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Unsterblichkeit

von

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Was diese Kurzgeschichte für einen Sinn hat, müsst ihr euch selber denken (der Autor muss ja nicht immer alles verraten), jedenfalls hoffe ich, das sie euch gefällt.
 

Unsterblichkeit
 

Pluto rannte und rannte.

Es war nicht so, dass sie verfolgt wurde, nein, sie war ausgerissen.

Kleine Zweige und Äste schlugen ihr ins Gesicht und zerkratzten ihre dunkle Haut. Kaum darauf achtend lief sie weiter durch diesen unwegsamen Wald. Sie hoffte inständig, keiner würde ihr folgen. Sie wollte nie wieder zurück, nicht für diesen Preis.

Sie stolperte plötzlich über einen moosüberwachsenden Stein. Schnell rappelte sie sich auf, eine kleine Schramme hatte sie sich am Knie zugezogen, nichts ernsthaftes. Sie lief weiter.

Die Sonne brach von der Seite durchs Blätterdach und blendete sie durch das immerwährende Aufleuchten. Pluto hielt ihre Hand dagegen. Es war eine kleine Linderung.

Immer noch rannte sie. Wohin wusste sie nicht, wo sollte sie denn auch hin? Nach Hause wollte sie nicht, dort würde man sie eh bestrafen für ihr unwürdiges Verhalten. Ihr Lieblingsort, der alte Baum kam auch nicht in Frage, der war bekannt. Und sonst kannte sie keinen Ort, an den sie gehen könnte, deshalb lief sie immer weiter, ohne Ziel.

Ihr Zeitgefühl hatte sie schon vor einer Ewigkeit verloren. Grotesk war das.

Und dann gelangte sie auf eine kleine Lichtung und hielt an. Sie stockte vor Staunen.

Die Lichtung war fast kreisrund und wurde von einem Kreis aus Trauerweiden umschlossen. Am Boden wuchsen kleine, glitzernde Blumen in allen Farben des Regenbogens. Ein kleines Rinnsal floss an ihrer rechten Seite, die Quelle war wenige Meter vor ihr. Doch nicht die Lichtung war es, die ihr die Sprache verschlag, sondern das Wesen, das vor ihr stand.

Mit blauen, klaren Augen sah es sie an.

Es war ein Einhorn.

Pluto wäre beinahe auf die Knie gefallen. Vor so einem Wesen musste man einfach ehrfürchtig sein. Nicht mal die Königin hatte eine solche Autorität und Erhabenheit, wie dieses Einhorn.

Der Blick des Einhorns lag immer noch auf ihr und Pluto konnte nicht wegsehen.

"Du erkennst mich?", fragte das Einhorn.

Pluto antwortete: "Ja."

"Was machst du hier, kleines Mädchen?"

"Ich ... ich bin weggelaufen", entgegnete Pluto, dabei entspannte sie sich etwas. "Du darfst mich nicht wegschicken, bitte! Ich will nicht zurück!", flehte sie.

Das Einhorn kam langsam auf Pluto zu. "Ich werde dich nicht wegschicken."

Pluto freute sich und hob ihre kleine Hand um das Einhorn zu streicheln. Es lies es zu und senkte sich sogar noch ein bisschen, damit sich Pluto nicht auf die Zehenspitzen stellen musste.

"Darf ich hier bleiben?", fragte Pluto nach einer Weile stummen Beisammenseins.

Der Kopf des Einhorns hob sich wieder. Pluto lies ihre Hand enttäuscht fallen. "Nein. Diesen Wunsch kann ich dir nicht gewähren."

"Warum nicht?"

Das Einhorn antwortete nicht gleich. "Sage mir, warum bist du weggelaufen?", forderte es stattdessen zu wissen.

Eine kleine Träne stahl sich in Plutos Augenwinkel.

"Sie wollen mich einsperren, ich werde nie wieder frei sein. Immerzu soll ich die Zeit bewachen, nie Zeit für mich haben. Das Will Ich Nicht!" Ihre kleine Stimme wurde bei diesem Geständnis immer lauter bis sie am Ende schrie. Sie fing an zu weinen.

"Die Zeit bewachen? Wie soll ein kleines Kind die Zeit bewachen? Die Zeit ist unsterblich, sie ist nichts, was die sterblichen Menschen bewachen können", wunderte sich das Einhorn.

"Ich bin nicht sterblich, sagen sie", schluchzte Pluto.

"Nicht?" Das Einhorn trat wieder einen Schritt auf Pluto zu. "Du bist ungewöhnlich, das spüre ich, aber trotzdem sterblich, glaube mir."

Pluto sah auf, ihr kleines Gesicht ganz rot.

"Die Zeit wird nie enden, kleines Mädchen. Sie ist so unsterblich wie ich. Sie kann sich verändern, aber sie wird immer bleiben. Ich merke, dass du die Zeit besser kennst als ich. Warum verschließt du dich dann vor ihr?"

"Sie macht mir Angst, sie ist so weit und groß, und ich bin nur ein kleines Kind", erklärte Pluto leise. "Ich fühle, wie stark sie ist und wie mächtig. Ich fühle es in mir."

"Du tust mir leid, kleines Mädchen", sagte das Einhorn.

Es neigte sein Horn herunter bis die Spitze Plutos Stirn berührte. Ein kleiner Schlag durchfuhr sie, mehr nicht.

Das Einhorn beugte sich wieder auf. "Ich werde jetzt gehen." Damit verschwand es hinter den Trauerweiden.

Pluto fühlte sich plötzlich nicht mehr klein, wo sie vorher noch eine große kalte Weite gespürt hatte, erstreckte sich nun eine Wärme. Sie wusste, dass sie keine Angst mehr haben brauchte. Die Zeit war etwas Eigenständiges und lies sich nicht einfach so unterordnen, wie sie wollten. Nein, sie brauchte sie nur beschützen, das war alles...
 

Ende
 

Ja, Pluto ist ein kleines Mädchen, ungefähr so alt wie Chibiusa, als diese das erstemal in die Vergangenheit reist. Mehr sage ich ihm Nachwort nicht.



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Kommentare zu diesem Kapitel (1)

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Von: abgemeldet
2002-08-02T15:04:49+00:00 02.08.2002 17:04
Man merkt, dass Pluto dein Lieblingschara ist. Diese rebellische Note passt gut, wenn man bedenkt, was für eine Verantwortung sie zu tragen hat.
Das Einhorn ist eine süße Idee, hast du nicht schon mal irgendwas mit einem Fabelwesen geschrieben (Drache?).
Wie bist du auf das Ende gekommen, dass die Zeit beschützt werden muss? (wünschte MICH würde jemand davor beschützen)
Ciao,
Cynic


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