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Megami Kouhosei Akte 02

TEIL II
von

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Curriculum 09: Erwachen

Hallo, I'm back! Die schlimmsten Klausuren habe ich hinter mir, da kommt gleich

eine neue Episode! Viel Spaß und ich drücke Euch alle mal kräftig für Eure

Kommis! Danke! ^___^ *freu*
 

Curriculum 09: Erwachen
 

"Was weißt du also über diesen Kerl?" erkundigte sich Gareas und blickte Yu fragend an. Es freute ihn insgeheim, dass sein Freund sich wirklich ein Ohrloch hatte stechen lassen, um den Schmuck tragen zu können.

"Van Windbourg wird schon seit langem von der Polizei gesucht. In der Unterwelt ist er bekannt als ,The Rat', die Ratte. Passt gut zu seinem Charakter, wenn du mich fragst."

"Und was macht Kazuhi?"

"Sie studiert Medizin, ist ein stolzes Erstsemester auf der Universität unserer Kolonie. Sie lässt euch übrigens alle herzlich grüßen. Kazuya-san desgleichen." Ein schelmisches Grinsen zog seinen Mund auseinander, als er gewahrte, wie er sprachlos von Galew und Rio angestarrt wurde - Erts hatte sich zurückgezogen, offensichtlich überrumpelt davon, Rome wieder begegnet zu sein. Der Pilot der Agui Keameia fand als erster die Sprache wieder.

"Kazuya-san? Welcher Kazuya-san?"

"Ein Mitstudent, den sie während ihres ersten Tages an der Uni kennen gelernt hat. Sie scheint ihn sehr zu mögen. Mit ihren sechzehn Jahren ist sie eine der jüngste Studentinnen in der Geschichte der Schule. Er hat sich ihrer angenommen."

"Tatsächlich? Und du lässt den Kerl am Leben? Wow!"

"Kazuya-san ist ja auch nicht du, Rio."

"........Der Job bei der Polizei hat dich nicht sonderlich verändert. Wenn du mal was sagst, trifft es wie gewöhnlich die Eingeweide!"

"Sie hat ihn mir bereits vorgestellt. Er ist wirklich in Ordnung und ich freue mich für meine kleine Schwester."

"Schön und gut, Yu", begann Galew, "aber was ist mit dir? Ich meine, deinen Sinn für Wahrheit und Gerechtigkeit in allen Ehren und finde es großartig, dass du jetzt Kommissar bist....aber hast du uns da nicht was verschwiegen?"

Er setzte dabei ein lauerndes Grinsen auf. Yu zwirbelte einen Strang seines Stirnbandes zwischen den Fingern, bevor er sich zu einer Antwort herab ließ, was dem grünhaarigen Burschen ein "Etwas schneller, wenn's geht!" entrang.

"Worauf genau spielst du an?"

"Worauf ich an....?! Auf eine Freundin, du Idiot! Also, was ist? Schwarz? Blond? Braun? Rot? Welche Augenfarbe? Wie heißt sie? Welches Sternzeichen? Wie habt ihr euch kennen gelernt?"

"Galew, spar dir deinen Atem. Ich habe keine Freundin."

".......Sag das noch mal!"

"Ich. Habe. Keine. Freundin. Ist dir der Satzbau zu kompliziert?"

"Argh! Nerv mich nicht, ich warne dich! Warum denn nicht?! Du kannst doch nicht für den Rest deines Lebens Verbrecher jagen, da fehlt das zwischenmenschliche Element! HE!! Hörst du mir überhaupt zu?!"

Der ehemalige Pilot der Roten Göttin erwiderte nichts. Seine Freunde verstanden ihn nicht, wie auch? In dem Punkt hatte er sich bisher nur seiner Schwester anvertraut. Kazuhi war der Ansicht gewesen, er sollte ,ihr' seine Gefühle gestehen, bevor es zu spät war, aber hatte er denn eine reelle Chance? Sie hatte bislang nur einen Mann geliebt, und es hatte sie viel Zeit und unendlich mehr Tränen und Verzweiflung gekostet, seinen Verlust zu überwinden. Sie war zudem ein Jahr älter als er. Er lehnte sich in seinem Sessel zurück und ignorierte den ungeduldig mit dem Fuß aufstampfenden Gareas und den ein wenig unschlüssig dreinblickenden Rioroute. Ihre Erscheinung schob sich in seinen Kopf, obwohl er es sich seit einem Monat versagt hatte, an sie zu denken. Aber kaum war er wieder auf GIS, waren seine Bemühungen zwecklos. Ein sanftes und herzerwärmendes Lächeln, wunderschöne Augen, aus denen Hilfsbereitschaft, Mitgefühl, Ehrlichkeit und Empfindsamkeit strahlten, eine warme Hand, die einen sorgsam berührte und Halt spendete, wenn man ihn am nötigsten brauchte....

Aber ihr bedeutete er gewiss nicht mehr als die übrigen Piloten. In ihrem Herzen hatte es immer nur einen gegeben, und das war Ernest. Der blonde junge Mann hatte das richtige Alter gehabt, er war größer und freundlicher gewesen, als er, Yu, es je fertiggebracht hätte, offener, zugänglicher, nicht so kühl und in sich gekehrt. Dennoch hatte er Ernest nie beneidet. Nie hatte der Pilot der Luhma Klein etwas besessen, dass er sich auch gewünscht hätte. Er hatte ihn gemocht, ihn respektiert, geschätzt und bisweilen bewundert. Nein.

Er hatte ihn nie beneidet.

Nie.

Bis um eines.

Tune.
 

Clay, Roose und Yamagi waren nach GOA zurückgekehrt und hatten den Brief Azumas an Rei bei Kizna gelassen. Auf dem Landesteg des Shuttles wurden sie bereits von ihren Freundinnen erwartet. Tsukasa begrüßte ihren Schatz mit einem Kuss auf die Nasenspitze und Wrecka flog ihrem Partner in die Arme. Saki näherte sich Clay mit einem Lächeln, doch bevor sie die Gelegenheit bekam, es den anderen beiden Lotsen gleichzutun, rief jemand jubelnd "Fortran-kun!" und landete so stürmisch auf Anwärter Nr. 89, dass er hintüber fiel und die Person auf ihn drauf.

"Wie? Was? Hä? Ach, du bist es, Miranda-san." stellte er fest, im höchsten Grade verwirrt, sich des momentan eindeutigen Bildes, das sie boten, noch gar nicht bewusst. Das rothaarige Mädchen starrte die andere an, als wäre sie verrückt geworden. Yamagi und Roose wechselten einen "Auweia"-Blick, während Wrecka und Tsukasa, das Schlimmste befürchtend, ihre Kameradin musterten, die soeben ein Gesicht zog, als ob sie auf einer extrem sauren Zitrone herum kauen würde. Von irgendwoher betrat Rick die Szene und eilte mit Riesenschritten auf seine Schwester zu, darum betend, das Drama, das sie zweifellos gerade anrichtete, einigermaßen eindämmen zu können.

"Miranda-san, könntest du bitte von mir runter gehen?"

"Wieso denn? Mir gefällt's so! Warte mal...."

Ohne sich um die Meinung des Jungen zu scheren, der da unter ihr lag, nahm sie ihm seine Brille ab und begutachtete ihn wie ein Pferd, das verkauft werden soll.

"Ohne bist du viel hübscher. Du hast tolle Augen....wie dunkler Topas oder dunkler Honig. Was meinst du? Wie wär's mit uns?"

Rick bekam nachträglich fast einen Nervenzusammenbruch. Seine Schwester war bezüglich ihrer Beziehungen nicht nur genauso wie er, sondern sogar noch schlimmer! Seine Laune besserte sich auch nicht sonderlich, als er Sakis Gesichtsausdruck bemerkte.

"WAS FÄLLT DIR EIN?!?! NIMM DIE PFOTEN DA WEG, SCHWESTER!!!!"

Miranda fuhr auf wie vor dem personifizierten Tod. Ihr Gegenüber wusste, dass Eifersucht keine Tugend war und dass sie Clay vertrauen konnte, aber das Gefühl war stärker und begrub alles andere unter sich, ohne Kompromisse. Er stand auf und versuchte, sie zu beschwichtigen, indem er ihre Hand ergriff, doch sie riss sich los.

"Lass deine Finger von ihm, hast du kapiert, Solares?! Er gehört zu mir!"

Damit hakte sie ihren Partner unter und verschwand. Rick hatte sich weitgehend wieder beruhigt und stellte seine Schwester zur Rede, die ihm jedoch wie üblich keine Beachtung schenkte.

"Ich rede mit dir, verflixt! Was hast du eigentlich im Kopf?! Joghurt?! Du weißt genau, dass die beiden ein Paar sind! Da kannst du dich doch nicht einfach reindrängen!"

"Ach nein?!" konterte Miranda in spöttischem Tonfall. "Und was ist mit dir? Du hast dich doch auch an Allecto rangemacht, oder nicht?"

"Ikhny war damals noch nicht mit Gner zusammen, vergiss das nicht. Aber nachdem ich erkannt hatte, dass sie ihn liebt, habe ich mich zurückgezogen. Doch was du hier treibst, ist unmöglich!"
 

Yamagi schaltete sich ein. Er packte das Mädchen an den Schultern und sah sie ernst an. Unwillkürlich tat ihr Herz noch mal einen Sprung. Er blieb süß, daran würde sich so schnell wohl nichts ändern.

"Hör gut zu, denn ich sage es nur einmal. Deine Methode ist der falsche Weg. Man kann Liebe nicht erzwingen, denn sie ist etwas, das von alleine kommt und im Herzen wächst. Beide müssen das Gleiche empfinden, denn sonst hat eine Beziehung keinen Sinn. Wenn du Clay nur magst - und mich nur gemocht hast -, weil wir hübsch sind, dann ist deine Liebe wertlos. Bei echten Gefühlen darf es nicht allein auf Äußerlichkeiten ankommen. Sicher freut man sich, wenn man einen gut aussehenden Freund oder eine attraktive Freundin hat, aber wenn er oder sie einen furchtbaren Charakter hat, ist die Partnerschaft von vornherein zum Scheitern verurteilt. Du bist nie ernsthaft. Aber wenn es um Liebe geht, sollte man ernst sein, es ernst meinen. Du kannst mit den Gefühlen anderer nicht einfach so herumspielen, wie es dir gerade passt, denn alles zieht Konsequenzen nach sich."

Roose nickte dazu und trat an die Seite seines Kommilitonen.

"Er hat recht. Keine Wissenschaft der Welt wird je die Liebe berechnen können, denn dabei geht es um die Seele, den Charakter, der wichtig ist und viel bedeutet, mehr als alles Make-up und schicke Klamotten, denn mit diesen Dingen, die den echten Menschen hinter einer Fassade verstecken, kann man kein gemeinsames Leben führen. Man muss sich selbst treu bleiben. Lass Clay und Saki zufrieden, denn sie haben ihr Glück und du musst das deine suchen. Solltest du das nicht tun, werden wir unserem Freund helfen, aus deinen Fängen zu entkommen. Ich denke, ich habe mich deutlich ausgedrückt."

Seine Stimme klang gegen Ende tiefer als sonst, kühl und warnend. Wrecka spürte darunter den unnachgiebigen Willen, von dem Tsukasa gesprochen hatte und erbebte unter der Aura der Kraft und schwelenden Leidenschaftlichkeit, die sie darin wahrnahm. Wie hatte sie nur je glauben können....Sie baute sich vor Miranda auf und erklärte:

"Weiß du, ich war genauso wie du. Ich ging nach gutem Aussehen und betrachtete immer nur die Oberfläche. Es war nicht einfach für mich, den richtigen Weg zu finden und zu erkennen, wen ich wirklich liebe. Du wünschst dir einen attraktiven Traumprinzen, eine Idealgestalt, jemanden, der über jede Schwäche erhaben und seiner Liebsten treu bis in den Tod ist, leuchtenden Auges für sie stirbt, niemals vergisst, ihr in den Mantel zu helfen und vor lauter Edelmut und Perfektion nicht dazu kommt, menschlich zu sein - so menschlich etwa wie der Mann, mit dem man auch in zukünftigen Jahren zusammenleben kann. Was du möchtest, ist ein Heiliger, aber der schrecklichste Fehler, den ich kenne, ist es, keinen zu haben. Es macht auf Dauer nicht glücklich, einen Heiligen zu lieben, wenn er nicht lebendig, einmal launisch, dann wieder liebenswert und am anderen Tag missmutig und später vergnügt ist, ganz wie du es auch bist, weil du ein Mensch bist. Aber jemanden um seiner selbst willen zu lieben, heißt, die Schwächen und Fehler ebenso zu akzeptieren und zu verstehen wie seine Stärken. Roose hat mir meine Fehler verziehen und meine Schwächen und liebt mich trotz allem. Und ich bin jeden Tag aufs Neue dankbar dafür."

Miranda antwortete nicht und ihr Bruder schwieg beeindruckt. Yamagi schlug ihr begeistert auf die Schulter und Tsukasa lächelte erfreut. Anwärter Nr. 85 betrachtete sie eine Weile, überwältigt und sehr glücklich. Dann schloss er sie plötzlich in seine Arme und küsste sie innig.

Der 17jährige mit den lila Haaren grinste spitzbübisch und musterte seine Partnerin von Kopf bis Fuß, wobei er immer näher kam.

"Das bringt mich glatt auf Ideen." erklärte er mit einem beunruhigenden und zugleich wundervollen Unterton in der Stimme, der ihr ein unbestimmtes Kribbeln durch den Körper jagte. Sie wurde rot.

"Wa-was redest du schon wieder?! Komm, wir gehen!"

Damit packte sie ihn am Kragen und zerrte ihn zum Tor hinaus. Roose und Wrecka blickten, nach Beendigung ihres Kusses, ein wenig verdutzt hinterdrein und entschieden, die Zwillinge jetzt allein zu lassen. Rick beobachtete die Reaktion seiner Schwester. Sie atmete schwer.

".....Was soll ich tun? Ich habe Fortran-kun ehrlich gern, er ist ein lieber Kerl. Manchmal ein wenig nervig mit seiner Genauigkeit, aber letztendlich steht er immer allen mit Rat und Tat zur Seite, wenn ihn jemand braucht. Er ist sehr intelligent und zudem passt er immer auf die anderen auf, dass sie nicht über die Stränge schlagen oder Schwierigkeiten bekommen. Er ist nett, nicht wahr? Ich mag ihn wirklich."

"Aber liebst du ihn?"

"Ich weiß es nicht...."

"Dann solltest du ihn in Ruhe lassen. Er gehört zu Saki und sie zu ihm, so wie Ikhny zu Gner.... zu Hiead-san gehört, meine ich. Sicher wirst auch du jemanden finden, der dir wichtig ist und dem du ebenfalls viel bedeutest. Und jetzt beeil dich, wir sind ohnehin schon zu spät dran für's Training! Ich bin Top-Schüler geworden, ich habe eine Vorbildfunktion! Ich will nicht wissen, was Ausbilder Azuma wieder dazu sagt!"

"Ich kann's mir schon denken. Also, gehen wir!"
 

Auf GIS war Ruhe eingekehrt. Erts hatte sich einen Baum in der Erholungsanlage gesucht und dort mit einem Buch begonnen. Doch als er zum mindestens siebten Mal ein und denselben Satz las, ließ er seine Lektüre sinken und seufzte. Er konnte sich einfach nicht konzentrieren. Bald war Tag der Offenen Tür und er war nicht fähig, einen vernünftigen Gedanken zu fassen, seit....seit Rome zurückgekommen war. Nachdem er Pilot geworden war, war ihm aufgefallen, wie sehr er sie vermisste und obgleich er Tune gern hatte, waren seine Gefühle Rome gegenüber stärker und intensiver gewesen....Schließlich war ihm nichts anderes übrig geblieben, als sich die Wahrheit einzugestehen:

Er liebte seine ehemalige Partnerin und er würde es immer tun.

Selbst zwei Jahre der Trennung hatten ihn sie nicht vergessen lassen, im Gegenteil, ihr Zauber war größer und reifer geworden und er vermochte sie noch weniger aus seinem Geist zu verbannen als sonst. Sie hatte sich nicht beklagt, nicht gejammert, als er gehen musste, sie hatte ihn sogar aufgemuntert und ihn angelächelt. Waren aber ihre Augen nicht traurig gewesen, von einer seltsamen Melancholie, die sich mit ihrer Fröhlichkeit vermischt und ihm einen Stein ins Herz gelegt hatte? Wieder seufzte er. Die Gabe, die Empfindungen anderer Menschen durch eine Berührung zu erkennen, bedeutete nicht automatisch, dass er wusste, was er mit seinen eigenen Emotionen anfangen sollte. Da fiel ein Schatten auf ihn.

"Erts?"
 

Sie.

Er erhob sich, unsicher und durcheinander. Da stand sie nun vor ihm, umgeben von der Farbenpracht der Anlage und umspielt vom künstlichen Sonnenlicht, das einen herrlichen Schimmer in ihr Haar zauberte. Ein sanfter Wind fuhr durch die Wipfel der Bäume und Blätter und Blüten segelten herab. Die beiden wurden in diesen leichten, zartrosa bis weißen, grünen und tiefroten Regen eingehüllt. Sie standen einfach nur da und blickten sich in die Augen. Die Welt um Erts herum hätte untergehen können, er hätte es nicht bemerkt.

"Ich freue mich, dich wiederzusehen." sagte sie schließlich. Er nickte mit dem Kopf, um ihre Worte mit einer Geste zu erwidern.

"Ich befinde mich in der Ausbildung, weißt du. Ich werde Erzieherin."

Er nickte noch einmal.

"Erinnerst du dich an Bellarcha? Sie ist meine Lehrerin. Und Arcard und Kyoko haben geheiratet. Ist das nicht wundervoll?"

Erts verzweifelte. Er musste endlich etwas anderes tun als nicken, aber ihm fiel nichts Vernünftiges ein. Wieder breitete sich Stille zwischen ihnen aus und keiner von ihnen wusste, wie man das Gespräch fortsetzen sollte. Dann riss der Junge sich zusammen und erzählte ihr von seiner Arbeit als Pilot und von den Kämpfen, die er bisher ausgefochten hatte und sie berichtete ihm von ihrem Alltag mit den kleinen Kindern. Im Grunde jedoch sprachen sie nicht von dem, was sie tief im Inneren bewegte, sie redeten viel über gar nichts, wie eben zwei Menschen, die sich vor Verlegenheit nicht einmal mehr die Hand zu reichen wagen. Plötzlich stieß sie jedoch hervor: "Du....du hast mir gefehlt!" und ergriff seine Rechte. Eine Flut an Empfindungen brach über ihn herein, er konnte sie kaum ordnen.

Trauer.

Verlust.

Schmerz.

Sehnsucht.

Hoffnung.

Begeisterung.

Verwirrung.

Unsicherheit.

Einsamkeit.

Er tauchte in ihre Seele oder jedenfalls schien es ihm so. Er wurde in einen Sog gerissen, der ihn mit all diesen Gemütszuständen konfrontierte und jeder einzelne traf ihn frontal. Ihm wurde fast schwarz vor Augen und vor ihm tat sich ein gähnender Abgrund auf, ohne Boden, ohne Ziel, ohne Licht. Das war die Einsamkeit. Etwas in Romes Leben musste gefehlt haben, trotz ihrer Arbeit, die ihr Freude bereitete und sie glücklich machte, trotz Bellarcha und den anderen, die mit ihr auf der selben Kolonie wohnten, trotz ihrer Erfüllung....vollends glücklich und erfüllt war sie nie wirklich.

"Du hast mir gefehlt!"

ER war es, der in diesem Leben nicht vorhanden gewesen war....? Der Abgrund wurde tiefer und kälter. "Ich bin hier." flüsterte er warm und mit einem Mal kehrte das Licht zurück und er entdeckte ein Gefühl, dass alle übrigen überstrahlte. Erts öffnete die Augen und sah Rome an. Sie hatte ihn losgelassen, weshalb der mentale Kontakt abrupt abgebrochen war. Diese helle, leuchtende Gefühl....

Er ergriff ihre Schultern und sie betrachtete ihn irritiert. Eine Strähne ihres dunkelbraunen Haares hatte sich aus dem geflochtenen Seitenzopf gelöst und berührte seinen Arm. Dieses Gefühl in ihr....war er einer Täuschung erlegen oder war es real? Träumte er oder geschah dies tatsächlich? Seine Beine zitterten und er hoffte, dass sie ihm nicht jetzt den Dienst versagten.

Er kannte dieses Gefühl, denn oft genug hatte er es bei seinen Freunden erspürt. Rio. Rei. Hiead. Selbst Yu, als er ihn verabschiedet hatte. Sein Herzschlag beschleunigte sich, als wolle er einen neuen Rekord aufstellen.

Ja.

Er kannte dieses Gefühl.

Liebe.
 

Rioroute hatte Galew und Yu verlassen, um sich den Bauch vollzuschlagen. Diese nervenaufreibende Angelegenheit mit Windbourg war endlich vorbei und sein Appetit hatte sich lautstark zurückgemeldet. Auf halbem Weg zur Kantine traf er auf Phil Phleira, die offensichtlich auf ihn gewartet hatte. Er hielt an.

"Yo, hallo, mein Schatz! Was gibt's? Essen wir gemeinsam?"

Sie betrachtete ihn lange und intensiv und er meinte, dass eine gewisse Unbehaglichkeit in ihm hochstieg. Doch als sie auf einmal in Tränen ausbrach und sich an seine Brust warf, überraschte es ihn. Sorgenvoll streichelte er ihr über den Rücken und ließ seine Stimme zu einem zärtlichen Flüstern herabsinken.

"Was ist denn los, mein Liebling? Warum so traurig? Es ist doch alles gut."

"Es....es tut mir so leid!!!" brach es aus ihr hervor.

"Ich hätte dir glauben, dir vertrauen sollen!!! Ich habe dich geohrfeigt!! Und ich habe dich verletzt!! Wie konnte ich an dir zweifeln?! Verzeih mir, Rio!!! Oh bitte, verzeih mir!!!"

"Du dummes Ding....natürlich verzeihe ich dir. Ich liebe dich doch, warum also sollte ich dir nicht vergeben können? Weine nicht mehr. Deine Augen sind viel zu schön für Tränen. Ich gebe dir ein Versprechen, hörst du? Wenn der Krieg vorbei ist und wir gesiegt haben, dann werden wir auf Zion deinen Traum erfüllen und heiraten. Ich möchte für immer bei dir sein."

"Aber....erinnerst du dich an das, was Antares gesagt hat? ,Vielleicht könnt ihr die Victims eines Tages vernichten. Vielleicht könnt ihr auf Zion eine neue Existenz aufbauen. Aber so lange es Menschen gibt, wird es auch immer wieder Kriege geben. Euer Kampf wird nie vorbei sein. Nie....' Er hat recht. Wird der Frieden, an den wir glauben, wirklich kommen?"

"Er wird kommen und wir werden weiterhin dafür kämpfen. Aufzugeben ist der falsche Weg. Frieden wird nicht geschenkt. Für eine lange Zeit werden die Menschen aus diesem Krieg lernen und sie werden stärker sein al jene, die den Krieg zu ihrem Vorteil nutzen. Ich bin bei dir. Wir werden es schaffen. Ich vertraue dir. Bitte, vertrau auch mir."

"Das tue ich. Ich....ich liebe dich, Rio."

Er hob ihr Kinn sanft an und ließ sich von ihren dunkelgrünen Augen gefangennehmen, bereitwillig und von Glück erfüllt, dass die Barriere zwischen ihnen zerbrochen war. Seine Arme umschlossen ihre Taille und er versiegelte ihre Lippen mit einem süßen Kuss.
 

Kizna war bei Rei im Krankenzimmer. Obwohl Dr. Croford sie ermahnt hatte, doch lieber zu Bett zu gehen und sich von der ganzen Aufregung zu erholen, hatte die junge Frau abgelehnt und war bei ihm geblieben. Er schien zu schlafen, doch tatsächlich irrte er wieder einmal durch die vernebelte Halbwelt seiner Visionen oder Erinnerungen. Mittlerweile war er sich nämlich nicht mehr sicher, ob es nur Visionen waren. Jetzt war er siebzehn Jahre alt und trug seinen Pilotendress. Er lief durch unzählige Flure, deren Fenster zum All lagen und Zion, der Letzte Planet, schob sich immer wieder in seinen Blickwinkel. Und immer wieder sah er, wie ihre Hoffnung von Rissen durchzogen und schließlich zerstört wurde. Plötzlich trat ihm Hiead in den Weg, ebenfalls siebzehn und gekleidet wie ein Pilot.

"Da bist du ja, Bruder. Ich habe schon lange auf dich gewartet. Hast du endlich verstanden?"

"Nein! Ich habe gar nichts verstanden! Was hat das alles zu bedeuten?! Und nenn mich nicht ,Bruder'!! Wir sind keine Geschwister!"

"Oh doch, das sind wir. Wir wurden zur selben Zeit geschaffen. Wir sind künstliche Lebewesen, Rei. Deswegen besitzen wir auch perfekte Körper ohne Atomic, deswegen sind wir Zenoah. Ich bin der ,Guardian', dein Hüter."

"Aber ich kann nicht geschaffen worden sein! Ich habe doch eine Mutter! Sie hat mich geboren!"

"Warum verschließt du dich vor der Wahrheit? Etwas tief in dir weiß genau, dass sie nicht deine leibliche Mutter ist."

"Nein! Nein!!! Ich will das nicht hören!!! Ich bin ein Mensch!!! Ein Mensch!!!!"

"Das bestreitet auch niemand. Aber du wurdest nicht geboren, sondern geschaffen. Dir ist etwas Großes vorherbestimmt. Deine Kraft wird diese Welt retten."

"Sei still...." protestierte Rei schwach, sank in die Knie und begann zu schluchzen. Hiead setzte sich neben ihn und streichelte ihm über den Kopf.

"Du musst aufwachen."

"Was?"

Er blickte auf, in seinen Wimpern hingen Tränen.

"Sie alle warten auf dich. Kehr ins Leben zurück, um ihretwillen. Du wirst deine Antworten früh genug finden, vielleicht früher, als dir lieb ist. Du musst Mr. Revord treffen und der echte Hiead wird dir dabei helfen. Ist dir die Vorstellung so zuwider, mein Bruder zu sein?"

"Nein....nein, das nicht. Ich habe immer geahnt, dass uns etwas Besonderes verbindet. Oh!"

Ein helles Licht zwinkerte ihm vom Ende des Ganges aus zu. Es durchdrang die Dunkelheit mit Wärme und einem Gefühl, das er gut kannte.

"Beeil dich. Dieses Licht wird dich führen. Sie ist es. Und ihre Liebe wird dich leiten."

"Kizna?"

Hiead nickte lächelnd und erhob sich, als auch Rei das tat. Der Pilot der Weißen Göttin hielt einen Moment inne.

"Ich denke, ich sollte mal mit den Seelen sprechen."

"Das ist eine gute Idee."

"Wirst du auch auf der anderen Seite sein?"

"Ich bin immer an deiner Seite, mein Bruder."

Rei erwiderte das Lächeln und folgte dem Lichtstrahl. Er spürte eine Kraft in sich, die ihm neu war. Kiznas strahlende Erscheinung streckte ihm die Hand hin und er ergriff sie. Hinter sich vernahm er ein letztes Mal Hieads Stimme.

"Wach auf, Rei. WACH AUF!"
 

Die Lotsin mit den Katzenohren sass an seinem Bett und hielt seine Hand fest. Heiße Tränen tropften auf seine weiche Haut und sie berührte seine Fingerspitzen mit dem Mund.

"Komm zurück. Bitte komm zurück...."

Auf einmal kam Leben in den Arm. Sie merkte es und starrte ihn an. Langsam, ganz langsam öffnete er die Augen, die nichts von ihrem saphirblauen Glanz verloren hatten. Sie wich ungläubig zurück, ihr Herz wusste nicht, ob es lachen oder weinen sollte. Er wandte sich ihr zu und flüsterte ihren Namen. Ihre Selbstbeherrschung zerbröckelte und ließ sich von ihren Empfindungen überwältigen. Rasch schloss sie die Distanz zwischen sich und ihm und küsste ihn hingebungsvoll und sehnsüchtig. Rei überrollte das ein wenig, doch schon bald ergab er sich und antwortete ihren verlangenden Lippen mit aller Inbrunst. Keiner von beiden bemerkte, wie die Tür aufschwang und die Ärztin, Hiead und Ikhny den Raum betraten.

"Oha...." meinte Rill und dachte sich, dass die zwei ein wundervolles Paar waren. Liebe war eine herrliche Sache. Schade, dass sie bisher den Mann fürs Leben noch nicht gefunden hatte.... Bei diesem Gedanken erschien Hijikata vor ihrem geistigen Auge. Neinnein! Wieso denn der?! Also wirklich, jeder, nur dieser Kerl nicht....!

Ikhny war der missmutige Gesichtsausdruck der Medizinerin aufgefallen, doch sie glaubte, dass es etwas anderes betraf als das Liebespaar vor ihnen. Ihr Partner besah sich das Ganze und meinte: "Nun ist's aber genug! Lass...."

"Ach Hiead, lass sie doch. Kizna ist überglücklich, dass Rei endlich erwacht ist. Verdirb ihnen den Zauber des Moments nicht. Sie haben lange darum bangen müssen, alle beide."

"Du hast ja recht, aber sie sollte ihm noch ein bisschen Atemluft übrig....hm?!"

Weitersprechen konnte er nicht und Dr. Croford musste unweigerlich grinsen, als sie sah, wie Miss Allecto ihn mit einem impulsiven Kuss zum Schweigen brachte.

"Ich gehe dann mal, ich habe noch eine Menge zu tun. Besteht erst gar nicht darauf, dass ich hier bleibe...."

Mehrere Schritte rückwärts zur Tür.

"Nein, wirklich, ich gehe gern...."

Die Tür schloss sich hinter ihr, aber zugehört hatte ihr ohnehin keiner. Als sich Rei und Kizna endlich voneinander lösten, war der Junge erstaunt, ein zweites Paar im Zimmer vorzufinden.

".....Soso. Hallo Hiead!"

"...."

"Der Kuss muss dich umgehauen haben, neh?"

Ikhny kicherte und der Angesprochene wurde puterrot.

"Kaum bist du wieder wach, schon gibt du Schwachsinn von dir!! Ich hätte es ja wissen müssen!" fauchte er, doch Rei warf ihm einen ernsten Blick zu, der ihn schlagartig verstummen ließ. Er bat die Mädchen, kurz draußen zu warten, da er etwas mit dem Piloten der Tellia Elara zu besprechen habe. Mit einem Schulterzucken ließen sie die Freunde allein und der silberhaarige Bursche nahm neben dem Bett platz, von einer merkwürdigen Unruhe erfüllt.

"Ich habe eine Frage an dich, Hiead, und ich möchte, dass du mir eine ehrliche Antwort gibst."

"Selbstverständlich."

Rei holte tief Luft, räusperte sich und seine Hände verkrampften sich in der Decke, als er die Worte sagte, die ihm auf der Seele brannten.

"Bist du mein Bruder?"
 

Wer träumt, dem wachsen Flügel.

Die nächste Folge heißt: "Curriculum 10: Treffen"



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Kommentare zu diesem Kapitel (4)

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Bitte keine Beleidigungen oder Flames! Falls Ihr Kritik habt, formuliert sie bitte konstruktiv.
Von: abgemeldet
2004-01-20T16:38:39+00:00 20.01.2004 17:38
Meine Meinung: Tolle Arbeit! Die Päärchen kamen gut rüber! Außerdem hast du einige Fragen beantwortet und neue gestellt! Es geht hoffentlich mit spannung weiter! Meine Hochachtung vor deiner Schreibweise!
Von: abgemeldet
2004-01-19T07:15:02+00:00 19.01.2004 08:15
Ehrlich mir fällt dazu nur eines ein!
WOW!
Schreib schnell weiter ja!?!
Ikuhny
Von: abgemeldet
2004-01-18T21:49:45+00:00 18.01.2004 22:49
Hi Diana, wieder ein suuuuuuuuuuuuuper Kapitel!!!
Hoffe, dass Yu und Tune, sowie Erts und Rome zusammen kommen :)
Ich finde es totaaaaaal schön, dass Rei wieder Aufgewacht ist und Kisna und Rei sich geküsst haben ;)
Was ich auch cool finde, ist dass Hied und Rei Brüder sind!!! Schreib schnell weiter, ich freue mich schon aufs nächste Kapitel!!! Deine Jassi (Jasmin)!!!
Von: abgemeldet
2004-01-17T18:23:42+00:00 17.01.2004 19:23
HI diana!!!!!!!!!!! jajja er ist wach!!!! super teil. Ich hoffe erts und rome werden glücklich so wie yo und tune.
Na los schrieb schnell weiter, zwra kenne cih die antwort schon doch ich will mehr lesen. wow kizuna also nein, das war aber ein kUSS!!!!!
SUPI FF!!!!!!!!!!!!!!!!
Los mach schnell weiter.
rim


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