mädchen wirklich nicht übel, auch, wenn da noch eine ganze Menge Luft nach oben war.

Der Ball rollte zu ihren Füßen, während Genzo seine Handschuhe richtete.

»Ein letzter Versuch noch, dann wissen wir endlich, wie du heißt.«

Der kleine Fußball rollte zur jungen Frau und blieb vor ihren Schuhspitzen stehen.

»Vielleicht sollten wir doch aufhören und sagst ihn uns jetzt?«, grinste Genzo und war sich seines Sieges absolut sicher – ein fataler Fehler, wie sich zeigte.

»Genzo, lauf!«, schrie Karl seinen Freund plötzlich an. »Sie setzt zum Schuss an! Beeil dich!«

Der Keeper bemerkte, wie das Mädchen den Ball so fest in die andere Ecke trat, dass er bereits die Hälfte der Strecke hinter sich legte und jeden Moment im Netz zappelte. Wie ein geölter Blitz jagte Genzo entlang des Tores und sprang erneut.

Jetzt hab ich dich, Balljunge, lächelte sie schwach und sah den Keeper Richtung Ball springen.Den schaffst du niemals... was?!

Unglaublich. Er konnte den Ball tatsächlich wegfausten, noch bevor es die Torlinie überschritt! Der Keeper landete seitlich aufs Gras, der Ball kullerte ins Aus.

Das Mädchen starrte fassungslos auf das kleine runde Ding, der Mund stand ihr sperrangelweit offen.

Himmel, Arm und Zwirn war das knapp. Sie hatte tatsächlich Genzos Unachtsamkeit ausgenutzt und geschossen. Karl war schwer beeindruckt, dass sie den Keeper so leicht überlisten konnte und auf eine günstige Gelegenheit wartete, um zuzuschlagen.

»Das nächste Mal solltest du besser aufpassen, Gen«, rief der Fußballkaiser ihm zu. Das Einzige, was er als Antwort bekam, war nur ein ausgestreckter Arm mit einer geballten Faust in der Luft.

»So, Kleine!«, sagte Genzo lauthals, stand auf und richtete sich seine Uniform samt Kappe zurecht. »Drei Versuche hattest du und ich habe sie alle abgewehrt. Jetzt fordere ich meinen Preis!«

Sie seufzte enttäuscht. Natürlich war es vornherein klar gewesen, dass sie niemals ein Tor gegen Genzo schießen konnte. Bitter war die Niederlage dennoch, grade beim letzten Schuss, wo sie sich so sicher war, dass er rein ginge. Sie schloss die Augen und drehte sich wortlos um.

»H – hey, warte!«, ging er auf sie zu. »Du kannst doch nicht einfach –«

»Goldstein.«

Die Jungs sahen ihr stumm nach, als sie Dilas mit einer simplen Handbewegung zu sich rief und sanft schnaubend vor ihr stehen blieb.

»Elena Goldstein. Und jetzt werde ich gehen«

»Warte doch mal«, stoppte Genzo sie erneut und hörte bereits das genervte Seufzten der Reiterin.

»Was willst du denn noch von mir, du Spinner?«

»Ich hoffe du bist nicht allzu nachtragend, weil ich die Bälle gehalten habe«

»Warum sollte ich?«, fragte sie offen verwundert. »Ich habe nie daran geglaubt ein Tor reinmachen zu können. Ich weiß doch, worauf ich mich letztendlich eingelassen habe. Sonst noch etwas?«

»Da wir jetzt deinen Namen wissen, wird es Zeit dir meine Kollegen hier vorzustellen. Also das sind –«

»Stefan Levin, Shunko Sho und Karl – Heinz Schneider«, nahm sie ihm prompt die Arbeit ab. »Ich mag Fußball zwar nicht besonders, aber ich komme nicht drumherum eure Namen zu kennen... und die dazu passenden Gesichter. Euer toller Sport ist einfach zu omnipräsent und das macht mich wahnsinnig. Ständig das Gegröle der Zuschauer und diese albernen Fußballhymnen. Ganz zu schweigen von den rauflustigen Idioten, die meinen überall eine Schlägerei anfangen zu müssen oder mit Bengalos Chaos anzurichten, aber dafür könnt ihr Spieler ja nichts«

»Ja, das ist so eine Sache, die mich auch stört, aber was sollen wir schon großartig machen, außer unseren Fans klarzumachen, dass das nicht geht?«, entgegnete Sho ihr mit betrübter Mimik. Auch den Jungs ging es ähnlich. Immerhin sollte Fußball in erster Linie für alle ein großartiges Erlebnis sein und die „Kämpfe“ sollten vornehmlich auf dem Feld stattfinden.

»Hey, aber bei den Fußballhymnen kann man gut mitsingen«, kam es erneut von Sho und begann eines von ihnen zu singen. Es dauerte nicht lange, da stimmten die Jungs mit ein, legten ihre Arme um ihre Schultern und trällerten jede Strophe in voller Euphorie nach.

Elena wich mit Dilas ein paar Schritte zurück und war sichtlich verstört über den albernen Anblick des Quartetts, die noch immer ihren Spaß an ihren... sagen wir... „bescheidenen“ Gesängen hatten und gar nicht mehr damit aufhören wollten oder konnten.

»Genau das meinte ich...«, sagte sie zu sich, während die Fußballer weiter herumalberten und die hübsche Reiterin fast zu vergessen schienen.

Schnell entknotete sie die Zügel und schwang sich auf den Sattel.

»Willst du etwa schon weg, Elena?«, bemerkte Levin sie, nachdem er als erster aufhörte zu singen. Dann beendeten der Rest ihr Gesinge und sahen die junge Frau neugierig an.

»Bleib doch noch ein bisschen«, meinte Sho daraufhin und sah fast schon hoffnungsvoll zu ihr hinauf. »Wäre echt schade, wenn du schon gehst«

»Warum um alles in der Welt sollte ich noch bei euch bleiben?«

»Du hast einen starken Schuss drauf«, sagte Karl anerkennend. »Vielleicht hast du ja Lust hin und wieder mit uns zu kicken? Was meinst?«

So ein Angebot machte Karl selten und schon gar nicht bei einem Mädchen, aber der Profispieler hegte gewisse Sympathien für die junge Frau und er merkte, dass die Jungs sie ebenso gerne um sich hatten. Besonders sah er zu Genzo, dessen grünen Augen sie geradezu fixierten. Wie am Tor vorhin, als er ihre noch so kleine Bewegung analysierte, bevor sie schoss. Dieser Blick jedoch. Dieser eine, den er ihr gerade zuwarf, der war anders...

»Ist... ist das dein ernst?«, fragte sie und grinste verunsichert. »Ich soll mit euch spielen?«

»Also von meiner Seite aus spricht nichts dagegen«, sagte Levin heiter.

»Auf hübsche Gesellschaft kann ich doch nicht verzichten«, posaunte Sho drauf los und grinste dabei breit. »Besonders dann nicht, wenn sie offenbar ein Talent für unseren Sport hat«

»Ich kicke nur und spiele nicht«, korrigierte sie den sympathischen Chinesen. »Und du hast überdies auch deinen wahren Grund genannt, warum ich mit euch rumhängen soll«

»Wäre das denn so verkehrt?«

Das Zwinkern sprach eine deutliche Sprache. Sho, der alte Schwerenöter, dachten sich die Jungs. Kaum sah er ein hübsches Gesicht, schon ging er in die Vollen. Übel nahmen sie es ihm gewiss nicht. Elena war wahrlich bildhübsch. Und Genzo konnte noch immer nicht seine Augen von ihr lassen, was Karl schon seit einer Weile auffiel und sich allergrößte Mühe gab ihn nicht vor versammelter Mannschaft damit aufzuziehen.

»Hör mal, wir sind keine Verrückten oder Perversen, die dir an die Wäsche wollen«, versuchte Levin ihr die Zweifel zu nehmen. »Wir sind wirklich ganz nette Jungs, die keiner Fliege was zu Leide tun. Ich zumindest finde dich echt cool und würde mich freuen mehr von dir zu hören«

»Wenn du mehr von mir hören willst, Herr Stefan Levin, dann würde ich dir raten deine ganze Lebenszeit nicht auf den Fußball zu beschränken und stattdessen andere Sportarten im Augenschein zu nehmen. Besonders dort, wo der Name „Goldstein“ geläufig ist. Mehr sag ich dazu nicht mehr und um nochmals auf dein Angebot zurückzukommen, Fußballkaiser, ich kann dir nichts versprechen«

»Aber das ist auch kein „nein“«, freute sich Sho, was die Anderen nur mit einem amüsierten Augenrollen erwiderten.

»Goldstein«, wiederholte Levin ihren Familiennamen. »So, wie du ihn betonst, klingt das so, als wäre er bekannt.«

Sie seufzte frustriert und rieb sich den Nasenrücken. »Da sieht man mal wieder, wie beschränkt Fußballer eigentlich sind. Denkt ihr auch mal an etwas anderes, als an euren blöden Ball?«

»Ich habe mich schon gefragt, wann du wieder deine Zähne zeigst, kleine Ponyhalterin.« Genzo hatte genug stiller Zuhörer zu sein und entschied wieder das Wort zu ergreifen.

»Wie geht’s denn deiner Kappe?«, fragte sie schnippisch und sofort zog sich der Magen des Japaners zusammen, als sie ihn darauf ansprach. »Alles noch dran?«

»Was meint sie denn damit?«, fragte Kalle neugierig und Genzo hatte die Blicke seiner Jungs auf sich.

»Gar nichts«, antwortete er zügig. »Es ist nichts. Nur ein bisschen am Schild ausgefranst, mehr nicht.«

Dieses plötzlich auftauchende, boshafte Grinsen gefiel Genzo absolut nicht. Es hatte ihn Zeit und Mühe gekostet seiner Mannschaft und Rudi Schneider zu erklären, warum er heute Morgen zu spät kam. Der Klassiker war, er habe verschlafen und seinen Wecker nicht gehört. Sie ließen es stehen, so richtig glauben konnten sie ihn dennoch nicht, da Genzo bekannt für seine Pünktlichkeit war und er für gewöhnlich als Erster am Feld stand und sich aufwärmte und daher ein zu spät kommen für ihn mehr als ungewöhnlich war.

»Ausgefranst nennt sich das heute«, kicherte sie süffisant, was die Jungs noch stutziger machte. »Ich verstehe«

Bitte nicht, flehte er sie im Geiste an nichts zu verraten und sein Blick war so verzweifelt gewesen, dass Elena wirklich überlegte ihn auffliegen zu lassen. Verdient hätte er es, denn jetzt mal im ernst, wie konnte man so blöd sein und unerlaubt in eine Koppel einsteigen? Wusste er bis dahin nicht, wie gefährlich das sein konnte? Und das alles wegen einer bescheuerten Kappe? Der Keeper hatte großes Glück, dass nichts schlimmeres passiert war und er gesund und munter vor seinen Freunden stand.

Statt die ganze Geschichte zu erzählen, schnalzte sie kurz mit der Zuge und Dilas trabte langsam Richtung Ausgang.

»Das Angebot steht noch!«, rief Karl ihr nach, doch sie winkte ihm nur zu und verschwand in einem schnellen Galopp vom Vereinsgelände.

Minutenlang herrschte bei den Fußballern rege Stille. Verarbeiteten, was gerade passierte, bis einer von ihnen wieder seine Stimme erhob, aber den Blick nicht vom Ausgang abwenden konnte.

»Leute«, kam es ruhig aus Shos Mund heraus. »Ich glaub ich bin verliebt!«

»Oh Gott...«, jammerte Kalle und hörte um sich nur noch schallendes Gelächter ertönen.
 

Daheim in seinem Appartement ging Genzo nur mit einem Handtuch bekleidet ins Wohnzimmer, schnappte sich sein Notebook und fuhr ihn hoch. Noch immer kreisten seine Gedanken an dem heutigen Tag und besonders Elena tauchte immer wieder vor seinem geistigen Auge auf.

»Elena Goldstein«, summte er ihren Namen, bevor er diesen in eine Suchmaschine eingab und auf Enter klickte. Unzählige Artikel rund um die Reiterin blitzten auf. Ein Ausnahmetalent im Reitsport hieß es dort. Eine neue Reitkünstlerin im Springen, die mindestens einen Platz auf dem Siegertreppchen belegte.

»Oh, richtig«, merkte er lächelnd an. »Sie sagte ja, dass sie Profireiterin ist.«

Er las sich die Artikel weiter durch und betrachtete auch die Fotos, die während der Turniere geschossen wurden, aber auch welche, wo sie als Model für diverse Sportmagazine stand. Manchmal auch mit ihrem Pferd Dilas, welcher als „Juwel unter den Springpferden“ bezeichnet wurde.

»Hmm«, murmelte er leise. »Sie ist in eine Pferdefamilie hineingeboren und hat sogar in ihrem Debüt – Turnier gleich Rang Eins belegt? Nicht schlecht.«

Er schloss die Artikel und ging gleich auf deren edel eingerichteten Webseite rein. »Das Goldsteingestüt züchtet und trainiert qualitativ hochwertige Akhal – Tekkiner, die als eine der ältesten Pferderassen gilt«, las er ein Teil der Beschreibung durch. »Dank ihres unermüdlichen Einsatzes des Gründers und seiner Familie konnte diese edle Pferderasse auch im Westen zu noch größerer Beliebtheit in der Pferdesportszene erlangen und seitdem gilt das Goldsteingestüt zurecht als eine der renommiertesten Anlagen Europas und genießt selbst außerhalb der Reiterei hohes Ansehen...«

Die Fotos sprachen für sich. Die Ställe, die Reithallen, die riesige üppige Weide und natürlich die Pferde selbst, von denen die besten steckbrieflich vorgestellt wurden oder aber auch zum Verkauf angeboten wurden, welche nicht wenige die Preise von Sportwagen hatten! Bei den Zahlen musste Genzo schlucken und überlegte fast, ob er eventuell den falschen Beruf ausgesucht hatte, wenn er sah, wie lukrativ der Pferdesport eigentlich war. Bei dem Gedanken lachte er leise auf. Nein. Er war rundum glücklich mit dem Leben, welches er führte und er würde seinen geliebten Fußball für keinen anderen Sport dieser Welt eintauschen.

Bis tief in die Nacht durchstöberte der Keeper nach weiteren Infos über sie. Über Elena Goldstein, der talentierten Reiterin, die das Interesse des jungen Mannes erweckte.



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