Die Kehrseite der Medaillie oder Ein fast perfekter Trank
14.Kapitel
Den Gang entlang laufend, welcher vom Krankenflügel Richtung Kerker führte,
schalt sich Snape einen Narren.
Was war nur in ihn gefahren?
Warum hatte er Black geholfen?
Dieses Helfersyndrom, was immer in der Nähe des Gryffindors auftrat, musste er
dringend und umgehend loswerden.
Nur wie?
Aber darüber konnte er sich auch noch später den Kopf zerbrechen.
Endlich in seinem Büro angekommen überprüfte der Slytherin den Trank.
"Nur noch wenige Minuten und er ist fertig.", stellte der Tränkemeister mit
einem geübten Blick auf den Kessel fest.
Nun musste er diesen nur noch überprüfen und davor graute es Snape ein wenig.
Er hatte den Trank so entworfen, dass dieser nur auf Personen mit dem dunklen
Mal anwendbar war. Und die logische Konsequenz bedeutete, den Trank an einer
Solchen zu testen und dafür kam hier in Hogwarts nur er selbst in Frage.
Der Tränkemeister verabscheute solche Sachen zutiefst, aber er konnte
unmöglich mit einem Trank aufwarten, dessen Wirkung nicht bewiesen war.
Deshalb blieb ihm keine andere Möglichkeit als den Trank an sich selbst zu
testen.
Er nahm den Kessel vom schon fast erloschenen Feuer und füllte den Inhalt in
kleine Phiolen ab. Wenn der Slytherin die Wirkung erst erprobt hatte und
wusste wie der Trank in der Praxis funktionierte konnte er das Volumen in den
einzelnen Phiolen immer noch variieren.
"Na dann also los.", sagte Snape laut, um seine Entscheidung unwiderruflich in
die Tat umzusetzen als es unverhofft an der Tür klopfte.
Erleichtert über den sich bietenden Aufschub stellte der Tränkemeister die
Phiolen beiseite und öffnete die Tür.
Dumbledore stand davor, doch der Slytherin machte keinerlei Anstalten, den
Schuldirektor hineinzulassen, weshalb dieser sich selbst Einlass gewährte und
an Snape vorbei in dessen Büro ging. Nachdem er sich auf einen Sessel
gegenüber dem Schreibtisch des Tränkemeisters gesetzt hatte, begann Dumbledore
wie folgt. "Ich werde gleich zur Sache kommen, Severus. Da du wie ich gerade
sehe mit dem Bereiten des Trankes große Fortschritte machst."
Missmutig schloss der Slytherin die Tür und setzte sich hinter seinen
Schreibtisch.
"Wie ich bereits heute Morgen erwähnte war ich im Zauberministerium und habe
mich dort mit dem Minister besprochen. Glücklicherweise ist der neue Minister
etwas aufgeschlossener als Mr. Fudge..."
Innerlich mit den Augen rollend, fragte sich Snape wieso es dem Schulleiter
nur unmöglich war etwas konkret auf den Punkt zu kommen ohne davor über
irgendwelche Belanglosigkeiten zu faseln.
Vor genau zwei Wochen erfolgte die Absetzung von Fudge aus dem Amt. Dies wurde
durch die Kammer des Zauberministeriums entschieden und Fudge unverzüglich
entlassen. Man warf ihm vor allem seine Inkompetenz in Bezug auf die Erkennung
und Beseitigung von gefährlichen Situationen die Zauberwelt betreffend -
sprich Voldemort - vor.
Ein neuer Minister war schnell gefunden, obwohl dieses Prozedere normalerweise
sehr langwierig war. Doch in Zeiten drohender Gefahr konnte selbst der sonst
so träge Staatsapparat schneller als üblich reagieren.
Der neue Minister stammte aus einer Ärztefamilie und war weitaus innovativer
als der Exminister. Über dies hinaus hatte dieser die Sicherheitsvorkehrungen
in Askaban verschärft und die Dementoren wieder in den Griff bekommen. Aus
dieser Richtung drohte also im Moment keine Gefahr.
Doch der Tränkemeister wusste, dass es nur eine Frage der Zeit war bis der
dunkle Lord seine nächsten Schritte geplant und anschließend ausführen würde.
Sich dem Gespräch wieder zuwendend oder eher dem Monolog Dumbledores, endete
dieser mit den Worten.
"...und deshalb brauchen nur noch Harry Potter, Ron Weasley und Hermine Granger
ihre Aussagen zu machen und Sirius Black ist ein freier Mann.", sagte der
Schulleiter gut gelaunt über seinen Erfolg beim Ministerium.
Dem Slytherin hatte es bei diesen Worten die Sprache verschlagen. Black hatte
mehr Glück als Verstand. Eine Neuaufnahme eines alten Verfahrens war so
wahrscheinlich wie...wie einem Quintaped zu begegnen, dachte der Tränkemeister
grimmig.
Aber diese Sache ging ihn nun wirklich nichts mehr an. Wie Potter, Weasley und
diese besserwisserische Granger ihre Aussagen zu Protokoll bringen würden war
Dumbledores Angelegenheit.
Schließlich hatte er immer noch Black als Problem ganz oben an der Spitze
seiner Liste.
Der Schulleiter von Hogwarts erzählte noch etwas über ein Zusammentreffen der
drei Gryffindor, Stillschweigen über Blacks Rückkehr und dessen Genesung, doch
Snape hörte nicht mehr richtig zu.
Nach einer Stunde verlies Dumbledore das Büro des Tränkemeisters und dieser
schloss erfreut über die eingetretene Ruhe die Tür hinter diesem.
Es war inzwischen sehr spät geworden und der Slytherin beschloss den Trank
erst am nächsten Tag zu testen.
Am nächsten Morgen, die Sonne war noch nicht richtig aufgegangen, wachte
Sirius auf. Er hatte einen verrückten Traum gehabt, in dem mehrere Dementoren
hinter ihm her waren. Sie hatten ihn schließlich eingekreist und einer der
Dementoren wollte ihm die Seele rauben. Als dieser sich zu ihm herunter beugte
verlor er seine Kapuze und Severus Snape schaute darunter hervor, welcher
versuchte ihn zu küssen.
Das Gefühl, welches Sirius dabei gehabt hatte, lies ihn schaudern. Ein
angenehmes Kribbeln war beim Anblick von Snape durch seinen Körper geströmt.
Er musste hier raus und etwas frische Luft schnappen, anscheinend legte sich
das untätige Herumliegen in der Krankenstation allmählich auf seinen Verstand.
Vorsichtig setzte sich der Animagus im Bett auf und war erstaunt darüber, dass
er nur noch ein schwaches Ziehen im Rücken verspürte.
Die Tränke des Slytherin hatten, wie immer, perfekt funktioniert. In dieser
Beziehung konnte keiner dem Tränkemeister das Wasser reichen. Das war auch
schon zur Schulzeit so gewesen, erinnerte sich der Gryffindor.
Schließlich stand der Animagus gänzlich auf, ohne dabei den unbändig
stechenden Schmerz vom Vortag zu spüren. Seinen Umhang umlegend verlies er die
Krankenstation so schnell wie es ihm in seinem Zustand möglich war.
Nach einigen Minuten erreichte er den Gang, der zum Innenhof des Schlosses
führte. Die Sonne stand bereits über dem verbotenen Wald nur noch ein
schwacher Hauch von Orange, in dem sonst azurblauen Himmel, kündete noch vom
vorangegangenen Sonnenaufgang.
Sirius setzte sich auf eine Bank und genoss die frische sommerliche Luft. Er
hatte sich schon lange nicht mehr so befreit gefühlt. Er fühlte sich in der
Zeit im Grimmauldplace wie ein Gefangener und immer auf der Hut zu sein
behagte ihm gar nicht.
Hier in Hogwarts war dieses beklemmende Gefühl gefangen zu sein nicht ganz so
dominant wie im ehemaligen Hauptquartier des Phönixordens.
Aber früher oder später musste er sich wieder verstecken...ein unerträglicher
Gedanke fand Sirius und lauschte noch ein wenig dem Rauschen des Windes und
dem Gesang der Vögel.
Bereits in den frühen Morgenstunden war Snape aufgestanden. Er hatte in der
Nacht kein Auge zubekommen, zu viele Dinge gingen ihm durch den Kopf.
Eines davon war der bevorstehende Test seines Trankes, welchen er umgehend
durchführen wollte.
Dazu nahm er eine der abgefüllten Phiolen und verlies sein Büro Richtung
Kellerräume. Bei dem neuentwickelten Trank handelte es sich um eine
Kombination mit einem Explosionszauber. Um diese auszulösen, musste der
Tränkemeister die Phiole mit dem Trank nur auf den Boden werfen. Die
Kellerräume waren für eine kräftige Explosion perfekt geeignet und durch die
dicken Wände würde niemand diese bemerken. Außerdem wollte der Slytherin nicht
gleich sein ganzes Büro in die Luft jagen, was er gestern beinahe getan hätte.
Black brachte ihn einfach immer dazu unüberlegte Dinge zu tun und der
Tränkemeister hasste es die Kontrolle über eine Situation zu verlieren.
Doch diesmal hatte er vorgesorgt und alle eventuell benötigten Tränke
mitgenommen und vorsichtig in seinem Umhang verstaut.
Als er an der Tür zum Keller angelangt war, ging Snape die Wirkung des Trankes
noch mal in Gedanken durch.
Die Phiole würde also auf dem Boden zerspringen, eine Explosion freisetzen und
der anschließend auftretende Rauch würde alle Todesser in der Umgebung
schwächen und bewegungsunfähig machen. Aber dafür hatte er z.B. den
Stärkungstrank mitgenommen.
Noch einmal tiefeinatmend öffnete der Slytherin die Tür, trat ein und
verschloss diese wieder hinter sich.
Mit einem beherzten Schwung warf er die Phiole auf den Boden, worauf dies
zersprang. Sie explodierte in einem gleißenden Lichtblitz, der so grell war,
dass der Tränkemeister seine Augen schützen musste. Darauf folgend
entwickelte sich dichter Rauch aus der am Boden verteilten Flüssigkeit und im
Bruchteil einer Sekunde füllte dieser den gesamten Raum aus. Als dieser Snape
erreichte verlor dieser fast das Bewusstsein und das Mal des dunklen Lords
begann fürchterlich zu brennen. Der Slytherin fühlte sich sehr schwach und
bekam kaum Luft durch den dichten Qualm. Nachdem er seinen mitgebrachten
Stärkungstrank eingenommen hatte, tastete der Tränkemeister sich vorsichtig an
der Wand des Raumes entlang, auf der Suche nach dem Ausgang.
Der Trank war ein voller Erfolg gewesen und als Snape die Tür gefunden hatte,
öffnete er dieser mit einem befriedigenden Gefühl des Erfolges, auch wenn er
sich noch ein wenig benommen fühlte.
Der Rauch drang nach draußen und verflüchtigte sich innerhalb weniger
Augenblicke in den Fluren.
Das Hochgefühl des Slytherins verschwand auf der Stelle. Normalerweise hätte
der Kellergang schwach beleuchtet sein müssen, doch jetzt empfing ihn nur
vollkommene Dunkelheit.
Der Tränkemeister hatte eine böse Vorahnung gehabt, welche nun zur Gewissheit
wurde.
Der Lichtblitz war zu hell gewesen und er hatte seine Augen nicht mehr schnell
genug bedecken können.
Das war die Konsequenz.
Vorsichtig die Tür von außen schließend, lief er tastend den Gang entlang.
Glücklicherweise befanden sich kaum Lehrer oder andere Bewohner Hogwarts zu
dieser frühen Stunde in den Kellern und so gelangte Snape unbehelligt zu
seinem Büro. Der Weg war nicht weiter schwierig und er kannte sich in diesem
Teil Hogwarts perfekt aus, nur die Entfernungen abzuschätzen erwies sich als
problematisch. Da sich der Tränkemeister in dieser Hinsicht immer auf seine
Augen verlassen hatte.
Für die Strecke vom Keller bis zum Büro hätte er normalerweise nicht mehr als
10 Minuten benötigt, aber so blind durch die Gänge stolpernd kam es dem
Slytherin wie eine Ewigkeit vor.
Endlich in seinem Büro, setzte sich Snape auf den Sessel hinter seinem
Schreibtisch und überdachte die derzeitige Situation.
Vermutlich waren seine Augen nur geblendet und würden sich mit der Zeit wieder
erholen.
Aber was wenn nicht?
Er musste, ob er wollte oder nicht, zu Poppy und sich von ihr untersuchen
lassen.
Ein Trank hätte in diesem Fall auch geholfen, aber im jetzigen Zustand war das
für den Slytherin praktisch unmöglich. Zwar wusste er in etwa wo sich welche
Zutat befand, doch ohne genau zu wissen, was es war und die genaue Menge
abzuwägen, konnte er keinen Trank brauen. In dieser Sache hatte er seinem
Augenmaß immer vertraut.
Der Tränkemeister überlegte wie er möglichst unauffällig und ohne sich zu
verlaufen in den Krankenflügel gelangen konnte. Er entschloss sich letztlich
in der Nacht, wenn niemand ihm begegnen würde, diesen aufzusuchen.
Sich auf den bevorstehenden Weg vorbereitend, lehnte sich Snape in seinem
Sessel zurück und versuchte sich etwas auszuruhen.