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Devil's Blood

von

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See you in hell

Im Keller des Königspalastes. Man hörte nur Schritte, die auf den alten, steinernen Treppen auftraten. Die Luft war kalt und feucht. Beinahe modrig. Garasu blieb vor den breiten Gitterstäben des Verlieses stehen. Er legte die Hand um eine der Stangen und blickte in die Zelle. „Du bist selbst Schuld“, sagte er leise, beinahe tröstend. In diesem Moment blickte die im Schatten sitzende Gestalt auf so dass man das blutverschmierte Gesicht sehen konnte. Yue! „Glaub mir, ich hätte dich viel lieber oben bei mir im Schlafzimmer, als hier unten. Aber du musstest dich ja ständig wehren. Was blieb mir anderes übrig als dich hier einzusperren?“ Yue schwieg. Er stand nicht einmal vom kalten Steinboden auf. Blickte seinen Feind nur kalt an. „Weißt du“, fuhr Garasu fort. „Hier habe ich vor einem halben Jahr dieser Zeitrechnung, deinen Bruder gefangen gehalten.“ Wieder erhielt er keine Antwort. „Ein halbes Jahr ist nur vergangen. Für mich waren es Tausende, aber Tausende von Jahren!“ ... „Wieso sagst du nichts? Bist du sauer? Ist das meine Strafe? Dass du nicht mehr mit mir redest?“ ... Garasu seufzte. „Wieso findest du dich nicht damit ab, Yue? Du hast verloren. Ich muss dich nicht töten, um an deine Macht zu gelangen. Es reicht, wenn ich dich hier einsperre. So lange du nur unter meiner Gewalt bist, steht mir nichts im Wege.“

„Doch“, sagte Yue leise. „Was?“ „Doch!“, wiederholte Yue seine eigenen Worte, nun um einiges lauter. „Es gibt etwas... was du nicht bedacht hast.“ „Ach ja? Und was soll das sein?“ „Toya!“ Diesmal war es Garasu der schwieg. „Er hat dich schon einmal besiegt und er wird es wieder tun.“ Garasu bis sich auf die Unterlippe. Doch dann verzog sich sein Mund zu einem siegessicheren Grinsen. „Du denkst wirklich, dieser Knirps könnte mir etwas anhaben? Gut, er ist mir als Geißel entwischt, aber was kümmert mich das? Ich habe doch den besten Köder, den es gibt, um ihn wieder hier her zu locken. Dich!“ ... „Er wird kommen... und mir direkt in die Falle laufen. Wie wär’s? Ihr könntet euch ja eine Zelle teilen? Wenn ich gnädig bin, erlaube ich das. Vielleicht sollte ich euch aber auch so weit wie möglich auseinander stecken, damit du deinen geliebten Bruder nie wieder siehst.“ Garaus blickte nachdenklich nach oben. „Hmm, mal sehen. Von seinem kleinen Freund Hiro, muss ich ihn auch trennen. Ich mag es einfach, ihn zu quälen. Fast noch mehr als dich.“ Er lehnte den Kopf an die Gitterstäbe. „Ach was rede ich denn da?“, seufzte er. „DICH quäle ich überhaupt nicht gerne.“ Er blickte Yue lächelnd an. „Dich mag ich wirklich sehr, Yue.“ Er trat einen Schritt vom Gitter zurück. „Wer weiß“, murmelte er. „Vielleicht kannst du meine Gefühle eines Tages erwidern.“ Er lachte gehässig auf. „Du wirst ja lange genug Zeit dazu haben.“ Yue hörte, wie sich sein Lachen mit dem Klacken, das seine Schritte verursachten, allmählich leiser wurde. Und am Ende war es wieder völlig still.
 

Mariko öffnete die Augen. Die rieb sich den schmerzenden Rücken, auf dem sie wohl gelandet sein musste. Sie blickte sich um. „Au, aua!“, hörte sie die quietschende Stimme von Riku hinter sich jammern. Subaru stand schon auf den Beinen. „Also“, maulte Mariko. „Mit dem Artamilya war die Landung wesentlich schmerzfreier.“ „Beschwer dich nicht auch noch“, murmelte Hiro und stand auf. Er blickte nach rechts und links. „Was ist?“, fragte Mariko, als sie seinen suchenden Blick bemerkte. „Toya“, wisperte Hiro nur. Wie schnell so etwas Panik bei ihm auslöste. „Wo ist Toya?“, fragte er mit zitternder Stimme.

„Hier!“, bekam er als klägliche Antwort. Er drehte sich um. Subaru, Riku und Mariko ebenfalls. Sie sahen, wie Toya, mit Schmerz verzerrtem Gesicht, aus einem ziemlich großen Rosenbusch gekrochen kam. „Autsch“, zischte er und zupfte sich ein paar Dornen aus dem Oberarm. „Wieso muss so was immer mir passieren?“, meckerte er. Mariko hielt sich die Hand vor den Mund, um nicht lachen zu müssen. „Ja, ja, lacht ruhig!“, sagte Toya beleidigt. „Such dir nächstes mal bitte einen anderen Landeplatz aus, ja, Masa?“ „Tut mir leid“, sagte Hiro und musste sich dabei selbst das Lachen verkneifen. „Darauf hab ich keinen großen Einfluss.“ „Wir sind beim Palast gelandet“, meldete Subaru sich zu Wort und blickte nach oben. Wo die steinernen Mauern des Schlosses in die Höhe ragten. „Das wollten wir doch, oder?“ „Wo genau sind wir?“, wollte Riku wissen. Sie blickte sich um. Es schien eine Art Garten zu sein. Doch die meisten Blumen wirkten verdorrt. Nur wenige, - eine davon war der Rosenbusch gewesen, in dem Toya gelandet war - waren erblüht. „Im Schlossgarten“, sagte Toya. „Garten?“, wiederholte Mariko. „Das ist ein Park, kein Garten. Und hier bist du aufgewachsen, ja? Na, das sieht dir ähnlich!“ „Wieso sieht...“, begann Toya, wurde jedoch von Subaru unterbrochen. „Das ist doch jetzt egal“, sagte er. „Wir müssen Yue finden. Er muss irgendwo im Palast sein.“ „Ich kann seine Aura spüren“, bemerkte Riku anscheinend ziemlich stolz. „Ja, ich bin auch sicher, dass er hier ist“, stimmte Toya ihr zu. „Aber wo sollen wir anfangen zu suchen? Der Palast ist riesig und sicher auch nicht mehr völlig unbewohnt. Es ist besser, wenn wir uns von niemandem erwischen lassen“, überlegte Hiro laut. „Im Keller“, sagte Toya knapp. „Am logischsten wäre es, wenn Yue im Verlies ist. Da hat Garasu mich damals doch auch festgehalten.“ „Stimmt, das klingt logisch.“ Wieder meldete Subaru sich zu Wort: „Aber da kommen wir unmöglich hin. Wir müssten mitten durch die Eingangshalle stiefeln.“ „Hmm“, brummelte Hiro und sah dabei ziemlich nachdenklich aus. „Ich weiß es!“, sagte Toya plötzlich. „Es gibt noch einen Weg!“ „Was?“, fragte Hiro. Toya lächelte. „Daran kannst du dich wohl nicht mehr erinnern“, meinte er zu ihm. „Mein Geheimgang!“ „Geheim...“, wiederholte Mariko. „Na klar! Ich hab mich doch damals ständig irgendwo versteckt. Und dabei hab ich eines Tages einen Geheimgang gefunden. Na ja, um ehrlich zu sein haben wir ein bisschen nachgeholfen, damit es ein richtiger Gang wurde.“ Bei diesen Worten ging Hiro plötzlich ein Licht auf. „Du meinst...“, begann er. „Genau den“, antwortete Toya, noch bevor Hiro geendet hatte. „Meinst du echt, der existiert noch?“ „Einen Versuch ist es wert.“ „Hallo?“, mischte Mariko sich ein. „Könntest du uns jetzt auch mal aufklären?“ „Kommt mit!“, sagte Toya und rannte davon.
 

Garasu saß gelangweilt in einem großen, leeren Saal, auf einem Thron. In seinen Händen hielt er eine goldene Krone. Beinahe verträumt sah er das Schmuckstück an. „Bald ist es so weit“, sagte er leise zu sich selbst. Und in Gedanken fügte er hinzu: „Wenn ich dich endlich habe, Toya,... Dann steht meiner Herrschaft nichts mehr im Wege.“ Er blickte auf das Artamilya, das er um den Hals trug. „Ich könnte sie gar nicht töten“, überlegte er. „Yue und Toya... ihr beide seid mein Lebenselixier. Ohne eure Macht, würde mir dieses Schmuckstück auch nicht viel nützen.“ Damals, bevor er in der Raum-Zeit-Schleife gefangen gewesen war, hätte er Yue und Toya einfach töten können. Ihnen das Artamilya entreißen und Herrscher werden können, doch nun... Nun war alles anders. Sein Körper war um Tausende von Jahren älter. Seine Kräfte ließen von Tag zu Tag immer mehr nach. Er fuhr sich mit der Hand über die Wangen. Bildete er es sich nur ein, oder war die Haut schon wieder so schlaff? Es waren allein Yue und Toya, die ihn am Leben halten konnten. Die letzten noch Lebenden der Königsfamilie. Ihr Fleisch. Ihr Blut. Ihre Körper. Sie waren jung, und stark. Sie hatten die Lebensenergie, die er brauchte. Er würde sie sich als Gefangene halten. Und sie würden ihn ewig jung halten. „Ewig“, flüsterte Garasu und blickte erneut auf das rote Schimmern des Artamilyas. „Ich werde ewig herrschen.“
 

Toya und die anderen hatten eine Stelle, an der Schlossmauer erreicht. An dieser Stelle stand eine Bank, zirka einen Meter Abstand zur Wand. Dahinter ragte Efeu vom Boden aus, die Wand hinauf. Toya kniete sich auf den Boden und kroch hinter die Bank. „Da war mal ein richtiger Tunnel. Als ich ihn damals entdeckt hab, war er ziemlich heruntergekommen. Kaum noch zu Benutzen“, erklärte Toya, während er den Vorhang aus Efeu zur Seite schob. „Ich hab’s Masa gezeigt und er hat mit Hilfe seiner Magie alles stabilisiert, damit es sicher ist und nicht einstürzt, wenn man durchkriecht.“ „Toya, das ist Jahrhunderte her“, redete Hiro auf ihn ein. „Schau dir an, wie das alles zerfallen ist. Es ist viel zu gefährlich da durchzukriechen. Was, wenn er einstürzt, während wir noch drin sind?“ „Wer sich nicht traut, kann ja da bleiben!“, sagte Toya grinsend und verschwand auch schon in der runden Öffnung, die sich hinter der Efeuwand verborgen hatte. „Toya!“, schrie Hiro und bückte sich. „Komm sofort da raus!“ „Ich denk ja gar nicht dran!“, hörte er Toyas Stimme echoen. „Du legst jetzt gefälligst auf der Stelle den Rückwärtsgang ein, oder ich...“ „Oder?“ „Oder ich komm und hol dich!“ „Dann komm doch!“ Genervt stand Hiro auf. „Er benimmt sich wie ein Kleinkind“, meckerte er. „Das hat er früher ständig gemacht. Sich immerzu versteckt.“ „Tja“, seufzte Mariko und schob Hiro zur Seite. „Dann bleibt uns wohl nichts anderes übrig.“ Die ging in die Knie und kroch in den Tunnel. „Ma...Mariko!“, rief Hiro. „Wuaaa! Ihr macht mich echt fertig.“ Und ehe er sich versah, war auch Riku an ihm vorbei gehuscht. Subaru lachte. „Los, komm. Wir haben keine andere Wahl, oder?“, meinte er. Genervt gab Hiro sich geschlagen und krabbelte ebenfalls in die Tunnelröhre. Nach ihm, Subaru, der versuchte, das Efeu so gut es ging wieder vor den Eingang zu rutschen, so dass der Tunnel unentdeckt blieb.
 

Yue hatte lange Zeit da gesessen. Und gewartet. In seinem Gefängnis. Worauf er gewartet hatte, wusste er selbst nicht. Vielleicht auf die Stille. War diese nicht schon eingetreten, als Garasu gegangen war? Nein, was er erwartete, war eine andere Art von Stille. Die Stille, die einen spüren ließ, dass man alleine war. Ganz alleine. Er war sich sicher, dass Garasu ihn beobachtete. Er hatte es einfach im Gefühl. Aber ebenso war er sich sicher, dass sein Bruder Toya, und die anderen auf dem Weg hier her waren. Er würde sie in Gefahr bringen, wenn er nichts unternähme. Er war hier gefangen und der perfekte Köder. Also blieb ihm nichts anderes übrig, als etwas zu unternehmen. Garasu hatte einen Fehler begangen. Einen großen Fehler. Er hatte den Schlüssel an der Wand gegenüber hängen lassen. Der Schlüsselbund war ein großer, metallener Ring. Yue richtete sich auf und ging nach vorn zu den Gitterstäben. Es war zu weit weg. Mit der bloßen Hand hätte er die Wand niemals erreichen können. In seiner rechten Hand glimmte etwas auf. Das Schwert. Diese Waffe hatte Garasu ihm nicht nehmen können. Sie war ein Teil von ihm. Sie erschien nur, wann er es wollte. Er hielt das Schwert so weit hinten wie möglich am Griff fest und streckte den Arm zwischen den Gitterstäben hindurch. Haarscharf! Gerade so erreichte die Spitze der Klinge, die Wand. Jetzt hieß es ruhig bleiben. Würde er gegen den Ring stoßen, würde der Schlüssel zu Boden fallen. Wer weiß, ob er ihn dann noch erreichen konnte. Er versuchte die Hand so still wie möglich zu halten, doch das war leichter gesagt, als getan. Die Klinge berührte die Wand, in der Mitte des Ringes. Er ließ sie vorsichtig an der Wand nach oben fahren, bis sie das Metall des Schlüsselbunds erreichte. Der Ring wurde angehoben. Er rutschte über die Klinge. Geschafft! Yue hielt die Klinge senkrecht, so dass der Schlüssel direkt zu ihm rutschte. „Ich sollte mich nicht zu früh freuen“, sagte er sich selbst und schloss das alte, rostige Schloss auf. Die Gittertür ging mit einem leisen Quietschen auf. Yue ließ den Schlüssel in seiner Hosentasche verschwinden und ging so leise wie möglich die Treppen nach oben.
 

Nur wenige Sekunden später wurden ein paar Steine aus der Steinwand des Verlieses geschoben. „Du hast mehr Glück als Verstand!“, flüsterte Hiro. Toya kletterte aus dem Loch. Nach ihm, Mariko, Riku, Hiro und zuletzt Subaru. „Was, wenn die wieder befestigt worden wären?“, schimpfte Hiro mit Toya. „Dann wären wir eben wieder zurück gekrochen“, sagte Toya gelangweilt. Subaru war derweil damit beschäftigt, die Steine wieder in die Mauer zu schieben, so dass der Eingang versperrt wurde. „Hätte nicht gedacht, dass ich das noch erleben würde“, sagte Mariko. Als sie merkte, wie ihre Stimme in den hohen Verliesen widerhallte, wurde ihre Stimme leiser. „Toya geht ein Risiko ein und Masa ist vernünftig. Das Leben ist aber auch zu verrückt.“ „Das ist nicht der richtige Zeitpunkt für Scherze“, maulte Hiro. „Wo sind wir?“, fragte Riku. „Im Keller“, antwortete Toya. Er blickte sich um. Enttäuscht stellte er fest: „Anscheinend hab ich mich geirrt. Yue ist nicht hier.“ „Er ist sicher irgendwo im Palast“, ermutigte Subaru ihn. „Gehen wir ihn suchen“, schlug Hiro vor. „Wir müssen versuchen, nicht erwischt zu werden, aber ich erhoffe mir da nicht zu viel.“
 

„Solltest du auch nicht“, unterbrach plötzlich jemand ihre Diskussion. Alle drehten sich zur Treppe um, wo sie niemand anderer als Garasu, erwartete. Allein bei seinem Anblick, zuckte Toya kaum merkbar zusammen. Von allen, stand er, Garasu am Nähesten. Er wich einen großen Schritt zurück, ohne ihn auch nur eine Sekunde aus den Augen zu lassen. „Was ist?“, fragte Garasu. „Freust du dich nicht, mich wiederzusehen, Toya?“ Niemand sagte etwas. „Ich darf doch du sagen, oder?“, fuhr Garasu fort. „Wo wir doch jetzt so ein inniges Verhältnis haben!“ Toya griff nach Hiros T-Shirt. Wie ein verängstigtes Kind, das nach Hilfe suchte. Hiro packte ihn an der Schulter und drängte sich vor ihn. Er hielt das Katana vor sich und sagte: „Wieso nimmst du es nicht zur Abwechslung mal mit jemandem von deiner Stärke auf, Garasu?“ Garasu grinste. „Willst du damit sagen, dass du meine Stärke hast?“, fragte er provozierend. Wortlos rannte Hiro auf ihn zu.

Er holte aus. Doch sein Angriff wurde abgewehrt. Mit bloßen Händen drückte Garasu das Schwert zu ihm zurück. „Yue zu verletzen, um Toya zu schwächen“, sagte Hiro zähneknirschend und versuchte, gegen den Druck, den Garasu auf das Schwert ausübte, standzuhalten. „Und sich dann einfach an ihm zu vergreifen... das werde ich dir niemals verzeihen!“ „Weißt du...“, begann Garasu. Scheinbar mühelos stieß er Hiro mitsamt dem Katana von sich, so dass Hiro zu Boden knallte. „Es interessiert mich nicht, ob du mir verzeihst“, endete Garasu. Toya und Mariko halfen Hiro auf die Beine. Plötzlich sauste etwas an ihnen vorbei und blieb in Garasus Brust stecken. Ein Wurfstern?! Überrascht drehten Hiro, Toya und Mariko sich um. Tatsächlich stand Riku nur knapp hinter ihnen. Den zweiten Wurfstern hielt sie bereit zum Werfen in der Hand. Garasu blickte an sich herunter. Er verzog nicht einmal eine Miene, als er sich die spitze Waffe aus der Haut zog. „Hmm, interessant“, sagte er. „Habt ihr Unterstützung bekommen?“ Der Wurfstern begann sich zu drehen und schlitze Garasu die Hand auf. Als er daraufhin los ließ, flog die Waffe wie auf Kommando, zu ihrem Besitzer zurück. „Ja, das ist wirklich höchst interessant“, sagte Garasu erneut. Er wischte sich die blutige Hand an seinem weißen Hemd ab. Dann zuckte er mit den Schultern. „Egal, das wird euch nicht viel nützen. Aber so hab ich wenigstens noch etwas mehr Zeitvertreib, bis zur Krönungszeremonie. Ich habe mir nämlich etwas ganz Besonderes für euch ausgedacht.“ Wieder dieses heimtückische Grinsen. Wie Toya dieses Gesicht verabscheute. „Ichiro!“, sagte Garasu nur, woraufhin jemand hinter ihm die Treppe herunterkam.
 

„So sieht man sich wieder“, sagte Ichiro zu den anderen. „Er hat sich etwas für euch ausgedacht“, erklärte Garasu. „Ihr wisst ja, dass es mir von Grund auf zu langweilig ist, jemanden einfach so zu töten. Darum werden wir erst mal ein kleines Spiel spielen. Was haltet ihr davon?“ Niemand sagte etwas. „Fang an, Ichiro!“ „Jawohl, Meister!“ Der Angesprochene schloss die Augen und richtete die Hände auf Toya und die anderen. Toya spürte ein Pochen im Kopf. Auf einmal war es stockfinster um ihn herum. Er konnte nicht einmal die Hand vor Augen erkennen. Hiro, Mariko, Subaru und Riku war es nicht anders ergangen.
 

„Über dieses Mädchen weiß ich nichts“, sagte Ichiro. „Was sollen wir mit ihr machen?“ „Finde heraus, was ihr Schwachpunkt ist“, befahl Garasu. „Das dürfte doch ein Leichtes für dich sein. Und dann schicke ihr genau so einen Alptraum wie den anderen.“ „Jawohl, Meister.“ Und damit ging Ichiro die Treppen nach oben. Garasu ging ein Stück weiter den Gang entlang. Vor der Zelle, aus der Yue entkommen war, blieb er stehen. „Du Narr“, dachte er laut. „Denkst du wirklich, wegrennen bringt dir etwas?“ Es schien ihn gar nicht zu kümmern, dass Yue die Flucht gelungen war. „Ich werde dich ja doch wieder einfangen“, sagte er. „In deinem Zustand kommst du sowieso nicht weit.“
 

Das nächste, was Mariko wahrnahm, war, dass sie sich in der Schule befand. Sie war irritiert. War sie nicht gerade eben noch in der Unterwelt gewesen? „Hey, Toya“, flüsterte sie Toya zu, der gegenüber von ihr saß. „Was machen wir hier?“ „Was wir hier machen?“, wiederholte Toya fragend. „Was meinst du? Wir gehen zur Schule, was sonst?“ Mariko blickte ihn verwundert an. „Aber was ist mit Garasu?“ „Wie kommst du denn jetzt darauf?“, wollte Toya wissen. „Garasu ist seit einem halben Jahr tot.“ Mariko wusste keine Antwort. Wie war das möglich? Hatte sie sich all das nur eingebildet? War alles nur ein Traum gewesen? Sie blickte sich in der Klasse um. Hiro war ebenfalls da. Doch keine Spur von Subaru. „Wo ist Subaru?“, flüsterte sie Toya zu. „Wer?“, fragte Toya zurück. Mariko antwortete nicht. „Und wenn ich wirklich alles nur geträumt habe?“, dachte sie. Konnte das sein?

„Sugenami!“, sagte ihr Lehrer laut. Mariko fuhr aus ihren Gedanken hoch. „Ja!“, antwortete sie rasch. Ihr Lehrer kam gerade auf sie zu und drückte ihr die Klassenarbeit in die Hand. „Volle Punktzahl!“, lobte der Lehrer sie. „Wie immer“, seufzte Hiro. „Hätte ich doch bloß auch so gute Noten!“

Es war Nachmittag. Mariko ging gerade über den Pausenhof. Sie hatte wie so häufig noch Unterricht gehabt. Toya und Hiro waren schon nach Hause gegangen. Plötzlich hörte sie jemanden rufen: „Sugenami!“ Sie drehte sich um und sah vier Mädchen auf sich zukommen. Sie kannte sie nur vom sehen her. „Kommst du mal mit? Wir müssen dich was fragen“, meinte eines der Mädchen. „Ähm ja“, sagte Mariko zögernd. Als Schülersprecherin war es für sie nichts Seltenes, dass Schüler, die sie kaum kannte, sie ansprachen.

Sie folgte den Mädchen über den Hof. Hinter dem Gebäude, beim Schulgarten blieben sie stehen. „Also, was ist?“, wollte Mariko wissen. „Sei ehrlich“, begann eines der Mädchen. „Du treibst es doch mit den Lehrern, oder?“ Mariko riss empört die Augen auf. „WAS?“, schrie sie. „W... Wie kommt ihr denn darauf?“ „Tu nicht so scheinheilig!“, fuhr eines der Mädchen sie an. „Schau dich doch an!“ Sie zerrte Mariko an den Haaren. „Auaa! Lass mich los!“, schrie Mariko und stieß das Mädchen, welches um einiges größer war als sie, von sich. Sie war sich sicher, dass sie und ihre Freundinnen aus einer höheren Klasse sein mussten. „Mit deinen hellen Haaren und den Sommersprossen. Jeder mag dein hübsches, europäisches Gesicht. Ist natürlich von Vorteil, so auszusehen. Du machst einfach jeden schwach und angelst dir so gute Noten! Kleine Schlampe!“ „Das ist doch Schwachsinn!“, schrie Mariko wütend. „Ich bin nicht so...“ Weiter kam sie nicht, denn ihr Gegenüber, anscheinend die Anführerin der Clique, verpasste ihr eine schellende Ohrfeige. „Solche Weiber kotzen mich echt an!“, zischte die Fremde und schubste Mariko so sehr, dass sie rückwärts ins Gras fiel. „Hört auf!“, schluchzte Mariko. Sie versuchte, sich zu beherrschen. Sie zum Heulen zu bringen war doch gerade das, was diese Mädchen erreichen wollten. „Und zu allem Überfluss hast du drei Freunde gleichzeitig! Noch dazu drei der beliebtesten Jungs an der ganzen Schule!“ „Was redet ihr denn da?“, wimmerte Mariko. „Masanaru Hiro zum Beispiel“, mischte sich eine der anderen ein, die mit ihren Freundinnen die ganze Zeit schweigend hinter ihrer Anführerin gestanden hatte. „Das Sportas.“ „Und Sakasa Toya, der absolute Mädchenschwarm“, fügte eine zweite hinzu. „Oder der mysteriöse Garasu Yue!“, meinte die dritte. Nun meldete sich wieder das erste Mädchen zu Wort, welches Mariko geschlagen hatte. „Du musst dich ja echt für die Größte halten! Alle Jungs sind scharf auf dich und du hast dir mal eben die drei besten raus gesucht.“ „Das ist nicht wahr!“, schrie Mariko und stand auf. „Sie sind meine Freunde! NUR meine Freunde, weiter nichts! Ich hab mit keinem von ihm je was gehabt!“ „Lügnerin!“, fuhr das Mädchen sie an. „Wir werden dir deine Arroganz schon noch austreiben.“ Sie packte sie an den Schultern und zog sie mit sich. „Lass mich looos!“, schrie Mariko und versuchte sich loszureißen, doch dann hielten die anderen drei Mädchen ihre Arme und Beine fest. Zu Viert hoben sie Mariko hoch. Ihr half kein Zappeln und kein Schreien. Hier hinten war um diese Zeit sicher niemand mehr, der sie hätte hören können. Dann wurde sie in hohem Bogen durch die Luft geschleudert und knallte auf dem Rücken, mitten in einem Blumenbeet auf. Sie hörte das Gelächter der Mädchen. „Wenn du so weiter machst, landest du nächstes mal im Teich!“, drohte eines ihr. Dann kehrten sie ihr den Rücken und ließen sie einfach liegen.

Erst jetzt kamen Mariko die Tränen. „Was kann ich denn dafür?“, schluchzte sie und rappelte sich auf. Ihr Rücken schmerzte. Ihre gesamte Schuluniform war voll von Grasflecken und Erde. „Was kann ich für meine deutsche Mutter und für meine Noten?“ Sie schaffte es nicht, sich aufzurichten. Stattdessen sank sie völlig aufgelöst zurück in die Knie. Sie hielt sich die dreckigen Hände vors Gesicht. „Was kann ich denn dafür?“, fragte sie sich immer wieder selbst. Wieso hackten immer alle auf ihr herum? Es stimmte schon, sie hatte niemanden. Außer den Jungs hatte sie niemanden. Natürlich kamen da Gerüchte auf, wenn ein Mädchen nur mit Jungs befreundet war. Aber es war nicht so, wie alle dachten. Würde sie ewig so gehänselt werden? Solange sie mit Toya, Hiro und Yue befreundet war? Für eine Sekunde kam ihr ein absurder Gedanke. „Würde es aufhören, wenn ich NICHT mehr mit ihnen befreundet wäre?“
 

„Ich freue mich wirklich, dass du und mein Bruder euch so gut versteht“, sagte Sumi lächelnd. Sie und Yue gingen gerade gemeinsam im Schlossgarten spazieren. „Er ist wirklich sehr nett“, sagte Yue. „Ja, das stimmt“, seufzte Sumi.

Es war am Abend, in einem großen Palast im Menschenreich. Es klopfte an Subarus Zimmertür. „Herein“, sagte dieser. Daraufhin kam seine Schwester Sumi ins Zimmer. „Hallo“, sagte sie und schloss hinter sich die Tür. Sie setzte sich auf den Sessel, der in einer Ecke des Raumes stand. „Und?“, fragte sie. „Wie hat es dir gefallen? Du warst heute das erste Mal in der Unterwelt.“ „Es ist der Wahnsinn“, antwortete Subaru ohne groß überlegen zu müssen. „Einfach stark! Diese Dämonen verfügen über riesige Kräfte!“ „Ja, das tun sie“, stimmte Sumi ihm zu. „Yue ist toll“, meinte Subaru weiter. „Erst hatte ich ja bedenken, als du sagtest, du seist mit einem Dämon liiert. Aber jetzt wo ich ihn kennengelernt habe, denke ich anders darüber.“ „Und was denkst du jetzt?“, wollte Sumi wissen. „Dass er meine Schwester verdient hat“, meinte Subaru lächelnd. „Und das mag was heißen, ja? Dich verdient schließlich nicht jeder!“ Sumi musste kichern. „Danke“, sagte sie. „Ich hatte auch Bedenken“, gab sie zu. „Ich hatte Angst, dass du ihn nicht mögen würdest. Du weißt ja, dass Mutter und Vater eigentlich nicht viel davon halten.“ „Ja, ich weiß“, seufzte Subaru. „Sie lassen es nur zu, um den Frieden zwischen Menschen und Dämonen zu bewahren.“ Sumi ließ den Kopf hängen. Sie sagte nichts. „Keine Sorge“, tröstete Subaru sie. „Es wird schon alles gut gehen!“
 

„Du willst WAS?“ Ein beinahe hysterischer Schrei dröhnte durch das Schloss. „Niemals! Vergiss es! Das lasse ich nicht zu!“ „Du kannst nicht dagegen tun, Mutter!“, rief Subaru seiner Mutter nach, die wütend die Treppen nach oben stapfte. „Und wie wir das können“, schimpfte Sumis und Subarus Vater derweil weiter mit seinem Sohn. „Wir werden das niemals dulden, hörst du? Einen Dämon zu heiraten, oder einer zu sein, das ist ein großer Unterschied!“ „Sumiiiiiiiiiiii!!!“, schrie deren Mutter. Sumi öffnete ihre Zimmertür. „Komm SOFORT herunter!“ „J..., ja Mutter“, stotterte Sumi verwirrt und rannte eilig die Treppen nach unten. „Da siehst du’s! Da siehst du, was du deinem Bruder für Flausen eingeredet hast!“, schrie ihre Mutter. „Ich wusste es! Ich WUSSTE dass, das nicht gut gehen wird! Eine Beziehung mit einem Dämon! Einem Dämon!“ Sie begann zu weinen und vergrub das Gesicht in den Händen. „Gott erbarme dich!“ Sumi blickte sich fragend um. „Was ist denn los?“, fragte sie mit zaghafter Stimme. „Dein Bruder will ein Dämon werden!“, klärte ihr Vater sie auf. „Was?“ Fragend blickte Sumi, Subaru an. „Es stimmt“, versicherte dieser ihr. „Ich habe lange nach einem Zauber gesucht, der so etwas kann und ich habe ihn gefunden.“ „Subaru...“, wisperte Sumi. „Ich will so sein wie er, O-nee-san!“, schrie Subaru. „Seit ich Yue zum ersten Mal gesehen hab, wollte ich so sein wie er!“ Sumis Mutter war in Tränen ausgebrochen. „Ich will über die gleichen Zauberkräfte verfügen, ich will dort leben und...“ Er wandte sich seinen Eltern zu. „Ihr werdet mich nicht aufhalten!“ Nun kamen auch Sumi die Tränen. Ein lautes „Klatsch“ ertönte. Sein Vater hatte Subaru eine schallende Ohrfeige verpasst. „Verschwinde!“, schrie er ihn an. „Los, hau ab! Wenn du das wirklich tust, will ich dich in diesem Hause nie wieder sehen!“ „Aber Vater...“, wimmerte Sumi und wollte auf ihren Vater einreden. „Halt den Mund, Sumi!“, unterbrach ihr Vater sie. „Deine Ehe ist etwas anderes. Wir haben keine andere Wahl! Wir können uns keinen Krieg erlauben. Aber dass Subaru lieber einer von diesen, diesen...“, weiter sprach er nicht. Offenbar suchte er eine geeignet Beleidigung für die Dämonen. „Eine solche Sünde wird Gott niemals vergeben!“ „Schön“, zischte Subaru. Dann schrie er: „Ich scheiß auf eueren Gott!“ Und damit kehrte er seiner Familie ein für alle male den Rücken und rannte aus dem Schloss.

Seine Mutter war in Tränen aufgelöst. Sein Vater kochte geradezu vor Wut. Und Sumi stand nur schweigend da. Mit einem Ausdruck der Verzweiflung in ihren glasigen Augen. Sie fühlte sich so schuldig. Es war doch ihre Schuld, oder etwa nicht? Sie hatte ihren Bruder mit in die Unterwelt genommen und ihm alles dort gezeigt. Sie rannte die Treppen nach oben und schlug die Zimmertür zu. War es falsch gewesen, was sie getan hatte? Dabei hatte sie es doch nur gut gemeint. Und was sollte sie nun tun?

„Ich verstehe“, murmelte Yue, nachdem Sumi zu ihm gegangen und ihm alles erzählt hatte. „Meine Eltern haben ihn verstoßen und enterbt“, seufzte Sumi. „Lass den Kopf nicht hängen“, tröstete Yue sie und legte die Arme um sie. „Ich werde mit ihm reden. Er wird schon wieder zur Vernunft kommen.“ „Zu spät“, ertönte plötzlich eine Stimme hinter ihnen. Als die beiden sich umdrehten, stand Subaru vor ihnen. „Es ist schon zu spät“, wiederholte er. Sumi traute ihren Augen kaum. Seine Ohren und Zähne waren spitz, wie... die eines Dämons! „Subaru!“, wisperte sie. „Wie du siehst, bin ich jetzt kein Mensch mehr“, meinte Subaru. „Wie um alles in der Welt hast du...“ begann Yue. „Ja ich weiß“, unterbrach Subaru ihn. „Du bist überrascht, wie ich das geschafft habe. Tut mir leid, ich kann dir die Namen meiner Helfer nicht nennen. Schließlich ist es ein verbotener Zauber, den nicht viele beherrschen. Und noch weniger, die es wagen, ihn anzuwenden. Ich gebe zu, es war riskant.“ „Riskant?“, wiederholte Sumi aufgebracht. „Du hättest genauso gut sterben können!“ „Ich weiß“, sagte Subaru und ließ den Kopf hängen. „Aber du musst mich verstehen, O-nee-san. Ich wollte nicht länger in diesem Käfig eingesperrt sein. Als Mensch hätte ich später das Thronerbe annehmen müssen, aber als Dämon geht das nicht.“ „Dann... hast du es deshalb getan?“, fragte Sumi. „Du WUSSTEST, dass Vater es nicht dulden wird?“ „Natürlich“, antwortete Subaru. „Lieber schlage ich mich auf der Straße durch, als weiter im Hause unserer Eltern zu leben.“ Er kehrte ihnen den Rücken. „Warte, Subaru!“, rief Sumi ihm nach. Doch ihr Bruder hörte nicht auf sie.

Es wurde Winter. Subaru hatte seitdem auf der Straße gelebt. Irgendwo dort unten, in der Welt der Dämonen, zu denen er jetzt gehörte. Er hatte weder seine Schwester, noch seine Eltern oder Yue je wiedergesehen. Manchmal fragte er sich, ob es falsch gewesen war, was er getan hatte. In den besonders kalten Nächten kamen ihm Zweifel. Nun hatte er niemanden mehr. Er hatte alles verloren. Seine Familie. Seine Freunde. Einfach alles. Selbst sein Leben. Und dafür hatte er ein neues bekommen. Dieses hier. Irgendwo in den Slums. Wo genau, wusste er selbst nicht einmal...
 

~tbc~



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Kommentare zu diesem Kapitel (1)

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Von:  Karin21
2007-11-20T14:52:47+00:00 20.11.2007 15:52
Es wird immer spannender. Ich hoffe das du bald weiterschreibst und uns nicht so lange warten läst. Ich kann es kaum erwaren. :)


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