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Vom Wolf und der Schlange

von

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Allein mit dem Wolf

Severus wandte den Blick ab, als er bemerkte, dass Remus verlegen war (was die deutliche Röte auf seinen Wangen und das hastige zurückzerren der Decke bewies). Er war die ganze Zeit da gewesen. Er hatte gesehen, wie Madam Pomfrey dem ohnmächtigen Remus den Umhang und das T-Shirt ausgezogen hatte. Und er war nicht umhin gekommen, wenigstens einen kurzen Blick auf Remus' nackten Oberkörper zu werfen. Und dann musste er sich selbst eingestehen, dass der Blick kein ganz so kurzer gewesen war. Aber, verteidigte er sich selbst stumm, der Anblick war auch ein außergewöhnlicher. Remus' helle Haut war überstreut von einzelnen kleinen oder größeren Narben, und auch einigen frischen Schürfwunden, und ein paar frisch aussehenden Kratzern. Er war zwar recht muskulös, sah aber durch die vielen Verletzungen trotzdem so zerbrechlich aus. An Remus' Schulter waren ein paar kleinere Narben zu sehen, welche fast wie Bissspuren aussahen. Und Snape wusste nicht, was es war, aber irgendetwas an diesen störte ihn abgrundtief.

Remus ärgerte sich über sich selbst - was sollte Severus denn von ihm denken, als er errötete wie ein kleines Mädchen. Er wusste ja selbst nicht, warum er so verlegen war. Es lag wohl nur daran, dass Severus ihm ja eigentlich nicht besonders nah stand, und... Es war ja auch kein besonders schöner Anblick, und seine Narben gingen niemanden etwas an. Er zog sich die Decke bis zum Kinn, auch wenn es schmerzte. Eine unangenehme Stille entstand zwischen den beiden.

"Remus, ich.." Remus sah auf, und Severus an, welcher nun seinerseits wegsah. "Danke." presste er dann nur ganz schnell hervor. "Sonst würd' ich jetzt da liegen." Remus hielt kurz die Luft an - hatte Severus Snape sich gerade bei ihm bedankt? Aber noch bevor er diesen Gedanken einsinken lassen konnte, passierte etwas noch viel seltsameres: Ohne dass er es beeinflussen konnte, hörte er sich sagen: "Kein Problem... gern geschehen." Und dann saßen sie da, schwiegen sich an, und Remus kämpfte gegen das völlige abwegige Verlangen, sich bei Severus anzulehnen. Ausgerechnet Severus...
 

Es dauerte nur ein paar Tage, bis Remus wieder aus dem Krankenflügel entlassen werden konnte. Das Lernen ging weiter - Severus kam jeden Abend vorbei, um ihn über diesen und jenen Trank abzufragen. Severus wirkte entspannter, ihm gegenüber, ab und zu ließ er sich sogar zu einem Witz hinreißen. Severus war ja immerhin nicht dumm, und so hielt er Remus über das Geschehen an der Schule auf dem Laufenden. Er hatte eine sarkastische Art, über die Remus mit der Zeit zu lachen lernte. Und es war nicht leicht, Remus zum Lachen zu bringen. Remus ertappte sich dabei, wie er auf die Uhr sah, während der letzten halben Stunde, bevor Severus jeden Abend den Krankenflügel betrat. Und Remus ertappte sich dabei, wie er für Zaubertränke lernte. Aber, sagte er sich, er hatte ja auch nichts anderes zu tun. Das war besser als die ganze Zeit an die Decke zu starren. Es gab Momente, an die er dann denken musste. Wenn Severus ihn über einen Zaubertrank abfragte - dann hatte er das Buch auf den Knien und verinnerlichte sich die Rezeptur für einen Moment, bevor er den Kopf hob. Seine sehr dunklen Augen, die sich irgendwie sehr seltsam vom Rest seines Gesichtes abhoben, funkelten Remus neugierig und irgendwie erwartend an. Manchmal schmunzelte er ein wenig, aber meistens sah er ernst drein. Es behagte Remus nicht besonders, dass er sich so detailliert erinnern konnte. Er wusste nicht warum, aber in solchen Moment schien sich die Zeit irgendwie herunterzufahren, und er prägte sich das alles genau ein. Er kannte auch den Rhythmus von Severus' Schritten. Severus ging eigentlich sehr bestimmt, als wüsste er genau, wohin er wollte. Er kannte diesen Rhythmus von einem Abend, als er ein bisschen vor sich hingedöst hatte und Severus hereingekommen war. Diese Schritte hatten sich ihm eingeprägt. Er hätte nie gedacht, dass man sich so unbedeutende Dinge einprägte.
 

James, Peter und Sirius verbrachten die Nachmittage mit Remus, sooft sie konnten. Aber zwischen Remus und Sirius musste wohl irgendetwas passiert sein - Remus fand, er hatte Sirius nicht mehr so viel zu sagen und Sirius schien sich irgendwie unwohl zu fühlen in Remus' Gegenwart. James gab sich redliche Mühe, zu verhindern, dass eine eisige Stille zwischen den beiden entstand. Er wirkte immer etwas verzweifelter, während Remus sich damit abgefunden hatte, dass Sirius ihn wohl nicht mehr mochte. Er war nicht nachtragend wegen der Sache mit Severus. Er kannte Sirius und auch wenn er den genauen Anlass nicht wusste, kannte er doch den Grund: Sirius hatte Snape noch nie gemocht. Und das war für Sirius Grund genug für etliche Gemeinheiten. Sirius war ein hitziger Junge, zwar rührend fürsorglich, aber irgendwie wohl auch eifersüchtig. Sogar auf seine Freunde. Remus fing an diesem Punkt der Überlegungen meist an, sich die Stirn zu reiben. Er wusste doch nicht, warum das alles passiert war. Schlimm genug, dass sein Rücken und sein Brustkorb nun noch unansehnlicher waren als ohnehin schon. Er mochte es nicht, sich umzuziehen oder zu duschen, besonders in letzter Zeit nicht. Er war nicht besonders muskulös - wie Sirius zum Beispiel - und die Narben machten seinen Oberkörper noch zierlicher und irgendwie furchtbar hässlich. Und jetzt diese Schwellungen und blaue Flecke. Die machten es nicht besser. Als würde es nicht reichen, dass seine Freunde die ganze Zeit so unausstehlich viel Rücksicht auf ihn nahmen, weil er doch ein Werwolf war und genügend Probleme hatten und ständig vergaßen, dass er eigentlich gar nicht so schwächlich war, wie sie gerne behaupteten, waren sie jetzt noch viel rücksichtsvoller und vorsichtiger. Er hasste das. Er kam sich so nutzlos vor.

Aber Remus hatte ein viel elementareres Problem: Er konnte nicht mehr mit Severus lernen. Das ging einfach nicht. Severus war Slytherin. Severus war der Schatten von Lucius Malfoy. Er konnte sich nicht mit Severus Snape anfreunden. Und er konnte erst recht nicht... Remus fluchte leise vor sich hin und zog sich seine Decke übers Gesicht. Ein Werwolf. Ein schwuler Werwolf. Schlimmer ging's ja gar nicht mehr.



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