Eine Tat aus Verzweifelung
Prolog
ca. 2500 Jahre vor Christus, in einem riesigen Tempelraum
Er schloss die Augen und atmete tief ein.
Sein Körper begann zu zittern und er wusste nicht, ob dies aus Angst, aus Aufregung.. oder gar aus Zweifel geschah.
Seine Hände begannen merkwürdig zu kribbeln. Es war ein stechendes unangenehmes Kribbeln, so als ob sein Körper
seine Tat zu verhindern versuchte.
Als die tiefblauen Augen sich wieder öffneten, hatten sie einen eiskalten Blick angenommen und schauten verächtlich auf das Milleniumspuzzle nieder,
das nur ein paar Zentimeter von ihnen entfernt auf einem Podest lag.
Seth streckte seinen rechten Arm danach aus. Langsam und immernoch leicht zitternd. Als seine Fingerspitzen nur
noch ein einziges Stückchen von dem goldschimmernden Gegenstand entfernt waren, hielt er inne. Für einen kurzen Moment
schien der eiskalte Blick wieder zu verschwinden...
'Es schmerzt... Ich werde ihn ebenso verletzen... Ich sollte das nicht tun... Aber wenn es so bleibt...'
Immer mehr begann die ausgestreckte Hand zu zittern.
'Nein. Ich kann es nicht mehr aufhalten... Selbst wenn ich es wollte.'
Seth liess seine zittrige Hand sinken. Nun endlich berührten seine Fingerkuppen die gerillte Oberfläche dieses verdammten Puzzles.
Er liess sie ein wenig darauf gleiten und lächelte bitter dabei. Es sah fast so aus, als würde er den Milleniumsgegenstand streicheln wollen.
Seine Hand beruhigte sich langsam bei dieser Bewegung.
'Jetzt...'
Seth biss die Zähne leicht zusammen und umschloss das Puzzle des Pharaos mit seinen kräftigen Fingern. Er konnte die
Macht des Puzzles nun deutlich wahrnehmen. Es pulsierte förmlich in seiner Hand und er fühlte, wie ihn eine
machtvolle magische Kraft durchströmte. Die Welt um ihn herum schien mit dieser Macht zu verschwimmen und ...
"NEIN SETH!!!"
Der plötzliche Schrei lies den Hohepriester hochschrecken. Langsam und erneut zittrig drehte er seinen Kopf in die Richtung, aus der er die Stimme
vernommen hatte. Seine Hand umschloss das Milleniumspuzzle immer noch in einem festen Griff.
Seth war nicht erstaunt, als er den Pharao einige Meter von ihm entfernt stehen sah. Eigentlich hatte er sich sogar bereits gewundert, warum dieser nicht
schon längst aufgetaucht war.
Mit dem eiskalten, verächtlichen Blick sah Seth seinen Pharao an. "Es ist zu spät Yami Atemu."
Der junge König schüttelte den Kopf und sah seinen Diener entschlossen an. "Nein, Seth! Das darfst du nicht tun! Lass es los und ... ich werde dir alles vergeben!"
Ein letztes Mal wich der eisige Blick einem warmen, zärtlichen und verzweifeltem Lächeln.
"Würdest du das, Yami?"
Seths Gegenüber nickte und lächelte ebenfalls leicht. "Ja, das werde ich, Seth."
"So entschlossen wie du mich ansiehst, scheint es sogar zu stimmen."
Die tiefblauen Augen wanden sich wieder dem Milleniumspuzzle zu. Das Lächeln erstarrte und der eiskalte Blick gewann nun endgültig die Oberhand.
Yami machte vorsichtig einen Schritt auf Seth zu. "Natürlich stimmt es... Ich könnte dich doch nicht... " Plötzlich hielt der Pharao inne und
schien seine nächsten Worte zu bedenken.
"Ich ... kann nur vermuten, warum du es tun willst..." Der Herzschlag des Jungen wurde merklich schneller, als er diese Worte aussprach. Es dauerte ein paar Sekunden, bis er sich wieder gefasst hatte und seinen Satz fortführen konnte.
"Aber ich weiß, dass du es dennoch nicht tun wirst."
Er streckte Seth eine Hand entgegen und sah ihn freundlich an. Ohne jegliche Spur von Zweifel, denn er wusste, dass Seth ihn niemals so sehr verraten würde.
Seth festigte seinen Griff um das Milleniumspuzzle. "Ich dachte immer, du würdest mich besser kennen, Yami..."
Mit diesen Worten riss der Hohepriester das Puzzle aus seinem Platz in dem Podest heraus.
Unvorstellbar mächtige Kraft durchfloss schlagartig seinen Körper und der Milleniumsgegenstand des Pharaos leuchtete in gleißendem Licht auf, das den gesamten Raum ausfüllte. Seth konnte nichts mehr sehen, gar nichts mehr wahrnehmen bis auf den gewaltigen Energiefluss durch seinen Körper.