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A good day to die

von

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Leave in Silence

Kapitel 1 - Leave in Silence
 

...

Bis du irgendwann begreifst

Dass nicht jeder Abschied heißt

Es gibt auch ein Wiedersehen

...

Und was wie ewig schien ist schon Vergangenheit
 

Es dämmerte bereits, als Remus Lupin Hogwarts betrat. Eine friedliche Stille empfing ihn, doch sie drohte ihn zu erstickten. Er wäre lieber in eine lärmende Unruhe getaucht, nur um sich abzulenken, am liebsten wollte er die Augen schließen und vergessen. Vergessen was war und endlich Frieden finden. Er seufzte tief und stieg die Treppen hinauf zu Dumbledores Büro. Er dachte an Harry und das versetze ihm einen Stich. Warum? Warum Sirius? Warum hatte er ihn nicht aufgehalten? Er stand vor Dumbledores Tür, doch er konnte sich einfach nicht entschließen sie zu öffnen. Er wollte mit niemandem reden, schon gar nicht mit Dumbledore. Er hatte Angst, dieser würde sehen, wie tief es ihn getroffen hatte. Und er war schon wieder umgedreht als ihn Dumbledores Stimme zurückrief: "Remus!?" Er drehte sich zu Dumbledore. Dieser sah erschöpft aus und schien in diesen wenigen Tagen um Jahre gealtert. Schweigend folgte Remus Dumbledores Geste und betrat sein Büro. Er setzte sich und protestierte nicht einmal als Dumbledore ein wenig Rum in seinen Tee kippte, normalerweise verzichtete er auf Alkohohl jeglicher Art, doch wen interessierte das jetzt? Sirius hätte den Tee so gemocht, vielleicht sogar ein bisschen stärker. Er musste blinzeln, der Gedanke an Sirius schmerzte furchtbar und so beschäftigte er sich eingehend mit dem Muster seiner Untertasse, blaue Blumen auf weißem Untergrund. Er bemerkte viel zu spät, dass Dumbledore ihn eindringlich musterte und räusperte sich. "Du wolltest mich sprechen." Er war keine Frage, nur ein Feststellung. Dumbledore nickte und seufzte tief. "Harry war gestern noch einmal bei mir. Er hat sich wieder etwas gefangen, denke und hoffe ich und er hat nach dir gefragt." "Warum sollte er das tun?" fragte Remus tonlos. "Er macht sich Sorgen um dich und ehrlich gesagt ich auch." Er blickte Remus mit seinen hellen, blauen Augen an und er wusste, da war noch mehr hinter den Sorgen, aber er wollte gar nicht wissen was, es war ihm egal, er wollte nur noch Ruhe. "Sirius ist den Heldentod gestorben, den er sich gewünscht hatte. Es war bitter für ihn, eingesperrt zu sein, wie ein Tier. Er war unvernünftig, aber ich verstehe ihn, irgendwie. Du hast keine Schuld und Harry auch nicht. Es ist vorbei, unabänderlich und ich möchte eigentlich nicht weiter darüber nachdenken." Einen Moment zögerte er. "Er ist auch so schwer genug einen... Freund zu verlieren." Für ein paar Sekunden hatte er daran gedacht Dumbledore zu erzählen, dass da mehr als Freundschaft zwischen ihnen gewesen war, aber er verwarf diesen Gedanken rasch wieder, nicht weil er sich schämte, nur um einfach weitere Fragen seitens Dumbledore abzublocken. Doch Dumbledore seufzte noch einmal und Remus spürte, dass er noch lange nicht entlassen war. "Harry glaubt, dass es dich schlimmer getroffen hätte, weil du eine ganz andere Beziehung zu Sirius hattest." Remus schwieg immer noch, Harry war der Einzige, soweit er wusste, dem Sirius von ihnen erzählt hatte, aber wusste es auch Dumbledore? Er sah wieder zu Dumbledore auf und fragte: "Warum sollte es mich schlimmer getroffen haben?" Dumbledore sagte nichts, doch Remus musste erkennen, dass Dumbledore genau wusste, was für eine Beziehung die beiden gehabt hatten. "Er hat es dir erzählt", flüsterte er. "Mehr oder weniger, ich ahnte es bereits." "War es so offensichtlich?" "Nein, eigentlich nicht. Aber darüber mach' dir keine Gedanken." "Worüber soll ich dann nachdenken?" "Darüber, wie es weitergehen soll. Ich kann verstehen, wenn du es dir anders überlegst und den Orden verlassen willst..." Dumbledore machte eine Pause, doch Remus schüttelte sofort den Kopf. "Das wäre mir nie in den Sinn gekommen. Natürlich werde ich euch weiter unterstützen, das steht außer Frage." Ein leichtes Lächeln glitt über Dumbledores Gesicht, doch Remus schaffte es nicht, dieses zu erwidern. "Ich muss gehen, ich habe noch etwas zu erledigen. Ich melde mich." Remus stand auf, versuchte seine plötzliche Hast zu unterdrücken, aber er hatte das Gefühl, die Tränen nicht mehr lange zurückhalten zu können. Ein mitfühlender Blick streifte ihn. "Sei vorsichtig und pass auf dich auf, wir brauchen dich, mehr als je zuvor." Er entließ Remus mit einem Gefühl wachsender Unruhe. Er kannte Remus gut genug um zu wissen, wie sehr er verletzt war, aber nicht gut genug um zu wissen, wie er darauf reagieren würde...

And then...

Kapitel 2 - And then...
 

When you're born a lover,

you're born to suffer.

Like all soul sisters and soul brothers ...
 

Er wischte die stumme Träne von seiner Wange und seufzte schwer. Er wusste er konnte es nicht ertragen. Es schien alles so unwirklich, so fern. "Lupin?" Er kannte die Stimme, schon so lange, doch heute war sie nicht ganz so kalt wie sonst, etwas schwang in ihr mit, was Remus nicht mehr kannte. Er drehte sich um und seine braunen Augen blickten in die Schwarzen von Severus. "Minerva sagte Sie wären bei Dumbledore gewesen." Remus nickte schwach. "Hätten Sie..." Er räusperte sich. "Hättest du noch ein paar Minuten?" Seine Worte klangen ungewohnt und Remus begriff, dass Snape versuchte freundlich zu klingen, ganz so als habe er bemerkt wie aufgewühlt er war. Doch seine Augen waren abweisend wie eh und je und wahrscheinlich bildete er sich die Höflichkeit nur ein. Snape mochte ihn nicht und würde es niemals tun. "Ja natürlich", sagte er erschöpft. Ohne ein weiteres Wort drehte Snape sich um und Lupin folgte ihm in seine Privaträume.

Eigentlich hätte er neugierig reagiert, doch er spürte nichts. Es interessierte ihn nicht einmal, was Snape ihm zeigen wollte und er verstand die Worte nicht, die Snape sprach, er nahm sie nicht einmal richtig wahr. Erst als Severus ihm einen Trank in die Hand drückte, wurde ihm plötzlich wieder bewusst, wo er war und das jemand mit ihm sprach. "Ist etwas nicht in Ordnung, Lupin?" "Wie? Doch, doch... alles in Ordnung...", murmelte er. "Sagen Sie mir Bescheid, welche Nebenwirkungen sich zeigen, das ist sehr wichtig für die Zubereitung weiterer Tränke." "Nebenwirkungen, Severus?" fragte er langsam. "Ja, sie fallen ganz unterschiedlich aus, das sagte ich bereits." Der Ton war nun wieder kühler geworden, er wirkte beinahe schon wieder unwirsch. Lupin betrachtete die Flasche nachdenklich, ohne wirklich zu begreifen, was es war, doch irgendwie interessierte es ihn auch nicht. "Danke." Er wollte gehen, doch dann fiel ihm etwas ein und er drehte sich noch einmal um. "Ich bräuchte dann bald wieder etwas von dem Werwolfsbanntrank, der Vorrat ist beinahe aufgebraucht." "Lupin, haben Sie mir eigentlich zugehört?" zischte Snape leise, doch nicht boshaft, eher besorgt. Remus blickte ihn verwirrt an und schwieg. "Dies ist der Werwolfsbanntrank, ein neuer, verbesserter. Das habe ich Ihnen auf dem Weg hierher erklärt." "Oh, natürlich." Er betrachtete den Trank etwas genauer, fing Snapes scharfen Blick auf und verabschiedete sich rasch, doch Snape hielt ihn auf. "Fühlen Sie sich nicht wohl?" Remus wich seinem prüfenden Blick aus und schüttelte stumm den Kopf. "Kann ich jetzt gehen, Severus?" "Natürlich", sagte Snape und seine Stimme klang ganz so wie immer.
 

Er ging, rannte beinahe die Gänge entlang. Er wusste, dass gerade in diesem Moment seine Welt zusammenbrach und es war schlimmer als aller Schmerz den er je verspürt hatte. ,Zum Leben zu wenig', dachte er ,und zum Sterben zu viel.' Er erreichte das Schlossgelände und apparierte in ein Appartement in London.

World full of nothing

Kapitel 3 - World full of nothing
 

I sometimes wish I was dead

God, what's wrong in my head ?
 

Die Stille nahm ihn wieder gefangen. Sie war unerträglich. Alles schien ihn an Sirius zu erinnern, jeder Gegenstand erzählte seine eigene Geschichte und der Schmerz wurde stärker. So stark, dass er auf die Knie sank. Aber es betete nicht, er konnte es nicht, er glaubte nicht, hatte nie geglaubt. Sirius war seine Hoffnung gewesen, sein Wille. Es war vorbei, er kommt nicht zurück, er wollte schreien, aber er blieb stumm. Langsam erhob er sich wieder und schleppte sich zur Couch. Er kuschelte sich in eine Decke und blickte zur Schlafzimmertür, aber Sirius kam nicht und alles blieb leer. Seine Augen, sein Herz, seine Seele. Er konnte nicht einmal mehr weinen und er hasste sich dafür und er hasste sein Leben, dass so endloses Leid in sich gebar und das einfach nicht enden wollte. Er lebte weiter, ganz ohne Sinn und Zweck. Und die Stunden verblassten, die Nacht wurde alt und er war allein, wie er es immer gewesen war und niemand kam ihn zu retten, zu erlösen. Er war müde, er war des Lebens müde, er wusste es schon so lange. Es gab eine Zeit, da hatte er geatmet nur um zu zeigen, dass er noch lebte, aber dass hatte er gar nicht, er hatte nur existiert. Dann hatte er plötzlich Verantwortung bekommen, eine größere als er je erwartete hätte und er hatte die Zeit als Harrys Lehrer genossen und vor allem die Zeit die er wieder mit Sirius verbracht hatte, sie waren wie neu geboren. Aber er hatte geahnt es würde nicht von Dauer sein. Nichts war von Dauer, Glück, dass bedeutet Schmerzlosigkeit, Leben ist ein langer Schmerz, nur kurzweilig unterbrochen vom Glück. Dieses Glück hatte Sirius verkörpert und der schien nur noch Erinnerung, so als gäbe es ihn nur in einer Erzählung die eben einfach zu Ende erzählt worden war. Aber dieses Ende tötete ihn, damit wollte er nicht leben und er war wieder am Anfang: Neben ihm, unendlich weit fort Freunde, hinter ihm, unendlichweit fort Leben, vor ihm greifbar nah Erlösung. Er wusste nicht wie spät es war, was überhaupt war, aber er stand auf und ging ins Schlafzimmer. Es roch nach Sirius und auch ein wenig nach ihm selbst. Das Bett sah verfühlt aus, als wären sie gerade erst aufgestanden, aber Sirius war nicht im Bad um sich zu duschen und Remus würde ihn nie wieder umarmen können. Er war unendlich weit fort, aber sein Entschluss lag vor ihm und er nahm in an. Er fühlte seinen Puls, er schien unnatürlich langsam, so als würde alles Leben aus ihm fließen, nur konnte man es nicht sehen.

Wer wird mich wohl finden? Lass es nicht Dumbledore sein, er soll nicht sehen, dass ich verloren bin. Und Harry? Der wird nicht kommen, er weiß nicht, dass ich hier bin. Ich bin allein. Ich werde allein sterben. Sirius hätte es nicht gewollt, aber er kann nichts tun, ich kann nichts tun, es ist vorbei. Wo ist unsere Ewigkeit, Sirius Ich hoffe wir sehen uns wieder, wenn ich sterbe. ,And I wish, I didn't feel anymore.'

Death's Door

Kapitel 4 - Death's Door
 

Was das Leben versäumt,

holt der Tod niemals ein.
 

Das kalte Metall berührte seinen Arm, aber er zuckte nicht zurück und das Messer schnitt tief in sein Fleisch. Der Schmerz wollte ihn zerreißen, doch kein Laut drang über seine Lippen, er musste ihn ertragen, er hatte es verdient. Aber die Erlösung kam nicht und er schnitt tiefer, beinahe bis zur Armbeuge und er konnte das Blut riechen, welches auf das Bett strömte. Sein Blick trübte sich, er begann zu zittern und das Messer entglitt ihm. "Sirius...", flüsterte er und alles versank in Dunkelheit. Er konnte nicht mehr hören wie jemand immer heftiger gegen die Tür des Appartements klopfte...
 

Snape fluchte. Dumbledore hatte gesagt er würde hier sein und er konnte unmöglich so fest schlafen. Ob er getrunken hatte? Oder ihn einfach nicht hören wollte. Er wusste nicht warum, aber etwas sagte ihm, dass Lupin in Gefahr war. ,Wahrscheinlich ist er gar nicht zu Hause und kommt genau dann, wenn ich mir gerade Zugang zu seiner Wohnung verschaffe, ...ach zum Teufel damit!' Er zückte den Zauberstab und flüsterte etwas, die Tür sprang widerstandslos auf. Das beruhigte ihn nich gerade, kein Zauberer verschloss seine Tür ohne Magie, schon gar nicht, wenn er mal "VgddK" - Lehrer gewesen war. Er sah sich in der Wohnung um, sie war still und dunkel, aber er war sich sicher, nicht allein zu sein. Auf einem kleinen Tisch neben dem Sofa stand eine Kerze, sie war beinahe heruntergebrannt und tauchte das Zimmer in dämmriges Licht. Dann hörte er wie etwas zu Boden fiel, es war ganz in der Nähe und sein Blick fiel auf eine halbgeschlossene Tür. Lupin musste dort drin sein, aber er gab nicht einen Laut von sich und rasch ging Snape auf die Tür zu, den Zauberstab bereithaltend.
 

Lupin lag bewusstlos auf dem Boden und war in sein eigenes Blut getränkt. Snape fluchte erneut und stürzte auf ihn zu. Er hatte bereits eine Menge Blut verloren, zuviel wie Snape befürchtete und er atmete so schwach, dass man es kaum noch wahrnehmen konnte. Snape dachte rasch nach und versuchte Lupins Überlebenschancen einzuschätzen. Er schien noch nicht lange hier zu liegen, aber der Blutverlust war bereits zu hoch, er würde es niemals in eine Klinik oder ins Schloss zurück schaffen, nur er konnte ihm helfen und er versuchte sich fieberhaft zu erinnern, was er tun konnte. Nach zwei Minuten kam ihm der rettende Gedanke und er flüsterte "Sanguis Finis." Der Blutstrom nahm rasch ab und versiegte dann ganz. Snape seufzte auf und betrachtete Lupin mit düsterem Ausdruck. ,Er muss Black wirklich geliebt haben', dachte er. ,Und er wird durch die gleiche Hölle gehen, wie ich.' Er legte seine Hand an Lupins Stirn, sie war eiskalt. Einen Moment überlegte er ihn sofort zu Dumbledore zu bringen, doch er war sich nicht sicher wie schwach Lupin war und ob er mit ihm gemeinsam apparieren konnte, wohl eher nicht. Er beugte sich über ihn, legte seine Arme um den schlanken Körper und trug ihn dann zum Sofa. Er säuberte dass Bett, entkleidete ihn beinahe völlig, reinigte ihm von dem Blut und legte ihn zurück ins Bett. Er wachte nicht auf und Snape hatte seine Mühe ihm den Schlaftrunk einzuflößen, den er mitgebracht hatte. Lupin schien noch blasser und schwächer zu werden, während er dalag und Snape bemerkte gar nicht, wie viele Stunden er bereits damit verbrachte über seinen Schlaf zu wachen. Erst als die erste Blässe des Morgens ins Zimmer fiel, blickte er auf. Er war nicht müde, nicht einmal erschöpft. Er war so sehr in Gedanken versunken, dass ihm nun erst wieder einfiel, dass Dumbledore auf Nachricht wartete. Er erhob sich leise und ging zum Kamin im Wohnzimmer. Er war sich sicher Dumbledore wach anzutreffen, er hatte Nachtschicht. Das war auch der Grund, warum nicht Dumbledore, sondern Snape zu Lupin gegangen war. Er nahm eine Brise des grünen Pulvers auf dem Kaminssims, warf er in den Kamin, streckte seinen Kopf in die grünlichen Flammen und sagte: "Grimmauld Platz Nr. 12."

I sometimes wish I was dead

Kapitel 5 - I sometimes wish I was dead
 

Everyone who feels his heartbeat,

seems to be still alive.
 

Dumbledore saß am Tisch und schien tief versunken in ein paar Pergamentrollen, doch als Snape seinen Namen rief drehte er sich langsam um. Er sah sehr gefasst aus und seine Augen schienen bereits zu wissen, was Severus ihm sagen wollte. Dennoch fragte er: "Hast du ihn gefunden?" "Ja." Snapes Stimme klang belegt. "Er hat versucht sich das Leben zu nehmen", fügte er leise hinzu. Dumbledore seufzte schwer. "Ich hatte befürchtet so etwas würde passieren. Ist er außer Gefahr?" Snape nickte. "Er schläft, aber er ist sehr schwach, wir sollten ihn zu einem Heiler bringen." "Das würde zuviel Aufmerksamkeit auf sich ziehen. Kannst du ihn in zwei Tagen nach Hogwarts bringen?" Snape nickte wieder. "Und wer wird solange bei ihm bleiben?" Dumbledore sah ihn an, sagte jedoch nichts. Snape seufzte. "Ich halte es für unklug, wenn er aufwacht und ich bin bei ihm, es wäre besser..." Dumbledore unbrach ihn mit einem Kopfschütteln. "Ich fürchte, du musst dieses Opfer bringen, Severus. Vielleicht ist das nicht die beste Lösung, aber ich darf im Moment keine Zeit verlieren. Rufe mich nur, wenn du unerwartet zu einem Todessertreffen musst. Ich weiß, wie schwer es insbesondere für dich ist, dennoch bitte ich dich es zu tun." Snapes Augen flackerten einen Moment auf, wurden dann aber wieder ausdruckslos. "Es ist kein Problem für mich.", presste er hervor und verschwand.
 

Dumbledore war der Einzige der wusste, dass auch er bereits zwei Selbstmordversuche hinter sich hatte, denn jedesmal war er es gewesen, der ihn letztendlich doch noch gerettet hatte. Snape wusste bis heute nicht, ob er dafür wirklich dankbar war. Und er wusste auch, dass Dumbledore es niemals erzählt hatte, niemals erzählen würde, dennoch hasste er es daran erinnert zu werden und wenn es noch so aufrichtig mitfühlend gemeint war. Ein lang unterdrückter Schmerz wollte wieder in ihm aufsteigen, doch er ließ es nicht zu und schüttelte ihn sofort wieder ab. Er ging zurück ins Schlafzimmer, Remus hatte sich kaum gerührt, dennoch atmete er jetzt wesentlich ruhiger als vorher. Severus setzte sich an sein Bett und versuchte sich vorzustellen, wie es jetzt weitergehen würde.
 

Der Abend war schon hereingebrochen, als Lupin langsam erwachte. Snape beobachtete ihn und er konnte sein Mitgefühl nur schwer bändigen. Er hasste es Lupin so nahe zu sein, er hatte es jahrelang erfolgreich gemieden, selbst als dieser Lehrer in Hogwarts gewesen war. Und nun war er hier bei ihm und seine Nähe war ihm unerträglich. Lupin schien gar nicht wahrzunehmen, wo er sich befand und was geschehen war. Seine Augen schlossen sich wieder, er atmete schwer und öffnete sie wieder. Seine linke Hand tastete nach jemanden, er schien wahrzunehmen, dass jemand hier war, aber nicht wer. Unwillkürlich nahm Snape seine Hand und sah ihn an, wartete, dass er sich erinnerte. Lupins Züge verzogen sich langsam, die Erinnerung kam zurück und schien ihn niederzuschlagen. Er wollte Snape seine Hand wieder entziehen, doch dieser hielt sie entschlossen fest, als wolle er ihn zwingen ihm in die Augen zu blicken. Und dann fanden sich schwarze in braunen Augen wieder. Die Braunen schienen verzweifelt, auch verbittert, aber vor allem verstört. Snapes Augen dagegen schienen weicher als sonst zu blicken, es war als blickte er in eine furchtbare Vergangenheit, die ihn niemals verlassen hatte. Der Augenblick verblasste plötzlich und Lupin setzte sich ruckartig auf. Snape sah ihn misstrauisch an, er ahnte, dass Lupin im Moment unberechenbar wurde. Er wartete auf eine Reaktion, er wusste sie musste kommen. Aber Lupin brachte nur ein Flüstern zustande. "Warum hast du mich nicht sterben lassen?" Snape schluckte, die Frage traf ihn tief, es war dieselbe die auch er gestellt hatte. Dumbledore hatte darauf eine Antwort gewusst, aber er wusste keine. Dennoch erwiderte er: "Weil es für dich noch nicht Zeit war, zu sterben", er sprach leise, aber in der Stille klang seine Stimme unheimlich laut. Irgendetwas zerbrach in Lupin, auch wenn man es nicht sehen konnte, Snape spürte es überdeutlich, denn er kannte dieses Gefühl. Und er wusste, dass es sein Leben überschattete hatte und ihm niemals Ruhe gönnte. Aber Lupin sollte das nicht erfahren müssen, es würde ihn zerstören. Lupins Schweigen beunruhigte ihn, mehr als er wollte und so brach er endlich das lange Schweigen. "Du solltest dich noch etwas ausruhen, bevor ich dich morgen nach Hogwarts bringe." Lupin, der den Blick bis dahin gesenkt gehalten hatte, heftete nun die braunen Augen auf Snapes Gesicht. "Und wenn ich gar nicht dorthin will?" "Du brauchst ärztliche Hilfe, ich kann dir nicht von Nutzen sein und Dumbledore..." "Warum bist du hier? Warum ist nicht Dumbledore gekommen?" Diese Worte trafen Snape, aber er zeigte keine Regung, vielmehr verfiel er wieder in seine abweisende, kühle Art und erwiderte: "Er hatte wichtigeres zu tun und ich war der Einzige, der dich suchen konnte, ohne aufzufallen. Glaub mir, ich habe es nicht darauf angelegt, dich zu retten." Lupin blickte ihn stumm an, legte sich wieder hin und drehte sich um. Snape hätte ihn am liebsten angeschrieen, doch er stand nur auf und ging hinaus.
 

Lupin war zurück in einen unruhigen Schlaf hinübergeglitten und warf sich im Bett hin und her, bis er schließlich wieder erwachte. Die Wohnung war still, doch er konnte den leisen Atem Snapes hören. Er lag auf dem Sofa, wie Lupin feststellte als er ins Bad ging. Er sah seltsam aus, vielleicht weil er schlief und seine sonst harten Züge unheimlich weich erschienen. Lupin betrachtete ihn eine Weile und insgeheim war er furchtbar dankbar, dass Severus und nicht Dumbledore ihn gefunden hatte. Plötzlich fühlte er wieder diesen Schmerz, den er seit Sirius Tod ständig verspürte, er war nicht körperlich und kein Heiler oder Arzt kannte ein Mittel gegen die Schmerzen der Seele. Unwillkürlich schossen ihm Tränen in die Augen und er sank langsam zu Boden. Der Schmerz schien nie realer gewesen zu sein. Was machte er hier ? Er sollte längst von allem Leid seiner Welt erlöst sein, aber er war immer noch hier und fristete sein Elend. Zitternd und leise schluchzend erhob er sich langsam wieder und ging ins Bad. ,Schlaftabletten', dachte er. Er hatte immer welche, die Vollmondnächte machten ihm immer schwer zu schaffen. Er durchsuchte sämtliche Schränke und fluchte leise, denn er konnte sie einfach nicht finden. "Suchst du vielleicht die hier?" Beinahe hätte er aufgeschrieen, ruckartig blickte er sich um, im Türrahmen stand Snape, und er sah nicht unbedingt aus, als habe er geschlafen. Lupin war so auf die Tablettensuche fixiert gewesen, dass er trotz seines scharfen Gehörs Snape nicht bemerkt hatte. ,Ein idealer Spion', dachte er. Er nickte. "Du solltest nicht zu viele nehmen, eine Überdosis kann tödlich sein." Es schien als wollte Snape lächeln, doch seine Gesichtszüge veränderten sich nicht. Lupin funkelte ihn an, entriss ihm ungeduldig die Tabletten und ging an Snape vorbei, in die Küche und sagte kein Wort. "Du solltest besser einen Schlaftrank nehmen", sagte Snape ruhig und folgte Lupin langsam. Dieser schüttelte den Kopf. Snape betrachtete ihn finster, er wollte Lupin nicht noch mehr verletzen, aber er wusste wie gefährlich sein momentaner Zustand war. Auch wenn sein Verstand ihm riet, sich in nichts einzumischen, ging er auf Lupin zu, der gerade ein Dutzend dieser Tabletten schlucken wollte und hielt entschlossen seine Hand fest. Lupin erstarrte und Snape spürte, dass sie sich auf sehr dünnem Eis bewegten, Lupin war ein Nervenbündel, welches jederzeit vollkommen zusammenbrechen konnte, dennoch riskierte er es weiterzusprechen und Lupin an seinem Vorhaben zu hindern. "Du kannst deinen Alpträumen nicht ewig entfliehen, Lupin und das weißt du. Der Versuch alles zu verdrängen ist zum Scheitern verurteilt und er wird dich zerstören." Ob wegen der Worte oder aus Erschöpfung Lupin ließ die Hand sinken und die Tabletten fielen zu Boden und Lupin wäre ebenso zu Boden gesunken, hätte Snape ihn nicht gehalten. Er half ihm aufs Sofa, Lupin schien vollkommen kraftlos, als wäre er nur eine Hülle, Snape wusste nicht warum, aber dies erschütterte ihn. Lupin lies alles geschehen und rührte sich kaum. Erst als Snape ihm etwas Tee aufzudrängen versuchte, schüttelte er traurig den Kopf. "Es ist schon lange Zeit, für mich zu sterben, Severus." Snape sah ihn erschüttert an, fing sich jedoch gleich wieder.

One Caress

Kapitel 6 - One Caress
 

Gestern bin ich gestorben,

fernab jeder Hoffnung.

Heute bin ich gestorben,

fernab jeder Erlösung.

Morgen werde ich sterben

und erwachen in einer neuen Dunkelheit.
 

Lupin schloss kurz die Augen und seufzte tief. Er konnte die Spannung, die in der Luft lag, riechen. Snape hatte die Tasse auf dem Tisch abgestellt und sah ihn an, es war nicht zu erkennen, was er dachte, seine Augen waren tiefer und schwärzer denn je. Aber da waren noch andere Gefühle, die Lupin spürte, aber er konnte nicht sagen, welcher Art sie waren. Die Distanz die Snape stets zwischen ihnen aufgebaut hatte, war zerbrochen worden. Aber Lupin war nicht in der Lage, dem Beachtung zu schenken, denn plötzlich war ihm wieder bewusst, wie erschöpft er eigentlich war. "Kann ich dann wenigstens den Schlaftrunk haben, wenn ich schon keine Tabletten nehmen darf?" Er klang verbittert, doch die Trauer konnte er nicht aus seiner Stimme verbannen. Snape nickte und hielt ihm wieder den Tee hin. Lupin trank den Inhalt in einem Schluck und schüttelte sich leicht, der Trank schmeckte einfach widerlich. Er reichte Snape die Tasse und stützte sich dabei versehentlich mit seinem linken Arm auf und ein scharfer Schmerz durchzog seinen Körper. Er keuchte laut auf. Snape reagierte instinktiv und stützte Lupin, dem Tränen in die Augen stiegen, dennoch kam kein weiterer Laut über seine Lippen. Snape setzte sich zu ihm aufs Sofa und wartete bis Lupin wieder normal atmete, dann, nach einem Wink mit dem Zauberstab, erschienen auf dem Tisch ein Gefäß, welches eine Salbe enthielt.. Er öffnete es und nahm Lupins Hand, dieser zuckte zurück. "Ich werde dir nicht weh tun." Es war nur ein Flüstern, doch Lupin versuchte sich zu entspannen. Snapes feingliedrige Finger waren ihm schon früher aufgefallen und sie strichen mit einer Sanftheit über die verletzte Haut, die Lupin niemals für möglich gehalten hätte. Nach einer Weile klang der Schmerz allmählich ab, doch nicht der in seiner Seele. Er wünschte wieder allein zu sein, er wollte nicht zusammenbrechen, nicht vor Severus, aber die Tränen konnte er nicht mehr zurückhalten. Ein Schluchzen schüttelte ihn und er wollte sich zurückziehen in der Hoffnung Snape würde sich abwenden, doch das tat dieser nicht. Er betrachtete Lupin nachdenklich und hielt seine linke Hand weiterhin umklammert. Lupins Schluchzen wurde heftiger und dann tat Snape etwas, was keiner der beiden je erwartet hätte, er nahm Lupin in die Arme. Und anders als Severus gedacht hatte stieß dieser ihn nicht weg, sondern presste sich an ihn, wie ein verängstigtes Kind. Snape wusste nicht warum er das getan hatte, aber es fühlte sich richtig an.

Erst nach einer Weile löste Lupin die Umarmung und wischte sich die Tränen aus dem Gesicht. Er sah Snape scheu an aber dieser schien selber mit dieser Situation überfordert zu sein. "Du solltest versuchen zu schlafen." Snapes Stimme klang unglaublich heiser, dennoch nickte Lupin und legte sich hin, seine Augen huschten unruhig wieder zu Snapes zurück, dieser deckte ihn zu und wandte sich ab. Nach wenigen Minuten hörte Snape den ruhigen Atem Lupins und setzte sich wieder zu ihm. Er blieb noch lange bei Lupin, als bewache er dessen Schlaf. Der Werwolf sah unglaublich zerbrechlich aus. Snape hasste sich für sein Mitgefühl und für die Tatsache, dass jemand Gefühle in ihm auslösen konnte, er dachte endlich immun dagegen zu sein, aber nicht bei Lupin, das hatte er immer gewusst.

Behind the wheel

Kapitel 7 - Behind the wheel
 

In my dreams I'm dying all the time.

And when I wake up, I asked you:

what was my crime ?
 

Im Laufe der Nacht wurde Lupins Schlaf wieder unruhiger. Snape, der im Sessel eingeschlafen war, erwachte schlagartig als Lupin im Schlaf zu wimmern begann. Snape setzte sich wieder zu ihm und wartete. Lupin drehte sich von einer Seite auf die andere, auch wenn er dabei nicht aufwachte. Snape hing seinen Gedanken nach, Alpträume hatte er auch, eigentlich ständig, aber das wusste niemand. Man hielt ihn für kalt, unverletzlich, furchtlos, aber er erwachte oft zitternd und schreiend aus seinen Alpträumen. Niemand wusste das, vermutlich nicht einmal Dumbledore. Er hatte nicht einmal ganz zu Ende gedacht als Lupin aufschrie, hochschreckte und erwachte. Wie aus einem Reflex nahm Snape seine Hand und flüsterte ihm zu. "Es war nur ein Alptraum, beruhige dich." Das Zimmer war dunkel und Snape konnte Lupins Augen nicht sehen, aber er spürte die Angst, die Lupin zu umklammern schien. Er strich weiter beruhigend Lupins Hand und nach einer Weile wurde dessen Atem wieder ruhig. "Warum tust du das?" Lupins Stimme war kaum mehr als ein Flüstern. Eine Weile herrschte wieder Stille und Snape hatte das Gefühl Lupin müssen seinen Herzschlag hören, der so heftig in seiner Brust hämmerte. "Was?" fragte er dann leise zurück. "Warum kümmerst du dich so um mich? Das war nie deine Art, du machst dir nichts aus mir." Snape zögerte, er hatte sein Leben lang Angst vor dieser Auseinandersetzung gehabt, doch nun war es zu spät. "Du weißt, dass das nicht stimmt. Du bist vielleicht der Einzige... aus dem ich mir je etwas gemacht hätte." Er hatte es gesagt, es war ein Geständnis, welches er nicht einmal sich selbst gemacht hätte, aber Lupin hatte ihn schon immer in seltsame Lagen gebracht. Er hasste ihn aber vor allem sich selbst dafür. "Ich weiß", murmelte Lupin, es klang wie ein Seufzen. Ohne Snapes Hand freizugeben, die er fest umklammerte, legte Lupin seinen Kopf wieder ins Kissen. "Wann müssen wir Morgen los?" "Nach dem Frühstück können wir aufbrechen." Ohne ein weiteres Wort ließ Lupin Snapes Hand los, drehte sich um und nach wenigen Minuten schien er fest eingeschlafen.
 

Der Morgen brach hell und strahlend an, aber er vermochte die Kälte der Einsamkeit nicht aus Lupins Wohnung zu vertreiben. Snape saß allein am Küchentisch und schien mit voller Aufmerksamkeit den Tagespropheten zu studieren. Lupin lag schon seit Stunden wach und hatte den Sonnenaufgang abgewartet. Die ersten Sonnenstrahlen spielten mit seinen langen Haaren, aber er bemerkte es nicht, sie berührten ihn nicht. Der Schmerz pochte tief in ihm und zu diesem Schmerz kam ein anderes Gefühl, was er glaubte vor Jahren verloren zu haben. Er spürte Snapes Blick auf sich ruhen und drehte sich um. Snape sah nicht müde, aber dennoch erschöpft aus und er schien nicht zu wissen, was er tun sollte. Dies belustigte Lupin beinahe, Snape wusste immer was er zu tun hatte, er war unerschütterlich, keine Macht der Welt hätte dies je vermocht. Und als wolle Snape dies bestätigen, stand er auf und kam auf ihn zu, er sagte kein Wort, sondern setzte sich einfach zu ihm und reichte ihm eine Kaffeetasse. Keiner schien die morgendliche Stille durchbrechen zu wollen. Snape betrachtete Lupin nachdenklich, er wusste es würde schwer werden ihn nach Hogwarts zu bringen, Lupin war zu aufgewühlt. Trotzdem versuchte er es. "Bist du fertig? Dann könnten wir aufbrechen." Lupin der aus seiner Trance zu erwachen schien, schüttelte den Kopf und sah dann weg. "Dumbledore wartet und ich habe noch andere Dinge zu tun." Es hatte nicht so schroff klingen sollen, aber Snape war noch nie gut darin gewesen diese Art selbst in heiklen Situationen abzulegen, nicht einmal Lupin würde das ändern können. "Ich werde nicht mitkommen." Lupin hatte leise gesprochen, aber er klang entschlossen. Snape seufzte innerlich, dass hatte er erwartet und ihm war noch immer keine Lösung eingefallen. "Sag Dumbledore, ich komme sehr gut alleine klar." "Das hat man gesehn.", Snapes Stimme war ruhig, auch wenn er das nicht war. "Ich werde mit niemanden darüber diskutieren, auch nicht mit dir." Lupins Stimme zitterte, aber nicht vor Wut, Snape ahnte, dass er den Tränen nahe war. "Weil es nicht genug wehgetan hat und der Schmerz größer ist als vorher?" Lupin starrte ihn an und Snape wusste, er würde es erraten. Er würde verstehen, dass Snape wusste, was man fühlte, wenn man nicht mehr weiter kann. Und Lupin verstand. Er sah die Trauer hinter der Wut, den Schmerz hinter der Fassade, die Angst hinter der Kälte. Lupins Kehle wurde sehr trocken. "Das habe ich nicht gewusst", flüsterte er. Snape nickte nur. Lupins Augen schienen für einen Moment ihren eigenen Schmerz zu vergessen und betrachteten Snape traurig. "Warum hast du..." Lupin stockte. "Weil ich auch nur ein Mensch bin, der fühlt, bloß hat das wohl niemand gesehen." Snapes Stimme klang seltsam traurig und er schlug die Augen nieder. Lupin legte seine Hand auf die von Snape und für eine Weile schien die Welt stillzustehen. Sie sprachen nicht, aber sie hörten einander zu.

Stories of old

Kapitel 8 - Stories of old
 

Wenn Engel fallen

und wir uns nichts mehr wünschen,

als zu sterben,

wo sind dann die Teufel,

die uns töten sollten?
 

Und dann zerbrach die Stille. Lupin ließ Snapes Hand los und erhob sich, ihm schwindelte. Er wusste nicht, was gerade passierte, aber sein Herz pochte so laut, dass er meinte Snape müsse es hören. Doch dieser rührte sich kaum, er schien wie erstarrt. Und Lupin begriff, was geschehen war, sie hatten einander mehr verstanden als sie erwartet hätten. Dieses Gefühl hatten sie nur ein einziges Mal geteilt und beide glaubten es verloren zu haben.
 

Flashback
 

"James, Sirius lasst ihn in Ruhe. Es reicht!" James Potter sah seinen Freund mit einem belustigtem Grinsen an. "Es ist doch nur Snape! Komm schon Remus, lass uns den Spaß!" "Genau Remi, oder willst du uns vielleicht Punkte abziehen?" Sirius lachte schallend. Remus jedoch konnte nicht lachen. Ohne ein weiteres Wort zückte er den Zauberstab und befreite Snape aus der misslichen Lage, als er ihm jedoch aufhelfen wollte stieß dieser ihn weg, sein Blick war nicht wütend oder hasserfüllt wie sonst, er war verletzt. Doch ehe Remus noch etwas tun konnte, rannte Snape zum Schloss zurück. Remus blickte ihm nach, er wusste sie waren zu weit gegangen und er hatte Angst, was sie damit vielleicht ausgelöst haben könnten. Er drehte sich zu seinen Freunden um. James schien leicht verärgert und Sirius schaute ihn leicht ungläubig an. "Seit wann interessiert dich denn bitteschön das Wohlbefinden dieses schleimigen Bastards, Remi?" fragte Sirius, um dessen Mund jetzt schon wieder ein Lächeln spielte. "Seit ihr beiden einfach zu weit geht, das ist kindisch und alles andere als komisch!" "Hey reg dich ab, wir haben's ja kapiert." James zuckte mit den Schultern, als sei das alles nicht der Rede wert. "Du hast dich doch sonst nie so aufgeregt." Sirius grinste nun wieder sein übliches, leicht überhebliches Grinsen, was Remus jedoch nun noch mehr erzürnte. "Ihr zwei habt nie erfahren, was es heißt verachtet zu werden oder was es bedeutet, wenn einem gezeigt wird wie minderwertig man in den Augen anderer ist. Ihr seid keinen Deut besser als irgendein schwarzer Magier, wenn ihr so denkt und handelt!" "Remus das ist nicht dein Ernst?" Sirius wollte seinen Arm festhalten, doch Remus schüttelte ihn ab, drehte sich um und rannte auf das Schloss zu. Eine Weile sagte weder James noch Sirius etwas, dann räusperte sich James: "Ganz schön übertrieben, oder?" Doch Sirius schüttelte plötzlich den Kopf. "So ganz unrecht hat er vielleicht nicht, wir sind wirklich ein bisschen zu weit gegangen..." Er sah scheu in James' Gesicht. "Naja, Snape ist nicht gerade ein Sonnenschein... aber Lily meint auch..." "Lily, ja?" Sirius grinste und James errötete. "Ok, ich werd mit Remus reden und ihm sagen, dass wir uns besser beherrschen werden." "Das sollten wir wirklich, Sirius, ich mein vielleicht ist es wirklich albern..." "Das meint Lily wohl auch...?" James boxte Sirius freundschaftlich in die Seite. "Betrachten wir das mal als Vorsatz fürs neue Jahr, wir werden alle Slytherins auf Händen tragen." Lachend gingen beide zum Schloss zurück, doch sie waren stillschweigend darüber eingekommen, sich in Zukunft besser zu beherrschen. Sirius machte sich tatsächlich sofort auf die Suche nach Remus, er hasste es mit ihm zu streiten. Er fand Remus im hintersten Sessel im Gemeinschaftsraum, er hatte sich dort in ein Buch vergraben und sah furchtbar elend aus. "Remus...?" Sirius' Stimme klang fast schüchtern, aber Remus sah nicht auf. Eine Weile blieb Sirius vor ihm stehen, dann kniete er sich vor ihn. "Lass uns reden, ok?" Endlich blickte er Sirius an und dieser sah, dass Remus den Tränen nahe war. Doch dann nickte er schwach und versuchte sich aus dem Sessel hoch zu kämpfen. Sirius seufzte erleichtert und folgte Remus in ihren Schlafsaal, dieser war leer. Sirius setzte sich auf sein Bett und zog Remus dann auf seinen Schoss. Remus seufzte, sagte aber nichts und Sirius konnte sich nicht entschließen, was er sagen wollte. Dann jedoch schlüpften die Worte hastig aus ihm hervor: "Remus... es tut mir leid... und James auch. Wir haben kapiert, dass es falsch war und wir... haben beschlossen uns endlich zusammen zu reißen." Remus schwieg immer noch. "Sag doch was, Remi!" Remus sah ihn nur traurig an und eine Träne rann plötzlich über seine Wange. "Remus...", flüsterte Sirius und zog ihn zärtlich an sich. Eine Weile blieben sie so sitzen, bis Remus sich wieder beruhigte, die Umarmung löste und Sirius scheu in die Augen blickte. "Es tut mir auch so leid, was ich gesagt habe", murmelte Remus dann leise. Sirius nickte nur und versuchte ihn anzulächeln. "Und das mit dem verachten stimmt doch gar nicht. Das würd ich nie zu dir sagen." Remus' Blick wurde schlagartig wieder starr. "Du nicht, aber es gibt genügend andere Leute", sagte er mit zitternder Stimme. "Die anderen interessieren mich aber nicht, ich werd dich beschützen, das hab ich dir doch versprochen. Und wenn irgendjemand so etwas über dich sagen sollte, werd ich ihn persönlich dafür kaltmachen." "Siri..." Remus schüttelte schwach den Kopf. "Na gut, ich werd vernünftig mit ihm reden und mich nicht von meinen Gefühlen hinreißen lassen, ist das besser?" "Ja schon, aber ich glaub du nimmst das alles trotzdem viel zu leicht. Manchmal glaube ich du tust das nur für mich, ohne es wirklich so zu meinen." Er sah Sirius aus traurigen Augen an und dieser schluckte, denn Remus hatte nicht ganz Unrecht, aber er liebte den Werwolf so sehr, dass er die Welt für ihn verändert hätte, wenn Remus es für richtig hielt. "Aber ich hab wirklich drüber nachgedacht...!" "Wie lange? So lange wie du gebraucht hast um mich zu finden?" Darauf wusste Sirius nichts zu erwidern, denn er hatte nicht wirklich lange darüber nachgedacht, das tat er nie. Remus blickte ihn aufmerksam an, er kannte Sirius so gut, es war nicht schwer in seinem Gesicht zu lesen. Er seufzte und stand auf. "Ich geh zum Abendbrot." Sirius war wie erstarrt. Normalerweise stritten sie miteinander, manchmal sogar ziemlich heftig, aber Remus war nie wortlos gegangen, ohne dass sie sich versöhnt hatten und es war als wäre es in eiskaltes Wasser gefallen und seine Kehle war wie zugeschnürt. ,Es ist, als hätte er mich verlassen.' Dieser Gedanke versetzte ihm einen solchen Stich, dass er glaubte schreien zu müssen. Nachdem er zehn Minuten vor sich hingestarrt hatte, erhob er sich und verließ rasch den Schlafsaal und begab sich zum Abendessen.

Es war ein seltsam schweigsames Abendessen und James blickte immer wieder unsicher von einem zum anderen. Remus nahm das alles nicht wahr, er fühlte sich elend und sein Blick suchte ständig den Slytherin - Tisch ab, Snape war nicht zum Abendbrot erschienen und irgendwas sagte ihm, dass er auch nicht in seinem Gemeinschaftsraum war. Nach etwa einer Viertelstunde gab er es auf in seinem Essen herum zu stochern und erhob sich. "Hast du keinen Hunger?" Einen Moment nahm er Sirius' besorgte Stimme war, aber sie schien weit fort. "Nein. Ich geh schon hoch", murmelte er und verschwand ohne ein weiteres Wort. Aber er ging nicht in den Gemeinschaftsraum, er ging in den siebten Stock, auf der Suche nach einem ganz bestimmten Gang. Während er dreimal an einer bestimmten Stelle vorbeiging, dachte er immer dasselbe: ,Lass mich ihn finden. Ich muss mit ihm reden. Ich muss ihn einfach finden.' Endlich erschien in dem Gang eine verborgene Tür, die er leise öffnete. Im ersten Moment glaubte er in einer Kirche zu stehen. Der Raum schien unendlich hoch und war so schwach beleuchtet war, dass er zunächst niemanden wahrnehmen konnte. Erst nach ein paar Minuten entdeckte er im hinteren Teil des Raumes eine zusammengekauerte Gestalt. Sie verschwamm fast vollständig mit der dunklen Umgebung, die nur durch ein paar Kerzen erhellt wurde. Der Raum war angenehm warm aber zugleich erdrückend und einsam. Vorsichtig bewegte er sich auf die am Boden kauernde Gestalt zu, er ging nicht leise, damit Severus auf ihn aufmerksam werden würde, doch dieser zeigte keinerlei Regung. ,Als ob er schliefe', dachte Remus. Erst als Remus vor ihm stand, hob Snape langsam den Kopf, er schien verwirrt und verzweifelt zugleich Remus zu erblicken und schien nicht im Stande etwas zu sagen. Remus kniete vor ihm nieder und versank für eine Weile in seinen Augen. "Ich hab mir Sorgen gemacht, weil du nicht zum Abendessen gekommen bist", setzte er vorsichtig an. "Ich wollte nur meine Ruhe haben, also verschwinde wieder!" zischte Snape leise zurück, aber seine Stimme zitterte, wie Remus wahrnahm. Snape sah kränklich aus und trotz der Wärme im Zimmer zitterte er leicht. "Ich wollte mich entschuldigen, auch wenn ich weiß, dass dir das vermutlich nicht viel bringt." Snape versuchte zu lachen, aber er verstummte rasch wieder. "Wen interessiert es schon, was du wolltest und was du tust. Wenn du über mich spotten willst, dann warte doch noch auf dein Publikum, das wird sicher lustiger." Remus Magen zog sich zusammen und er wusste es waren Schuldgefühle, die er nicht mehr los werden konnte, er hatte es so lange geahnt und nichts getan, er hasste sich selbst dafür. "Verzeih mir, ich wollte dich nie so verletzen. Ich hätte es nicht zulassen dürfen." "Verschwinde endlich Lupin, es hat keinen Sinn. Ich will keine Entschuldigung, schon gar nicht von einem Gryffindor!" Snape schloss die Augen und hoffte Lupin würde endlich verschwinden, er hasste es in seiner Nähe zu sein, in der er sich immer so beklommen fühlte. Plötzlich fühlte er eine Hand auf seiner Wange, sie wischte die einzelne Träne weg, die er nicht einmal bemerkt hatte. Er öffnete die Augen wieder und spürte seinen Herzschlag plötzlich aussetzen. Er versank in diesen braunen Augen, die ebensoviel Schmerz wie er empfunden hatten, die ihn für eine kurze Ewigkeit zu verstehen schienen. "Es ist zu Hause schon unerträglich, warum muss ich dann auch hier die Hölle auf Erden ertragen?" fragte er plötzlich und Lupin nahm seine Hand und drückte sie sanft, als wolle er ihm zeigen, dass er nicht so verloren war, wie er glaubte. Wie lange sie einander lauschten ohne zu sprechen, wusste Snape nicht mehr, aber es schien als habe er genau das gebraucht, was Lupin ihm so bereitwillig gegeben hatte.
 

Als Lupin endlich in den Schlafsaal kam, war es weit nach Mitternacht, aber spürte sofort das noch jemand wach lag und er wusste, es würde Sirius sein, der auf ihn gewartet hatte. Als er sich seinem Bett näherte, richtete sich Sirius auf. "Remus?", flüsterte er. Statt zu antworten setzte sich Remus neben ihn. Eine Weile schwiegen sie, doch Sirius schien unglaublich nervös. "Ich hab den ganzen Abend an nichts anderes gedacht, als an unseren Streit", stieß Sirius plötzlich hervor und Remus hörte wie seine Stimme zitterte. "Es stimmt, dass ich dir oft Dinge verspreche ohne groß darüber nachzudenken, aber ich wollte dich nie damit verletzen. Ich wollte nur, dass du glücklich bist, ich würde für dich alles ändern, aber ich muss es auch selber wollen und verstehen. Ich brauche nur noch eine Chance, damit ich es dir beweisen kann, dass ich es wirklich begriffen habe. Ich will dich nicht verlieren, Remus, bitte glaub mir das!" Remus der die ganze Zeit geschwiegen hatte, blickte Sirius in die Augen, das Mondlicht fiel auf sein schönes Gesicht, das Tränenspuren aufwies. Er wusste wie sehr Sirius mit sich selbst gekämpft haben musste und statt einer Antwort umarmte er ihn und küsste ihn sanft. Nach einer Weile hielten sie einander nur noch in den Armen und hörten auf den Herzschlag des anderen. Als sie sich wieder voneinander lösten war die Nacht schon weit vorangeschritten. "Ich liebe dich", flüsterte Remus. "Ich dich auch, mein Engel", antwortet Sirius.
 

Flashbackende
 

Lupin wurde schwarz vor Augen, doch noch ehe er fallen konnte war Snape aufgesprungen und hielt ihn fest. "Remus...", es war nur ein Flüstern und es klang seltsam, beinahe ängstlich. Lupin blinzelte, Snapes Stimme klang so unendlich weit fort. "Wann hast du das letzte Mal etwas gegessen?" Snape Stimme war nur ein Flüstern, doch sie klang wieder fest und sicher, wenn auch unterschwellig besorgt. "Vor... drei Tagen, denke ich..." Er vernahm ein resigniertes Grummeln und spürte wie Snape ihn wieder aufs Sofa gleiten ließ. Er sah Lupin stirnrunzelnd an, er war so schwach und er fühlte sich selbst unglaublich kraftlos. Lupin wickelte sich in eine Decke und schloss die Augen, ein Gefühl der Tiefe umgab ihn, er glaubte zu fallen und öffnete die Augen wieder und sah in dunkle Augen, die ihn ertrinken ließen. Plötzlich wandte Snape sich ab und Lupin wunderte sich beinahe, denn Snape unterbrach nie den Blickkontakt, doch dann begriff er wieso, er hatte den Zauberstab gehoben und auf dem Tisch, auf dem er saß erschien ein Teller mit Suppe. Aber der Anblick verursachte kein Hungergefühl bei Lupin, es war als würde sich sein Magen zusammenziehen. Er schauderte. Snape entging dies nicht und er machte eine beinahe entschuldigende Miene. Es dauerte eine Weile bis Lupin sich überwinden konnte ein paar Löffel zu essen, aber das Gefühl des Ekels verließ ihn nicht. Als Snape ihn wieder drängte einen weiteren Löffel zu nehmen wehrte er entschieden ab und Snape ließ den Teller wieder verschwinden. Das Schweigen war erdrückend und Remus spürte wie ihn der Schmerz wieder überwältigte. Er war in einen Art Dämmerzustand verfallen, doch die Übelkeit nahm zu. Snape saß die ganze Zeit über schweigend in einem der Sessel, er fühlte wie ihn seine eigene Kraft mehr und mehr verließ, er war schon immer schwach gewesen, er hatte gelernt diese Schwäche durch Feindseligkeit gegenüber anderen zu überspielen, aber diese schien gebrochen und er war hilflos. Lupin schien wieder aus seiner Trane zu erwachen und erhob sich plötzlich ruckartig. Snape blickte ihn forschend an, etwas stimmt nicht, er konnte es fühlen, Lupins Blick war trüb, aber seine Bewegungen verkrampft. Er kämpfte sich hoch, doch als Snape ihm helfen wollte wehrte er ihn erneut ab, dann stolperte er ins Bad und schloss die Tür hinter sich. Das unwohle Gefühl Snapes verstärkte sich dadurch und so lauschte er.

Lupin starrte in sein bleiches Spiegelbild, aber er sah es nicht, es konnte nicht mehr sehen, sein Blick war leer. Ihm schwindelte es und die Übelkeit kroch in ihm hoch, er zitterte vor Kälte, vor Angst. Er hatte sich kaum über die Toilette gebeugt als er sich erbrach.

Snape sprang auf, seine Vermutungen hatten sich bestätigt, Lupin hatte das Schlafmittel nicht vertragen, auf nüchternen Magen verursachte es häufig Brechreiz und Magenkrämpfe, er hätte daran denken müssen, er hätte an so vieles denken müssen. Er stürzte ins Bad, Lupin war so kraftlos und schien jeden Moment zusammenzubrechen. Snape kniete sich neben ihn und stützte ihn, er war so schwach und immer wieder schüttelten ihn Krämpfe. Nach einer Weile spuckte Lupin nur noch Galle, aber der Magen beruhigte sich nicht. ,Er ist so zerbrechlich', dachte Snape, der den mageren Körper in seinen Armen hielt. ,Er ist zu schwach und er hat aufgegeben, keiner wird ihn retten können, wenn er es nicht will.' Er wusste es, er verstand es und zum ersten Mal begriff er, welche Last Albus Dumbledore allein durch ihn getragen hatte, immer noch trug. Dann erschlaffte Lupins Körper in seinen Armen, er schien ohnmächtig oder so kraftlos, dass er sich nicht mehr aufrecht halten konnte. Vorsichtig hob Snape Lupin vom Boden auf, er wehrte sich nicht, schien nicht einmal mehr wahrzunehmen was geschah. Snape trug ihn langsam aus dem Bad ins Schlafzimmer, Lupin stöhnte leise auf. Snape legte ihn aufs Bett und sprach neben einem Reinigungszauber auch einen Wärmezauber über Lupin, dieser schien wieder bewusstlos. Doch als Snape ihm das Hemd öffnete um ihm eine Wärmflasche auf den Bauch zu legen, schlug er die Augen wieder auf. Für einen Moment erstarrte Snape in seiner Bewegung. "Danke", flüsterte Lupin und Snape nickte nur und legte die Wärmflasche auf Lupins Bauch. "Zur Beruhigung", erklärte er. "Aber noch besser ist es, du schläfst, dann kommt dein Kreislauf wieder zur Ruhe." Lupin nickte und schloss die Augen und nach einer Weile wurde sein Atem normal und er schien wirklich eingeschlafen.

"Severus?" Snape erstarrte und drehte sich herum. Dumbledores Stimme, wenn auch nur schwach hatte ihn aus dem Wohnzimmer gerufen. Snape erhob sich und ging zum Kamin und wie er vermutet hatte befand sich dort Albus Dumbledores Kopf, er sah besorgt aus. Snape wusste warum, er hatte schon längst mit Lupin in Hogwarts sein wollen und er hatte Dumbledore nicht Bescheid gesagt, er hatte es einfach vergessen. "Severus, was ist passiert? Wo ist Remus?" "Er ist im Schlafzimmer, es geht ihm nicht gut, er hat das Schlafmittel nicht vertragen. Ich hätte Sie informieren sollen, aber..." "Ist schon ok. Es ist eine Menge passiert, ich hatte mir nur Sorgen gemacht." "Ich habe es einfach vergessen, verzeihen Sie mir..." In Dumbledores Augen trat der gewohnt liebevolle Ausdruck, dennoch runzelte er die Stirn. "Da gibt es nichts zu verzeihn, Severus." "Doch, eine ganze Menge." "Wenn du wieder hier bist, können wir in Ruhe darüber reden, ist das in Ordnung?" Snape nickte. "Wann denkst du, kannst du ihn herbringen?" "Ich hoffe in zwei, drei Tagen." "Gut." Snape wollte noch einmal ansetzen, schloss dann aber den Mund wieder. "War das alles, Severus?" Dumbledore musterte ihn eindringlich. "Potter... ich meine Harry, weiß er Bescheid?" Snape wich Dumbledores fragendem Blick aus. "Noch nicht, ich denke Remus sollte es ihm selbst erklären, wenn er dazu bereit ist. Ich bitte auch dich gegenüber anderen zu schweigen." Für einen Moment trat ein verletzter Ausdruck in Snapes Augen, doch er erlosch sofort wieder und Snape presste ein "natürlich" hervor.

Insight

Kapitel 9 - Insight
 

And by a look into your eyes

I seem to know if you're lie.
 

Als Lupin am nächsten Tag erwachte versuchte Snape ihn erneut dazu zu bewegen ihn nach Hogwarts zu begleiten und Lupin gab beinahe widerstandslos nach, was Snape auf eine seltsame Art beunruhigte. Lupin ließ alles mit sich geschehen und das gefiel Snape nicht, denn dieser Zustand war weitaus gefährlicher, wenn Lupin alles mit sich geschehen ließ ohne eine Regung drauf zu zeigen, hatte er sich wahrscheinlich aufgegeben und davor hatte Snape Angst, auch wenn er sich das selber nicht eingestehen wollte.

Dumbledore war doch ein wenig überrascht, dass Severus es geschafft hatte Remus so schnell ins Schloss zu bringen, dennoch war er dankbar dafür, denn er fühlte dass er Remus beinahe ganz verloren hatte. Er beobachtet die beiden wie sie das Schloss betraten und beschloss ihnen entgegen zu gehen.

Das Schloss war leer, denn die Sommerferien hatten lange begonnen und Lupin umfing wieder dieses Gefühl der grenzenlosen Einsamkeit, die ihn fest umklammerte als er es betrat. Snape, der ihn stützte spürte wie Lupin zögerte, beinahe zurückschreckte als sie an der großen Halle vorbeikamen. Snape wunderte sich nicht darüber. Alles hier musste Lupin an Black erinnern. Er drückte Lupin fester an sich als dieser zu taumeln drohte. "Lass mich einen Moment ausruhen, Severus", murmelte Lupin und Snape hielt inne. Lupin schloss für einen Moment die Augen, ihm schwindelte, aber das war nicht der Grund warum er sich so elend fühlte. Es waren nicht nur die Erinnerungen die ihm so zusetzten, es war Angst, blanke Angst. Er ahnte wir enttäuscht Dumbledore sein musste und er wusste das er Dumbledore nicht in die Augen würde sehen können, er war so feige, war es schon immer gewesen. Ohne es verhindern zu können stiegen ihm Tränen in die Augen und er begann zu zittern. Snape beobachtete ihn schweigend, unschlüssig ob er etwas tun sollte. Remus öffnete die Augen wieder und sein Blick huschte scheu zu Snape der immer noch stumm neben ihm stand. "Ich schaff das nicht", flüsterte Lupin mit erstickter Stimme. "Weil du aufgegeben hast, ohne zu kämpfen. Ich kann dich zu nichts zwingen, aber wenn du jetzt wegläufst hast du für immer verloren." Lupin zitterte immer noch, aber er spürte wie Severus in stützte und er lehnte sich dankbar an ihn. "Komm ich bring dich in den Krankenflügel, Lupin."

Der Weg schien einfach endlos, Snape spürte wie Lupin immer mehr die Kraft zum weiterlaufen verlor, er stolperte. Lupin eng an sich gepresst, kam er schließlich bei Madame Pomfrey an. Er seufzte, obwohl er sich nicht besonders sicher war, dass man Lupin hier wirklich helfen konnte.

Nachdem er Lupin mehr oder weniger in ein Bett verfrachtet hatte und dieser wie leblos zu schlafen schien, machte sich Snape auf den Weg in Dumbledores Büro. ,Vielleicht ist es das letzte Mal, dass ich den Mut aufbringe', dachte er. Außerdem wusste er, dass Dumbledore auf ihn wartete.

"Severus." Der alte Mann lächelte in an, aber er sah besorgt aus. "Ich habe Lupin in den Krankenflügel gebracht." "Danke, Severus." Bevor Snape antwortete, setzte er sich. "Den Dank verdiene ich nicht", sagte er dann leise und senkte den Blick. "Ich habe nie etwas getan um ihren Dank zu verdienen, Albus." "Das hast du sogar mehr als einmal, Severus." Snape schüttelte den Kopf. "Ich habe nie begriffen, welche Last auf ihren Schultern ruht." "Aber noch kann ich sie tragen, Severus." "Ich habe mich nie bei Ihnen bedankt", warf Severus plötzlich ein. "Wofür, Severus?" "Sie haben mein Leben gerettet und ich habe mich dafür niemals dankbar gezeigt." "Severus sieh mich an." Langsam hob Snape den Kopf, sein Blick war verzweifelt. "Indem du weitergelebt hast, gabst du mir meinen Dank, denn das hat mir gezeigt, dass es nicht umsonst war. Du hast viel durchgemacht, nicht nur in den letzten Tagen. Es gibt viele Dinge die unausgesprochen bleiben werden und nur die wichtigsten sollten gesagt werden." Severus schluckte alle seine Verzweiflung hinunter und flüsterte: "Das hat meine Mutter auch einmal zu mir gesagt." "Sie war eine großartige Frau und du bist ihr sehr ähnlich." Snape lächelte plötzlich gequält. Dann schwiegen sie für eine Weile. Dumbledore stand auf und ging zum Fenster. Das Schlossgelände lag friedlich da, nur ein leichter Wind fegte über die Ebene. "Ich mache mir Vorwürfe, es hätte nie soweit kommen dürfen, mit Remus, meine ich." "Sie haben alles getan, was in ihrer Macht stand." "Ich hätte ihn in meiner Nähe lassen sollen, ich wusste wie schlimm es um ihn stand." "Aber Sie haben nicht tatenlos zugesehen. Er wird wieder auf die Beine kommen." Dumbledore schüttelte den Kopf. "Sirius' Tod wird er mir nie verzeihen." "Es war nicht Ihre Schuld, Albus!" Snape stand auf und ging auf Dumbledore zu. "Nicht einmal Black trägt Schuld daran und Lupin würde nicht wollen, dass sie sich die Schuld geben." Dumbledore seufzte. "Wenn wir wüssten was wir tun, würden wir es dann lassen oder würden wir trotzdem alles genauso machen, Severus?" "Vermutlich. Albus, Sie können mir nicht beibringen wollen, keine Schuld zu empfinden, wenn Sie es selber nicht können. Schuld kann so vieles auslösen, niemand könnte sie alleine tragen." Dumbledore sagte nichts mehr, sondern nahm Snapes Hand. Es bedufte keiner Wort, jeder dankte dem anderen in diesem Augenblick.

"Was machen wir nun mit Lupin?" fragte Severus nach einer Weile. "Ehrlich gesagt, hatte ich gehofft, du könntest dich um ihn kümmern." "Das wird er nicht wollen." "Hat er das gesagt?" "Nein, aber..." "Ich würde dich trotzdem darum bitten, auch wenn ich weiß, dass du diese Situation gefürchtet hast." Überrascht blickte Snape auf. "Das hat nichts mit Angst zu tun." "Womit dann, Severus?" "Sie kennen die Vergangenheit, die kann man nicht einfach vergessen. Lupin wird sie auch nicht vergessen haben. Ihm zu helfen ist mir so unmöglich, wie es eine Freundschaft mit Black gewesen wäre." "Das glaube ich nicht", sagte Dumbledore schlicht. Snape schluckte. Er wusste, er konnte Dumbledore nicht anlügen, er konnte die Wahrheit stets in seinen Augen lesen und es stimmte, dass er Angst hatte. "Remus war dir nie so gleichgültig oder verhasst, wie die anderen." "Wie kommen Sie darauf?" Snapes Stimme war kaum mehr als ein Flüstern und sein Blick wirkte verschlossen. "Weil du nach deinem ersten Selbstmordversuch oft im Schlaf gesprochen hast. Immer wieder seinen Namen." Snape wurde blass. Ihm wurde plötzlich sehr kalt und für einen Moment schloss er die Augen. Als er sie wieder öffnete, begegnete er Dumbledores wachsamen Blick. "Albus, ich..." "Es ist nur eine Bitte, entscheiden musst du selbst. Manche Dinge ändern sich, Severus aber manche ändern sich nie." "Ich werde darüber nachdenken." "Danke."

Waiting for the night to fall

Kapitel 10 - Waiting for the night to fall
 

Hass ist es,

der mich am Leben hält

und Liebe,

die mich tötet.
 

Severus begab sich in seine Privaträume, aber anders als sonst beruhigte ihn die kühle Stille die ihn empfing heute nicht. Dumbledore hatte ihn dazu gebracht etwas zuzugeben, was er sich bisher nicht einmal selbst eingestehen konnte. Er hatte Lupin wirklich niemals gehasst. Er war sich allerdings auch niemals sicher gewesen, was es dann war, dass ihm die Gegenwart des anderen so unerträglich machte. Vielleicht war es einfach die Erinnerung, die Lupin in gewisser Hinsicht verkörperte. Die Erinnerung an eine Frage, die er niemals beantwortet bekommen hatte. 'Warum hasst mich alle Welt? Warum ist das einzige, was meine Umwelt mir stets entgegenbrachte nur Verachtung oder Furcht gewesen?' Es gab gewiss auch in seinem Leben Momente in denen er so etwas wie Liebe oder Geborgenheit erfahren hatte, aber sie wurden von dem ihn ständig umgebenden Hass völlig erstickt. Unruhig ging er in seinem Büro auf und ab, ohne einen klaren Gedanken fassen zu können. Draußen begann es bereits zu dämmern, aber das bemerkte er nicht. Aus einer plötzlichen Eingebung heraus verließ er seine Räume und irrte, scheinbar ziellos im Schloss umher. Erst vor dem Krankenflügel wurde ihm bewusst wohin es ihn gezogen hatte. Er schüttelte verächtlich den Kopf über sich selbst. In Gedanken war er in einer ganz anderen Zeit gewesen, was es also seinen Unterbewusstsein zuzuschreiben, dass er nun unentschlossen vor der Tür zum Krankenflügel stand? Ohne sich wirklich entschlossen zu haben betrat er leise das Zimmer. Madame Pomfrey war nirgends zu sehen. Das Zimmer lag im einem dämmrigen Licht, die Sonne war bereits untergegangen. In einem der hinteren Betten, nahe eines großen Fensters bewegte sich jemand. Zörgernd näherte sich Snape Lupins Bett. Als er direkt neben dem Bett stand drehte sich Lupin erneut unruhig im Schlaf hin und her. Sein Gesicht war schweißbedeckt und seine Hände krallten sich ins Bettlacken. Plötzlich stellten sich Snapes Nackenhaare auf, ruckartig drehte er sich um. Dumbledore stand in der Tür und schien nur minder überrascht ihn hier anzutreffen. Snape wurde blass, er fühlte sich ertappt und in die Enge getrieben. "Ist er wach?" Snape schüttelte den Kopf. "Wo ist Madame Pomfrey?" "Ich weiß es nicht, Direktor." Dumbledore näherte sich den beiden. Sein mitfühlender Blick fiel auf Remus. Er seufzte und setzte sich auf den Stuhl, welcher neben dem Bett stand. Seine Hand strich sacht über Lupins Stirn. "Er hat Fieber", murmelte er leise und beschwor aus dem Nichts ein feuchtes Handtuch hervor und begann dann sanft Remus' Gesicht zu waschen. Lupin schien sich dadurch zu beruhigen. Snape, der bisher unschlüssig neben dem Direktor gestanden hatte, drehte sich um und wollte den Raum rasch und leise verlassen. "Er braucht dich jetzt", sagte Dumbledore leise als Snape die Tür noch nicht ganz erreicht hatte. Snape hielt inne und drehte sich zu Dumbledore um. "Vielleicht kann ich ab und zu nach ihm sehen", räumte er schließlich ein. Dumbledore nickte ihm zu und Snape verließ rasch den Raum.

Snape kehrte nicht in seine Räume zurück, er begab sich direkt nach Hogsmeade und dort in die nächstbeste Kneipe. Er bestellte sich einen Wiskey und zog sich in die hinterste Ecke des "tropfenden Kessels" zurück und versuchte seine Gedanken zu ordnen. 'Das war ein Fehler', dachte er und seufzte. 'Lupin muss mich hassen. Ich täte es genauso, wenn ich er wäre.' Resigniert stützte er den Kopf in seine Hände. Der Alkohol wärmte ihn nicht und er tötete auch seine Sinne nicht ab. Er trank das Glas schließlich in einem Zug leer und verließ das Lokal. Die Nacht war warm, aber er spürte es nicht.

In dieser Nacht träumte er seit langem wieder. Aber mit den Träumen kamen auch Erinnerungen wieder. Im Morgengrauen schreckte er schließlich hoch und blickte sich verwirrt um. Erst nach einer Weile begriff er schließlich. Er war weder in einer Kirche noch in einem weißen Zimmer gefangen. Die unerträglichen Stimmen waren verschwunden und klare Stille umgab ihn. Er verachtete sich bereits wieder selbst für diesen Moment der Schwäche. Ein Diener des schwarzen Lords konnte sich so etwas wie Gefühle nicht leisten.
 

Lupin starrte wie es ihm schien schon seit Stunden an die weiße Decke, ohne sie wirklich zu sehen. Er spürte eine lähmende Verzweiflung die sich seiner bemächtigte. Madame Pomfrey war schon ein paar Mal bei ihm gewesen, doch jedesmal hatte er sich schlafend gestellt. Albus musste auch da gewesen sein, er konnte seine Anwesenheit noch spüren. Er suchte immer noch verzweifelt eine Lösung, aber es gab keine. Ihm war als würde er in eine kalte Tiefe gerissen und niemand würde ihm die Hand reichen um ihn zurückzuziehen. Er sollte nicht hier sein. Es war ihm, als würde er überall Sirius Stimme vernehmen, die ihm belustigt, schmollend und dann auch wieder zärtlich beim Namen nannte. Er schloss die Augen, aber die Tränen flossen ihm unaufhaltsam übers Gesicht. Er wünschte sich endlich schlafen zu können, aber das würde bedeuten, dass er Träumen würde und das wollte er nicht. Träumen bedeutete erinnern, erinnern bedeutete Schmerz. Langsam versiegten die Tränen und er atmete wieder ruhiger. Gegen Mittag verfiel er in eine Art Wachschlaf und dann hörte er wie Sirius leise die Tür öffnete und sich zu seinem Bett schlich. Er strich zärtlich über seine Hand, wohlwissend dass Remus sich nur schlafend stellte, damit er ihn wachküssen konnte. Jäh schreckte Remus aus seiner Trance. Es war tatsächlich jemand im Raum, aber es war nicht Sirius.
 

Beim ersten Morgengrauen hatte Snape sich erhoben und angekleidet. Er war leise durch die Gänge gehuscht, obwohl er doch wusste er würde kaum jemandem begegnen, außer vielleicht einem Geist. Sein Weg führte ihn zum See. Er beobachtete wie die Sonne die letzten Schatten der Nacht vertrieb, aber er konnte einfach keine Ruhe finden. Gegen Mittag begab er sich schließlich doch wieder zum Krankenflügel, er wusste selbst nicht warum. Der Krankensaal lag verlassen und obwohl er beinahe lautlos eingetreten war schreckte Lupin auf und starrte ihn aus verweinten Augen an.
 

Der Anblick Lupins brachte ihn in die Wirklichkeit zurück. Was hatte er sich nur dabei gedacht? Zögernd ging er auf Lupins Bett zu. Dieser sah ihn verwirrt aber gleichzeitig traurig an. "Geht es dir besser?" durchbrach Snape endlich die Stille. Lupins Mund verzog sich zu einem bitteren Lächeln. "Laut Madame Pomfrey bin ich auf dem Weg der Besserung... Aber du müsstest selbst wissen, wie ich mich wirklich fühle." Sein Blick heftete sich auf Snapes, dessen Lippen sich unwillkürlich aufeinander pressten, doch ansonsten blieb sein Gesicht ausdruckslos. "Dann solltest du dich vielleicht noch etwas ausruhen, Lupin. Ich habe ohnehin noch zu arbeiten." Damit drehte sich Snape um und strebte auf die Tür zu. "Aber das war nicht der Grund deines Kommens, Severus." Snape hielt inne, drehte sich jedoch nicht um. "Nein", sagte er dann zögernd. "Warum bist du dann hier?" Snape drehte sich halb zu ihm zurück, so dass sie einander in die Augen sahen. "Das weiß ich heute genauso wenig wie damals..." Er drückte die Klinke nach unten und wollte gehen, doch unterbrach Lupin ihn erneut. "Wann kommst du wieder?" Eine Pause entstand. "Wer sagt, dass ich das vorhabe?" "Ich." "...Vielleicht morgen." Und noch ehe Lupin etwas erwidern konnte war Snape verschwunden.
 

Snape rannte die Gänge entland und machte erst vor seinem Labor schweratmend halt. Was zum Teufel, war da gerade passiert? Er lächelte bitter. Hatte er sich wirklich von seinen verdammten Gefühlen leiten lassen? Er hatte und er bereute es schon jetzt. Und plötzlich fühlte er eine Schwäche in sich hochsteigen, die er schon lange überwunden glaubte. Wieso konnte Lupin in ihm so etwas auslösen? ,Unsinn!' Er schüttelte wütend den Kopf. Lupin hatte nie etwas in ihm ausgelöst, er hatte ihn nur stets nie die gleiche Verachtung entgegen gebracht, nicht einmal nach dem was vor zwei Jahren passiert war. Er hatte ihn lediglich gefragt ob er ihm trotz allem den Wolfsbanntrank brauen würde. Er schien nicht einmal wütend, er schien nur unglaublich müde. Das war etwas, was kaum jemand zu sehen schien. Mochte Lupin auch noch so verdammt fröhlich wirken, seine Augen hatten das Lächeln schon lange verlernt.

Only when I loose myself

Kapitel 11 - Only when I loose myself
 

Meine Hände sind kalt,

wie immer,

mein Herz,

glaube ich,

ist noch kälter.
 

Flashback
 

Eine einsame Gestalt saß dicht über ein Buch gebeugt in der hintersten Ecke der Schulbibliothek. Die schwarzen Haare verdeckten sein Gesicht fast vollständig, doch Remus hätte ihn überall wiedererkannt. "Severus!" Der Angesprochene schreckte auf. Es war, als wäre er wieder in diesem Traum gefangen, aber diesmal war er ganz sicher nicht in einem dieser Träume gefangen. Er drehte sich um und sah sich Lupin gegenüber, der ihn scheu anlächelte. "Wir haben uns schon eine Ewigkeit nicht mehr gesehn. Was machst du hier?" Severus schien zu überrascht um zu antworten aber Remus überging dies einfach. "Ah, wie ich's mir dachte. Du hast also wirklich Zaubertränke studiert?" "Das tue ich nach wie vor. Was wollen Sie von mir Lupin? Oder sind Sie nur hier um die schlechten alten Zeiten aufleben zu lassen?" "Wieso siezt du mich?"fragte Lupin erstaunt. "Reine Höflichkeit, Lupin, bilden Sie sich bloß nichts ein." "Severus ich dachte nach all dem was passiert ist..." "Es war bloß ein Moment der Schwäche, den ich mir niemals verzeihen werde, das hat jedoch absolut gar nichts mit meiner Einstellung zu Ihnen und Ihren Freunden zu tun." "Ein Moment der Schwäche? Du kannst dich vielleicht belügen, aber nicht mich, Severus und das weißt du!" Für einen kurzen Augenblick schien Snape die Fassung zu verlieren, dann wandte er sich jedoch ab. "Ich werde das nicht weiter mit dir... Ihnen diskutieren!" Seine Stimme zitterte kaum merklich, doch Lupin hatte es sehr wohl wahrgenommen. "Was ist denn nur passiert, Severus?" Snape antwortete nicht und nach einer Weile verließ Lupin seufzend den Raum. Hatte er wirklich geglaubt, etwas hatte sich verändert? Kurz vor Ende des siebten Schuljahres war so viel geschehen und dann hatte Severus nicht auf einen seiner Briefe reagiert und Lupin hatte vorerst aufgeben, bis er durch Zufall erfahren hatte, wo Severus studierte. Deswegen war er überhaupt hierher gekommen. ,Weil ich endlich Gewissheit haben muss.' Aber was konnte er jetzt tun?
 

Es dämmerte bereits als Snapes schwarze Gestalt endlich auf die dunkle Straße trat. Er bemerkte Lupin nicht, auch nicht als dieser ihm bis zu seinem kleinen Apartment verfolgte. Erst dort machte dieser sich bemerkbar. "Was zum Teufel wollen Sie von mir?" "Vielleicht möchte ich einfach nur mit dir reden, Severus." Snape sah ihn aus dunklen Augen an, aber Lupin erkannte das er bereits unentschlossen war. "Bitte", setzte er hinzu. "Wirst du mich dann endlich in Ruhe lassen?" Lupin seufzte. "Ja." Ohne ein weiteres Wort öffnete Snape lautlos die Tür und ließ Lupin eintreten.

"Das was heute nachmittag passiert ist, tut mir leid. Ich hätte nicht so reagieren sollen, entschuldige." Snape schüttelte unwirsch den Kopf, als sei es gar nicht der Rede wert. "Warum bist du hier?" "Ich dachte, dass weißt du." Snape erblasste kaum merklich, schüttelte aber den Kopf. Lupin spürte, wie unwohl Severus sich fühlte, was war bloß los mit ihm? "Hast du meine Briefe nicht erhalten?" Diesmal errötete Snape, wenn auch nur leicht und er schwieg weiter beharrlich. "Warum hast du nie geantwortet?" Snapes Hand ballte sich für einen Moment zusammen, so als versuche er einem innerlichen Drang zu wiederstehen, offenbar gelang ihm das, denn er sagte immer noch kein Wort. "Sieh mich wenigstens an." Schwarze Augen huschten scheu über die seinen um sich dann wieder abzuwenden. "Wovor hast du Angst, Severus?" "Vor mir selbst." Snapes Stimme klang seltsam rau und angespannt.

Remus machte einen Schritt auf Severus zu und hob seinen Kopf zu dem seinen. Er sah die gleichen Zweifel in Severus' Augen, die er seit jenem seltsamen Zusammentreffen im Raum der Wünsche gesehn hatte. Aber erst jetzt begriff er deren volle Bedeutung. Zögernd griff er nach Severus' Hand und wartete auf irgendeine Reaktion. "Remus...", flüsterte der Schwarzhaarige, bevor er ihn an sich zog und küsste, als wäre es das letzte Mal. Doch noch ehe Remus überhaupt reagieren konnte, stieß ihn der andere Mann von sich. Remus war unfähig etwas zu sagen und sah Severus verwirrt an. Dieser atmete schwer ein und aus, schien mit sich selbst zu ringen aber verlor schließlich. "Verschwinde!" zischte er leise. "Wieso?" Remus' Stimme zitterte. "Weil ich deine Nähe nicht ertragen kann!" "Aber..." "Wenn du klug bist dann verschwindest du endlich aus meinem Leben und vergiss diesen Abend... und vergiss mich..." "Das werde ich niemals können!" "Du kannst und du wirst! Ich gehöre nicht zu dir, ich habe diese Welt verraten und das ist nun der Preis dafür..." "Was meinst du damit?" "Ich habe einen Fehler gemacht..." "Bitte sag mir, dass du nicht einer von ihnen geworden bist!" "Und wenn es so wäre?" Snapes Stimme war merklich kühler geworden. Lupin fühlte sich beklommen. Severus konnte nicht einer von ihnen geworden, das hätte er nicht ertragen können. "Lupin verschwinde endlich!" Remus blickte Severus an, er fühlte Wut und Schmerz zugleich in sich aufsteigen. "Wie kannst du alles was du liebst, so verraten?" stieß er hervor, drehte um und rannte davon. Tränen strömten über sein Gesicht und erst als er völlig außer Atem war hielt er inne. Er fühlte, dass er verloren hatte und er schrie seinen Schmerz der schwarzen Nacht entgegen. Snapes letzte Worte hatte er nicht mehr wahrgenommen...

"Es ist reiner Selbstschutz, Remus. Ich könnte dich niemals so lieben, wie du es verdienst..."
 

Flashbackende
 

Snape betrat leise den Krankenflügel. Madame Pomfrey war nicht zu sehen, Remus drehte ihm den Rücken zu und schlief vermutlich. Als er sich dem Bett näherte drehte sich Remus zu ihm um, er war wach und schien wieder einmal nicht viel geschlafen zu haben. "Dumbledore hat nach dir gefragt. Er macht sich immer noch Sorgen und wird dich sicher in nächster Zeit aufsuchen." Remus seufzte. "Hast du schlecht geschlafen?" "Ich habe mit wachen Augen geträumt. Als ich damals als Lehrer hier herkam, war es da wirklich Hass den du empfunden hast?" Unwillkürlich zuckte Snape zusammen. "Ich wüsste nicht, warum wir das jetzt diskutieren sollten. Deswegen bin ich nicht hergekommen. Dumbledore macht sich Sorgen und würde gern wissen, wie dein Befinden ist. Also, wie fühlst du dich Lupin?" "Was glaubst du?", Remus' Ton klang bitter und Snape reagierte mehr als empfindlich darauf. "Lupin, mach es mir verdammt noch mal nicht so schwer!" Für einen kurzen Moment schien es Lupin die Sprache verschlagen zu haben, doch als er sprach klang seine Stimme entschlossen, wenn er auch die Unsicherheit nicht völlig verbergen konnte. "Erstens: habe ich dich nie gebeten, meinen Leibwächter zu spielen, Severus und zweitens: wieso duzt du mich seit neustem? Seit ich wieder hier aufgetaucht bin, hast du die Distanz zwischen uns gewahrt, wieso der plötzliche Wandel?" Snape schien nun selber sichtlich verdutzt, es war ihm gar nicht aufgefallen, dass er Lupin nicht mehr siezte. "Ich dachte, nachdem man jemanden das Leben gerettet hat, klingt es doch ein wenig... albern sich zu siezen." Lupin lachte beinahe. "Lügner." Er sah Snape direkt in die Augen und dieser verstand, dass er durchschaut war. "Es ist dir gar nicht aufgefallen, hab ich recht?" Snape räusperte sich, antwortete jedoch nicht. Remus seufzte. "Dann nenn mich wenigstens bei meinem Vornamen oder kennst du den nicht mehr?" Es war ein Versuch, nur ein Versuch, aber Snape reagierte wirklich darauf. "Sei nicht albern, natürlich erinnere ich mich an ihn, passt er doch so vortrefflich zu dir." Das hatte gesessen, Lupin biss sich auf die Unterlippe und wandte den Blick ab. Snape fühlte sich plötzlich ziemlich schlecht, er hatte den Werwolf gar nicht beleidigen wollen, aber dieser hatte ihn gereizt, absichtlich, jeder wusste wie er darauf reagierte. Remus am allerbesten. Aber das Schweigen bedrückte ihn mehr als er wollte. Er räusperte sich und ihre Blicken trafen sich, Remus sah tatsächlich verletzt aus. Das verwirrte Snape nun wirklich, diesen Blick kannte er nicht mehr und es wusste nicht auf ihn zu reagieren. "Komm schon, du hast diese Sticheleien ein Jahr lang ertragen und es hat dich nie gestört." Lupin schwieg immer noch und sein Blick war unverändert. "Ich muss das täglich ertragen. Kannst du dir vorstellen, wie man sich da fühlt... Remus?" Plötzlich erhellte ein sanfter Ausdruck Remus' Augen und er zwang sich zu einem kleinen Lächeln. "Es muss furchtbar sein...", murmelte er. Snape atmete auf, er hasste diese Spannung, die sich in letzter Zeit immer öfter zwischen ihnen aufbaute.

"Ich werde dann gehen", sagte Snape und erhob sich, er fühlte sich unbehaglich, denn die Szene kam ihm merkwürdig vertraut vor. "Hast du jemals an die Zeit nach unserem Abschluss nachgedacht?" Die Frage klang unvermittelt, doch Snape begriff sofort, worauf Lupin hinauswollte. "Nein", sagte er, jedoch viel zu schnell und Lupin wusste, dass er log. "Ich habe nie begriffen, warum du so gehandelt hast. Um dich vor mir zu schützen, oder vor dir selbst." "Es war einfach zu spät für mich...", sagte Snape zögernd und klang seltsam unsicher. "Zu spät für was, Severus?" Ihre Blicke trafen sich, aber Snape fühlte sich unfähig etwas zu sagen. Er konnte es nicht, er hatte all diese Gefühl so tief in sich begraben und nun glaubte er nicht mehr an sie. So schüttelte er nur den Kopf und erhob sich. "Severus..." Remus' Hand schloss sich um die seine und er zuckte unter dieser Berührung zusammen. "Ich muss gehen." Damit entzog er Lupin seine Hand und verließ das Zimmer. "Es war nicht zu spät, Severus, es war zu früh", murmelte Remus leise.

the things you said

Kapitel 12 - The things you said
 

so verbarg

ich mein Gesicht

hinter Masken

damit die Welt

meine Tränen

nicht sieht
 

Severus schreckte aus dem Halbschlaf hoch als jemand leise aber bestimmt an seine Kerkertür klopfte. Ein Blick auf die Uhr verriet ihm, dass es kurz nach Mitternacht war. Er runzelte die Stirn. Dumbledore suchte ihn nie spät auf, es konnte also nur Remus sein, dennoch fragte er, wer da sei. "Remus." Ohne zu zögern öffnete er die Tür, Lupin hatte verzweifelt geklungen.

"Habe ich dich geweckt?" Lupin sah müde, kraftlos und unendlich traurig aus. Es war, als wäre es nur noch ein Hülle, die sich schwach am Leben erhielt. Seine Augen glänzten fiebrig. "Ja, allerdings." "Kann ich reinkommen?" Snapes Augenbraue hob sich in alter Gewohnheit. "Bitte...", Lupin brachte nur noch ein Flüstern zustande und seine Augen schimmerten jetzt feucht. Wortlos ließ Snape ihn ein.

Unschlüssig blieb Lupin mitten im Raum stehen, er zitterte und Snape sah, dass er barfuss war. Er verschwand in sein Schlafzimmer, kam zurück und reichte Lupin Hausschuhe und einen schwarzen Morgenmantel. Verwirrt sah Lupin ihn an. "Wenn sie dich schon hier finden, sollen sie wenigstens nicht denken, ich würde dich hier erfrieren lassen." Lupin nickte schwach. Snape entzündete mit einem Wink des Zauberstabs den Kamin und drehte sich gerade wieder um, als Lupin merkwürdig schwankte und ohnmächtig wurde. Snape fing ihn gerade noch und fand sich in einem Déjà-vu wieder. Er legte Lupin auf das Sofa vor dem Kamin und wartete, bis dieser erwachte.

"Willst du dich zu Tode hungern oder schmeckt dir das Essen einfach nicht?" fragte er Lupin, als dieser wieder zu sich gekommen war. "Beides", erwiderte Lupin schwach. Er setzte sich auf und wickelte sich enger in den Mantel. "Was ist passiert?" schlüpfte er Severus beinahe unwillkürlich über die Lippen. "Ich konnte nicht schlafen..." "Und das ist alles?" Lupin starrte ihn verzweifelt an. "Hattest du wieder Alpträume?" Lupin erblasste, nickte und Snape seufzte. "Madame Pomfrey wird entzückt sein, wenn sie dein leeres Bett findet." "Ich will nicht zurück. Ich werde verrückt in diesem engen, weißen Raum!" "Irgendwo musst du aber schlafen..." Snape hielt inne. Lupin sah ihn bittend an. "Ich könnte auf dem Sofa schlafen...?" "Du wirst hier genauso wenig Ruhe finden." "Aber ich weiß nicht, wo ich sonst hingehen könnte." Snape lachte leise auf. "Und du kommst ausgerechnet zu mir? Ich bin wirklich der Letzte, den du in einer solchen Situation aufsuchen solltest." "Aber ich fühle mich bei dir nicht so einsam." Darauf wusste Snape keine Erwiderung und so stand er auf um das Sofa in ein Bett zu verwandeln. "Ich nehme an, du brauchst kein Gute-Nacht-Lied oder so etwas", fragte er Lupin mit völlig ernstem Gesicht. Verwirrt starrte Lupin ihn für ein paar Sekunden an, dann huschte das erste richtige Lächeln seit Tagen über sein Gesicht und er erwiderte leise: "Ein Gute-Nacht-Kuss würde es auch tun." Ehe Severus noch darauf reagieren konnte, hatte Lupin sich schon in die Decke gekuschelte und die Augen geschlossen. "Weck mich, wenn du Hilfe brauchst", sagte er leise und verschwand wieder in seinem Schlafzimmer.
 

Gegen sechs Uhr fuhr Snape aus dem Schlaf. Er wusste nicht einmal, was ihn geweckt hatte, aber einschlafen konnte er nicht mehr. Sein Blick fiel auf die Zimmertür. Er war sich sicher sie offen gelassen zu haben, doch nun war sie geschlossen. Leise stand er auf, öffnete die Tür und betrat sein Wohnzimmer. Es war in das flackernde Licht des Kaminfeuers gehüllt, Lupin saß in eine Decke eingehüllt davor und starrte in die Flammen als schien er in Gedanken. Aber noch ehe Snape etwas sagen konnte drehte Lupin sich ruckartig um und blickte ihn verwirrt an. "Alles in Ordnung?" Lupin schien wieder zu begreifen, wo er sich befand und nickte schließlich. "Ich nehme an hier hast du auch nicht besser geschlafen." "Doch, ein bisschen. Aber eigentlich habe ich nur nachgedacht." "Worüber?" "Über das, was vor zwei Jahren passiert ist."
 

Flashback
 

Snape stürmte aus Dumbledores Büro und machte erst in einem einsamen Gang halt. Die scheinbare Wut, mit der er auf alles reagiert hatte, was auch nur im entferntesten mit Lupin zu tun hatte, war völlig verflogen und er spürte, wie ihn seine wahren Gefühle völlig überrumpelten. Angst und Verzweiflung, er glaubte sie bereits verloren zu haben. Er zitterte heftig, so wie damals als er dem Orden beigetreten war und dabei unweigerlich wieder mit Lupin zusammentraf. Es war eine schwere Zeit geworden, Emotionen konnte man sich als Anhänger des dunklen Lords nicht leisten und wieder in Lupins Nähe zu sein bedeutete für ihn schwach zu sein. Er hasste sich dafür. Und jetzt stand er wieder dort, wo es keinen Halt für ihn gab und er hatte nur eine Möglichkeit seine Angst zu verbergen und er würde diesen Weg gehen...
 

"Severus, hast du nicht noch einen Moment Zeit?" "Nein Lupin, für Sie habe ich ganz sicher keine Zeit." Snapes Stimme klang kühl und beherrscht, seine Miene völlig ungerührt aber Lupin glaubte wieder noch etwas anderes hinter all dieser Kälte zu spüren oder bildete er sich das nur ein? Seit er wieder in Severus' Nähe war, schien dieser völlig gewandelt. Er versuchte aller Welt klar zu machen, wie sehr er Remus hasste, aber warum zweifelte Remus dann so daran? ,Vielleicht, weil ich hoffe ihn besser zu kennen...' "Bitte, nur fünf Minuten." "Nicht einmal fünf Sekunden", zischte Snape leise, drehte sich um und wollte den Raum verlassen als Remus ihn sanft am Arm festhielt. Snape erstarrte und er wagte er nicht Remus in die Augen zu sehen, er wusste die seinen würden ihn verraten. "Severus ich versuche, seit ich hier bin mit dir zu reden, aber du hast mich immer abgewiesen. Ich verstehe das einfach nicht!" Einen Moment schien Snape überrascht, doch nur eine Sekunde lang. "Ich soll Ihnen allen Ernstes erklären was mein Verhalten bedeutet, Lupin? Vielleicht sollten Sie sich erst einmal über Ihr eigenes Auftreten mir gegenüber im klaren sein! Sie tun ja gerade so, also ob ich Ihnen Unrecht tue. Nur weil Sie zu alles und jedem auf dieser gottlosen Welt freundlich sein können Lupin, muss das noch lange nicht auch für mich gelten. Wir hassen uns seit unserer Schulzeit und ich sehe keinen Grund daran jetzt etwas zu ändern!" Lupin wirkte verletzt, aber noch mehr war er erstaunt. "Das ist eine Lüge und das weißt du Severus", erwiderte er ruhig. Snape erstarrte, er beherrschte sich nur noch mühsam. Er spürte wie ihm die Situation völlig entglitt. "Den anderen kannst du vielleicht weismachen, wie sehr du sie verachtest aber mir kannst du nichts vorspielen, Severus! Heute wie damals nicht. Ich weiß, was du für ein Mensch bist, Severus, ich habe es gesehen." Snapes Ausdruck wirkte immer noch verschlossen, aber seine Augen schienen seinem Willen nicht mehr länger zu gehorchen. Lupin glaubte so etwas wie Angst in ihnen zu sehen, eine lang verborgene Angst, die er schon einmal gesehen hatte. "Ich bin kein guter Mensch, Lupin, ich kann mich nur gut verstecken." "Deine Maske zerbricht, weißt du das? Du kannst dich nicht ewig hinter ihr verstecken." "Ich werde es so lange können müssen wie das Ende dauert", flüsterte Snape plötzlich, als habe Remus seinen Widerstand für einen Moment gebrochen. "Und was wirst du dann tun?" fragte Remus leise. Severus sah ihm direkt in die Augen, schien verwirrt und war es doch nicht. "Sterben", sagte er nachdenklich. Dann drehte er sich ruckartig um und verließ den Raum. Remus stand da wie betäubt. Erst nach etwa fünf Minuten rannte er ihm nach.

Als Snape ihm die Tür öffnete schien er sich wieder völlig gefangen zu haben. "Lupin, was wollen Sie schon wieder?" "Mit dir reden." "Das haben wir eben bereits getan und ich bin nicht an einer Fortsetzung interessiert!" zischte Snape. Doch Lupin setzte seinen eigenen Kopf durch und betrat Snapes Büro. "Verlassen Sie sofort meine Räume, Lupin!" "Nicht ehe wir einiges klargestellt haben!" Remus' Stimme klang immer noch sanft, aber dennoch bestimmt. Snape setzte eine eisige Miene auf. "Ich wüsste nicht was, Lupin", antwortete er kalt. Lupin schüttelte traurig den Kopf. "Zum Beispiel warum du behauptest, wir würden einander hassen? Ist das wirklich so, Severus?" "Was lässt Sie so daran zweifeln?" "Ich glaube dich zu kennen." Snape schnaubte. "Sie sind ein sentimentaler Idiot, Lupin." "Bin ich das nur, weil ich dir geholfen habe, als du es brauchtest oder nur weil ich es war, der sich nach dem Sturz von Voldemort um dich gekümmert hat?" Snape zuckte zusammen. "Manche Dinge ändern sich, Lupin.". Irgendwie versuchte Snape wieder Herr über die Situation zu werden. "Und manche Dinge ändern sich nie", erwiderte Lupin. "Warum tust du das?" "Was tue ich Ihrer Meinung nach?" antwortete Snape scheinbar wütend, aber Remus spürte, dass er unsicher war. "Du stößt mich von dir, so als hätten wir uns niemals nahegestanden, als wäre nie etwas passiert. Als wir uns das letzte Mal gesehen haben, hast du mich wie einen Freund behandelt, aber dann bist nach Hogwarts zurückgekehrt und hast dich nie wieder gemeldet. Warum hast du das getan?" "Weil ich es musste." "Wie soll ich das verstehen?" "Wir waren niemals Freunde und es war sinnlos in all dieser Zerstörung etwas zu beginnen, was keine Zukunft hatte, also bin ich gegangen und habe versucht mein Leben wieder halbwegs in den Griff zu bekommen. Was ist daran falsch?" "Du hast mir keine Chance gegeben mich zu bedanken." "Ich habe deinen Dank nicht verdient und ich brauche dein Mitleid nicht!" "Das ist doch Unsinn!" Snape seufzte. "Lupin, zum letzten Mal, was wollen Sie noch hier? Ich braue Ihnen diesen verdammten Trank und akzeptiere Sie hier als Lehrer, reicht Ihnen das immer noch nicht?" "Es hätte mir schon ein freundliches Wort gereicht, Severus. Es stimmt wirklich, was alle sagen." "Was sagen Sie?" fragte Snape unwillkürlich. "Das du nicht mehr derselbe bist, nur noch ein Schatten, der das Licht verabscheut und sich im Dunkeln verliert." Snapes Lippen kräuselten sich. "Sie sind wirklich zu sentimental." "Früher hat dich das nicht gestört." "Ich kann mich nicht erinnern, was früher war", erwiderte Snape scheinbar verärgert. Plötzlich ergriff Lupin seine Hand und zwang ihn ihm in die Augen zu sehn. "Wirklich nicht?" Snape vermochte nicht zu antworten, denn er verlor sich völlig in diesen bernsteinfarbenen Augen. Doch nur für einige Sekunden. "Verschwinden Sie endlich Lupin!" Seine Stimme klang wieder kalt und er entzog Lupin seine Hand. Dieser seufzte und ging zur Tür, dort drehte er sich noch einmal um. "Auch wenn es dir nichts bedeutet, danke, dass du mir den Trank braust." Snape reagierte nicht und Lupin verließ den Raum.
 

Snape änderte sein Verhalten gegenüber Lupin in den nächsten Tagen kaum merklich. Er brachte ihm keinen offenen Hass mehr entgegen, aber er ging ihm völlig aus dem Weg und sprach kaum mit ihm.
 

Am Abend vor Vollmond stand Snape wie abgesprochen vor seiner Bürotür und trat wortlos ein. Er stellte den Becher vor Lupin ab und wollte schon wieder verschwinden als Lupin ihm nachrief. "Lupin ich habe heute wirklich keinen Nerv mehr für Sie!" sagte Snape gereizt. "Es dauert nicht lange." Wiederwillig drehte Snape sich um. "Ich wollte eigentlich mit dir meine Unterrichtsübernahme besprechen, ich dachte du würdest vielleicht noch einmal auf mich zukommen, aber das hast du nicht." "Versuchen Sie mich zu belehren, Lupin?" "Nein, ich dachte nur..." "Sparen Sie sich ihre Worte, ich weiß sehr wohl wie ich den Unterricht zu führen habe und ich verstehe gewiss eine ganze Menge mehr von den dunklen Künsten als Sie!", Snapes Stimme wirkte arrogant wie immer und hätte nichts von seiner inneren Unruhe verraten können, doch Remus spürt sie trotzdem, kurz vor Vollmond waren alle seine Sinne sehr empfindlich. "Ich wollte dich auch nur bitten, weiter dem Plan des Lehrbuchs zu folgen, ich habe hier auch eine Liste, von dem, was ich bereits in meinen Klassen durchgenommen habe..." Wieder wurde er von Snape unterbrochen. "Ich denke nicht, dass ich ihre Ratschläge noch länger ertragen kann, Lupin!" Einen Moment lang trat Stille ein, dann hob Lupin leise wieder die Stimme. "Severus, vor wem versuchst du hier deine Gefühle zu verstecken, vor mir oder dir selbst?" Severus' Augen verdunkelten sich, aber Lupin bemerkte wie er sich weiter zu beherrschen versuchte. "Wann hast du eigentlich wieder angefangen dich selbst zu verletzen?" Unwillkürlich zuckte Snapes zusammen, aber noch konnte er sich beherrschen. "Wovon reden Sie überhaupt, Lupin?" Ehe Snape ihn daran hindern konnte, hatte Lupin dessen Arm gepackt und den Ärmel hochgeschoben. Die Arminnenseite war von kleineren Schnittwunden übersäht, die zum größten Teil recht frisch waren. "Wann hast du wieder damit angefangen?" Einen Moment gelang es Remus Snapes Blick einzufangen, doch dann entzog dieser ihm seinen Arm und brach den Blickkontakt. "Ich wüsste nicht, was Sie das angeht?!" Remus seufzte. "Es gab eine Zeit, da ging es mich etwas an, das kannst du nicht leugnen, Severus." "Nein, das kann ich nicht." Der Widerstand war gebrochen, Remus fühlte es, er war wie Glas zersprungen und lag nun am Boden. Severus hatte den Blick gesenkt. Eine Strähne fiel in sein nun noch blasseres Gesicht und Remus strich sie vorsichtig weg. "Remus, ich..." Er brach ab, unfähig seine Stimme zu beherrschen. "Du brauchst nichts zu sagen, aber wenn du schon nicht mit mir redest, dann wenigstens mit Dumbledore." Snape biss sich auf die Lippen, erwiderte aber nichts. Er hasste sich so sehr für seine Schwäche. Er reagierte nicht, als Remus seinen Ärmel noch einmal hochschob und die kleinen Wunden verheilen ließ. Erst als Remus sein Gesicht zu dem seinen hob, bemerkte er, dass dieser mit ihm sprach. "Ich hätte nicht herkommen dürfen", flüsterte er, machte sich los und verließ den Raum. Lupin sah ihm bestürzt nach, seine Gefühle waren vollkommen durcheinander aber er konnte nicht mehr einordnen, warum. Bald würde der Mond aufgehen und er fürchtete sich bereits vor dem nächsten Erwachen.
 

Lupin wurde zitternd und frierend auf dem Boden seines Schlafzimmers wach als ihn die weißgelbe Sonne blendete. Er versuchte aufzustehen, doch er schaffte es lediglich sich aufzusetzen. Ihm schwindelte. Erst nach etwa zehn Minuten gelang es ihm sich aufzurappeln und sich zum Bett zu schleppen. Er brach erschöpft darauf zusammen und verlor das Bewusstsein. Das war auch der Grund dafür, dass er Madame Pomfreys Klopfen nicht hörte. Diese machte sich ernsthafte Sorgen und da sie ihren Zauberstab in der Aufregung liegengelassen hatte, machte sie sich rasch auf die Suche nach Hilfe. Snape war der erste, der ihr über den Weg lief. Er schien in Gedanken und bemerkte die aufgeregte Heilerin zunächst gar nicht und sie musste ihm alles zweimal erklären, was sie zu einem anderen Zeitpunkt sicher als merkwürdig empfunden hätte. Sie schickte ihn zu Lupin und rannte dann schon in eine andere Richtung um Dumbledore zu verständigen und ihren Zauberstab zu holen.

Snape rannte auf Lupins Büro zu, öffnete die Tür mit einem Schwenk seines Zauberstabes und trat ein. "Lupin?" Er erhielt keine Antwort. Das Büro war leer und er stürmte auf die Schlafzimmertür zu. Sie ließ sich sofort öffnen und das beunruhigte ihn nur noch mehr. Sein Blick fiel sogleich aufs Bett, indem Lupin lag und sich nicht einmal rührte. Snape beugte sich über ihn und drehte ihn herum. Furcht hatte ihn überkommen, doch Lupin atmete noch, schien aber nicht zu schlafen, sondern ohnmächtig zu sein. Seine Wangen glühten fiebrig, aber ansonsten schien er eiskalt. Snape vermutete eine Schockreaktion, wohlmöglich hatte er den Trank nicht vertragen. Lupin nun in den Armen haltend erinnert Snape sich, dass er irgendwo von den Nebenwirkungen gelesen hatte und auch womit sie zusammenhingen. Vermutlich war Remus gesundheitlich angeschlagen gewesen und sein Körper hatte einfach überreagiert. Remus fühlte sich seltsam kraftlos und zerbrechlich in seinen Armen an. Snape spürte wie ihn längst vergessene Gefühle zu überrumpeln drohten, es wünschte sich weit fort und doch hätte nichts auf der Welt ihn jetzt hier wegbewegen können. Für einen Moment war er versucht, sich einzugestehen, dass er den Werwolf vermisst hatte, doch er wurde jäh in seinen Gedanken unterbrochen, als Remus erwachte.

Er brauchte einen Moment um überhaupt zu begreifen, wo er war, dass ihn Severus in den Armen hielt überraschte ihn wenig und er klammerte sich nur noch fester an ihn. "Bleiben Sie ganz ruhig, es ist nur ein Schock, Madame Pomfrey ist bereits unterwegs", versuchte Severus ihn zu beruhigen und Remus schloss erschöpft die Augen. "Danke, dass du bei mir bist", flüsterte er und nahm nur noch verschwommen Snapes Zusammenzucken wahr. Dass Madame Pomfrey und Dumbledore wenige Minuten später bei ihm waren und sich Madame Pomfrey um ihn kümmerte, registrierte er schon nicht mehr, er erinnerte sich später nur an Snapes Arme, die ihn hielten.

Snape stand wie versteinert neben Lupins Bett und beobachtete Pomfreys Bemühungen um ihn. Viel zu spät bemerkte er Dumbledores beobachtenden Blick. Als er es jedoch bemerkte versuchte er die Situation zu überspielen indem er sich rasch entschuldigte und die Räume verließ. Er kam jedoch nicht sehr weit, denn Dumbledore war ihm gefolgt und hielt ihn zurück. "Ich bin froh, dass ihr eure Differenzen etwas bereinigt habt, Severus." "Pomfrey hat mich nur als erstes gefunden...", versuchte Snape auszuweichen. "Oh, das meinte ich gar nicht. Remus hat mir erzählt, dass ihr euch recht schnell über die Vertretung seines Unterrichtes einigen konntet." Snape nickte schwach, denn er hatte begriffen, dass Dumbledore mehr gesehen hatte, als gut für ihn war. Seine Gefühle waren dermaßen durcheinander, dass es ihm schwer fiel, sich überhaupt so gleichgültig wie nur möglich zu geben. "Vielleicht wäre es möglich, dass du ihn nach den Verwandlungen immer aufsuchst, damit so etwas wie heute nicht noch einmal passieren kann oder falls Poppy Hilfe braucht. Du weißt neben ihr einfach am besten über diese Sache Bescheid." "Was ist mit meinem Unterricht, in dieser Zeit?" Snape hatte erkannt, dass weitere Diskussionen unnütz waren und er war ohnehin kaum noch zu einem klaren Gedanken fähig. "Dafür werden wir schon eine Lösung finden. So oft wird das ohnehin nicht sein." Snape nickte knapp, verabschiedete sich rasch und verschwand endlich in Richtung Kerker. Dumbledores bangen Blick sah er nicht mehr.
 

So kamen sich Snape und Lupin bei jedem Morgen nach Vollmond wieder nahe. Lupin der immer zu erschöpft war, konnte Snapes Angst zwar wahrnehmen, war jedoch nicht in der Lage ihn darauf anzusprechen. Das Band, was sich einmal in ihrer Schulzeit gebildet hatte, schien nie zerrissen gewesen, nur tief begraben unter Zweifeln und Schuldgefühlen. Zum Ende des Schuljahres wurde Lupin sich dem immer bewusster und er fühlte, dass eine Aussprache nun immer dringlicher wurde. Als Severus wieder einmal nach Vollmond neben seinem Bett saß griff Lupin zögernd seine Hand. Snape blickte ihn aus unergründlichen Augen und Remus spürte wieder diese Angst, die Severus niemals ganz ablegen konnte. "Ich bin sehr froh, dass du bei mir bist", sagte er leise. "Warum?" erwiderte Severus. Noch immer hatte er sich nicht an die Nähe des Werwolfes gewöhnen können, denn er wusste nie ob er weglaufen oder bleiben sollte. "Weil es schön ist, aufzuwachen und nicht alleine zu sein." "Sie sind wirklich zu sentimental." "Vielleicht, aber was bist du dann, gefühllos?" "Nennen Sie es, wie Sie wollen", antwortete Snape scheinbar ungerührt, aber Remus bemerkte, wie sich sein Puls beschleunigt hatte. "Aber eigentlich entspricht das nicht der Wahrheit, Severus." "Das tut es selten." Snape wollte Lupin seine Hand wieder entziehen, doch Lupin gab sie nicht frei. Snape funkelte ihn scheinbar wütend an. "Lupin, was wollen Sie damit eigentlich bezwecken?" "Vielleicht die Wahrheit entdecken, ehe du mir wieder entfliehst." "Das ist doch albern Lupin." "Albern? Nein, das denke ich nicht. Eher seltsam." Snape runzelte die Stirn, er fühlte sich seltsamerweise in die Enge getrieben, weil es nicht wusste, worauf Lupin anspielte und weil er seit dem Zeitpunkt an dem Lupin seine Hand umklammert hielt sein Innerstes in Aufruhr geraten war. "Das seltsame ist, dass du hier bei mir bist, wie nach jeder Verwandlung, obwohl du nie weißt, ob du hier sein möchtest und warum du es trotzdem bist." Snapes Ausdruck wirkte längst nicht mehr so verschlossen, wie gewöhnlich, doch er war ein Meister der Beherrschung und zog nur die Augenbraue leicht in die Höhe. "Ich weiß bei Ihnen nie, ob Sie es ernst meinen, Lupin. Aber wie ich sehe, geht es Ihnen gut genug und ich würde es vorziehen, zu gehen." "Also habe ich recht und du läufst wieder weg", stellte Lupin fest. "Ich bin niemals weggelaufen", entgegnete Snape. Lupin lachte leise und sah Snape dann wieder ernst an. "Wann hast du angefangen deine Gefühle so zu beherrschen?" Für eine Weile herrschte Stille, dann antwortete Snape leise und so als müsse er sich dazu zwingen. "Seit ich dafür bestraft wurde." Snapes Blick heftete sich auf Lupins Gesicht und er seufzte. Er war ihm so nah und er wünschte er würde etwas anderes fühlen. Aber er würde Lupin niemals so sehr hassen können, um all seine anderen Gefühle dadurch zu vergessen. "Das tut mir leid." Snape winkte ab. "Ich muss jetzt gehen, ehe ich mehr sage, als gut für mich ist." Lupin wollte noch etwas erwidern, doch er konnte es nicht und so verließ Severus seine Räume.
 

Das Schuljahr neigte sich dem Ende und Snape verlor nie wieder ein Wort über jenes Gespräch. Manchmal saß er einfach nur bei Lupin und hielt seine Hand, bis er erwachte. Und dann kam es zu jener verhängnisvollen Nacht in der Sirius fliehen konnte. Snape wusste, dass er Lupin verloren hatte und er war wie gelähmt, als er bemerkte wie sehr ihn dies verletzte. Black hatte stets zwischen ihnen gestanden und würde es für immer tun. Die Bitterkeit schlug in Hass um, der erst vor Lupin Halt machte. Lupin stand vor ihm, wie schon so unzählige Male und sah ihn aus diesen traurigen Augen an. Snape wusste er würde ihn nicht halten können und er hatte es niemals versucht. "Ich weiß nicht, was Sie noch hier wollen." "Wirklich? Ich glaube, das hast du immer gewusst, Severus...", murmelte Lupin, er war völlig erschöpft und durcheinander. Er wusste einfach nicht, was er denken sollte. ""Werden Sie Black folgen?" fragte Snape plötzlich und Remus glaubte einen Augenblick einen verletzten Ausdruck in Snapes Augen zu sehen. "Sollte ich es denn?" Irgendwo tief in seinem Inneren begriff Snape, dass Lupin ihn herausfordern wollte, doch er ging nicht darauf ein. "Gehen Sie einfach, man wird ein Ausrede finden." Remus seufzte. "Manchmal möchte ich wegrennen vor meinem Leben, aber es holt mich immer wieder ein und bricht über mir zusammen." "Dann bauen Sie es wieder auf", sagte Severus leise, Remus nickte leicht konnte sich aber nicht entschließen zu gehen. "Das Leben wird nicht ewig warten", versuchte Snape Remus zum gehen zu bewegen und noch ehe er reagieren konnte hatte Lupin ihn umarmt. Snape hielt ihn eine Weile fest, löste sich jedoch dann entschieden aus der Umarmung. "Wir werden uns wiedersehen", flüsterte Remus, bevor er aus der Tür verschwand. "Ich bete, dass es nicht so ist, denn ich könnte es nicht ertragen", flüsterte Severus.
 

Am nächsten Tag verbreitete sich die Nachricht, dass Lupin ein Werwolf sei, wie ein Lauffeuer. Snape versuchte das Gefühl des Verlustes abzutöten, doch es wollte ihm nicht gelingen. Er versuchte den gleichen Hass gegen Remus zu empfinden, wie gegen Black, aber er wusste, das würde er niemals können. Und wieder begannen die Tage ohne Licht.
 

,Er ist unschuldig, war es die ganzen Jahre...' Remus schluckte all' die aufgestauten Gefühle herunter als er Dumbledore kommen sah. Dennoch schien dieser wohl zu ahnen, was in ihm vorging. "Es ist alles gut gegangen", sagte er lächelnd zu Remus. "Das wird sich zeigen", antwortete Remus leise. "Was wirst du jetzt tun?" "Ihm folgen." Dumbledore nickte und wirkte auf einmal traurig. "Hogwarts verliert dich nur ungern. Du weißt, ich lasse dich nur schweren Herzens gehen." Statt zu erröten, wurde Lupin auf einmal sehr blass. "Verzeihen Sie mir!" flüsterte er. "Was, Remus?" "Ich hätte es Ihnen sagen müssen. All' die Jahre habe ich es mit mir herumgetragen..." Dumbledore sah ihn fragend an. "Peter, James und... Sirius sind seit ihrem 5. Schuljahr Animagi..." Jähe Stille trat ein. Remus zwang sich Dumbledore anzublicken. Er sah nicht einmal wütend aus, eher ein klein wenig stolz wie Remus verblüfft feststellte...
 

Müde schloss Remus die Augen, es war als habe er sich eben noch einmal von James verabschiedet. Er hätte Harry gerne so vieles erklärt, ihm noch so vieles erzählt. Er seufzte. Er fühlte sich wie zerrissen zwischen Freude und tiefer Verzweiflung. ,Sirius.' Eine Träne lief über seine Wange. Endlich stand er vor seinem Apartment in London. Obwohl es draußen noch hell war, lag das Apartment im Halbdunkel. Lupin spürte sofort die Anwesenheit von jemandem. Unsicher betrat er das Wohnzimmer und blieb vor dem Sofa stehen. Dort lag, offenbar tief schlafend und jetzt mit gewaschenem, schwarzen Haar, Sirius Black. Die Tränen, die er bis dahin hatte zurückhalten können, brachen nun umso heftiger hervor. Mühsam unterdrückte er ein Schluchzen und dann schlug Sirius die Augen auf. Er lächelte ihn an, liebevoll und schüchtern zugleich. Dann hob er die Hand und berührte vorsichtig seine Wange. Remus sank auf die Knie und Sirius zog ihn endlich in seine Arme. "Lass mich nie wieder alleine!" flüsterte er. "Nie wieder...", schluchzte Remus.
 

Flashbackende
 

Snape seufzte. "Das sollten wir nicht heute Nacht diskutieren." Remus' Blick heftete sich auf ihn. "Die Vergangenheit wird dich immer wieder einholen, wenn du sie nicht ertragen kannst." "Aber nicht heute Nacht", erwiderte Snape.

In my other world

[Dieses Kapitel ist nur Volljährigen zugänglich]

In your memory

Kapitel 14 - In your memory
 

Die Wahrheit,

die du aussprichst,

hat weder Vergangenheit,

noch Zukunft.

Sie ist,

und das ist alles,

was sie zu sein braucht.
 

Remus konnte sich nicht erinnern, wann er eingeschlafen war, aber als er erwachte, war er allein. Er war sich sicher, dass Severus noch nicht lange fort war, aber er musste überstürzt gegangen sein. Remus erinnerte sich, dass sie nicht mehr gesprochen hatten, Severus hatte seine Hand nicht losgelassen und war irgendwann eingeschlafen. Remus hatte ihn eine Weile beobachtet und musste dann selbst eingeschlafen sein. Er war zugedeckt, obwohl er sich sicher war, sich keine Decke geholt zu haben. Er musste Severus finden, denn irgendetwas schien nicht in Ordnung gewesen zu sein.

Während er seine Robe anzog, überlegte er, wo er Severus suchen sollte. ,Was soll ich ihm sagen, wenn ich ihn gefunden habe?' Er wusste es nicht, er wusste nicht einmal ob er das Gespräch der letzten Nacht besser vergessen sollte. ,Was passiert mit mir?'

Er rannte die Gänge entlang, ohne zu wissen, wo er suchen konnte. Das Schloss war unheimlich ruhig, als hätte es den Atem angehalten. In der Bibliothek war er nicht, auch nicht in seinem Labor. Plötzlich kam Remus das Bild einer zusammengekauerten Gestalt in den Sinn, die sich nichts weiter wünschte als allein zu sein und er begab sich auf direktem Weg zum Astronomieturm. Er selbst hatte dort unzählige Stunden verbracht, wenn es nichts gab außer dem Schmerz, der ihn fest umklammert hielt. Er war völlig außer Atem, als er endlich oben angekommen war. Zunächst sah es aus, als sei der Turm leer. Doch dann bemerkte Remus die schwarze Gestalt, die sich über das Geländer beugte und nichts um sich herum wahrzunehmen schien. "Severus?" Vorsichtig trat Remus näher, denn er war sich nicht sicher, wie Severus auf ihn reagieren würde. "Kann man dir eigentlich nie entkommen?" Er drehte sich um und Remus erschrak, wie blass er war. "Tut mir leid, wenn ich..." "Wieso entschuldigst du dich ständig bei mir?" "Weil ich es muss. Du gibst mir das Gefühl, etwas getan zu haben, was falsch ist...", versuchte Remus zu erklären. Snape schüttelte den Kopf. Nein, Remus hatte nichts falsch gemacht, er war es, dessen Leben ein einziger Fehler war.

Remus begann zu zittern, er hatte vergessen einen Mantel überzuziehen. Severus seufzte. "Wir sollten hinein gehen." Schweigend folgte Remus ihm. Ein seltsames Gefühl beschlich ihn und er fühlte sich plötzlich furchtbar erschöpft.

Als sie in Snapes Räumen angelangt waren, verschwand dieser einfach in seinem Büro. Remus folgte ihm zögernd. Severus' Schweigen begann ihn zu beunruhigen. "Severus?", fragte er zögernd. Snape hob den Kopf, als schien er sich Lupins Anwesenheit für einen Moment nicht bewusst gewesen. "Kann ich hier bleiben?" Das hatte er gar nicht fragen wollen, doch irgendwie fühlte er sich hilflos und völlig überfordert. Snape betrachtete ihn für eine Weile, seine ganze Haltung schien merkwürdig kraftlos. Schließlich nickte er. Remus drehte sich um und verließ den Raum. Er ließ sich aufs Sofa fallen und schloss müde die Augen.

Die Stunden flossen langsam dahin, Remus war in einen Dämmerzustand hinübergeglitten und erst als Severus einen dampfenden Becher vor ihm abstellte schreckte er auf. "Trink ihn heiß und sag mir diesmal rechtzeitig Bescheid, wenn er dir nicht bekommt." Remus setzte den Becher an seine Lippen und schluckte mühsam. Severus beobachtete ihn und Remus fiel auf, dass ihn das nervös machte. Severus dagegen schien ganz ruhig. Remus stellte den Becher ab und murmelte: "Widerliches Zeug." Severus' Augenbraue zuckte leicht. Er nahm den Becher, stand auf und ging Richtung Büro. In der Tür hielt er jedoch inne, als habe er Remus' fragenden Blick gespürt. "Ich werde heute Nacht nicht hier bleiben können. Es ist ein fürchterlicher Anblick." Snape drehte sich um. "Glaubst du, ich könnte ihn nicht ertragen?" "Nein, aber ich will nicht, dass du mich so siehst...", erwiderte Remus leise. "Hättest du das auch zu Black gesagt?" Remus erstarrte. Es war, als habe Snape ihn geohrfeigt. Alles, was in den letzten Wochen geschehen war, stürzte wieder auf ihn ein und begrub ihn unter sich. Severus schien bemerkt zu haben, dass er etwas falsches gesagt hatte denn er murmelte: "Vergiss, was ich gesagt habe" und verließ hastig den Raum.

Remus brauchte eine Weile um wieder einen klaren Gedanken fassen zu können. Er fühlte sich wie betäubt. Er verspürte den Drang, wegrennen zu müssen, doch er war zu schwach dazu. Er versuchte aufzustehen, doch er schwankte und fiel wieder zurück auf das Sofa. Eine einzelne Träne rann über sein bleiches Gesicht. Er wusste nicht, wie lange er so gesessen hatte, erst als er an der Tür klopfte, blickte er auf. Snape ging an ihm vorbei und öffnete. Eine Sekunde später fühlte er Dumbledores fragenden Blick auf sich ruhen, auch wenn dieser mit Severus sprach. Severus verhielt sich so kühl und zurückhaltend wie gewöhnlich und irgendwie schnürte das Remus die Kehle zu. Er glaubte, ersticken zu müssen und sprang auf. Dumbledore und Snape sahen augenblicklich auf. "Ist etwas nicht in Ordnung, Remus?" Dumbledores Stimme klang freundlich und besorgt zugleich. Remus spürte wie die Verzweiflung ihn zu überrumpeln drohte und stürmte wortlos an den beiden vorbei. Dumbledore wollte ihn aufhalten, doch Snape hielt ihn zurück.

Er rannte, wie er sein ganzes Leben lang davongerannt war. Erst als er bereits einige Meter im verbotenen Wald gelaufen war, hielt er inne. Er fiel erschöpft auf die Knie und begann zu weinen. Um ihn herum war es dämmrig und er fühlte nichts als Kälte. Der Wald um ihn herum schien zu schweigen, nichts mehr stand zwischen ihm und der Ewigkeit.

"Was ist passiert?" Dumbledores Stimme klang entsetzlich laut in der Stille von Snapes Räumen. "Es ist bald Vollmond", erwiderte Snape ohne zu Zögern, auch wenn er wusste, dass dies nicht die Antwort auf Dumbledores Frage war. "Hat er seinen Trank genommen." "Natürlich." Sie spielten wieder ihr altes Spiel. Niemand würde die offenen Fragen aussprechen, niemand würde auf sie antworten und Dumbledore würde trotzdem verstehen. Snape wusste das und es gab nichts, was er dagegen tun konnte. Es war eine Macht, die man nicht einmal erahnen konnte und doch umgab sie Dumbledore wie eine Aura. "Er sollte nicht zu lang alleine bleiben", sagte Dumbledore schließlich. "Wir brauchen euch beide in diesem Kampf, Severus." "Und was wird am Ende bleiben?" "Selbst der Weiseste kann das nicht sagen, ich weiß nur, dass noch Hoffnung besteht und das wir uns mit allen Kräften darauf stützen sollten." "Vielleicht zweifle ich nicht an dem Sieg, sondern vielmehr an dem, was dieser mit sich bringen wird. Für einige von uns wird dieser Sieg das Ende bedeuten, denn es wird nichts mehr bleiben, wofür es sich zu leben lohnt. Dann ist selbst dieser Sieg nichts weiter, als eine Niederlage." "Manchmal muss man durch die Nacht wandern, wenn man den Morgen sehen will", entgegnete Dumbledore ruhig. Er blickte Severus an und dieser erwiderte seinen Blick.

Nachdem Dumbledore gegangen war, starrte Severus noch eine Weile vor sich hin, dann, als habe er einen Entschluss gefasst, verließ er seine Räume. Er wusste nicht, wo er suchen sollte, aber er war sich sicher, ihn bald zu finden.

Remus lag am kalten Boden, unfähig sich zu rühren, zitternd wie ein neugeborenes Kind. Er hatte alles vergessen, wer er war, woher er kam und warum er nichts mehr spürte. Die Dämmerung brach herein und er verlor das Bewusstsein. Als er erwachte trug ihn jemand aus dem Wald. "Lass mich runter, Severus", sagte er mit gebrochener Stimme, die ihm merkwürdig fremd vorkam. "Nicht bevor wir im Schloss sind", erwiderte Snape leise. "Der Mond wird bald aufgehen und ich will nicht, dass du mich so siehst", protestierte Remus schwach. "Du bist schwach, eine Nacht im Wald würde dich töten", sagte Severus ohne auf Remus' Proteste zu reagieren. Sie näherten sich dem Waldrand als sich Remus Severus entwand. Er war so schwach, dass er sogleich zu Boden sank und Severus ihn bereits wieder halb in den Armen hielt. "Warum hältst du mich noch?" Remus konnte ein Schluchzen kaum unterdrücken. Severus zögerte einen Moment und als er sprach klang seine Stimme leise, beinahe ängstlich. "Weil ich dich brauche." Remus blickte ihn an und er verstand, was all die Jahre unausgesprochen zwischen ihnen gestanden hatte.

Der Augenblick zerbrach, als Remus ein heftiger Schmerz durchfuhr. Der Mond, wenn auch hinter Wolken, würde bald aufgehen. Severus schaffte es noch, Remus in seine Gemächer zu bringen, wenn dieser sich auch verzweifelt dagegen wehrte. "Ich kann nicht... bei dir bleiben", keuchte er schwach. "Du kannst und du wirst", erwiderte Severus ruhig. Der Schmerz betäubte Remus und er gab seinen Widerstand auf. Snape hatte ihn auf das Sofa gehievt, doch Remus rollte sich herunter, ehe Severus es verhindern konnte. Ein schmerzerfüllter Schrei brach sich an den Kerkerwänden. Severus hatte nie etwas so furchtbares und trauriges zugleich gesehen. Die Verwandlung schien nicht lange zu dauern, doch der Werwolf rührte sich kaum. Er lag zusammengekauert auf dem Boden vor dem Kamin. Severus ging vorsichtig vor ihm auf die Knie und berührte ihn zögernd. Der Werwolf hob den Kopf und blickte ihn an. Irgendwo in den hellen Augen glaubte er etwas zu erkennen, Angst, menschliche Angst und Scham. Er wusste nicht warum, aber er begann den Wolf zu streicheln, als glaubte er ihm damit seine Furcht zu nehmen. Und dann geschah etwas, was er nie für möglich gehalten hätte: Der Werwolf weinte.

Severus entzündete ein Feuer im Kamin und legte sich neben den Werwolf. Dieser weinte nicht mehr, aber Severus wusste, dass dieses Wesen neben ihn, gefangen in einer Hülle, ein Mensch war, der verzweifelte, der starb.

Der Morgen dämmerte, als Severus erwachte. Eng an ihn gepresst lag Remus. Schwach, hilflos, gebrochen. Er sah so verloren aus und die Furchen auf seinem jungen Gesicht schienen sich noch vertieft zu haben. Severus wusste nicht, wie lange er ihn beobachtet hatte und er blieb reglos liegen, als Remus erwachte. Dieser brauchte eine Weile, bis er zu begreifen schien, wo er sich befand. Er begann zu zittern, obwohl es warm war. Ohne Severus anzusehen, versuchte er sich von ihm wegzudrehen, so als habe er Furcht vor seinem Blick. Als er sich mühsam versuchte aufzurichten, brach er fast augenblicklich wieder in sich zusammen. Severus wusste nicht warum, aber er griff nach Remus' Arm, drehte ihn zu sich und zwang ihn in seine Augen zu sehen. Beide waren unfähig etwas zu sagen, vielleicht, weil es nichts gab, was man hätte sagen können. Remus schien unter Severus' Blick entgültig zusammenzubrechen und seine Augen glänzten. Noch ehe Severus etwas tun konnte, klammerte er sich an ihn, wie ein verängstigtes Kind. Severus wusste nicht, wie lange er dieses Bündel Mensch in seinen Armen gehalten hatte, doch er fühlte, dass er für immer verloren war.

Irgendwann hatte Remus aufgehört zu zittern. Severus hatte ihn wortlos in sein Schlafzimmer getragen und dort ins Bett gelegt. Er hatte Remus schließlich dazu gebracht, etwas Stärkungstrank zu sich zu nehmen. Er legte einen Wärmezauber auf das Bett und hatte sich dann zu Remus gesetzt. Dieser hatte erschöpft die Augen geschlossen, doch er schien keine Ruhe finden zu können. Immer wieder schreckte er hoch und blickte sich beinahe panisch im Zimmer um. Severus hatte seine Hand ergriffen und strich ihm, wie zur Beruhigung, über den Handrücken, doch Remus beruhigte sich nicht. "Wovor hast du Angst?", fragte Severus, als er zum dritten Mal aus dem Halbschlaf hochschreckte. "Dass ich aufwache und allein bin", flüsterte Remus. "Ich werde dich nicht verlassen", erwiderte Severus.

Einige Stunden später erwachte Remus so jäh, als hätte ihn jemand angeschrieen. Er setzte sich auf, das Zimmer lag im Halbdunkel und Severus blickte ihn unverwandt an, als habe er nur darauf gewartet, dass Remus erwachte. "Fühlst du dich besser?" "Ein wenig." Für eine Weile schwiegen sie. "Vielleicht sollte ich wieder in den Krankenflügel gehen." Severus' Augen blickten ihn fragend an. "Du hast schon genug für mich getan..." "Und deswegen willst du jetzt weglaufen?" Severus' Ton war eine Spur schärfer geworden. "Ich laufe nicht weg", erwiderte Remus eine Spur zu heftig, die ihn sofort verriet. "Wie würdest du es sonst bezeichnen?" "Ich...", doch er brachte kein Wort hervor, als er Severus Blick auf sich fühlte. "Tut mir leid, wenn es dir unangenehm ist, in meiner Nähe zu sein. Du kannst jederzeit gehen." Severus' Stimme klang beherrscht und gleichzeitig verletzt. "Es ist mir nicht unangenehm. Ich hatte nur gedacht, vielleicht möchtest du nicht, dass ich hier bin...", Remus brach unsicher ab und blickte Severus an. Dieser schien mit sich selbst zu kämpfen. "Bitte bleib...", brachte er schließlich mühsam hervor. Remus seufzte erleichtert, Severus jedoch, über seine eigenen Gefühle erschrocken, senkte den Blick wieder. Erst als Remus eine Hand nach ihm ausstreckte, sah er wieder auf. Stumm verstand er die Bitte und nahm Remus' Hand. Seine eigene zitterte und war kühl, die von Remus war warm. Es war, als würden sie sich das erste Mal berühren und für immer zueinander finden. Sie saßen lange schweigend beieinander und erst Remus' leises Schluchzen zerbrach die Stille. Er schloss die Augen, doch die Tränen liefen ihm weiter die Wangen hinunter. Er fühlte sich wie zerrissen, seine Gefühle waren ein einziger Scherbenhaufen und jeder dieser Scherbe schnitt tief in seine Seele. Dann fühlte er eine Hand auf seiner Wange, die seine stummen Tränen fortwischte. Er öffnete die Augen, obwohl er längst gespürt hatte, wie nahe ihm Severus gekommen war. Remus wollte etwas sagen, doch er glaubte, das Sprechen verlernt zu haben. Severus' Blicke waren unergründlich und nichts hätte Remus auf seine nächste Handlung vorbereiten können. Severus war ihm so nahe und Remus hätte sich wieder an ihn schmiegen können, doch sein Körper schien gelähmt. "Vergib mir", murmelte Severus, beugte sich vor und küsste ihn auf die Wange, so zögerlich und leicht, dass er kaum mehr als ein Hauch war, der Remus streifte.

Strangelove

Tja ich habe (mit großer freude) festgestellt, dass ihr gerne weiterlesen wollt, naja und eh ihr mir die türen einrennt ^^ hab ich sozusagen ein kapitel zum vertrösten geschrieben, aber ehrlich gesagt passiert nicht sehr viel *sichschonaufbösenachrichtenvorbeireit* aber ich wollte erst mal den 6. band abwarten, damit ich nicht nachher alles ändern muss (ein bisschen versuche ich mich ja ans buch zu halten) aber ich hoffe ihr habt geduld, so das wollt ich nur mal loswerden

PS: thx an alle, die meine story immer noch lesen, denn ich befürchte sie wird zu schnulzig :D

PPS: falls es euch so vorkommt als hätte ich mittendrin unterbrochen, habt ich vollkommen recht, eigentlich was das kapitel länger ^^ hoffe aber das fällt nicht allzuschlimm auf ;)
 

Kapitel 15 - Strangelove
 

Wie knüpft man an, an ein früheres Leben?

Wie macht man weiter,

wenn man tief im Herzen zu verstehen beginnt,

dass man nicht mehr zurück kann?

Manche Dinge kann auch die Zeit nicht heilen,

manchen Schmerz, der zu tief sitzt.
 

Severus hatte nicht erwartet, dass Remus seinen Kuss erwidern würde, er wusste selbst nicht, warum er ihn überhaupt geküsste hatte. Vielleicht einfach nur um Remus etwas von dem zu geben, was dieser ihm vor nunmehr 20 Jahren in einem einsamen Raum geschenkt hatte. Irgendwann hatte er begriffen, dass egal, wohin er ging und was er tat, er immer den Gedanken an Remus mit sich trug. Er hatte nie verstanden, warum er einen Menschen so sehr liebte, dass er glaubte daran sterben zu müssen. Er hatte es verleugnet und würde es wieder tun. ,Der Schmerz ist der größte Lehrer des Menschen', dachte er. Er war mit seinen Gedanken so weit weg, dass er von Remus' Reaktion beinahe überrascht wurde. Remus wusste nicht mehr, was er tat und warum er es tat, aber er wusste, dass es richtig war. Das Gefühl war ihm so unbekannt vertraut und er wollte es nicht noch einmal verlieren. Er legte alles in diesen Kuss, seine Trauer, seinen Schmerz, seine Scham, seine Verzweiflung, seine Sehnsucht, seine Liebe.

Es war ein ebenso berauschendes Gefühl wie damals, doch Remus spürte wie sich sein Herz dabei unwillkürlich zusammenzog. Irgendjemand rief aus weiter Ferne seinen Namen. Erst als Severus den Kuss beendete, öffnete er die Augen und bemerkte, dass er weinte. Snape strich eine Träne von seiner Wange und Remus musste die Augen schließen. Wieder hörte er seinen Namen, undeutlich, verschwommen, ängstlich. Severus berührte seine Hand und erneut öffnete Remus mühsam die Augen. Severus suchte seinen Blick und Remus wusste, er würde die Wahrheit in seinen Augen finden. Und er fand sie, er sagte nur ein einziges Wort und Remus glaubte daran zerbrechen zu müssen. "Sirius." Das war das erste Mal, dass er ihn beim Vornamen nannte. Sirius würde immer ein Teil von ihm sein, Severus wusste das und dennoch blieb er bei ihm. "Verzeih mir", presste Remus hervor, seine Stimme war kaum mehr als ein Flüstern. "Es gibt nichts zu verzeihen, Remus." Severus' Stimme klang resigniert, so als hätte er begriffen, wie unerreichbar der Werwolf für ihn war, aber wusste er das nicht schon immer? Alle glaubten er habe ein Herz aus Stein, doch sie irrten, es war aus Glas, dünnem, schmutzigem Glas und dieses schien gerade in tausend Splitter zersprungen zu sein und jeder Splitter trug Remus' Gesicht.

Severus reichte ihm ein Taschentuch, sein Blick war wieder verschlossen und der bittere Zug um seinen Mund schien noch tiefer geworden. Remus spürte wie Kälte ihn umfing. Es fühlte sich schuldig. Er hatte Severus niemals verletzen und doch ahnte er, dass er dies ständig tat. Die Stille um sie war ohrenbetäubend geworden und Remus spürte, dass ihn jede Sekunde weiter von Severus entfernte. Dieser saß ruhig vor ihm und blickte ihn so intensiv an, als wolle er sich jedes Detail von ihm einprägen, bevor er sich für immer verabschieden musste. Severus würde nicht für ihn kämpfen, weil er nicht einmal für sich selber kämpfen konnte. Die Zeit lief Remus davon, er war machtlos gegen sie, wie gegen seine Gefühle. "Ich brauche noch Zeit." Diese Worte brachen aus ihm hervor und gleichzeitig wusste er, dass sie der Wahrheit entsprachen. Er suchte Severus' Blick, wie das Kind die Hand der Mutter. Er erkannte, was er verlangte, aber er wusste nicht, wie Severus damit umgehen würde. Er wurde sich seiner Angst bewusst, die Angst wieder allein zu sein, die Angst Severus zu verlieren, aber diese Angst kannte er noch nicht. Severus sah ihn traurig an, dennoch antwortete er. "Jeder Mensch ist ein Abgrund; es schwindelt einem, wenn man hinabsieht. Was ist, wenn ich bereits in diesen Abgrund gestürzt bin und nun nichts anderes mehr tun kann, als zu warten? Wie lange, glaubst du, ist für immer?" "Nur einen Seufzer lang auf Erden, aber eine Ewigkeit in meinem Herzen." Severus schüttelte müde den Kopf. "Es wird kein Morgen für uns geben." "Warum sagst du das?" "Weil ich es weiß." Remus wusste wie entgültig diese Worte waren, dennoch bäumte er sich gegen sie auf. "Du hast gesagt, dass du mich brauchst. Wie kannst du mir so etwas sagen und mich dann verlassen?" Remus' Stimme zitterte so heftig, dass er nicht weitersprechen konnte. "Vielleicht, weil ich schon immer bei dir war , aber du nicht bei mir." Remus kämpfte gegen ein Schluchzen. "Und wenn ich dich bitten würde, jetzt bei dir bleiben zu dürfen?" Severus blickte ihn lange schweigend an, dann antwortete er: "Bleib bei mir, wenn du kannst. Bleib bei mir, wenn du es wagst."

Remus blieb, oder war es vielmehr Severus, der ihn nicht verließ? Vielleicht wussten sie es beide nicht und vielleicht wollten sie es beide nicht wissen. Hoffnungslosigkeit, deine Stunde war gekommen. Die Wochen flogen dahin, schwebten wie graue Geier um sie herum, verkündeten nichts als Unheil und doch waren sie es, die diese zwei Menschen auf Ewig miteinander verband. Ohne es jemals auszusprechen, waren sie mehr füreinander geworden, als gut für sie war. Severus spürte das und zum ersten Mal in seinem Leben fühlte er, dass er Angst um einen anderen Menschen hatte. Angst, diesen in sein Verderben zu stürzen, Angst, diesen in seiner Nähe zu haben, Angst, diesen zu lieben. Er hatte geglaubt, dies sei all die Jahre über so gewesen, doch anders als in all diesen Jahren, fühlte er sich von Tag zu Tag unfähiger seine Gefühle vor der Welt zu verbergen. Sie waren kein Paar und würden vielleicht nie eines sein, dennoch waren sie Verwandte im Geist, Zwillinge in ihren Seelen und Eins in ihren Herzen. Und all das konnte den Tod für sie beide bedeuten, denn es gab keine Welt, die dies jemals zulassen würde.

Remus spürte die innere Aufruhr des anderen, mit dem er sich, selbst in dieser kurzen Zeit, inniger verbunden fühlte, als er es mit Sirius je für möglich gehalten hätte. Dieser Gedanke schmerzte ihn und verletzte ihn ebenso, wie seine Selbstvorwürfe. Er glaubte innerlich daran zu verbluten und nur der Anwesenheit Severus' war es zu verdanken, dass er immer noch lebte. Und manchmal, wenn er des Nachts wach lag und Severus' Atem lauschte, dann erkannte er, dass er nur für diesen Menschen neben ihm jeden Tag dem Ende ein weiteres Stück entgegenging.

Oftmals fragte Severus sich, warum noch nichts passiert war und im nächsten Moment wusste er, dass Dinge auf sie zukamen, denen sie nicht würden entkommen können. Doch offen in eine Schlacht zu ziehen wäre ihm lieber gewesen, als auf eine zu warten, von der man nicht einmal wusste, ob sie nicht schon entschieden war. In diesen Moment tiefer Resignation schien ihm nichts Halt bieten zu können und erst die Anwesenheit Remus' vermochte ihn zurückzuholen.

Der Sommer neigte sich dem Ende und mit ihm die Kräfte gegen Voldemort. Vielleicht wollte sich dies niemand eingestehen, Severus aber wusste es, denn er musste es mit ansehen. In den folgenden Wochen sahen er und Remus sich kaum, doch Remus versuchte Severus sooft es möglich war, zu sich zu bitten. Severus verlor nie auch nur ein Wort darüber, ob ihm dies nun gefiel oder nicht, doch er schlug Remus nie eine Bitte ab. Irgendwo begriff Severus, dass er versuchte sich von Remus zu verabschieden, doch noch konnte er dies nicht laut aussprechen.

Remus sah, wie Severus immer unruhiger und abgespannter wurde, so als warte er auf etwas, dem er nicht entkommen konnte. Dennoch wagte er es nicht Severus danach zu fragen. Vielleicht weil er mehr Angst davor hatte, was Severus' Antwort auch für ihn bedeuten könnte.

Sie saßen, wie so oft in letzter Zeit, schweigend vor dem warmen Kamin. Ein Außenstehender hätte vermuten können, dass sie einander nicht besonders mochten, wäre da nicht die Hand von Remus, die die von Severus streichelte. Doch der Moment der Ruhe zerbrach schlagartig, als Severus' Körper ein Zittern durchlief, er Remus seine Hand entzog und diese auf seinen linken Unterarm drückte. Remus sah Severus mitfühlend an und für einen Moment glaubte er so etwas wie Angst in dessen Augen zu sehen, doch dieser Ausdruck verschwand sofort. "Voldemort", stellte er fest und Severus nickte schwach. "Es wird sicher nicht lange dauern", versuchte er Remus zu beruhigen und dieser versuchte ihm zu glauben. "Warte nicht auf mich und geh schlafen, wir sehen uns morgen." Remus lächelte schwach und Severus hob kurz die Hand und streichelte ihm über die Wange. Ein weicher Ausdruck huschte über sein Gesicht, doch dann drehte er sich um und verließ rasch die Räume. Lupin sah ihm bestürzt nach, er wusste nicht wieso, aber er hatte das Gefühl, Severus habe sich soeben für immer von ihm verabschiedet.

The price of love

tut mir leid, dass es so ewig gedauert hat, hoffentlich bekomme ich keine drohungen wegen dem ende *sichunterdemtischversteck* Stella
 

Kapitel 16 - The price of love
 

I can't sleep tonight

Everybody saying everything's alright

Still I can't close my eyes

I'm seeing a tunnel at the end of all these lights

Sunny days

Where have you gone?

I get the strangest feeling you belong

Why does it always rain on me?

Is it because I lied when I was seventeen?

Why does it always rain on me?

Even when the sun is shining

I can't avoid the lightning

Oh, where did the blue skies go?

And why is it raining so?

It's so cold.
 

Eine schwarze Gestalt huschte über das Hogwartsgelände. Die Nacht war still und einsam und Severus stand reglos im Schutz ihrer Dunkelheit. Manchmal war die Dunkelheit das Einzige was ihm blieb, wenn sie ihn auch nicht liebte, suchte er doch immer wieder bei ihr Zuflucht und kein Ort gab ihm mehr Sicherheit, als der, an dem man sein Gesicht nicht sehen konnte. Und wenn er dann dasaß, die ganzen stundenlosen Stunden und Eins wurde mit der Dunkelheit, schien es nichts mehr zu geben zwischen ihm und der Ewigkeit.

Heute war er soweit, er würde Abschied nehmen, für immer. Er würde alles leugnen, was er einst geschworen hatte, würde alle verraten, die ihm vertrauten, würde den einzigen Menschen verletzen, den er liebte. Er war schon immer ein Lügner gewesen, niemand hätte daran etwas ändern können, nicht einmal Remus. Remus, immer wieder beherrschte er seine Gedanken, seine Liebe zu ihm war das Einzige, was ihn verletzte. Sie war gefährlich, weil er ihr nie entkommen konnte, wo immer er war, Remus schien in sein Herz eintätowiert. Doch heute würde vielleicht alles vorbei sein, jeder Atemzug brachte ihn dem Ende ein Stück näher. Er wartete bis der Mond unterging und die Nacht begann grau zu werden. Obwohl die Sonne aufgegangen sein musste, dämpften Wolken und Nebel ihr gleißendes Licht, wie hinter einem dunklen Vorhang, der sie vor der Weltbühne trennte.

Severus erreichte seine Gemächer, wohl wissend, dass Remus dort sein würde. Immer hatte er auf ihn gewartet, immer war er besorgt um ihn gewesen... Er versuchte diese Gedanken abzuschütteln. Nach dem heutigen Tag würde Remus ihn hassen, nie wieder würde er auf ihn warten, nie wieder würde er ihn lieben, und er wusste, nie wieder war eine lange Zeit. Ein Schmerz durchfuhr ihn und er war sich nicht einmal mehr sicher ob es ein körperlicher oder ein seelischer war. Ein letztes Mal regte sich Widerstand in ihm, noch lag alles in seiner Hand, aber dann fühlte er noch etwas anderes, Machtlosigkeit. Es gab keine Welt, in der er ihm entkommen konnte. Er würde ihn immer beherrschen. Und dann kamen die Stimmen zurück, umschmeichelten ihn, wie giftige Schlangen, drangen in sein Bewusstsein ein und raubten ihm jeden Willen.

Flashback
 

Er stand allein in der Dunkelheit der Nacht, Hass, wie er ihn nie gespürt hatte, durchströmte ihn. Er hatte nie geglaubt, dass er diesen Schritt würde gehen können, immer hatte er sich davor gescheut. Doch das war in einer anderen Welt gewesen, in einer alten Welt, in der es Liebe gab. Nur in der wirklichen Welt, hatte er sie niemals erfahren dürfen. Es gab keine Liebe, nur Macht und jene, die schwach waren. Auch er war schwach, doch das würde sich bald ändern. Der dunkle Lord hatte ihm endlich die Augen geöffnet und ihm ein neues Leben geschenkt. Die dunkle Gabe, die er immer in sich getragen hatte, sie war erwacht. Endlich würde er seinen Peinigern nicht mehr ausgeliefert sein, sie würden um Gnade flehen und er würde keine zeigen, wie auch sie es niemals getan hatten. Er sah weder das wissende Lächeln des dunklen Lords nicht und er dachte, die leise Stimme in seinem Kopf wäre die eigene.
 

Flashbackende
 

Er hörte Schreie und er wusste, es hatte begonnen. Seine Hände waren kalt und sein Herz? Es schlug, um ihn am Leben zu halten, denn zu mehr war es nicht fähig. Er stand reglos in der Eingangshalle und beobachtete das Geschehen, er war kein Teil von diesem, nur Betrachter. Er wollte umkehren, er kannte diesen Moment, er hatte ihn schon einmal erlebt. Er war keine Zwanzig gewesen und das kleine Mädchen hatte niemals seinen fünften Geburtstag erlebt. Das Bild ihrer leeren Augen, die ihn anstarrten, hatte sich in sein Gedächtnis eingebrannt. Er war mit ihr gestorben, in jener Nacht. Doch dann durchströmte ihn plötzlich ein alter Hass, den er bereits vergessen glaubte. Sein Wille, jemanden zu warnen, er vergaß ihn. Er wusste, was er tun musste, auch wenn er nicht mehr verstand, warum. Es war so einfach seine Gegner zu bewältigen, sie waren wie Glas für ihn. Er war dem dunklen Lord ein gelehriger Schüler gewesen, auch wenn er ihn in Legilimentik niemals hatte übertreffen können.

Er stand auf dem Astronomieturm, er spürte die Kälte nicht und er hörte kaum die Worte, die gesprochen wurden. Sein Kopf schmerzte, er verlor die Kontrolle über sich, wie schon so oft. In weiter Ferne hörte er seinen Namen, "Severus, bitte." Die Stimme flehte ihn an. Seine Erinnerungen kehrten erst zurück, als er mit Draco in vor einem alten Landhaus apparierte. Es war, als erwachte er aus einer Trance, in der ein anderer seinen Willen beherrscht und sein Handeln bestimmt hatte. "Du hast ihn wirklich getötet." Dracos Stimme klang erschöpft und entsetzt zugleich, auch wenn er es zu verbergen versuchte. Snape antwortete nicht. Übelkeit war in ihm aufgestiegen und in seinen Gedanken tauchte eine Erinnerung auf, so klar und deutlich, dass sie ihn traf, wie ein Peitschenhieb.
 

Flashback
 

Er erwachte aus einem Alptraum. Er hatte jemanden getötet, schon wieder, aber er konnte nicht weinen und dann war er endlich erwacht. Er war in Dumbledores Haus, er wusste es, obwohl er niemals zuvor dort gewesen war. Der alte Mann saß an seinem Bett und hielt seine Hand, als habe er nach ihr gegriffen, um ihn zu beruhigen. Und das hatte er auch, denn Severus war aufgewacht. Er konnte sich erinnern, dass er in Hogsmeade gewesen war, allein, wie immer. Er hatte getrunken, genug, um einen lang gehegten Plan endlich ausführen zu können. Er war immer vor seinem Leben weggerannt, aber es hatte ihn stets wieder eingeholt. Er war schwach, doch sich selbst zu töten hatte er nicht gewagt, jedenfalls nicht so lange er wach war. Nur wenn er träumte, war er bereit dazu. An diesem Abend war er, bedingt durch den Alkohol und unendliche Einsamkeit, endlich an diesem Punkt angelangt, an dem er keine Angst mehr hatte. Sie war verschwunden und er hatte endlich das Gift, welches er bereits vor Monaten entwickelt hatte, mit einem Glas Wein vermischt getrunken. Dann folgten Stunden der Dunkelheit, der Erinnerungslosigkeit, des Todes. Aber er war hier und Dumbledore war gewiss kein Geist und wenn er das nicht war, bedeutete dies auch, dass er am Leben war. Er hasste sich dafür und vielleicht hasste er auch Dumbledore. Dann kam ihm das Bild aus seinem Traum wieder in den Sinn, er blickte den alten Mann starr an. Er lebte, es war nur ein Traum, er hatte ihn nicht getötet, noch nicht. In dem Traum hatte er es getan, auch wenn er sich sicher war, dass es nicht sein eigener Wille gewesen war, der die Tat beging...
 

Flashbackende
 

"Er wollte, dass ich es tue." Kaum hatte er diese Wahrheit ausgesprochen wurde sein Verstand klarer. Der Einzige, vor dem Voldemort selbst auf dem Höhepunkt seiner Macht gefürchtet hatte, war Dumbledore gewesen. Der Einzige, der jahrelang in Dumbledores Nähe gewesen war und sein unerschütterliches Vertrauen genoss, war er selbst gewesen. Der Einzige, der je die Möglichkeit gehabt hätte, Dumbledore für Voldemort zu töten, war er. Voldemort wusste das, er hatte begonnen ihn in Legilimentik zu unterrichten, lange bevor er seine Macht verloren hatte, er hatte ihm den Auftrag erteilt, sich irgendwie in Dumbledores Nähe zu bringen und kurz nach seinem Fall hatte er die Stelle als Lehrer angetreten und war in Hogwarts geblieben. Doch etwas war eingetreten, was er nicht für möglich gehalten hatte. Er hatte aufgehört dem dunklen Lord zu dienen, in dem Moment, als Dumbledore ihm sein tiefes, ehrliches Vertrauen schenkte. Es war, als sei er für fünfzehn Jahre aus einem Alptraum erwacht, doch dann war der dunkle Lord zurückgekehrt und mit ihm die Stunden der Erinnerungslosigkeit, der Willenlosigkeit. Stunden, von denen er nicht mehr wusste, was geschehen war oder was er getan hatte. Manchmal hatte er sich im Traum daran erinnert oder waren es gar nicht seine Erinnerungen? Entsetzen ergriff ihn. Was, wenn Voldemort genau dasselbe getan hatte, wie bei Potter? In seinen Geist eingedrungen war, ihn beherrscht hatte, wie ein Marionettenspieler die Fäden seines Willens gezogen hatte? Ihm schwindelte und er bemerkte zunächst nicht, dass neben ihm weitere Todesser appariert waren. "Der dunkle Lord will dich sehen." Er zuckte zusammen, als er die Stimme von Bellatrice Lestrange unmittelbar neben ihm vernahm. Er sah sie mit leblosen, beinahe hilflosen Augen an. Sie lächelte kalt, so als feiere sie endlich ihren späten Triumph über ihn. "Sofort." Ihr Lächeln wurde breiter. Es war eine Falle, er wusste es, doch es war zu spät, er hatte bereits verloren.
 

Der dunkle Lord erwartete ihn allein, Severus spürte, dass er ihn nicht töten würde, noch nicht. Er vergaß seine Furcht, vielleicht weil sie ihn bereits gelähmt hatte. Voldemort lächelte ihn auf eine Weise an, die ihm verriet, dass all seine Vermutungen Realität waren. Es musste ein Leichtes für Voldemort gewesen sein, ihn glauben zu lassen, er handle aus freien Willen. Sein Geist, jung, unerfahren, voller Hass und vor allem Angst, war für Voldemort kindsgleich zu verführen gewesen. Voldemort lachte, nicht laut, nur in seinem Kopf. ,Wenn ich wüsste, was Mitleid ist, dann hättest du es verdient, Severus.' "Wenn du mir etwas zu sagen hast, Tom, dann sprich es laut aus." Severus wusste nicht, warum er dies tat, er verspürte weder Mut noch eine besondere Kraft, aber die Gewissheit, nichts mehr verlieren zu können, ließ ihn aussprechen, was er sonst niemals gewagt hätte. Denn wenn man nichts zu verlieren hat, hat man auch keine Angst mehr. "Gib dir keine Mühe, Giftmischer oder sollte ich dich Mörder nennen, denn das bist du doch." Wieder das Lachen in seinem Kopf. "Du bist ein Narr, es war so einfach sich deiner zu bedienen, so einfach, dass es fast schon erbärmlich zu nennen ist, Severus. Aber du warst mir eine wahre Bereicherung und ein weitaus folgsamerer Schüler, als ich erwartet hätte. Ich hätte zu gerne Dumbledores Gesicht gesehen, als er deinen Verrat erkannte."
 

Flashback
 

Der alte Mann saß über ein Buch gebeugt und schien vollkommen in Gedanken, sodass er die Gestalt, die den Raum betrat zunächst nicht bemerkte. Severus betrachtete ihn, versuchte zu begreifen, warum dieser Mann ihm vertraute, warum er ihn gerettet hatte. Plötzlich sah Dumbledore auf, seine blauen Augen hatten etwas durchschauendes, dennoch steckte hinter all seine Wachsamkeit eine für Severus bis dahin ungekannte Güte. "Hast du dich entschieden?" Severus nickte und es war ihm, als befreie ihn das von einer unendlichen Last. Dumbledore lächelte und reichte seinem neuen Lehrer für Zaubertränke die Hand. Einen Moment lang schreckte Severus vor dieser vertrauensvollen Geste zurück. "Wie können Sie einem Mörder die Hand geben?" Seine Stimme war so leise, doch Dumbledore verstand ihn, zog seine Hand jedoch nicht zurück. "Ich habe gelernt, nicht über die Dunkelheit zu klagen, sondern eine Kerze zu entzünden, Severus. Es ist nicht gut in der Vergangenheit zu leben, wenn du sie doch nicht ändern kannst. Die Zukunft aber liegt vor uns und ihr Schicksal in unseren Händen." Und endlich ergriff Severus seine Hand.
 

Flashbackende
 

"Ich habe Dumbledore niemals verraten." Wieder lachte Voldemort. "Du bist ganz der Diener eines Narren, Severus. Dumbledore hat es bis zu seinem Tod nicht erraten, dass ich es war der dich lenkte. Ich habe dich benutzt und all sein Vertrauen konnte ihn nicht vor dir schützen, denn ich war es, ich der dunkle Lord, der größte aller Zauberer, der Dumbledore schließlich mit seinen eigenen Waffen geschlagen hat." Er lächelte, wenn man das totenkopfartige Grinsen wirklich als ein Lächeln bezeichnen konnte. Severus spürte wie ihn die Hoffnungslosigkeit ergriff und mit sich zog, er war es leid geworden, zu spielen, zu warten. "Wirst du mich töten?" Voldemort lachte leise, wenn auch emotionslos. "Hat dir Dumbledore denn gar nichts beigebracht? Es gibt schlimmere Dinge, als den Tod. Für Menschen, die lieben, mag das zutreffen, aber das tust du nicht, Giftmischer. Du erinnerst dich noch an einen meiner letzten Aufträge." Er lächelte ein grausames, mitleidloses, zynisches Lächeln und Severus verstand. Er würde ihn nicht einfach töten, er würde ihn sein eigenes Gift verabreichen. Ein Gift ohne Gegengift, er hatte es nach den Vorstellungen des dunklen Lords selbst entwickelt. Ein Gift, das langsam wirkte und dem Vergifteten nichts als seine schlimmsten Ängste und Erinnerungen ließ, Erinnerungen an alle begangenen Fehler, Vergehen, Verbrechen, an alle Grausamkeiten des Lebens. Voldemort hatte das Gift nach dem Vorbild der Dementoren entworfen und es liebevoll den "Trank des jüngsten Gerichts" genannt. Voldemort, sosehr er sich auch bemühte, konnte die eigene Vergangenheit nicht verändern, sie haftete ihm an, hinterließ ihre unsichtbaren Spuren und hatte sich schließlich in diesem Trank unsterblich gemacht. Indem sie eine Urangst des Menschen, zu denen auch Voldemort einmal gezählt hatte, die Angst vor dem ewigen Fegefeuer und der unerträglichen Seelenqual zu ihrem Element des Todes auserwählte. "Verneige dich vor dem Tod, Giftmischer. Ein allerletztes Mal wirst du mir dienen, du wirst mit dem Gedanken sterben, dass ich es war, dem du stets gedient hast, wie ein Narr seinem König." Severus rührte sich nicht, den Schmerz ignorierend, zitternd blieb er aufrecht stehen. Dann traf ihn ein Schmerz, durchzuckte ihn, ließ ihn nach vorne fallen, gebrochen. Er kämpfte obwohl es nichts zu kämpfen gab. Nur unter größten Qualen schaffte er es den Kopf zu heben und seinem Peiniger in die Augen zu blicken. "Du magst mich zwingen, mich vor dir zu verneigen, doch beugen wirst du mich niemals." Dann verlor er für einige, erlösende Sekunden das Bewusstsein.

Als er erwachte, wusste er, dass er nicht tot war und er wusste auch, dass ihm noch Schlimmeres bevorstand. "Es ist wirklich ein Jammer, dass Dumbledore den Mut deines Wandels zum Guten nicht mehr erleben konnte, nicht war, Severus? Du wirst nicht winseln, nicht betteln, und dennoch werde ich am Ende über dich triumphieren, denn ebenso wie Dumbledore schlage ich dich mit deinen eigenen Waffen." Er grinste und reichte ihm ein mit schwarzrot schimmernder Flüssigkeit gefülltes Glas, so als wolle er mit Severus auf den Tod anstoßen. "Dann warst du Dumbledore am Ende wohl doch treuer als mir, doch was bedeutet Treue im Angesicht des Todes? Und nun - trink." Severus trank, im vollen Bewusstsein, seine eigene Vernichtung zu besiegeln und gleichzeitig war er vollkommen unfähig sich gegen diese zu wehren.
 

"Snape hat Dumbledore getötet." Harrys Worte durchdrangen seinen Geist wie scharfe Messerklingen. "Nein", stieß Remus hervor. Die Stimme versagte ihm. Eine eisige Stille legte sich über den Krankenflügel und das Schweigen um ihn war ohrenbetäubend. Ein Schmerz, wie er ihn bis dahin nie gespürt hatte, durchfuhr ihn und einen Moment glaubte er ohnmächtig zu werden. Severus hatte Dumbledore getötet, Severus war ein Verräter, Severus hatte ihn niemals geliebt. Niemals? Seine Gedanken schnitten immer tiefer in die Wunde, die er sich selbst zugefügt hatte. Er vertraute ihm blind, er liebte ihn, immer noch. Er versuchte ruhiger zu atmen, versuchte klar zu denken, doch nur ein einziger klarer Gedanke blieb vor seinem Geist stehen: "Er ist unschuldig." Der Gedanke war absurd, doch er konnte ihn nicht verdrängen. Er war ein Narr, dies auch nur zu denken. Harry hasste Snape, doch er würde diese Behauptung nicht einfach in den Raum stellen, schon gar nicht, wenn es um Dumbledore ging. Dumbledore. Er war tot. Daran zweifelte er nicht eine Sekunde. Severus. Er musste zu ihm. Er erhob sich so plötzlich, dass die anderen aus ihrer Trance aufschreckten. Er verließ den Krankenflügel, wortlos, denn es gab keine Worte mehr.
 

,Ich möchte ihn nur noch einmal sehen.' Dieser eine Gedanke ließ ihn schneller gehen, auch wenn er wusste, dass seine Kräfte bereits schwanden. Er hatte niemals gebetet, doch sein Herz flehte, denn er wusste selbst, dass ihm kaum noch Zeit blieb. Auch wenn er noch für einige Stunden leben würde, so würde er sie kaum noch bewusst wahrnehmen, gefangen in der Angst, würde er wie ein Wahnsinniger im Käfig seines eigenen Geistes umherirren, wo es nichts und niemanden gab, der ihm beistand.
 

Remus war sich kaum bewusst, dass er geradewegs in die Privaträume von Severus lief. Er glaubte nicht, ihn dort zu finden, doch er hielt keinen Moment inne. Er stand allein in der Dunkelheit und er spürte Severus' Anwesenheit, als wäre er gerade noch hier gewesen. Er machte Licht. Das Zimmer war leer. Sein Blick fiel auf die Uhr an der Wand, erst jetzt bemerkte er, dass sie stehen geblieben war, denn sie zeigte eine Zeit, die nicht mehr zurückkam. Es war, als hatte auch sie gewollt, dass all die Stunden, die sie zusammen gewesen waren, für immer bestehen blieben. Sie waren beide gefangen in einer Illusion gewesen, doch irgendwann war die Uhr weitergelaufen und jetzt war es zu spät. Er durchquerte den Raum und betrat Severus' Schlafzimmer. Das Bett war unberührt und er setzte sich vorsichtig auf den Rand, als habe er Angst etwas von der Unberührtheit zu zerstören. Dann fiel sein Blick auf den kleinen Schrank neben dem Bett. Severus hatte ihm einmal gesagt, dass dort das einzige Bild lag, dass Severus je von ihm besessen hatte. Er öffnete die Schublade. Sie war leer. Er wusste nicht warum, aber plötzlich wusste er, dass Severus hier gewesen sein musste. Es war nicht nur das Gefühl gewesen, er war hier gewesen, nur wenige Minuten vor ihm. Der Gedanke war so unsinnig, er wusste es, Severus konnte das Bild ebenso gut schon früher herausgenommen haben, vielleicht schon vor sehr langer Zeit, als er sie für immer verraten hatte. Er wusste nicht, warum, aber er zweifelte ebenso wenig an Severus' Liebe, wie an dem Tod Dumbledores. Liebe ist der Entschluss, an alles zu glauben und an allem zu zweifeln. Und Remus hatte sich entschlossen. ,Liebe mich dann, wenn ich es am wenigstens verdiene, denn dann brauche ich es am meisten.' Severus' Worte stürmten auf ihn ein, er hatte ihn immer vor sich selbst gewarnt. ,Liebe mich, wenn du kannst, liebe mich, wenn du es wagst.' Dann verließ er Severus' Räume. Er wusste, wo er ihn finden würde. Er hatte es immer gewusst.
 

Der Raum sah aus, als habe auch in ihm die Zeit still gestanden. Remus spürte die Wärme, die Stille. Er blickte zur Decke empor, das Gewölbe trug mehr als nur die Last der Steine, sie trug die Last der Erinnerungen und der Geheimnisse. Er wusste, dass sich Severus hier befinden musste, hier hatte alles begonnen und vielleicht würde hier alles enden. Seien Augen suchten die Dunkelheit ab, dann endlich nahmen sie einen Lichtschimmer wahr, so schwach, dass er wohlmöglich von einer Kerze stammte, die beinahe heruntergebrannt war. Er hatte bereits beim Eintreten die Anwesenheit von Severus gespürt, doch dieser schien ihn offenbar nicht bemerkt zu haben. Auch wenn Remus den Widerhall seiner eigenen Schritte als laut empfand, war er doch, abgesehen von seinem Atem, das einzige Geräusch. Er durchquerte den langen Raum, beinahe andächtig, so als befände er sich tatsächlich in einer Kirche. Der Lichtkegel wurde deutlicher, er erkannte die Umrisse einer Gestalt, die zusammengekauert vor einem Altar hockte. Den Altar hatte er bei keinem seiner Besuche je bemerkt, möglicherweise war er auch niemals da gewesen. Severus reagierte nicht auf ihn, als ob er schliefe und Remus wagte es nicht ihn anzusprechen. Dann spürte er etwas anderes, der andere schlief nicht, aber er war merkwürdig schwach. Erst als Remus unmittelbar vor ihm stand, hob Severus den Kopf. Seine Augen hatten niemals schmerzvoller geblickt, fast war es, als widerspiegelten sie Schmerz der ganzen Welt. Dies waren nicht die Augen eines Mörders, es waren die einer geschundenen Seele und Remus konnte nichts anderes tun, als zu denken, wie sehr er ihn liebte. "Du hättest nicht herkommen sollen." Severus' Stimme war ein zerbrechliches Flüstern. "Das hast du mir schon so oft gesagt, und du weißt, ich kann nicht anders." "Was willst du hören? Dass es nicht wahr ist, das ich kein Verräter bin, kein Mörder? Ich kann und ich werde es nicht leugnen. Ich habe ihn getötet, du hast dich in mir geirrt, ich bin ein Verräter." Er blickte Remus in die Augen, mit den Tränen kämpfend, weil er glaubte, sein Herz müsse zerspringen. Er suchte in den braunen Augen nach der Liebe, nach Hoffnung, nach Absolution. Dann schüttelte Remus den Kopf. "Ich glaube dir nicht." Severus schloss resigniert die Augen. "Bitte sieh mich an." Er öffnete die Augen, verlor sich in denen des anderen. "Sag mir, dass du mich nicht liebst, sag es und ich glaube dir, das alles, was du eben gesagt hast, der Wahrheit entspricht." "Das kann ich nicht, ich liebe dich, das ist alles was ich sagen kann und alles, was ich weiß." Remus seufzte. "Wie konnte das passieren?" "Wie kannst du daran zweifeln?" "Es ist nur ein Gefühl, du hättest ihn niemals töten können." "Und doch habe ich es getan." "Wie?" "Ich erinnere mich nicht." Remus starrte ihn an, verblüfft, entsetzt und doch mitfühlend. "Ich kann nicht leugnen, dass ich ihn getötet habe, doch ich habe es nicht gewollt. Ich bin ein Narr gewesen, Remus." Die Stimme versagte ihm, Schmerz durchfuhr ihn, so tief, dass er glaubte keine Luft mehr zu bekommen. "Was hast du?" "Nichts." Wieder konnte er vor Schmerz nicht sprechen. Erinnerungen, längst vergessen, stürmten auf ihn ein. Sein Vater stand über ihn gebeugt, drohend, erbarmungslos - dann verschwand das Bild und Severus gelangte zurück in die Gegenwart. Remus kniete neben ihn, hielt ihn umklammert, Severus spürte seine Angst. "Severus, was passiert mit dir?" "Er hat mich vergiftet." Er presste diese Worte mühsam hervor. "Voldemort? Aber wie konnte er das?" Severus versuchte regelmäßig zu atmen. "Legilimens." Er flüsterte nur, doch Remus hatte ihn verstanden. "Aber du beherrschst Okklumentik..." "Ich sagte doch, ich war ein Narr." Remus brauchte einen Moment um zu realisieren, was Severus ihm zu sagen versuchte. Bevor er etwas sagen konnte, hatte sich Severus soweit erholt, das er wieder sprechen konnte. "Er hat mich beherrscht, all die Jahre, er hat mich glauben lassen, ich sei stark genug, doch das war ich niemals. Es gibt Stunden von denen ich keine Erinnerung habe, es gibt Handlungen, von denen ich nicht wusste, dass ich sie begangen hatte. Ich habe gehandelt, doch mit seinem Geist und seinem Willen. Ich war nur eine Marionette in seinen Händen, doch ich habe es erst begriffen, nachdem ich Dumbledore getötet hatte. Er hat über mich und letztlich über Dumbledore triumphiert." Seine Stimme erstarb. Er schloss die Augen, als ihn erneut der Schmerz der Erinnerung durchfuhr. Sein Leben zerbarst vor ihm, wie ein Spiegel und in jeder Scherbe spiegelte sich ein anderes Bild seiner Vergangenheit. Er sah in die Gesichter derer, die er betrogen hatte, die er getötet hatte, sie klagten ihn an und verdammten ihn. Und dann, in die Schreie ihrer Verhöhnungen hinein, erklang eine einzelne Stimme. Sie nannte seinen Namen, leise, ohne Hass, ohne Anklage. Sie wiederholte immer wieder seinen Namen und er erwachte. Remus hielt ihn in den Armen, er weinte und flüsterte immerfort seinen Namen. "Mein Engel." Seine eigene Stimme war nur noch ein Flüstern, doch Remus zuckte zusammen. "Was passiert mit dir?" "Ich sterbe." "Nein." Remus' Stimme war nur ein ersticktes Schluchzen. "Ich fürchte den Tod nicht, ich sehne ihn herbei." Remus schüttelte stumm den Kopf und hielt ihn noch dichter an sich gepresst, so als könne er ihn dann niemals verlieren. In der warmen Stille verstrichen die Minuten, immer wieder versank Severus im Schmerz seiner Ängste, erwachte wieder und fiel erneut in endlose Tiefen.

Wieder erwachte er, Remus war immer noch bei ihm, er weinte nicht mehr. "Es gibt kein Gegengift, oder?" Remus' Stimme klang gebrochen. "Nein." "Aber irgendetwas muss ich doch tun können." "Dann bleib bei mir." "Für immer", flüsterte Remus. Und in diesem Moment waren sie unsterblich. Es gab keine Welt und kein Morgen, nur sie beide und ihre Ewigkeit. Es gab keine Zeit und keine Wirklichkeit, es gab nur sie beide und ihre Liebe.

Severus erwachte ein letztes Mal, er wusste es, der Schmerz war zu groß und die Zeit war zu kurz. Er blickte Remus an, verlor sich in seinen Augen und dann lächelte er. Remus beugte sich zu ihm, küsste ihn, ein allerletztes Mal und sie wussten es beide. "Es ist Zeit." "Nein." Wieder lächelte er. "Ich gehe in die Hölle, mein Engel, ohne dich, aber mit stolz erhobenem Haupt. Du hättest mich nicht retten können, ich war schon immer verloren, aber ich bereue nichts, denn ich habe dich geliebt. Es gibt nichts mehr zwischen mir und dem Schatten, ich sehe ihn vor mir, mit wachen Augen." Er spürte, wie sich sein Blick trübte. Die Dunkelheit um ihn wurde immer dichter, doch noch konnte er die Augen des anderen sehen. "Warum hast du nur so schöne Augen?" "Damit du mich das jetzt fragen kannst." "Hast du Schmerzen?" "Nein. Es ist nur dunkel, so wie es immer dunkel war, lass mich gehen, es ist Zeit." "Ich kann nicht." "Du kannst, mein Engel, weine nicht um mich. Die Hölle war mir vorbestimmt, dafür war all die Zeit mit dir mein Paradies. Ich kann dein Gesicht nicht mehr sehen, lächelst du?" "Ja." "Und doch weinst du, ich höre es. Weine nicht um mich, dein Gesicht ist viel zu schön, um es hinter Tränen zu verstecken." "Ich liebe dich." "Ich habe dich immer geliebt, vom ersten Moment an, vergiss das nicht." "Ich werde es nie vergessen." "Remus..." Die Stimme brach, ein letztes Mal spürte Remus, wie Severus seine Hand leicht drückte und dann herrschte Stille. Remus weinte, leise und stumm. "Wie kannst du in der Hölle sein, wenn du in meinem Herzen bist?"

Er wusste nicht, wie viel Zeit vergangen war, die Zeit in diesem Raum hatte immer still gestanden, doch nun war sie abgelaufen. Er bettete Severus auf den Altar und küsste seine Stirn, die noch warm war. Er lag da, wie ein Schlafender, still, friedlich. Die Kerze, die mit ihrem schwachen Licht die Szenerie erhellt hatte, erlosch, wie durch einen kalten Windhauch. Remus stand reglos in der Stille. Ein letztes Mal ergriff er Severus' Hand. Durch eines der hohen Kirchenfenster fiel das erste graue Licht des Morgens und Remus sah, dass es zu regnen begonnen hatte.
 

The End
 

Ich will nie wieder weinen, wenn nicht du es bist, der mich tröstet.

Ich will nie wieder sehen, wenn nicht du es bist, den ich erblicke.

Ich will nie wieder beten, wenn nicht du es bist, der mich erhört.

Ich will nie wieder leben, wenn du es bist, der stirbt.



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Kommentare zu dieser Fanfic (47)
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Von:  Rose-de-Noire
2007-12-17T00:17:46+00:00 17.12.2007 01:17
Die Geschichte ist toll. Gefühlvoll und traurig...da hätte kein Happyend rein gepasst...
Von:  EulenSchlumpf
2007-03-15T23:53:27+00:00 16.03.2007 00:53
Es war eine traurig und zu gleich wunderbare Geschichte.
Ich habe eigentlich etwas gegen eine neue Liebe nach dem Tod aber du hast es so gut geschrieben, hast ihnen Zeit gegeben, das ich sie jederzeit wieedr lesen und leben würde.
Ich habe mir von anfang an gedacht das es kein Happyend gibt, aber was soll man auch von einem Paar erwarten, wovon einer ein Todesser und Spion ist. Aber die Geschichte ist wundervoll geschrieben

Baba Nessa
Von:  Acraea
2006-07-21T10:03:05+00:00 21.07.2006 12:03
Manno, jetzt hätte ich fast vollkommenm vergessen dir etwas zu schreiben. Okayy, besser Später als nie heißt es ja aber das ist ja hier schon etwas zu spät.

Außerdem war ich sauer. Sauer- weil ich fast geheult hab und du Sev sterben lassen hast.

Nein, deine Geschi war echt gut auch der Schluss, wenn man es genau nimmt. Nur war ich so unendlich traurig und das hat mir gar nicht gefallen. *snüff*

Na ja, paar Stunden bevor ich wieder kein I-net habe, denke ich daran die einen Kommi zu geben, mein Gott ich bin blöd. Na ja.

Ich hoffe deine FFs enden nicht alle so, sonst bin ich irgendwann ein heulendes Wrack.
Von:  James_Moriarty
2006-06-25T14:26:00+00:00 25.06.2006 16:26
Boa, ich heul hier gleich *snif*
Das Ende war super geschrieben, das letzte Gespräch zwischen den beiden war so...wow, da war soooo viel Gefühl, ich hab richtig Gänshaut bekommen....
Armer Remus er verliert alle die er liebt....aber hat er Sirius wirklich jemals geliebt?! Geliebt vielleicht aber nicht so wir Severus.....ich weiß es nicht...

Wenn du wieder was neues von HP chreibst, könntest du mir bescheid sagen?!
Das wär super lieb von dir!
LG Ichigo
Von: abgemeldet
2006-04-30T12:34:30+00:00 30.04.2006 14:34
...
warum? warum hast du dich nur an das ende im buch gehalten? wieso nur musste remus auch noch severus verlieren...
ich sitz hier echt und kämpf mit den tränen- aber es ist ein gutes ende. es passt zu der story, die ja noch nie wirklich glücklich war...armer remus, severus und böser voldi -.-
ich hab deine story fast vergessen, aber dann hab ich sie wieder gefunden und mich gefragt, wie weit du wohl bist. und da hast du sie klammheimlich beendet...*schniff*
aber schön fand ich, wie sev gestorben ist...

~
ich weiß nicht wann die tage enden
und wann die nacht beginnt
welches jahr wir schreiben
oder wie schnell die zeit verrinnt...

im dunkeln, stumm allein...
warum kann ich nicht sondern nur der tod deine letzte liebe sein?
ich würde alles für dich tun
bitte lass mich nicht allein
ohne dich kann ich nicht leben
ohne dich kann ich nicht sein...~
l´ame immortel
(hab ich gehört, als ich des kappi gelesen hab)
ps: du kannst unbeschreiblich gut gefühle beschreiben
Von:  Earendil
2006-03-20T10:20:05+00:00 20.03.2006 11:20
Heul, Schnüff
Ich muß erst mal die Taschentücher wieder einpacken, das war so traurig. Wenigstens hat Remus an das Gute in Severus geglaubt und er war bei ihm als er gestorben ist.
Das war ein schönes Kapitel, aber ein sehr trauriges Ende für diese Geschichte.
Vielen Dank für die Mitteilung, ich hätte es sonst nicht mitbekommen.
Viele Grüße Earendil
und schreib weiter Geschichten, du kanst das echt gut.
Von:  Anducar
2005-09-27T00:51:45+00:00 27.09.2005 02:51
Uaaaaah *schauder*! Wie geht's weiter? Diese Geschichte ist richtig supermegageil!
Ganz ehrlich: Zuerst war ich ja ein wenig skeptisch wegen des Pairings, aber ich muss gestehen, dass ich von dieser Geschichte fasziniert bin. Die beiden tun mir ja so leid. Ich leide und quäle mich mit ihnen *schnief*lechz*schluchz*schmacht*heul*!
Wann schreibst du weier? Sagst du mir bitte Bescheid, wenn das nächste Kapi fertig ist?

Bussi, Anducar
Von:  Leia_de_Flourite
2005-09-08T12:53:30+00:00 08.09.2005 14:53
Gott, ist dieses Kapitel geil!!! Ich war nur am Schmachten, Seufzen, Quietschen und trauern. Frag nicht, wie komisch mich meine Freundinnen dabei angesehen haben...
Gnadenlos gelungen, wirklich!
Schreib bitte schnell weiter, ich hab schon 60% von Harry Potter Band 6 gelesen.
Von:  Uchan382
2005-09-06T16:13:39+00:00 06.09.2005 18:13
die FF gefällt mir ^-^
obwohl...armer remi ;.;° und armer sev U.U *beide tröst*
Aber dein screibstil gefällt mir ^-^
schade nur, dass ich ein Kapi net lesen kann *helkraumpf*
schickst du mir bitte eine Ens, wenn es weiter geht *0* *fleh*
Ja ne
ka-chan o^o^o
Von:  Uchan382
2005-09-06T13:52:31+00:00 06.09.2005 15:52
armer remi *schnüff*
Aber toller schreibstil ^-^d

Ja ne
ka-chan o^o^o


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