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Die Rumtreiber und der Fluch des Siegelrings

Slow Burn Remus/Sirius | abgeschlossen
von

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Macht kommt von machen - Juni 1976 (6/9)

Als Remus am nächsten Morgen aus dem Schlafsaal nach unten kam, spürte er gleich, dass etwas anders war als sonst. Die Erst- und Zweitklässler hatten einen großen Tisch Koboldsteine aufgebaut und der ganze Raum roch nach der Stinkflüssigkeit, die verspritzt wurde, wenn jemand verlor. Dennoch kreischten und gackerten sie nicht so laut wie normalerweise.

Hailey Cattermole und Mary Macdonald saßen in einer Ecke und unterhielten sich tuschelnd. Aus ihren Gesichtern war zu lesen, dass sie einerseits über etwas amüsiert waren, andererseits aber auch ernst. Abseits und allein lag James Potter auf einem Sofa und fing immer wieder den Schnatz ein, den er geklaut hatte. Sein Gesicht war gezeichnet von einem hässlichen Schnitt, der sich von der Schläfe quer über die Wange bis zur Nase zog. Vor dem Feuer baute Sirius Black ein Kartenhaus aus explodierenden Spielkarten, aber zeigte nicht sein übliches siegesgewisses Grinsen dabei, sondern starrte nur unbeweglich geradeaus. Peter Pettigrew hockte stumm daneben und las in einer Quidditch-Zeitung.

„Was ist hier los?“, fragte Remus, der sich zwischen Peter und Sirius in einen leeren Sessel setzte. „Warum sind alle so still?“

„Also. Hailey und Mary haben eben darüber geredet, dass Snape gestern Abend noch vor unserem Gemeinschaftsraum aufgetaucht ist und unbedingt mit Lily Evans reden wollte. Mary hat Lily irgendwann rausgeholt, denn Snape hat gedroht, sonst vor dem Portrait der fetten Dame zu übernachten. Das war, als du schon hoch gegangen warst, Moony. Lily ist dann kurz zu Snape hin und ich hab‘ gesehen, wie sie danach, also gestern Abend noch, auch noch wieder reingekommen ist. Aber sie hat sich nur ihren Umhang geschnappt und ist dann wieder abgezischt. Aber James hat jetzt eben heute Morgen mitgehört, dass Hailey glaubt, Lily habe sich die ganze Nacht mit einem Jungen rumgetrieben oder sowas. Sie war über Nacht jedenfalls nicht im Schlafsaal. Als James dann bei Hailey noch mal nachgefragt hat, welchen Jungen sie meint, hat sie nur geantwortet, das ginge eine narbige Kaulquappe wie ihn nichts an. Und dann ist er sauer geworden und hat rumgebrüllt. Guck, da ist noch das Loch im Teppich.“ Peter deutete mit dem Finger auf ein frisches Brandloch. Remus hob die Augenbrauen und musterte Sirius, doch der schaute ihn nicht an.

„Ich wollte gerade hoch gehen und dich fürs Frühstück wecken. Gehen wir runter?“

„Ja, gerne.“ Remus‘ Magen knurrte und er wusste, dass es einer der letzten Morgen sein würde, bevor er vor Vollmond wieder den Appetit verlor. Die drei standen auf und schauten James an. Auch wenn Remus sich sicher war, dass er sie wahrgenommen hatte, macht er keine Anstalten, ihnen zu folgen. Offensichtlich wollte er allein sein, also verließen sie ohne James den Gemeinschaftsraum.

„Wie kann Lily immer noch mit Snape rumhängen, nach dem was er zu ihr gestern gesagt hat?“, fragte Sirius unterwegs.

„Keine Ahnung“, pflichtete Peter ihm bei, „Vor allem weil er Krone fast umgebracht hat.“

Und auch Remus fiel es schwer, noch eine Entschuldigung zu finden. Nachdenklich setzten sie sich an den Gryffindor-Tisch, etwas abseits von den anderen, und begannen mit ihrem Frühstück.

„Keine Prüfungen mehr!“, versuchte Sirius, die Stimmung etwas aufzuhellen. „Und noch sechs freie Tage bis zur Rückfahrt! Und vier Tage bis…“ Er nickte vielsagend. Offenbar machte die Information, dass Lily sie neulich hatte reden hören, ihn aufmerksamer für seine Worte.

Remus nickte nachdenklich, während er sich mit dem Zauberstab ein Toastbrot toastete. Doch er war noch nicht bereit für Ferienlaune. Sein Blick fuhr am Gryffindor-Tisch auf und ab. „Hier ist Lily auch nicht.“

Sirius reckte den Hals und sah sich in der Halle um. „Und Schniefelus ist auch nicht da. Oh…“ Er wurde ganz still wie ein Hund, der etwas gewittert hatte. „Und Alinac auch nicht. Und – “

„– Regulus auch nicht“, beendete Remus den Satz für ihn.

Die drei verfielen in Schweigen.

„Das muss nichts heißen“, sagte Remus langsam.

„Nein…“, antwortete Sirius.

„Aber es ist auffällig…“

„Ja…“

„Hol doch mal die Karte raus, Moony“, flüsterte Peter, dem ein wenig Rührei im Mundwinkel klebte.

Remus und Sirius sahen ihn verdutzt an. „Gute Idee.“

Flink zog er das alte Stück Pergament hervor („Peter, du passt auf, dass niemand guckt!“). Remus setzte sich mit dem Rücken zum Lehrertisch, bevor er heimlich die komplizierte Zauberstabbewegung vollführte, die nötig war, um die Karte zu entschlüsseln.

Zwischen den goldenen Tellern und den Frühstückseiern beugten Sirius und Remus sich herunter, während Peter sich aufmerksam umsah. Die beiden begannen, den obersten Stock, der den Ravenclaw-Gemeinschaftsraum zeigte, abzusuchen, und arbeiteten sich dann systematisch nach unten vor.

„Da ist Snape“, flüsterte Sirius und deutete auf den Abstellraum, in dem Remus ihn den Schneidezauber hatte üben sehen. Snapes Punkt war allein. „Dann ist Evans schon mal nicht mit ihm zusammen.“

„Ja. Das ist schon mal gut. Denke ich.“

„Aber die anderen… Keine Spur.“

„Das gefällt mir nicht“, murmelte Remus.

„Mir auch nicht.“ Sirius faltete die Ecke der Karte so, dass die Kerker erschienen. Remus taxierte als Erstes den Slytherin-Gemeinschaftsraum, doch er konnte keinen Punkt namens Regulus Black erkennen.

Plötzlich fiel ihm etwas ein. Er ließ die Spitze seines Zauberstabs die Karte berühren und zog sie dann über die Oberfläche zur Seite. Die Tintenlinien unter ihr schoben sich entsprechend seiner Bewegung zur Seite, verschwanden aus dem Rand des Pergaments und nun waren die Ländereien ins Kartenfeld gerückt, die vorher außerhalb des Ausschnitts gelegen hatten. Remus schob den Kartenausschnitt so weit, bis er die kleine Lichtung im Wald sehen konnte.

„Nicht wirklich“, flüsterte Sirius. Dort, mitten auf der einsamen Lichtung, waren drei Punkte zu sehen: Lily Evans, David Alinac und Regulus Black.

„Habt ihr sie gefunden?“, fragte Peter und spähte mit einem Auge zur Karte.

„Ja…“, sagte Remus, der noch immer auf die Punkte starrte. Er konnte sich ausmalen, was da draußen im Wald passierte, aber er wollte sich gar nicht erlauben, es zu Ende zu denken. Auf einmal sah er wieder die leeren Augen von Bertram Rowe und Casper Dunn vor sich.

Sirius zog seinen Taschenspiegel aus dem Umhang. „Krone. Du musst kommen.“

James antwortete nicht.

„Hör auf zu schmollen, du Riesenrindvieh. Es geht um Evans.“

James‘ Brillengesicht tauchte im Spiegel auf. Es sah misstrauisch aus. „Versuchst du, mich auf den Arm zu nehmen?“

„Nein. Wenn die Karte nicht lügt –“

„– tut sie nicht“, knurrte Remus.

„– ist Evans mit Alinac und Regulus im Wald. Bei diesem Ort.“

„Ich bin unterwegs“, sagten James‘ geweitete Pupillen und sie verschwanden aus dem Spiegel. Remus, Sirius und Peter sahen sich an. Remus steckte die Karte unversiegelt in die Innentasche seines Umhangs, dann sprangen sie alle drei auf. Das Toast war vergessen.

„Seid ihr sicher?“, frage James atemlos, als sie sich auf dem Treppenabsatz draußen vor dem Eichenportal trafen.

„Ja“, sagte Remus mit einem neuerlichen Blick auf die Karte. Lilys Punkt hatte sich keinen Zoll bewegt, aber Alinac und Regulus waren ein wenig zum Rand der Lichtung gerückt, als würden sie miteinander tuscheln.

Die vier Gryffindors gingen im Laufschritt zum Waldrand hinunter. Hagrid stand nicht weit entfernt hinter seiner Hütte und schnitt mit einer gigantischen Schere gelbe Ringelblumen.

„Hey Remus, alles klar?“, rief er herüber, als er die vier bemerkte, doch Remus reckte nur den Daumen und sie drehten ab, um nicht Gefahr zu laufen, vollgequatscht zu werden. Nun mussten sie einen Umweg machen, um wieder an den richtigen Abschnitt des Waldes heranzukommen.

„Gut, dass wir uns hier auskennen“, murmelte Sirius ungeduldig, der kein bisschen außer Puste war, anders als Remus und Peter. James, vom ständigen Quidditch trainiert, trabte ebenfalls mit ruhiger Atmung neben ihnen her.

„Leute!“, keuchte Remus leise, als sie der Lichtung näherkamen. „Snape ist unterwegs.“

Augenblicklich drehten die anderen drei sich zu ihm um und er hielt ihnen die Karte hin. Unverkennbar war der Punkt namens Severus Snape auf dem Weg über die Ländereien.

„Das klingt nicht gut. Nicht nach gestern.“ James‘ Gesicht war angespannt.

„Nein…“, stimmte Remus zu.

Sie pirschten weiter. „Hast du den Tarnumhang dabei?“, fragte Sirius.

„Natürlich“, sagte James und zog ihn unter seinem Schulumhang hervor. „Den lasse ich nicht mehr im Schlafsaal, seit bei den Sechstklässlern dieses Besenpflegeset geklaut wurde.“

„Bitter“, kommentiere Sirius.

Die vier Freunde kamen der Lichtung näher und es war, als stellten sich Remus‘ Sinne allesamt auf Gefahr ein: Jedes Knacken kam ihm unnatürlich laut vor. Jeder kleine Sonnenstrahl, der es durch das dichte Blätterdach schaffte, war fast schon unangenehm hell. Und jeder sanfte Windstoß trieb ihm eine Gänsehaut über den Nacken. Sirius lief am weitesten vorne und Remus fragte sich, was in ihm vorging. Sollte Regulus Black wirklich etwas Furchtbares mit Lily Evans anstellen… was würde das bedeuten für James und Sirius?

Kurz bevor sie die Lichtung erreichten, zogen sie ihre Zauberstäbe. Langsam, um keinen Lärm zu machen, schlichen sie wieder hinter den Wurzelballen des umgestürzten Baums. Sirius reckte den Kopf, doch im Stehen war es praktisch unmöglich, über die gewaltigen Wurzeln hinwegzusehen. James sah sie stumm an, dann warf er sich den Tarnumhang über. Remus hörte, wie er einen Fuß auf eine zur Seite abstehende Wurzel setzte. Eine Weitere bog sich leicht unter James‘ Gewicht; er musste sich an ihr hinaufgezogen haben, damit er über den Ballen voll Erde und Dreck hinwegsehen konnte. Das Problem war nur, dass sie nun ihn nicht mehr sehen und so auch nicht auf ihn reagieren konnten.

Remus nickte Peter zu, der sich mit verkniffenem Gesicht in die graue Ratte verwandelte und um den Baum herumwuselte. Nun hatten sie zwei Späher, die zwar beide nicht ungesehen mit Remus und Sirius in Kontakt treten konnten, aber immerhin.

„Was machen wir jetzt?“, hauchte Remus Sirius beinah unhörbar ins Ohr.

Muffliato“, murmelte Sirius und deutete mit dem Zauberstab vage in die Richtung der Lichtung.

„Was ist das plötzlich für ein Summen?“, fragte Alinac mit scharfer Stimme.

„Ich weiß nicht“, antwortete Regulus. Die beiden waren tatsächlich auf der anderen Seite. „Ich kann nicht ausmachen, wo es herkommt.“

„Das war eben noch nicht da“, stieß Alinac genervt aus.

„Ich weiß.“ Regulus klang trotzig. „Dieser Wald ist nicht normal.“

„So kann ich nicht arbeiten!“

„Ich schau mich mal um.“

Regulus‘ Schritte knisterten über das tote Laub und dann durchs Unterholz. Da weder Peter noch James sich irgendwie bemerkbar machten, ging Remus davon aus, dass für Sirius und ihn keine Gefahr bestand. Dennoch zog Remus die Karte hervor und stellte fest, dass Regulus sich ein wenig von der Lichtung entfernt hatte, in die von ihnen entgegengesetzte Richtung.

Sirius hielt den Zauberstab so fest, dass seine Fingerspitzen genauso weiß wurden wie seine Lippen. Zwischen seinen Augenbrauen stand eine tiefe Falte.

Mit einem Mal tauchte James wieder neben ihnen auf.

„Was passiert da drüben?“, fragte Remus ihn leise. Er vertraute darauf, dass Sirius‘ Muffliato wirkte, selbst wenn er sein Ziel nicht ganz genau getroffen haben sollte.

„Lily sitzt mit dem Rücken an einem Baum, sie hat die Augen zu. Entweder, sie schläft oder sie ist ohnmächtig…“, sagte James. Die dritte Möglichkeit ließ er weg.

„Und was macht Alinac?“

„Er hat auf dem Boden einen Flecken vom Laub befreit. Da sind überall Runen. Und außerdem hat er rund um die Lichtung Fluchkerzen verteilt, wisst ihr? Diese Dinger, die Seelen einfangen und bannen sollen, wenn jemand in der Nähe…“ James brachte den Satz nicht zu Ende. Er war bleich im Gesicht.

„Gibt’s in der Nokturngasse“, fügte Sirius kurzatmig hinzu. „Meine Cousine hatte mal ihr ganzes Zimmer voll davon. Für den glücklichen Fall, dass jemand tot umfällt.“

James sah ihn verstimmt an. „Wenn die Kerzen nicht brennen, bedeutet das aber, dass Lily nicht…?“

„Richtig. Sie müssen bereits brennen, wenn die Seele sich… löst.“

Remus wurde mit einem Mal eiskalt. Der will Lily umbringen. Der will sie wirklich umbringen!

„Was ist hier los?“, schnarrte plötzlich Severus Snapes Stimme über die Lichtung.

„Severus…“, sagte Alinac mit dem Tonfall eines Ministers. „Wie schön, dich zu sehen. Dann hat dich mein Memo erreicht?“

„Dieses schlagseitige Ding von einem Papierflieger nennst du Memo?“, fragte Snape kalt. „Wir sind hier nicht im Zaubereiministerium.“

„Nein, sind wir nicht, nicht wahr?“, gab Alinac beflissen zurück. „Noch nicht, jedenfalls. Aber wenn der Dunkle Lord erstmal Zaubereiminister ist, sollte das nicht mehr lange dauern.“

Snape stieß ein herablassendes, freudloses Lachen aus. „Der Dunkle Lord hat kein Interesse an einem Schreibtischjob. Du hast noch viel zu lernen.“

Das Gespräch war zwar aufschlussreich, aber nichts sehen zu können, war eine Qual für Remus.

„Ich hab‘ eine Idee“, flüsterte Sirius. „Krone, gib Moony den Umhang und verwandel‘ dich. Ein Hirsch fällt hier nicht auf.“

„Und du?“

„Mich würde man auf den ersten Blick für einen Wolf halten.“ Sirius‘ Züge verschwammen und im nächsten Moment stand der bärenhaft große Hund neben Remus. James drückte Remus den Tarnumhang in die Hand und verwandelte sich ebenfalls. Den Kopf mit dem stattlichen Geweih neigte er in die eine Richtung, um Sirius dorthin zu schicken, dann sprang er selbst in die andere davon.

„Achso?“, knurrte Alinac währenddessen. „Und du weißt so viel besser Bescheid über die Ziele und Wünsche des Dunklen Lords? Scharwenzelst um Mulciber und Avery herum, nur weil sie Familienmitglieder haben, die das Mal tragen, aber bist selbst zu feige, etwas zu tun, etwas zu erreichen…“

Remus strich Sirius kurz über das Nackenfell, dann warf er sich den Tarnumhang über und schlich auf spitzen Zehen um den Wurzelballen herum. Sirius folgte James auf die andere Seite der Lichtung. Plötzlich war Remus allein.

„Nenn mich noch einmal einen F–“, drohte Snape, doch dann brach er mitten im Satz ab. Remus schaute zwischen den Bäumen hindurch, das mulmige Gefühl in seinem Magen wurde schlimmer; Severus Snape war in der Regel nicht so leicht aus dem Konzept zu bringen.

Snape schritt mit ruckartigen Schritten um die Runen am Boden herum, dann hockte er sich neben Lily Evans, die er erst in diesem Moment entdeckt haben musste. Er griff ihre leblose Hand und Remus hörte ihn murmeln: „Lily…“

Dann wirbelte Snape mit blankem Hass in den schwarzen Augen zu Alinac herum. Drohend kam er näher wie eine gigantische Fledermaus.

„Was hast du mit ihr gemacht?“, fauchte Snape, der offensichtlich dabei war, die Beherrschung zu verlieren. Der Zauberstab in seiner rechten Hand feuerte Funken. Einige Blätter segelten verkohlt zu Boden.

„Nun, ich dachte, ich tue dir einen Gefallen“, sagte Alinac mit aalglatter Stimme. „Du hast doch gestern selbst erst laut und deutlich gesagt, du willst mit der Schlammblüterin nichts mehr zu tun haben.“ Alinac hatte ebenfalls den Zauberstab gehoben wie ein wendiger Duellant. Aus seinen Augen sprühte die Machtgier. „Jetzt musst du es auch nicht mehr.“

Snape richtete den Zauberstab gerade auf Alinacs Brust, als zwischen den Bäumen Regulus Black auftauchte.

„Severus!“, rief Regulus, überrascht und erfreut zugleich. „Ich dachte, du wolltest nicht kommen!“

Snape ignorierte ihn. Remus sah, wie der Hass in seinen Augen loderte, aber auch etwas wie Panik stand auf seinem fahlen Gesicht. Und auch Remus selbst war starr vor Angst, als hätte jemand ihn mit einem mächtigen Zauber belegt.

Snape fing sich und sagte kalt: „Belebe sie. Sofort.“

Remus‘ Augenbrauen zuckten.

„Wieso sollte ich? Regulus‘ Ring ist noch nicht wieder der alte.“ Alinac lächelte bösartig, trat zu Regulus hinüber und legte ihm geradezu brüderlich einen Arm um die Schulter. Etwas in Remus wand sich bei dem Gedanken, dass Regulus sich nach einer solchen Geste sehnen musste. „Nicht wahr, Regulus? Severus hier wollte dir nicht helfen, deinen neuen Ring mit einem Fluch zu belegen. Und jetzt will er es dir schon wieder zunichtemachen.“

„Stimmt das, Severus?“, fragte Regulus und plötzlich trat eine Kälte und eine Autorität in seine Stimme, die Remus ihm nicht zugetraut hatte. Es war gruselig, denn Regulus sah immer noch aus wie ein Kind.

Remus hob zur Sicherheit den Zauberstab, doch er wusste gar nicht, wen er zuerst angreifen sollte, würde es nötig werden. Er mustere die Szenerie abwägend und sein Blick fiel auf Regulus‘ Hand. Dort hing der gleiche schwere Silberring mit dem Wappen der Blacks wie der, den Sirius‘ ihm im Herbst gezeigt hatte. Es fühlte sich an, als wäre die Erinnerung aus einem anderen Leben.

„Weißt du, Severus“, sagte Alinac und begann, den Zauberstab lässig zwischen den Fingern hin- und herzuwirbeln – offensichtlich betrachtete er Snape nicht mehr als Gefahr, „Regulus‘ Familie hat hervorragende Beziehungen ins Ministerium. Er wird seine Kontakte spielen lassen und mir nach Hogwarts einen angemessenen Job besorgen, vermutlich in der Abteilung zum Schutze der Muggel. Auch wenn ich bezweifle, dass sie dann noch so heißt.“ Alinac lachte und Remus stellten sich die Nackenhaare auf vor Ekel. „Was denkt ihr, wäre der bessere Name? «Abteilung zur rechtmäßigen Herrschaft über die Muggel»?“

Immerhin sorgte Regulus‘ Lachen dafür, dass wieder Leben in Remus‘ erstarrten Körper kam. Er schlich um die Lichtung herum und versuchte, so wenig trockenes Laub zu berühren wie möglich.

„Im Gegenzug belege ich Regulus‘ neuen Ring mit einem Fluch, damit er dem alten, den er einmal hatte, wieder gleichkommt. Nur, weil dein Blutsverräter-Bruder ihn dir weggenommen hat, sollte ein so wichtiges Artefakt einer reinblütigen Familie wie der Blacks nicht vom Antlitz der Zaubereigeschichte verschwinden, richtig? Wenn wir hier fertig sind, kannst du ihn wieder ganz selbstverständlich tragen. Deine Eltern werden keinen Unterschied bemerken.“ Er lächelte Regulus in einer Weise an, die er wohl für gutmütig halten musste, dann fuhren Alinacs scharfen Augen wieder zu Snape hinüber. „Es muss doch niemand das Gesicht verlieren, nicht wahr, Severus? Und dafür brauchen wir nun einmal eine Seele, die wir in das Siegelwappen sperren können. Denkst du nicht, die Schlammblüterin wäre genau die Richtige dafür?“

„Lass deine Finger von ihr“, presste Snape zwischen den Zähnen hervor.

Remus hockte jetzt neben Lily und streckte zitternd die Hand nach ihr aus. Ihr Handgelenk war kalt, aber es hatte Puls. Er verbot sich ein erleichtertes Seufzen.

„Und du hältst es für klug, unter Dumbledores Nase einen Mord zu begehen?“, fragte Snape und sein Zauberstab zischte, doch Remus hatte den Eindruck, er wolle Alinac nur auf dem falschen Fuß erwischen; zwar war Snape ein hervorragender Duellant, doch Alinac ebenfalls. Nicht nur einmal war er Duellier-Champion im Schülerklub geworden, und dann gab es ja auch noch Regulus.

„Dumbledore wird hier schon bald gar nichts mehr zu melden haben“, sagte Alinac bissig.

In diesem Moment wünschte Remus sich nichts mehr, als ebenfalls schon ungesagte Zauber wirken zu können. Er hielt den Zauberstab direkt vor Lilys Brust und flüsterte den Zauber aus dem Heiler-Buch: „Enervate.“

Lily gab ein leises Seufzen von sich, dann blinzelte sie ihre grünen Augen auf. Natürlich konnte sie Remus unter dem Tarnumhang nicht sehen.

„Sev?“, fragte sie verschwommen, als erwache sie aus einem tiefen Schlaf. „Wo sind wir?“

Snape wirbelte zu ihr herum und Alinac hob fluchend den Zauberstab.

In diesem Moment passierten mehrere Dinge gleichzeitig. Ein Hirsch stob aus dem Unterholz und rammte sein Geweih, das er mit geneigtem Kopf nach vorne stieß, direkt in Alinacs Brust. Alinac wirbelte durch die Luft und krachte ins trockene Laub. Außerdem sprang ein riesenhafter schwarzer Hund Regulus Black an und stieß ihn zu Boden. Snape hastete zu Lily Evans, während Remus zwischen die Bäume sprang, damit sie sich nicht berührten.

Doch Lily war bereits selbst auf den Füßen. Remus sah, wie ihr Blick von den Fluchkerzen zu Snapes Gesicht huschte. Dann sah sie die Runen am Boden und ihre Pupillen weiteten sich.

„Was hast du getan?“, flüsterte sie.

Im Hintergrund nahm der Hirsch noch einmal Anlauf, um erneut auf Alinac loszugehen. Doch der hatte, ohne aufzustehen, bereits seinen Zauberstab nach vorne gestoßen und ein roter Blitz peitschte durch den Wald. Der Hirsch stoppte abrupt mit einem Geräusch wie ein Schrei.

Remus zischte „Diffindo!“ unter dem Tarnumhang hervor und ein großer Ast brach von dem Baum direkt über Alinac ab. Er traf ihn am Hinterkopf. Snape starrte an die Stelle, von der Remus‘ Stimme gekommen war.

Währenddessen wandte sich der Hirsch den am Boden rangelnden Regulus Black und dem Hund zu. Der bärenhafte Hund hatte sich in den Umhangsaum verbissen und schleuderte Regulus so sehr hin und her, dass er seinen Zauberstab fallen ließ. Der Hirsch preschte heran und trat mit einem wuchtigen Tritt auf den Stab. Das Holz ging mit dem Knall eines Gewehrs glatt entzwei.

Dann warfen der Hund und der Hirsch sich einen Blick zu und stürmten zwischen den Bäumen davon.

„W-was war das?“, fragte Snape und Remus hörte, wie er um Fassung rang. Remus zog sich noch weiter zwischen die Bäume zurück und umrundete die Lichtung in einem großen Bogen. Als er Lily wieder sehen konnte, hatte Snape seinen Zauberstab entzündet und leuchtete zwischen die Bäume, genau dorthin, wo Remus eben noch gestanden hatte.

Remus schlich hinter den Wurzelballen, kletterte auf eine der Wurzeln und beobachtete die Lichtung von oben.

„Was ist hier los, Severus?“, fragte Lily nun noch einmal, aber Remus sah in ihrem Gesicht, dass nichts, was Snape sagen konnte, ihre schlimmsten Befürchtungen beruhigen würden. Ihr Blick flackerte wieder über die Fluchkerzen, über die Runen, hinüber zu Alinac. Regulus Black rappelte sich gerade stöhnend auf die Knie, dann beugte er sich wie versteinert über seinen kaputten Zauberstab. Remus sah den nachgeahmten Ring der Blacks an seiner Hand blitzen, als er sie neben den Zauberstab abstützte.

Snape antwortete nicht.

„Wo ist mein Zauberstab?“, fragte Lily Snape kalt. „Gib mir meinen Zauberstab.“

„Ich hab‘ ihn nicht“, sagte Snape sofort. „Ich hab‘ hiermit nichts zu tun. Ich wusste nicht, was sie vorhatten –“

Lily ging mit mutigen, von Wut gestärkten Schritten auf Alinac zu, der mit blutigem Kopf am Boden lag, halb unter dem Ast begraben. Sie nahm ihm seinen Zauberstab weg, den er fallengelassen hatte. Remus sah, wie Lily erschauderte, als sie das Holz mit den Fingern umschloss.

Dann richtete sie den Zauberstab auf Severus Snape. Ihre Lippen bebten vor Zorn. „Ich lass mich nicht auf den Arm nehmen, Severus. Ich fass‘ es nicht, dass du immer noch glaubst, mich für dumm verkaufen zu können. Das hier ist ein Seelenfänger-Bannkreis. Ich bin nicht mehr das ahnungslose Muggelmädchen.“

„Ich wollte nicht… Ich hab‘ nicht…“, stammelte Snape. Er steckte seinen Zauberstab in seine Umhangtasche und hob beschwichtigend die Hände.

„Ich habe dir gestern schon gesagt, dass ich nichts mehr mit dir zu tun haben will. Du hast deinen Weg gewählt. Und bei Merlin, es ist ein erbärmlicher Weg.“

Und gerade, als sie mit dem unheimlichen Stab einen Zauber wirken wollte, verlor Lily das Gleichgewicht. Alinac hatte sie am Bein gepackt und zu Boden gerissen.

„Du nimmst einem Anhänger des Dunklen Lords, einem Zauberer, nicht seinen Zauberstab, Schlammblüterin!“, kreischte er und seine Stimme überschlug sich. Die beiden lagen am Boden, aber Alinac war größer und stärker und drückte seine Hände auf Lilys Hals. Sie gurgelte erstickt. Remus hörte bereits Huf- und Pfotengetrappel heranrauschen und war auch schon selbst dabei, einen Fluch zu wirken, als eine Ratte durch das Laub herangeraschelt kam. Alinac blickte sie für einen Moment verwundert an und das reichte, damit die Ratte ihm in den kleinen Finger beißen konnte. Alinac schrie durchdringend.

Lily riss sich augenblicklich von David Alinac los, sprang auf die Füße und trat ihm mit voller Wucht gegen die Brust. Er keuchte und hustete, währen die Ratte wieder im Unterholz verschwand.

„Ich erledige deinen verfluchten Lord im Alleingang!“, schrie Lily und trat noch einmal zu. „Und wenn es das Letzte ist, was ich tue!“



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Kommentare zu diesem Kapitel (1)

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Bitte keine Beleidigungen oder Flames! Falls Ihr Kritik habt, formuliert sie bitte konstruktiv.
Von:  Centranthusalba
2023-11-12T22:17:29+00:00 12.11.2023 23:17
😱😱😱😱😱😱😱😱😱😱
Lily for president! 💪🏻 und Recht hat sie auch noch!

Ich fands toll, dass alle vier an der Rettung beteiligt waren, selbst Peter
Antwort von:  behrami
13.11.2023 12:23
Ja ey! Und wenn es das Letzte ist, was sie tut!

Das gefällt mir auch :) Und mir war wichtig, dass Lily auch selbst was tut.


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