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Die Rumtreiber und der Fluch des Siegelrings

Slow Burn Remus/Sirius | abgeschlossen
von

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Die Schatten werden länger - Januar 1976 (3/5)

Er fragte sich, wie es wohl für andere war. Für die Menschen, die nicht ihr ganzes Leben nach einem monatlichen Rhythmus ausrichteten. Fremdbestimmt. Die nicht von anderen Vertrauensschülern gefragt wurden, ob sie mal wieder ihre Tage hatten, wenn sie monatlich Familiennotfälle, schief gegangene Zauber und andere Zwischenfälle vortäuschten, um ihre Abwesenheiten von Kontrollgängen in den Korridoren erklären zu können. Die nicht davon getrieben waren, ihr inneres Selbst zu verstecken und zu hoffen, dass niemand hinter ihr schmutziges Geheimnis kam. Die nicht bei jeder absehbaren Schwierigkeit dachten: Nicht auch noch das.

Wie es wohl war, sich keine Sorgen zu machen?

„Lily, warte bitte!“ Remus hatte sie nach Muggelkunde angesprochen und dann war ihr Gespräch irgendwie schiefgelaufen. Nun lief er ihr mit klappernder Tasche hinterher und es kam ihm vor, als liefe er schon sein ganzes Leben lang nur hinterher: Irgendwie waren ihm die anderen immer einen Schritt voraus, hatten ihm immer den Rücken zugewandt und spähten ab und zu über die Schulter, ob er noch da war.

Würde es sie stören, wenn nicht?

„Worauf denn noch, Remus? Darauf, dass du es mir sowieso nicht erklärst? Du hast klar gemacht, dass du es mir nicht sagst, warum du so ein Waschlappen bist! Also – worauf?“ Da stand sie, die Hände in die Hüften gestemmt, und hatte Recht. Denn wirklich, warum sollte Lily sich mit ihm abgeben? Warum sollte irgendjemand das tun? Entweder Remus belog die Menschen in seinem Umfeld und verheimlichte ihnen etwas, oder sie würden sich sowieso zurückziehen, sobald sie die Wahrheit über ihn erfuhren. Es war ja nicht so, dass er nur eine hässliche Nase hatte oder vielleicht etwas streng roch. Nein, er war eine tickende Zeitbombe, wie seine nichtmagische Mutter es einmal ausgedrückt hatte. Vor vielen Jahren, im Gespräch mit seinem Vater, als sie dachten, ihr Sohn sei bereits eingeschlafen.

Die Wahrscheinlichkeit, dass sich ihm gegenüber noch mal jemand so verhalten würde wie Sirius, James und Peter, war gleich Null. Das war schon mehr, als er sich jemals erhofft hatte. Mehr, als er verdient hatte.

Remus stockte und senkte den Blick. „Ich… Es tut mir leid.“

„Ganz ehrlich, ich bin es leid, dass irgendwelche Jungs vor mir stehen und sagen, es tut ihnen leid! Severus, Potter und jetzt du auch noch! Wenn es euch so leidtut, dann tut es einfach nicht und benehmt euch einfach mal wie normale Menschen!“, rief sie entrüstet.

Dass er betreten nickte, schien Lily jedoch etwas zu besänftigen. „Ich versteh schon, dass sie dir wichtig sind. Für mich ist Hogwarts und alles hier auch wichtig. Ich will auch dazugehören. Du weißt…“, sie zögerte, als sie sich im bereits völlig verlassenen Muggelkunde-Korridor auf eine Fensterbank setzte, „ich bin muggelstämmig. Ich hab‘ früher nicht verstanden, was das Problem damit ist, aber inzwischen weiß ich es. Also. Nicht Problem, aber… naja. Und –“, ihre Stimme stockte wieder und fuhr dann etwas leiser fort, „Es ist nicht leicht. Ich hab‘ sogar den Eindruck, es wird immer schlimmer. In letzter Zeit sind wirklich hässliche Dinge passiert. Weißt du, Davey Gudgeon? Kurz vor Halloween haben sie mal wieder versucht, so nah wie möglich an die Peitschende Weide ranzukommen, wie immer. Er hat beinahe ein Auge verloren. Sie sagen zwar, es war ein Unfall, aber Mary Macdonald schwört, sie hat gesehen, dass Timothy Mulciber ihm einen Stolperfluch aufgehalst hat mit den Worten „«Bloß nicht fallen, Schlammblut!».“

Ihr Blick war verletzt, aber entschlossen. „Ich wünschte, ich hätte ihn dafür drankriegen können. Aber ich kann nicht überall gleichzeitig sein und… Und ich finde einfach, wir sollten nicht dazu beitragen, dass noch mehr gegeneinander gekämpft wird als ohnehin schon.“

„Ich weiß“, sagte Remus leise und lehnte sich neben ihrer Fensterbank mit dem Rücken an die Wand. „Du hast Recht.“

Er starrte den Wandbehang gegenüber an, auf dem zwei ehrwürdige Hexenmeister um Galleonen zu spielen schienen. Als sie Remus‘ Blick bemerkten, zogen sie sich ihre Hutkrempen tiefer in die Gesichter.

„Weißt du… Ich verstehe das einfach nicht“, sagte Lily nach einer Weile und ihre Stimme klang gar nicht mehr wütend. „Severus war früher so lieb zu mir. Und in letzter Zeit hängt er mit genau solchen Typen wie Mulciber rum. Ich meine, die treffen sich natürlich im Gemeinschaftsraum und lernen sich da kennen und so. Oder spielen Quidditch zusammen. Und natürlich sitzt niemand von denen in Muggelkunde, obwohl es ihnen echt guttun würde, wenn du mich fragst.“ Lily schnaubte, dann fuhr sie bitter fort: „Ich hab‘ Severus damals gefragt, ob er den Kurs mit mir machen will. Als wir die Fächer wählen mussten, weißt du. Ich bin gleich morgens beim Frühstück zu ihrem Tisch rübergegangen, aber anstatt zu antworten, ist er nur auf seinem Platz rumgerutscht und hat mich nicht mal angesehen. Als wäre ich gar nicht da.“ Remus war sich sicher, dass er Lilys Stimme ein wenig brechen hörte. Ein Schauer lief ihm über die Arme, denn er wusste ganz genau, was sie meinte. Dann räusperte Lily sich. „Aber wie Potter und Black sich aufführen, geht auch überhaupt nicht. Ich glaube, vielleicht haben sie gar nichts gegen die Dunklen Künste oder irgendwas für Muggel und Muggelstämmige übrig. Sie hassen einfach nur Severus. Auf den haben sie sich eingeschossen. Potter ist auch Reinblüter und Professor Binns hat gesagt, die Familie Black ist sogar berühmt für –“

„Sirius ist nicht wie die anderen Blacks“, sagte Remus bissig und drehte sich mit scharfem Gesichtsausdruck zu ihr. Er hatte gar nicht so hart sprechen wollen, aber manchmal hatte er sich nicht im Griff, so sehr er sich auch zu kontrollieren suchte.

Lily schien verdutzt, lenkte dann aber schnell ein. „N-nein, natürlich nicht. Das wollte ich auch nicht sagen. Dieser Regulus zum Beispiel ist ganz anders als Sirius. Er ist echt unheimlich, obwohl er erst in der Dritten ist. Ich habe ihn in der Großen Halle mit diesem Siegelring angeben sehen, der angeblich verflucht ist.“

Remus wusste ganz genau, welchen Ring Lily meinte. Sirius hatte es ihm über die Sommerferien in einem Brief berichtet: Eigentlich hätte der ältere Bruder das Schmuckstück mit dem Wappen der Blacks selbst erben sollen, aber als er sich geweigert hatte, es zu tragen, hatte Regulus ihn bekommen. Am letzten Tag vor den Herbstferien war Sirius Regulus aufgelauert und hatte dem kleinen Bruder den Ring wieder abgenommen. Er hatte ihn Remus und Peter während der Herbstferien gezeigt, einen protzigen, silbernen Siegelring. Was dann damit passiert war, wusste Remus nicht. Aber er erinnerte sich noch ganz genau an Sirius‘ Gesichtsausdruck, der unter seinem frechen Grinsen versteinert ausgesehen hatte.

Das war kurz vor diesem Herbstferien-Abend im leeren Schlafsaal gewesen.

„Ich meine nur…“, sagte Lily mit einem Tonfall, der hoffte, dass Remus ihr widersprach, „wenn die beiden sagen, dass sie gegen Severus sind, dann glaube ich irgendwie nicht, dass Muggelfreundschaft der wirkliche Grund ist.“

Das glaube ich auch nicht, dachte Remus und rief sich bildlich vor Augen, wie James seit Monaten versuchte, Lilys Aufmerksamkeit zu erhaschen, wenn sie in der Nähe war.

Er, Remus, würde sich niemals so peinlich aufführen, egal, wie gut er jemanden fand. Mal abgesehen davon, dass es für ihn ohnehin keine Hoffnung auf Vertrauen und Familie gab.

„Ich halte sie ihm Zaum“, sagte Remus und schaute Lily direkt in die Augen. „Versprochen.“



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Kommentare zu diesem Kapitel (1)

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Von:  Centranthusalba
2023-10-08T13:26:15+00:00 08.10.2023 15:26
Hehehe 🤭 ich liebe es, wenn Protagonisten sich ganz fest etwas vornehmen, wovon der Leser bereits ahnt, dass das nichts wird. Sich niemals peinlich aufführen, egal wie gut er jemanden findet…
Ich lehne mich zurück und warte 😅
Antwort von:  behrami
08.10.2023 18:18
Haha, also wenn das etwas ist, was dir gefällt, werden die folgenden Kapitel dir auch was geben :D
Antwort von:  Centranthusalba
08.10.2023 18:58
🤗🤗🤗
Btw wie viele Kapitel werden es denn?
Antwort von:  behrami
08.10.2023 22:02
Wenn ich mich nicht verzählt hab, sind es 32 Abschnitte unter 7 Titeln bis zum (vorläufigen) Ende.
Ich hab noch ein zweites (zeitlich danach liegendes) Ende geschrieben, damit wären es dann 33 unter 8 Titeln.
Als Beispiel: Prolog und "Die Schatten werden länger" sind die ersten zwei Titel und umfassen dann zusammen 6 Abschnitte. Die ganz Story hat knapp 60.000 Wörter.
Antwort von:  behrami
08.10.2023 22:02
Hab gerade überlegt, ob ich die Abschnitte doch einfach in Kapitel packe. Allerdings sind die einzelnen Kapitel dann recht lang und da die Abschnitte schon immer abgeschlossene Szenen sind, fand ich's bisher so übersichtlicher... lass gern hören, was du denkst.
Antwort von:  Centranthusalba
08.10.2023 23:28
Also das ch funde die optimale Kapitellänge liegt so zwischen 1.500 und 3000 Wörtern. Ich will ja schließlich nicht Urlaub nehmen müssen um es zu lesen 😉
So wie ich es verstehe, entsprechen deine Abschnitte den Kapiteln. Ist in Ordnung. Und so in sich abgeschlossene Szenen pro Kapitel sind auch eine Gute Orientierungsgröße.


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