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Knusperwaldweg

von

Vorwort zu diesem Kapitel:
Ich weise hier vorsichtshalber darauf hin, dass dieser One-Shot auf dem RPG von Platan und mir beruht. Daher entsprechen einige Dinge nicht dem Canon, vor allem die Andeutungen bezüglich Sagaria (außer Feria muss die daher erst einmal auch niemand weiter beachten =D).
... Und natürlich ist Varun ein OC - der nur aufgrund eines Gags entstand. Irgendwie bekam er letztendlich diese echt große Rolle im RPG und jetzt diesen One-Shot. Eigenartig, wie das funktioniert. :,D Komplett anzeigen

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Chevrumm auf Abwegen


 

»... und das Pokémon soll sich irgendwo im Knusperwaldweg befinden.«

Varun seufzte schwer, was seinem Vorgesetzten am anderen Ende der Leitung nicht entgehen dürfte. »Warum muss ich das machen?«

»Weil alle anderen beschäftigt sind – und außerdem hat die Person ausdrücklich nach dir verlangt. Die Leute halten dich vermutlich immer noch für einen Helden

Seinen letzten Satz sagte er mit derart viel Spott in der Stimme, dass Varun mit den Augen rollte. Zum Glück sah sein Vorgesetzter das nicht.

»Keine Sorge«, fuhr er fort, »die Touristen laufen dir nicht weg, du kannst ihnen noch falsche Strafzettel ausstellen, sobald das hier erledigt ist. Denk dran, es ist ein Chevrumm, davon gibt es da nicht zu viele. Und das Päckchen, das es gestohlen hat, verfügt über einen Ortungs-Chip. Sieh das einfach als Geocaching oder was auch immer bei den Jugendlichen gerade so angesagt ist.«

Varun musste sich auf die Zunge beißen, um nicht zu erwidern, dass das keineswegs Geocaching war. Aber dann hätte er erklären müssen, warum er sich damit auskannte, und sein Vorgesetzter mochte ihn jetzt schon nicht, da wollte er ihm nicht noch mehr Gründe für seine Antipathie liefern.

»Verstanden«, antwortete er deswegen nur. »Ich kümmere mich darum.«

»Gut.« Wenigstens klang sein Vorgesetzter jetzt zufrieden. »Ich schick dir die Daten auf dein Smart-Rotom.«

Damit beendete er den Anruf schon. Varun stieß Luft durch seine geschlossene Lippen, worauf Mopex neben ihm den Kopf neigte und leise röhrte.

»Soziale Interaktionen«, sagte Varun schulterzuckend, ehe er das Thema wechselte: »Was denkst du? Warum klaut ein Chevrumm ein Päckchen und wem sollte es eigentlich hier zugestellt werden?«

Darauf gab Mopex ein ratloses Geräusch von sich.

»Ja, das ist wirklich ein Rätsel.«

Und warum hatte der Paketbote es dann nicht selbst suchen können? Gerade wenn es doch diesen Chip hatte – was auch fragwürdig war. Etwas stimmte hier ganz und gar nicht.

Bevor er diesen Gedanken vertiefen konnte, verkündete sein Smart-Rotom, dass er die Daten empfangen hatte. Das Display wechselte zu einer Karte der Umgebung, erst nach dem Rauszoomen wurde der blinkende Punkt sichtbar, der anzeigte, wo sich das gesuchte Päckchen verbarg. Im Moment schien es sich nicht zu bewegen, vielleicht hatte Chevrumm ja schon das Interesse daran verloren und es einfach hinter dem Berg liegengelassen.

»Dann beginnen wir lieber«, sagte Varun. »Damit wir fertig werden, bevor es dunkel wird.«

Noch stand die Sonne an ihrem höchsten Punkt, also hätte er ein paar Stunden, aber die wollte er nicht zwingend alle hier verbringen. Mit Mopex an seiner Seite setzte er sich in Bewegung, selbst zu laufen wäre während einer solchen Ermittlung bestimmt besser, aber dennoch wollte er nicht auf seinen Partner verzichten, der ihn treu wie immer begleitete.

Wäre Varun interessierter an Wissenschaft, so hätte er sich vermutlich schon nach seiner Ankunft in Paldea gefragt, wie dieser Wald eigentlich existieren konnte. Zwischen dem sommerlichen Caldero-See und dem winterlichen Montanata gelegen, herrschte hier das ganze Jahr über Herbst. Auch heute waren die Blätter an den Bäumen gelb, braun und rot, und wurden von kurzen Windstößen regelmäßig abgerissen und auf den Boden, zwischen das gelbe Gras geweht. Dadurch entstand bei jedem Schritt, den man tat, ein knisterndes Geräusch. Ob daher der Name Knusperwaldweg kam? Varun hatte nie jemanden danach gefragt und es erschien ihm zu mühsam, nur dafür in einen sozialen Austausch zu gehen.

Das Gefühl, beobachtet zu werden, ließ ihn den Blick zu einer Anhöhe lenken. Auf dieser lag ein Letarking, es schmatzte langsam, während es müde mit den Augen blinzelte. Es stellte keine Gefahr dar. Genauso wenig wie die Tentagras, die in kleinen Grüppchen umherschwebten, nur um sofort auseinanderzupreschen und in die unterschiedlichsten Richtungen zu fliehen, als sie Varun und Mopex bemerkten. Dabei schreckten sie sogar einen Mastifioso auf, der in Varuns Richtung sah, ihn still mahnend, seinen Mobtiffs, die um ihn herum sprangen, bloß nicht zu nahe zu kommen.

»Ich glaube, man kann uns hier nicht sonderlich gut leiden«, sagte Varun leise.

Mopex' leises Röhren brachte ihn zum Schmunzeln.

»Du hast recht«, antwortete er ihm. »Genau wie überall.«

Wenigstens störten sich die in den Bäumen singenden Staravias nicht an ihnen. Dafür aber wohl das Schicksal höchstselbst, denn als sie gerade den Berg umrundeten, um auf die andere Seite zu kommen, bewegte sich der Punkt auf der Karte – und zwar natürlich von ihnen weg.

Wahrscheinlich kann ich schon froh sein, dass das Päckchen nicht auf den Berg klettert.

Natürlich könnte Mopex diesem Beispiel ganz einfach folgen, aber es würde das alles nur unnötig verkomplizieren. In der Vergangenheit hatte sich immerhin schon gezeigt, dass manche Pokémon aggressiv auf Mopexe reagierten, auf denen Menschen ritten. Das Herbst-Kronjuwild, das in einiger Entfernung stand und sie aufmerksam beobachtete, wirkte jetzt schon in höchster Alarmbereitschaft.

»Ignorier ihn einfach«, murmelte Varun, ohne so recht zu wissen, ob er sich selbst ansprach oder Mopex oder das Kronjuwild, dessen Blick er sogar in seinem Rücken spüren konnte, als sie schon lange an ihm vorübergezogen waren.

Auf der anderen Seite des Berges gab es auch einen Weg, der zwischen Bäumen hindurchführte, und jenseits davon eine Klippe, von der aus man auf das Nördliche Meer sehen konnte. Das mehrstimmige Kreischen von Voltreans klang undeutlich herüber. Zwischen den Bäumen entdeckte Varun einige Mobais und Mogelbäume, die vollkommen still standen, in einem Versuch, einfach unentdeckt zu bleiben. Varun schmunzelte ihnen nur zu, als sie an den Pokémon vorbeigingen. Kaum sah er sie nicht mehr, hörte er dafür, wie sie über die trockenen Blätter davonliefen.

Er entdeckte kein Chevrumm, nicht einmal ein Mähikel. Der Punkt bewegte sich immer noch. Inzwischen war er wieder auf der Vorderseite des Berges.

»Denkst du, es ist irgendetwas Besonderes in diesem Päckchen?«, fragte er Mopex. »Es ist immerhin nicht normal, dass ein Chevrumm so hartnäckig hinter einem Paket her ist.«

Gerade von dieser Art Pokémon hatte er das noch nie gehört. War es vielleicht speziell darauf trainiert worden? Aber das erklärte nicht, warum jemand ausgerechnet hier ein Päckchen herschickte und jemand anderes es hier abfing. Immerhin gab es hier nichts außer Natur.

Als wolle genau diese das auch bestätigen, kam ihm ein eiskalter Windhauch vom nahegelegenen Montanata entgegen. Er fröstelte ein wenig. Zum Glück konnte er das kalte Gebiet (mit zu viel Schnee, der das Sonnenlicht unangenehm stark reflektierte) einfach ignorieren und dem sanft ansteigenden Weg folgen, der zurück auf die Vorderseite des Berges führte.

Plötzlich röhrte Mopex leise. Als Varun seinem Blick folgte, entdeckte er das erste Chevrumm, seit sie angekommen waren. Es war von ihnen abgewandt und hielt den Kopf gesenkt, als wäre es gerade damit beschäftigt, etwas zu fressen. Es war vollkommen allein, ohne Artgenossen oder Mähikel, was absolut ungewöhnlich für diese Pokémon war. Dadurch war es nun zum Hauptverdächtigen in diesem Fall geworden.

Varun steckte sein Smart-Rotom wieder ein und bedeutete Mopex lautlos, dass er sich in Position begeben sollte. Da sie schon so lange zusammen waren, brauchte es keine Worte, dass sein Partner wusste, was er von ihm wollte.

Mopex huschte davon, um Chevrumm einen möglichen Fluchtweg abzuschneiden. Dieses hob nicht einmal kurz den Kopf, als wäre es sich keiner Schuld bewusst – und wahrscheinlich war das auch so.

Varun wartete, bis er sicher war, dass auch Mopex bereit war, dann ging er mit entschlossenen Schritten auf das Chevrumm zu. Dabei hielt er noch nach dem Paket Ausschau, aber davon war nichts zu sehen; das Pokémon knabberte an einigen der knusprigen Herbstblätter. Hielt es sich deswegen hier auf? War es am Ende nur ein Zufall?

Als er nur noch einige Schritte von dem Chevrumm entfernt war – hätte er die Hand ausgestreckt, wäre es ihm möglich gewesen, die Blätterdecke auf seinem Rücken zu berühren –, hob es den Kopf und starrte ihn nachdenklich an. Gleichzeitig hielt Varun in seinen Bewegungen inne.

»Hey«, sagte er, in einem Versuch, das Chevrumm zu beruhigen, aber seine Stimme war so tonlos wie immer. »Alles ist gut. Ich will nur wissen-«

Bevor er seinen Satz beendete konnte, wendete sich das Chevrumm abrupt ab und sprang davon. Varun fluchte innerlich. Ich bin zu alt für so etwas.

Aber da kam Mopex bereits hinter einem Hügel hervor und stellte sich dem Flüchtenden fauchend in den Weg. Empört blökend kam das Chevrumm wieder zum Stehen. Weiterhin klang es nicht, als fühlte es sich schuldig, eher als hätte Mopex ihm gerade seinen Spaß ruiniert.

Varun kam näher, darauf wandte das Chevrumm sich ihm mit vorwurfsvollem Blick zu. Es blökte noch einmal.

»Warte.« Varuns Augen weiteten sich ein wenig, als er das Pokémon erkannte, er hatte es schon einmal gesehen, ganz bestimmt. »Du bist … das Chevrumm des Top-Champs.«

Auf diese Enthüllung blökte es begeistert, was kurz darauf von einem leisen Klatschen begleitet wurde. Mopex trat einen Schritt beiseite und enthüllte damit Sagaria, die lächelnd für ihn applaudierte. Varuns Herz schien für den Bruchteil einer Sekunde zu schnell zu schlagen, dann brachte er es wieder unter Kontrolle, um sie möglichst unbeteiligt anzusehen. Sie störte sich nicht daran, hörte einfach nur auf zu klatschen und erwiderte seinen Blick erwartungsvoll. Mit diesen außergewöhnlichen Augen, die sein Herz direkt wieder ausbrechen lassen wollten.

»Sagaria«, stellte er tonlos fest. »Darf ich davon ausgehen, dass das alles hier von dir eingefädelt wurde?«

»Richtig.« Stolz lächelnd hob sie einen kleinen Anhänger. »Du bist die ganze Zeit mir gefolgt.«

Das machte all seine Überlegungen zunichte – aber es bedeutete auch, dass er hoffentlich keinen Bericht schreiben müsste, also störte er sich nicht daran, dass all seine Gedanken damit umsonst gewesen waren. Außerdem interessierte ihn gerade etwas anderes mehr: »Und was sollte das alles?«

Sie lächelte so herzlich, dass sein Herz ihn zum Seufzen zwingen wollte – glücklicherweise antwortete sie aber bereits und lenkte ihn damit ab: »Ich dachte mir, damit bekomme ich dich eher zu einem kleinen Picknick, als wenn ich dich direkt einlade.«

Sie deutete hinter sich, wo tatsächlich eine Picknickdecke auf dem Boden ausgebreitet war, daneben stand ein Weidenkorb, aus dem der Hals einer Flasche hervorlugte. Dass sie auf den Tisch verzichtete, der für die meisten zum Standard gehörte, wunderte Varun gar nicht. Sagaria war eben außergewöhnlich, in jeglicher Hinsicht.

»Ich habe alles schon aufgebaut«, fuhr sie fort, »es wäre also eine Verschwendung, mich abzuweisen.« Sie blinzelte langsam. »Willst du, dass ich das alles hier verschwende?«

Er hob die Schultern und gab ein geschlagenes Seufzen von sich. »Da bleibt mir wohl nichts anderes übrig als mich dir anzuschließen. Ich kann nicht verantworten, dass der Top-Champ so viel Zeit und Geld verschwendet hat.«

Mit dieser Antwort mehr als zufrieden, begab sie sich mit Varun zusammen zur Picknickdecke, während Chevrumm scheinbar freudig um sie herumhüpfte. Mopex schloss sich ihnen langsamer an und ließ sich, anders als Varun und Sagaria, neben der Decke nieder, wobei er ein zufriedenes Röhren von sich gab. Erst dann ließ auch Chevrumm sich fallen.

Die aus dem Korb ragende Flasche enthielt Wein, der besonders gut zu den Sandwiches passen sollte, wie Sagaria ihm versicherte, ehe sie noch stolz »Und die Sandwiches habe ich selbst gemacht« hinzufügte.

»Ach.« Varun schmunzelte ein wenig. »Sind sie dann überhaupt essbar? Ich erinnere mich noch gut daran, wie salzig das letzte Essen war, das du für mich gemacht hast.«

»Ich fand nicht, dass die Tortillas versalzen waren«, erwiderte sie ihm. »Aber ich kann dir versichern, dass ich diesmal darauf geachtet habe, wirklich nur ganz wenige Gewürze zu verwenden.« Sie zwinkerte ihm zu, während sie ihm ein Sandwich reichte. »Damit deine empfindliche Zunge nicht belastet wird.«

»Ich glaube eher, deine Zunge hat einfach kein Gespür für Salz. Aber ich will mal nicht so sein und gebe deinen Künsten noch eine Chance.«

»Wie großzügig von dir~.«

Aufmerksam beobachtete sie ihn, während er einen Bissen nahm. Letztes Mal hatte er sich nichts anmerken lassen, direkt im Anschluss nur einen großen Schluck Wasser getrunken, aber dennoch schien es ihm, als suchte sie kleine Anzeichen einer ersten Reaktion während er noch kaute. Im Moment war er hauptsächlich froh, dass er diesmal nicht direkt Wasser brauchte, denn es schmeckte wirklich gut. Aber natürlich konnte er nicht so direkt sein: »Schon besser. Bei diesem Sandwich hab ich nicht das Gefühl, als bestünde es rein aus Salz.«

Ihre Augen glitzerten, was sie noch schöner machten als ohnehin schon. »Aus deinem Mund ist das ein großes Kompliment. Vor allem bin ich aber froh, dass es dir diesmal schmeckt. Dann können wir diesen Tag einfach genießen.«

Um sich nicht zu sehr in ihren Augen zu verlieren, wandte er den Blick ab. Dabei fiel ihm erstmals auf, dass sie diesen Platz aufgrund der Aussicht ausgewählt hatte: Direkt gegenüber stürzte ein Wasserfall aus dem Berg in einen kleinen Fluss, aus dem nicht nur ein einsames Kronjuwild (das mit ziemlicher Sicherheit eigentlich ein Zorua war), sondern auch ein Raichu gerade tranken. An einem der nahen Bäume hing ein müde wirkendes Forstellka, auf dem Weg zwischendrin scheuchte gerade ein Mantidea eine Herde von Imantis voran. Keines der wilden Pokémon störte sich an ihnen.

»Ich finde es sehr entspannend hier«, sagte Sagaria. »Vor der Schatzsuche komme ich immer gern in die Wildnis.«

»Ich kann nachvollziehen, was du hier draußen gut findest. Weniger soziale Kontakte.«

Sie lachte. »Für mich ist das hier sehr sozial. Schon vergessen?«

Wie könnte er? Es war eines der Dinge, die sie so besonders machte, so viel besser als ihn. Ein großes Geheimnis, das kein Mensch außer ihm kannte, und das sie mit bewundernswert viel Würde trug. Er war ein Mensch, der sich oft fehl am Platz unter anderen fühlte, aber sie bewegte sich zwischen ihnen so ungezwungen, so elegant, dass er sie nur bewundern konnte.

Genau deswegen verstand er nicht, warum sie gern so viel Zeit mit ihm verbrachte. Er fragte sie aber auch nie – und heute schon gar nicht.

Lieber hob er einen Mundwinkel, ehe er antwortete: »Du bist besser im Umgang mit Menschen als ich, da kann man das schon manchmal vergessen.«

So wie ihre Augen danach glitzerten, war er sicher, dass sie ihm nicht glaubte. Aber sie ging auch nicht weiter darauf ein. Stattdessen aß sie schweigend zu Ende, genau wie er. Was ihn unwillkürlich zu der Frage führte, ob ihr eigenes Sandwich versalzen war. Doch er genoss das Schweigen zu sehr, um es auszusprechen. Mit ihr war sogar das angenehm. Anders als bei anderen.

Schließlich, als sie fertig war, legte Sagaria eine Hand auf Chevrumm, um diesem über die Kopf zu streichen. Was Varun zu einer Frage führte: »Warum hast du ihn eigentlich eingespannt, wenn du den Sender selbst bei dir hattest?«

»Er mag das Herbstlaub einfach – und weil du dachtest, dass du ihn verfolgst, hast du dich ganz auf ihn konzentriert und mich nicht mal bemerkt, als du den Berg umrundet hattest.«

Er runzelte seine Stirn. Offenbar ließ seine Aufmerksamkeit nach, sobald er sich auf ein Ziel fokussierte, daran musste er unbedingt arbeiten.

»Eine Sache verstehe ich aber noch nicht«, sagte er nachdenklich. »Du hast mich unter Vorspiegelung falscher Tatsachen hergelockt, weil ich die Einladung abgelehnt hätte, okay. Aber schon als ich hier ankam, hättest du mir das einfach erklären können, dann wäre ich auch einverstanden gewesen – immerhin war ich ohnehin schon da.«

Sagaria lächelte ihn ungewohnt schelmisch an. »Ich dachte mir, ein bisschen Geocaching würde dir Spaß machen.«

»Aber Geocaching funktioniert anders.«

Ihr Lächeln wurde von einem überraschten Ausdruck abgelöst. »Woher kennst du dich so gut damit aus?«

Wenigstens wollte sie keine Erklärung, wie es richtig funktionierte. So ganz verstanden hatte er das nämlich auch nicht, aber unter den gegebenen Umständen war das nur natürlich gewesen.

»Nun, sagen wir mal so: Schüler bei der letzten Schatzsuche zu beschatten und sie mitten in der Nacht beim Graben zu erschrecken, weil ich glaubte, sie hätten illegale Dinge vor, war nicht gerade ein guter Einsatz meiner Zeit.«

Sagarias Lachen traf sein Herz unvorbereitet, deswegen schlug es sofort wieder schneller. Glücklicherweise war er gut darin, nicht zu zeigen, wie sehr ihn das freute – glaubte er jedenfalls. Vielleicht irrte er sich aber auch, das könnte erklären, warum Sagaria so viel Zeit mit ihm verbringen wollte.

»Du weißt aber, dass ich diese Geschichte jetzt ganz genau hören will«, sagte sie, »oder?«

Das hätte er sich denken müssen. Aber bei ihr störte er sich nicht daran, dass er mehr reden müsste als er es normalerweise tat. Solange er Zeit mit ihr verbringen könnte – selbst wenn er dazu mehr oder weniger gezwungen werden musste –, würde er ihr liebend gern diese Geschichte erzählen, auch wenn er dabei nicht zwingend gut weg kam. Jedenfalls würden die damals zu Tode erschrockenen Schüler das bestimmt sagen.

»Ich bin nicht sehr gut im Erzählen«, begann er. »Aber wenn du darauf bestehst …«

Er seufzte noch einmal schwer, um auszudrücken, wie wenig ihn das freute, nur um die Fassade ein wenig aufrecht zu halten, aber sie lächelte darauf lediglich. Sagaria gelang es einfach, ihn zu durchschauen.

Also erzählte er ihr die Geschichte von zwei Schülern, die mitten in der Nacht einen vergrabenen Schatz in einer alten Ruine heben wollten, von dem sie im Internet gelesen hatten – und die wahrscheinlich weniger fröhlich auf dieses Ereignis zurückblickten als er gerade. Aber sie berichteten das auch nicht einer sanft lächelnden Sagaria, die jedes Wort davon zu lieben schien und sein Herz dabei weiterhin zu schnell schlagen ließ.

Und in diesem Moment, in dem es außer den Pokémon nur sie beide gab, war für Varun ausnahmsweise einfach alles gut. Selbst mit dieser sozialen Interaktion.
 



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Kommentare zu diesem Kapitel (1)

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Von:  _Delacroix_
2023-12-20T14:53:01+00:00 20.12.2023 15:53
Nun, jedenfalls hatte das Chaevrumm sicher Spaß im Laub. Und gegen ein Geocaching freies Picknick ist ja auch nichts einzuwenden, solange es nicht zu nah an der Schneegrenze stattfindet. XD

Süße Story, wirklich. Ich fand besonders die Beschreibung der Route interessant. In den Games sind die ja immer sehr abwechslungsreich, aber du hast natürlich recht. Wissenschaftlich betrachtet sollte einem so ein ewiger Herbstwald schon seltsam vorkommen.^^
Antwort von:  Flordelis
20.12.2023 22:52
Danke für deinen Kommentar. ^^
Mich freut vor allem, dass du die Beschreibung der Route interessant fandest, an der hab manchmal nämlich ein wenig gezweifelt.


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