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Mondlicht

von

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Kapitel 1

Summary: Nichts ist mehr wie es war. Die Zeiten ändern sich und wir müssen uns anpassen, um zu überleben. Doch ob mir das gelingen wird? Ich weiß nicht, wie ich mit diesen Gefühlen umgehen soll, die sein Anblick in mir wachruft.... aber ich ahne, dass ich auf eine Katastrophe zusteuere...." *Slash*
 

Disclaimer: Keine Rechte und kein Geld für mich, was die Figuren dieser Fic betrifft à alles Eigentum von J.K. Rowling
 

Pairing: Draco Malfoy / Harry Potter, ein bisschen Hermine Granger / Ron Weasley (so viele Klischees auf einem Haufen ^^**)
 

Anmerkung: Ich behalte mir das Recht vor, das Rating in späteren Teilen zu ändern.
 

Die Story ist abwechselnd aus Harrys und Dracos Sicht geschrieben. Eine Änderung des point of view (es lebe das Denglisch ^^) wird durch eine ooOoOoo-Linie angekündigt. Von den Geschehnissen im fünften Band hatte ich noch keine Ahnung, als ich diese FF angefangen habe, deshalb ist sie auch OotP-Spoiler-frei ^^
 

Warnung: Slash (male x male - relationship, don't likeà don't read)
 

Widmung: Meinen Lieben von der SKP- ihr fehlt mir T.T
 

- Gedanken -
 

Mondlicht
 

Kapitel 1
 

Manche mögen mich jetzt für verrückt erklären, aber es gab keine andere Zeit im Jahr, die ich so sehr hasste wie die Sommerferien. Das tat ich schon früher, aber seit meinem elften Lebensjahr war es noch schlimmer geworden. Andere faulenzten jetzt, während ich nach einem erholsamen und aufregendem Jahr in Hogwarts in den Sklavenstand zurückkehrte.
 

Es war kein Geheimnis, dass mich meine Muggel-Verwandten nicht mochten, mich sogar für krank und abartig hielten, weil ich Fähigkeiten besaß, die ihnen nicht geschenkt worden waren, und sie ließen keine Gelegenheit aus, um es mir immer wieder aufs Neue zu beweisen. Früher hatte ich ihre kalte Art mir gegenüber nicht verstanden. Wie sollte ein Kind auch verstehen, dass es nicht geliebt wurde?
 

Ich hatte immer irgendwo die Hoffnung gehegt, dass sich das ändern würde. Vom Tag meiner Einschulung an hatte ich mich immer besonders angestrengt und obwohl ich oft bessere Leistungen brachte, als mein Cousin, zeigten sie mir nicht mit einer einzigen Geste, dass sie stolz auf mich waren. Im Gegenteil- es schien ihre Abneigung gegen mich nur zu vergrößern und Onkel Vernon warf mir oft vor, dass ich mir meine Noten erschummelt hatte, was mich natürlich jedes Mal hart traf. Alles was ich gewollt hatte, war ein wenig Anerkennung und Zuwendung, doch auf diesem Wege schien ich mein Ziel nicht zu erreichen.
 

Also hatte ich versucht ihre Zuneigung anders zu gewinnen. Ich half ohne zu murren fleißig im Haushalt mir, erledigte anfallende Arbeiten auch ohne dass man es mir sagte und stand oft extra früh auf, um das Frühstück für die Familie vorzubereiten, während mein lieber Cousin nicht einen Finger krumm machte und außer essen und schlafen kaum etwas tat. Aber es nutzte nichts.
 

Man sagte mir, mein Fleiß wäre ja wohl selbstverständlich, denn schließlich hätten sie den Großmut gehabt, mich aufzunehmen, nachdem ich meine Eltern verloren hatte. Da könnten sie von mir wenigstens in bisschen Hilfe erwarten. Dass dieses "bisschen" Hilfe fast an Kinderarbeit grenzte, interessierte niemanden.
 

Und irgendwann hatte ich es aufgegeben und war resigniert. Mein Cousin würde immer weit vor mir kommen, egal wie dumm und faul er war und für mich gab es in diesem Haus keine Sympathie. Im Grunde war es meiner reizenden Verwandtschaft egal, ob ich lebte oder starb, hauptsache, ich ruinierte ihre geliebte Normalität nicht.
 

Doch mein elfter Geburtstag brachte die Wende in meinem tristen Leben. Die Briefe von Hogwarts und letztendlich Hagrid retteten mich aus einer lieblosen Umgebung und verhinderten so, dass meine Gefühle gänzlich abstumpften. Mir eröffnete sich eine Welt voller Wunder und zum ersten Mal in elf Jahren, war ich dankbar, dass ich lebte.
 

Allein, was meine weit aufgerissenen Augen in der Winkelgasse erblickten, entschädigte mich für die vergangenen Jahre, doch mein Leben sollte sogar noch besser werden, auch wenn ich zum damaligen Zeitpunkt geglaubt hatte, dass das gar nicht mehr ging.
 

Ich fand Freunde. Ron, Hermine und Hagrid waren die ersten Freunde, die ich in meinem Leben hatte und das erklärte wahrscheinlich, warum ich so sehr an ihnen hing. Für meine Freunde würde ich ohne zu zögern mein Leben geben, denn das Glück, das sie mir schenkten, war unbezahlbar.
 

Auf der Muggelschule war ich immer alleine gewesen, denn entweder fand man mich seltsam und konnte mich nicht leiden oder man hatte zu viel Angst vor Dudley und seinen Kumpels, und wagte sich deshalb nicht in meine Nähe.

Es hatte meinem liebenswerten Cousin viel Freude bereitet, mich zu bedrohen, mir die Hunde seiner Kumpels auf den Hals zu hetzen oder mich durch den Park zu jagen, um mich anschließend ein bisschen zu verprügeln- wenn er mich erwischte, hieß das. Er wusste ja, dass er zu Hause keine Strafe dafür bekam, sondern dass der Ärger seiner Eltern eher mir gelten würde ("Wieso musst du deinen Cousin auch immer ärgern? Er kann sich doch nicht alles gefallen lassen, nicht wahr Duddy?"). Jetzt hatte er Gott sei Dank zu viel Angst vor mir, als dass er noch einmal handgreiflich werden würde.
 

Es war jetzt beinahe sieben Uhr und auch wenn ich noch ein wenig müde war, konnte ich nicht mehr einschlafen, denn es war beinahe Zeit zum aufstehen- für mich selbstverständlich, Dudley würde noch zwei, drei Stunden schlafen können.
 

Und auch wenn ich an solchen Tagen oft dachte wie ungerecht das Leben war, so war ich mir eigentlich sicher, dass ich mit diesen Gedanken ziemlich daneben lag. Denn für diese acht Wochen wurde ich im restlichen Jahr umso mehr entschädigt. Die Sommerferien waren die Zeit des Jahres, in der ich mich sogar auf den Zaubertränkeunterricht mit Professor Snape freute.
 

Der Mann konnte mich nicht leiden- und ich ihn auch nicht unbedingt-, schien das ganze Jahr vorrangig damit beschäftigt zu sein, nach Gründen zu suchen, um Gryffindor Punkte abziehen zu können und liebte es Strafarbeiten- besonders an mich- zu verteilen, doch alles in allem war er nicht so schlimm wie meine Muggel-Verwandten.
 

Langsam krabbelte ich aus meinem Bett und tapste ins Bad um mich noch schnell etwas zu waschen, bevor der grausame Alltag begann. Zehn Minuten und drei Versuche, meine Haare etwas zu bändigen, später schlich ich leise die Treppe herunter, um mich wie gewöhnlich schon einmal um das Frühstück zu kümmern. Tante Petunia würde sicher auch gleich kommen und mir über die Schulter schauen, ob ich das Essen auch ja nicht verhexte.
 

Ich holte das Gemüse und den Salat aus dem Kühlschrank, spülte es ab und begann alles etwas zu zerkleinern und möglichst gleichmäßig in vier Schüsseln zu verteilen. Eigentlich stand ich gerne so früh auf, denn dann war alles noch angenehm ruhig und niemand belästigte mich mit dummen Sprüchen und nervtötenden Arbeiten. Ich mochte das Haus, wenn es noch so ruhig war, denn dann konnte ich mich immer noch in meine eigene Welt hinein träumen.
 

Manchmal ertappte ich mich dabei, dass ich mir vorstellte, ich würde hier mit meinen Eltern wohnen. Wäre das nicht toll? Ich könnte ein ganz normaler fünfzehn- halt, seit einigen Tagen sechzehnjähriger- Junge sein, der glücklich mit seiner Familie zusammen lebte und am Ende der Ferien nach Hogwarts fuhr.
 

Ich wäre dann nicht unnormal, denn meine Eltern waren ja so wie ich. Auch sie hatten magische Fähigkeiten. Und wenn ich dann in den Weihnachtsferien nach Hause käme, könnte ich ihnen von meinem Erlebnissen erzählen und sie wären vielleicht auch stolz auf meine schulischen Leistungen.
 

Aber bevor ich mich zu sehr in dieser Träumerei verlieren konnte, die im Endeffekt ja nicht mehr als Selbstverletzung war, erschien Tante Petunia und riss mich mit ihrer unangenehmen Stimme aus meinen Gedanken. So auch heute.
 

"Hast du den Salat auch gründlich abgewaschen?"
 

"Natürlich, Tante Petunia", antwortete ich ergeben und fügte mich in mein Schicksal. Vorbei war es mit dem ruhigen Tag. Wie sagten die Muggel so schön? Augen zu und durch.
 

"Gut, du.... schneide die Gurke doch nicht in so große Stücke! Sonst isst Dudley sie nicht!"
 

"Ja, Tante." Seit Dudley vor zwei Jahren Diät machen musste, achtete seine Mutter darauf, dass zu jeder Mahlzeit auch etwas Gesundes- wie zum Beispiel ein gemischter Salat, der nun einfach zum Frühstück dazugehörte- auf den Tisch kam. Ihr übergewichtiges "Spätzchen" war davon allerdings wenig begeistert, wagte aber- nach einer langen, wirklich sehr langen Standpauke seiner Mutter (für die ich extra aus dem Raum geschickt wurde, damit ich es nicht mitbekam)- nicht, dagegen aufzubegehren oder den Salat gar stehen zu lassen. Ich hatte mich damals vor der Tür köstlich amüsiert, denn Tante Petunia pflegte nicht unbedingt leise zu sprechen, wenn sie ihren Willen durchsetzen wollte.
 

"Und nach dem Frühstück machst du dann die Wäsche. Es ist mal wieder Zeit dafür."
 

Das war keine Bitte und auch kein Vorschlag. Das war ein Befehl. Wie ich es hasste, Befehle entgegennehmen zu müssen. War ich ein Soldat oder ein Sklave? Und warum musste ich eigentlich immer die Wäsche waschen? Schon bei dem Gedanken die schmutzigen Sachen anzufassen, wurde mir übel.
 

Tante Petunia unterbrach ihre Arbeit um mich mit hochgezogenen Augenbrauen anzusehen, als ich nicht antwortete. "Hast du mitbekommen, was ich dir gesagt habe?"
 

"Natürlich." Nur noch eine lächerliche Woche. Dann fuhr der Zug nach Hogwarts und ich musste die Gesichter meiner geschätzten Familie für beinahe ein Jahr nicht mehr sehen. Wenn das kein aufbauender Gedanke war. Durchhalten, Harry!
 

"Während die Waschmaschine läuft, kannst du schon einmal die Kartoffel für das Mittagessen schälen. Am Nachmittag wirst du dann noch das Unkraut aus unserem Blumenbeet zupfen."
 

"Gut." Nach dem Mittag hatte ich erst einmal zweieinhalb Stunden für mich, denn Onkel Vernon und Tante Petunia würden ihren heiligen Mittagsschlaf halten und wehe dem, der sie störte. Und so war der frühe Nachmittag die Zeit des Tages geworden, wo ich meine Hausaufgaben erledige. Natürlich durften sie davon nichts mitkriegen.
 

Alles, was auch nur im entferntesten nach Zauberei roch, war in diesem Haus nicht willkommen, sogar strengstens untersagt- bei Todesstrafe (bzw. einem Berg Arbeiten, der dich an den Rand des Zusammenbruchs brachte, während ein gewisser Dudley daneben stand, dich ausgrinste und seine dummen Kommentare nicht für sich behalten konnte, während du dich nicht wehren durftest, weil Zauberei außerhalb der Schule für minderjährige Zauberer ja verboten war- das war doch beinahe so etwas wie die Todesstrafe oder?).
 

Inzwischen hatte auch Onkel Vernon den Weg aus dem Reich der Träume in die Küche gefunden und saß nun, seine Zeitung lesend, am Tisch, auf das Frühstück wartend und mich demonstrativ ignorierend. Nicht, dass es mir etwas ausmachte. Ich war daran gewöhnt und es war immer noch besser als wenn er einen seiner Wutanfälle hatte und mich anbrüllte, als sei er nicht mehr bei Sinnen.
 

Was Malfoy wohl denken würde, wenn er von all dem wüsste? Oh, er würde vermutlich zu aller erst einen Lachanfall bekommen- der große Harry Potter, außerhalb der Schule plötzlich gar nicht mehr so groß, sondern viel mehr etwas, das einem Hauselfen sehr nahe kam- keine Rechte und nur Pflichten, außerdem verachtet und ungeliebt- bevor er mich das ganze Schuljahr damit nerven würde. Hoppla, wie kam ich denn jetzt von Onkel Vernon auf Malfoy?
 

In letzter Zeit dachte ich beunruhigend oft an ihn und ich konnte mir nicht recht einen Reim darauf machen. Vielleicht lag es daran, dass das neue Schuljahr bald wieder beginnen würde und ich mich schon einmal seelisch auf viele, viele Wochen voller Konfrontationen zwischen Malfoy und mir vorbereitet. Wenn ich es nicht besser wüsste, würde ich sagen, der Kerl lief mir absichtlich oft über den Weg.
 

Aber es war wohl eher so etwas wie Schicksal. Gegensätze zogen sich eben an- und das war nicht im Hinblick auf eine Beziehung gemeint. Wir waren wie zwei entgegengesetzt gepolte Magnete, die sich zwar immer zueinander hinzogen, sich aber entgegen aller Gesetze der Physik sofort wieder abstießen, wenn sie einander zu nahe kamen. Manchmal kam es mir so vor, als wäre unsere Feindschaft schon vor unserer Geburt durch höhere Mächte festgelegt worden.
 

Was eigentlich schade war, denn irgendetwas bestärkte mich in dem Glauben, dass Malfoy nicht so übel war, wie es den Anschein hatte. Das konnte natürlich auch daran liegen, dass ich mit aller Macht versuchte daran zu glauben, dass in jedem ein guter Kern steckte- na ja, bis auf Voldemort und Dudley vielleicht- aber mein Gefühl betrog mich nur selten.
 

"Was starrst du Löcher in die Luft?", keifte Tante Petunia plötzlich und ich zuckte erschrocken zusammen. "Hast du nichts mehr zu tun?!"
 

"Nein, Tante, ich bin mit dem Salat fertig und...."
 

"Na und?", bellte mein Onkel plötzlich und sah mich über den Rand seiner Zeitung strafend an. "Das ist kein Grund, in Tagträumereien zu verfallen. Mach dich eben woanders nützlich!" Und damit er sicher gehen konnte, dass ich es auch tatsächlich tat, befahl er mir, schon einmal Tee zu kochen und verkroch sich mit etwas, das sich verdächtig nach "Verzogener Bengel" anhörte, wieder hinter seiner Zeitung.
 

Lautlos seufzend machte ich mich also an die Arbeit. Nicht mehr lange und ich konnte endlich für immer von hier fort. Nur noch einmal musste ich meine Sommerferien hier verbringen und nach meinem siebten Schuljahr würde ich hoffentlich sofort irgendwo Arbeit finden- auch wenn ich noch nicht genau wusste, was ich eigentlich werden wollte. Wahrscheinlich würde ich die Richtung "Auror" einschlagen, wie es mir der falsche Moody im vierten Schuljahr vorgeschlagen hatte, aber ganz sicher war ich mir eben noch nicht.
 

Wenn ich fleißig trainierte, hätte ich vielleicht auch die Chance in einem professionellen Quidditch-Team Sucher zu werden. Das würde mich ehrlich gesagt noch mehr reizen, als mich mit schwarzen Magiern herumzuschlagen- dazu hatte ich ja in der Vergangenheit genügend Gelegenheiten und war eigentlich bedient. Voraussetzung für all das war natürlich, dass ich bis dahin überlebte, denn Lord Voldemort war ja inzwischen wieder erstarkt und stellte somit eine große potentielle Gefahr dar, auch wenn er sich in letzter Zeit erschreckend ruhig verhielt.
 

Wenn mich meine Instinkte nicht betrogen, dann plante dieser Kerl schon wieder einen Anschlag auf mich. In irgendeiner Form. Und da ich nicht wusste, was in seinem Kopf so vor sich ging, blieb mir nichts anderes übrig, als Moodys Leitsatz zu folgen ("Immer wachsam!") und der Dinge zu harren, die da kommen mochten.
 

Inzwischen hatte sich auch Dudley, der es trotz seiner Diät geschafft hatte, die Ausmaße eines kleinen Sumoringers anzunehmen, in der Küche eingefunden und das Frühstück konnte somit beginnen Oder vielmehr: Es musste beginnen, denn mein Cousin war am frühen Morgen recht unduldsam und wenn er sich nicht sofort etwas in den Rachen schieben konnte, bekam er einen Wutanfall, der meist eine verwüstete Küche hinterließ und mich dazu zwang, zu flüchten, wenn ich einer Tracht Prügel entgehen wollte.
 

Doch heute verlief alles ruhig- wenn man von dem Schmatzen meines Cousins absah, dem es offensichtlich zu schmecken schien. Warum konnten manche Eltern ihren Kindern einfach keine Manieren beibringen? Was das Esstempo anbelangte, war ich jedoch auch nicht wesentlich langsamer. Ich hatte es mir angewöhnt, mein Essen hinunterzuschlingen- wofür mich Hermine häufig tadelte- aus Angst, Dudley könnte fertig sein und immer noch Hunger haben. In diesem Fall würde mir nämlich mein heißgeliebtes und vor allem selbst gemachtes Frühstück rücksichtslos vor der Nase weggenommen werden.
 

Nachdem das einige Male tatsächlich geschehen war, hatte aufgehört manierlich zu essen- je weniger ich übrig ließ, desto weniger würde Dudley kriegen und desto voller war mein Magen. Niemand sollte sagen, ein Harry Potter wäre nicht fähig zu lernen.
 

Der zweite Vorteil war natürlich, dass ich schneller fertig war. Das bedeutet, dass ich früher mit meinen Arbeiten anfangen konnte und sie auch früher erledigt hatte, was wiederum hieß, ich konnte noch ein wenig faulenzen (immer unter der Voraussetzung, dass ich dabei nicht erwischt wurde).
 

Und so kam es, dass ich drei Stunden später in meinem Zimmer verkrochen hatte und darüber sinnierte, dass die Dursleys es schon wieder mit erstaunlicher Gleichgültigkeit geschafft hatten, meinen Geburtstag zu ignorieren. Nicht, dass ich unbedingt Wert auf ihre Geschenke legte- von Onkel Vernons alten Socken hatte ich noch jede Menge im Schrank- aber trotzdem hätte ich mir wenigstens ein klitzekleinen Moment ihrer Aufmerksamkeit gewünscht.
 

Na ja, man konnte ja nicht alles haben. Ich hatte den Todesfluch von Voldemort überlebt, war ein Zauberer, hatte wirklich gute Freunde und die Schule machte mir auch Freude. Da hatte der Junge, der lebt, doch nicht noch das Recht auf eine anständige und intakte Familie, oder? Das wäre wahrscheinlich etwas zu viel des Guten gewesen.
 

Aber Gott sei Dank hatte ich nur acht Wochen im Jahr Zeit diese düsteren Gedanken zu wälzen, denn ich erst wieder in Hogwarts war, würden mich der Unterricht, die Hausaufgaben, meine Freunde und mein Lieblingsfeind Malfoy so auf Trab halten, dass ich keine Zeit hatte, um mit dem Schicksal zu hadern. Und selbst wenn ich es in dunklen Nächten, in denen ich wieder keinen Schlaf fand, tat, dann erinnerte mich schon alleine das Bett, in dem ich lag, daran, dass ich mich eigentlich glücklich schätzen konnte, denn von ein paar Kleinigkeiten abgesehen, war ich gesegneter als die meisten anderen Menschen.
 

Und auch, wenn sich die Zeit sich gegen mich verschworen zu haben schien (denn diese letzte Woche bei meinen Verwandten in der Muggel-Welt schlich geradezu vor sich hin und schien einfach nicht vergehen zu wollen), stand ich letztendlich mit meinem Koffer und Hedwigs Käfig auf dem Bahnhof King's Cross und marschierte schnurstracks auf die Absperrung zwischen den Gleisen neun und zehn zu.
 

Meine Geduld und Durchhaltefähigkeit waren noch einmal auf eine harte Probe gestellt worden, denn mir war es so vorgekommen, als hätten mich die Dursleys noch nie zuvor so mit Arbeit und abwertenden Bemerkungen überhäuft, wie in diesen letzten Tagen. Ein abfälliger Kommentar über meine Eltern hätte mich beinahe dazu gebracht zu explodieren- so wie damals bei Tante Magda- doch wie durch ein Wunder hatte ich die brodelnde Wut, die sich daraufhin in mir breit gemacht hatte, besänftigen können.
 

Zurück geblieben war nur traurige Bitterkeit. Was wussten diese Leute denn schon von meinen Eltern, von der Welt in der sie- und auch ich seit fünf Jahren- lebten? So sehr ich auch versuchte, Verständnis für diese Muggel aufzubringen, die mir schon immer so seltsam fremd erschienen waren, es gelang mir nicht.
 

Seufzend trat ich die durch die Absperrung und mein Blick glitt beinahe liebvoll über den Hogwarts-Express. Er würde mich von hier wegbringen. Würde mich forttragen von all diesen alltäglichen Muggelwelt-Sorgen und mir wieder die Pforte zur Welt der Wunder, der Welt der Zauberer, öffnen. Wie ich mich auf Hogwarts freute!
 

Ich stellte mich auf Zehenspitzen, um nach Hermine und Ron Ausschau zu halten. Ich war zwar nicht der Kleinste hier, doch irgendwie war ich in all den Jahren, nie über einen Meter fünfundsiebzig hinausgekommen. Lag vielleicht daran, dass ich in jungen Jahren die Nährstoffe, die fürs Wachstum wichtig waren, nicht in ausreichender Menge bekommen hatte.
 

Doch statt feuerrotes und lockig braunem Haar fand mein Blick weißblonde Haare, die aus der Menge herausstachen und von denen ich auch ohne genauer hinzukucken wusste, zu wem sie gehörten. Und wie auf dieses Stichwort hin drehte sich Draco Malfoy in dem Augenblick um, in dem sein Name durch meinen Kopf geisterte.
 

Seine Augen wanderten suchend über die Schülermenge, wollten den Schuldigen für die Blicke, die er in seinem Rücken spürte, ausfindig machen und kamen schließlich bei mir an. Sie ruhten einige Sekunden auf mir und obwohl ich wusste, es war bei der Entfernung unmöglich, konnte ich es in dem hellen Silbergrau belustigt aufblitzen sehen, bevor Malfoy mir ein spöttisches Grinsen schenkte und mir wieder den Rücken zuwandte. Ertappt wandte ich mich ab und fühlte mich erröten. Warum eigentlich? Ich hatte doch nichts getan, außer meine Freunde zu suchen.... und mit dem Blick an Malfoy kleben zu bleiben und mich dann auch noch dabei erwischen zu lassen. Großartig.
 

Für einen Moment schlossen sich meine Augen und ich atmete tief durch um die Hitze aus meinem Gesicht zu vertreiben. Ruhig bleiben, es war nicht verboten, andere Schüler kurz zu mustern und wenn man dabei und danach Herzklopfen hatte, war es eben auch nicht zu ändern.
 

Ein leises Seufzen suchte sich den Weg in die Freiheit. Ich wollte lieber nicht wissen, was er jetzt dachte und welche gemeine Bemerkung sich schon wieder in seinem Kopf formte, die er mir später an den Kopf schleudern würde. Denn er würde mich ohne Zweifel wieder im Zug aufsuchen, um mir schon einmal einen kleinen Vorgeschmack auf das kommende Schuljahr zu geben. Das machte er immer so. Jedes Jahr.... und wahrscheinlich würde ich mir ernsthaft Sorgen um seine geistige Gesundheit machen, wenn er es einmal nicht täte.
 

Dann öffnete ich sie wieder, um weiter nach meinen Freunden zu suchen. Ein Blick zur Uhr sagte mir, dass sie noch zehn Minuten hatten und obwohl ich wusste, es war unsinnig, spürte ich, wie sich leise die Sorge bei mir meldete. Hermine war sonst immer überpünktlich und Ron... na ja gut, Ron kam schon mal in der letzten Sekunde, doch es konnte ihn ja ebenso gut etwas zugestoßen sein.

Immerhin war Voldemort wieder im Besitz mächtiger magischer Fähigkeiten und er konnte es durchaus auf meine Freunde abgesehen haben. Und der Gedanke gefiel mir nicht... ganz und gar nicht....
 

Eine Berührung an der Schulter ließ mich vor Schreck einen Meter zur Seite und beinahe aus meiner Haut springen. Hermine, die die Hand, mir der sie mich gerade angetippt hatte, immer noch erhoben hatte, schaute etwas verwirrt. "Hallo Harry!" Dann umarmte sie mich kurz und machte Platz für Ron, damit er dasselbe tun konnte. Es fühlte sich gut an, meine Freunde wieder im Arm zu halten, mich vergewissern zu können, dass sie auch wirklich da und wohlauf waren.
 

"Hast du uns gesucht?", fragte Ron nach einem kurzen Drücken und trat wieder einen Schritt zurück.
 

Ich nickte kurz und überlegte, ob ich ihnen erzählen sollte, dass ich Malfoy gesehen hatte, doch kaum war der Gedanke durch meinen Kopf gehuscht, hätte ich beinahe losgelacht. Natürlich hielt sich auf Malfoy hier irgendwo auf, denn er wollte ja schließlich auch mit diesem Zug nach Hogwarts und so war es nichts Besonderes, dass er mir über den Weg lief. Was dachte ich heute schon wieder für absonderliche Dinge?
 

Hermine ließ mir jedoch keine Zeit mich über mich selbst zu wundern, sondern zerrte Ron und mich in den Zug. War wahrscheinlich gut so, denn wir hätten sonst vermutlich so lange draußen gestanden und uns sprachlos vor Wiedersehensfreude angestarrt, bis der Zug abgefahren wäre. Gott sei Dank hatten wir Hermine, die in allen Situationen einen kühlen Kopf bewahrte. Unterhalten konnten wir uns schließlich auch, wenn wir uns ein Abteil gesichert hatten.
 


 

Ich lauschte aufmerksam als Ron von seinen Ferien berichtete. Er hatte seine Eltern überreden können, ihn mit Hermine und ihren Muggeleltern zusammen nach Spanien reisen zu lassen und nun schilderte er mir ihre Erlebnisse in lebhaften Bildern. Hermine schmunzelte über seinen Enthusiasmus und fügte dann und wann etwas hinzu und berichtigte seine Ausführungen. Ich würde meinen Zauberstab darauf verwetten, dass die beiden ein Paar waren.
 

Ich konnte den leisen Neid, der in mir aufstieg nicht leugnen. Die Ferien der beiden hörten sich so toll an und ich? Ich hatte wieder einen nervenaufreibenden Sommer bei meiner Verwandtschaft verbracht, von dem ich mich jetzt erst einmal erholen musste. In Wahrheit kam das Schuljahr in Hogwarts meiner Definition von Ferien näher als der Urlaub bei den Dursleys, auch wenn ich manchmal unter den Massen an Hausaufgaben stöhnte.
 

Nachdem das Thema "Spanien" wirklich bis aufs Letzte ausgeschöpft war, kamen wir zu einer Frage, die uns alle Jahre wieder beschäftigte: Wer würde wohl der neue Lehrer in "Verteidigung gegen die Schwarzen Künste" werden? Hogwarts hatte in diesem Fach wirklich einen hohen Verschleiß.
 

Im ersten Jahr war Professor Quirrel von uns gegangen, nachdem er sich als Anhänger Voldemorts entpuppt hatte, dann folgte Lockhart, der kaum mehr als ein aufgeblasener Wichtigtuer war und der sich mit einem verunglückten Gedächtniszauber selbst die Erinnerung nahm. Professor Lupin, aus meinem dritten Jahr, war meiner Meinung nach der beste Lehrer in "Verteidigung gegen die Schwarzen Künste", den wir je gehabt hatten, doch auch er verließ uns nach einem Jahr, nachdem die ganze Schule wusste, dass er ein Werwolf war. Vielleicht hatte er noch andere Gründe, ich wusste es nicht. Der Lehrer aus dem vierten Schuljahr stellte sich als Fälschung und Diener des Dunklen Lords heraus und das Original ging nach diesen Ereignissen endgültig in den Ruhestand. Zu unserer großen Überraschung hatten wir im fünften Schuljahr das erste Mal eine Frau gehabt, die dieses Fach unterrichtete, doch nachdem sie schwanger wurde, gab sie ihre Lehrtätigkeit vorerst auf.
 

Und nun standen wir zum fünften Mal in sechs Jahren vor der Frage: Wer übernahm den freigewordenen Lehrstuhl in diesem Fach, das wahrscheinlich nur Snape mit Freude unterrichten würde? Und als hätte er meine Gedanken gelesen, meinte Ron in diesem Moment inbrünstig: "Ich hoffe, es ist *nicht* Snape!!"
 

Oh ja, das hoffte ich auch, denn dann wäre ich in einem weiteren Fach versetzungsgefährdet und Gryffindor würde doppelt so viele Punkte im Unterricht verlieren, wie normal, weil wir ja jetzt zwei Fächer mit einem Lehrer hatten, der Schüler aus unserem Haus- besonders, wenn sie mit Nachnamen "Potter" hießen- aus Prinzip hasste und mit Freuden niedermachte. Ich wollte nicht an Snapes Kompetenz zweifeln- nein, als ehemaliger Todesser kannte er sich sicher aus, wie kein Zweiter, aber ich hatte einfach Angst um meine Noten. Was durchaus verständlich war, oder?
 

Hermine hingegen schien sich entschieden zu haben, dieses Thema nicht weiter zu erörtern, da wir sowieso keine Antwort darauf bekommen würden, bis wir in Hogwarts waren und fragte Ron stattdessen: "Hat sich Ginny eigentlich über den Fächer gefreut?"
 

Unser rothaariger Freund schaute etwas ratlos aus der Wäsche: "Welchen Fächer?"

Hermine starrte ihn entgeistert an: "Willst du mir sagen, du hast ihn ihr nicht gegeben??"
 

Amüsiert verfolgte ich, wie Ron rot anlief und etwas von "Ach so, der Fächer" murmelte, während Hermine sich über seine Schussligkeit beschwerte. Wenn ich es richtig verstanden hatte, dann hatte sich Ginny gewünscht, dass ihr Bruder ihr etwas aus Spanien mitbrachte, weil sie ja noch nie dort gewesen war. Und Ron, die Vergesslichkeit in Person, hatte dieses Geschenk mal wieder erfolgreich verdrängt und es einfach in seinem Koffer gelassen, den er kurz darauf mit seinen Hogwarts-Sachen voll stopfte.
 

Und so kam es, dass Hermine ihn nötigte, eben diesen von der Gepäckablage zu holen, um den Fächer zu suchen und ihn "auf der Stelle!" Ginny zu übergeben. Ja, sie konnte sehr resolut sein, wenn sie wollte, unsere Hermine. Ron blieb gar nichts anders übrig als seinen Kopf einzuziehen und ihren Befehl auszuführen. Das war so typisch.
 

"Wir sind gleich wieder da", sagte Hermine, als sie mit einer Hand die Abteiltür aufschob- in der anderen Hand hielt sie einen Zipfel von Rons Pullover, damit sich dieser auch gar nicht verdrücken konnte.
 

"Ja, schon klar", antwortete ich lächelnd und ignorierte den hilfesuchenden Blick von meinem besten Freund. Diese Suppe hatte er sich selbst eingebrockt. Hätte er nur dieses eine Mal seine Gedanken zusammen genommen, würde Hermine ihn jetzt nicht durch den Zug schleifen. Selbst wenn die Welt am Abgrund stünde- wobei ich mir gar nicht sicher war, ob sie das nicht vielleicht tatsächlich tat- die beiden würden sich wohl nie ändern. Wenigstens eine Konstante in dieser wechselhaften Zeit.
 

Mit diesem Gedanken rollte ich mich auf meinem Sitz zusammen, lehnte meinen Kopf gegen das Zugfenster und schloss die Augen. Vielleicht sollte ich ein wenig von dem Schlaf nachholen, den ich in den Ferien nicht bekommen hatte....
 

ooOoOoo
 

Gelangweilt beobachtete ich die Landschaft, die draußen vorbeizog Es gab nichts Langweiligeres als die Zugfahrt nach Hogwarts. Vielleicht sollte ich Potter suchen, um ihn und seine Freunde etwas zu ärgern und mir etwas Abwechslung zu verschaffen. Mit den Leuten in meinem Abteil eine vernünftige Konversation führen zu wollen, war sowieso ein sinnloser Versuch. Denn wen hatte ich schon zur Auswahl?
 

Crabbe, der kaum seinen eigenen Namen buchstabieren konnte, Goyle, der ähnlich intelligent war, allerdings sein Herz am rechten Fleck (na ja, nicht für Slytherin-, wohl aber für Gryffindor-Maßstäbe) hatte und Pansy Parkinson, die gerade versuchte, auf meinen Schoß zu klettern. Super.
 

Mit einem unwilligen Murren ließ ich sie schließlich gewähren und starrte an ihrem strahlenden Gesicht vorbei nach draußen. Warum merkten einige Leute eigentlich nicht, wenn sie unerwünscht waren?
 

"Draco?" Ich hasste die Art, wie sie meinen Namen aussprach. Das "Dracolein" und "Draci" hatte ich ihr schnell wieder abgewöhnt, aber trotzdem konnte sie es nicht lassen, dass "a" und das "o" in meinem Namen unnatürlich lang zu ziehen. Widerlich. "Was hast du? Du bist die ganze Zeit schon so schweigsam."
 

"Was soll ich auch sagen, wenn ein Nilpferd auf meinem Schoß sitzt?", fragte ich gehässig und funkelte sie an.
 

Sie zog eine Schnute und sah mich beleidigt an, machte aber keine Anstalten sich vom Fleck zu bewegen. Großartig. Genervt seufzend schubste ich sie herunter und stand auf. Ich musste hier raus. Sonst würde es noch ein Unglück geben. Ich gab Crabbe und Goyle einen Wink und die beiden folgten mir auch sofort wie gut dressiert Hündchen. Wenigstens etwas war noch beim Alten. Jetzt musste ich nur noch Potter finden.
 

Mit einem selbstsicheren Grinsen beobachtete ich, wie mir die anderen Schüler, die wir auf den Gängen trafen, respektvoll Platz machten. Manche warfen mir böse Blick zu, aber keiner wagte sich, irgendetwas zu sagen. Die alte autoritäre Aura war also immer noch da. Vielleicht hatten sie aber auch nur einfach Angst vor demolierten Knochen.
 

Beinahe wäre ich an Potters Abteil vorbeigerannt, doch im letzten Moment wunderte ich mich, warum eines leer geblieben war und warf noch einen Blick hinein. Das, was auf den ersten Blick, wie ein Haufen Klamotten aussah, entpuppte sich als menschliche Gestalt mit schwarzen, widerspenstigen Haare, die sich auf dem Fenstersitz zusammengerollt hatte und anscheinend friedlich schlief.
 

Na, diesem Frieden würde ich ein Ende bereiten. Mit einem lauten Knall zog ich die Tür zur Seite und betrat das Abteil. Die Gestalt reagierte nicht. "Hey, Potter!" Immer noch keine Reaktion. Ich ließ mich auf den Sitz schräg gegenüber fallen und starrte ihn an. Entweder hatte dieser Kerl einen verdammt festen Schlaf oder er ignorierte mich eiskalt.
 

Als ich ihn näher betrachtete, entschied ich mich jedoch für die erste Möglichkeit. Seine Haltung war zu entspannt, seine Atmung zu langsam, als dass er wach sein könnte. Mir fiel auf, dass er dünner geworden war. In den Sommerferien nahm er irgendwie immer ab. Woran das wohl lag?
 

Ich wartete ungefähr drei Minuten, aber er schien sich überhaupt nicht daraus zu machen, dass ich hier mit ihm in einem Abteil saß. Der Junge, der Voldemort zwei Mal besiegt hatte und der dessen Klauen immer wieder entkommen war, schlief seelenruhig, während ich, Draco Malfoy, Sohn eines bekannten Todessers, nur einen Meter entfernt von ihm saß und ihm sonst was antun könnte.
 

Entweder hatte der Junge kein Gefühl für Gefahr oder er war verdammt vertrauenssehlig. Ich gab Crabbe ein Zeichen und er stieß den Goldjungen von Gryffindor unsanft an. Und endlich zeigte der auch eine Reaktion, wenn sie auch anders war als ich erwartet hatte. Harry Potter murmelte etwas Unverständliches und rollte sich dann noch enger zusammen, offensichtlich um weiterzuschlafen. Ich bedeutete Crabbe, es noch einmal zu machen und dieses Mal war ein deutliches Murren die Antwort.
 

"Vergiss es, Potter", spottete ich und sah, wie er verwirrt hochfuhr. "Schönheitsschlaf bringt bei dir auch nichts mehr!"
 

Er blinzelte mich einen Moment verschlafen an, versuchte mich irgendwie einzuordnen und als sein schlaftrunkenes Hirn endlich verarbeitet hatte, wer hier vor ihm saß, zog er ärgerlich die Stirn kraus. "Was willst du hier, Malfoy?"
 

"Och, wollte nur mal kucken, ob du noch lebst, oder ob Voldemort seine Arbeit zur Abwechslung mal richtig gemacht hat. Wo sind deine Freunde? Das Wiesel und das Schlammblut? Hat's die erwischt?"
 

"Erstens heißen sie Ron und Hermine und zweitens kommen sie gleich wieder. Ich an deiner Stelle würde schon mal zusehen, dass ich Land gewinne."
 

Ich lachte spöttisch auf. "Oh! Harry Potter droht mir! Ich zittere vor Angst. Was soll das Wiesel denn schon machen? Seine Kampfratte nach mir schmeißen? Oh, ich vergaß. Die ist ihm ja im dritten Schuljahr abgehauen. Konnte es wahrscheinlich nicht mehr ertragen, in dieser Armut zu leben." Ich sah zu, wie sich das Gesicht meines Lieblingsstreitpartners verdüsterte. Bingo! Wieder ein wunder Punkt. "Und Granger, was soll die schon tun? Mich mit einem Buch erschlagen?" Goyle und Crabbe kicherten.
 

"Ich wette, Hermine hat in den Ferien jede Menge neue Flüche gelernt, die sie sicher gerne mal an einem Ekel wie dir ausprobieren möchte. Und gegen Ron hast du alleine sowieso keine Chance. Das hat er schon im ersten Schuljahr bewiesen, als er dir ein blaues Auge verpasst hat."
 

"Was ist eigentlich los, Potter? Du bist ja nur noch Haut und Knochen. Gibt man dir in der Muggelwelt nichts zu essen?" Ich sah ihn leicht zusammenzucken und bemerkte, wie er seinen Mantel in einer unbewussten Geste enger um seinen schmalen Körper zog. "Nicht? Oh, dann verstehe ich natürlich, warum du innerhalb der Schulzeit so viel isst, wie Crabbe und Goyle zusammen." Die beiden kicherten wieder, obwohl ich sie dieses Mal indirekt mitbeleidigt hatte. Na ja, um das zu begreifen, bräuchte man ein Hirn.
 

Potter warf den beiden einen missbilligenden Blick zu und gähnte dann herzhaft. "Deine Sprüche waren auch schon mal besser, Malfoy. In den Ferien eingerostet? Lieber esse ich drei Mal so viel wieder jeder einzelne deiner beiden Gorilla..." Auf dieses Wort hin erschien ein Fragezeichen auf den Gesichtern der Beleidigten. "... als auch nur eine Sekunde so dämlich auszusehen wie du."
 

Ich grinste ihn überlegen an. "Damit kannst du mich nicht schocken, Potter. Ich habe doch genau gesehen, wie du mich vorhin auf den Bahnsteig angestarrt hast." Du meine Güte, auf diese Worte hin, färbten sich seine Wangen tatsächlich schwach rosa und er sah plötzlich aus, als wäre ihm nicht mehr ganz wohl in seiner Haut. Hm, vielleicht sollte ich ihn öfter in Velegenheit bringen, denn ein wenig Rot auf den Wangen stand ihm ganz gut.
 

"Du bist so eingebildet, dass mir regelrecht schlecht davon wird, Malfoy. Ich habe dich gewiss nicht angestarrt. Warum auch? So toll bist du nicht", erwiderte er dann mit fester Stimme und hätte er nicht ein wenig mehr Farbe im Gesicht gehabt, als normal gewesen wäre, hätte ich es ihm beinahe abgenommen.
 

"Nicht? Wie nennst du es denn? Fest im Blick behalten? Observieren?"
 

"Malfoy", entgegnete er genervt und ich sah, dass er um seine Beherrschung rang. "Ich weiß nicht, warum du so viel Wert darauf legst, von mir angestarrt zu werden, aber ich versichere dir- so leid es mir für dich tut- ich habe dich sicher nicht angestarrt. Ich bin schließlich nicht Pansy Parkinson, die den IQ einer Zahnbürste hat."
 

Goyle wollte etwas erwidern und Crabbe wollte Potter am liebsten sofort Bekanntschaft mit seinen Fäusten machen lassen, denn die beiden verspürten aus irgendeinem Grund das Bedürfnis, Pansy zu beschützen, doch allein das Heben meiner Hand reichte aus, um sie zurückzuhalten. Oh ja, es war ein gutes Gefühl Macht zu haben.
 

Ich selbst konnte mir ein anerkennendes Grinsen nicht verkneifen. Schlagfertig war er geworden über die Jahre, unser Goldjunge. "Nein? Du bist aber genauso rot wie sie, wenn sie mit mir spricht...." Ich ließ das Ende bewusst offen, damit er sich den Schluss selbst ableiten konnte, denn schließlich wusste jeder, dass Pansy mich auf eine Art liebte, die schon fast an Besessenheit grenzte, und es würde ihm wohl nicht schwer fallen, zu schlussfolgern, wie der Satz hatte enden sollen.
 

Ich sah mit einem zufriedenen Grinsen, dass er seinen Mund öffnete, offensichtlich um empört zu widersprechen, und keinen Ton hervorbrachte. Da hatte ich ihn wohl ziemlich aus dem Gleichgewicht gebracht. In Potters Augen blitzte es ärgerlich auf, weil er wohl genau wie ich registrierte, dass ich diesen Teil unseres Wortduells gerade für mich entschieden hatte und er setzte erneut zum Sprechen an, aber genau in diesem Moment wurde Abteiltür schwungvoll aufgerissen und Granger starrte uns sauer an. "Was macht ihr denn hier?" Hinter ihr stand der Rotschopf aus dem Hause Weasley und er sah aus, als hätte er sich am liebsten sofort auf uns gestürzt.
 

"Wir hatten nur eine nette kleine Unterhaltung mit Potter, aber ich wüsste nicht, was dich das angeht, Schlammblut." Wenn Blicke töten könnten, so hätte mich Weasley sicher zu Staub zerfallen lassen. So, so. Er stand also auf sie. Interessant. Ich stand auf und schritt würdevoll zur Tür. Als ich an Potters Freunden vorbeitrat, lächelte ich noch einmal herablassend auf Granger herab. "Mag sein, dass das Wiesel auf dich steht, aber ich würde mich an deiner Stelle nicht mit ihm einlassen, wenn du kein Leben als Obdachlose führen willst." Dann ging ich zurück zu unserem Abteil, wo Pansy schon ungeduldig darauf wartete, mich wieder nerven zu können. - Schade, ich hätte zu gerne gewusst, was er mir noch zu sagen hatte. -
 

Doch nun ertrug ich ihre Aufdringlichkeit besser als zuvor. Wie ein kleines Wortgefecht mit Harry Potter doch meine Stimmung heben konnte. Mein Herz schlug noch immer heftig gegen meine Rippen, doch ich ignorierte es gelassen. Darin hatte ich ja inzwischen schon Übung. Seit letztem Jahr schlug es immer schnell, wenn Potter in der Nähe war.
 

Ja, meine Gefühle für ihn waren im Wandel. Den Rachedurst wegen der Demütigung im ersten Schuljahr- die Zurückweisung meines Freundschaftsangebots- verspürte ich schon lange nicht mehr. Es war auch nicht mehr pure Böswilligkeit, wenn ich ihn provozierte, nein, es machte mir Spaß. Und der Hass, den ich einst für ihn empfunden hatte, entwickelte sich in eine Richtung, die mir ernsthaft Kopfzerbrechen bereitete.
 

Pansy hatte sich inzwischen wieder ihren Platz auf meinem Schoß erkämpft, doch ich beachtete sie nicht. Stattdessen starrte ich wieder die vorbeiziehende Landschaft an und dachte an eine kleine, zusammengerollte Gestalt, die ich wenige Minuten zuvor in ihrem Schlummer gestört hatte.
 

Ein schlafender Potter hatte definitiv etwas. Auch wenn ich noch nicht darauf gekommen war, was genau.
 

ooOoOoo
 

Kaum war Malfoy aus unserem Abteil verschwunden, belagerten mich Hermine- die unseren temperamentvollen Freund wortreich beruhigt hatte- und Ron- der nun wieder ganz friedlich war- und wollten wissen, was er gesagt hatte.

Doch ich winkte ab. "Ach, ihr kennt doch Malfoy. Mehr als Mist bringt der nicht über die Lippen."
 

Ron nickte bekräftigend und ließ sich dann, zufrieden mit der Antwort, auf seinen Sitz fallen. "Du errätst nie, wen wir gerade getroffen haben!"

"Wen denn?", fragte ich etwas abwesend, denn in Gedanken war ich immer noch bei Malfoys faszinierenden silbergrauen Augen. Was hatten sie nur Besonderes, dass sie meine Aufmerksamkeit so fesselten?
 

"Professor Lupin!", rief mein bester Freund begeistert und ich konnte nicht anders, als mich auch zu freuen und Malfoy endlich aus meinen Gedanken zu verdrängen. Damit wäre das Thema Snape als Lehrer für Verteidigung gegen die Schwarzen Künste wohl vom Tisch.
 

Na dann! Auf in ein Schuljahr mit alten Bekannten, neuen Herausforderungen und altbekanntem Herzklopfen in Malfoys Nähe.
 

To be continued...



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Kommentare zu diesem Kapitel (5)

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Bitte keine Beleidigungen oder Flames! Falls Ihr Kritik habt, formuliert sie bitte konstruktiv.
Von:  Marron-chan
2007-01-04T03:17:35+00:00 04.01.2007 04:17
ahhhh das überleb ich nicht wenn ich nicht weiss wie es weiter geht >_< dein ff is ja besser als das richtige buch !!!!!!!!! oh bitte bitte bbbbiiiittttttttttte schreib das weiter *anfleh*
in erwartung dein neuer treuer fan ^^
Von:  Jitzu
2006-09-03T17:52:44+00:00 03.09.2006 19:52
Oh mein Gott!! OO Wie genial ist DAS denn?
Dein schreibstil gefällt mir wirklich gut und Draco in eine Katze zu verwandeln war doch mal einer der genialsten einfälle, die Dumbledore(XD) je hatte^^
>Ich hatte mal gehört, dass Dunkelheit und Wärme Tiere beruhigte. Und tatsächlich- es hielt augenblicklich still.<

Da konnte man sich ja denken wieso *evilgrins*
Freu mich aufs nächste Kappi

~Jitzu~ ^.^v
Von: abgemeldet
2005-01-09T10:12:22+00:00 09.01.2005 11:12
Cool mir gefällt des wie du, einmal von Harry's sicht schreibst und dann wieder von Draco's sicht schreibst, ist echt krass hoffe du schreibst schnell weiter
ciao LaCura
Von:  Allonsy-Alonso
2005-01-08T18:12:09+00:00 08.01.2005 19:12
Wirklich schönes Kapitel!
Bin schon riesig gespannt wie es weiter geht!
MFG
SD
Von: abgemeldet
2005-01-08T12:38:21+00:00 08.01.2005 13:38
Hey, hört sich echt spannend an!!
Schreibe schnell weiter!!!
cu
Saphir


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