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sense/sensibility

[zorobin][one-shots] 2. OS "bare" online
von

Vorwort zu diesem Kapitel:
(verspäterter) Auftakt für die ZoRobin-Woche 2023! Aber, nein: ein täglicher Post ist nicht zu erwarten und die Geschichte entspricht auch keinem der angegebenen Prompts, die man auf diversen ZoRobin-Plattformen finden kann. Alles, was ich bezwecke, ist, ein wenig ZoRobin-Love zu verbreiten. <3 Enjoy. :) Komplett anzeigen

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'the drill' oder: (k)ein neues Spiel.


 

Da! Schon wieder: Das unverkennbare

Gefühl von Augen auf mir. Ich versuche vergebens den Schauer zu unterdrücken, der eine Gänsehaut meine Arme emporjagen lässt und es kostet mich, nicht selbstspottend aufzulachen. Ich bezweifle, dass man Gänsehaut überhaupt unterdrücken kann. Doch während ich durch die Parallelstraße der Marktstände laufe, um den Menschenmassen aus dem Weg zu gehen, entspanne ich meine verkrampften Muskeln und hole einen ruhigen Atemzug ein. Ein paar Schritte warte ich noch, bis ich scharf abbiege und mich ins Getümmel schmeiße.
 

Leichtfüßig schlängele ich mich umgehend durch die Menschentraube, mein Schritt sicher und stetig, möchte ich schließlich nicht auffallen. Eine Weile lang folge ich dem regen Fluss bis ich zwischen zwei Ständen kurze Zuflucht finde, um meine Lage zu checken. Zügig bewege ich mich im hinteren Bereich der Läden fort, ignoriere dabei den ein oder anderen argwöhnischen Blick, den mir Verkäufer:innen zuwerfen, bis ich einen schmalen Durchgang zwischen zwei eher tiefliegenden Häuserreihen finde. Dort steige ich unbeirrt auf eine hölzerne Warenkiste, hüpfe mit Antrieb auf ein Fenstersims, um von dort einen energischen Sprung auf einen von vier, aus der Decke rausragenden, Holzbalken zu machen. Meine Hände umfassen das von der heißen Mittagssonne angenehm erwärmte Material und ich muss die Nägel in das polierte Holz krallen, um den passenden Halt zu finden. Mit einer langen Exhalation stabilisiere ich meinen Atem.
 

Easy.
 

Ein paar Mal wippe ich die Beine vor und zurück, halte die Zehenspitzen dafür steif, bis ich den nötigen Impuls erreiche, um mich auf das flache Dach zu befördern. Bei dem Überschlag halte ich die Beine gerade und auseinandergestreckt, halte mir mit einer Hand den dunklen Hut auf den Kopf und komme wie nach einem Radschlag schwungvoll, mit nacheinander folgenden Beinen, auf den Boden auf. Ein Lächeln legt sich auf meine Lippen, während ich durch die Terrasse des Hauses laufe und beginne, mich durch die Dächer vom Markt zu entfernen.
 


 

Nach einer scheinbaren Ewigkeit fühlt

sich mein Auge so trocken an, dass ich endlich blinzle. Drei familiäre Gestalten ziehen meine Aufmerksamkeit auf sich, während sie den Durchgang, zu dem mein Fensterplatz ausgerichtet ist, kurz prüfend mustern. Ich lehne mich hastig zurück, um der Blicklinie meiner Crewkameraden auszuweichen, obwohl ich mich ein halbes Stockwerk über ihnen befinde und sie bewusst rauf schauen müssten, um mich zu sehen. Als ich es wieder wage aus dem offenen Fenster zu schielen, sehe ich sie die Marktstraße weiter rauf folgen. Es wundert mich nicht, dass Nami diejenige ist, die sie anführt.

Ein weiteres Blinzeln. Ich lehne mich weiter raus, zeichne mit dem Auge die Linie der benachbarten Häuserreihe nach. Robin ist schon längst nicht mehr zu sehen.
 

Mit einem lauten Ruck stehe ich auf, schrecke dabei den einzig anderen Gast in dieser Spelunke wach, und hüpfe hinaus auf die schmale Passage.

Für einen Augenblick bleibe ich auf diesem Platz kleben, wäge meine Optionen ab. Meine beste Chance ist, zu hoffen, dass ich sie aus der Ferne erkenne. Deswegen hole ich ein wenig aus und habe es mit einem Sprung gegen die Wand des Gasthauses auf die Terrasse geschafft, auf die sie vor wenigen Minuten... geklettert war?
 

Ich weiß zwar nicht, wie ich das, was Robin vorhin gemacht hat, nennen soll, aber ‚klettern‘ sieht für mich eigentlich sehr anders aus.
 

Dort angekommen spähe ich ungeduldig in jede Richtung und bin erleichtert, als ich sie tatsächlich sehe. Die Archäologin hat bereits eine beachtliche Distanz zwischen sich und ihren Verfolgern geschaffen, deswegen sprinte ich ihr sofort hinterher, ehe ich sie aus der Sicht verlieren kann – so dicht und identisch, wie die ganzen Häuser hier gebaut sind, verläuft sie sich noch.
 

Bald liegen nur noch drei Dächer zwischen uns, ich lege noch einmal den Gang zu und springe mit Wucht auf das Nächste. Robins Kopf zuckt Millimeter nach hinten, bevor ich sie mit vier großen Schritten eingeholt habe. Ich überlege, wie ich sie richtig auffangen kann sobald ich sie ergreife und schmeiße mich auf sie: Die Kuppen meiner rechten Hand streichen über den Stoff ihres knappen Oberteils, ich sehe ihren lilanen Cowboyhut in die Luft fliegen und rolle bei der beutelosen Landung ein paar Mal über den Boden, bevor ich mich kurz vor der Kante des Gebäudes fangen kann.
 

Als ich nach Robin schaue, schwebt sie kopfüber und mitten in der Luft. Alle vier Extremitäten hält sie in kontrollierter Spannung weit ausgetreckt. Der Kontrast den ihr kurzer, dunkelvioletter Raulederrock mit der hellen Spitze ihrer Unterhose formt, blitzt mir für eine Millisekunde entgegen, aber etwas in mir weiß, dass sich dieses Bild auf Ewig in mein Hirn gebrannt hat. Ein Wimpernschlag später ist sie geübt auf das gegenüberliegende Dach gelandet. Es kostet sie keinen Augenblick länger, um sich gerade aufzurichten und mich mit ihren Augen zu fixieren.
 


 

Wieder fühle ich jenes subtil

kratzende Gefühl an der Seite meines Nackens, noch bevor ich Schritte hinter mir vernehme. Sie kommen aus dem Nichts und es kostet mich einen Moment zu lang, um zu realisieren, dass sie auf mich zu rasen. Meine Haare stellen sich auf, ich halte den Atem und bücke mich, während ich mich jäh zur Seite werfe.
 

Keinen Augenblick zu früh.
 

Finger streichen noch an der Seite meines Tops, während ich den Schwung nutze, um mich kraftvoll mit den Händen vom Boden zu stemmen und ich schleudere mich auf die andere Seite des inzwischen etwas breiter gewordenen Durchgangs. Bereits beim Absprung erhasche ich das charakteristische Grün seiner Haare, aber die Abruptheit dieser ganzen Aktion büßt mit meiner Körperbeherrschung. Mehrere Meter rutsche ich rückwärts, sobald meine Stiefel mit dem Boden Kontakt gemacht haben, und ich muss mich nach vorne lehnen, eine Hand über den kratzigen Boden ziehen, um mir zusätzliche Stabilität zu verschaffen. Ich richte mich auf. Zorros Auge durchdringt mich bereits. Ich schenke ihm ein rares, aber aufrichtiges Lächeln; eins, das ich mir sonst für würdige Gegner:innen aufhebe. Ein Lächeln, das er gut kennt.
 


 

„Du hast mich überrascht, Kenshi-san.“
 

Ich kann nicht anders als ihr mit einem breiten Grinsen und zu antworten, mit mehrdeutiger Intention die Brauen zu zucken. Dieser Name dient Robin schon seit Jahren nicht mehr zur emotionalen Distanzierung. Mit allen anderen hat sie diese Gewohnheit auch schon längst aufgegeben. Doch meinen benutzt sie, um mich zu provozieren. Fordert mich auf, ihr näher zu kommen, während ihre Augen mir zulachen – ‚wenn du dich traust‘. Sie hat keine verdammte Ahnung.
 

„Du bist aus heiterem Himmel aufgetaucht. Noch vorhin habe ich Nami und ihre Fänge abhängen können... hast du sie etwa nicht gesehen?“
 

Robin fragt mich eigentlich, warum ich nicht der größeren Beute nachlaufe, ihre Stimme dabei so glatt und geduldig wie immer. Aber die unterschwellige Herausforderung und die Erinnerung von vorhin – wie sie sich in völliger Ruhe und diszipliniertem Fokus auf das Dach geschwungen hatte – stoßen drastisch aufeinander, um mich hart zu überfallen. Ich habe immer gewusst, dass Robin eine geschickte Überlebenskünstlerin ist und die ein oder andere Erfahrung mit ihr hat mir auch das Ausmaß ihrer Kontrolle vorgeführt. Natürlich muss diese Kontrolle, so gesehen, auch ihre Körperbeherrschung umfassen. Natürlich! Aber es ist das erste Mal, dass ich diese Veranlagung von ihr auf diese Weise zur Schau gestellt bekomme.

Wahrscheinlich wäre das Ganze für sie um einiges leichter, wenn sie einfach ihre Teufelskräfte einsetzen würde, allerdings weiß sie wohl, dass diese mit Haki einfacher detektiert werden können. Folglich der Rückgriff auf die grundlegenden Fähigkeiten ihres Körpers. Das Nächste, was diesem Erlebnis gleichkommt, ist Robin beim Tanzen zuzusehen, nur... aufregender.
 


 

„Kleiner Tipp?“
 

Der Grünhaarige bückt sich dabei runter, zieht vom Boden meinen Hut hervor. Er klopft und bläst ein wenig Staub weg, flickt ihn mir dann präzise in die Hände zu. Ich setze ihn auf.

Hinter seinem zahnigen Grinsen ist Zorros mörderische Essenz sichtbar. Sein Jagdinstinkt. Er macht zwei weite Schritte zurück, lässt sein Auge dabei nie von mir ab und verkündet: „Renn, Nico Robin.“
 

Mein Atem stockt und als ich ausatme ist er wackelig. Ich frage mich, ob mein Vize das gemerkt hat.
 

Ich will ihn darauf hinweisen, dass er sich damit jede Chance, mich zu fangen, endgültig versaut (ohne ihm dabei ins Gesicht sagen zu müssen, dass er sich nur fürchterlich verirren wird), doch er verlagert das Gewicht schon bedrohlich tief. Alles, was ich tun kann, ist, mich abzuwenden und – so schnell wie ich es nur schaffe – loszulaufen.

Mein Gehirn beginnt, auf ihre so typisch akribische Weise, sich an jegliche Information in meiner Umgebung zu haften und in einem elektrischen Rausch zu verarbeiten. Erst nachdem ich mehrere Häuser überbrückt habe, springe ich an einer passenden Stelle auf die Straße hinab. Bald darauf höre ich seine kräftige Statur und schweren Stiefel hinter mir auf den Boden aufkommen.
 

„Verdammte Scheiße…!“, zerrt seine raue Stimme durch den plötzlichen Lärm bis in meine Ohren.
 

Mein Herz wandert mit jedem Schritt höher in meinen Hals, mein Atem ist fast unbändig. Die Tatsache, dass Zorro offenbar jegliche Diskretion in den Wind geschickt hat, beunruhigt mich. Doch meine Wahl von Fluchtpunkt ist äußerst glücklich getroffen und ich sehe am anderen Ende des Platzes auch, wo ich den orientierungslosen Kämpfer abschütteln kann. Ich presse mich zielstrebig, und ohne mich nur einmal zu ihn umzudrehen, voran.
 


 

Noch ehe ich losgerannt bin

und in einem einzigen Satz die andere Seite des gegenüberliegenden Gebäudes erreicht habe, ist sie vom benachbarten Haus weitergesprungen. Robin ist schnell, aber nicht schneller als ich. Es dauert nicht lange, bis ich sie so weit eingeholt habe, dass wir uns auf demselben Dach befinden. Doch gerade dann springt sie unerwartet auf eines des Holzbalken, die die Dächer dieser Art Behausung stützt, und manövriert sich in geschmeidiger Eleganz auf die Straße runter. Mich durchfährt ein eiskalter Schauer, ehe mein Herzschlag zunimmt. Aber ich fluche verbissen, sobald ich ebenfalls dort lande: Einer der lokalen Wäscheplätze.
 

In der Mitte des Platzes, das sich auf vier langen, flachen Stufen erhebt, sind eine Reihe an Brunnen installiert und überall sind große Laken auf praktisch unsichtbaren Wäscheleinen gehängt. Überall hockt jemand über eine Wanne und schrubbt an Kleidung, überall wird schweren Tüchern, Decken, Teppichen in Paararbeit das Wasser ausgewrungen, überall ist der Pflasterboden vom gebrauchten Seifenwasser nass und rutschig.
 

Mein Hunger macht mich grob fahrlässig. Ihr schnell genug nachzugehen, ohne alles, was mir im Weg liegt, zu Splitter zu verarbeiten, ist schwieriger als gedacht. Und das, obwohl sie in einem Meer von Weiß eigentlich einen sichtbaren, dunklen Punkt malt. Als ich umständlich über die Kübel von fleißigen Mütterchen steigen, das ein oder andere sperrige Bettlaken hastig aus dem Weg schieben muss und spätestens nachdem mir eine übermütige Rotznase ein empörtes „He!!“ zuruft und mir gegen das Schienbein tritt, kapiere ich, dass Robin ihren Fluchtweg sehr bewusst zeichnet. Der patzigen Göre grummle ich ein Tschuldigung entgegen, doch die geschickte Archäologin ist bereits am Rande des Platzes gelangt. Fuck!
 

Sobald sie zwischen den Gebäudefassaden tretet kann mir gar nichts mehr garantieren, dass sie sich nicht in Luft auflösen wird. Diese Einsicht hinterlässt einen Stich, doch das Verlangen in mir ist zu groß, um sie mir nicht einzugestehen. Zu versessen die Vorstellung, meine Hand um Robins trainierten Arm zu schlingen, sie grob zu mir zu ziehen und dadurch zu zwingen, sich zu mir zu drehen, damit sie den Zusammenprall mit einer Hand gegen meine Brust vermeiden kann... Es erfordert konzentriertesten Fokus, um den Abstand zu ihr präzise, aber zügig zu überbrücken.
 


 

Kaum, dass ich in die

Gasse entlang der dort befindlichen Kirche getreten bin, reguliert sich mein Herzschlag zumindest so sehr, dass mir das Blut nicht mehr in den Ohren rauscht. In Sicherheit wäge ich mich trotzdem nicht. Hektisch visiere ich die erste Abbiegung an und eine intensive Unruhe packt mich, während ich den Abstand kalkuliere. Ich renne los. Hinter mir tun erstaunlich leichte Schritte dasselbe. Doch ich schaffe es und sehe erleichtert, dass die nächste Seitengasse schnell erreicht ist.
 

Die ersten paar Ausweichmanöver sind noch von einer mir inzwischen ungewohnten Schnelligkeit und nervösen Aufregung geprägt, die manchmal zu nahe an Angst streift. Nach etwa fünf Minuten habe ich meine Nerven jedoch wieder im Griff, obwohl es mich ehrlich überrascht, dass Zorro nicht schon zur Hälfte am anderen Ende der Stadt gelangt ist, sondern meine Wege kritisch nahe nachläuft. Vor allem aber ringe ich in dieser Zeit immer wieder mit dem Bedürfnis ihn mich finden zu lassen. Erst recht als er so knapp an mir vorbeieilt, dass die schwächste Spur seines Geruchs mir in die Nase steigt. Ich will mich räuspern, einen Absatz laut gegen den Boden klacken lassen, um ihn zu mir zurückzuführen. Seinen penetrierenden Blick auf meinem Gesicht fühlen, während er dringlich und gedankenlos auf mich zukommt. Ich will mich ergeben. Mich von ihm, hier und jetzt, gegen diese staubige Wand—
 

Ich schmunzle.
 

Verlockend. Aber nicht das Ziel dieses Ausflugs. Ich lasse es mir sicherlich nicht nehmen, diesem notorischen Jäger entkommen zu sein. Auch nicht während mir das Blut nun durch ganz andere Stellen meiner Anatomie rauscht und sich eine bittersüße Ungeduld in mir ausbreitet. Ich warte ein paar tiefe Atemzüge lang, konzentriert auf die Entfernung seines leisen, bedachten Ganges und eile zum Wäscheplatz zurück, als ich sie für groß genug empfinde. Ich habe ihn abgehängt.
 


 

Ich. Bin. Angepisst! Zumindest an

der Oberfläche. Aber mit Demütigung gehe ich ungern anders um. Andererseits, und wenn ich meine Erinnerung an diese Niederlage weiter zu vertiefen schaffe, mischt sich immer auch ein anderer Eindruck rein, der mich zum Grinsen verlocken will. Ich verbiete es mir ausdrücklich.
 

Der Himmel ist zu einem schwachen Dämmerlicht verdunkelt, das durch die ersten, angezündeten Straßenlampen unterschwellig verdrängt wird. Ich hasse diese aller letzten und aller ersten Minuten Vorführung der Sonne. Hasse die befremdende Mischung aus natürlichem und künstlichem Licht, die die Umgebung in mir unangenehme Farben tränkt und entschließe mich irgendwann die geballte Zivilisation zu verlassen.

Seit über einer Stunde laufe ich den Strand entlang, denke, dass ich ja so irgendwann wieder auf die Sunny treffen sollte. Bilder der kurzen, aber intensiven Verfolgungsjagd durchfluten mich und ich werde abrupt von meinen Gedanken gerissen als ich ein lautes, unnatürliches Blubbern aus dem Wasser vernehme. Die See ist an dieser mondlosen Nacht eine schwarze, unebene Masse und ich schalte auf Alarmbereitschaft.
 

„Zorro!“
 

Die volle, kräftige Stimme Jimbeis löst mich von meiner kurzzeitigen Anspannung und ich habe Mühen, mir meine tiefe Erleichterung nicht zu offen anmerken zu lassen. Unser Steuermann tritt aus dem Wasser hervor, nach und nach gewinnt seine imposante Statur an Kontur, bis ich in sein grinsendes Gesicht blicke und er mir eine feste Hand auf die Schulter klopft.
 

„Du bist längst disqualifiziert, Junge!“
 

Ich schnaufe und schüttle seine Hand mit einem Zucken wieder weg. Ein bisschen Anstand dürfte ja noch zu retten sein.
 

„Endlich“, zische ich missgelaunt, aber meine es auch.
 

Jimbei stößt ein herzliches Lachen aus und beginnt in die Richtung, der ich bislang gefolgt war, weiter zu laufen. Wenigstens war ich auf dem richtigen Weg.
 

„Wie ist’s ausgegangen?“, frage ich ihn nach mehreren Momenten des Schweigens. Der Kaikyou selbst hat nämlich nicht mitgespielt, sondern vom höchstgelegensten Punkt der Stadt, einem Glockenturm, das Spektakel verfolgt.

„Nami-san hat alle außer den Käpt’n und die Archäologin erwischt“, erzählt der Fischmensch gut gelaunt, „Wobei Ruffy schlussendlich die Navigatorin überwältigt hat. Robin hatte er schon kurz zuvor gefasst.“

Ich lache auf: „Das wird Nami nicht gut bekommen sein.“

„Nein, das hat es durchaus nicht“, lacht auch er, „Sie besteht darauf, dass er das niemals geschafft hätte, wenn die große Gruppe, die sie gefangen hat, nicht so viel Aufmerksamkeit auf sie gezogen hätte.“
 

Bei dieser verkehrten Logik schüttle ich verwirrt den Kopf. Seit wann nutzt sie ihre Macht über andere denn nicht zu ihrem Vorteil? Oder ihren Vorteil für die Macht über andere? Das ist doch sonst ihre Spezialität.
 

„Ich dachte das sei das Ziel?“, meine ich deshalb.

„Ah“, Jimbei wirft mir ein schiefes, wissendes Grinsen zu, „aber ‚das haben wir in den Regeln ja nie klar ausgemacht‘.“
 

Ich atme ungläubig aus und rolle das Auge.
 

„Tzz, war ja klar. Und jetzt darf Ruffy ihr, was, tausend Berry Strafe zahlen? Er hat ja auf das dumme Spiel bestanden...“

„Fünftausend“, nickt er.

Ich lache amüsiert, aber Jimbei unterbindet kopfschüttelnd meine dezente Schadenfreude: „Ich habe Nami etwas von zehntausend sagen hören, sobald du die Crew drei Stunden auf dich warten lässt.“
 

ZEHNTAU—?!
 

„Wohl nicht an mich??“ Diese durchtriebene, unverschämte Hexe!

„Und nichts für Ungut“, fährt der Steuermann nur fort, „aber in etwa zehn Minuten wäre die Drei-Stunden-Marke erreicht...“

Das Entsetzen in meinem Gesicht lässt sich nicht mehr verstecken und ich brülle: „Warum sagst du mir das erst JETZT, verdammt?!!“
 


 

Als ich vor fast drei

Jahren die Entscheidung traf, mich uneingeladen unter die Mugiwaras zu mischen, hatte ich bereits geahnt, womöglich gehofft, dass die Bereitschaft der jungen Navigatorin, mir Solidarität entgegenzubringen – denn die weibliche Erfahrung eines Lebens auf See erfordert diese nun mal häufiger –, mit einer kostbaren Mitgift untermauert werden konnte. Und in dem Moment, als meine Berechnung aufging, hatte ich gleichzeitig erkannt, dass ich mir niemals, unter gar keinen Umständen, Schulden bei ihr aufbrummen dürfte.
 

Zu dieser Entscheidung stehe ich bis heute. Nur bringt sie mich zum ersten Mal in eine etwas unangenehme Position. Denn eigentlich hätte ich ihr von dem kürzlichen... Wettlauf zwischen mir und dem Vize erzählen können, immerhin ist sie seit ein paar Wochen (wenn auch unbeabsichtigt) in unserem Verhältnis eingeweiht. Sie wäre dann womöglich nachsichtiger mit der katastrophalen Orientierungslosigkeit des Grünhaarigen umgegangen. Nami hat mir – uns beiden – seither nämlich eigentlich nur leise Unterstützung geboten.

Und doch: Was wäre eine Nico ohne ihre Prinzipien?
 

Deshalb begebe ich mich nach dem Abwasch ins Jungenzimmer, in das Zorro gleich nach dem Abendessen verschwunden ist. Bei ihm ist mein ‚Schaden‘ zu begleichen. Seit unserer unverhofften Begegnung (und Trennung) während des heutigen Drills hatten wir keine Gelegenheit die Luft zu klären. Dass ihm nach diesem Knick auf sein Ego auch noch eine Geldstrafe aufgebrummt wurde, wird ihn nur unwahrscheinlich besser gestimmt haben...

Es tut mir nicht leid, dass sich meine hart gelebte Erfahrung über sein raues Talent durchgesetzt hat. Natürlich nicht; das werde ich ihn auch nicht so leicht vergessen lassen. Aber ich möchte ebenfalls nicht, dass sein Temperament den unerwartet aufregenden Spaß von heute versauert. Zudem würde es mir künftige Sticheleien in dem Bezug nur erschweren.
 

Nach einem unbeantworteten Klopfen am Eingang, mache ich die Tür bedacht auf.
 

„Zorro“, mache ich mich kenntlich, „dürfte ich dich eben stören?“

Der Raum ist still, unordentlich und leer. Dunkel. Nur an einem der oberen Betten, seins, brennt ein schwaches Licht. Ich trete ein, schließe die Tür hinter mir und gehe auf die Kojen zu.
 

Ein überraschter Aufschrei erstickt in meiner Kehle, als sich eine große Hand gegen sie presst und eine andere mich unsanft zu sich nach hinten zieht. Mein Herz macht einen familiären Satz und ich lehne mich schon gleich nach dem anfänglichen Schreck gegen den warmen Körper an meinem Rücken, lasse mich auf den leichten Druck gegen meinen Rachen ein und erschaudere, als Zorros Atem an meinem Ohr kitzelt: „Kommt drauf an... wie denn?“
 

Ich lache stimmlos, doch eine Weile lang genieße ich das sinnliche Potenzial in dieser oberflächlich gewaltsamen Lage und schließe die Augen, um mir seine Nähe zu verinnerlichen. Eine Lage, in die ich mich gerne und schon öfter mit Zorro verliere; eine Lage, die einer unserer frühsten Interaktionsformen entstammt. Dann entweicht mir ein breites Lächeln und ich mache mich ohne größeren Widerstand von ihm frei, um mich zu ihn umzudrehen. Zorro erwidert meine verschmitzte Freude sofort, zieht mich an der Taille harsch zu sich.
 


 

Verdammt, Nico...“
 

Meine Stimme ist rau und leise und ich fühle mich ein bisschen verzweifelt, als ich ihr daraufhin einen langen, hungrigen Kuss auf den Mund drücke. Sie schlingt beide Arme fest um meinen Nacken, schmiegt die köstlich weichen Kurven ihres Körpers ungehemmt gegen meinen. Als wir voneinander ablassen grinsen wir uns stumm und ein wenig verlegen an, die Köpfe aneinander gelehnt.
 

Robin lässt ein zufriedenes Seufzen aus, das mir fast eine Gänsehaut verursacht, und fragt auf ihre so ungezwungene, sexy Art: „Hat dir gefallen, was du heute gesehen hast?“
 

Ich versenke die Finger tiefer in ihre Hüften, presse den Unterarm demonstrativ gegen ihr Kreuz und brumme ihr eine ernstgemeinte Warnung zu. Denn Robins Provokationen stellen eine reale Gefahr dar, und zwar für mehr als nur einen Mugiwara: Jede Sekunde könnte jemand reinplatzen und vielleicht fragen sich die anderen auch schon, wo wir sind. Sie kichert leise und gibt mir einen sanften, süßen Kuss.
 

„Du bist mir nicht böse?“
 

Die Unschuld in ihrem Ton kann sie zwar wirklich sonst wem andrehen, doch die Aufrichtigkeit hinter ihrer Frage ist trotzdem in ihren Augen vorhanden. Ich atme schwer aus. Wie kann dieses Weibsbild nur glauben, dass ich nach der fesselnden Szene von heute ernsthaft auf sie sauer sein könnte? Dass sie mich dadurch nicht enger an sich gebunden hat, meine Faszination zu ihr nicht größer geworden ist?

Wieder suche ich ihren Mund, ihre Zunge, ihren Geschmack. Streiche ihr intuitiv durch die volle, blumig-duftende Haarpracht, während sie mich umarmt und mir dreist am Hintern packt. Ich muss in den Kuss hineingrinsen und wir ziehen uns lächelnd zurück, suchen den Blick des anderen.
 

„Das hab‘ ich noch nicht entschieden“, antworte ich schließlich, lecke mir dabei die Reste des Kusses von den Lippen, „Du hast mich heute immerhin zehntausend Berry gekostet.“

„Zuzüglich Zinsen“, ergänzt sie unverbesserlich, sodass ich gereizt die Zunge schnalze.
 

Robin tippt einen filigranen Finger gegen das Kinn und summt überlegend. Verfluchte Saddistin! Was auch immer jetzt kommen könnte wird mich nur in eine schon vertraute Zwiespältigkeit zwischen Ärger und Lust schmeißen. Deswegen knurre ich einmal missmutig, stoße sie in Richtung Tür und gönne mir einen Klaps auf ihren (wohlgeformten, durchweg glorreichen Ar--) Po: „Verschwinde, bevor ich mich auf eine manipulative Wette einlasse und die anderen sich fragen, wo du bleibst!“, flehe ich so befehlerisch ich nur kann.
 

Ihr wunderbares Lachen ertönt, aber der leichte Spott in ihren Worten nagt an mir, als sie behauptet: „Ich glaube die einzige Wahrscheinlichkeit, für die es sich zu ‚wetten‘ lohnt, ist, dass das Ergebnis bei einer Revanche ähnlich ausfallen würde.“
 


 

Ich erreiche die Tür und

drehe mich wieder zum Schwertkämpfer um, beobachte die Wirkung meiner Provokation auf seinem Gesicht. Es mag ein wenig gemein sein, aber ich liebe es seinen inneren Konflikt dort – wenn sich jegliche Kränkung, immer wieder auf Neue, seiner Zuneigung zu mir unterordnet – zu lokalisieren. Als sein existentieller Kampf überwunden ist, grinst er mich jedoch schelmisch an. Sein Ausdruck erinnert mich etwas zu sehr an jenen von vor ein paar Stunden und eine leichte Nervosität steigt in mir auf.
 

„Tja. Dumm nur, dass du weder weißt, wann noch wie diese Revanche sich gestalten wird.“
 

Ich lächle trotz der aufkommenden Aufregung in mir, aber stocke, als ich kurz davorstehe die Tür zu öffnen. Ich wende mich zu ihm. „Ich habe heute einen kleinen Durchbruch mit dir gehabt, weißt du?“

„Ach ja?“

Ich nicke. „Habe was überaus Interessantes über dich gelernt“, erkläre ich, ehe ich die Stirn in Falten lege „Nur weiß ich nicht, ob du dir dessen ebenfalls bewusst bist und ob es nicht ohnehin besser wäre, diese Erkenntnis für mich zu behalten.“

Zorro sieht mich gänzlich irritiert an. „Erpresst du mich jetzt etwa mit deinen Eindrücken über mich?!“

Ich lache: „Wer sagt denn was von Erpressung?“

„Scheiße, Robin, du kannst jemandem doch nicht sagen, dass du etwas weißt, nur um sie dann nicht darin einzuweihen!!“ ruft er aufgebracht, hat in wenigen Schritten die Distanz zwischen uns geschlossen, seine Hand über meine gelegt, die noch immer die Türklinke greift, „Diese Kinderkacke lernt man schon im Schulalter, du Frauenzimmer!“
 

Dass er recht hat wird mir ein wenig unangenehm bewusst und ich kompensiere das mit einer aufrechten Haltung und einem entschlossenen Blick in seine Augen. Wahrscheinlich hätte ich mir die Bemerkung wirklich sparen sollen. Nur ist mir besagte Erkenntnis gerade dann erst wieder in den Sinn gekommen, sodass ich sie unüberlegt angeschnitten habe.
 

Ich räuspere mich, eine vage und doch wahrheitsgemäße Antwort bereits im Kopf formuliert: „Nun gut: Mir ist aufgefallen, dass dein Instinkt bis zu deinem Orientierungssinn durchgreift.“
 

Zorros Auge flackert über mein Gesicht, eine vertikale Linie zwischen seinen Brauen gezeichnet, sucht dort nach einer eindeutigeren Antwort. „Was—!“ Aber er seufzt nur resigniert, küsst mich ein letztes Mal und wischt mir dabei die Haare von der Schulter, bevor er die Tür endlich einen Spalt weit öffnet.
 

„Raus mit dir“, fordert er mit einer Kopfbewegung trocken.
 

Ich schmunzle, um mir ein Lachen zu unterdrücken.
 

„Ich meine ja nur“, verteidige ich mich, ehe ich zwinkernd aus dem Schlafzimmer schreite, „Vielleicht hast du das bis zum nächsten Mal bereits ausgebrütet, Kenshi-san.“


Nachwort zu diesem Kapitel:
Dieser OS ist eigentlich aus dem bloßen Bedürfnis entstanden, eine etwas 'Action-geladenere' Szene zu schreiben, denn mit diesen tue ich mich unheimlich schwer. Es ist erstaunlich schnell gegangen, ich habe mich von der Dynamik regelrecht hinreißen lassen... und drei Mal dürft ihr raten bis wo hin. :D Ich glaube nämlich, dass es einen eindeutigen Cut in der Erzählung und Erzählweise gibt. Ich hoffe ihr habt dennoch Spaß beim Lesen gehabt! :) Komplett anzeigen

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Kommentare zu diesem Kapitel (1)

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Von:  Stoechbiene
2023-11-26T12:56:57+00:00 26.11.2023 13:56
Man, du haust ja eine Idee nach der anderen raus. Das ist für alle ZoxRo-Fans natürlich der Himmel auf Erden!

Man kann in diesem OS schon ein wenig Mitleid mit dem guten Zorro haben, der Robin's Intellekt in keiner Weise gewachsen ist. Allerdings entspricht das nun mal auch der Realität und er ist sich dessen auch bewusst und hat sich damit abgefunden. Er weiß wo sein Platz in dieser Crew ist und auch, dass er dennoch Robin's Anerkennung genießt. Gerade die beiden Frauen in der Crew wissen wie wertvoll Freunde sind, für die das Wort Loyalität nicht nur eine Worthülse ist.

Aber auch Robin weiß, dass Zorro nicht dumm ist und dass man seine schroffe Art nicht mit Desinteresse oder Unwissenheit gleichsetzen darf. Er hat seine ganz eigene Art mit den Dingen des Lebens umzugehen, weshalb nicht jeder erkennt, welch Geist in ihm wohnt.
Sicherlich eine Charaktereigenschaft an ihm, die gerade eine Frau wie Robin provoziert und fasziniert.

All das konnte man zum Genuss in deinem OS wiederfinden :)

Allerdings gibt es in deinem Text eine Stelle, wo der zuvor gelöschte Text durchgestrichen eingeblendet wird. Du wolltest statt Po also Arsch schreiben ;)

Liebe Grüße
Antwort von:  PurplePassion
01.12.2023 11:42
Hahahaha Stoechbiene! Du hast mich zum Lachen gebracht. :'D Ja ähem... HUCH!! Wie hat sich dieser schmutzige Gedanke bloß in die Endfassung geschlichen?? *g*

Danke jedenfalls für deinen Kommi, es freut mich immer zu lesen was fellow ZoRo-Shippers so an das Pairing bindet. <3
Ich stimme dir natürlich zu! Ich weiß nicht wo ich das mal gelesen habe (vllt sogar bei einer deiner FFs?), aber irgendwer meinte in der Geschichte über Zorro und Robin so was wie "Ich glaube die zwei haben eine ganz andere Weise die Welt zu sehen". Das finde ich treffend und ist auch ein wiederkehrendes Motiv bei dem Pairing. Hat halt einen Reiz der sich in der Subtilität ihrer Interaktionen spiegeln kann. *-*

Dass du Nami und Robins Gemeinsamkeit in puncto Gemeinschaft ansprichst, finde ich cool. :) Ihre Erfahrungen sind diesbezüglich ja doch irgendwo ähnlich und obwohl sie in der Crew als Frauen nur zu zweit sind, finde ich den Gedanken toll, dass sie der Weg zum One Piece, also zu Ruffys Traum, sind (Navigation und Poneglyphe).

Habe ganz lieben Dank noch mal! Und ein schönes Wochenende wünsche ich dir. :)


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