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Bin ich eine Elbe oder was?!

von

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Prolog

FF:Bin ich eine Elbe oder was?!
 

Autor: Channah
 

Hauptpersonen: Cala, Glowy, Legolas, Elladan, Elrohir, Haldir
 

Genre: Humor und auch Abenteuer
 

Disclamer:Tja, was soll ich sagen, das ist eine etwas verrückte FF....*giggel* Ach ja, und die story weicht etwas vom Original ab, da zum Beispiel Haldir noch putzmunter ist und die Elben, einschließlich Galadriel, Celeborn, Frodo und Gandalf, nicht das geringste Interesse daran haben, in den Westen zu segeln. Und nicht zu vergessen: Tolkien gehört alles und mir nichts, ich verdiene kein Geld mit der Story und die Handlungen sind frei erfunden!
 

PS: Darky ist Schuld, dass ich die FF hier on stelle...*Darky knuff*
 

Pairing: Nix da! Werdet ihr schon noch sehen!*fies grins*
 


 

Prolog
 

Es war mal wieder ein langer langweiliger Schultag gewesen. Die ersten beiden Stunden hatten wir in Mathe über Ableitungen gesprochen und ich zitterte wie Espenlaub auf meinem Stuhl, aus Angst dran genommen zu werden. Mathe war nicht grad meine Stärke, und selbst das war noch die Untertreibung des Jahrhunderts. Meine beste Freundin Glowy (fragt mich nicht, wie ihre Eltern auf den Namen kamen) saß neben mir und tat ihr Bestes, um mich aufzuheitern.

"Nur noch sechs Stunden", flüsterte sie mir zu. "Dann ist WOCHENENDE!"
 

"Jah!", antwortete ich ebenso euphorisch. Der strenge Blick meiner Mathelehrerin holte mich aber schnell wieder in die Gegenwart zurück.
 

"Und was ist dieses Wochenende?", fragte Glowy mich unbeirrt weiter. Ihre grauen Augen leuchteten strahlend und nicht wenige Jungs zerschmolzen dahin, wenn sie ihnen einen solch glücklichen Blick schenkte. Allerdings war sie sehr wählerisch was Jungs betraf, ebenso wie ich.
 

"Poolparty bei Jonas!!!" Ich war mir sicher, dass meine Augen nun nicht minder strahlten.
 

"Caladeth, gibt es etwas, was du uns gerne mitteilen möchtest?" Meine Mathelehrerin wirkte nun äußerst gereizt und so beschloß ich, den Bogen nicht zu überspannen. Apropos Bogen, heute hatte ich ja wieder Training bei Vater...
 

"Caladeth?" Ungeduld schwang nun in ihrer Stimme mit und ich riß mich augenblicklich zusammen.
 

"Entschuldigen Sie, Frau Macket, aber ich hatte das mit der Berechnung der Extremstellen noch nicht verstanden und fragte deshalb Glowy." Erleichtert über meine gelungene Ausrede atmete ich tief durch.
 

"So" Ein gemeines Grinsen umschloß ihren Mund "na dann kannst du uns jetzt, wo du es verstanden hast, sicher zeigen, wo wir bei dieser Funktion Extremstellen haben. Komm bitte an die Tafel, sodass alle deine Schritte nachvollziehen können."

Entgeistert sah ich sie an. Das konnte sie doch nicht machen. Das war nicht fair!

Mit wackligen Knien stand ich auf und ging langsam in Richtung Tafel. Wie ein Satz aus einer außerirdischen Sprache betrachtete ich die mir dargestellte Aufgabe.
 

"Hey! Hey!! Caladeth!" Ich drehte mich etwas zur Seite, um zu sehen, wer mich da anheyte, als ich fürchterlich erschrak. Mein Anheyer war niemand anderes als Schulschwarm und Klassenbester in jedem Fach, das er belegte: Ben.

Völlig entgeistert starrte ich ihn erstmal einige Augenblicke an, bevor mich Frau Macket durch ein Räuspern wieder an meine Aufgabe erinnerte. Panik stieg nun in mir hoch. Was sollte ich nur tun?
 

Aus den Augenwinkeln bemerkte ich eine Bewegung und sah wie Ben sich sehr merkwürdig benahm. Als ich ihm wieder einen Blick zuwarf bedeutete er mir, näher zu ihm zu kommen. Also schnappte ich mir ein Stück Kreide und stellte mich unauffällig genau vor ihn hin. Mit gerunzelter Stirn und meinen Blick starr auf die Tafel gerichtet, bemerkte meine Mathelehrerin auch nicht, wie Ben mir die Lösung der Aufgabe vorsagte.
 

Als ich die Aufgabe schließlich richtig gelöst hatte, wanderte ich wieder zu meinem Platz. Ich unterdrückte ein schadenfrohes Lachen als ich die unverhohlene Verwunderund in den Augen Frau Mackets sah, während sie meine Lösung begutachtete. Nur wiederwillig lobte sie meine, ja ich geb's zu, Bens Leistung.

"Das...ähm hast du...ähm sehr...ähm gut gemacht, Caladeth." Danach wechselte sie schnell das Thema und triezte mich für diesen Tag nicht mehr.
 

Erleichtert und äußerst zufrieden, ihr eins ausgewischt zu haben, setzte ich mich wieder auf meinen Platz, wo ich von einer sehr aufgeregten Glowy in Empfang genommen wurde.
 

"Hab ich richtig gesehen oder hab ich richtig gesehen?! Ben, also ich meine BEN hat dir aus der Klemme geholfen?!" Ihre Augen wurden kugelrund als ich benommen nickte und sie seufzte theatralisch auf.
 

Vielleicht sollte ich erwähnen, dass Glowy und ich schon seit einiger, Betonung liegt auf 'einiger' , Zeit, ok, ok, seit einem Jahr, oder vielleicht doch eher zwei..total in Ben verliebt waren. Es verging kein Tag an dem wir nicht von ihm schwärmten. Glowy hatte natürlich schon mehrmals versucht, ihn anzubaggern, doch hatte er nie so richtig angebissen und ich, na ja, ich hatte nicht solch einen Mut wie meine Freundin. So sehr wir uns auch ähnelten, beim Thema Jungs waren wir grundauf verschieden. Während Glowy zehn Verehrer an jedem Finger hatte, war ich mir nicht mal sicher, ob ich überhaupt einen hatte. Aber das war auch nicht so wichtig für uns, wir wollten nur fun haben, und den hatten wir...( ;-) )
 

"Man, hast du ein Glück..."
 

Ihre Worte missverstehend stimmte ich ihr heftig zu.

"O ja, denn hätte er mir nicht geholfen, säß ich jetzt ganz schön in der Klemme!"
 

Ich malte mir gerade aus wie Frau Macket mich gehässig grinsend vor der ganzen Klasse zur Schnecke machte und danach noch Extraaufgaben geben würde, während sie immer wieder meine Dummheit betonte, und mir dabei sämtliche kalte Schauer über den Rücken liefen, sodass ich mir schon fast wie ein Kühlschrank vorkam, da stöhnte Glowy neben mir gequält auf.

"Du Dummerchen!"
 

"Hä?" Verständnislos sah ich sie an.
 

"DAS meinte ich damit nicht!"
 

"Was denn dann?" Sie schien langsam echt die Geduld zu verlieren wegen meines Unverständnisses.
 

"Na, er hat dir geholfen, richtig?"
 

"Richtig."
 

"Bei Mathe, richtig?"
 

"Richtig."
 

"Deinem Problemfach, richtig?"
 

"Richtig." Ich schnallte immer noch nichts und langsam wurde dieses Ratespiel echt blöd.
 

"Er hat dir direkt seine Hilfe angeboten, als du aufgestanden bist, richtig?"
 

"Richtig." Ich fing an mit den Fingern auf dem Tisch zu trippeln und einen Blick zu Frau Macket zu riskieren. Sie erklärte grad irgendetwas über Sattelpunkt und sowas. Schien langweilig zu sein.
 

"Das heißt, er weiß, dass du ein Problem in Mathe hast, richtig?"
 

"Wer weiß das nicht?" Entgegenete ich gelangweilt und probierte mal ne andere Antwort. Yeah, Abwechslung rules!
 

"Und das bedeutet doch nur, dass er an dir interessiert ist und sich über dich informiert hat!" Überging sie mein Kommentar und beendete strahlend ihre Ausführungen. Sie sollte Anwältin werden, sowas wie Julia Roberts in "Die Akte", da könnte sie dann auch irgendwelche 'Fakten' zusammenphilosophieren und ein tolles Plädoyer halten.
 

"Ah ja, das bedeutet nur, dass auch er endlich mitbekommen hat, wie ich jedes Mal eine halbe Ewigkeit überlegen muss bis ich eine Aufgabe gelöst habe." Weiterhin gelangweilt fing ich an die Decke zu mustern. Mir war ja nie vorher aufgefallen, dass die so viele kleine Löcher in den Kacheln hatte! Sogleich begann ich sie zu zählen als meine Freundin mich mal wieder an meinem Gedankengang hinderte.
 

"Ätsch! Falsch! Nächster Versuch, Kanditat!" Grinste sie mich an.
 

"Er wollte der Klasse eine weitere peinliche und bescheuerte Szene ersparen?" Zweihundertzwei, zweihundertdrei, zweihundertvier...
 

"Ätsch, wieder falsch! Ganz einfach, er wollte nicht, dass sie dich wieder zusammenstaucht, weil er auf dich steht!" Zweihundertsieben, zweihundertacht, zweihundert-
 

"WAS?! Du spinnst ja!" Jetzt sah ich sie sogar wieder an. Sie wirkte ziemlich überzeugt von ihrer Theorie. Schnippisch fragte ich sie: "Und worauf stützen sich Ihre Ausführungen, Frau Anwältin?"
 

"Hierauf!" Triumphierend zauberte sie einen zusammengefalteten Brief hervor und wedelte damit vor meiner Nase. Neugierig wollte ich danach greifen, doch sie zog rechtzeitig ihre Hand wieder weg. Sie machte sich einen Spaß daraus, mich zu ärgern, was sie auch nach kurzer Zeit erreichte.
 

"GLOWY!" Entrüstet sah ich sie an und sie ließ sich schließlich erweichen.

Verwundert betrachtete ich die Vorderseite. Eine schön geschwungene Handschrift hatte mit kleinen feinen Lettern meinen Namen darauf gesetzt. Hastig faltete ich den Brief auseinander und las den Text.
 


 

Hi Cala!
 

Alles klar? Das mit Frau Macket ist ja noch mal glimpflich ausgegangen! Diese blöde Kuh soll dich endlich mal in Ruhe lassen! Ständig hackt sie auf dir rum und gibt dir grad die schwierigen Aufgaben! Es scheint ja schon so, als hätte sie Spaß dran, dich fertig zu machen! Na ja, aber ich denke für heute wird sie es nicht mehr wagen, dich zu piesacken! ;-) Sag mal,was ich dich noch fragen wollte, hättest du Lust, mir bei meinem Plakat über Delphine für Bio zu helfen? Ich hab noch keinen Partner und alleine will ich es nicht machen. Du bist ja ziemlich gut in Bio und ich fände es wirklich schön, wenn wir das zusammen machen könnten.

Ciao, schreib zurück
 

Ben
 


 

Vollkommen perplex starrte ich das Stück Papier an als komme es aus einer anderen Welt. Was sollte das denn jetzt? Erst rettet er mich vor einer weiteren Blamage in Mathe und nun will er mit mir zusammen ein Plakat für Bio machen?! Bin ich tot?! Ist das der Himmel?! Ist das ein Traum?! Ist heut Weihnachten?!

Ich kniff mir in den Arm. "Autsch!" Ok, tot war ich schon mal nicht und da ich den Brief immer noch zwischen meinen Fingern hielt, war es auch kein Traum. Und den Himmel stellte ich mir nicht gerade als Schulklasse vor. Ein Blick auf meinen Kalender verriet mir, dass heut auch ganz bestimmt nicht Weihnachten war. Also, was hab ich verpasst?!
 

"Hey, Cala! Was steht denn da? Was hat er denn geschrieben?" Neugierig wie immer versuchte sie über meine Schulter hinweg einen Blick auf den Zettel zu erhaschen, was ich aber bis dahin vereitelt hatte.
 

Immer noch in Gedanken versunken, ob irgendwas geschehen war, was ich vielleicht wieder vergessen hatte, fiel mir der Brief aus der Hand und Glowy schnappte eifrig danach. Mit immer größer werdenden Augen las sie die Zeilen einmal, und noch einmal, und noch einmal bevor sie sich sprachlos auf ihrem Sitz zurückfallen ließ.
 

"Wow!"
 

"Mmh?", verwirrt sah ich sie an.
 

"Ich hatte Recht!" Und schon hing sie mir im nächsten Moment um den Hals. Überrascht ließ ich es geschehen, spürte dann aber die giftigen Blicke unserer Lehrerin auf uns.
 

"Glowiandol! Komm bitte an die Tafel und erkläre uns anhand des Beispiels die beiden Regeln, die wir uns letzte Stunde aufgechrieben haben. Falls du dich noch daran erinnerst." Fies grinsend hielt sie der verdatterten Glowy ein Stück Kreide hin.
 

"Ähm, natürlich erinnere ich mich noch daran. Hehe.." Unsicher stand sie auf und stellte sich vor die Klasse hin. Ich hab noch nicht erwähnt, dass sie nicht gut in Mathe ist, oder? Tja, sie ist genauso grottenschlecht wie ich. Bemitleidend sah ich sie an während sie mir nur einen hilflosen Blick zuwarf. Machtlos zuckte ich mit den Schultern als ich aus den Augenwinkeln sah, wie Ben sie auf sich aufmerksam machte. Ähnlich wie bei mir postierte sie sich in seine Nähe und ließ sich von ihm die Lösung diktieren. Teils erleichtert, teils mißmutig verfolgte ich das Schauspiel. Anscheinend hatte er es sich zur Aufgabe gemacht, jedem Matheloser zu helfen. Mein Herz, das gerade noch lauter Freudensprünge gemacht hatte, verfiel augenblicklich wieder in seinen gewohnten Tiefschlaf.

Wütend griff ich nach einem Stift und schrieb eine Antwort an den Macho.
 

Hi Ben!
 

Danke, dass du mir und Glowy geholfen hast, wir Nicht-Mathe-Genies können ja echt froh sein, dass du allen hilfst, die es nötig haben.

Zu deiner Frage: ich mach bereits ein Plakat mit Julia zum Thema Wale, und Delphine interessieren mich nicht wirklich. Sorry, aber da musst du jemand anderen fragen.

Ciao,
 

Caladeth
 


 

Zufrieden betrachtete ich mein Werk und faltete den Brief zusammen.

'Ich lass mich doch von dem nicht verarschen!' Nachdem ich meinen Namen durchgestrichen und seinen stattdessen draufgeschrieben hatte, gab ich ihn Susanne, die ihn zu ihm weiterreichte. In dem Moment setzte sich Glowy japsend neben mich.
 

"Uff, das war knapp! Sie hat mich echt total überrumpelt!"
 

"Mmh."
 

"Tja, wenn unser Ben nicht gewesen wär, hätte ich ganz schön was erleben können!"
 

"Mmh." Ich begann mit meinem Radiergummi zu spielen und mied jedweden Blickkontakt mit ihr. Ich konnte mir ihr freudestrahlendes Grinsen geradezu bildlich vorstellen. So viel also zu ihren Theorien bezüglich Ben und mich.

"Du hast wirklich sagenhaftes Glück, dass der was von dir will, weißt du das?" Ungläubig sah ich sie an. Tat sie nur so oder war sie wirklich so blond wie sich gerade benahm?
 

"Ich denke nicht, dass er auch nur ein klitzekleines Bisschen an mir interessiert ist. Ich glaub eher, du solltest noch mal deine Schmachtnummer bei ihm abziehen." Leicht gereizt stützte ich meinen Kopf auf die rechte Hand und versuchte dabei so gut wie möglich ihre verdutzten Blicke zu ignorieren.
 

"Aber..."
 

"Kein aber! Versuch's noch einmal bei ihm, ich wette dass er jetzt anbeißen wird." Meine Stimme nahm langsam gefährliche Ausmaße an, was meine Freundin dazu brachte, verwirrt die Stirn zu runzeln.
 

"Äh, Cala, ich glaube, du missverstehst da was..."
 

"Nein, das glaube ich nicht!" Ich hatte keine Lust mehr mit ihr zu reden und drehte mich demonstrativ von ihr weg und blickte geradewegs in zwei traurige braune Augen, die sich zu mir umgedreht hatten. Einen Moment lang sahen wir uns einfach nur gegenseitig an, bis ich mich besann und meinen Blick wieder woandershin richtete. In meinem Innersten fuhren meine Gefühle Achterbahn, sodass ich mich nicht mal anstrengen musste, um Glowys Rede zu überhören. Warum beobachtete Ben mich? Und wieso sah er so enttäuscht aus?
 

Bevor ich mir jedoch noch weiter Gedanken darüber machen konnte, erklang wunderschöne Musik in Form unserer Schulglocke und läutete den Beginn der Pause ein. Frau Macket gab uns noch schnell ein paar Hausaufgaben auf, während ich in Rekordgeschwindigkeit meine Sachen zusammenpackte und den Raum verließ, ohne auf Glowy zu warten.
 

Schnurstracks lief ich durch die vielen Gänge, ich wollte jetzt irgendwohin, wo mich niemand mit Ben nervte. Am Besten wäre da Marta, sie war lesbisch und somit die einzige an unserer Schule, die nicht in Ben verknallt war. Ich bog gerade in Formel 1 Tempo um die nächste Ecke als ich mit etwas zusammenstieß und unsaft auf meinen Hintern fiel. Benommen sah ich nach oben und erkannte, dass das 'etwas' ein Junge war, mit dem ich ein paar Kurse hatte. Entschuldigend sah er mich an und streckte mir seine Hand entgegen.
 

"Sorry, Cala, ich hab dich nicht gesehen!" Ich ergriff seine Hand und er zog mich mit Leichtigkeit wieder auf die Füße.
 

"Kein Problem, Jonas." Ich zuckte mit den Achseln und sammelte mein Zeug wieder ein, was nun verstreut über den Gang lag. Jonas kniete neben mir und half mir dabei.
 

"Hey, ähm, du kommst doch heute Abend auch zu meiner Party, oder?" Ich hatte inzwischen all meine Sachen wieder beisammen und wir gingen gemeinsam rüber zum Gemeinschaftsraum der Oberstufe.
 

"Ja, klar komme ich!"
 

"Super! Das wird bestimmt voll lustig!"
 

"Sag mal, haben deine Eltern nichts dagegen?"
 

"Ach, die fahren über's Wochenende zu meinen Großeltern ins Sauerland. Die haben gerade einen Nachbarschaftsstreit und meine Eltern wollen versuchen, ihn zu schlichten. Immerhin dauert er jetzt schon über zehn Monate! Nun ja, da wollte ich meine Eltern nicht mit so einer Kleinigkeit wie einer Fete belästigen..." Gekonnt setzte er seine berüchtigte Unschuldmiene auf, was mich zum Lachen brachte.
 

"Jonas, du bist echt unmöglich!"
 

"Ich weiß." Er grinste nur frech und ich musste erneut lachen.

Wir setzten uns gemeinsam mit ein paar anderen Leuten aus unserer Stufe an einen Tisch und genossen unsere Pause.
 

Danach hatte ich eine Stunde Sozialwissenschaften bei Herr Pfeiffer, der mein absoluter Hasslehrer war. Diese 'Sympathie' beruhte leider auch auf Gegenseitigkeit, was ich nur zu deutlich zu spüren bekam. Nach dieser Schreckensstunde hatte ich eine Stunde Spanisch bei Frau Lehmann, was einfach nur langweilig und blöd war. Sophia saß neben mir und zusammen beteten wir zum Gott der Zeit, die Stunde möge schnell vorbeigehen. Wie immer schien er grad anderweitig beschäftigt zu sein.
 

In dieser großen Pause ging ich Glowy wieder aus dem Weg indem ich mit Julia in die Stadt ging, um etwas zu essen zu besorgen.
 

Die nächsten zwei Stunden vergingen dann doch wie im Flug als wir dann auch schon unser letztes Fach vor dem lang ersehnten Wochenende hatten. Zwei Stunden Geschichte bei Herr Pfuhl. Obwohl es echt ziemlich langweilig war, vertrieb ich mir die Zeit sinnvoll, indem ich Hausaufgaben machte. Das ging, da ich in der letzten Reihe saß und mein Lehrer das eh nicht so eng sah.
 

Plötzlich schob mir meine Nachbarin Alex ein Briefchen zu. Genervt öffnete ich es und meine Vorahnung bestätigte sich als ich die ersten Zeilen überflogen hatte: er war von Ben. Anscheinend hatte es nichts genützt ihn während der letzten vier Stunden zu ignorieren genauso wie Glowy.
 

Das ist schade. Ich hätte mich sehr gefreut, es mit dir zu machen...Interessieren Delphine dich wirklich nicht, oder willst du einfach nur nicht mit mir zusammenarbeiten?
 

"Das kann dir doch vollkommen egal sein...", grummelte ich vor mich hin als ich mich zu einer Antwort herabließ. Die bohrenden Blicke Glowys spürte ich schon gar nicht mehr.
 


 

Nun, wenn du unbedingt die Wahrheit wissen willst: nein, ich will nicht mit dir zusammenarbeiten. Zufrieden?
 

Ja, ich weiß, ich kann manchmal echt gemein sein, aber irgendwie war ich total frustriert und wütend und...ein klein wenig eifersüchtig. Sollte er doch Glowy fragen. Ich gab den Brief zurück, gerne hätte ich das Gesicht gesehen, dass er nach meiner Antwort gemacht hatte, doch traute ich mich irgendwie nicht. Deshalb vertiefte ich mich wieder in meinen Berg von Hausaufgaben.
 

Als eineinhalb Stunden später endlich die Glocke läutete, sprangen alle übermotiviert von ihren Plätzen auf und feierten den Beginn des Wochenenedes. Schon liefen gackernde Mädchen durch die Gänge, die sich überlegten, was sie für die Party bei Jonas anziehen wollten.
 

Kopfschüttelt ging ich an ihnen vorbei und dachte über mein

Bogenschießentraining nach. Ich schoß nun bereits seit ich sechs Jahre alt war, also seit elf Jahren jeden Tag und es machte mir immer noch unheimlichen Spaß. Glowy machte auch beim Training mit, sie war fast wie eine Schwester für mich, denn wir taten so gut wie alles zusammen. Wir wohnten sogar zusammen, denn ihre Eltern waren vor vielen Jahren gestorben. Nun lebten meine beiden Eltern, Glowy und ich in einem kleinen gemütlichen Haus am Ende unseres kleinen Heimatdörfchens. Wir hatten ziemlich viel Spaß zusammen, wir verstanden uns super und waren wie eine kleine Familie. Glowy verstand sich selbst mit meinen Großeltern, die nun wirklich etwas eigenartig waren und mit denen nicht jeder klarkam.
 

Zuhause stapfte ich geschwind die Treppen hoch in mein Zimmer, warf meinen Eastpak mit den Schulsachen in eine Ecke und schmiß mich selbst auf mein gemütliches Wasserbett. Ich schloß die Augen und dachte an die Party, die am Abend stattfand. Schlagartig war meine Laune auf den Höchststand gestiegen und ich fühlte mich bereit, um Glowy beim Mittagessen gegenüberzutreten. Also sprang ich auf und lief hinunter in die Küche. Dort erwartete mich bereits meine Mutter am Herd und mein Vater saß am Tisch und las Zeitung. Glowy war noch nicht da.
 

"Hi Ma, hi Pa!"
 

"Hallo Cala!"
 

"Hi Cala! Wie war die Schule?"
 

"Ganz okay." Sagte ich ausweichend und ließ mich auf meinen Platz plumpsen.

Im nächsten Moment wurde die Tür ruckartig aufgeschlossen und lautstark wieder zugeworfen, und eine zerstreute Glowy betrat die Küche. Nachdem sie meine Eltern begrüßt hatte, warf sie mir einen schiefen Blick zu, bevor sie sich neben mich setzte.
 

Ungewohnt schweigend nahmen wir unser Mittagessen ein, bevor wir uns nach oben in unsere Zimmer verzogen, die sorgenvollen Blicke meiner Eltern übersehend. Ich hatte mich grad an meinen Schreibtisch gesetzt, um am PC im Internet weitere Informationen über Wale rauszusuchen als es schon an meiner Tür klopfte. Es war nicht schwer zu erraten, wer das war.
 

"Herein!", mißmutig wandte ich mich vom Bildschirm ab und sah zur Tür. Leise öffnete Glowy sie und trat ein.
 

"Hey, ich glaub, ich muß mal mit dir sprechen."
 

"Tu dir keinen Zwang an." Sie biß sich auf die Unterlippe und sah mich unsicher an.
 

"Hör zu, nur weil Ben mir auch geholfen hat, heißt das nicht, dass er was von mir will. Denn er will ganz bestimmt was..."
 

"...von dir." Beendete ich ihren Satz. Genervt verdrehte ich die Augen. "Das ist nichts neues, Glowy, also bitte verschone mich damit. Er will was von dir und das ist ok, schnapp ihn dir! Nur geh mir nicht auf die Nerven! Wie du siehst, hab ich noch einiges zu tun. Also, sonst noch was, worüber du mit mir reden willst?" Herausfordernd sah ich sie an und sie erwiderte meinen Blick.
 

"Ja, allerdings! ER. WILL. NICHTS. VON. MIR. Kapische?"
 

"Nein."
 

"Jetzt sei doch nicht so verbohrt!"
 

"Ich bin verbohrt!?"
 

"Allerdings!"
 

"Oh, dankeschön!", giftete ich sie an.
 

"Bitteschön!"
 

"Mmh!" Ein zweistimmig verstimmter Laut und schon hielten wir die Arme vor uns verschränkt und spießten uns mit Blicken gegenseitig auf. Schließlich riß Glowy der Geduldsfaden.
 

"Oh Cala! Wem hat er denn einen Brief geschrieben und sie gebeten mit ihm ein Plakat für Bio zu machen? Hmh?"
 

"Das hat, wie man es ja nachher gesehen hat, überhaupt nichts zu bedeuten! Aber wenn es dich beruhigt: ich hab nein gesagt. Also kannst du ihm ja anbieten, ihm zu helfen. Und nun lass mich in Ruhe!" Damit wandte ich mich zu meinem PC um und beachtete sie gar nicht mehr.
 

Wutentbrannt stand sie auf. "Du bist wirklich eine dumme verbohrte Gans! Er.."
 

"Dahinten ist die Tür, falls du das nach sechzehn Jahren vergessen haben solltest. Und tschüß!" Sie schnaubte noch einmal und schon rauschte sie aus meinem Zimmer.
 

Seufzend machte ich mich wieder an die Arbeit.
 

Am späten Nachmittag dann fuhren wir alle gemeinsam in Papas Auto ins nächste Dorf, um unsere Großeltern zu besuchen. Dabei trugen Glowy und ich graue lange Gewänder, die sehr leicht waren und so perfekt für unser Bogenschießentraining nach dem Besuch waren. Unsere Bögen nahmen wir natürlich auch mit. Wir hatten vor kurzem neue bekommen und nun präsentierten wir sie Oma und Opa voller Stolz.
 

Sie zeigten sich auch gebührend beeindruckt, sodass wir es uns alle zufrieden im Wohnzimmer des Hauses gemütlich machten.
 

"Habt ihr eure neuen Bögen bereits ausprobiert?", fragte Opa uns neugierig während er uns allen etwas zu trinken einschenkte.
 

"Nein, leider noch nicht. Wir haben sie erst gestern bekommen und hatten bis jetzt noch keine Zeit, sie zu testen." Gedankenverloren strich ich über das glatte Holz meines Bogens und betrachtete die verschiedenen kunstvoll angefertigten Verzierungen darauf. Er war wirklich sehr schön, ich war gespannt darauf, zu sehen, wie es sich anfühlte mit ihm zu schießen.
 

Meine Oma beobachtete mich lächelnd. "Wie wäre es, wenn ihr jetzt nach draußen in den Garten geht und schon mal ein paar Probedurchläufe macht?"
 

Begeistert sprang ich auf und rannte in den riesigen Garten, dicht gefolgt von Glowy. Aus einem kleinen Schuppen voller Gartengeräte kramten wir auch zwei Zielscheiben hervor und stellten sie nebeneinander auf. Ich maß ungefähr fünfzig Schritt ab und stellte mich in Position. Äußerst konzentriert spannte ich den Bogen und legte einen grau gefiederten Pfeil auf. Einen Augenblick lang verharrte ich in dieser Stellung und versuchte meine ganze Umgebung aus meinem Denken auszusperren. Der Wind wehte mir meine langen Haare ins Gesicht, doch schenkte ich dem keine Beachtung. Allein der Pfeil in meiner Hand und die Zielscheibe existierten noch für mich. Dann ließ ich los. Gespannt sah ich dem Pfeil hinterher und stellte zufrieden fest, wie er genau ins Schwarze traf. Ein kurzer Blick zu Glowys Zielscheibe verriet mir, dass sie ebenfalls genau die Mitte getroffen hatte. Ich wog den Bogen in meiner Hand hin und her und musste zugeben, dass er wirklich gut in der Hand lag, viel besser als mein letzter.
 

Gemeinsam mit Glowy schritt ich zu meiner Zielscheibe und verstellte sie um fünfzig Meter nach hinten. Erneut schoß ich einen Pfeil ab, um wieder ins Schwarze zu treffen. Ich lächelte vor mich hin, als meine Freundin mich plötzlich aus meinen Gedanken schreckte.
 

"Hey Cala, wie läuft's mit dem neuen Bogen?" Vorsichtig lächelte sie mich an, als fürchetete sie, dass ich sie wieder zusammenstauchen würde. Innerlich seufzte ich resignierend und beschloss mich wieder normal ihr gegenüber zu verhalten. Zumindest solange sie das Thema 'Ben' nicht ansprach.
 

"Super! Er fühlt sich richtig gut an! Du wirst es nun noch schwerer gegen mich haben als vorher." Ich grinste sie an und sie erwiderte es selbstsicher.
 

"So, denkst du? Nun, also ich komme mit meinem Bogen auch sehr gut zurecht." Abschätzend warf sie ihn von einer Hand zur anderen.
 

"Das wird dir absolut nicht helfen. Du wirst mich nie schlagen." Gespielt arrogant richtete ich mich zu meiner vollen, wenn auch nicht sonderlich großen, Größe auf und verengte meinen Augen zu Schlitzen.
 

"Wir werden sehen." Lässig warf sie sich eine schwarze Strähne über die Schulter. Wir konnten nun nicht mehr an uns halten und lachten fröhlich los. Unsere alte Unbeschwertheit war zurückgekehrt und der morgenliche Streit vergessen.
 

Wir übten noch eine Weile weiter und begutachteten dabei die Schüsse des jeweils anderen. Unter vielen bewundernden Komplimenten versuchten wir dann auch uns gegenseitig auf kleinere Fehler aufmerksam zu machen. Schließlich war schon eine Stunde vergangen und wir beschlossen, zurück ins Haus zu gehen.
 

"...du hast perfekt das Schwarze getroffen, doch musst du darauf achten, dass du dich wirklich nur auf den Pfeil in deiner Hand und dein Ziel konzentrierst, das ist sehr wichtig. Sonst könnte es bei einem Wettkampf passieren, dass du dich ablenken lässt und nicht sauber schießt."
 

"Ja, du hast Recht. Du dagegen schießt einfach unglaublich! Nichts kann man bei dir noch verbessern und ich fürchte wirklich, dass ich niemals besser als du sein werde...Ich frage mich, warum Vater dich überhaupt noch unterrichtet."
 

Ich seufzte. "Ich weiß es auch nicht. Aber scheinbar bin ich eben doch nicht gut genug. Da gibt es dann ja noch Hoffnung für dich." Ich zwinkerte ihr zu und sie schüttelte grinsend den Kopf.
 

Wir gingen gerade den Gang entlang zum Wohnzimmer als wir laute Stimmen daraus hören konnten. Offenbar stritten sich unsere Eltern mit unseren Großeltern. Dies kam so gut wie gar nicht vor, umso verwunderter blieben wir stehen und lauschten.
 

"...sie sind noch nicht so weit! Das könnt ihr nicht machen! DAS WERDE ICH NICHT ZULASSEN!" Unter der ungewohnt hohen Lautstärke meines Vaters zuckte ich ungewollt zusammen. Was war denn da nur los?
 

"Du hast keine Wahl. Sie ist unsere Enkelin und hat somit Verpflichtungen. Es wird Zeit, dass sie diese zu übernehmen lernt und erfährt wer sie wirklich ist. Außerdem werden wir sie unterstützen und Glowy ist ja noch bei ihr." Die Stimme unserer Großmutter war klar und deutlich, doch schien sie keinerlei Widerworte zu dulden. Trotzdem mischte sich jetzt auch unsere Mutter ein.
 

"Sie ist noch zu jung! Beide sind noch zu jung! Wartet noch ein paar Jahre, gebt ihnen noch etwas Zeit! Bitte!"
 

"Nein, sie sind alt genug. Und wieso überlassen wir ihnen nicht die Entscheidung?"
 

"Vater, sie können das noch nicht entscheiden! Sie werden es nicht verstehen...Wir sollten ihnen noch nichts davon sagen."
 

"Tut mir leid, meine Tochter, doch dafür ist es bereits zu spät. Sie stehen draußen vor der Tür und hören uns zu."
 

Die plötzliche Stille im Raum machte mir Angst, noch mehr jedoch die Tatsache, dass nun alle wussten, dass wir gelauscht hatten. Bevor ich allerdings über einen überstürzten Fluchtversuch nachdenken konnte, ging die Tür bereits auf und Oma bat uns herein zu kommen.
 

"Hehehe, wir ähm haben nicht absichtlich gelauscht...nur ihr ähm, na ja, es war..." Begann ich einen Erklärungversuch, verhaspelte mich aber schnell. Zum Glück half Glowy mir aus der Bredouille.
 

"Wir kamen grad vom Bogenschießen und wussten nicht, ob wir euch ähm stören sollten oder ob wir wieder gehen sollten. Na ja, so sind wir halt stehen geblieben..."
 

Zu unserer beiderseitigen Überraschung wischte Opa dies mit einer Handbewegung zur Seite und deutete uns, uns hinzusetzen. Verwirrt folgten wir dieser Aufforderung. Ich warf einen Blick hinüber zu unseren Eltern und musste zu meinem Schrecken feststellen, dass sie ziemlich unglücklich aussahen. Was ging denn jetzt?
 

"Nun, Caladeth, Glowiandol, es gibt da etwas, worüber wir mit euch sprechen müssen." Oma legte eine bedeutungsschwangere Pause ein und ich verdrehte genervt die Augen. Sie hatte eine Schwäche für dramatische Auftritte. Hoffentlich zog sie nicht wieder die Lichtershow ab, die war nun wirklich total überholt.
 

"Wie ihr wisst, kommen wir ja nicht aus diesem Land." Ich nickte gelangweilt und wickelte mir eine von Glowys Haarsträhnen um den Finger.

"Allerdings kommen wir, um genau zu sein, auch nicht von dieser Welt. Wir kommen von Mittelerde." Ich setzte mich ruckartig kerzengerade hin und riß dabei aus Versehen Glowy sämtliche Haare aus.
 

WAS?!
 

"Autsch!!! Pass doch auf!" Ich starrte sie nur an als käme sie vom Mars und wandte mich dann wütend und ziemlich ungläubig an Oma.
 

"Ach ja, und was machen wir dann bitteschön hier? Ich mein, wahrscheinlich sind wir auch noch Elben, adelige Elben!" Meine Stimme troff nur so vor Sarkasmus, was aber irgendwie niemanden zu interessieren schien. Ich wollte gerade anfangen beleidigt rumzugrummeln, als ich eine Antwort erhielt.
 

"Allerdings, ihr seid adelige Elben aus Lothlorien." Ich begann hysterisch zu kichern und kniff mir unablässig in den Arm, verzweifelt hoffend, dass das nur ein Traum war. Oder zumindest ein blöder Scherz.
 

"Glowy, ist heute der erste April?" Sie schüttelte fassungslos den Kopf. "Nicht, dass ich wüsste..."
 

"Was soll der Schmarn? Mama, Papa, was soll das alles?" Ernsthaft verwirrt suchte ich Unterstützung bei unseren Eltern, die nicht minder verzweifelt schienen wie wir.
 

"Sie haben Recht, mein Kind. Wir kommen aus Lorien. Vor vielen Jahren, kurz nach deiner Geburt, beschlossen wir in diese Welt zur reisen, um dich vor dem Bösen zu schützen."
 

"Dem Bösen? Aber...Sauron ist doch seit langer Zeit vernichtet."
 

"Schon, aber er hatte einen Sohn, Lephisto. Er verbreitete erneut Angst und Schrecken in Mittelerde und griff auch Lorien an. Wir mussten dich und Glowy in Sicherheit bringen, da er euch unbedingt töten wollte." Ich schluckte. Einmal, zweimal, dreimal...'Bin ich verrückt?'
 

Oma lächelte sanft. "Nein, du bist nicht verrückt. Es ist wahr. Das ist auch der Grund, warum euch der Umgang mit Pfeil und Bogen und mit dem Schwert beigebracht wurde."
 

"Habt ihr uns deshalb so viel über Mittelerde und seine Bewohner erzählt? Über die Kriege und anderen Geschehnisse?" Oma nickte heftig und Glowy und ich seufzten gleichzeitig auf. Na toll, wir waren Elben. Und jetzt?
 

"Sagt mal, gerade meintet ihr, wir wären Adelige. Ähm, wie adelig sind wir denn...?" Glowys Augen glitzterten erwartungsvoll und ich warf ihr nur einen vernichtenden Blick zu. War ja mal wieder typisch, mein ganzes Weltbild brach zusammen und sie dachtet nur daran, wie reich sie war.
 

"Du bist die Tochter des ehemaligen königlichen Beraters und hast somit eine wichtige Position am Hofe Loriens inne." Aus den Augenwinkeln sah ich, wie ihr Kiefer unkontrolliert auf- und zuklappte vor Freude. Na toll, jetzt hebt sie wahrscheinlich total ab.
 

"Und du, Calade-"
 

"Nein, ich will es gar nicht wissen! Es ist mir egal, wer ich bin!"
 

"Aber-"
 

"Kein aber! Erst lügt ihr uns jahrelang an, von wegen, wir wären Menschen. Nur durch Zufall erfahren wir, dass wir aber Elben sind und auch noch ADELIGE! Wieviel verschweigt ihr uns denn noch?" Ich war wirklich wütend. Uns so zu überrumpeln und dann auch noch erwarten, wir wären total aus dem Häuschen...na gut, bei Glowy haben sie dabei ja genau ins Schwarze getroffen. Aber ich war nicht umsonst die dickköpfigste aus der Familie.
 

Unsere Großeltern sahen mich betreten an und schienen endlich auf den Gedanken gekommen zu sein, Gewissensbisse zu kriegen. Wurde ja auch langsam mal Zeit.

Glowy neben mir dagegen strahlte wie eine Atombombe.

"Hey, jetzt reg dich ab! Lass uns doch erstmal sehen, wie es da so ist! Vielleicht gefällt es uns ja dort?! Können wir denn wieder zurück?" Mit ihrem letzten Satz wandte sie sich unvermittelt an meine Großeltern, die nur schweigend nickten.

Meine Reaktion schien sie doch ziemlich mitgenommen zu haben. Aber es war doch wahr! Mein ganzes Leben war eine Lüge gewesen! Ich musste mich erstmal an den Gedanken gewöhnen, kein Mensch zu sein, bevor ich die ganze Wahrheit über meine Existenz wissen wollte.
 

"Komm Cala, lass uns mal checken, wie es so in Mittelerde ist! Und natürlich wie die Typen da so drauf sind!" Sie zwinkerte mir verschwörerisch zu und wartete gespannt auf meine Antwort.
 

Ich überlegte einen Moment. In der Tat hatte ich mir schon immer mal gewünscht, Minas Tirith, die berüchtigte weiße Stadt mit dem weißen Baum, oder das Auenland zu besuchen und Frodo zu begegnen, der ja die schönsten blauen Augen haben sollte, die es gab, und Edoras mit seinen tollen Pferden zu besichtigen, und Bruchtal mit der riesigen Blibliothek, und Düsterwald, mit dem düsteren Wald...ätsch, nee, also da zog es mich nicht wirklich hin. Obwohl, Legolas sollte ja ziemlich gut aussehen...
 

Schließlich hielt es meine beste Freundin nicht mehr aus vor Neugierde.

"Also, was ist? Kommst du mit mir? Bitteeeeee!!" Aus großen Hundeaugen sah sie mich an und so gab ich mich schließlich geschlagen.

"Jippeeeh!" Und schon hing mir ein schwarzhaariges, freudestrahlendes etwas um den Hals.
 

Unsere Eltern und Großeltern atmeteten sichtlich erleichtert auf und lächelten uns zu.

"Gut. Da das nun besprochen ist, würde ich vorschlagen, dass wir euch mal euer wahres Zuhause zeigen!" Voller Tatendrang gingen unsere Großeltern voran in den Keller.
 

Verwirrt folgte ich hinter der wild rumhüpfenden Glowy. Ich packte meinen neuen Bogen in die eine und meine Tasche in die andere Hand. Mein Köcher mit zwei dutzend Pfeilen darin hing mir über der Schulter. Zufrieden grunzte ich. Ich war für alles gewappnet, egal, was noch so auf mich zukommen würde.
 

Vor einem riesigen Spiegel hielten wir an. Er war mir schon früher aufgefallen, doch hatten Oma und Opa uns immer verboten, auch nur in seine Nähe zu kommen.

Er überragte mich ein ganzes Stück und war auch doppelt so breit wie ich. Rund um das Glas herum zierten kunstvoll angefertigte Ornamente den silbernen Rahmen und gaben dem Spiegel eine wahrhaft imponierende Note. Oma erzählte gerade irgendetwas von wegen '...ihr müsst ganz fest an Lorien denken, damit ihr dorthin kommt', als ich vollkommen fasziniert den Spiegel von Näherem betrachtete.
 

Ich wollte auch so einen schönen Spiegel haben!
 

Plötzlich stieß mich etwas unsanft in die Seite und ich begann gefährlich zu torkeln - in Richtung Spiegel! Im nächsten Moment durchstieß mein Arm auch schon die weiche Materie und ich hinterher. Nur undeutlich hörte ich noch erschrockene Rufe hinter mir. Moment mal, weiche Materie!? Tatsächlich, ich war durch den Spiegel durchgegangen!! Ich landete irgendwo weich, dann wurde mir schwarz vor Augen.
 


 

****
 

Freu mich über Kommis...

Kennenlernen der etwas anderen Art

Ich hörte Vogelgezwitscher und entfernte Stimmen. Aber vielleicht kamen diese Stimmen auch aus meinem Kopf, der sich wie Wackelpudding anfühlte.
 

Ein Schatten legte sich über mich. Mein Herz schlug mir bis zum Hals vor Angst als ich langsam die Augen öffnete und direkt in ein Paar gütige blaue Augen blickte. Überrascht starrte ich ihn an. Wer war denn das? Ich hörte Pferdeschnauben und sah mich um. Um mich herum standen mehrere Pferde mit Reitern, allesamt lange Haare und wirklich schön anzusehen. Die Pferde natürlich.
 

'Das sind Elben!', schoss es mir durch den Kopf und ich musterte mein Gegenüber mit unverhohlener Neugierde. Doch wo waren Glowy, meine Eltern und meine Großeltern?! Das hier war aber nicht Lorien, oder?!
 

"Mae govannen! Nin estar Elrond a man ce?"*1
 

Ich antwortete nicht, denn meine ganze Aufmerksamkeit galt nun dem Pferd meines Gegenübers. Es stand neben ihm und graste. Deutlich zeichneten sich seine Muskeln ab bei jeder noch so kleinen Bewegung. Zudem war es sehr groß. Ob es eins der Meares war?
 

"Sen adaneth, adar."*2

Ein junger Elb mit schwarzen Haaren ritt an die Seite meines Gegenübers und bedachte mich mit weniger freundlichen Blicken.
 

Empört blitzte ich ihn an und malte mir aus wie er schreiend vor mir weglaufen würde, wenn ich mit dem Pfeil auf ihn zielen würde.

Breit grinsend stand ich auf und sog die Luft des Waldes ein. Umgeben von lauter Fichten, Tannen und Birken fühlte ich mich ziemlich wohl. Es war wirklich schön hier. Wo genau in Mittelerde ich wohl gelandet war?
 

"Wir sollten sie hierlassen, sie ist nur eine Last für uns."
 

Ich warf dem ungehobelten Elben einen vernichtenden Blick zu, wobei ich das amüsierte Grinsen meines Gegenübers übersah. Schneller als sie reagieren konnten hatte ich Pfeil und Bogen gezogen und schoß damit zweimal in die Baumwipfel. Seelenruhig hing ich mir den Bogen wieder über die Schulter und sah den schwarhaarigen Elben triumphierend an. Der jedoch schien genau wie seine Begleiter ziemlich verwirrt zu sein.
 

"Was sollte das denn?!", fragte er seinen Nachbarn und sah mich mißtrauisch an, dann lachte er.

"Nun, sie scheint etwas verwirrt zu sein." Er kreiste mit seinem Finger um seine Schläfe rum und konnte sich kaum auf dem Pferd halten vor lachen. Da er jedoch der einzige war, der lachte, ignorierte ich sein Kommentar. Plötzlich knackte etwas in den Bäumen. Zu spät realisierte der freche Elbe, was geschah, da fiel er auch ziemlich unelbisch und unsanft auf den Boden und hielt sich den schmerzenden Kopf.
 

"Aua!" Zwei Tannenzapfen lagen neben ihm und er blickte verstört drein. Zufrieden stellte ich fest, dass seine ganzen Begleiter nun lachten - und zwar über ihn.
 

Grinsend schlenderte ich rüber zu seinem Pferd und schwang mich behände auf dessen Rücken. Es blieb ruhig stehen und ließ es freundlich schnaubend geschehen.
 

"Tja, Herr Elb, kleine Sünden bestraft Eru sofort." Ich streichelte die Stute und sie schubbelte ihre Nüstern an meinem Bein. Ich lachte leicht.

"Außerdem lassen Eure Manieren stark zu wünschen übrig, wo Ihr doch etwas besseres als nur ein MENSCH seid. Und zu Eurer Information: ich reite jetzt auf diesem Pferd. Ihr könnt Euch ja an einen Elben wenden, der keine Last für Euch ist." Ich grinste ihn fies an und wollte mich gerade an den Elben wenden, den ich beim Aufwachen gesehen hatte, als jemand erneut lachte. Ich drehte mich um und sah exakt denselben Elben, wie ich ihn vom Pferd geschossen hatte, auf mich zukommen. Sie waren offensichtlich Zwillinge. Er lächelte mich freundlich an und nahm meine Hand.
 

"Mae govannen, hiril nîn.*3 Es ist mir eine Ehre Euch kennenzulernen." Ein eigenartiges Funkeln trat in seine Augen und ich legte verwirrt den Kopf zur Seite. Offensichtlich fand er Gefallen an dieser Geste, denn er grinste süß.
 

"Ihr wißt, dass ich soeben Euren Bruder vor seinen Begleitern blamiert habe?"
 

Er zuckte unbeeindruckt mit den Schultern. "Es tut ihm gut, mal einen Dämpfer zu bekommen. Gerade von einer so hübschen Frau." Den empörten Laut seines Bruders ignorierend hauchte er mir einen sanften Kuss auf die Hand und ich spürte doch tatsächlich wie ich rot wurde! Gott, wie peinlich!
 

"Und was macht Euch so sicher, dass ich mit Euch nicht dasselbe tun werde?" Herausfordernd sah ich ihn an und war ehrlich gespannt auf seine Antwort.
 

"Ich werde einfach versuchen, Euch keinen Grund dafür zu geben." Erneut hauchte er einen Kuss auf meine Hand. Langsam wurde mir diese Schleimerei von ihm echt zu viel. Genervt entzog ich ihm meine Hand.
 

"Wenn ihr das wirklich wollt, solltet Ihr aufhören, mir Honig um meinen leider nicht vorhandenen Bart zu schmieren." Endlich konnte ich das Wort an den immer noch gütig lächelnden Elben stellen.
 

"Wohin führt Euch Eure Reise?", fragte ich ihn höflich.
 

"Wir kommen aus Bruchtal und sind auf dem Weg nach Lorien."
 

"Lorien?! Wundervoll! Da muss ich auch hin!" Begeistert klatschte ich in die Hände wie ein kleines Kind. Ich hoffte in Lorien auf den Rest meiner Familie zu treffen, schließlich sollte ja Lothlorien unsere 'wahre' Heimat sein.

"Worauf warten wir dann noch?! Lasst uns losreiten!" Voller Tatendrang griff ich in die Mähne meines Pferdes und wartete darauf, dass die anderen sich in Bewegung setzten.
 

Der ältere Elb nickte und stieg auf sein Pferd. Mit einer wirklich anmutigen Handbewegung befahl er die Weiterreise. Und niemand achtete auf den immer noch am Boden sitzenden Elben, der offensichtlich schmollte.

"Tztztztz..." Ich konnte nur den Kopf schütteln und ritt neben dem anführenden Elben. Aus den Augenwinkeln sah ich wie sein Bruder sich seiner erbarmte und zu sich aufs Pferd steigen ließ.
 

"Wer seid Ihr eigentlich?" Neugierig wandte ich mich meinem Nachbarn zu.
 

"Mein Name ist Elrond und die zwei Elben, denen Ihr gerade eine Lektion erteilt habt sind meine Söhne Elladan und Elrohir." Ich sah hinüber zu den Zwillingen, die nun neben ihrem Vater ritten und betrachtete sie kritisch. Dass der ältere Elb Elrond war, glaubte ich gerne, er hatte so eine vertrauenswürdige Aura um sich. Doch dass diese zwei ungehobelten Elben Prinzen sein sollten, wollte ich nicht recht glauben. Nachdenklich runzelte ich die Stirn. Armes Bruchtal.
 

"Wollt Ihr damit andeuten, ähm, dass diese zwei Elben, die keinerlei Manieren noch sowas wie Anstand besitzen die Thronfolger von Imladris sind?!" Entgeistert sah ich wie Elrond grinsend nickte. Zwei Personen zogen eingeschnappt die Luft ein, während zwanzig Begleiter krampfhaft versuchten nicht loszulachen.
 

"Wißt Ihr, Ihr gefallt mir." Verwundert sah ich zu einer jungen Elbe, die neben mir ritt. Sie hatte verdammt große Ähnlichkeit mit den Zwillingen. Ob sie Arwen war?
 

"Wieso?"
 

"Ihr seid wahrlich die erste Frau, die dem Charme meiner Brüder widersteht."
 

Ich schnaubte verächtlich. "Welcher Charme?"
 

Sie lachte vergnügt.
 

"Außerdem haben sie mich nicht gerade höflich begrüßt. Ich denke, ich hatte jedes Recht so zu reagieren."
 

"Oh, da stimme ich vollkommen mit Euch überein. Wie Elrohir schon sagte" sie warf einen fiesen Blick zu ihren Brüdern "haben sie diesen Dämpfer bitter nötig gehabt, damit sie wieder auf den Boden der Tatsachen zurückkehren."
 

Ich funkelte sie freudig an, konnte aber keine Lüge oder Spott mir gegenüber sehen. Sie war mir sympathisch.
 

"Ich bin übrigens Arwen."
 

"Nenn mich Cala, das tun alle." Sie nickte und so ritten wir nebeneinander durch den Wald.
 

Es waren ein paar Stunden vergangen und mir war langweilig. Laaangweilig. Nix passierte, aber auch absolut gar nichts. Selbst das Spielchen wer-ist-der-schönste-Elb-mit-den-besten-geflochtenen-Zöpfchen-Mittelerdes-Kontest wurde mit der Zeit langweilig, da alle als der strahlende Sieger hätten betrachtet werden können. Wo blieben nur die tollen Jungs mit den kurzen gegelten Haaren?! Gab es denn niemand, der gegen den Strom schwamm?! Alles Mitläufer...nene..von wegen die weisesten Geschöpfe..tztz... Also, was nu?
 

Nachdenklich ließ ich meinen Blick über die Wiesen des Schattenbachtals gleiten bis hinauf zu den Bergen des Nebelgebirges. Es war schön hier, zweifellos und doch änderte es nichts an meiner Gefühlslage.
 

Seufzend stützte ich mein Kinn auf meine Hand und schloss die Augen. Selbst reiten machte keinen Spaß. Plötzlich spürte ich wie jemand sein Pferd neben mich lenkte. Vorsichtig öffnete ich die Augen und sah direkt in die Gesichter Elladans und Elrohirs. Ich stöhnte laut auf und schloss die Lider wieder. Ich hatte keine Lust jetzt von diesen zwei Machos angegraben zu weden, die jedem Rockzipfel hinterherliefen.
 

Einer von beiden räusperte sich, ich glaube, es war Elrohir.

"Lady Cala, wir, also mein Bruder Elrohir und ich, wollen uns bei Euch für unser unwürdiges Verhalten Euch gegenüber entschuldigen. Wir hatten kein Recht, Euch so zu nahe zu treten."
 

Ok, es war nicht Elrohir gewesen. Ich öffnete wieder meine Äuglein und erblickte zwei zutiefst reumütige Elben. Ich lächelte.

"Ach, schon vergessen." Ungläubig sahen sie mich an und ich verdrehte ungeduldig die Augen.

"Jetzt guckt nicht so! Ich bin nicht sauer auf Euch, okay?"
 

"Ja..., danke! Das ist wirklich sehr-"
 

"Nennt mich Cala. Nur Cala, verstanden?" Sie nickten synchron und ich richtete meinen Blick wieder auf die Berge seitlich von uns. Wir würden in zwei Tagen die Ausläufer des Gebirges verlassen und entlang des Celebrant nach Lorien reiten. In ungefähr vier Tagen, sollten wir dort ankommen, hatte Elrond gesagt. 'Hoffentlich stimmt das...' Grimmig flocht ich die Mähne von Tinka (so hatte ich meine Stute getauft und der Name schien ihr zu gefallen, denn inzwischen hörte sie nur noch auf ihn) zu kleine Zöpfe.
 

Ich fing an leise ein Lied zu trällern als ich mir ohne Vorwarnung mit voller Wucht die flache Hand gegen die Stirn schlug. Wenn Dummheit wehtun würde, läge ich jetzt bestimmt massakriert in einem Kanu und würde den Anduin entlangschippern...
 

Hastig öffnete ich meinen Eastpack, den ich auf meinen Rücken geschnallt hatte und zog einen discman daraus hervor. Freudestrahlend stülpte ich mir die Ohrstöpsel in die Ohren und drückte auf 'Play'. Schon erklangen die ersten Töne eines meiner Lieblingslieder.
 

"When this began

I had nothing to say

and I'd get lost in the nothingness inside of me

I was confused

and I let it all out to find / That I'm not the only person

with these things in mind

inside of me

but all the vacancy the words revealed

is the only real thing that I've got left to feel

nothing to lose

just stuck / Hollow and alone

and the fault is my own

and the fault is my own
 

I want to heal

I want to feel

what I thought was never real

I want to let go of the pain I've held so long

(Erase all the pain 'til it's gone)

I want to heal

I want to feel

like I'm close to something real

I want to find something I've wanted all along

somewhere I belong

..."

(Linkin Park - Somewhere I belong)
 

Neugierige Blicke trafen mich, doch das war mir gleich. Ich schloß die Augen und genoß einfach die Musik zu hören und in ihr zu versinken, fern ab von all meinen Problemen und Sorgen. Ich vermisste Glowy. Mit ihr war mir nie langweilig und zusammen stellten wir die dollsten Dinge an. Ob es ihr gut ging und wo sie wohl gelandet war?
 

"Was ist das?" Ein neugieriger Elladan (oder doch Elrohir?!) schielte auf meinen discman.
 

"Ein Discman." Ich erntete nur verständnislose Blicke und entschloss mich dazu, ihnen meinen Liebling ein wenig näher zu bringen.

"Dies ist ein Gerät mit dem ich Musik hören kann."
 

"So etwas habe ich noch nie zuvor gesehen..." Elrond war nun ganz offensichtlich ebenfalls neugierig geworden. Wie ein kleiner Junge weiteten sich seine Augen zu froschähnlichen Glubschaugen und starrten auf meinen armen discman. Jaja, der hohe Herr von Imladris weiß eben auch nicht alles.
 

Rasch entzog ich es aber seinen Stilaugen, als er schon danach greifen wollte.

'Das ist mein Schaaaatz...' Gut, dass Omi nicht da war. Für diesen Gedanken hätte sie mir bestimmt zehn Heimatlieder der lorischen Elben zum Vorträllern aufgebrummt...Gott, wie ich singen hasste...äh, ich meine natürlich Eru...
 

Ich ersparte mir jedoch eine Antwort, denn ich wollte ihnen nicht unbedingt erzählen, dass ich gar nicht aus ihrer Welt kam. Na ja, eigentlich kam ich ja schon aus ihrer Welt, aber ich war ja in meiner, äh, in der anderen Welt...ok, lassen wir das.
 

Um weiteren Fragen vorzubeugen, versuchte ich sie abzulenken.

"Wann machen wir eigentlich eine Rast? Es wird schon langsam dunkel."
 

"Du hast Recht. Wir werden noch zwei Stunden reiten und dann ein Lager für die Nacht aufschlagen." Und schon ritt Elrond wieder an der Spitze des Zuges mit seiner gewohnt anmutigen Haltung. Mein Gott, war das nicht anstrengend?!
 

Ich saß auf Tinka und beschloss, etwas zu dösen.
 

RUMMS!
 

"Aua!" Ein heftiger Schmerz durchzuckte meine Schläfe, als ich mich langsam aufrichtete. Fröhliches Gelächter empfing mich dabei von meinen Begleitern, was ich nicht gerade nett fand. Murrend richtete ich mich auf, schwankte aber leicht hin und her. Anscheinend war ich eingeschlafen und vom Pferd gefallen. Na klasse. Was war eigentlich mit den elbischen Reflexen, hätten die mich nicht auffangen können!?
 

Etwas ungelenk zog ich mich auf Tinkas Rücken, spürte im nächsten Moment aber eine Bewegung hinter mir. Verärgert drehte ich mich um und sah in das grinsende Gesicht Elladans. Oder Elrohirs.
 

"Hey, was soll das?!" Ich schlug mit einer Hand hart gegen seine doch beachtlich muskulöse Brust, was ihn aber nur mäßig zu interessieren schien.
 

Er packte meine Handgelenke und zog mich, immer noch grinsend, näher zu sich heran. Ich lehnte mich an seiner breiten Brust an und er schlang einen Arm um mich, während er mit der anderen Hand in Tinkas Mähne griff.
 

"Das sah gerade ziemlich ungesund aus, wie du zu Boden gegangen bist. Du willst doch nicht, dass das wieder passiert, oder? Außerdem, würde ich hier nicht sitzen, säße jetzt Elrohir hinter dir und ich garantiere dir, dass du dann ganz sicher kein Auge mehr zutun würdest." Erst jetzt sah ich seinen Zwilling, der alleine auf dem Pferd ritt und ziemlich mißmutig in die Gegend starrte. Mmh, stimmt, säße Elrohir hinter mir, müsste ich mir wahrscheinlich ständig Sorgen um meine Ohren machen, die von seinen Schleimereien bestimmt bald abfielen.
 

"Meinetwegen." Müde kuschelte ich mich an mein neues Knautschkissen und lehnte meinen Kopf an seine Brust. Ich hörte sein Herz ganz leise und langsam schlagen. Es war ein beruhigendes Gefühl, ihm so nahe zu sein, dass ich kurz darauf in einen tiefen Schlaf fiel. Nur am Rande bekam ich mit, wie er leise ein elbisches Lied aus seiner Heimat sang.
 

Als ich aufwachte graute bereits der nächste Morgen. Ich fand mich selbst auf dem Boden liegend und in weiche Decken eingehüllt wieder. Ich streckte mich gähnend und sah mich um. Überall lagen Elben in Laken gehüllt und die Augen hoch zum Sternenhimmel gerichtet. Leise schlich ich mich näher zu einem der beiden Zwillinge, ich versuchte schon gar nicht mehr, sie zu unterscheiden.
 

Das Licht der Sterne spiegelte sich in seinen blauen Augen wieder und er schien von innen heraus zu strahlen. Seine schwarzen Haare waren glatt und geschmeidig und glänzten wie Seide. 'Ob sie sich auch so anfühlen?', fragte ich mich und streckte vorsichtig meine Hand danach aus. Ich ließ einzelne Strähnen durch meine Finger gleiten. Sie fühlten sich weich und kühl an. 'Oma hatte Recht gehabt. Elben sind die schönsten Wesen, die es gibt.' Im Prinzip musste ich mich geehrt fühlen, mit Angehörigen vom schönen Volk reisen zu dürfen - aber so weit ging meine Bewunderung dann doch nicht.
 

Seufzend sah ich zum immer blasser werdenden Himmel hinauf. Was Glowy wohl gerade tat? Sie wäre bestimmt neidisch, wenn sie wüsste, dass ich von lauter männlichen Elben umgeben war. Dass sie allerdings irgendwie total planlos wirkten und anscheinend keinen Schimmer von dem Wort 'gentleman' hatten - worauf Glowy und ich bei Jungs großen Wert legten - musste sie ja nicht unbedingt wissen.
 

Ich wollte gerade meine Hand aus den Haaren des Elben zurückziehen, als sich etwas weiches an meine Wange lehnte. Vor lauter Schreck wollte ich schon aufschreien, doch ein Finger legte sich auf meine Lippen und verhinderte dies.
 

"Schhht! Keine Angst, ich bin's nur."
 

Ich sah zu dem Elben unter mir hinab und verlor mich in den Tiefen dieser beiden klaren Kristalle seiner Augen.

Ich hatte das Gefühl bis in seine Seele hineinsehen zu können, seine geheimsten Gefühle entdecken zu können, doch wandte ich vorher den Blick ab. Ich wollte nicht so tief in sein Herz eindringen, es erschien mir irgendwie falsch.
 

"Wieso warst du alleine unterwegs in dieser Gegend? Du hattest Glück, dass du uns getroffen hast! Ich mag mir gar nicht ausmalen, was alles hätte geschehen können..." Ich sah ihn wieder an und fand zu meiner Überraschung nur aufrichtige Sorge in seinem Blick.
 

"Ich war nicht alleine, doch irgendwie wurden wir getrennt...ich weiß selbst nicht recht, wie das alles kam." Große Trauer beschlich mich. Was, wenn ich meine Familie nie wieder sah? Oder wenn Glowy etwas passierte? Was sollte ich denn ohne sie tun?!
 

Beruhigend strich mir der Elb über die Wange.

"Verzeih mir, ich wollte dich nicht traurig machen. Vater hat uns allen verboten, dich solche Dinge zu fragen. Es ist nur, ich kann nicht verstehen, warum niemand bei dir ist." Er sprach sehr leise, doch verstand ich jedes einzelne Wort. Nach einer kurzen Pause fügte er hinzu. "Ich würde dich auf keinen Fall alleine lassen."
 

Ich spürte die Wahrheit seiner Worte und war ergriffen von seiner Fürsorge. Eine einzelne Träne bahnte sich unaufgefordert ihren Weg durch meine Wimpern. Sanft strich er sie weg.

"Nicht weinen, nicht. Ich bin mir sicher, dass alles gut wird! In Lorien wird man dir helfen können!"
 

Dankbar lächelte ich ihn an.

"Danke, Elladan." Vor Verblüffung weiteten sich seine Augen und er hielt mit seinen Berührungen inne.
 

"Du weißt, dass ich Elladan bin?!"
 

"Ja, natürlich."
 

Nun lächelte er.

"Jetzt bin ich ehrlich überrascht."
 

Ich lachte leise und er fiel mit ein.
 

"Hört endlich auf zu turteln! Einige wollen hier auch noch schlafen!"
 

Elladan zwinkerte mir spitzbübisch zu, bevor er sich zu seinem Bruder umwandte, der wenige Meter entfernt von ihm schlief, beziehungsweise versuchte zu schlafen.

"Ach, du bist doch nur eifersüchtig, Brüderchen, weil du genau weißt, dass sie auf deine Machosprüche nicht hereinfällt."
 

Man hörte ein verärgertes Schnauben aus der Dämmerung, als sich auch schon ein schlafendes Ungetüm vor uns aufbaute.

"NUR WEIL ICH NICHT SO NOTGEIL BIN WIE EIN GEWISSER ANDERER ELB UND ETWAS MEHR DISZIPLIN HABE, HEIßT DAS NOCH LANGE NICHT, DASS ICH KEINE CHANCEN MEHR BEI IHR HABE!!"
 

Ein dreifaches Lachen milderte Elrohirs Wut auch nicht gerade.
 

"Elrohir, mach nicht so einen Krach! Lass die beiden doch einfach in Ruhe und leg dich schlafen! Du hast morgen noch den ganzen Tag Zeit, um dich mit deinem Bruder ausführlich darüber zu streiten." Elrond grinste kurz zu uns herüber, bevor er sich auf die andere Seite legte.
 

Ich bewunderte Elrond doch immer wieder für seine grenzenlose Coolness! Der Kerl war echt der Hammer!
 

Elrohir blitzte Elladan noch ein letztes Mal gefährlich an, bevor er auf dem Absatz kehrt machte und zurück zu seinem Lager stolzierte.
 

Ich musste leicht kichern, denn ich hatte nun endlich auch eine Definition für schwarzhaarige Elben:

sie waren schön, arrogant, eingebildet und Machos ohne Ende, die im ständigen wer-ist-der-bestaussehendeste-und-Mädchen-beliebteste-Elbe-der-Welt-?-Kampf zueinander standen. Echt unterhaltsam. Obwohl die blonden Elben in gewissem Sinne äußerst praktisch waren, weil sie immer äußerst interessante Frisurtipps a la Legolastolle draufhatten und natürlich das entsprechende Equipment an Kämmen und Bürsten. Dafür bekam man von den Schwarzhaarigen die besten Komplimente und Schmeicheleien zu hören, die selbst das größte Mauerblümchen nach kurzer Zeit zur Königin des Flirtens machen würden. Benahm ich mich deshalb so ungezwungen in ihrer Gegenwart? Schien so.
 

Egal, jedenfalls fehlte mir jetzt nur noch eine Definition für braun- und rothaarige Elben. Gab es überhaupt welche mit solchen Haarfarben? Mmh, das würde ich schon noch herausfinden.
 

Grübelnd kuschelte ich mich an den schwarzhaarigen Elben unter mir und ließ mich nur zu gerne von ihm in eine erneute Umarmung ziehen. Dicht an ihn gedrückt fiel ich in einen erholsamen Schlaf.
 


 

~~~~
 

*1 Hallo! Ich werde Elrond genannt und wer seid Ihr?

*2 Sie ist eine Menschenfrau, Vater.

*3 Hallo, meine Dame.
 

@Nilli: Ich kann mir nicht helfen, aber irgendwie erinnert mich diese Situation an FF.de...*lach* Danke, dass du mir auch hier ein Kommi geschrieben hast!! Dachte schon, das Reviewfach bleibt jetzt ganz leer...*seufz* Nya, wär echt schön, noch ein paar mehr Kommis zu kriegen, aber was soll's.....wenigstens gefällt dir die story!! Also schon mal eine Person! Und wir wollen ja net größenwahnsinnig werden, gelle?! *grins*

*knuddeldichganzdoll* Channah

Visionen und andere Zwischenfälle Teil 1

Als ich erwachte, waren bereits alle Elben auf den Beinen und bereiteten die sofortige Weiterreise vor. Die Sonne war vor einer Stunde aufgegangen, also konnte ich nicht gerade lange geschlafen haben. Ein kleines Feuer brannte noch einige Schritte entfernt von mir und eine grinsende Arwen streckte mir etwas undefinierbares entgegen. Mürrisch erhob ich mich und watschelte zu ihr.
 

"Guten Morgen, Cala! Hast du gut geschlafen?"
 

"Mmh." Sie wartete meine Antwort gar nicht ab, stattdessen plapperte sie einfach munter weiter.
 

"Ich wette, du hast exzellent geschlafen! Das würde ich bestimmt auch, wenn ich die ganze Nacht über an der Brust eines Mannes liegen würde!" Verträumt verdrehte sie die Augen nach oben und grinste.
 

Absolut genervt ließ ich mich neben sie plumpsen und starrte auf das Undefinierbare vor mir. Kritisch unterzog ich es einer genaueren Untersuchung, die aber auch nicht viel brachte.
 

"Bist du sicher, dass das essbar ist?", fragte ich schließlich die Elbe, welche heftig zu nicken begann. 'O Gott, wie konnte man nur am frühen Morgen schon so gut drauf sein?! Das grenzt ja an Hexerei!'
 

Überaus zaghaft führte ich das gebratene Stück Hennenfleisch zu meinen Lippen. Es sah nicht wirklich aus wie Hennenfleisch, obwohl Arwen es mir mehrfach versichert hatte. Es hatte eine gewisse Ähnlichkeit mit verkohlten Froschschenkeln...nicht, dass ich je verkohlte Froschschenkel gesehen hätte, aber so in etwa hätte ich sie mir vorgestellt.
 

"Nur noch drei Tage, drei Tage, drei Tage...eins, zwei, dreiTage...", murmelte ich mir Mut zu, bevor ich es mir in den Mund stopfte.
 

Neugierig beobachtete die Elbe mein Mienenspiel.

"Was ist denn in drei Tagen?"
 

Krampfhaft suchte ich nach einer möglichst höflichen Antwort wie zum Beispiel 'Spätestens bis dahin hat mein Leid ein Ende, weil ich dann in Lorien entweder endlich Essen bekommen werde, was auch wie Essen aussieht oder ich werde bis dahin elendig verhungern, zu meinen unbekannten Ahnen in Mandos Hallen einkehren und hoffentlich dort was vernünftiges essen können...' Ass man in Mandos Hallen überhaupt etwas?
 

Bevor ich mir aber eine besonders nette Variante ausdenken konnte, wurde unser Gespräch bereits wieder unterbrochen.
 

"Du siehst aber gar nicht gut aus, mein Engel!" Besorgten Blickes trat ein schwarzhaariger Elb auf mich zu. Die Art wie er mich ansah, erinnerte mich stark an Glowy, wenn sie sich bei Lehrern liebkind machen wollte, nachdem sie was ausgefressen hatte. Fazit: nur ein Elb, kam mir auf diese Tour.

"Zu freundlich Elrohir!", antwortete ich bissig und schlang den letzten Bissen, des, wie ich leider zugeben musste, recht passabel schmeckenden Fleisches runter.
 

"Er hat aber Recht, Cala!" Nun trat Elladan neben seinen Bruder, und schaute mich ebenfalls stirnrunzelnd an. Jetzt wurde es mir aber echt zu bunt.
 

"Erst schmiert ihr mir Honig um den Bart und dann kriege ich solche Komplimente?! Na, so stelle ich mir einen gelungenen Morgen vor!", zeterte ich los und drehte den beiden verdutzten Elben den Rücken zu.

Arwen kicherte. Anscheinend hatte sie einen besser funktionierenden Verstand als die Herren der Schöpfung.
 

Aber offensichtlich hatten sie jetzt auch endlich kapiert, was ich meinte.

"Äh, so war das ja gar nicht gemeint! Du...ähm siehst wirklich toll aus..."
 

"Ja...du bist sehr hübsch und..."
 

"...wir meinten damit ja auch nur deine Schläfe..."
 

"...du hast da nämlich eine schöne Beule!" Die Erklärungsnöte der beiden Prinzen war echt zu komisch. Ich musste stark an mich halten, um nicht laut loszulachen. Die beiden waren mir ja auch zwei Elben. Tz, tz, tz, verplant ohne Ende. Kein Wunder, dass sie keine Freundinnen hatten.
 

'Aber warte mal, welche Beule?!' Langsam wanderte meine Hand zu meiner Schläfe, kaum hatte ich die Haut berührt zuckte ich heftig zusammen. Ein stechender Schmerz durchfuhr meinen Kopf, der mich laut aufstöhnen ließ.
 

"Verdammt..." Noch einmal führte ich meine Finger zu der Stelle und fuhr behutsam über die geschundene Haut. Arwen rutschte näher an mich heran.
 

"Lass mich mal sehen!" Sie setzte sich direkt vor mich hin und betrachtete die Beule. "Merkwürdig, warum ist mir das nicht aufgefallen..." Etwas verlegen rückte sie wieder ein Stück von mir weg, ihre Augen immer noch auf meine Beule geheftet. Ihre beiden Brüder begannen auffällig zu tuscheln, sodass sie ihnen nun ihre ganze Aufmerksamkeit schenkte und sie kritisch beobachtete.

"Und ihr, steht da nicht so dumm rum! Macht euch mal nützlich und holt ein Tuch und etwas Wasser.", machte sie dem Geflüstere ihrer Brüder ein Ende, die immer noch auf der Stelle standen und betreten zu mir rüberschielten, während sie redeten.

Geschwind setzten sie sich nun in Bewegung und liefen in verschiedenen Richtungen davon.
 

Kurz darauf waren sie auch schon wieder da mit dem Gewünschten und sahen zu, wie Arwen mich verarztete. Brav hielt ich still und ließ alles über mich ergehen. Nachdem Frau Doktor Abendstern fertig war, bedankte ich mich bei ihr und schlenderte rüber zu Tinka. Sanft fuhr ich über ihre weichen Nüstern, worauf sie zufrieden schnaubend eben diese an meiner Schulter schubbelte. Ein leichtes Grinsen stahl sich in mein Gesicht.

Ich hatte schon immer eine eigenartige Beziehung zu Tieren gehabt. Sie gaben mir das Gefühl, mich zu verstehen und für mich da zu sein. Klingt komisch, ich weiß, doch ich fühlte mich wohl in ihrer Gegenwart.
 

Ich lehnte meinen Kopf an den dicken Hals der Stute und genoß einfach die stille Zweisamkeit. Natürlich, wie konnte es auch anders sein, währte diese nicht sehr lange.
 

"Alle Mann aufsitzen! Wir reiten weiter!", erscholl der Befehl von Elrond und alle befolgten ihn augenblicklich. Seufzend löste ich mich von dem Pferd und saß ebenfalls auf. Dann ging die Reise auch schon weiter.
 

Wir ritten weiter durch das endlos scheinende Tal und mir war mal wieder langweilig. Ein Wunder war das nicht wirklich, denn meine Begleiter achteten gespannt auf ihre Umgebung, ob sich auch ja kein Feind in unserer Nähe aufhielt, sodass sie selbst erschrocken zusammenfuhren, wenn man einen falschen Atemzug tat. 'Das die auch immer gleich alles übertreiben müssen...'
 

Nach ungefähr zehnmal Luftanhalten und vorgetäuschtem Husten, worauf alle Elben ihre Bögen zückten und mit kriegerischem, na ja, eher tu-mir-nichts-dann-tu-ich-dir-auch-nichts-Todesblick sich zu mir umgedreht hatten und ich dabei fast jedes Mal hyperventilierte vor lachen, musste ich nach einem strengen Blick Elronds meine Aufmerksamkeit gezwungenermaßen der Landschaft zuwenden.

Das war allerdings auch nicht sehr hilfreich, da sich an ihr nach über vierundzwanzig Stunden immer noch nichts geändert hatte. Man sah nur Hügel und Wälder. Selbst die dauerträllernden Vögel konnten mich nicht aufheitern.
 

Das einzig witzige an diesem Tag waren die Bettelversuche Elladans gewesen, wieder bei mir mitreiten zu dürfen.

"Soll ich nicht lieber wieder bei dir mitreiten, Cala?"
 

Ich hatte ihn keines Blickes gewürdigt und nur kurz mit "Nein." geantwortet.
 

Zu meinem Leidwesen war er ziemlich hartnäckig, diese Eigenschaft sollte ich vielleicht auch noch auf die Liste setzen...
 

"Ich will aber nicht, dass du nachher wieder vom Pferd fällst!"
 

"Dann hör auf mich zu nerven!", blaffte ich ihn genervt an. Elrohir hatte sich daraufhin vor lauter Schadenfreude auf die Schenkel geklopft, während sein Zwillingsbruder mich mit offenem Mund anstarrte. Tja, Rache musste sein, schließlich hätten sie mir das mit der Beule auch netter sagen können.
 

Allerdings ging es Elrohir, meiner Meinung nach, entschieden zu gut...

"Und Elrohir? Warum lachst du eigentlich deinen Bruder aus? Mit deinen Machosprüchen kannst du höchstens bei alten Omas landen, die eh nur die Hälfte von dem verstehen, was du von dir gibst!" Elrohir hielt mitten im Lachen inne und sah mich beleidigt an, während es nun an Elladan war, fröhlich herumzugrölen. Damit war das Thema jedoch immer noch nicht gegessen...ich sag ja, hartnäckig der Kerl...
 

"Schau mal Cala, es wird wieder ein anstrengender Ritt heute. Für dich noch kräftezehrender als gestern, weil du gestern erst mittags zu uns gestoßen bist!" Seine Augen flehten mich an und ich war mir sicher, dass wenn wir nicht gerade alle auf Pferden sitzen würden, er vor mir auf die Knie gegangen wäre, und mich in Bachelormanier gefragt hätte:'Willst du diese Rose?' Unwillkürlich musste ich grinsen, was aber schnell in ein entnervtes Augenrollen überging.
 

"Du kannst dich dann auch die ganze Zeit an mich anlehnen und etwas schlafen!" Mit Hundeaugen sah er mich an und zog so eine Art elbischen Schmollmund, oder so was ähnliches...
 

Ich beschloss wenigstens so zu tun , als würde ich ernsthaft darüber

nachdenken und tippte mir mit dem Zeigefinger an das Kinn.
 

'Denk. Denk. Denk. Ist ja wieder ein schöner Tag heute. Denk. Denk. Strahlend blauer Himmel...gutaussehende Typen um mich rum...Denk. Denk. Ok, sie sind alle im passenden Alter, um mumifiziert zu werden und der Rest von ihnen ist einfach nur nervtötend...Denk. Und schwups, da sind wir wieder beim Thema...'

Ich richtete mich auf und sah hinüber zur unumstrittenen Nervensäge des heutigen Tages.
 

"Mmmh...NEIN!", blieb dann aber doch meine Antwort und die Enttäuschung in seinen Augen war nicht zu übersehen.
 

Mir aber war das relativ egal, schließlich war ich eine stolze Emanze, die nicht auf die Hilfe von selbstverliebten Möchtegernmachos angewiesen war! Na ja, außer ein par gewisse Ausnahmen...Aber wie sagt man so schön: Ausnahmen bestätigen die Regel.
 

Beleidigt trat er seinem Pferd mit den Hacken in die Flanken und preschte nach vorne - weg von mir. Grinsend sah ich, wie daraufhin die Elben an der Spitze schlimme Herzattacken bekamen und ihre Frisuren kontrollierten. Meine gute Laune verging mir aber schon bald wieder, als mir klar wurde, dass ich gerade meine einzige Ablenkungmöglichkeit vertrieben hatte. Wütend auf mich selbst schloss ich die Augen. In einer Art Dämmerzustand hing ich auf Tinka und ließ die eintönige Landschaft unbeachtet an mir vorüberziehen. 'Ach Glowy, wo steckst du bloß?'
 

Auf einmal wurde es still.

Zu still.

Kein Laut war zu hören, selbst die Vögel schienen ihre Stimmen verloren zu haben. Nicht einmal der dumpfe Laut der Pferdehufe auf dem Erdboden war zu vernehmen. Alarmiert öffnete ich die Augen, doch undurchdringliche Dunkelheit umfing mich. Die Schwärze um mich herum schien alles und jeden zu verschlingen, sogar das Pferd auf dem ich eben noch gesessen hatte...

'Mmh, das ist doch jetzt mal wirklich 'ne nette Alternative zum tristen ich-sehe-was-was-du-nicht-siehst-Spiel-Reiten...'

Neugierig sah ich mich um, konnte aber wegen der formlosen Schwärze um mich herum nichts erkennen. Ich wog gerade die Wahrscheinlichkeit zwischen einem lustigen Albtraum und einem schlechten Scherz seitens Elladans für meine momentane Situation ab - wobei ich klar zu dem schmollenden Elben tendierte, wer wusste schon wozu gekränkte Nachkommen der Kelly Family alles fähig waren - als plötzlich das schwarze Loch verschwand und ich undeutliche Umrisse erkennen konnte.

Anscheinend befand ich mich in einem Gebirge, denn zerklüffte Felsmassive und steile Berghänge gaben sich hier die Hand mit saftigen Wiesen und klaren Bächen. Ich staunte nicht schlecht über diese schöne Aussicht, lenkte mein Augenmerk aber schnell auf eine Gruppe von Reitern, die gemächlich den Pass überquerte.

Langsam wurde das Bild klarer, sodass ich die Reiter deutlich sehen konnte. Es schienen Elben zu sein, wohlgemerkt ausnahmslos blonde Elben.

Wie langweilig.

Hab ich zufälligerweise schon erwähnt, dass ich blonde Typen total unattraktiv finde?! Und dann auch noch blaue Augen und der Milchbubi aus dem fast-man Geschäft ist perfekt...

Unter den fünfzehn Männern befand sich auch eine einzige Frau. Ihr langes schwarzes Haar war Opfer des Spieltriebes des Windes geworden und lag ihr zersaust im Gesicht, was sie nicht sonderlich zu stören schien. Ihre ganze Konzentration galt ganz allein einem jungen Mann, der direkt hinter ihr auf dem Pferd saß und ihr beschützend einen Arm um ihren Körper geschlungen hatte.

Zuerst war ich etwas verwundert über Glowys offensichtliche Flirterei, da sie eigentlich extrem wählerisch war in Sachen Jungs, doch dann entfuhr mir ein verächtliches Schnauben. Während ich hier vor Langeweile fast umkam, baggerte sie irgendso einen Elben an, den sie nicht kannte und der genauso gut mit seinen Freunden ein Pack Massenmörder a la Hannibal sein konnte, auf der Suche nach schwarzhaarigen unschuldigen, na ja unschuldig....;-), Mädchen!

Aber nein, daran dachte sie offenbar nicht im Geringsten und flirtete lieber! Dass sie dies gerade tat, daran zweifelte ich nicht einen Augenblick lang bei ihrem Schlafzimmerblick.

Na ja, wenigstens wusste ich jetzt, dass es ihr gut ging. Und zugegebenermaßen war der Typ, der sie so vorsorglich festhielt, auch nicht von schlechten Eltern: sein seidiges blondes Haar lag offen über seiner Schulter, nur zwei kleine Zöpfchen über seinen spitzen Ohren waren geflochten worden.... Ehrlich gesagt war das echt abtörnend, und seine ach so tollen himmelblauen Augen waren auch nicht so der Renner, doch strömte seine Haltung eine gewisse Ruhe und Kraft aus, die äußerst anziehend wirkte. Na ja, vielleicht übertrieb ich da auch etwas bei der Sache mit den Massenmördern...ich mein, hat jemand schon einmal von einem elbischen Massenmörder gehört?!

Ich nicht.

Wieso konnte ich meine Begleiter lediglich mit verschreckten Hühnern vergleichen?!

Von seinem Körper konnte ich dank Glowy, die sich nach meinem Geschmack viel zu übertrieben ängstlich an seine Brust schmiegte nichts erkennen, doch sein breiter muskulöser Rücken und der knackige Hintern waren auf jeden Fall schon mal nicht zu verachten...

Erschrocken schloss ich die Augen und schüttelte den Kopf. Was dachte ich denn da?! 'Du willst was von Ben, schon vergessen?'

BUMM!

Und da war sie wieder...Die Traurigkeit, die mich in den letzten Stunden immer öfter traf, wenn ich an ihn und meine beste Freundin dachte. Was hatte Glowy nur an sich, dass alle auf sie abfuhren, während mich alle übersahen als wäre ich Luft?! Selbst der blonde Schönling, den sie zu ihrem neuen Opfer erkoren hatte, schien nicht wirklich abgeneigt zu sein, obwohl der Anführer der Truppe, der übrigens wie eine ältere Ausgabe ihres neuen Lovers aussah, ihnen immer wieder giftige Blicke zuwarf. Er schien das ganz und gar nicht gutzuheißen...Hola, anscheinend gab es dort Zickenkrieg der besonderen Art.

Können Elben überhaupt richtig rumzicken? Vielleicht waren sie eine andere Art? Ich musste leicht grinsen.

Plötzlich merkte ich wie meine Glieder immer schwerer wurden. Ich fühlte mich müde, so unendlich müde.
 

Seufzend öffnete ich die Augen und sah mich nun wieder Auge in Auge mit dem Schattenbachtal. Es hatte sich nichts verändert. Etwas überrascht stellte ich fest, dass ich inzwischen die Nachhut des Trupps bildete und niemandem mein Wegtreten aufgefallen war.
 

Ich wollte schon anfangen einen Schmollmund zu ziehen, als sich meine Nackenhaare kerzengerade aufrichteten. Ich wurde das Gefühl nicht los, beobachtet zu werden.
 

So sammelte ich meine Kräfte und wandte den Kopf etwas mühsam zur Seite. Die Vision von Glowy hatte mich offenbar ziemlich geschwächt. Ich begegnete zwei tiefblauen Augen, die mich etwas besorgt musterten.
 

"Cala, ist alles in Ordnung mit dir?" Ich schaffte ein müdes Lächeln, was seine Wirkung jedoch verfehlte und Elladans Sorge um mich keineswegs minderte. Es sorgte sogar eher für das Gegenteil.
 

"Ja, sicher, es geht mir gut..."
 

Auch Elrohir, der immer noch hinter seinem Bruder auf dem Pferd saß, legte nun seine Stirn in Falten. Ich schnaubte verärgert. Augenblicklich war jegliche Müdigkeit wie weggeblasen.
 

"Wenn ihr jetzt schon wieder anfangt, mir zweifelhafte Komplimente über mein Aussehen zu machen, die ihr nachher eh nur wieder bereuen werdet - und das werdet ihr, glaubt mir - könnt ihr auch direkt wieder schmollend zu Papi laufen."
 

Jetzt grinsten die beiden auch noch so unverschämt!

Versteh einer die Männer, bzw. die Elben...
 

"Cala..." Irgendwie gefiel mir dieser Unterton in Elrohirs Stimme nicht, nein ganz und gar nicht sogar...

"...du weißt doch, dass du die schönste Frau in ganz Mittelerdes bist!" Elrohir nahm meine Hand und führte sie geschwind an seinen Mund, wo seine sanften Lippen einen Kuss auf meinen Handrücken hauchten...ok, ich geb's zu, es gefiel mir.

Aber noch mehr gefiel es mir, als Elladan daraufhin seinem Bruder wütend eine Kopfnuss verpasste. Elrohir wurde nun ebenfalls wütend und die beiden fingen an sich heftig zu streiten. Dabei vergaßen sie leider auch meine Wenigkeit, was mir so gar nicht passte.
 

"Chrm." Also versuchte Frau auf sich aufmerksam zu machen. Leider schien das die Elben wenig zu interessieren, denn ihre Stimmen wurden immer lauter und ihre Diskussion immer heftiger.

Als auch ein weiteres, lauteres Räuspern meinerseits nichts brachte, entschloss ich mich, wenigstens zu lauschen, was sie denn so sprachen. Wie nicht anders zu erwarten sprachen sie in ihrer Heimatsprache, die ich glücklicherweise an langen Nachmittagen von meiner Omi eingetrichtert bekommen hatte.
 

"...du verstellst dich zu sehr. Zwar soll man ihnen auch seine sanfte Seite zeigen, aber ihnen nicht so sehr hinterherlaufen, wie du es tust. Du könntest dir ein Beispiel an mir nehmen! Frauen wollen eben nicht, dass man ihnen am laufenden Band Komplimente macht, man muss auch mal zeigen, dass man ein richtiger Mann ist..." , belehrte Elladan gerade seinen Zwilling.
 

"Ach ja, weil du ja ein richtiger MANN bist...hihi...von wegen..."
 

Und schon hatte Elrohir die nächste Kopfnuss sitzen.
 

Wenigstens hatte ich jetzt die Gewissheit, dass Elben sich ebenfalls anzicken konnten. Da ihr Zickenkrieg auch nicht sonderlich spannend war, sah ich hoch zum Himmel. Es wurde langsam aber sicher dunkler, was nur bedeuten konnte, dass wir bald ein Nachtlager aufschlagen würden! Jipee! Meine Laune besserte sich gerade um hundert Prozent.
 

"Hey Cala, wie geht's?" Arwen ritt nun auf der anderen Seite von mir und beäugte die männlichen Zicken, die unglücklicherweise auch noch mit ihr verwandt waren, mißbilligend.
 

"Fühl mich etwas gerädert und ich glaube meine Ohren gehen gleich flöten bei der hohen Stimmenlage ZWEIER MÄNNLICHER ZICKEN. Aber sonst geht's mir gut."
 

Plötzlich war es ganz still und Arwens Grinsen bestätigte mir die Vermutung, dass Elladan und Elrohir ihren Streit unterbrochen hatten. Ich riskierte einen Blick zu ihnen und musste feststellen, dass sie sich nun wohl lediglich mit böse-anfunkeln-und-in-Gedanken-in-den-Boden-rammen begnügten. 'Soll mir recht sein.'
 

"Werden wir bald rasten?", fragte ich meine Leidgenossin.
 

Sie unterzog nun ihrerseits den Himmel einer kritischen Betrachtung - als wenn sie die Fachfrau vom Dienst wär - bevor sie mir antwortete:

"Ja, ich denke schon. Allerdings weiß ich nicht, wie weit mein Vater heute noch vorankommen will."
 

Wir sahen beide zu dem Halbelben nach vorne, der königlich vorausritt. 'Meine Güte, dass die hier aber auch immer raushängen lassen müssen, dass sie Elben sind...Bisher hab ich noch nicht wirklich sehen können, warum sie so viel edler sein sollen als wir Menschen...Ach Mist, ich bin ja gar kein Mensch.' Ich warf den Zwillingen einen schiefen Blick zu, die mittlerweile versuchten, sich mehr oder minder heimlich gegenseitig vom Pferd zu schubsen.
 

Kopfschüttelnd sah ich wieder zu Arwen, die ihren Kopf in den Händen barg und flennte:

"Wieso? Eru, wieso nur?!"
 

Ich mimte den Papst und legte ihr väterlich eine Hand auf die Schulter. In tiefster gotteslobender Stimmlage verkündete ich:
 

"Verzweifle nicht, mein Kind! Möge das Blut in ihren Adern noch so grün, die Reife ihrer Seelen noch so winzig und das Vorhandensein von Manieren überhaupt nicht sein, so bedenke stets: Eru leidet mit dir."'
 

Und schon stützte auch ich das Gesicht auf meine Hände und rief:

"Wie? Wie konnte mir das nur passieren?! Wie konnten SIE mir nur passieren?!"
 

Arwen kugelte sich inzwischen vor lachen, während ihre Brüder uns anstarrten, als würden gleich die Männer mit den weißen Kitteln kommen, um sich uns anzunehmen.
 

Ein unkontrolliertes Glucksen, welches zweifellos von ganz vorne unserer Gruppe kam, ließ all unsere Köpfe nach vorne schnellen, wo wir dann auch die Misere sahen. Die, man möchte doch sagen 'reifen' Elben hielten sich ganz unelbisch verkrampft an den Mähnen der Pferde fest und versuchten dabei noch so würdevoll wie möglich ihre ungewollten Flirtaktionen mit ihren Reittieren als das Normalste auf der Welt abzustufen. Klar, wer's glaubt...Selbst Elrond hing schief im Sattel und klopfte sich verzweifelt auf die Schenkel. Im Großen und Ganzen war es ein Bild für die Götter.
 

Ich derweilen kam ins Grübeln. 'Omi hat gesagt, dass wir Elben sind, aber mal ehrlich: benehme ich mich so wie meine Begleiter?! Nein.' Vorsichtig fuhren meine Finger zu meinen Ohren. 'Ich habe auch keine spitzen Lauscher, geschweige denn das gute Auge von ihnen. Wie kommt sie nur darauf, dass ich eine Elbe bin?!'
 

Mürrisch fuhr ich mir durch mein langes dunkelblondes Haar. Nicht, dass ich etwas dagegen hätte, eine Elbe zu sein, immerhin hatte es viele Vorteile wie zum Beispiel schärfere Sinne und ein unsterbliches Leben, trotzdem konnte ich das alles noch nicht so richtig glauben...Nun ärgerte ich mich schon ziemlich, dass ich immer noch nicht wusste, wer genau ich eigentlich war. Ob Caladeth überhaupt mein richtiger Name war?! Bestimmt. So einen komischen Namen gab es auf der Erde normal nicht. Trotz allem konnte ich nun wirklich keinerlei Ähnlichkeiten mit diesem eigensinnigen Volk feststellen. Ob das vielleicht daran lag, dass ich zu lange unter Menschen gelebt hatte?! Ich würde Omi bei unserem Wiedersehen mal ein bisschen auf den Zahn fühlen müssen...wenn wir uns überhaupt wiedersahen.
 

Seufzend sah ich hoch in den dunkler werdenden Abendhimmel. In wenigen Tagen würden wir endlich die Grenzen Lothloriens, meiner angeblich 'wahren' Heimat überschreiten und ich war ehrlich neugierig darauf. Bisher kannte ich Mittelerde nur aus Erzählungen meiner Eltern und Großeltern, nun endlich die wichtigen Schauplätze und geheimnisvollen Orte dieser Welt selbst betreten zu dürfen war schon irgendwie aufregend.
 

Ich hätte gerne noch weiter über mein bisheriges Leben und meine neue Heimat nachgedacht, doch an diesem Abend war ich einfach nur müde. Träge streckte ich meine strapazierten Glieder und gähnte herzhaft, was ein schelmisches Grinsen auf Elrohirs Gesicht zauberte. Misstrauisch verfolgte ich jede seiner Bewegungen aus den Augenwinkeln, als er das Pferd, auf dem er und sein Bruder saßen, wieder direkt neben mich lenkte.
 

"Sonne meines Herzens, müde musst du sein nach dem langen Ritt! Doch sieh nur, der Tag geht zur Neige und bald wird die Nacht hereinbrechen. Es wird nicht mehr lange dauern, bis wir unser Lager aufschlagen werden! Soll ich solange auf deinem Pferd mitreiten, damit du bereits jetzt in die Welt des Traums gleiten kannst?"
 

O. Mein. Gott.
 

Er hinterließ die schlimmste Schleimspur, die ich je erlebt hatte...Anscheinend hatte sein Bruder ihm einen richtigen Floh ins Ohr gesetzt von wegen 'sanfte Seite' und so. Aber den Part mit dem 'nicht hinterherlaufen' hatte er wohl überhört...Was wohl erst passieren würde, wenn er versuchte, ein 'richtiger Mann' zu sein?! Ich wollte es mir lieber nicht ausmalen.
 

Zudem war er ganz offensichtlich genauso dickköpfig wie sein Bruder und verstand eine 'einfache' Abfuhr nicht. Dabei dachte ich, dass meine 'einfache' Abfuhr an meinem ersten Tag in Mittelerde bereits deutlich genug gewesen war...selbst für einen eingebildeten Prinzen.
 

Tja, anscheinend hatte ich mich getäuscht. Aber warum fuhren sie eigentlich so auf mich ab? Ich machte den beiden nun wirklich alles andere als Hoffnungen...na gut, mit Elladan hatte ich eine Nacht lang gekuschelt, aber hey, ich kuschel auch mit meinen anderen Freunden, ohne etwas von ihnen zu wollen! Anscheinend sahen die Elben hier das etwas anders...Tja, dann musste ich eben noch mal deutlich werden.
 

Übertrieben arrogant strich ich mir eine neckische Strähne aus dem Gesicht und ignorierte ihn geflissentlich. 'Tehe..mal sehen, was das liebe Elblein nun macht...' Wenigstens hatte ich jetzt wieder ein bisschen Ablenkung bis Elrond sich endlich zum Halten entschied.
 

Ich hörte ein leises Kichern neben mir, was zweifellos von Elladan stammte, der sich über mein Ignorieren köstlich zu amüsieren schien.

Ein wütendes Schnauben, ein dumpfer Schlag und das Lachen fand abrupt sein Ende.

Ich musste mich nicht umdrehen, um zu wissen, dass Elrohirs Zwillingsbruder sich gerade eine schmerzhafte Beule eingefangen hatte.
 

Verzweifelt biss ich mir auf die Unterlippe, um nicht laut loszulachen, als ich wieder Elrohirs Stimme vernahm. Diesmal aber eindringlicher und ungeduldiger. Hoppla! Und ich dachte immer, Elben wären die Ausgeburt an Geduld und Höflichkeit..
 

"Cala."
 

Düdüdddüdü. Ich reagierte nicht.
 

"Cala?"
 

Dedelledede. Hatte jemand was gesagt? Nein, ich hatte mich bestimmt verhört..
 

"Calaaaha!"
 

Ich gab mich geschlagen und wandte gaaaanz langsam meinen Kopf in seine Richtung. Seine Stimmlage hatte sich nämlich inzwischen in ungeahnte Höhenlagen begeben und die Reiter vor uns zuckten unwillkürlich zusammen. Ihre Gesichter wechselten von ängstlich zu wütend und schließlich zu seeehr sauer, sodass ich mich entschloss, meinem Lieblingselb die gewünschte Aufmerksamkeit meiner kleinen Person zu schenken.
 

"Was gibt es denn, Elrohirchen?", flötete ich gut gelaunt und verkniff mir ein Auflachen, als sein gerade noch zutiefst beleidigtes Gesicht sich merklich entspannte und ein seliger Ausdruck in seine Augen trat, der noch durch seine rosa anlaufenden Ohrspitzen komplettiert wurde. Einfach zu süß!
 

Ein Grinsen legte sich auf seine Lippen, was man nicht anders als bekifft bezeichnen konnte. Seinen Kopf schief legend schien er irgendwie gerade in andere Sphären überzutreten, sodass ich mich ernstahft zu fragen begann, ob es in Mittelerde Hanfpflanzen gab... Jetzt fehlte nur noch Stefan Raab, der im Hintergrund mit dem Joint saß und sang:
 

"A geb a ma dat Hanf frei, da komm ma mal entspannt an dat Hanf ran (ah).

A geb a ma dat Hanf frei, dann versteck ich det auch nich mehr in der Schrankwand (ah wa).

geb a ma dat Hanf frei, da brauch ma da nich immer zum Hanfmann.

(Ah) geb a ma dat Hanf frei, da mach ma dann vor Freude alle mal a Handstand."

Hihi!
 

Uff, da bin ich das erste Mal einfach nur nett zu Elrohir und schon nahm er es als Bestätigung für sein Image als Frauenheld. Nene, wenn ich das nicht noch bereuen würde...
 

Plötzlich klingelte etwas.

Überrascht riss ich mir meinen Rucksack vom Rücken und kramte mein Handy daraus hervor. Es vibrierte in meiner Hand und ich konnte auf dem Display erkennen, dass Jonas mich anrief. Leicht verwundert nahm ich den Anruf entgegen.
 

"Hi Jonas!"
 

"Hi Cala! Wie geht's dir?"
 

"Mir geht's gut."
 

"Hör mal, weswegen ich anrufe...ich wollte dich wegen der Fete heute Abend fragen, ob du vielleicht schon etwas früher bei mir vorbeikommen könntest...um mir ein bisschen beim Aufbauen zu helfen."
 

Au backe. Jonas Party hatte ich ja vollkommen vergessen. 'Aber warte mal, heute war bereits mein zweiter Tag in Mittelerde und die Fete fand doch gestern Abend statt..'
 

"Äh, Jonas..war die Fete nicht bereits gestern Abend?!"
 

Schweigen.
 

"Cala, gestern war Donnerstag und ich wollte doch am Freitag feiern. Außerdem haben wir uns noch heute in der Schule drüber unterhalten! Erinnerst du dich etwa nicht mehr daran?!"
 

Ich schluckte schwer. Konnte es tatsächlich sein, dass die Zeit in diesen zwei Welten unterschiedlich verging? Kam mir die Zeit, die ich bisher hier verbracht hatte, deshalb schon so lange vor?
 

"Äh, ach ja..ja, natürlich erinnere ich mich. Tut mir leid.., ich bin gerade ein bisschen neben der Spur..."
 

"Ich weiß."
 

Hä?
 

"Ähm, wie meinst du das?"
 

"Na ja", er räusperte sich und irgendwie hatte ich das dumpfe Gefühl, dass er jetzt am Liebsten über das Wetter reden wollte statt über das kommende Thema. Nur wovon sprach er überhaupt?!
 

"Hey, heute ist richtig tolles Wetter, nicht wahr?! Perfekt für meine Poolparty! Das wird sicher super!"
 

Unheimlich super. Irgendwie kam ich mir leicht verkohlt vor. Ich saß hier ungewollt in Mittelerde fest mit zwei Elbenprinzen an den Fersen, die ihren Gefühlen nicht genug Ausdruck verleihen konnten und telefonierte nun mit einem Schulfreund, der lieber euphorisch über das Wetter philosophierte statt ein ernsthaftes Gespräch unter pubertierenden Jugendlichen zu führen. (War das jetzt ein Widerspruch? :-P)
 

Klingt es überheblich, wenn ich sage, dass ich die einzig normale Person in diesen zwei Dimensionen war?
 

"Jonas.." Mein Unterton nahm ein gefährliches Brummen an, ähnlich wie bei zu klein geratenen Kläffern, die nun verzweifelt auf ihr ach so gefährliches Mundwerk pochten. Nun gut. Ich war klein. Der Vergleich hatte schon etwas Wahres an sich. Doch im Gegensatz zu den kleinen Kanalratten namens Hunden hatte ich ein WIRKLICH gefährliches Mundwerk. Jonas schien davon bereits gehört zu haben, denn er kam hörbar ins Schwitzen.
 

"Äh..ja..also.."
 

"Was meintest du mit 'Du weißt'? WAS weißt du?"
 

"Na ja,...also..ach Scheiße."
 

Irritiert sah ich den Hörer an, bevor ich ihn wieder an mein rechtes Ohr hielt. Was gab's denn da zu fluchen? Es war doch nur eine einfache Frage und schließlich hatte er sich selbst in diese Situation manövriert.
 

"Warum druckst du denn so rum? Es kann doch nicht so schlimm sein." Ich war nun ernstlich neugierig und begann nervös an Tinkas Haaren herumzuspielen.
 

"Na gut. Ich weiß von dir und Ben."
 

Stille.
 

Ich wartete noch darauf, dass er noch etwas hinzufügen würde, aber anscheinend war das alles.

Stirnrunzelnd dachte ich über seine Worte nach.

"Was weißt du von ihm und mir?"
 

"Na, dass ihr Streit habt. Glowy erzählte mir, dass du total auf ihn stehst, aber etwas in den falschen Hals gekriegt und deshalb Ben voll angezickt hast. Sie meinte, dass dich die ganze Sache ganz schön runterziehen würde."
 

Meine Augen weiteten sich bei jedem seiner Worte noch ein Stückchen mehr, bis ich glaubte sie würden mir gleich ausfallen als ich mich zu einem heiseren "Was?!" durchringen konnte.
 

"Ja, das sagte sie. Es tut mir leid. Wenn du willst, kann ich ihn auch bitten früher zu kommen, damit ihr das klären-"
 

"Nein." Ich räusperte mich, da meine Stimme sich immer noch wie ein rauhes Krächzen anhörte und erklärte mit etwas gefestigter Stimme:

"Nein, das ist nicht nötig, denn ich will überhaupt nichts von Ben. Es ist mir egal, was er mit wem macht. Soll er doch hingehen, wo der Pfeffer wächst, das ist mir wurscht."

Hätte er mich richtig gekannt, hätte er gewusst, dass ich mich gerade wie ein trotziges Kind aufführte, dem ein anderes Kind seinen Lieblingslolli weggenommen hatte. So aber stöhnte er nur erleichtert auf, was mich wiederum stutzig machte. Ja waren denn alle verrückt heute, oder was?! Bevor ich ihn allerdings erneut ins Kreuzverhör nehmen konnte, begann er schon munter weiterzuplappern.
 

"Also, kommst du dann früher zu mir? Wir haben jetzt..ähm warte kurz...wir haben jetzt genau viertel vor sechs. In drei Stunden steigt die Party, also wäre es ok für dich so um acht hier zu sein?"
 

Etwas überrumpelt war ich nur fähig mit dem Kopf zu nicken. Als er mich plötzlich ein paarmal beim Namen rief, fiel mir ein, dass er das ja nicht sehen konnte, deshalb beeilte ich mich verwirrt, ihm ein gemurmeltes "Ja" zu antworten.
 

"Gut. Dann wär das ja geklärt. Also, bis später dann!"
 

"Ja, ciao."
 

Keiner von beiden legte auf. 'Wie kindisch ', dachte ich gerade, als er noch etwas schüchtern hinzufügte:

"Ich freu mich." Dann war es still in der Leitung.
 

Genervt beendete ich ebenfalls das Gespräch. Was war nur mit den Typen los? Zuerst interessiert sich niemand für mich und auf einmal hatte ich direkt drei Verehrer, ok, zwei davon waren Frauenhelden, aber immerhin, und dass nur, weil ich eine Elbe war. Na ja, eine Elbe war ich ja eigentlich die ganze Zeit über schon gewesen...
 

Einer Eingebung folgend roch ich an meinem Mantel. Es hieß ja immer, dass Frauen wie Männer einen bestimmten Geruch aussandten, um das jeweils andere Geschlecht zu betören. Enttäuscht zupfte ich mein Gewand wieder zurecht. Ich roch noch genauso wie immer, na ja, vielleicht ein wenig strenger als sonst...
 

Erst jetzt fiel mir auf, dass sich Tinka schon seit einiger Zeit nicht mehr vom Fleck bewegte und stattdessen genüsslich an ein paar Grashalmen knabberte.
 

Irritiert hob ich den Kopf und sah mich um.
 


 

~~~~~

Ist das mit der Zeitrechnung einigermaßen verständlich? Wenn nicht, erklär ich es beim nächsten Mal noch einmal.
 

@Nilli: Danke Süße! *ggg* Freu mich immer sehr über deine Kommis!!*lach* *knuddeldichganzdolle*
 

@Elbe_Amalya: Auch dir herzlichen Dank für dein Review!! Hat mich wirklich sehr gefreut, so viel Lob von dir zu bekommen!!
 

@Mel: Nya, wie schon gesagt, Mathe ist auch in Wirklichkeit nicht unbedingt grad meine Stärke....*unschuldig rumpfeif* *grins*

Visionen und andere Zwischenfälle Teil 2

Anmerkungen: Öhm, kommt vielleicht eeeetwas spät, aber, öhm, frohe Ostern anchträglich!*grins*
 


 

"Hexe!"

Unwillkürlich durchbrach ein schriller Schrei die gewohnte Stille, bis ich merkte, dass ich diejenige war, die schrie und mir eine Hand auf den Mund legte.
 

Zwanzig Pfeile zielten auf meine Wenigkeit, als wäre ich das böseste Böse ganz Mittelerdes. Eingekesselt von meinen ehemaligen Beschützern, chrm, die mich allesamt feindselig ansahen, fühlte ich mich doch etwas unwohl....mmmh, wieso wohl? Ach ja...ich wurde ja nur von zwanzig vermaledeiten Elben BEDROHT!
 

Nachdem ich meine anfängliche Hysterie überwunden hatte, strich ich mir fahrig durch mein Haar, um mich für meinen nächsten Schritt zu sammeln.

Ein Grinsen stahl sich in mein Gesicht, als zwanzig Möchtegernkrieger scharf die Luft einsogen und ihre Bögen noch fester umklammerten. Selbst zu zwanzigst Bewaffneten gegen einen gerade nicht Bewaffneten schienen sie sich irgendwie nicht sicher zu fühlen.
 

Also, irgendwie kam mir das allmählich ziemlich bedenkenswert vor...Bestimmt waren sie nicht immer so extrem schreckhaft, schließlich hatte meine Oma nicht in einer einzigen ihrer zahllosen - und wenn ich zahllos sage, dann meine ich das auch - Geschichten über Mittelerde je erwähnt, dass man nicht mal tief Luft holen durfte, in ihrer Gegenwart. Je mehr ich darüber nachdachte, desto seltsamer kam mir die ganze Sache vor.
 

Langsam legte ich den Kopf schief. Hatten sie etwa Angst vor mir? Die ganze Zeit, besonders den heutigen Tag über hatten sie sich wirklich wie aufgeschreckte Hühner benommen. Und nun beobachteten sie jede meiner Bewegung mit nicht zu übersehener Furcht. Komischerweise hatten sie mir aber von Anfang an vertraut, also warum der Wandel? Wovor hatten sie wirklich Angst?

Irgendetwas oder jemand schien in dieser Gegend zu hausen, wovor sie sich schrecklich fürchteten. Vielleicht Hexen. Ich fing leise an zu kichern. 'Ich und eine Hexe...'
 

"Hihihi..."
 

Das Funkeln in den Augen meiner Weggefährten schien nun ins Bedrohliche zu wechseln und mein Lachen endete augenblicklich. Wir wollten es ja nicht übertreiben. 'Wir?! Oh man, was haben diese Elben nur aus mir gemacht...'
 

Seufzend wandte ich mich an meine 'Freunde'.

"Was habt ihr denn? Warum zielt ihr mit auf mich?! Ich mein, es stimmt schon, dass ich nicht unbedingt die Nettigkeit in Person bin, aber eine Hexe bin ich deshalb noch lange nicht! Oder könnt ihr mir sagen, wo mein Besen ist? Und mein Kessel? Und meine ganz tolle Warze, die mein faltiges Gesicht erst so richtig schön zur Gelt-"
 

"Ihr seid eine Hexe!", unterbrach mich ein blonder Elb mit blitzenden blauen Augen. O je, jetzt musste ich mich schon von einem schlechten Legolasabklatsch beleidigen lassen...ich glaub, es hackt.
 

Elrond schien auch nicht sonderlich begeistert zu sein von der äußerst zuvorkommenden Art des Elben, denn er warf ihm einen vernichtenden Blick zu, bevor er sich freundlich lächelnd mir zuwandte. Irgendwie schien er die ganze Situation ziemlich locker zu sehen, was man ja von seinen Gefährten nicht gerade behaupten konnte...was hatte die denn bloß gestochen?!
 

"Ich bin mir sicher, dass es hierfür eine plausible Erklärung gibt." Sein strenger Blick glitt wieder zum Legolasdouble, der nur verächtlich schnaubte, aber nichts erwiederte. Immer noch ratlos blieb jedoch das kleine Calalein.
 

"Ähm, worum geht es hier überhaupt?", versuchte ich zaghaft zur Klärung dieser Situation beizutragen. Elrond schien dies sehr willkommen zu sein, denn ich musste nicht lange auf eine Antwort warten - eine, die mich freundlicherweise nicht direkt zur Anklagebank drückte.
 

"Lady Cala, sagt mir doch bitte, was Ihr vor wenigen Minuten getan habt." Ich überlegte. Ich hatte meine Haare gekämmt, Lipgloss auf meine Lippen getan, Elrohir geärgert, telefoniert, gesungen, na ja, versucht zu singen und dabei bestimmt mehrere Elben taub gemacht...was hab ich denn anders getan als sonst?!
 

"Viel, würde ich sagen..", versuchte ich es auf die Komödiantenschiene, die mir aber leider auch nicht sonderlich weiterhalf, denn zwanzig Männer verdrehten genervt die Augen. Haben die sich denn jetzt alle gegen mich verschworen?!
 

Nein, eine nicht! Und die ist wohl gemerkt eine Frau!
 

"Also wirklich, was soll das Ganze hier?! Hat Lady Cala uns jemals einen Grund geliefert, ihr zu misstrauen?" Arwen trat in die Runde, in strahlendes Weiß gehüllt , sodass all unsere Begleiter mit offenen Mündern auf ihre zierliche Gestalt starrten.

Am liebsten hätte ich geklatscht. Ihr Auftritt hätte dem meiner Oma starke Konkurrenz gemacht.
 

Wütend stemmte sie nun die Arme in die Seiten und versprühte förmlich Gift in die Runde der Männer, sodass sie ängstlich zurückwichen.

Einzig Elrond und seine beiden Söhne blieben gänzlich unberührt.
 

"Arwen, ich denke, das reicht jetzt.", stoppte Elrond die Predigt seiner Tochter, die sich inzwischen ganz schön in Rage geredet hatte.
 

"Lady Cala, was habt Ihr also dazu zu sagen?" Langsam kam ich mir nun aber doch wie bei einer Gerichtsversammlung vor. Arwen war meine Verteidigerin, Legolasabklatsch der Ankläger und Elrond der Richter...auf welcher Seite standen eigentlich Elladan und Elrohir?

Beide hielten sie die Pfeile auf meine Brust gerichtet, wirkten aber nicht annähernd so überzeugt wie ihre Gefährten. Elladan rann Schweiß von der Stirn und seine Hände zitterten. Immer noch besser als sein Bruder, der seinen Kopf schüttelte, als wäre er der Mixbehälter für einen Martini. Geschüttelt, nicht gerührt.
 

Dann geschah es. Mein Blick streifte Elladans Gesicht und versank in dessen Augen, die im selben Moment in die meinen sahen. Zu meinem Schrecken las ich darin Zuneigung, Vertrauen aber auch Zweifel und Angst. Abrupt brach er den Blickkontakt ab, um eingehend den matschigen Boden unter seinen Füßen zu studieren. Normal wäre ich jetzt zu Tode beleidigt gewesen, dass jemand den Dreck unter seinen Fuß der Betrachtung meiner Wenigkeit vorzog, doch in diesem Moment beschäftigt mich ein anderer Gedanke. Konnte es sein, dass die beiden tatsächlich glaubten, ich wäre eine böse Hexe?! Jetzt war ich wirklich gekränkt.
 

"Cala?" Elronds sanfte Stimme unterbrach meinen erschreckenden

Gedankengang und ich riss mich so gut es eben ging zusammen. Also gar nicht.
 

"Jetzt reicht es mir aber wirklich! Ich habe nichts unrechtes getan!", fing ich an in voller Lautstärke loszubrüllen und meinem Ärger Luft zu machen. Man, ich hatte ganz vergessen, wie gut das tat...

"Ich habe mir eine Bürste geliehen und meine Haare gekämmt, ich habe meine Lippen mit Lipgloss verschönert, ich habe..."

An den Fingern zählte ich die einzelnen Punkte ab, ohne dass auch nur ein Elb es gewagt hätte, mich zu unterbrechen. Sie ahnten wohl, dass es ihnen nicht gut bekommen würde.

"...Elrohir geärgert, ich habe telefoniert und ich habe gesungen, na ja, zumindest habe ich so was ähnliches getan, wie singen, also man kann es nicht wirklich wie Gesang bezeichnen, aber es ging schon irgendwie in die musikalische Richt-"
 

"Telefoniert? Was ist 'telefoniert'?", unterbrach mich ein neugieriger Herrscher von Bruchtal in meinen doch etwas verwirrenden Ausführungen. Nene, die wichtigste Erfindung, die der Welt je zuteil wurde und Mittelerde kann nicht mal das passende Verb dazu richtig konjugieren. Tja, ich sah schon, da kam einiges an Aufklärungsarbeit auf mich zu.
 

"Mit einem Telefon kann man telefonieren, das bedeutet, dass man mit einem Gerät mit einer anderen Person sprechen kann, auch wenn sie viele Kilometer entfernt ist."
 

So ganz schien den Elben das Lichtlein noch nicht aufgegangen zu sein, sodass ich beschloss zu Unterrichtszwecken mein armes kleines Handy als Anschauungsobjekt zu benutzen. Kaum jedoch hatte ich es wieder aus meinem Rucksack herausgekramt, zielten zwanzig Gestalten mit angehaltenem Atem auf mein Herz. Wenigstens ging mir jetzt endlich ein Licht auf.
 

"Hexe!!", meldete sich wieder mein neuer Freund zu Wort. Irgendwie wurde das langsam langweilig. Konnte er denn gar nichts anderes sagen? Immer diese alte Leier.. Es würde dann ja richtig langweilig werden, wenn ich die ganze Sache aufgeklärt hatte. Vielleicht sollte ich...vielleicht sollte ich mir erst mal Sorgen um meinen geistigen Zustand machen. Was kümmerte es mich, was dieser Legolasmöchtegernzwilling von sich gab?! Sobald die Sache richtig gestellt war, würde ICH nämlich mit IHNEN kein Wort mehr wechseln.

Mmh, andererseits konnten sie ja nicht wissen, dass das ein völlig normaler Kommunikationsapparat der Menschen von der Erde war...Grrrr. Was nu?
 

Beleidigt sein oder nicht, das war hier die Frage...Ok, dann musste ich eben zu drastischeren Mitteln greifen.
 

'Ene mene miste, es rappelt in der Kiste; ene mene meck und du bist ...'
 

"Was ist das für ein Sauronsgerät?!". Wow! Das war ja ein ganzer Satz! Und ohne das Wort 'Hexe'! O mein Gott, das musste ich unbedingt rot im Kalender ankreuzen...Ach Mist, den hatte ich leider gerade zu Hause vergessen. So ein Pech aber auch.
 

"Es ist kein 'Sauronsgerät'! Das ist ein ganz normales Telefon, mit dem ich mit meinen Freunden reden kann!", antwortete ich gereizt. Ich hätte ihnen ja gerne noch einmal vorgeführt, wie das genau funktioniert, aber irgendwie hatte ich die dunkle Befürchtung, dass sich die Pfeile, die bereits etwas weiter auf den Boden zusteuerten, dann wieder in gerader Linie auf mich richten könnten und dieses Risiko wollte ich, weiß Eru, nicht eingehen.
 

Plötzlich runzelte der Personenfeind Nr. 1 seine Stirn und trat gefährlich nahe auf mich zu. Irgendwie wirkte dieses Nachdenkliche bei ihm noch beängstigender als sein einfältiges Rumgekeife...Er tippte zaghaft auf mein Handy, so als könne er sich daran verbrennen und erwiderte:

"Dann ist es also so etwas wie ein Palantir, nicht wahr?"
 

Seine ruhige Stimme hätte mir ja von Anfang verdächtig vorkommen müssen, aber seine Ernsthaftigkeit schrie ja schon förmlich nach einer Falle...
 

Ich jedoch, naiv wie ich war, dachte mir nichts dabei und erfreute mich an dem Gedanken, dass sie langsam von ihren falschen Anschuldigungen gegen mich wegkamen.
 

"Ja, das stimmt. Es funktioniert ähnlich wie ein Palantir."
 

"Ich wusste es!", schrie er plötzlich und zeigte mit dem ausgestreckten Finger auf mich. "Ihr seid Lephistos Spitzel!" Geschockt sah ich ihn an, spürte aber im selben Moment wie sich alle Anwesenden deutlich anspannten.
 

"Keine Hexe?", fragte ich vorsichtig nach, um die Situation etwas zu entschärfen, erntete aber nur wütende Blicke und die Pfeilspitzen zeigten erneut mitten auf mein Herz.
 

Jetzt riss endgültig mein Geduldsfaden. Irgendwann war ja auch mal Schluss, gelle..

"Genug ist genug! Jetzt macht mal halblang, ja? Ich komme zufälligerweise aus einem ganz anderen Land wie ihr, mit ganz anderen Sitten und ganz anderen Gewohnheiten! Wollt Ihr mich jetzt vielleicht dafür anklagen, dass ihr so unterentwickelt seid?! Was kann ich denn dafür, dass ihr immer Hinz und Kunz zum Botenlauf schicken müsst, um nur mal ein 'Herzlichen Glückwunsch zum Geburtstag' zu überbringen?! Und zu dir, du unterentwickelte Kaulquappe! Das ist kein Palantir, sondern ein Telefon! Es funktioniert zwar ähnlich wie ein Palantir, ist aber keiner! Denkt Ihr, Ihr seid in der Lage diesen Unterschied zu erkennen?"
 

Ich troff ja mal wieder nur so vor Sarkasmus. Aber offensichtlich hatte mein 'kleiner' Wutausbruch die hohen Herrschaften ziemlich überrascht. Recht unelbisch starrten sie mich an und brachten kein Wort heraus. Selbst Elrond schwieg, konnte sich aber ein Schmunzeln nicht ganz verkneifen.
 

Die erste, die sich wieder fing, war Arwen. Sie nutzte die momentane Verwirrtheit ihrer Kollegen, um ihr Abschlussplädoyer zu halten.

"Na also, ich sagte euch doch, dass das absolut ungefährlich ist, was sie getan hat! Ihr solltet wirklich langsam anfangen, ihr zu vertrauen!"
 

Eine entrüstete, aber auch über alle Maßen selbstzufriedene Arwen klopfte mir begeistert auf den Rücken, warf dabei aber immer wieder grausige Todesblicke zu meinem 'Freund', der immer noch nicht so richtig überzeugt schien. Sein Mund klappte auf und es ist wohl unnötig zu sagen, welches Wort ihm in diesem Moment wieder auf der Zunge lag, als Elrond seine Stimme erhob.
 

"Nun, ich denke, dass alle Zweifel nun ausgeräumt sind." Sein Ton ließ keinen Widerspruch zu, was allerdings unnötig erschien, da die meisten inzwischen sowieso von meiner Glaubwürdigkeit überzeugt schienen, mein 'Freund' selbstverständlich ausgenommen.
 

Versöhnlich lächelnd ritt Elrond direkt auf mich zu.

"Ich hoffe, Ihr verzeiht uns unsere schnell gehegten Vorurteile gegenüber Euren Gewohnheiten." Er strahlte erneut diese faszinierende Kraft und Weisheit aus, die jeden in seinen Bann zog. So auch mich.
 

Ich grinste schief und nickte schließlich, obwohl mein Ene-mene-Miste-Spiel auf das Gegenteil gezeigt hatte...aber mal ehrlich, wer konnte sich schon der Kraft Elronds erwehren?
 

"Ist schon vergessen.", wehrte ich also ab und ritt im Schritt an meinem 'Freund' vorbei, raus aus dem Kreis der vielen Elben. Ich brauchte nun etwas Zeit zum Nachdenken. Kaum vorstellbar, aber ich war irgendwie in einer depri Stimmung und wollte etwas allein sein...
 

Das war andererseits auch kein wirkliches Wunder, da ja schon enorm viel zusammenkam, zum Beispiel als ich durch Omis Spiegel torkelte und plötzlich ganz allein in Mittelerde landete, dann das anfängliche Misstrauen Elladans, das sich aber schnell in machohaftes Anbaggern verwandelte, wobei sich sein Bruder gerne mit anschloss, dann rief mich Jonas an und machte einen auf Heilseelsorge wegen der Sache mit Ben und schon wurde ich als Hexe, nein als Spitzel Lephistos beschimpft! Tja, und dann musste ich auch noch feststellen, dass zwei meiner, zugegebenermaßen nervigen, aber auf gewisse Art und Weise doch inzwischen lieb gewonnenen Freunde, mir immer noch misstrauten...

Hmpf. Mehr Selbstmitleid konnte selbst ein Elb nicht aufbringen.
 

In Gedanken versunken flocht ich Tinka viele kleine Zöpfe in ihre Mähne. Ab und zu rieb sie schnaubend ihre Nüstern an meinem Bein, als wollte sie sagen: 'Hey Kleine, lass den Kopf nicht hängen! Die haben sie hier sowieso nicht mehr alle beisammen! Ich halt zu dir, egal was kommt!'

Ich grinste. 'Jaja, wenn Tiere sprechen könnten...'
 

Wir ritten inzwischen in fast vollkommener Dunkelheit, obwohl ich mir sicher war, dass es eigentlich noch nicht so spät sein konnte. Vielleicht acht oder neun Uhr abends. Arwen hatte mir erzählt, dass gerade Herbst war. Und bald Winter.
 

Ich seufzte. Ich wünschte mir, schon jetzt in Lorien zu sein, zusammen mit Glowy und meiner Familie. Dann könnten wir Plätzchen backen! Ich liebe Plätzchen! Und diese Jahreszeit war gerade richtig dafür.
 

Nachdenklich blickte ich in die Runde der Elben. Sie benahmen sich anders als sonst, nicht so ängstlich. Ihre Köpfe gesenkt haltend, den Bogen mehr lässig als kampfbereit über der Schulter hängend und den Blick stur auf einen bestimmten Punkt fixiert, wirkten sie irgendwie ziemlich bedrückt und abwesend.
 

Mmh.
 

Ok, genug Depriphase. Ich fand, es war mal wieder an der Zeit, meine Begleiter ein wenig zu quälen. *g*

Nicht, dass ich es gern täte, nein, genau genommen hasste ich es, aber dies tat ich ja auch nur für meine lieben Elbenfreunde, und natürlich aus rein uneigennützigen Zwecken...hehe, wer's glaubt...
 

"Das beste am ganzen Tag

Das sind die Pausen.

Das ist schon immer in der Schule so.

Das schönste im ganzen Jahr

Das sind die Ferien.

Dann ist sogar auch unser Lehrer froh.

Dann kann man endlich tun und lassen was man selber will

Dann sind wir frei und keiner sagt mehr 'du sei still'.
 

Das schönste im Leben ist die Freiheit

denn dann sagen wir hurra
 

Schön ist es auf der Welt zu sein

wenn die Sonne scheint für groß und klein

du kannst atmen

du kannst gehn

dich an allem freun und alles sehn

Schön ist es auf der Welt zu sein

sagt die Biene zu dem Stachelschwein

Du und ich wir stimmen ein
 

Ich liebe den dunklen Wald

Berge und Seen

und ich schwärme für ein Eis am Stiel

Ich möcht mit den Wolken ziehn in ferne Länder

Ich säß mal gern auf einem Krokodil

Die Welt wird immer kleiner und die Wünsche die sind groß

Warum ,oh schau wie schön ist auch ein Frosch im Moos", brüllte ich aus vollem Halse und voller Inbrunst in die Stille hinein.
 

Die Elben verkrampften sich spürbar und versuchten unauffällig aus meiner Hörweite zu kommen. Hehe, denkste...

Und noch einmal:
 

"Schön ist es auf der Welt zu sein

sagt die Biene zu dem Stachelschwein..."
 

Abrupt hielt Elrond an und verkündete, dass wir hier unser Nachtlager aufschlagen würden.
 

'Juchuu! Endlich!
 

Mmh, versteh gar nicht, warum er mir jetzt so einen verzweifelten Seitenblick zugeworfen hat...'
 

Mehr schlafend als wach, versuchte ich mir mein Nachtlager aufzubauen, fand es aber irgendwie viel bequemer, im Gras sitzen zu bleiben, als aufzustehen, sodass sich ein aufmerksamer Beobachter darum kümmerte. Ich murmelte ein 'Dankeschön' und sammelte meine restlichen Kräfte, um meinem Wohltäter wenigstens noch ins Gesicht sehen zu können, da erschrak ich fürchterlich. Mit dem hatte ich ganz bestimmt nicht gerechnet.
 

"Elladan..." Er senkte schuldbewusst den Blick und ließ sich neben mir ins Gras fallen.
 

Wir saßen eine Zeit lang schweigend nebeneinander, jeder mit seinen eigenen Gedanken beschäftigt, als er sich endlich ein Herz fasste.
 

"Merkwürdige Dinge, die du da bei dir trägst."
 

"Nicht merkwürdig für mich.", antwortete ich eisig.
 

"Cala, ich habe nie gesagt, du seiest eine Spionin." Sein Unterton verwirrte mich etwas, doch seine Worten waren direkt. Umso besser.
 

"Du hast es gedacht."
 

"Das ist nicht wahr!" Mit schreckengeweiteten Augen starrte er mich an, doch ich blieb kühl.
 

"Du musst nicht lügen, es ist nicht wichtig." Ich wandte mich von ihm ab und zupfte scheinbar beschäftigt an meiner Decke. Es war doch kälter, als ich gedacht hatte. Leicht zitternd schlang ich meine Arme um meinen Körper.
 

"Du hast Recht. Ich habe es gedacht, für einen Moment. Und es tut-"
 

"Bitte, Elladan, lass es. Die Sache ist gegessen. Es ist geklärt, dass ich keine Spionin bin, also lass uns das Ganze einfach vergessen." Ich wollte ihn nicht mehr sehen. Sollte er zu Elrohir gehen und ihm wieder Tipps geben "wie-werde-ich-der-beste-Macho-ohne-Rückrat-des-Jahres". Grr, mein Sarkasmus war heut unerträglich. Wieso konnte er mich nicht einfach in Ruhe lassen?!
 

"Ich will das aber jetzt mit dir klären.", sagte er eindringlich, während er mir seinen Mantel um die Schultern legte.
 

"Das ist nicht nötig, wie schon gesagt, ist bereits alles geklärt. Also, bitte, geh und leg dich schlafen. Wir müssen morgen früh raus."
 

"Wenn du glaubst, du kannst mich in dieser Sache genauso leicht abwiegeln wie beim Reiten, dann täuschst du dich gewaltig in mir."
 

"Keine Sorge, noch mehr kann ich mich nicht in dir täuschen."
 

"Cala..."
 

"Jetzt verschwinde endlich! Lass mich einfach in Ruhe, so wie alle anderen auch!", schrie ich ihn an und ließ dabei den größten Teil meines Frustes raus. Ich hatte gar nicht gewusst, dass ich so tief verletzt war. Aber wahrscheinlich übertrieb ich auch nur wieder.
 

Wütend blitzte ich ihn an, doch diesmal war er es, der vollkommen ruhig blieb.
 

Das war sogar noch schlimmer für mich, als wenn er versucht hätte, mich zu unterbrechen. Stattdessen sah er mich einfach nur unverwandt an, mit diesen traurigen Augen, die eine eindeutige Botschaft vermittelten: Verzeih mir.
 

"Es tut mir leid.", sagte er, doch ich hob abwehrend die Hände. Nicht nötig zu erwähnen, dass inzwischen aller Augen auf uns gerichtet waren.
 

"Ja, schon gut. Ich sagte ja, dass die Sache vorbei ist. Also wärm nicht alte Kamellen auf, ja? Geh einfach. Jetzt." Meine Stimme wurde bei jedem Wort leiser und ich schloss müde die Augen. Schon spürte ich Elladans Hände, die mich in seine Arme ziehen wollten, doch ich wehrte mich dagegen. Stieß ihn von mir und versank in seinen Augen in ein wortloses Duell.
 

Beide hielten den Blick eine Weile im stummen Kampf vertieft.
 

Er sah zuerst weg und verlor.
 

Langsam erhob er sich und ging schlurfenden Schrittes an die Feuerstelle zu seinem Zwillingsbruder. Ich sah noch, wie sie ein paar Worte miteinander wechselten, um dann gemeinsam in die Flammen zu stieren.
 

Erschöpft ließ ich mich auf den Rücken fallen. Das letzte, was ich sah, waren tausende von Sternen, die den Mond flankierten und stumm auf mich herabsahen. Ich spürte noch, wie zwei flinke Hände behutsam über meinen Kopf strichen und Elladans Mantel fester um mich zogen, dann war ich auch schon eingeschlafen.
 

Als ich aufwachte, war es immer noch stockfinster. Die Sterne standen genau wie Stunden zuvor hoch am Himmel, während der Mond ein großes Stück weitergezogen war. Ich sah mich im Lager um und musste feststellen, dass ich wohl die einzige war, außer den Wachtposten, die wach war. Ein unangenehmer Schauer durchlief meinen Körper und ließ mich zittern wie Espenlaub.
 

Sehnsüchtig sah ich hinüber zur Feuerstelle, die langsam niederbrannte. Eine einsame Gestalt saß davor und warf ab und zu Holz nach, um sein Weiterbrennen zu garantieren. Ich konnte nicht genau erkennen, wer es war, nur dunkle Umrisse zeichneten sich durch das spärliche Licht des Feuers ab.
 

"Bitte, setzt Euch zu mir, Lady Cala.", drang plötzlich eine leise Stimme durch die Nacht, die unverkennbar von Elrond stammte.

Ich betrachtete sein Profil einen Moment lang im faden Schein des Feuers, bis ich mich aufrichtete und samt Mantel zu ihm herüberging. Neben ihm setzte ich mich vor das Feuer und wärmte meine Hände. Erneut warf er ein Stück Holz in die Flammen, sodass sie einen Augenblick später hoch aufzüngelten.
 

"Es war mitten in den Zeiten des ersten Krieges gegen Saurons Armee, als meine beiden Söhne Elladan und Elrohir zur Welt kamen. In der Zeit des größten Leids erblickten sie das Licht der Welt und gaben mir den Mut und den Glauben zurück, den ich so bitter brauchte, um meine Streitkräfte angemessen führen zu können. Sie wuchsen heran und wurden ununterbrochen mit dem Krieg und seinen Auswirkungen konfrontiert. Meine Frau und ich versuchten sie so gut es eben möglich war, davor zu bewahren und ihnen ein unbeschwertes Erwachsenwerden zu ermöglichen, doch es war nicht leicht. Oft holten uns die vergangenen Geschehnisse wieder ein, doch unsere Kinder halfen uns unser Lachen zu bewahren. Ihre Scherze, ihr teilweise, ich geb's zu, unreifes Verhalten, sorgte immer wieder für Spaß und Ablenkung. Verzeiht ihnen, dass sie an Euch zweifelten. Ihnen fehlt die Erfahrung eines Kriegers bedingungslos für das einzutreten, woran sie glauben. Sie haben noch einen langen Weg vor sich, bevor sie wirklich erwachsen sind..." Ich linste zu ihm hinüber und sah ein etwas verzweifeltes Grinsen in seinem Gesicht, was mich zum Schmunzeln brachte.
 

"Ich hab's ja von Anfang gewusst..."
 

"Ja, ja Ihr hattet Recht. Doch was soll ich tun? Ich weiß einfach nicht weiter...Was wird nur aus Bruchtal?" Gespielt theatralisch fasste er sich an die Stirn.
 

Ich klatschte in die Hände und er verbeugte sich grinsend. Ich war beeindruckt. An dem war ja wirklich ein Schauspieler verloren gegangen, wer hätte das gedacht.
 

Dann seufzte ich. Seine Worte hatten mich nachdenklich gestimmt.

"Mmh, ich habe eigentlich auch gar kein Recht den beiden böse zu sein. Schließlich kennen wir uns noch nicht gerade lange." Überdachte ich die Situation. Verdammt, der Spruch 'Schlaf eine Nacht drüber und dann sieht die Welt ganz anders aus' stimmte, ich hatte Gewissensbisse. Und jetzt, wo auch noch Elrond aus dem Nähkästchen geplaudert hatte...
 

"Oh doch, Ihr habt jedes Recht dazu, wütend zu sein. Wenn man bedenkt, wie sie Euch nach der kurzen Zeit bereits am Rockzipfel hängen..." Seine Mundwinkel zuckten verdächtig, doch ich war mir sicher, dass sie es dieses Mal nicht aus Belustigung taten.

"Wißt Ihr, sie haben Frauen sehr gerne...und manchmal übertreiben sie es dabei...ein wenig." Er knirschte etwas mit den Zähnen, was beim Herrscher Bruchtals doch ziemlich amüsant aussah. Ganz der 'Matrix man' eben.
 

Ich hielt mir die Hand vor den Mund, um nicht laut los zu lachen, und er sah mich schief grinsend von der Seite her an.
 

"Das ist nicht witzig." Doch, war es.
 

Während er vergeblich versuchte, mich böse anzugucken und dabei unglaublich mit dem linken Auge zuckte, musste ich jegliche Körperbeherrschung aufbringen, um nicht loszuprusten.

Nun ja, wie gesagt mangelte es mir ein bisschen an Beherrschung, sodass kam, was eben kommen musste. Wir kugelten uns vor lachen.
 

Ein paar verschlafene Elben schreckten bei dem plötzlichen Lärmpegel auf und griffen instinktiv nach ihren Waffen.

"Wasn los...Orks...wo?..hmpf" Und schliefen direkt wieder ein. Also mal ehrlich, ein so großer Unterschied bestand zwischen Elben und Menschen nun wirklich nicht...obwohl bei den Elben der Schönheitsschlaf wohl wirkte, während er bei den Menschen doch stark zu wünschen übrig ließ...*g*
 

Nachdem wir uns wieder einigermaßen beruhigt hatten, breitete sich eine angenehme Stille aus, die nur ab und zu von ein paar schnarchenden Elben gestört wurde.
 

"Wißt Ihr, eigentlich sind wir gar nicht so schreckhaft, wie Ihr uns kennen gelernt habt. Wir sind eher ein recht ruhiges und besonnenes Volk, das erst denkt bevor es handelt. Doch die letzten Tage waren, wie soll ich sagen, etwas nervenaufreibend."
 

Er sah mich bedauernd an.
 

"Und gestern Abend ist die Situation wohl etwas eskaliert, fürchte ich." Er betrachtete interessiert seine Hände, warf aber immer wieder einen erwartungsvollen Blick zu mir herüber. Ich musste grinsen, er dachte doch wohl nicht etwa, dass ich ihn jetzt auch so anzicken würde wie Elladan? Man(n), man(n), anscheinend würde ich meinen Ruf wohl wieder ins rechte Licht rücken müssen.
 

Ich lächelte ihn lieb an, was er anscheinend als noch bedrohlicher empfand, da er ein wenig vor mir zurückwich und ich richtete meinen Blick auf die schlafenden Elben um uns herum.

Mein Blick blieb an einem bestimmten hängen und mein eben noch ehrliches Lächeln wandelte sich in Formel 1 Tempo in ein ironisches Grinsen.
 

"Na ja, eigentlich ist nur eines eskaliert." Ich schnaubte verärgert und warf Gras ins Feuer. Die fragenden Blicke meines Gesprächspartners entgingen mir dabei aber nicht.
 

"Nur dieser schlechte Legolasabklatsch mit dem IQ eines Streifenhörnchens und dem Wortschatz eines Esels ist total ausgeflippt."
 

Elrond sah mich eine Weile verdutzt an, bevor sein Körper anfing heftig zu zucken und er sich kurz darauf schüttelte vor lachen. Ich warf ihm einen äußerst missbilligenden Blick zu.
 

"Das ist nicht witzig."
 

Unter reichem Tränenfluss und wie es schien, großer Atemnot nickte er inbrünstig und schnappte gleichzeitig nach Luft.
 

"Doch, ist es."
 

Zehn Minuten später hatte der Herrscher Bruchtals immer noch nicht seine lässige Fassung wiedergewonnen, sodass ich langsam ungeduldig wurde.
 

Als er sich dann doch endlich von seinem Lachflash erholt hatte, hatte er große Mühe, sich wieder auf unser ursprüngliches Thema zu konzentrieren.

"Verzeiht mir, ich wollte Euch nicht kränken, nur noch nie hat jemand so über Tulu gesprochen, wisst Ihr. Er ist sehr...beliebt."
 

Ich ließ das jetzt mal einfach unkommentiert und er schien auch ganz froh darüber zu sein, denn er fuhr auch sogleich fort:
 

"Äh, wo waren wir stehen geblieben? Ah ja, ich erinnere mich. Nun, Ihr seid sicherlich nicht in der angenehmsten Situation zu uns gestoßen, Lady Cala." Ich konnte Bedauern aus seiner Stimme heraushören, ging aber nicht darauf ein.
 

"Ja, das habe ich bereits gemerkt. Ich nehme an, dass diese Gegend hier daran schuld ist. Es gibt hier wohl viele Magier, weswegen Ihr Euch so auf Eure Umwelt konzentriert?" Hatte ich das nicht sehr diplomatisch ausgedrückt? Ich war selbst ganz stolz auf mich, auch wenn ich an Elronds Verstand zu zweifeln begann, denn er hatte anscheinend meinen ironischen Tonfall bei den Worten 'Magier' und 'konzentriert' nicht so ganz mitbekommen...Jedenfalls starrte er mich gleichermaßen verwundert wie erleichtert an.

Jaja, das nur mal so zum Thema 'Elben, die ihre Emotionen verstecken'...
 

"Ja, genau! Woher wisst Ihr davon?"
 

Ich seufzte. Das fragte er auch noch? "Nun ja, zuerst einmal wurde ich wegen meinem Handy direkt als eine Hexe beschuldigt und zweitens habe ich ja bereits viel über Elben gehört, aber irgendwie habe ich sie nie in Verbindung bringen können, mit aufgescheuchten Waschweibern..." Ich setzte eine nicht gerade überzeugende Unschuldsmiene auf, bekam aber nur einen gespielt strafenden Blick zur Antwort. Er zog es wohl vor, meine kleine Kritik erneut zu übergehen und mir lieber den wahren Grund ihres Verhaltens zu erklären.
 

"Ihr habt Recht, es gibt viele Sagen und Legenden, dass hier böse Geister und Magier leben sollen, deshalb auch der Vorwurf von Tulu."
 

Welch Ironie. Tulu, der Verteidiger. Tss, von wegen Verteidiger. Ankläger hätte besser gepasst.
 

"Wir müssen sehr vorsichtig sein bei der Durchquerung des Schattenbachtals, auch wenn wir nicht allen Geschichten Glauben schenken. Wir wollen nur sicher gehen, nicht überrascht zu werden."
 

Sicher, klar, mmh, und der Mann im Mond trällert den Kindern wirklich jede Nacht ein Liedchen vor...
 

"Mir war aber klar, dass Ihr keine Spionin seid, allerdings seid Ihr auch kein Mensch. Ihr seid eine Elbe, nicht wahr?" Nun war ich es, die dumm aus der Wäsche guckte und ihn schien das königlich zu amüsieren, denn er grinste wieder breit.
 

'Woher weiß er das denn? Alle glauben doch, ich sei ein Mensch, ich selbst habe es jahrelang geglaubt, bis mir Omi die Wahrheit erzählt hat. Aber wie kommt er darauf? Ich habe nicht ein Sterbenswörtchen über meine Heimat oder mich selbst erzählt! Zumindest nicht darüber.'
 

"Woher wisst Ihr davon?", fragte ich etwas ängstlich. Wer wusste schon, welche Anschuldigung als nächste kam...
 

Nachdem er einen prüfenden Blick in den Himmel geworfen hatte, lächelte er mich warm und beruhigend an.

"Macht Euch keine Sorgen, alles wird sich noch früh genug aufklären. Ihr solltet jetzt schlafen gehen, bald ist die Nacht vorüber und morgen wird es wieder ein langer Tag werden."
 

Na toll, jetzt speiste er mich so ab. Ich seufzte, er schien das Gespräch als beendet zu betrachten und so fügte ich mich meinem Schicksal.

Von wirren Gedanken geplagt stand ich auf und schlängelte mich leise zwischen den schlafenden Elben hindurch.

Noch während ich mich auf meine nicht gerade bequeme Schlafstätte legte, dachte ich an das kuriose Gespräch mit Elrond. Er war wirklich ein komischer Kauz.
 

Woher wusste er, dass ich eine Elbe war? Ich besaß doch gar keine offensichtlichen Merkmale, oder? Und was meinte er eigentlich mit 'das wird sich alles noch aufklären'? Was wird sich wann aufklären?!
 

Tja, Fragen über Fragen, die allesamt so interessant waren, dass ich einschlief.
 


 


 

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@Mel: Freut mich, dass dir das Kap so gut gefallen hat! *lach* *sich froi* Hoffe, du hast hierbei auch lachen können?
 

@Nilli: *knuddelz* Kann immer wieder nur sagen: Dankeschön!! *grins* Wirklich, wirklich, wirklich süß von dir!
 

@Iary: *lach* Ach Schwester, was sind schon Männer?! = Ein beshönigendes Wort für 'Weicheier'! *lach* *gg* Oje, jetzt kriegt die Männerwelt aber saures...^^
 

@Angel89: Danke für dein Kommi! Toll, dass dir die Kaps gefallen!!*strahl* Ich hoffe, dieses Kap gefällt dir auch so gut? *bibber*
 

@Darky: Joah, ich poste halt so, wie ich mich dazu bewegen kann...*grins* Hab halt momentan ne kleine Faulitis...^^

Am Morgen ein Schrecken, bringt zum Kämpfen den Recken!

'Ich laufe über eine Wiese. Nein, halt! Ich schwebe... Alles ist so leicht und ruhig...Vögel fliegen um mich herum und singen schöne Lieder, während der Wind sanft an den Ästen der Bäume rüttelt.'
 

KRRSCH!
 

'Woher kommt plötzlich dieses laute Brummen? Ich drehe mich um, sehe aber nichts außer saftiges Grün, hohe Bäume und viele Sträucher. Vor einem herrlichen Kirschbaum bleibe ich stehen, um ihn zu betrachten. Seine Blüten stehen in voller Pracht, einzelne Blätter fallen jedoch bereits herab zur Erde und hüllen mich in einen feinen Regen aus rosaroten Blütenblättern. Ein Eichhörnchen klettert behände von einem Ast hinunter auf meine Schulter und kuschelt sich an meinen Hals...'
 

KRRSCH!
 

'Wieder dieses Geräusch! Langsam werde ich ärgerlich, es zerstört ja die ganze Harmonie! Eine Ente watschelt zutraulich auf mich zu, eine ganze Kinderschar hinter sich führend. Ich gehe weiter und entdecke einen Bach. Das Wasser ist rein und klar, ein Rotkehlchen badet sich darin neben einer trinkenden Katze. Ist das der Himmel?' Nein, ich stehe nicht unter Drogen.
 

KRACH! KRRSCH!
 

'Anscheinend nicht. Muss Mama immer diese billigen Aldi-Wecker kaufen? Die haben immer so einen penetranten Ton...'

Missmutig schlug ich auf den Wecker, damit er aufhörte zu klingeln, ohne dabei meine Augen zu öffnen.

'Nicht mal richtig schön zuende träumen kann man. Blöder Wecker. Will nicht zur Schule!! Vielleicht sollte ich einfach mal verschlafen...Ein Biber fischt nach Ästen für seinen Staudamm, wobei er tatkräftig von seiner Familie unterstützt wird. Warme Sonnenstrahlen bahnen sich ihren Weg durch das Geäst und blinken immer wieder in den sanften Wellen des Baches auf. Wie romantisch!"
 

KRRSCH!!
 

'Also jetzt reicht's!' Mit aller Kraft schlug ich nun auf diesen blöden Wecker, der ganz schön robust war. KLONG! 'Komisch, seit wann hören sich Wecker denn so hohl an?!' Jedenfalls war das Brummen verstummt und das war doch die Hauptsache.
 

"Cala!" Jemand schrie verzweifelt meinen Namen.
 

"Nein, Mama. Ich will noch nicht aufstehen...", murmelte ich und drehte mich auf die andere Seite. Plötzlich schlug mir etwas wurzelartiges ins Gesicht. 'Hä?! Wurzel?! Oh nein...'

Nachdem mich endlich der Geistesblitz namens Orientierung getroffen hatte, war ich sofort hellwach. Ich schlug die Augen auf und sah mich zu meinem grenzenlosen Schrecken nicht nur im Angesicht einer Wurzel, nein, dahinter grinste mich auch noch eine hässliche und stinkende Fratze an!
 

"Iiihh! Was ist das?!?!"
 

Angeekelt sprang ich auf und lief ein paar Meter rückwärts, meine Augen starr auf den bewusstlosen Körper vor mir gerichtet, der eben noch mein Bettnachbar gewesen war.
 

"Das ist ein Ork.", belehrte mich ein keuchender Elladan, der plötzlich direkt neben mir auftauchte. Sein Gesicht war zu einer ironischen Grimasse verzogen und in der rechten Hand hielt er ein Schwert, doch seine Augen blitzten voller Kampfeslust.
 

'Typisch Männer', dachte ich gerade missbilligend, als alles ganz schnell ging: Elladan rief noch "Achtung!" zu mir herüber und stieß mich etwas unsanft zur Seite, im selben Moment rannte ein besonders häßliches Exemplar eines Orks auf mich zu, wurde aber von dem Elben abgelenkt.
 

Ich rappelte mich schnell wieder auf und packte meinen Köcher und einen Pfeil. Wär doch gelacht, wenn Frau sich nicht selbst verteidigen könnte. Noch nie was von Emanzipation gehört? Selbst, ist die Frau.

'Also los!' Ich legte den Pfeil mit geübter Hand auf die Sehne und versuchte ein Ziel anzuvisieren. Nun, das stellte sich dann doch als etwas schwieriger heraus, als erwartet, denn unsere Lagerstätte wimmelte nur so von potentiellen Opfern. Ich versuchte meine Abscheu zu verdrängen, als ich sah, wie Arwen es gleich mit zweien

dieser abstoßenden Biester auf sich nahm und ließ los. Der Pfeil fand sein Ziel und der Ork fiel krachend zu Boden.
 

Schockiert schloss ich die Augen. Hatte ich gerade wirklich jemanden umgebracht? Jemandem das Leben genommen? Ich biss mir auf die Unterlippe, der Gedanke war furchtbar. Auch wenn es so ein ekliges Monster gewesen war, so war es doch immer noch ein ...Lebewesen. Vorsichtig öffnete ich das eine Auge und lugte in die Richtung des Orks. Ich konnte nur verschwommene Umrisse erkennen, sodass ich, mir selbst Mut zusprechend, auch das zweite Auge öffnete. Erstaunt riss ich nun eben diese beiden auf.
 

Man konnte nicht direkt sagen, dass der Ork tot war, denn dafür krabbelte er noch recht munter am Boden herum, allerdings hatte er eine klaffende Wunde am Bein. Wie es schien hatte ich leicht die Richtung verfehlt...na sowas. Unglaublich erleichtert seufzte ich auf, als schon wieder jemand meinen Namen rief. Ich drehte mich in die Richtung aus der die Stimme kam und erblickte Elrohir und seinen Zwillingsbruder Rücken an Rücken mitten im Kampfgetümmel. Ich hatte gar nicht bemerkt wie letzterer sich von meiner Seite entfernt hatte...
 

"Cala! Lauf weg! Nimm ein Pferd und reite so weit weg du kannst!" Schockiert starrte ich Elrohir einige Augenblicke an. Hatte er das gerade ernst gemeint? Ich sollte einfach weglaufen und sie alle im Stich lassen?!

"NEIN! Ich komm schon klar, mach dir keine Sorgen um mich!" Log ich ihm oder mir selbst gerade etwas vor? Während ich noch darüber nachdachte, hatte auch schon der nächste Ork Gefallen an mir gefunden. Benommen blieb ich wo ich war, ohne mich auch nur einen Millimeter zu rühren. Nicht mal der schiefe Turm von Pisa stand besser.
 

'Ach du heiliger Strohsack! Was mach ich denn jetzt?! Einen Pfeil abschießen?' Ich rief mir meine Treffsicherheit bei meinem letzten Schuss ins Gedächtnis und verwarf diese Möglichkeit wieder. Also blieben mir nur noch zwei: entweder stehen bleiben und sterben oder weglaufen und die anderen im Stich lassen. Der Ork riss mit einem überheblichen Gesichtsausdruck sein riesiges Maul auf und brüllte angsteinflößend. Ok, weglaufen bekam plötzlich einen ungeahnten Reiz...

Erneut wurde ich grob weggestoßen, und wer konnte es anderer sein? Elladan. Sein schwarzes Haar flog hin und her, als er schützend vor mir stand und den Ork mit kräftigen Hieben traktierte.
 

"Cala, hör auf Elrohir und verschwinde von hier! Wir können besser kämpfen, wenn wir nicht dauernd auf dich aufpassen müssen!!" Ich stemmte empört die Hände in die Seiten und war drauf und dran ihm mit stolz geschwellter Brust von dem Wort 'Emanzipation' zu erzählen und ihn schnippisch zu fragen, was er mir eigentlich zu sagen hätte, als er jedem Einwand meinerseits schnell einen Riegel vorschob. Einen sehr wirksamen leider.

"Cala, bitte...geh." Er warf mir einen flüchtigen Blick zu, der mehr als nur flehend war. Scheinbar hatte er wiklich Angst um mich, und diese Angst war zugegebenermaßen ziemlich entwaffnend.
 

Nachdem ich den Kampfplatz noch einmal mit meinen Blicken überflogen hatte, entschied ich mich dazu, meine Pfeile vielleicht doch noch mal im Köcher stecken zu lassen, um sie für einen möglichen nächsten Angriff aufzusparen und jetzt einen schnellen Abflug zu machen.

Ich sprang lässig auf meine Füße und blickte mich um. Die Pferde standen etwas abseits des Getümmels und wirkten unruhig, blieben aber wo sie waren. Ich drehte mich noch einmal zu Elladan um, der anscheinend seine rege Mühe mit seinem Gegner hatte und flüsterte: "Viel Glück."
 

Bevor ich auf dem Absatz kehrt machte und zielsicher auf Tinka zusteuerte sah ich noch, wie ein kurzes Lächeln seine Mundwinkel umspielte.
 

Hektisch bahnte ich mir einen Weg durch die Gruppe der Pferde und sprang leichtfüssig auf Tinkas Rücken. Ich griff in ihre dichte Mähne und stieß ihr die Hacken in die Flanken. Wiehernd machte sie einen Satz nach vorne und galoppierte an den übrigen Pferden vorbei mitten in den Wald hinein. Bei einem letzten Blick über die Schulter konnte ich erkennen, wie es Elrond in gewohnt lockerer Art mit gleich mehreren Gegnern aufnahm.

'So ein Aufschneider', war mein letzter Gedanke, als meine neuen Freunde aus meinem Blickfeld verschwanden.
 

Mehrere Stunden saß ich auf dem Rücken der Stute, ohne auch nur einmal an Rast zu denken. Ich wusste nicht, wohin ich überhaupt ritt - wichtig war nur, dass ich ritt. Und nicht mit Pfeil und Bogen mein Leben verteidigen musste. Vielleicht sollte ich mir das mit der Emanzipation noch einmal überlegen...oder zumindest seine Definition etwas verändern.
 

Da die Bäume nah beieinander standen, drang nur wenig Licht hinab auf den Boden, doch ich war mir sicher, dass es bereits Mittag war. Mein Magen machte unmissverständlich auf sich aufmerksam. In all der Eile hatte ich aber natürlich nichts zu essen mitgenommen, sodass ich jetzt hungern musste. Tinka schnaubte inzwischen keuchend, sodass ich mich dazu entschied, wenigstens ihr eine kleine Verschnaufs- und Essenspause zu gönnen. Wenn mein Blick durch das Buschgewirr vor mir mich nicht täuschte, begann der Wald sich langsam aber sicher zu lichten. Wahrscheinlich würde ich in ein bis zwei Stunden am Rande des Schattenbachtals und entlang des Celebrants auf offener Ebene Richtung Lorien reiten. Wenn alles gut ging.
 

Während Tinka friedlich an ein paar Grashalmen knabberte, lag ich ausgestreckt im Gras und starrte hinauf in die Baumkronen. Bei jedem noch so kleinen Geräusch zuckte ich zusammen und griff instinktiv nach dem Köcher, der nur eine Handbreit von mir entfernt lag.
 

'Ich benehm mich ja schon wie diese vermaledeiten Elben.', schalt ich mich selbst, als ein Vogel unerwartet anfing zu singen. Ohne nachzudenken packte ich Pfeil und Bogen und zielte auf den kleinen Piepmatz. Sofort ließ ich beides wieder sinken, als mein Verstand sich wieder einschaltete und ließ mich kraftlos zurück ins Gras sinken. Mein Gott, ich war paranoid...
 

"Wer seid Ihr und was macht Ihr hier?", drang plötzlich eine drohende Stimme an mein Ohr. Erschrocken richtete ich mich auf und blickte direkt in das verschlossene Gesicht eines Elben, dessen Pfeilspitze genau auf mein Gesicht zeigte. Langsam legte ich den Kopf schief.
 

'Irgendwoher kenn ich den doch...'
 

Mein Gegenüber gefiel es anscheinend nicht, dass ich keine Antwort gab, denn seine eisblauen Augen verengten sich ein gewaltiges Stück, während er den Bogen noch fester umfasste.
 

"Ich wiederhole mich nur ungern." Warum war der denn so aufgebracht? Ich hatte doch überhaupt nichts getan! Zumindest ihm nicht.
 

"Ich.. äh-" -war sprachlos. Das war mir noch nie passiert. Sattdessen war ich fast den Tränen nahe. In welches Schlamassel war ich denn jetzt schon wieder geraten? Und wieso hatte dieser blöde Vogel auf dem Baum lieber angefangen fröhlich zu singen, statt mich zu warnen? Oder sollte es gerade eine Warnung sein?! Wenn ja, war es eine ziemlich blöde gewesen...Tja, Freund, wir müssen wohl noch mal an unserer Kommunikation arbeiten.
 

"Adar*..." Eine ungewöhnlich samtene Stimme wandte sich an den älteren Elben vor mir, allerdings hatte ich zu viel Angst, heimlich dabei erschossen zu werden, wie ich einen Blick auf meinen Retter zu erhaschen versuchte, sodass ich es lieber mit einer etwas unglücklichen Unschuldsmiene versuchte. Es war mal wieder nicht gerade mit Erfolg gekrönt. Warum waren Elben eigentlich immer so misstrauisch? Und ich dachte, ich wäre paranoid...
 

Der Blick meines Gegenübers verlor an Schärfe, doch seine Geduld auf eine Antwort meinerseits schien immer noch an einem seidenen Faden zu hängen.
 

"Mein Name ist Cala und ich bin auf der Flucht.", rang ich mich schließlich zu einer Antwort durch.
 

Nun riss der Elb vor mir überrascht die Augen auf, wirkte aber immer noch nicht ganz überzeugt. Sein Blick huschte abschätzend über meine Erscheinung und ich fühlte mich alles andere als wohl.

"Vor wem?"
 

"Orks." Nun begannen plötzlich mehrere Elben, die anscheinend alle um mich herum standen, angeregt miteinander zu flüstern. Ich verstand nicht genau, was sie sagten, doch schienen sie ziemlich aufgebracht zu sein.
 

"Wo seid Ihr Ihnen begegnet?", fragte mich der misstrauische Elb mir gegenüber weiter. Ich wagte einen Blick in die Richtung aus der ich ungefähr gekommen war und zuckte hilflos mit den Achseln.

"Es ist schon mehrere Stunden her, glaube ich. Elrond und die anderen sind noch dort und kämpfen-"
 

"Elrond?! Ihr seid zusammen mit Elrond unterwegs?" Seine Vorurteile gegen mich schienen langsam zu bröckeln, dafür stiegen meine. Woher kannte er Elrond?
 

"Ja, ich bin zufällig auf ihn und seine Freunde gestoßen und habe mich ihnen angeschlossen."
 

Stirnrunzelnd sah er sich um. "Warum seid Ihr dann ohne sie hier?"
 

Angestrengt versuchte ich die Tränen in meinen Augen zurückzudrängen. 'Verdammt, warum war ich heute nur so eine Heulsuse?!'

"Wir wurden von Orks angegriffen...und...und Elladan.. ich sollte wegehen.. ich auf Tinka einfach weg.. sie allein.. ganz allein....." Von heftigen Schluchzern gepackt war ich mir sicher, dass er nicht mal die Hälfte meiner Aussage entschlüsseln konnte. Ich wollte gar nicht weinen, ich verstand auch nicht so ganz, warum ich nun so auf die Tränendrüse drückte, aber schien alles wieder einmal zu viel zu sein. Irgendwie geschah das ziemlich oft in letzter Zeit. Na ja, verständlich war es ja schon, nicht wahr?

Schon am frühen Tage wurde ich durch Orks geweckt und war seit dem auf der Flucht, zusammen mit der ständigen Angst um meine Begleiter. Ich hatte nicht einmal Zeit gehabt, morgenmuffelig zu sein! Na ja, und das musste sich ja schließlich irgendwie äußern...in diesem Falle in Form von riesigen Tränen, die mir die Wange hinabkullerten.

Alles war mir egal, nur das Wohl meiner elbischen Begleiter war wichtig. Der Typ vor mir war egal, sein Bändiger war mir egal und am allermeisten waren mir die vermutlich bewaffneten Elben, die allesamt auf mich zielten in diesem Moment egal. 'Ich hab doch gewusst, ich hätte nicht aufstehen sollen...'
 

"Cala?" Einen Augenblick lang vergaß ich glatt zu weinen. Diese Stimme hörte sich genauso an, wie die von Glowy...oh Gott, war ich schon so verzweifelt, dass ich mir jetzt schon einbildete, dass meine Freundin hier war?! Schlimmer konnte es ja nicht mehr werden.
 

"CALA!!" Ok, so schreien konnte nur Glowy. Verwirrt hob ich den Kopf, als sich auch schon meine beste Freundin jauchzend an meinen Hals schmiss. Ich konnte es kaum fassen! Glowy?! Meine Glowy?! Das Ende vom Lied war: ich musste wieder weinen, und sie gleich mit.

So lagen wir uns heulend in den Armen und vergaßen alles um uns herum. Mit 'alles um uns herum' waren unter anderem die Elben gemeint, die sich taktvoll im Hintergrund hielten. Vorerst.
 

"Was machst du hier?!"
 

"Geht es dir gut?"
 

"Was ist nur passiert?!"
 

"Bist du es wirklich?"
 

"Man, siehst du gut aus!" waren nur einige der Fragen, die Glowy und ich uns unter Lachen und Weinen entgegenwarfen. Dabei wurde natürlich keine einzige davon beantwortet. Aber das war auch in diesem Moment erst einmal nebensächlich - Hauptsache war, dass wir uns endlich wiedergefunden hatten.

Eine leichte Berührung auf meiner Schulter ließ mich fürchterlich zusammenfahren. Der blonde Elb, der daran schuld war, konnte von Glück sagen, dass ich gut drauf war, sonst hätte ich ihn auf Hobbitgröße gestutzt.

Schniefend drehte ich mich um und sah direkt in zwei kristallblaue Augen. Na ja, um ehrlich zu sein waren sie auch das einzige, was ich durch meinen Tränenschleier hindurch erkennen konnte.

"Bitte, Mylady, sagt mir, was geschehen ist! Es ist wichtig!"
 

Ich nickte langsam und wand mich aus Glowys Umarmung, die mir aber trotzdem beruhigend über den Kopf strich.

"Es war heute Morgen. Gerade nachdem ich aufgewacht war, bemerkte ich, dass Elrond und die anderen bereits in einen heftigen Kampf mit einer Gruppe Orks verwickelt waren. Sie müssen uns wohl aufgespürt und in aller Frühe angegriffen haben. Elladan hatte Angst um mich und befahl mir ein Pferd zu schnappen und zu verschwinden." Ich schniefte erneut. "Ich hab sie alle allein gelassen.." Irgendwie erschien es mir wichtig, dass noch zu sagen, nachdem mir weitere Tränen die Wange hinabflossen.
 

Glowy redete leise auf mich ein, als sich Mr. Ungehobelt wieder zu Wort meldete. Der und Tulu wären sicher ein unschlagbares Team...

"Wo genau befindet sich denn nun dieser Platz, wo Ihr Euch von ihnen getrennt habt?" Chrm, na ja, äh, ich sag nur: Orientierung und Cala...das passt garantiert nicht zusammen...

"Äh..ich bin nicht sicher..." Hilfesuchend sah ich mich auf der kleinen Lichtung um, konnte aber nirgends ein Schild entdecken auf dem stand: 'Reiten Sie drei Stunden lang in diese Richtung und Sie werden auf eine wunderschöne Lichtung gelangen, wo gerade ein faszinierender Kampf zwischen Elben und Orks stattfindet. Geben Sie bitte 5 Euro Gaffereintritt an der Kasse beim lustigen Piepmatz ab. Wir wünschen Ihnen einen angenehmen Ritt und viel Spaß!'

Ätsch.
 

Ungeduldig begann der ältere Elb auf dem Waldboden auf und ab zu trippeln, dabei warf er mir immer wieder scharfe Seitenblicke zu. Etwas mulmig war mir schon zumute, vor allem, weil ich große Angst um meine neu gewonnenen Freunde hatte.
 

Der junge Elb mir gegenüber schenkte mir einen aufmunternden Blick. "Ihr seid also Lady Cala, ja?"
 

Ich nickte nur. Ein erfreutes Lächeln breitete sich auf seinem Gesicht aus, dass mir flau im Magen wurde.
 

"Von Euch haben wir bereits viel gehört! Lady Glowy sprach sehr oft von Euch." Ich warf meiner Freundin einen prüfenden Blick zu, bevor ich voller Überzeugung meinte: "Na, dann kann ich wohl umsonst darauf hoffen, dass sie nur von meinen positiven Seiten gesprochen hat..." Ein harter Schlag auf den Arm ließ mich aufjaulen.
 

"Sag mal spinnst du?! Natürlich hab ich nur gut von dir geredet! Aber danke, dass du solch übermäßiges Vertrauen in mich hast!", blaffte mich Glowy auch schon an, während sich unser Gegenüber beinahe kugelte vor lachen. Na ja, er versuchte es noch mit aller Kraft zu unterdrücken. Wir waren gerade mitten in der schönsten Kabbelei - die, wenn man zwischen den Zeilen lesen konnte, ein sehr eigensinniges Zeichen unserer Erleichterung war, uns endlich wiederzuhaben - als der ältere Elb abrupt stehenblieb.

"Na gut, wenigstens haben wir beobachtet, wie Ihr auf diese Lichtung geritten seid und wissen so in welche Richtung wir reiten müssen. Legolas, du reitest mit den beiden Damen weiter nach Lorien. Ich werde zurückreiten und Elrond zu Hilfe kommen, so laut wie Orks nun einmal sind dürfte die Chancen gut stehen, dass wir sie auch so finden."
 

Hätte ich einen Spiegel vor mein Gesicht halten können, wär ich mir sicher gewesen, dass mein Kopf sich in ein riesiges Fragezeichen verwandelt hatte. 'Legolas?! Hier?! Aber, wieso?! Moment mal...'

"Ich komme mit!" Zwanzig ungläubige Augen starrten mitleidig in meine Richtung. Irgendwie schien mich niemand ernst zu nehmen. Hmpf.
 

"Lady Cala, Ihr solltet Euch beruhigen! Ihr seid noch viel zu aufgeregt von dem Schock und werdet sicher keine große Hilfe sein. Ihr werdet damit nur erreichen, dass alle auf Euch aufpassen müssen und vom Kampf abgelenkt werden!" Die Stimme meines Gegenübers war besänftigend und ich erkannte die Wahrheit in seinen Worten, doch ich wäre nicht Cala, wenn sich meine Dickköpfigkeit nicht noch einmal zu Wort melden würde...

"Aber, aber sie sind doch meine Freunde...ich kann sie doch nicht einfach so im Stich lassen!"
 

Der Elb vor mir kam dem älteren zuvor, indem er bestimmender als vorher erwiderte: "Es ist einfach zu gefährlich für Euch! Ihr werdet mit Lady Glowy und mir weiterreiten!!! Und Ihr werdet Euch nicht widersetzen!" Nun hatte sein Ton etwas endgültiges, befehlsartiges an sich, das mich glatt in Rage brachte. Was bildete der sich denn ein?!
 

"Meinetwegen könnt Ihr der König von ganz Mittelerde sein! Ich komme-"
 

"Reicht es auch, der Prinz des Düsterwaldes zu sein?", unterbrach mich der Elb schelmisch grinsend. Verwirrt klappte ich den Mund zu und starrte ihn an. Schlimmer wurde die ganze Situation auch noch, als sich Glowy vertraulich an seinen Arm schmiegte und schnurrte: "Das reicht vollkommen..."
 

Verdutzt wanderte mein Blick zwischen dem Pärchen hin und her, bevor ich losplärrte: "Es ist mir vollkommen egal, wer Ihr seid! Ich komme trotzdem mit!!"
 

Mr. Ungehobelt ließ im Hintergrund ein genervtes Schnauben vernehmen. "Ihr habt gehört, was mein Sohn gesagt hat und Ihr werdet Euch dem fügen!"

'Sein Sohn?' Ich blinzelte die letzten Wassertröpfchen aus meinen Augen weg und betrachtete den Elb vor mir. Es schien als würde ich ihn zum ersten Mal richtig sehen:

sein blondes langes Haar mit jeweils einem Zöpfchen über jedem Ohr, diese himmelblauen Augen, seine muskulöse Gestalt und seine ruhige und besonnene Art...
 

"Oh, Eru..."
 

Er grinste. "Legolas tut's auch."
 

"Tss..." Arroganter Mistkerl.
 

Der ältere Elb saß inzwischen auf einem stolzen Schimmel, als er noch einmal das Wort an uns richtete. Erst jetzt fiel mir die große Ähnlichkeit zwischen ihm und Legolas auf. Thranduil.

"Pass gut auf sie auf, Legolas!" Ein warnender Blick seinerseits folgte, der überhaupt nicht zu seinen Worten passte und schon galoppierte er mit zehn seiner Krieger tiefer in den Wald hinein. Legolas, Glowy, vier weitere Krieger und ich blieben zurück.
 

Wehmütig sah ich ihnen hinterher, bis nichts mehr von ihnen zu sehen war.
 

"Los, komm Cala! Wir müssen weiter!" Aufgedreht piekste Glowy mich in die Seite, um mich aus meiner Träumerei zu reißen. "Schließlich müssen wir ja nach Lorien!" Sie klatschte in die Hände und schien sich wie ein Honigkuchenpferd darauf zu freuen.
 

"Sag mal, du weißt nicht zufällig, wo Papa, Mama, Oma und Opa gelandet sind, oder?", fragte ich vorsichtig und sie ließ augenblicklich die Arme fallen. Ziemlich bedröppelt sah sie jetzt aus.

"Nein, leider nicht. Aber ich bin mir sicher, dass wir sie in Lorien antreffen werden! Wir müssen nur einfach ganz fest daran glauben!" Sicher...
 

Wenig überzeugt wandte ich meine Aufmerksamkeit den fünf verbliebenen Kriegern zu, die bereits startklar auf ihren Pferden saßen. Sie sahen ziemlich anmutig, das musste man ihnen lassen, auch wenn sie etwas nervös die Gegend absuchten. Anscheinend waren sie meinen Freunden doch nicht so unähnlich.

So marschierte ich also auf Tinka zu, während Glowy zielstrebig auf das Pferd zuhielt, auf dem Legolas saß. Moment mal, sie wollte doch nicht etwa...
 

"Glowy, möchtest du jetzt bei mir mitreiten?"
 

Mitten im Schritt hielt sie inne und drehte sich gaaaaanz langsam zu mir um. Verlegen kaute sie auf ihrer Unterlippe, bevor sie schließlich antwortete.

"Äh, weißt du, ich denke, dass ähm, das Pferd von Legolas einfach besser geeinget wäre für zwei Personen., weißt du? Es scheint etwas kräftiger zu sein, als deins." Bekräftigend klopfte sie dem Tier auf seinen Bauch, was daraufhin ein ärgerliches Wiehern erklingen ließ. Hastig zog Glowy ihre Hand zurück.
 

Ich legte den Kopf schief. So lief der Hase also, kaum in einer anderen Welt, schon war der ehemalige Schwarm vergessen. Na, mir sollte es egal sein...

"Klar verstehe ich." Behände sprang ich auf den blanken Rücken meiner Stute und lenkte sie neben die Krieger. Legolas half Glowy vor sich auf das Pferd und schon ging die Reise weiter.
 

Während des Ritts wurde kaum etwas geredet. Worüber auch? Ich hätte gar nicht gewusst, wo ich bei all meinen Fragen beginnen sollte, doch Legolas erschien mir irgendwie nicht der richtige Ansprechpartner zu sein..Um ehrlich zu sein, er war mir unsympathisch. Er mochte ja, abgesehen von seinen blauen Augen und dem blonden Haar, recht passabel aussehen, doch was er bisher von sich gegeben hatte, hätte er sich auch ruhig sparen können.
 

Zu meiner unendlichen Freude gelangten wir schon nach wenigen Stunden aus dem scheußlichen Schattenbachtal mit seiner noch scheußlicheren Wirkung auf 'herzensgute' Elben heraus und trafen schon bald auf den riesigen Fluss Celebrant. Die Berge und Wälder hatten wir nun ebenfalls endgültig hinter uns gelassen, sodass nur noch die freie Grasebene zwischen uns und Lorien lag.

Auf den Gesichtern unserer Begleiter lag nun ein zufriedener Ausdruck, der mich schmunzeln ließ. Vielleicht sollte ich Glowy später einmal darauf ansprechen.
 

Bis in den tiefen Abend hinein ritten wir schweigend den Fluss entlang, jeder in seine eigene trübe Gedankenwelt vertieft. Meine glitt wie so oft an diesem Tag zu meinen elbischen Freunden, die ich am Morgen hatte zurücklassen müssen.

Wieso mussten Elben eigentlich immer die Helden spielen? Wieso waren in diesem Wald gerade in dieser Nacht Orks gewesen? Und warum zum Teufel tat mir mein Hintern so weh?!

Unruhig rutschte ich eine andere, vorläufig bequemere Position. Sicher, ich war ein Jahr lang mit einer guten Freundin einmal die Woche reiten gewesen, doch jeden Tag mehrere Stunden am Stück zu reiten war dann doch ein klein wenig etwas anders...

Mist, ich spürte jeden Knochen. Wenn ich jetzt im Dschungelcamp wäre, würde ich einfach schreien "HILFE! Ich bin ein Elb! HOLT MICH HIER RAUS!", aber so konnte ich nur auf den Einbruch der Nacht hoffen.
 

Heute war mein Glückstag.
 

"Es dämmert, ich denke, dass wir für heute weit genug gekommen sind. Wir werden diese Nacht hier rasten. Wenn alles gut geht, werden wir morgen Abend bereits in Lorien sein.", sprach unser Pfadfinderführer und sprang lässig auf den weichen Boden. Galant bot er dann auch Glowy seine Hilfe beim Absteigen an. Zum Glück wehrte sie entschieden ab und kletterte selbst hinunter. Wenigstens eines unserer Grundsätze schien sie in Ehren zu halten, wenn sie schon aus dem 'Ben-schwärm-Club' ganz offiziell ausgetreten war, um sich lieber der Legolasfraktion anzuschließen.
 

Zwei der Krieger machten sich an einer Feuerstelle zu schaffen, während die anderen beiden...ja, wo waren denn die anderen beiden?! Mmh, die anderen beiden hatten sich offenbar in Luft aufgelöst.

Glowy und ich pflanzten uns gemütlich ins Gras, als uns etwas ins Gesicht baumelte. Etwas hasenähnliches.

"Iihhh! Sag mal, spinnst du?! Nimm sofort den Hasen aus meinem Blickfeld!" Blöd grinste Legolas uns an. Schlimmerweise verbreiterte es sich auch noch bei seinen nächsten Worten.
 

"Tja, da Ihr nun einmal die einzigen Frauen in unserem bescheidenen Gefolge seid, dürfte ich Euch darum bitten, für das heutige Abendmahl zu sorgen?" Auffordernd streckte er uns mehrere Hasen entgegen.

Angeekelt wandte ich das Gesicht ab. "Träum weiter! Lieber verhungere ich, als dass ich das Tier auch nur anfasse!"
 

Geagt, getan.
 

Schmollend saß ich abseits des wärmenden Feuers und würdigte meine laut schmatzenden Begleiter keines Blickes.
 

"Komm Cala! Iss etwas! Ich weiß genau, dass du Hunger hast!!", versuchte Glowy mich von einem Bissen Hasenfleisch zu überzeugen. Ich schniefte. Als ich kleiner gewesen war, hatte ich einen Hasen gehabt. Flecky. Sie war weiß gewesen mit ganz vielen schwarzen Flecken...
 

"Na komm schon! Hab dich nicht so! Fressen und gefressen werden, so ist das Spiel des Lebens!"
 

"Das Leben ist kein Spiel.", grummelte ich in Kleinkindsmanier, was sie erschöpft aufseufzen ließ. "Du isst doch auch Hühnerfleisch, was ist an Hasenfleisch so anders?!"
 

"Ich hatte noch nie ein Haustier, das ein Huhn war."
 

"Cala, das ist eine sehr blöde Ausrede." Ihre Stimme nahm langsam einen ungeduldigen Unterton an.
 

"Aber-"
 

"Nichts aber, du isst das jetzt oder..."
 

Ich kniff meine Augen zusammen. Was hatte sie vor? "Oder...?"
 

Sie lächelte siegessicher. "Oder ich reite morgen auf Tinka und du musst bei Legolas mitreiten."
 

Mmh.
 

Mein Blick wanderte von Glowy zum Hasen, vom Hasen zu Legolas und wieder zum Hasen. Hastig griff ich nach dem Fleisch und würgte es herunter.
 

"Siehst du, ist doch alles halb so schlimm.." Von wegen. Das war ein Albtraum! Doch die Aussicht einen ganzen Tag mit Legolas auf einem Pferd zu sitzen, wo mir eh schon alle vier Buchstaben wehtaten, würde eine neue Art des Leidens einführen, die kaum zu übertreffen wäre.
 

Nachdem ich meinen Hunger gestillt hatte, bemerkte ich den nachdenklichen Blick, den mir der Prinz zuwarf. Er sah schon fast knuffig dabei aus, aber nur fast.

"Was ist so schlimm daran, mit mir auf einem Pferd zu sitzen?" Seine Stimme war leise und doch verstand jeder seine Worte, die so unglaublich sanft wirkten. Es überraschte mich sehr, keine Spur von Gekränktheit oder Verletztheit darin zu finden. Er wollte einfach nur den Grund wissen.

Trotzdem saß ich jetzt in einer Zwickmühle. Ein Königreich für eine Ausrede!

Doch anscheinend war heute wirklich mein Glückstag, denn in eben diesem Moment tauchten die zwei verschwundenen Krieger wieder auf und machten sich über die Überreste unseres Essens her. Eine willkommene Ablenkung!
 

Ganz unauffällig verwickelte ich also meine beste Freundin in ein Gespräch. "Sag mal, wie war eigentlich deine erste Begegnung mit den Elben?", fragte ich sie und nippte an meiner Wasserflasche.

Ein kurzes Kichern entwich ihrer Kehle. "Na ja, nachdem ich dir durch den Spiegel gefolgt bin, spürte ich nur noch wie ich gegen etwas Weiches stieß und weiter zu Boden fiel. Wenige Augenblicke später wachte ich auf und sah mich einer Reihe fassungsloser Gesichter gegenüber. Zuerst verstand ich nicht, was los war, doch ein wehleidiges Stöhenn unter mir, ließ mich erschrocken auffahren. Ich hatte doch tatsächlich während meines Fallens den König von Düsterwald zu Boden gerissen und als Auffangkissen benutzt!

Mmh, anfangs fanden sie das gar nicht witzig...doch nachdem Legolas sich für mich eingesetzt hatte, wurde beschlossen, dass ich bei ihnen bleiben durfte. Langsam aber sicher haben sie sich dann auch an mich gewöhnt." Glowy warf einen dankbaren Blick zu dem Elben, den dieser lächelnd erwiderte.
 

"Es gab keinen Grund, Euch zurückzulassen.", erklärte er seinen Standpunkt.
 

Strahlend wandte sich Glowy an mich. "Und wie war es bei dir?" So erzählte ich ihr auch von meiner ersten Begegnung mit Elrond, Elrohir und den anderen und vergaß dabei auch nicht meinen 'Lieblingselb' Tulu zu erwähnen.

Glowy war eine gute Zuhörerin. Genau an den richtigen Stellen änderte sich ihre Mimik von Belustigung zu Unglaube und sogar Empörung, was mich dazu verleitete, meine Erlebnisse in den schillerndsten Formen darzustellen.
 

Als ich geendet hatte, bemerkte ich, dass selbst unsere fünf Herren der Schöpfung meinem Bericht gelauscht hatten. Allerdings hatten sie ihre Emotionen weitaus besser im Griff als Glowy.

Noch lange schwatzten und lachten Glowy und ich, zumeist auf Kosten unserer elbischen Freunde, bis Legolas ein Machtwort sprach und uns schlafen schickte. Äußerst missmutig, aber auch sehr erschöpft, legte ich mich neben meine Freundin und es dauerte nicht lange, da fiel ich in einen tiefen, erholsamen Schlaf. Ein glückliches Lächeln schlich sich auf mein Gesicht. Es war schön zumindest Glowy endlich wieder bei mir zu haben.
 

* Vater
 


 

~~~~~~
 

@all: Danke für euren lieben Kommis!! Bin echt gerührt..*schluchz* *grins*
 

@Angel89: *rotwerd* Ist ja gut, ist ja gut....^^ *grins* Ich kann's nur immer wieder sagen, aber über meinen Sarkasmus bin ich meistens selbst erstaunt...*drop* *lach* Freut mich sehr, dass dir die FF noch immer gefällt!!*strahl*
 

@Nilli: Okay, okay, ich hör auf!*lach* Bevor ich mich schlagen lass..^^ Genug der Paranoia! *stolz die Brust rausstreckt* *streng guckt* Yeah...^^*grins*
 

@Puringirl: *strahl* Danke für dein Kommi!! Toll, dass dir die story ebenso gefällt!! *rumhüpf* ^^
 

@Iary: *lach* Elrond hätte allein dann schon einen Oscar verdient, wenn er dasteht und seinen Mittelerde-geht-unter-Blick draufhat. *grins* Lustiges kerlschen eben...^^

Was denn für eine Anklage?! *richtig neugierig ist* Hm?????

Schön, dass meine FF dich aufheitert!!*gaaanz stolz ist* ^^
 

@Mel: *lach* Es freut mich wahnsinnig, dass du hierbei so lachen kannst!!*grins* *noch a bisle rot werd* Finde es wirklich toll, dass du sie so magst!! Hach *seufz*...*strahl*

Morgenmuffel und ihre Ablenkungsmethoden

Am nächsten Morgen ging es dann auch schon früh wieder weiter. Wir ritten stundenlang weiter über grüne Wiesen, an kleineren Flussläufern vorbei und vereinzelten Baumgruppen - doch um ehrlich zu sein, bekam ich davon nicht sonderlich viel mit.

Am Abend zuvor hatten Glowy und ich noch lange unser Wiedersehen gefeiert, was ja zuerst durch Spießer-Legolas/ Nickname: genervte-Haartolle ein rasches Ende gefunden hatte, allerdings hatte er uns gewaltig unterschätzt...kurz nachdem die Elben sich auf ihre verschiedenen Wachposten verteilt hatten, waren Glowy und ich wieder näher zueinander gerückt und hatten weiter gequatscht. Leider fand Mister-Spitzohr-und-Anführer-der-Blond-Elb-00ätzend-Legion das gar nicht witzig...
 

Hmpf. Und nun hatte ich den Salat. Ich gähnte ausgiebig.

Verschlafen wie ich war, hing ich mehr schlecht als recht auf Tinkas Rücken und stierte vor mich hin. Ich vermisste wirklich die Tage, an denen ich einfach mal ausschlafen konnte, in einem bequemen Bett...war das denn zu viel verlangt?!

Statt meinem Insiderruf als Faultier nachzugehen, musste ich nun durch langweilige Gegenden reiten.
 

Ich gähnte erneut.
 

Ein Gutes gab es bei so vielen schlechten Morgengedanken aber dennoch: zumindest scharwenzelten keine bruchtälischen Elben alias Wir-sind-der-Sonnenschein-der-Welt-und-haben-immer-gute-Laune um mich herum...Was sie wohl gerade machten? Ob es ihnen gut ging? Warum waren sie denn noch nicht hier?!
 

Die Ereignisse des letzten Tages strömten wieder mit aller Macht auf mich ein, sodass ich kurz die Augen schließen musste, um dem aufkommenden Schwindel entgegenwirken zu können.
 

Wenn ich ehrlich war, machte ich mir Sorgen um sie. Große Sorgen. Zwar kannte ich sie noch nicht sonderlich lange und wir hatten uns auch nicht immer gut verstanden...aber irgendwie waren sie ja ganz liebe Kerle und Frau.
 

Ich lächelte leicht, als ich an Elrohirs Wutausbruch in der ersten Nacht zurückdachte oder an Elladans bedröppeltes Gesicht, als ich zwei Tannenzapfen vom Baum schoss, die direkt auf seinen Kopf fielen und ihn unfreiwillig vom Pferd steigen ließen oder an Elronds beruhigende und irgendwie allwissende Art oder Arwens leidenschaftliche Verteidigung meiner Person oder an Tulu....grrr. STOP! Also der konnte mir wirklich gestohlen bleiben!

Na ja, andererseits wollte ich nicht mal ihm etwas Schlimmes wünschen. Selbst er hatte das nicht verdient - die kleine protestierende Stimme in meinem Kopf unterdrückte ich daraufhin erfolgreich.
 

"Woran denkst du?", fragte mich plötzlich eine leise Stimme neben mir. Ich zuckte kurz erschrocken zusammen, bevor ich den Kopf nach links drehte und direkt in Glowys besorgte Augen sah.
 

Ich blinzelte kurz. Ich hatte meine Begleiter für einen Moment doch tatsächlich vollkommen vergessen.

"Äh, an nichts wichtiges.."
 

Sie wirkte nicht wirklich überzeugt. Erst jetzt bemerkte ich, dass auch Legolas Aufmerksamkeit mir galt.
 

Na klasse, war heut vielleicht gehen-wir-Cala-auf-die-Nerven-bis-sie-uns-all-ihre-Problemchen-und-Wehwechen-erzählt-Tag oder was?! Wollten die jetzt etwa auch Heilseelsorge spielen?!
 

Apropos...
 

"Glowy, ich hab dir doch von Jonas Anruf erzählt, nicht wahr?"
 

Welche Methode war am besten, um unangenehme Gefühle wie Sorge und Angst zu verdrängen? Richtig. Man steigerte sich in eine andere Sache hinein.

In diesem Falle war es die bevorstehende Party.
 

"Äh, ja?" Etwas missmutig wanderte ihr Blick zu ihrer Tasche, in der sich zu ihrem Leidwesen kein Handy befand. Unglücklicherweise hatte sie ihres Zuhause vergessen.
 

"Na ja, und ich hab dir ja auch erzählt, worum er mich gebeten hat, richtig?" Sie schien immer noch nicht ganz zu wissen, worauf ich eigentlich hinaus wollte, denn sie schenkte mir lediglich einen ratlosen Blick.

Was hatte ich auch anderes erwartet? Glowy stand mir beim Thema lange ausschlafen in nichts nach. Offenbar hatte auch sie an diesem Morgen noch nicht ihre geistigen Höhen erreicht.

"Na, wegen der Party, du weißt schon? Die Poolparty!" Endlich blinkte das berühmte Osram-Lämpchen über ihrem Köpfchen auf und fing an zu strahlen. Glowys Augen funkelten freudig.
 

"Natürlich habe ich das nicht vergessen...", erwiderte sie gespielt empört und warf mir einen leicht tadelnden Blick zu. Wenn es um Partys ging vergaß weder sie noch ich etwas.. eine Tatsache, an die sich unsere Eltern anfangs nur schwer gewöhnen konnten...Dass Eltern aber auch immer so verdammt ängstlich und besorgt um ihre Kinder sein müssen! Was konnte einem denn schon beim Feiern passieren?! Es war ja nicht so, dass wir uns still in eine Ecke verdrückten, munter vor uns hin soffen und dem nächstbesten Typen um den Hals fielen! Manchmal konnte man über seine Eltern echt nur den Kopf schütteln...

Ich seufzte.
 

"Hast du dir denn schon überlegt, was du anziehen wirst?", fragte ich Glowy neugierig und riss sie nun meinerseits aus ihren Gedanken.
 

Schnell fing sie sich wieder und sah mich etwas seltsam an.
 

"Äh, ich will dir ja nicht deinen schönen Traum zerstören - immerhin ist das normal dein Part - aber hast du dir eigentlich schon überlegt, wie wir bis dahin rechtzeitig wieder nach Hause kommen wollen?!"
 

Mir gefror das Lächeln auf den Lippen. Mist. Daran hatte ich irgendwie gar nicht gedacht...Für mich war klar gewesen, dass ich schon einen Weg finden würde, dorthin zu kommen...aber jetzt, so allein auf Wanderschaft durch Mittelerde und noch um einiges von Lorien entfernt...

Hmpf. So hatte ich mir das aber nicht vorgestellt.
 

Schmollend schob ich die Unterlippe vor, ignorierte dabei gekonnt das leise Auflachen seitens Legolas.
 

Nachdenklich zupfte ich an Tinkas Mähne herum.

Durch einen Spiegel waren wir hierher gekommen, das hieß, dass wir durch einen Spiegel auch wieder zurückkehren konnten. Nur wo sollten wir hier einen Siegel herbekommen?
 

Eher gelangweilt schnappte ich mir meinen Taschenspiegel aus dem Rucksack und blickte in ein hoffnungsloses Gesicht. Das Lachen im Hintergrund wurde zweistimmig.

Missmutig tippte ich auf die kleine Oberfläche des Spiegels und es passierte....
 

....NICHTS! Absolut gar nichts.
 

"Hmpf." Ärgerlich stopfte ich den Taschenspiegel zurück in meinen Rucksack und blickte traurig zu Glowy, welche immer noch lachte. Legolas hatte inzwischen zum Glück - zu SEINEM Glück wohl gemerkt - aufgehört zu lachen und konzentrierte sich darauf, königlich auf seinem Pferd zu sitzen, zumindest meiner Meinung nach. Er würde es sicher sich-auf-den-Weg-konzentrieren-um-die-holden-Damen-vor-bösen-bösen-Orkileins-zu-schützen nennen.
 

Hmpf. Ich hasse es, früh aufzustehen. Hatte ich das schon erwähnt?
 

"Hach, Cala, du bist echt schnuckelig." Glowy strich sich die Lachtränen aus den Augenwinkeln.
 

"Grummel."
 

"Hör mal, wenn wir in Lorien sind, wird Omi sicherlich irgendwo noch einen Spiegel versteckt haben, mit dem wir nach Hause reisen und zu Jonas Party gehen können! Da bin ich mir sicher!" Glowy, positiv denkend wie eh und je. Selbst mitten in der Nacht, wenn arme ehrbare Calas normal noch friedlich schlummerten...

Ich glaube wirklich, dass es mir an meiner Selbsteinschätzung hapert...bin ich zu streng mit mir?!
 

"Und was ist, wenn wir nicht rechtzeitig in Lorien bei Omi sind?! Oder anders: wenn Omi, Opi und meine Eltern gar nicht in Lorien sind?!", fragte ich nun und Glowy zog nachdenklich die Stirn kraus. Tja, gute Frage, was?
 

"Ich denke schon, dass sie in Lorien sind", begann sie langsam. "immerhin wissen sie ja, wie man den Spiegel richtig benutzt." Sie gluckste leicht vergnügt, offenbar dachte auch sie gerade daran, wohin sie der Weg durch den Spiegel geführt hatte. "Natürlich kann es aber auch sein, dass sie ganz Mittelerde nach uns absuchen."

Sie zuckte mit den Schultern und grinste schief. "Wissen tun wir das wohl erst, wenn wir in Lorien sind."
 

"Hm."

Wahrscheinlich hatte sie Recht, warum sich schon jetzt Sorgen machen, wenn man das auch gut auf später verschieben konnte? Zudem bereiteten mir die bruchtälischen Elben bereits genug Kopfschmerzen...
 

"Hey!" Glowy klatschte plötzlich wild in die Hände, sodass die Pferde unruhig wieherten. "Um uns abzulenken, können wir ja ein kleines Spielchen spielen!" Bei diesen Worten ruhte ihr Blick nicht lange auf mir, sondern wanderte weiter zu unseren Begleitern, welche nach außen hin völlig emotionslos erschienen. Aber ich war mir sicher, dass sie sich gerade ganz schnell eine Horde Orks herbeiwünschten...

Berechtigt, denn Glowys "Spielchen" hatten es für gewöhnlich in sich...
 

"Von was für einem Spielchen sprecht Ihr?", fragte unser Anführer freundlich und schenkte Glowy einen wohlwollenden Blick.
 

Uäh! Ich wunderte mich, warum er noch nicht ausrutschte...bei so viel Schleim, den er produzierte...

Ich schüttelte den Kopf. Warum fiel Glowy nur auf diesen...diesen...
 

"Komm, gib es zu, du bist eifersüchtig!", flüsterte daraufhin eine leise Stimme lachend dicht an meinem Ohr.
 

"WAAAAS??!!! SPINNST DU??!!!!!!"

Rot vor Zorn - wirklich Zorn und nichts anderes - stierte ich meine beste, ätsch, ich korrigiere, ehemals beste Freundin an, welche sich mal wieder köstlich amüsierte - auf meine Kosten.
 

Na toll. Schmollend verschränkte ich die Arme vor der Brust. "Gehört das etwa zu deinem tollen Spiel dazu?", fragte ich bissig.
 

Sie grinste nur.
 

Legolas grinste auch.
 

Uäh!

Der sollte sich bloß nichts darauf einbilden, dieser...dieser...DIESER....
 

"Lady Cala, seid unbesorgt. Ich bin mir sicher, dass Ihr in Lorien Rat finden werdet." So geschwollen......wie kann man........immerzu.......jeden Tag.......so geschwollen........reden?! "Auch zu Eurer, ehm, Pulparti."
 

Einen Moment sah ich ihn perplex an, bevor ich in herzliches Gelächter ausbrach. "Pulparti!" Ts, war er Franzose oder was?! Lachend klopfte ich mir auf die Schenkel, während Legolas mir einen etwas verwirrten Blick zuwarf. Seinen Begleitern dagegen schienen bei meinem Anblick sämtliche düsterwälderische Foltermethoden durch den Kopf zu gehen...
 

Ich schluckte hart. Hehe..ups.
 

"Es heißt 'Poolparty', das wollte sie damit sagen." Glowy strich ihrem Retter beruhigend über den beachtlich muskulösen Rücken und warf mir giftige Blicke zu.
 

Oha.
 

"Was ist denn nun mit dem Spiel?", wagte ich es ganz unschuldig zu fragen und überhaupt nicht aus dem Grund, um abzulenken, nein...
 

"Ja!" Und mit einem einfachen Wort konnte man sofort wieder Glowys Tatendrang aktivieren...war das jetzt ein gutes oder ein schlechtes Zeichen?! Während ich mir noch so meine Gedanken darüber machte, fing meine beste Freundin bereits wild an, das Spiel durchzuplanen.

Nachdem ich nach fünf Minuten immer noch zu keinem Ergebnis gekommen war, gab ich es schließlich auf und blickte mich neugierig in der Reihe unserer Gruppe um, die mir seltsamerweise leicht geschrumpft vorkam...
 

Verdutzt bemerkte ich, dass sich zwei unserer fünf elbischen Begleiter wohl unauffällig aus unserer Sichtweite gestohlen hatten.....Böse stierte ich den nächstbesten Strauch an.

Man, hatten die es gut...
 

"So, jetzt hab ich's!", rief Glowy auch schon freudig aus und schien irgendwie gar nicht zu bemerken, wie sie von drei Seiten her ziemlich scheel angesehen wurde...okay, Mister-ich-bin-so-toll-ich-bin-so-schön-und-deshalb-sehe-ich-auch-so-aus-wie-mein-Vater hatte offenbar wieder nichts gegen Glowys fragwürdige Einfälle...
 

Hmpf. Wo blieben eigentlich Elladan und Elrohir, wenn man sie mal brauchte?! Oder noch besser: Arwen.....
 

"Also-"
 

'Schnell, Cala, denk nach! Irgendetwas, damit es nicht zu diesem blöden, mit Sicherheit peinlichen - zumindest für mich, wie sonst auch immer - Spiel kommt...'
 

"Äh, Glowy, denkst du, es wäre angemessen, unsere elbischen Begleiter mit einem Spiel abzulenken, wo es doch gerade in so geringerer Zahl, wie wir nun mal hier reisen, es besonders gefährlich ist, wenn womöglich Feinde in der Nähe sind?! Stell dir mal vor, sie wären dann so sehr abgelenkt, dass sie diese zu spät bemerken würden?!" Ich glaube nicht, dass ich auch nur annähernd meine wahren Absichten und Ängste aus meiner Stimme verbannen konnte, doch bekam ich zumindest schon mal drei äußerst dankbare Blicke zugeworfen...hehe...Moment mal - drei?!
 

Ungläubig starrte ich Legolas - oh mein Gott, ich war sogar so geschockt, dass mir keine passende Umschreibung für ihn einfiel - mit offenem Mund an. Dieser begann ehrlich zu lächeln.
 

'Erde an Cala. Träumst du etwa schon wieder?! Ja, so muss es sein, bestimmt ruft gleich Elladan wieder deinen Namen und er und sein Zwillingsbruder streiten sich darum, wer dir das Frühstück bringen darf.....'

Leider kam kein Elladan, und auch kein Elrohir. Dafür lächelte Legolas immer noch.
 

Langsam wurde es schon beängstigend, ganz abgesehen davon, dass die Eckelskala bereits um ein Vielfaches gesprengt worden war...
 

Glowy dagegen war sauer. Richtig sauer. Ihr Blick flog von mir zu Legolas und von Legolas wieder zu mir.
 

Äh, hatte ich irgendetwas verpasst?! Unsicher lächelte ich, was Legolas offenbar in ungeahnte Höhen katapultierte und Glowy in höllische Tiefen....
 

Mir fiel nur eins ein, was mir jetzt noch aus dieser Misere helfen konnte: FLUCHT!
 

So hieb ich Tinka die Hacken in die Flanken und stob davon. Zu meinem Unglück war das eine offene Eben, hügelig zwar, aber trotzdem kahl, abgesehen von einigen Sträuchern und vereinzelten Baumgruppen. Leggi und Konsorten konnten mich also trotz allem schön im Auge behalten.
 

'Was soll's!', dachte ich mir. Wenigstens musste ich dann nicht mehr unser herzallerliebstes Pärchen ertragen...
 

Einer der vier elbischen Krieger tauchte plötzlich neben mir auf, er war einer von den beiden, die sich bereits bei der Nennung des Wortes "Spielchen" klammheimlich verkrümelt hatten.
 

"Ihr solltet lieber nicht zu weit davonreiten.", warnte er mich leise und sah mich durchdringend an. Es war das erste Mal, dass ich mit einem der düsterwälderischen Elben ein Wort wechselte, ausgenommen natürlich Thranduil und sein Möchtegern-Kavalier-Sohn.
 

"Ihr habt Recht, aber ich brauchte etwas....Luft." Er sah mich erst scheel von der Seite an, verstand meine Andeutung dann aber und grinste sogar leicht.
 

Wow. Was waren denn heute alle so gut drauf?!
 

"Eure Freundin ist sehr, ähm,....aufgedreht."
 

Ich grinste. "Aufgedreht ist die Untertreibung des Jahrhunderts..."
 

"Oh nein, da gibt es noch weitaus schlimmere..", erwiderte der Elb neben mir grübelnd und jetzt war es an mir, scheel zu gucken.
 

Nachdem er meinen Blick bemerkt hatte, lachte er leise auf und verstummte.
 

Neugierig betrachtete ich sein Profil von der Seite her. Er war blond und blauäugig - welch Überraschung.... - und trug grüne Leggins und ein feines aus Baumwolle gefertigtes Hemd, dessen oberste Knöpfe geöffnet waren und somit einen interessanten Blick auf seine muskulöse Brust freigaben.
 

Für mich natürlich total uninteressant.
 

"Wie heißt Ihr eigentlich?", fragte ich einfach geradeaus, um ein erneutes Gespräch in Gang zu bringen. Er wirkte nett, trotz blonder Haartolle und dass er aus demselben Land wie Legolas stammte.
 

"Púren."
 

Púren?! Klang irgendwie......sonderbar.
 

Na ja, jedem das seine, und besser als "Legolas" war es allemal...okay, das war auch nicht wirklich schwer.
 

Hmpf. Merkte man eigentlich, dass ich was gegen den Typ hatte?!
 

So genoss ich die nächsten Stunden in der weitaus angenehmere Gesellschaft Púrens, der wenigstens nicht noch zwei Stunden später vor Zorn bebte - siehe Glowy - und dementsprechend vergaß ich auch die Zeit. Einige Stunden später, die diesmal wie im Flug vergangen zu sein schienen, brach die Dämmerung herein und wir suchten uns einen einigermaßen geschützten Lagerplatz, was auch immer auf der freien Ebene als geschützt galt...
 

Bevor Glowy mich wieder in die Zange nehmen konnte wegen etwas, was mir selbst absolut zuwider war, baute ich mein kleines und sehr unbequemes Bettchen auf dem harten Untergrund auf und tat so, als würde ich schlafen. Ich beschloss das Abendessen an diesem Tag diesmal wirklich ausfallen zu lassen.

Trotzdem entging mir nicht, dass mich jemand beobachtete.
 

Angestrengt versuchte ich es zu ignorieren, doch dieses unangenehme Kribbeln im Nacken erschwerte das Einschlafen doch erheblich, sodass ich mich gezwungen sah, meine Tarnung aufzugeben.
 

"WAS?!", fragte ich also lauter als nötig und schaffte es dadurch nicht nur eine Person zum Zusammenzucken zu bringen. Glowy sah mich aus treuen Hundeaugen an. Etwas nervös rutschte sie über den grasbewachsenen Boden zu mir rüber.
 

"Duhhhhuuuuu?"
 

Misstrauisch sah ich sie an.
 

"E-es tut mir leid..", begann sie schließlich zaghaft und senkte den Kopf. "Weiß ja auch nicht, was mit mir los ist in letzter Zeit, aber seit ich hier bin, bin ich irgendwie so anders.....besonders seitdem ich Legolas getroffen habe."
 

Rosa Herzchen blinkten in ihren Augen auf.
 

Uäh! Wenn es wenigstens wegen einem richtigen Mann wäre, dass sie so ins Schwärmen geriet, aber man konnte ja Legolas-Mr-Boombastik-der-elbsichen-Hochkultur-der-Haartollen nicht wirklich als Mann bezeichnen.....
 

Seufzend nickte ich und behielt meine Gedanken wohlweißlich für mich. "Ja, so geht es nicht nur dir. Auch ich bin bei weitem ganz anders wie Zuhause...."
 

Jetzt lächelte Glowy. "Stimmt, das ist mir auch schon aufgefallen! Du bist nicht mehr so verkl-, ich meine, so schüchtern gegenüber Jungs!"
 

Ich warf ihr einen scharfen Blick zu, während sie höchst interessiert ein paar Grashalme zwischen Zeigefinger und Daumen zwirbelte. Trotzdem hatte sie Recht. Konnte auch nur irgendwer behaupten, ich wäre bisher in Mittelerde schüchtern gegenüber der männlichen Zivilisation - oder das, was man nur schwer als Zivilisation bezeichnen konnte - gewesen?!

Bestimmt konnte sich niemand, der mich jetzt so kennen gelernt hatte, anders vorstellen. Und doch war dem so. Zumindest auf der Erde.
 

Ich linste zu meiner Freundin, die immer noch ein eigens entwickeltes Spiel mit den Grashalmen spielte. "Was ist jetzt eigentlich mit dir und Legolas?! Ich werde das Gefühl nicht los, irgendetwas Wichtiges verpasst zu haben..."
 

Ein seliges Lächeln schlich sich auf ihr Gesicht und nicht zum ersten mal bereute ich es, in manchen Fällen so verdammt neugierig zu sein.
 

"Na ja, er ist einfach so....so mmmhhh."
 

Ich verpasste ihr eine spielerische Ohrfeige, das tat ja schon in den Ohren weh, was sie da an Geseufze von sich gab.
 

"Ich will nicht dein Angehimmel hören, sondern wissen, was da zwischen euch läuft. Also?"
 

Sie seufzte schwer, doch ihr verklärter Blick wurde nur wenig klarer. "Im Grunde genommen läuft gar nichts zwischen uns..." Sie unterbrach sich. "Genaugenommen gibt es nicht einmal ein uns."
 

Ich zog eine Augenbraue nach oben. "Aha."
 

Verlegen massierte sie ihre Finger. "Allerdings, was noch nicht ist, kann ja noch werden..."
 

Genervt verdrehte ich die Augen. "Bist du wirklich sicher, dass du auf diesen....diesen...DIESEN-"
 

"- wundervollen, einmaligen, netten, schönen Mann stehe? Ja!" Glücklich faltete sie die Hände und warf immer wieder schwärmerische Blicke zu einem ganz bestimmten Elben. Komischerweise hatte ich das Gefühl, dass er ab und an zu uns herübersah und dass der Ausdruck seiner Augen dabei seltsam undeutbar war...
 

"Eigentlich wollte ich etwas anderes sagen...", murmelte ich noch, doch sie schwebte längst in anderen Sphären.
 

~~~
 

Der nächste Tag verlief ebenso ereignislos wie der erste, sodass ich mich doch sehr auf den dritten Tag unserer kleinen Reitergruppe freute, der versprach, dass wir endlich nach Lorien kamen - meine Heimat.
 

Und Glowys Heimat.
 

Leggis allerdings nicht.
 

Zum Glück. Wenn ich mir vorstellte, dass dieser, dieser, DIESER ABKLATSCH DER HIPPIES AUS DEN 70ER JAHREN - da sah man mal, dass der Herr nicht mal eigene Ideen entwickeln konnte! - auch noch dort leben würde, wo ich herkam......
 

Oh Gott, mir wurde schlecht.
 

Und verdammt nochmal, wie schaffe ich es nur, rechtzeitig zu Jonas Party zu kommen?!
 

~~~
 

@all: Thanx für die lieben Reviews! Bin echt platt!!*strahl* *rumhüpf* *Kekse verteil*
 

@Nanashi: *lach* Ich finds toll, dass das Kap so abwechslungsreich war...*grins* Hoffe, auch die nächsten werden so abwechslungsreich und unterhaltsam!!

Nya, musste ja irgendwann kommen, dass die beiden verrückten Hühner sich wieder haben, gelle?^^
 

@Angel89: Jap, werd versuchen a bisle schneller zu updaten, kann aber nix versprechen...vergess das immer irgendwie..*drop* *lach*
 

@Mel: Jap, Thrani ist da....und wieder wech. *grins* kommt aber wieder...*zwinker* Jaja, Elben sind schon lustig...man kann sie so gut...öhm..veräppeln..*grins*
 

@Puringirl: Wie gesagt, danke für den Tipp! Aber da ich eh nicht so der Sindarin-Crack bin, werden wohl auch keine weiteren Sindarin-Sätze/ Sprüche/ was-auch-immer folgen...^^ Da bin ich zu faul, zum Rumsuchen...*gg*
 

@Little_Darness: *lach* Nya, dank dir hab ich mich daran erinnert, scon längst abzudaten...*grins* So, here it comes....^^ Freut mich, dass du auch Gefallen an der FF gefunden hast! *noch mehr strahl*

Mordlust, Mordsangst und Mordsunheimlich...

"CALADETH! ICH BRINGE DICH UM!!"
 

Oho.
 

Schnell nahm ich die Beine in die Hand und rannte, was das Zeug hielt. Immer wieder drehte ich mich nach einer vor Wut schäumenden Glowy um, die mir dicht auf den Fersen war und mir nach meinem doch sehr liebgewonnen Leben trachtete...

Schien ein vielversprechender Morgen zu werden!
 

Zumindest war der Anfang ganz lustig gewesen. Nachdem ich die zweifelhafte Ehre besessen hatte, mit Legolas das Frühstück vorzubereiten, während es die anderen vier Krieger für absolut nötig gehalten hatten, die Gegend nach potentiellen Feinden abzusuchen - guter Witz, wir reisten ja auch nur auf offener Ebene....

Jedenfalls packte ich für meine Begleiter und mich das noch vorhandene Lembas aus und schöpfte Wasser aus dem naheliegenden Fluss Celebrant, während sich das Prinzlein um die Versorgung der Pferde gekümmert hatte. Wir hatten nicht miteinander gesprochen, ich hätte auch nicht gewusst, was ich ihm schon zu sagen hätte, zudem hatte ich das dumme Gefühl, dass er mit seinen Gedanken sowieso meilenweit weg gewesen war...
 

Meine Güte, ich dachte viel zu viel über ihn nach. War doch egal, was er tat oder was er nicht tat. Solange er mich in Ruhe ließ...
 

Schweigend und muffelig - wie an jedem Morgen - hatte ich also für die Verpflegung unserer kleinen Wandergemeinschaft gesorgt.
 

Und was war mit Glowy? Die hatte seelenruhig geschlafen.
 

Und wem hatte das nicht gepasst? Mir.
 

Das Ergebnis: ein Schwall kühlen Nasses unterzog meine beste Freundin einer ungewollten Duschaktion.
 

Komischerweise war sie mir überhaupt nicht dankbar dafür...Jaja, die Jugend von heute.....
 

"Cala! Bleib sofort stehen!!"
 

Ich dachte ja gar nicht daran. Allerdings ging mir langsam die Puste aus. Wie ein zur Abschussliste freigegebener Hase raste ich in ständigen Haken um die nahestehenden Steine des recht kahlen Landes und konnte nur hoffen, dass Glowy nicht zur Supersportlerin mutierte.
 

Nur am Rande bemerkte ich die belustigten Blicke Legolas und Púrens, und die emotionslosen Gesichtsausdrücke der anderen drei Elben. Man, verstanden die denn gar keinen Spaß?!
 

"Weiß gar nicht, was du hast! Jetzt musst du dich wenigstens nicht mehr baden! Und glaub mir, du hattest es bitter nötig..."
 

Geschockt blieb sie abrupt stehen und roch verzweifelt an ihrer tropfnassen Kleidung. Einen Augenblick lang verdutzt, brach ich in schallendes Gelächter aus, dass sie mein Triezen auch noch glaubte. Wütend funkelte sie mich an.
 

"Lady Cala, Lady Glowy, nur ungern störe ich Euch in Eurem Tun, doch wir müssen weiter. Man erwartet uns in Lothlorien, alle zusammen, und es würde mich sehr betrüben, Euch in nicht einwandfreiem Zustand hinbringen zu müssen..."
 

Glowy strahlte ihren Angebeteten an und hüpfte aufgeregt zu ihm herüber, um hinter ihm auf das Pferd zu springen. Ich dagegen stapfte kopfschüttelnd zu Tinka und schwang mich auf ihren Rücken. Warum redete Legolas eigentlich die ganze Zeit so geschwollen?! Bei unserer ersten Begegnung war er doch auch viel lockerer gewesen.....
 

"Wie lange dauert es eigentlich noch, bis wir die Grenze nach Lorien passieren?", fragte ich neugierig. Um ehrlich zu sein, konnte ich es kaum erwarten, endlich in meine wahre Heimat zu kommen und natürlich meine Familie wiederzusehen!
 

Nachdenklich legte Legolas die Stirn in Falten. "Ich schätze, bei Einbruch der Nacht werden wir das hohe Elbenreich erreichen."
 

Ich schnaubte. Was war denn so schwer daran, normal zu sprechen?! War das denn wirklich zu viel verlangt?!
 

Irritiert sah mich der Blonde an, doch ich sah weg.
 

Plötzlich spürte ich eine Bewegung neben mir. Púren.
 

"Lady Cala, wenn ich Euch einen Rat geben dürfte?"
 

Misstrauisch betrachtete ich sein ernstes Gesicht und seine funkelnden Augen, die mir irgendwie nicht geheuer waren...
 

"Jaahhh?"
 

"Ihr solltet Euch in Eurem Ton gegenüber dem Prinzen etwas mäßigen - manche von uns wissen Eure Offenheit nicht zu schätzen." Zaunpfahlwinkend huschte sein Blick nach rechts, wo die anderen elbischen Krieger ritten und mich mordlustig anknurrten.
 

Uäh....Wieso wollten mich eigentlich alle umbringen?!
 

Dann lächelte Púren. "Ihr seid die erste, die unserem Prinzen nicht zu Füßen liegt.", flüsterte er kaum hörbar.
 

Ich hüstelte. "Das ist nicht Euer Ernst?! Bin ich etwa die erste, die erkennt, was für ein langweiliger Möchtegernmacho- Hmpf." Schnell hatte mir der Elb eine Hand auf den Mund gelegt. Ein warnender Blick aus seinen glitzernden Augen ließ mich verstummen. Täuschte ich mich oder sah ich in ihnen so etwas wie Belustigung aufblitzen?
 

Seine Hand lag immer noch hart auf meinen Lippen, sodass ich mich gezwungen sah, ihm einen Todesblick á la Cala (Gruß an Nilli *zwinker*) zu schenken. Im Eiltempo zog er seine Hand zurück.
 

"Seid vorsichtig! Ich kann Euch nicht immer vor meinen Kameraden beschützen!"
 

Ich funkelte ihn empört an, doch er schien längst mit etwas anderem beschäftigt zu sein.

'Ich glaub, mich knutscht ein Zwerg!', dachte ich nur, als er sich mit Mühe ein Lachen verkneifen konnte. Was bitte war denn jetzt so witzig?!
 

Wütend stemmte ich die Hände in die Seiten und lächelte ihn zuckersüß an, das gewohnte Anzeichen meiner Person für Gefahr. Er ließ sich jedoch in keinster Weise beeindrucken. Seine Wangen färbten sich leicht rosa - was man bei einem Elb schon mit gutem Gewissen als dunkelrot bezeichnen konnte - und seine Hände verkrampften sich auffallend in der Mähne seines Reittieres.
 

Hmpf. Schön, dass ich andauernd zur allgemeinen Erheiterung beitragen konnte.
 

"Wisst Ihr, Ihr seid tatsächlich die erste!" Dieser eine Satz musste offenbar so witzig für ihn sein, denn nun konnte er sich wirklich nicht mehr zusammenreißen und lachte lauthals los.
 

Und wer tappte weiterhin im Dunkeln? Das kleine Calaleinchen.
 

Hmpf. Wenigstens lagen jetzt sämtliche, alles andere als wohlwollende, Blicke auf dem Elb neben mir. Man, war das ein schönes Gefühl, mal nicht von allen Himmelsrichtungen aus Giftblicke zugeworfen zu bekommen....

Danach herrschte erst einmal eine Weile Schweigen. Jeder hing seinen Gedanken nach - wobei sich meine hauptsächlich mit denen meiner Mitreisenden beschäftigten. Was man nicht alles tat, wenn einem langweilig war...
 

Angestrengt unterzog ich meine Begleiter einer genauen Prüfung und kam zu folgendem Ergebnis:
 

- Kandidat Nummer eins war einer der namenlosen und sehr Cala-mordlustigen Elbenkrieger. Sein blondes Haar war zu einem Zopf gebunden, seine blauen Augen wirkten glasig und starrten auf einen weit entfernten Punkt am Horizont. - Meiner Meinung nach dachte er ganz eindeutig daran, bald ein frisches Bad zu nehmen, denn seine Hand fuhr ziemlich oft über seinen Kopf...Oder hatte er etwa Läuse?! Uähhh!!
 

- Kandidat Nummer zwei war ein weiterer der sprachlosen Riege und schnaufte leicht. Seine Augen waren geschlossen, seine Hände hatten sich locker mit der Mähne seines Pferdes verwoben und seine Körperhaltung wirkte entspannt....Neugierig ritt ich näher an ihn ran. Schlief er?

SCHNAUF!

Okay, schlafen tat er nicht. Aber woran dachte er zum Teufel? Seine Augenlider zuckten und ein seliges Lächeln stahl sich auf sein Gesicht...mmh, vielleicht wollte ich doch nicht so genau wissen, woran er gerade dachte...
 

- Kandidat Nummer drei war der letzte des schweigsamen Trios. Seine Augen waren dunkel, sein Blick konzentriert und die eine Hand hatte sich wie zufällig um den Knauf seines Schwertes gelegt...Und da sage doch einer, Männer wären nicht kriegslustig...ts.
 

- Kandidat Nummer vier war Púren. Er grinste schelmisch vor sich hin und warf mir immer wieder einen seltsam spitzbübischen Blick zu.... Am liebsten hätte ich ihm eine Kopfnuss verpasst.
 

- Kandidat(in) Nummer fünf war meine beste Freundin Glowy. Verträumt strich sie zärtlich über den Rücken von Legolas und seufzte leise auf. Ich bekam Kopfschmerzen. So hatte ich Glowy wirklich nie zuvor erlebt, das war ja nicht zum Aushalten! Ich konnte nur hoffen, dass diese Schwärmerei schnell wieder vorbeiging....
 

- So wandte ich mich rasch an Kandidat Nummer sechs: Legolas höchstpersönlich. Unruhig rutschte ich auf Tinka hin und her. Ich war mir nicht sicher, ob es mich wirklich interessierte, woran er gerade dachte. Etwas aufgekratzt wagte ich es schließlich, einen kurzen Blick über sein Profil gleiten zu lassen und blieb schließlich an seinen Augen hängen. Ihr Ausdruck war so sonderbar....er war so ganz anders, wie der von den anderen Elben, die ich bisher getroffen hatte.

Legolas Haltung war königlich, erhaben, kurz: stocksteif und langweilig - der Ausdruck seiner Augen jedoch war sanft, liebevoll, aber auch ein wenig verschlagen. Das genaue Gegenteil eben. Ob er wohl schizophren war?!
 

Aua.

Ich schlug mir mit der flachen Hand gegen die Stirn und hoffte, dass mich der Schmerz wieder zur Vernunft bringen würde. Woran dachte ich denn nun schon wieder?! Ob ich vielleicht krank wurde?

Besorgt fasste ich mir an die schmerzende Stirn, konnte aber keine nennenswerte Temperaturerhöhung feststellen.
 

Hmpf.
 

Ich schnappte mir meinen Discman, legte Musik auf und verbrachte die nächsten Stunden damit, mit mir selbst zu schmollen.
 

Da ich folglich auch nichts von den Gesprächen der anderen mitbekam, wusste ich auch nicht, dass wir bereits einen Großteil des heutigen Weges zurückgelegt hatten und somit voraussichtlich früher als erwartet in Lorien ankommen würden.
 

Schläfrig lümmelte ich auf Tinka und träumte vor mich hin. Eine Badewanne erschien vor meinem inneren Auge, ein sagenhaftes Buffet voll von den unterschiedlichsten Gerichten, ein riesiges und vor allem weiches Bett...
 

Ich seufzte. Ein prüfender Blick zur hoch am Himmel stehenden Sonne verriet mir, dass es bereits Mittag oder sogar darüber hinaus sein musste. Es blieben also noch einige Stunden bis zu unserer Ankunft....
 

Erst nach und nach bemerkte ich, wie sich die Gegend langsam zu verändern begann. Immer mehr Sträucher, Büsche und einzelne Bäume verliehen der eintönigen Landschaft etwas mehr Abwechslung.
 

Nach dem nächsten kleineren Hügel erhob sich plötzlich ein riesenhafter Wald vor uns.

Staunend betrachtete ich ihn und packte den Discman weg.
 

"Lothlorien.", murmelte Púren bewundernd neben mir und ich warf ihm einen verdutzten Blick zu. Es war bestimmt erst früher Nachmittag, wir konnten doch nicht schon in Lorien sein! Oder...?
 

Während die Elben selig vor sich hinlächelten, ritt ich verwirrt an Glowys Seite und tippte sie an der Schulter an. Fragend sah sie mich an.
 

"Ähm, was für ein Wald ist das?", platzte mir meine Frage heraus. Sie begann zu lächeln und irgendwie erinnerte es mich an ein Lächeln, das man kleinen Kindern schenkte, wenn sie nicht verstanden, dass eine Birne plus eine Birne nicht drei Äpfel ergab.
 

"Cala!" Streng sah sie mich an. "Das ist Lorien, deine und meine Heimat!"
 

Perplex starrte ich sie einen Moment lang an, bevor ich wie in Zeitlupe vom Pferd kippte. Geistesgegenwärtig streckte Legolas seinen Arm aus und setzte mich zurück auf Tinkas Rücken.
 

Wir waren also tatsächlich endlich da...
 

Ich hätte lügen müssen, wenn ich jetzt gesagt hätte, dass ich voller Euphorie war - das Gegenteil war wohl eher der Fall. Eine beißende Angst beschlich mich, dass ich meine Familie dort vielleicht doch nicht antreffen würde....Bisher hatte ich diesen Gedanken noch erfolgreich verdrängen können, da unsere Ankunft noch in weiter Ferne zu sein schien, aber jetzt, so kurz vor dem Ziel....
 

Ich schluckte hart. Jetzt würde sich auch herausstellen, wer ich wirklich war.
 

Dementsprechend mulmig war mir, als wir uns dem hellen und freundlich scheinenden Wald immer mehr näherten. Es war ja nicht so, dass ich mich gar nicht freute, nur irgendwie fühlte ich mich nicht genug....vorbereitet.
 

"Ach Cala! Endlich! Endlich werden wir alle wiedersehen und unser Zuhause kennen lernen!" Glowy schien absolut keine Bedenken zu haben, denn sie bekam ganz glänzende Augen und plapperte fröhlich vor sich hin: wie sie sich Lorien aus den Erzählungen unserer Großeltern hin vorstellte, wie die Elben dort wohl waren, wo sie leben würde, wie sie empfangen werden würde....- langsam aber sicher bekam ich das Gefühl, dass sie leicht größenwahnsinnig wurde...
 

Schließlich erreichten wir beinahe schon die ersten Baumgruppen des Elbenreiches und sofort fühlte ich mich seltsam beobachtet.

Verwirrt drehte ich mich in alle Richtungen, konnte aber niemanden entdecken und auch meine Begleiter waren es nicht gewesen, sie waren viel zu sehr damit beschäftigt, die Umgebung des Waldes zu genießen.
 

Wer oder was war da bloß?
 

Kurz bevor wir die Baumgruppen passierten und so die ersten Schritte in das Elbenreich machten, blinkte ein dunkler Schatten einige Meter entfernt auf. Verwundert drehte ich mich dorthin um, als eine in einen schwarzen Mantel gehüllte Gestalt sich zu mir umdrehte. Ihr Gesicht wurde von einer dunklen Kapuze verdeckt, doch konnte ich für einen Moment das grässliche Lächeln sehen, welches ihre Mundwinkel umspielte.

Unsere Blicke trafen sich.

Wie ein grausamer Blitz durchzuckte es meinen Körper, das Atmen fiel mir plötzlich schwer. Bilder von einer unvorstellbaren Brutalität jagten mir durch den Kopf, machten mich fast wahnsinnig. Keuchend presste ich meine Hände auf meine Schläfen und kniff die Augen fest zusammen. Ich konnte es kaum aushalten, ich hatte das Gefühl, als würde mein Kopf zerplatzen...

So schnell wie diese schmerzlichen Empfindungen gekommen waren, so schnell vergingen sie auch wieder. Mein Atem wurde wieder gleichmäßig und die Visionen verschwanden aus meinem Denken. Fast so, als wäre nie etwas geschehen.

Vorsichtig wagte ich es, meine Augen wieder zu öffnen, um erneut zu dieser seltsamen Gestalt zu sehen - aber sie war weg.
 

Verwirrt drehte ich mich in alle Richtungen, konnte aber weit und breit niemanden ausmachen. Schon begann ich an meinem Verstand zu zweifeln und tat diese Begegnung als reine Einbildung meinerseits ab.
 

Bald darauf wurden meine Gedanken eh auf etwas anderes gelenkt, denn auf einmal traten mehrere blonde Elben aus dem Unterholz hervor und stellten sich uns in den Weg. Der vorderste, welcher auch der Anführer der fünfköpfigen Truppe zu sein schien, hatte das Kinn leicht angehoben, der Blick aus seinen blauen Augen wirkte unnahbar, erhaben, vielleicht sogar arrogant und sein Bogen hing ihm locker über der Schulter.
 

Seine Augen hefteten sich für einige Zeit auf meine Person, was mir dann doch leicht unangenehm war...Schlecht gelaunt hielt ich seinem forschenden Blick stand, während er mir tief in die Augen sah und zu vergessen schien, dass ich nicht alleine war.

Ein merkwürdiger Schauer durchlief meinen Körper und ließ mich kurzzeitig frösteln. Man, wie ich es hasste auf diese Art und Weise gemustert zu werden...
 

Nach geschlagenen fünf Minuten stummen Betrachtens wurde es mir dann doch zu viel und ich wollte ihm gerade eine patzige Antwort geben, als er auf einmal den Oberkörper nach vorne beugte und somit seinen Kopf leicht vor mir senkte, den Blickkontakt dabei unterbrechend.
 

Wie vor den Kopf gestoßen starrte ich ihn an. Was ging denn jetzt?! Hatte ich irgendetwas verpasst?! Hilflos sah ich zu Glowy, die nur ratlos mit den Schultern zuckte, als sich auch die anderen vier Elben verbeugten.
 

'Okay, irgendetwas läuft hier gewaltig schief....', war mein einziger Gedanke, während ich noch zu realisieren versuchte, was gerade geschah.
 

"Willkommen in Lothlorien, Lady Caladeth! Es ist mir eine besondere Ehre, Euch hier Willkommen heißen zu dürfen!" Er richtete sich wieder auf und seine Lippen kräuselten sich zu einem leichten, trotz allem beherrschten Lächeln. Und woher wusste er meinen Namen, obwohl ich ihm nie zuvor begegnet war?! Verdammt, war der mir unheimlich....
 

"Äh, ja, ich freue mich auch, hier zu sein.....Ähm, wer seid Ihr eigentlich?" Höflich wie eh und je...hehe....
 

Er lächelte sanft und ich bekam wirklich das Gefühl, in die Falle eines Raubtieres gegangen zu sein.
 

"Mein Name ist Haldir." Er verbeugte sich noch einmal, dann gab er Glowy einen kleinen Handkuss, der sie hinauf in die Wolken katapultierte. "So ein Gentleman", hörte man sie von Zeit zu Zeit schwärmen und die aufforderungsvollen Blicke, die sie dabei zum düsterwälderischen Prinzen warf, waren unmöglich zu übersehen.

Doch die Elben ignorierten dies geflissentlich, selbst Legolas zog es vor den Elb in eine feste Umarmung zu ziehen und ihn auf elbisch voll zu quatschen.
 

Haldir...wieso kam mir dieser Name nur so verteufelt bekannt vor?!
 

Mmh. Angestrengt dachte ich nach und musterte den Elb dabei.
 

"Das ist Haldir ó Lorien, der Hauptmann der Grenzwache des Landes. Er steht in hohen Diensten beim lorischen Königspaar.", wisperte es da plötzlich an meinem linken Ohr. Als ich mich umdrehte, sah ich direkt in Púrens lächelndes Gesicht.
 

Jetzt erinnerte ich mich.

Oma hatte ein paar Mal von ihm gesprochen...

"Treuer Diener Loriens! Und sehr sympathisch! Du wirst dich bestimmt gut mit ihm verstehen, wenn du ihn kennen lernst! Hach, wie freue ich mich darauf, ihn dir vorzustellen!"

Jaja, ein hohes Tier in meiner Heimat also. Na klasse, und gerade der war mir total suspekt...das konnte ja alles nur schlimm enden....
 

Missmutig verfolgte ich, wie er seine Begrüßungszeremonie mit Legolas beendete und sich vor unsere Truppe hinstellte.
 

Wer wusste schließlich schon, wo meine neu gewonnene Freundschaft mit diesem gefühlskalten Eisklotz noch hinführte?!
 

Er lächelte leicht, sah aber eher sehr autoritär und keinen Widerspruch duldend aus, als wirklich freundlich...
 

Wenn Omi so von ihm geschwärmt hatte, dann wollte sie auch bestimmt, dass ich mich mit ihm gut stellte, mit ihm vielleicht befreundet bin.....oder noch schlimmer: verheiratet!
 

Okay, jetzt bekam ich Panik.
 

Erst jetzt bemerkte ich, dass Tinka sich wohl schon seit längerem in Bewegung gesetzt hatte, denn wir liefen mitten durch den Wald in unbekannte Gefilde. Zu meinem unendlichen Schrecken lief Haldir direkt an meiner Seite.
 

Uäh!
 

Mich beschlich der seltsame Drang, Tinka die Fersen in die Flanken zu hauen und den schnellstmöglichen Weg aus diesem Wald und aus SEINER Nähe zu nehmen. Es wurde nicht gerade gemildert, als er auch noch ein Gespräch mit mir begann.
 

"Lady Caladeth- " Mich bei meinem vollen Namen anzureden war ein weiterer Punkt auf meiner Hassliste... Zum Glück kam er dann auch nicht weiter, da jemand hinter mir aufgeregt zu quietschen anfing - ich hatte den unbegründeten Verdacht, dass es sich dabei um Glowy handelte - und zwei hell erleuchtete Reiter plötzlich vor uns auftauchten und freudig von ihren Pferden abstiegen.
 

Ich brauchte eine Sekunde, um glauben zu können, wer da gerade auf mich zugeschritten kam.
 

"Mama! Papa!"
 

~~~
 

@Puringirl: *lach* *grins* *dich knuddel* Freut mich, dass es dir (trotz Legolas-Fan) gefallen hat...*lol* Aber es kann sich ja noch alles ändern..irgendwann...vielleicht..*drop* *grins*
 

@oath: ^^ Wie gesagt: Herlichen Dank für dein liebes Kommi! Hat mich wirklich ungemein gefreut, dass ich noch jemanden für meine story begeistern konnte. *strahl*
 

@Mel: *glücklich seufz* Find's toll, dass du meine FF immer noch so begeistert liest...und öhm, ja, nu is Haldir da...*drop* Aber hey, nicht hauen, ja? DEr wird bald weniger schlimm dargestellt..*vorsichtshalber den Kopf einzieh* hehe..*schief grins*
 

@Angel89: Versteh schon, was du meinst, aber ehrlich gesagt wusste ich an dieser Stelle nicht genau, wie ich die Reise dieser kleinen Gruppe einigermaßen witzig hatte darstellen sollen. Nya, da dir ja offenbar bereits dieses Kap nicht sonderlich gefallen hat, will ich dich gleich vorwarnen: diese FF hat als Hintergrund nicht NUR den Humor, sondern auch Romantik und Abenteuer (*auf Beschreibung im Prolog zeig*), deshalb kann es hin und wieder sein, dass ein paar Stellen vielleicht weniger witzig oder ganz einfach langweilig sind. Würde mich aber trotzdem freuen, wenn du (ihr) weiter durchhaltet. Wenn nicht, ist es natürlich auch nicht schlimm. *smile* Müsst euch ja schließlich hier net durchquälen.
 

@Little_Darness: *grins* Na, schnell genug geupdatet?^^ *dich knuddel* Freu mich ja so, dass es dir gefällt! Oh man, irgendwie schreib ich immer dasselbe..*drop* Hört sich langsam schon so abgelutscht an..*doppeldrop* Aber ich freu mich wirklich! *nick* *im Wörterbuch nachschlägt* *bis zum nächsten Kap neue Dankformulierung finden will* ^^*knuddel*

Wiedersehen macht Freu(n)de! - oder doch nicht?

Anmerkungen: Heute gibt es mal eine Anmerkung vorweg: ihr werdet in diesem Kap einen inhaltlichen Fehler vorfinden, welcher sich auf den Aufbau der Stadt Lórien beziehungsweise die Talan(e?) von Lórien bezieht. Ich hab im Internet nachgesehen, wie genau das nun ist mit Talan und der Stadt, habe allerdings nichts Brauchbares gefunden, sodass ich mir meine eigene Version mehr oder weniger zusammen gebastelt habe. *grins* Verzeiht mir also, wenn da ein grober Fehler drin ist, es ist alles meine Schuld. ^^ Das nur so als Warnung.*smile*

Und nochmal vielen Dank für die lieben Reviews!!

Nu aber zur story.^^
 


 


 

7.Kapitel

Wiedersehen macht Freu(n)de! - oder doch nicht?
 

Es war ein wundervoller Tag. Die Sonne lachte hoch am Himmel, keine Wolke wagte es sich ihr in den Weg zu stellen, ein kühler Wind umspielte leicht den Wald, was konnte man sich mehr wünschen als diesen himmlischen Frieden auf Erden?
 

- Ein Wiedersehen mit seinen Eltern!
 

Überglücklich hing ich nun schon seit einigen Minuten - oder waren schon Stunden vergangen? - abwechselnd in den Armen meines Vaters und meiner Mutter. Lachend und weinend zugleich zelebrierten wir unser Wiedersehen.

Während mein Vater ein etwas brummendes und volltönendes Lachen erklingen ließ und gleichzeitig mit seinen großen Pranken auf meinen Rücken klatschte, hatte meine Mutter Tränen in den Augen, zerwuschelte auf typisch mütterliche Art und Weise meine Haare und murmelte immer wieder ein "Endlich hab ich dich wieder!".
 

Es war wirklich ein wundervoller Moment.
 

Auch Minuten später konnte ich es immer noch nicht recht fassen. Ich lief gerade in diesem Moment wirklich neben meinen Eltern her, durch Lorien. MEINE ELTERN!

In einem wahnwitzigen Anfall von möglicher Halluzination massierte ich mir kurz die Augenlider, bevor ich sie wieder vorsichtig öffnete und erneut in das glückliche Gesicht meiner Mutter blickte.
 

"Ich habe euch so vermisst!" Wie sooft in den letzten Tagen standen mir auch jetzt Tränen in den Augen, als ich beide noch einmal in eine feste Umarmung zog.
 

Nur am Rande bekam ich mit, wie sanfte Stimmen den Wald mit einer tröstlichen Melodie erfüllten, die uns allen das Herz erleichterte.
 

"Wir haben dich auch vermisst, mein Schatz! Und dich natürlich auch!", antwortete mein Vater und drückte mich und Glowy ganz fest an sich.
 

Zum Glück hielten sich unsere elbischen Begleiter weiterhin im Hintergrund. Jetzt auch noch Legolas hochgestochenes Geschwafel ertragen zu müssen, wäre wirklich zuviel des Guten...
 

"Wie ist es euch ergangen? Wo seid ihr gelandet? Ward ihr zusammen? Wie ich sehe habt ihr Prinz Legolas getroffen?"
 

Fragen waren ja schön und gut, aber das dämliche Grinsen bei der letzten Bemerkung hätten sich beide ruhig sparen können. Sie übergingen meine Todesblicke gekonnt und begrüßten stattdessen kurz das Prinzlein und seine Krieger mit einem leichten Kopfnicken.
 

Glowy seufzte. Keinen Augenblick später hatte sie eine Kopfnuss sitzen und hörte abrupt auf, zu schwärmen. Nun schmollte sie.

Ich grinste.
 

Meine Eltern auch.
 

Da mir das irgendwie wissende Funkeln in ihren Augen nicht geheuer war, zog ich es vor, wieder auf ein anderes Thema zu sprechen zu kommen. "Zu euren Fragen: Nein, wir sind nicht zusammen in Mittelerde gelandet. Ich bin in einem Wald aufgewacht, wo ich dann auch direkt Bekanntschaft mit Elrond und seiner Sippe gemacht habe, während Glowy-"
 

"-Ich bin auf dem Nebelgebirge gelandet, na ja, um genau zu sein, auf Thranduils Schoß..." Sie wurde leicht rosa um die Nase und es folgte gleich mehrstimmiges Gelächter.
 

"Soso..." Mein Vater schmunzelte und zwinkerte meiner Mutter fröhlich zu.
 

Diese runzelte die Stirn. "Wenn du auf Meister Elrond getroffen bist, Cala, warum ist er dann nicht bei euch? Und König Thranduil?!"
 

Der altbekannte traurige Schleier überzog mich. Zu meinem unendlichen Leidwesen war es diesmal auch noch Legolas, der antwortete. Mal ehrlich, was mischte der sich denn eigentlich ein?!

"Mein Vater und ich fanden Lady Cala auf einer kleinen Lichtung, ganz alleine. Sie erzählte uns, dass Meister Elrond und sein Gefolge von Orks angegriffen wurden. So beschloss mein Vater einen Großteil unserer Krieger mitzunehmen und ihnen zu Hilfe zu eilen, während ich und vier weitere Krieger meines Volkes meinen Weg nach Bruchtal fortführen und dabei gut auf Lady Cala und Lady Glowy aufpassen sollte."
 

Er lächelte leicht.
 

Hmpf.
 

Meine Eltern wirkten nun sehr besorgt, überspielten dies aber schnell indem sie uns noch mehr zur Eile antrieben. "Kommt, Oma und Opa warten bereits sehnsüchtig auf euch!"
 

Mein Herz machte Purzelbäume. "Sie sind hier?!"
 

"Aber natürlich! Was hast du denn gedacht?!"
 

Glücklich und zufrieden gelangte unsere Prozession immer tiefer in Lorien hinein, ohne dass Glowy oder ich sonderlich großen Wert drauf gelegt hätten. Es war ein unbeschreibliches Gefühl, endlich wieder bei meiner Familie zu sein und zu wissen, dass es ihnen gut ging.

Jetzt musste ich mir nur noch Sorgen um diese vermaledeiten bruchtälischen Elben machen....
 

Da meine Eltern immer noch nicht ihre Neugierde gestillt hatten, musste sowohl Glowy als auch ich erneut von vorne von unseren Erlebnissen erzählen. Allerdings taten wir das mehr unverständlich als verständlich, da wir immer noch wie im Rausch waren, zumindest schon einmal einen Teil der Familie wiedergefunden zu haben.
 

So begann ich in meiner Erzählung mit Tulu, dann sprang ich plötzlich zu Thranduil und dann wieder zu Elrond. Geduldig lächelnd streichelte meine Mutter mir über die Wange, ein seliges Lächeln auf ihren schönen und sanften Gesichtszügen. Ich war mir nicht mal sicher, ob sie mir wirklich richtig zuhörte, doch ihre Augen, die ruhig auf mir lagen, ermunterten mich immer wieder zum Weitererzählen.
 

Ein kurzer Seitenblick zu Glowy, als ich von meiner Vision mit ihr und Legolas erzählte, zeigte mir, dass sie meinen Vater ebenso in ihre Erlebnisse einspannte und ihm keine Möglichkeit zum Reden gab wie ich es mit meiner Mutter tat.

Plötzlich wurde ich unterbrochen.
 

"Du hast Glowy, Legolas und die anderen Düsterwaldelben gesehen, vor deinem inneren Auge?"
 

Leicht aus dem Konzept gebracht, da ich schon längst bei dem kargen Abendmahl mit dem Hasen und Glowys Drohung bei Leggi auf dem Pferd mitzureiten war, starrte ich meine Mutter völlig konfus an.

Sie dagegen legte die Stirn nachdenklich in Falten, ihr Blick flog zu meinem Vater, dessen Aufmerksamkeit ich nun auf einmal auch genoss. Glowy schmollte und warf mir giftige Blicke zu.
 

"Äh....ja..." Ja, nicht gerade intelligent, ich weiß, aber noch intelligenter muss wohl mein Gesichtsausdruck gewesen sein, denn ich konnte deutlich ein verhaltenes Glucken wahrnehmen.

Mit funkelndem Blick drehte ich mich zur Seite. "Ist irgendetwas, Púren?", fragte ich gefährlich lieb, doch er schüttelte nur grinsend den Kopf.
 

"Nein, eigentlich nicht. Erzähl ruhig weiter, ich hör dir ganz gespannt zu." Er legte einen Finger auf seine Lippen und setzte einen konzentrierten Blick auf.
 

Hmpf. Wieso nahm mich eigentlich keiner ernst? Hatte ich vielleicht einen Pickel im Gesicht?!
 

WAHHHHH!
 

Wie eine Irre tastete ich mir meine Nase ab. Jede Unebenheit wurde aufs genaueste untersucht und analysiert.

Erleichtert atmete ich aus. Nichts.
 

Es war verdächtig still geworden um mich herum....Mmh. Schielend betrachtete ich die Runde der Anwesenden und musste feststellen, dass ihre Mimik zwischen neugierig-belustigt und lachend-am-Boden-liegend hin und her schwank.

Na ja, bis auf einen: Haldir. Der tanzte mal wieder aus der Reihe. Okay, tanzen tat er nicht wirklich, denn das wäre ja wenigstens mal witzig gewesen und hätte seine lustige Ader gezeigt, die eventuell irgendwo unter seiner kühlen und distanzierten Oberfläche versteckt lag, aber nein......er sah mich einfach nur stumm an.
 

Ich fühlte mich dabei, als würde Onkel Doktor mit einem Röntgenstrahler mein ganzes Selbst durchleuchten.....brrrrr.
 

Verunsichert beschloss ich in die Offensive zu gehen und blitzte ihn wütend an. Ein leichtes Lächeln, welches man auch leicht mit einer Halluzination verwechseln konnte, so winzig war es, bildete sich auf seinen Mundwinkeln.
 

Hmmmm. Entnervt wandte ich mich an meine Eltern. Aus diesem Kerl wurde ich echt nicht schlau....
 

"Was ist denn daran jetzt so besonders?", fragte ich scheinheilig, denn eigentlich hatte ich mich selbst schon gefragt, was es mit dieser Vision auf sich hatte. Doch geheimnisvoll, wie Eltern sich nun mal gerne aufspielten, wechselten sie nur wieder einen einvernehmlichen Blick, ehe sie mich entschuldigend ansahen.
 

"Das sollte dir besser deine Großmutter erzählen."
 

Ich stöhnte auf. Meine Nerven wurden hier in Mittelerde wirklich auf eine harte Probe gestellt...
 

"Na toll! Ist ja mal wieder typisch!" Glowy schien es ähnlich zu gehen. Mitfühlend lächelte ich sie an.
 

Wütend stapfte sie auf dem Boden herum, als Legolas ihr beruhigend eine Hand auf die Schulter legte und sich lächelnd zu ihr runter beugte.
 

Da ich nach kurzem Prüfen der Luftverhältnisse für erwiesen befand, dass die Luft in Glowys Nähe sehr viel frischer, reiner und einfach, äh, besser war als bei mir, wanderte ich ganz unauffällig näher zu ihr.
 

"....Ihr werdet schon erfahren, wenn die Zeit reif dafür ist."
 

Urgs, war ja klar, das Moralapostel Leggi wieder einen auf chillig machte, von wegen wir-haben-alle-Zeit-der-Welt-denn-wir-sind-unsterblich-hehe....Hmpf.
 

Ich machte noch einen Schritt näher auf die beiden zu, als plötzlich-
 

"CALA! HÖR AUF ZU LAUSCHEN! DAS IST JA WOHL ECHT DIE HÖHE!"
 

Unter der plötzlichen Lautstärke von Glowys zuvor so einschmeichelnder Stimme, zuckte ich kräftig zusammen.
 

'Schmerz....Schmerz....Schmerz...', hallte es nur in meinem Kopf wieder, als ich keuchend mein Ohr befühlte. Na, wenigstens war es mir bei diesem Gekreische nicht abgefallen.....
 

Ich hörte weiteres Gestöhne und entdeckte zu meiner Überraschung, dass ich ein paar Leidgenossen hatte.
 

Da ich nicht sehen wollte, wie Legolas auf Glowys Anschuldigung meinerseits reagierte, wandte ich mich hastig an meine Eltern. "Wo treffen wir Omi und Opi eigentlich? Ich seh hier nur Bäume....."

Suchend spähte ich zwischen den vielen Baumgruppen hindurch, konnte aber beim besten Willen nirgends Häuser oder ähnliches entdecken.
 

Erneut durchzuckte mich ein nicht gerade erfreulicher Schmerz, als mir jemand eine kräftige Kopfnuss verpasste.

"Aua!"
 

Wütend strich ich mir über den schmerzenden Hinterkopf, als Glowy missbilligend mit der Zunge schnalzte. Altklug hob sie den rechten Zeigefinger und wedelte mir damit vor der Nase.

"Also wirklich, Cala! Hast du denn nicht aufgepasst, wenn Omi und Opi von Lothlorien erzählt haben?"
 

Ich konnte förmlich spüren, wie mein Kopf rosa anlief.
 

"Erwischt.", war Púrens letzter Kommentar, bevor er sich vor Lachen auf dem weichen Moosboden kugelte. Noch während ich hoffte, dass er an akutem Sauerstoffmangel starb oder sich zu Tode kugelte, wusste ich, dass mein Gesicht eine ungesunde Rottönung angenommen hatte, um die mich jeder Friseur beneidet hätte.
 

Vorsichtig spähte ich zu meinen Eltern, die zwar auch nicht sonderlich glücklich aussahen, mich aber lediglich kopfschüttelnd betrachteten. Ich vermeinte ein "Hoffnungsloser Fall" gemurmelt zu hören, konnte mich aber auch getäuscht haben.
 

Dafür durfte ich mir dann die nächste halbe Stunde einen Vortrag über Loriens ökonomische, politische, soziale und was weiß ich nicht alles anhören, natürlich von Haldir.
 

Glowy pfiff fröhlich vor sich hin, den Arm bei Legolas eingehakt und flüsterte ihm immer wieder etwas zu, woraufhin er zu lächeln begann, während Púren mir schadenfroh zugrinste.
 

Und Haldir? Der schien ganz in seinem Element zu sein...

"....Lothlorien, übersetzt 'blühender Traumgarten' bzw. 'Traumblume', ist ein großes Waldgebiet von ungefähr 80x80 Kilometern. Begrenzt wird es im Süden vom Fluss Celebrant ('Silberlauf'), im Osten vom Anduin und im Westen vom Nebelgebirge. Die einzige Stadt, Caras Galdahon, ('die Stadt der Bäume'), befindet sich im Südosten von Lothlorien. Wir werden sie in etwas mehr als einer Stunde erreichen.

Ursprünglich trug dieses Gebiet den Namen Lorinand ('Tal des singenden Goldes'). Erst im Zweiten Zeitalter gründete Lady Galadriel das Reich...."
 

....schnarch....Jetzt wusste ich wieder, warum ich bei den Erzählungen meiner Großeltern regelmäßig eingeschlafen und als Strafe alle Heimatlieder Lothloriens hatte auswendig lernen müssen....

Irgendwie hatte ich mir mein langersehntes Wiedersehen mit meinen Eltern anders vorgestellt...
 

Haldir erzählte irgendetwas über die Zeit während des Ringkrieges, als ich neugierig zu meinen Eltern lugte. Sie bildeten die Vorhut unserer Prozession und schritten beinahe schon königlich über den Waldboden. Sie flüsterten leise miteinander, doch so angestrengt ich auch versuchte zu verstehen, was sie sagten, Haldirs durchdringende Stimme benebelte mein Gehörsystem.
 

Hmpf. Ich warf einen kurzen Blick über die Schulter und sah, wie die drei schweigsamen düsterwälderischen Elben unsere Pferde führten. Der restliche Teil der Grenzwache Loriens bildete die Nachhut.
 

"....Lady Cala? Ist alles in Ordnung? Fehlt Euch etwas?" Irritiert sah ich zu Haldir, der besorgter klang als er aussah. Ein beinahe schon wissendes Funkeln war in seinen Augen zu lesen, das mir ganz und gar nicht gefiel. Was konnten meine Großeltern nur an ihm mögen?!
 

Ich lächelte zuckersüß. "Nein, mir fehlt nichts."
 

"Ihr wirktet sehr abwesend, Mylady.", bohrte er weiter nach und ich war mir sicher, dass mein Lächeln noch eine Spur süßer wurde....bitter-süß.
 

"Verzeiht, wenn ich mit meinen Gedanken abgeschweift bin, doch nun endlich in meiner wahren Heimat zu sein ist ein seltsames Gefühl. Alles ist neu für mich und doch bin ich hier Zuhause...." Okay, das war noch nicht einmal gelogen, aber habe ich mich nicht diplomatisch ausgedrückt? Mmmh? Hmpf, na gut, Legolas hätte mich bestimmt noch um Längen übertroffen....
 

Ich seufzte.

"Fürchtet Euch nicht vor der Wahrheit, Mylady. Nur Lügen bringen das Gleichgewicht der Welt aus den Fugen und schaffen es aus Freunden Feinde und aus Feinden Freunde zu machen."

Überrascht sah ich in Haldirs blaue Augen. Sie funkelten immer noch in hellen Strahlen, doch seltsamerweise wirkte dies nun Trost spendend auf mich. Es war der erste Moment, in dem er mir halbwegs sympathisch war....auch wenn ich nicht gerade behaupten konnte auch nur ein Wort von dem verstanden zu haben, was er mir da gerade erzählt hatte.
 

"Lorien ist ein Ort der Weisheit, Reinheit und des Friedens. Verfolgte finden hier Unterschlupf, Verlorene finden Rat, Verirrte finden die Wahrheit. Doch nur diejenigen, die sich nicht vor der Wahrheit verschließen, werden den richtigen Weg finden."
 

Jetzt lächelte er wirklich und es ließ ihn seltsam sanft und freundlich erscheinen. Um ehrlich zu sein, machte er mir jetzt erneut höllische Angst. Vorbei war's mit der trauten Zweisamkeit....O man, was redete ich da?! Jedenfalls, vielleicht sollte er doch lieber mal zum Onkel Doktor gehen und sich auf Schizophrenie untersuchen lassen...Aber eins musste ich ihm wohl oder übel lassen: Er sprach noch hochgestochener als Legolas. Und das wollte wirklich etwas heißen....
 

Ich tat so, als würde ich ernsthaft über seine Worte nachdenken, da bekam ich erholsame Ablenkung in Form von Legolas. Merkwürdigerweise hatte er einen emotionslosen Blick aufgesetzt und sprach Haldir in Sindarin an...ha, als wenn ich das nicht verstehen könnte!
 

*Haldir, ist Gimli schon eingetroffen?*
 

Haldir verzog keine Miene, allerdings ruckte seine Nase verdächtig nach oben. *Ja, das ist er. Bei den letzten Strahlen der untergehenden Sonne des gestrigen Tages betraten er und zehn seiner Gefährten das lorische Reich. Er bringt Nachrichten aus dem Süden.*
 

Legolas nickte ernst. Man, das waren also die berühmt berüchtigten Männergespräche - sie redeten über einen anderen Kerl...Hmpf, bin ich froh, eine Frau zu sein. Unsere Gespräche sind wesentlich interessanter...(*g*)
 

*Er ist also nicht vernichtet. Entspricht das Gerücht über ihn der Wahrheit?*, fragte Legolas stirnrunzelnd.
 

Hä?! Gimli und vernichtet ?! Und ich dachte Legolas wäre sein Freund.....das offenbarte ja ganz neue Seiten an ihm...urcks.
 

*Viele glauben daran...*
 

*Glaubst du es auch?*
 

*Ich bin nicht sicher...Ich glaube zwar nicht, dass er vernichtet wurde, doch ob er es wirklich geschafft hat nach-*
 

"Cala! Steckst du deine Nase etwa schon wieder in Sachen, die dich nichts angehen?" Glowy baute sich zornig vor mir auf und stemmte die Hände in die Seiten. Ich grummelte verärgert. Irgendwann würde ich ihr noch einmal sagen müssen, dass sie ein verdammt schlechtes Timing hatte....
 

Etwas unsicher bemerkte ich die Blicke Legolas und Haldirs auf mir. Na ja, und die meiner Eltern...

Ich schluckte schwer. Irgendwie hatte ich ein faszinierendes Talent dafür entwickelt, mich ständig in Schwierigkeiten zu bringen.
 

Legolas grinste. "Habt Ihr verstanden, was wir besprachen?"
 

Wie hoch standen die Chancen, dass sie mir eine Lüge abkaufen würden? Ich blinzelte zu Glowy. Okay, gleich null.
 

"Na ja....vielleicht habe ich teilweise mitbekommen, was Ihr gesagt habt....", druckste ich wenig überzeugend herum, doch Legolas lächelte weiterhin hartnäckig, während Haldir mich ernst taxierte. "Ihr werdet noch früh genug erfahren, was unsere Worte zu bedeuten haben, denn sie sind eng mit Eurem Schicksal verknüpft."
 

Mmh, das war nicht ganz die Antwort, die ich erwartet hatte, aber was soll's....was meinte er nur jetzt schon wieder damit?! Konnte er sich nicht einmal klar ausdrücken?!
 

Ganz unabsichtlich stieß ich Glowy meinen Ellbogen in die Seite, als ich an ihr vorbeiging, sodass sie laut aufjaulte. Vor Wut kochend stapfte ich für den Rest des Weges neben meinen Eltern her, die sich seit unserer Begrüßung eher abseits hielten und sich auch jetzt nicht einmischten. Und doch hatte ich das Gefühl, als würde sich ein dunkler Schatten der Trauer und der Angst um sie legen.
 

Völlig in meine eigene, gerade vor Verwirrtheit und Zorn aufgewühlten, Welt versunken, war ich zunächst sehr irritiert, als meine Eltern ohne Vorwarnung einfach stehen blieben und nach oben in die Baumkronen sahen.

Na gut, meine Verwirrtheit legte sich auch nicht gerade, als die anderen ebenfalls nach oben starrten, als würde dort oben in den Wipfeln ein Winterschlussverkauf stattfinden.
 

Während die anderen unablässig nach oben starrten, ließ ich meinen Blick gelangweilt über den Wald gleiten. Zahlreiche Blumen, Gräser und Moose bedeckten den Boden, im Falle der Blumen entdeckte ich eine solch große Artenvielfalt, wie ich sie nie zuvor erlebt hatte. Neugierig trat ich näher an eine kleine, leicht schief wachsende Blume heran, die hell schimmerte, als wäre sie aus Glas. Kurz vor ihr blieb ich stehen und ging in die Hocke.

Vor Staunen wäre ich beinahe rückwärts umgekippt, denn diese Blume war zur Gänze aus Silber!!
 

"Nephredil ist der Name dieser Blume. Viele von ihnen kann ein aufmerksamer Wanderer in den Tiefen des lorischen Reiches entdecken und manchmal sogar noch viel mehr."

Haldir lächelte geheimnisvoll und ich erhob mich hastig. Konnte er denn nicht wenigstens einmal klipp und klar sagen, was er meinte, beziehungsweise andeuten wollte?!
 

Kurz darauf rief uns Legolas zu sich, er hielt einen Vorhang aus Efeu zur Seite und legte so die Sicht frei auf eine Wendeltreppe, die sich eher unscheinbar um den dicken Stamm eines Malornbaumes wand.

Meine Eltern erklommen bereits die ersten Stufen, als Haldir und ich zurückkamen und ebenfalls hinaufstiegen. Ganz der Gentleman überließ Legolas mir den Vortritt.

Mir kam es vor wie Stunden als wir die Treppe hinaufgingen und dabei immer höher in die Baumkronen der Malornbäume gerieten. Mir war das recht gleichgültig. Zwar wusste ich, dass die Waldelben Loriens in den Baumwipfeln auf sogenannten Fletts wohnten, aber mal ehrlich, hätten sie die nicht auch ein Stückchen tiefer bauen können?
 

Ächzend und schnaufend ließ ich Stufe um Stufe unter mir.
 

"Wann sind wir endlich daaaa?", nervte Glowy unter mir rum und ich konnte mir nur schwer meine Zustimmung verkneifen.
 

Lange Zeit blieb es still, als es auf einmal immer heller wurde, ein greller Lichtstrahl bahnte sich von oben seinen Weg auf uns herab. Mit jedem Meter, den wir höher stiegen wurde er stärker, als plötzlich meine Mutter vor meinen Augen verschwand. Vorsichtig folgte ich ihr und wenig später stand ich überraschenderweise im Freien, um genauer zu sein auf einer riesigen Plattform.
 

"Wir sind da.", sagte mein Vater lächelnd, als wir neben ihn traten und erstaunt das uns dargebotene betrachteten. Wir befanden uns nun auf einer riesigen Plattform, dem Flett. Überall war es moosig und voller Gräser, was leicht darüber hinwegtäuschte, dass man sich gerade mehrere Meter über dem Erdboden befand...
 

Überwältigt von diesem Anblick drehte ich mich im Kreis und entdeckte ein paar Elben, die gemächlich vorbeiliefen und uns dabei ehrerbietig begrüßten.
 

Nur spärliches Licht drang durch das Blätterdach hindurch und doch war es hell genug, dass man alles gut erkennen konnte.
 

"Na, da zwickt mich doch ein Ork! Endlich bist du da, du altes Schlitzohr! Dachte schon, du hättest mich vergessen und würdest mich hier versauern lassen!"
 

Ich hörte ein Naserümpfen von meiner linken Seite, wo zweifelsohne Haldir stand, als jemand von meiner rechten Seite voller Freude rief: "Gimli! Wie schön, dich hier zu sehen!"
 

Und schon lief Legolas auf einen kleinen dicklichen Mann mit langem roten Bart zu, dessen Haarwuchs leicht verfilzt aussah. Seine Stimme war brummig und kam dem Grollen eines Gewitters gleich, doch seine Augen glitzerten vergnügt.
 

"Ein Zwerg!"

Voller Entzücken ging ich auf ihn zu und nahm ihn in Augenschein. Ich hatte schon viel über dieses kleine Volk gehört und es hatte mich irgendwie schon immer interessiert. Ich fand es unglaublich spannend, endlich einem von ihnen in natura gegenüber zu stehen.

Dieses Exemplar trug ein braunes Wams, welches nur schwer seinen doch recht imponierenden Bauch verbergen konnte und einen breiten Gürtel, an dem eine blitzende Axt befestigt war.

Sein rostbraunes Haar war zu einem Zopf gebunden, ebenso wie sein Bart, der ihm bis zum Gürtel reichte. Seine braunen Augen sahen mich leicht verdutzt an, aber das kümmerte mich nur wenig.
 

Legolas dagegen begann heiter zu lachen. "Gimli, darf ich dir diese junge Dame vorstellen? Das ist Lady Cala-"
 

Ich unterbrach meine Inspektion und stierte den Elb wütend an. "Ich kann mich auch selbst vorstellen, ja! Dazu brauche ich keinen Prinzen, der in seinen hochgestochenen Worten fast seinen hochwohlgeborenen Verstand verliert!"
 

Stille.
 

Ups...
 

Ängstlich kniff ich die Augen zusammen. Warum musste ich nur so ein vorlautes Mundwerk haben?

Plötzlich brüllte etwas. Ich erschrak fürchterlich und riss instinktiv meine Augen auf. Was ich nun erblickte war das seltsamste, was ich je gesehen hatte.
 

Gimli wurde puterrot im Gesicht vor Lachen und klopfte dem doch um einige Köpfe größeren und zur Salzsäule erstarrten Legolas auf den Rücken. Uii, dass ihm nicht das Rückrat in zwei brach...
 

"Das Mädchen gefällt mir! Wundervoll, einfach wundervoll!" Und schon hieb sich der Zwerg auf die Schenkel. Nachdem er sich wieder einigermaßen im Griff hatte, wischte er sich seufzend die Lachtränen aus den Augenwinkeln und grinste mich an.

"Ich bin Gimli Gloinsson, ein Zwerg vom Einsamen Berg. Ich freue mich, Euch kennen zu lernen."
 

Ich lächelte schüchtern zurück und vermied es betont zu meinen Eltern, Haldir, Legolas und vor allem zu seinen Gefolgsleuten zu sehen...
 

"Cala, also wirklich! Schäm dich! Wie kannst du nur so undankbar sein?! Wenn Legolas und seine Männer nicht gewesen wären, würdest du immer noch alleine und ohne Orientierung durch das Schattenbachtal irren und wer weiß, was dir dann noch alles zugestoßen wäre!" Zornig stapfte meine beste Freundin zu Legolas.
 

Peinlich berührt scharrte ich mit den Fußspitzen auf dem Boden. Ich wusste, dass ich jetzt eindeutig zu weit gegangen war, aber es war mir einfach so herausgerutscht...
 

"Estutmirleid...", murmelte ich undeutlich und in sehr schnellem Tempo, wagte es aber immer noch nicht jemanden anzusehen.
 

Glowy strich Legolas beruhigend über den Oberarm, wie ich aus den Augenwinkeln sehen konnte, doch sein Gesicht war immer noch mir zugewandt.
 

Gimli hielt die angespannte Situation wohl auch nicht mehr aus, denn er klopfte Legolas noch ein weiteres Mal kräftig auf die Schulter und brummte: "Ach, endlich hast du ein Mädchen gefunden, dass dich nicht anhimmelt! Sei doch froh, genau das wolltest du doch schon immer! Jetzt musst du eben damit zurechtkommen!"

Er lachte noch einmal kurz auf, dann begrüßte er meine Eltern. Sie kannten sich offenbar auch schon.
 

Glowy zog Legolas auffallend besitzergreifend von dem Zwerg weg, als wollte sie den Elb vor ihm schützen und funkelte ihn wütend von oben herab an. Oha, noch so eine glänzende Basis der Sympathie...
 

Meine Mutter trat neben mich, ein fast schon mysteriöses Lächeln auf den Lippen, und strich mir liebevoll über die Stirn. "Komm, Großmutter und Großvater warten sicherlich schon ungeduldig auf euch."
 

Ich nickte erleichtert, denn offenbar drückten meine Eltern heute noch einmal beide Augen zu, was meine Frechheiten betraf, da wir uns endlich wiedergefunden hatten. Folgsam tapste ich hinter ihr her weiter über die Plattform, vorbei an Stämmen von Bäumen und kleineren Liegestätten und Behausungen der Bewohner.
 

Es war wirklich unglaublich faszinierend. Irgendwie hatte ich mir trotz der Erzählungen, die ich teilweise im Halbschlaf von meinen Großeltern mitbekommen hatte, und den ausführlichen Berichten Haldirs ein vollkommen anderes Bild von Caras Galdahon gemacht, als es in Wirklichkeit war.

Ich hätte es nie für möglich gehalten, dass es tatsächlich Elben oder überhaupt Lebewesen gab, die in solch schwindelerregender Höhe eine komplette Stadt errichtet hatten! Also wenn das nicht bemerkenswert war...
 

Mit offenem Mund folgte ich meinen Eltern, sog jeden Anblick der Elben und der Stadt in mich auf und vergaß dabei vollkommen einen gewissen Elb, den ich ziemlich beleidigt hatte.
 

Nach etlichen Metern gelangten wir schließlich auf so eine Art Markt, der auf einer großen freien Fläche der Fletts gebaut worden war und auf dem Händler geschäftig ihre Ware anboten. Bei näherem Hinsehen entdeckte ich zu meinem Erstaunen, dass es sich bei den Verkäufern zumeist um Menschen handelte.

"Das sind fahrende Händler. Sie reisen durch das Land, kaufen neue exotische Waren ein und schlagen sich so durchs Leben. Die Elben dagegen können dem Feilschen und Anpreisen der Händler nichts abgewinnen und auch wenn sie sich das meiste, was sie brauchen selbst besorgen können aus der Natur, so gestatten sie es den Menschen trotzdem ab und zu einen Markt zu errichten und ihre Stände aufzubauen."
 

Ich nickte verstehend, während Púren mich neugierig zu einem der Stände zog. Meine Augen wurden größer, als ich die vielen schönen Ringe und Armreife entdeckte, die dort auf dem Tisch fein säuberlich zurecht gelegt waren.

Der Mann hinter dem Stand lächelte freundlich, was jedoch eine Reihe dunkler Löcher in seinem Mund entblößte, an dessen Stelle eigentlich ein paar Zähnchen hätten sein müssen...

Schnell besah ich mir einen silbernen Ring, der einen funkelnden Saphir umschloss. Eine sanfte, beinahe schon geheimnisvolle Ruhe und Kraft schien von ihm auszugehen, mal ganz abgesehen von seiner äußeren Schönheit.

Ich war hin und weg.
 

Púren grinste mich von der Seite her an. "Na, wie ich sehe begrüßt du die Regelung der lorischen Elben sehr, dass die Händler hier von Zeit zu Zeit herkommen dürfen."

Er warf einen prüfenden Blick auf das Objekt meiner Begierde und lächelte anerkennend. "Nicht schlecht, aber bestimmt auch sehr teuer!"
 

Vollkommen fasziniert berührte ich zögerlich die glatte Oberfläche des kostbaren Steins, während Púren sich an den Verkäufer wandte: "Wie viel kostet der Ring, mein Herr?"
 

Verdutzt zog ich meine Hand wieder zurück und starrte den Elb fassungslos an. Was sollte das denn werden, wenn es fertig war?! Der Ring war bestimmt sehr teuer, das allein bezeugte schon das samtene Tuch, auf welches er gebettet war und ich hatte keinen einzigen Cent bei mir! Mal ganz abgesehen davon, dass man hier wahrscheinlich sowieso nicht mit Cent oder Euro bezahlte.
 

"Cala! Komm, wir wollen weiter! Auf den Markt kannst du morgen immer noch gehen!", rief im selben Moment mein Vater.
 

Schweren Herzens riss ich mich von dem Ring los und kehrte mit Púren zu unserer Truppe zurück.
 

Kurz darauf erreichten wir das Ende des Marktes. Ein kleines Stück darauf waren wieder vereinzelte Behausungen von Elben zu finden, doch auf einmal hörte dies auf. Wenig später sollte ich auch den Grund dafür erfahren: Wir gelangten mitten vor einen riesigen Palast.
 

"Wow.", entschlüpfte es Glowy, die sich ausnahmsweise wieder einmal an meiner Seite befand.
 

Gimli war der einzige, der nicht stehen blieb, sondern voller Tatendrang die kleine Treppe des Palastes erklomm. Kurz vor dem Torbogen hielt er an. "Na, kommt schon! Das ist doch nichts besonderes! Ihr solltet mal die unterirdischen Hallen im Einsamen Berg sehen....die sind wirklich bewundernswert!"
 

Púren schnaubte leicht und Haldirs Augen verdunkelten sich unmerklich. Legolas dagegen blieb still.
 

Vorsichtig sah ich zu ihm herüber. Stumm blickte er zu dem Zwerg hinauf, ein kleines Lächeln auf seinen Lippen und doch wirkte er sehr nachdenklich....Was hatte ich da nur angestellt?! Hatten ihn meine Worte wirklich so aus dem Konzept geworfen?! Irgendwie tat er mir ja doch leid....Er war eigentlich gar nicht soooo schlimm....HALT! AUS! Was redete ich denn da?!
 

Hmpf.
 

Ärgerlich erklomm ich ebenfalls die wenigen Stufen, dicht gefolgt von den anderen. Wir betraten gerade einen langen Durchweg, an dessen Seite verschiedene Räume, Hallen und Gänge abzweigten, als uns plötzlich Omi und Opi mit offenen Armen entgegenliefen.
 

Schnell nahm ich die Beine in die Hand und flog förmlich in ihre Arme. Keine Sekunde später gab es eine Erschütterung, als Glowy sich in unser Knäuel schmiss.
 

Ich glaube, ich war nie zuvor so glücklich gewesen wie an diesem Tag.
 

Eine gespielt beleidigt klingende Stimme störte das friedliche Wiedersehen jedoch jäh.
 

"Hey, und wer begrüßt uns?!"
 

Die Stimme kannte ich doch irgendwoher.....aber das konnte doch nicht......aber das hieß ja....
 

"Elladan, Sohn von Elrond, Prinz von Bruchtal und MEIN kleiner Bruder................................HALT EINFACH DEN MUND!"
 

Hach, war es nicht schön, wenn alle wieder beisammen waren?!
 


 

~~~

Die Fronten klären sich

zum Pairing: Öhm, alles ist möglich, ich habe nie geschrieben, es wird Leggi/ Cala, also würde ich vorschlagen, dass ihr euch mal einfach überraschen lasst......^^
 

Anmerkungen: Grrr...ich hasse dieses Kap..es ist soo schlecht..pfui...hmpf..nya, öhm, deshalb gibt's auch zwei auf einmal..^^

Das Outing um Calas Status war überfällig, denke ich, und ich entschuldige mich ganz arg dafür, dass dieses Kap so wahnsiinig Mary Sue-like ist.....keine Sorge: nix ist Friede, Freude, Eierkuchen..es kommen noch genug Probleme auf KLein-Cala zu...*drop* *sich fragt, ob nach dem Kap alle Leser reißaus nehmen* *doppeldrop*
 


 

Lachend entfloh ich den Armen meiner Großeltern und rannte die Stufen des Palastes hinab, direkt auf die bruchtälischen Elben zu, welche sich in der Begleitung von König Thranduil und seiner Garde befanden.
 

"Cala..."

Elladans Gesicht schmückte inzwischen ein sanftes Lächeln und er trat mir ein paar Schritte entgegen. Vergessen war aller Streit - wichtig war nur, dass es ihm und den anderen gut ging.

So ließ ich mich fröhlich in seine Arme ziehen, die mich fest umfingen und durch die Luft wirbelten.
 

Seufzend vergrub ich mein Gesicht an seiner Schulter. "Ich bin so froh, dass euch nichts geschehen ist....Ich hatte solche...Angst...und es tut mir alles so leid...Ich war so fies zu euch...-"
 

Beruhigend strich mir der Schwarzhaarige über den Kopf. "Ist ja gut, jetzt sind wir ja hier! Und wie du siehst, leben wir alle noch!" Er steckte seine Nase tief in meine Haare und sog tief die Luft ein. Es kitzelte ein wenig in meinem Nacken. "Mach dir keine Sorgen, Elrohir und ich haben dir schon längst verziehen...wenn du uns verzeihen kannst?", fragte er sehr leise und ich spürte deutlich seine Nervosität.
 

Tadelnd schob ich ihn von mir, um ihm ins Gesicht sehen zu können. "Natürlich! Ich meine, so lange kennen wir uns ja noch gar nicht und ihr wisst bislang überhaupt sehr wenig von mir! Es ist doch klar, dass ihr dann erst einmal misstrauisch werdet, wenn ich einfach so eine haarsträubende Geschichte von Telefonen und Technik erzähle!"
 

Er lächelte sanft und sah mich einfach nur an. Seine Hand fand zögerlich ihren Weg an meine Wange und streichelte sie zärtlich, als wenn sie aus Porzellan wäre. Als ich mich leise schnurrend in diese Berührung lehnte, lachte er fröhlich auf und zog mich erneut in seine Arme.
 

Glücklich lächelnd schloss ich die Augen. Ein paar Augenblicke standen wir einfach nur so da und hielten uns fest.
 

"Du hast mir auch gefehlt, Cala...", murmelte er leise an meinem Ohr.
 

Plötzlich ging ein Ruck durch mich und den Elb, als Elrohir mich aus den Armen seines Bruders riss, um mich mit seinen eigenen zu umfangen. Elladans wütendes Gesicht in diesem Moment war wirklich köstlich...
 

Nach und nach umarmte ich auch noch Arwen und sogar Elrond, der sich gewohnt lässig im Hintergrund hielt. Tulu schenkte ich nur ein etwas fehl geschlagenes Grinsen.
 

Legolas derweil begrüßte seinen Vater und dessen Männer, ebenso wie Púren und die drei Schweigsamen es taten.
 

Meine Eltern und Großeltern hatten sich zu Elrond gesellt und sprachen leise mit ihm. Gimli war unauffindbar und Glowy beobachtete mich schon seit einigen Minuten wie ein Geier. Ein beinahe schon hinterlistiges Grinsen legte sich auf ihr Gesicht und ihre Blicke, die immer wieder von mir zu Elladan und wieder zurückflogen, gefielen mir überhaupt nicht.
 

"Es freut mich außerordentlich, dass nun auch die Vertreter Düsterwalds und Bruchtals vollzählig eingetroffen sind." Meine Großmutter blickte lächelnd auf die Genannten hinab, welche bloß stumm zurücklächelten.

"Ich schlage vor, dass wir uns nun in die große Halle begeben, um dort über die vergangenen Ereignisse zu reden."
 

So setzte sich die inzwischen leicht vergrößerte Gruppe in Bewegung. Ich lief neben Elladan und Elrohir her, welche äußerst gespannt meiner Erzählung über meine Flucht und das Treffen mit den Düsterwaldelben lauschten - ich bemerkte dabei die Blicke nicht, die sich die beiden immer wieder zuwarfen, wenn ich von Legolas sprach - und dann erzählten sie mir abwechselnd von dem Kampf mit den Orks, welcher ja "ganz leicht zu gewinnen war", aber wenn man zwischen den Zeilen ihres Berichtes las, erkannte man, dass es doch gut gewesen war, dass die Düsterwaldelben zu Hilfe geeilt waren.
 

Wenig später fanden sich alle in einem riesigen Saal ein, der eine lange Tafel in der Mitte des Raumes beherbergte, dazu noch Stühle und verschiedene gemütliche Sitzecken. An der einen Seite konnte man durch Fenster, welche kein Glas oder ähnliches besaßen, auf einen kleinen Garten mit vielen Beeten und Bänken hinausschauen.
 

Wir setzten uns an die lange Tafel, an der, zu meiner großen Überraschung, bereits einige Menschen saßen, die die Neuankömmlinge auch fröhlich begrüßten. Klein-Calalein allerdings hatte absolut keinen Schimmer, wer die waren. Glowy inspizierte sie neugierig.

"Mmh...so schlecht sehen die ja gar nicht mal aus!", flüsterte sie mir zu, als sie einen jungen Mann entdeckte, dessen dunkelblondes Haar in langen Wellen über seine Schultern floss und sein schmales Gesicht umrahmte. Seine schokobraunen Augen funkelten ernst.
 

Mmmmmmh....nicht schlecht, da musste ich Glowy ausnahmsweise einmal Recht geben....Aber kein Vergleich zu Ben. Doch irgendwie erinnerten mich die Augen dieses Menschen doch sehr an meinen Schwarm...
 

Ein paar Dienerinnen brachten etwas Lembas und Karaffen gefüllt mit Wein und Wasser.

Gimli war in der Zwischenzeit wieder aufgetaucht und saß zu Legolas Rechten, während zu seiner Linken sein Vater saß. Ich fand mich eingekeilt von Elladan und Glowy wieder, mir direkt gegenüber hatte sich Arwen niedergelassen.

Am Kopfende saßen meine Großeltern.
 

Jedoch konnte ich weder Arwen, noch Tulu unter den Anwesenden ausmachen.
 

"Wie ihr alle wisst, hat es einen besonderen Grund, warum wir nun hier sind.", fing Omi an zu sprechen. Sie warf einen Blick in die Runde und erntete zumeist zustimmendes Nicken.
 

Ich warf einen vorsichtigen Blick zu Glowy und war erleichtert, dass sie ebenfalls nicht verstand, was gemeint war.

'Aber nun gut', dachte ich mir 'es geht ja noch weiter'.
 

"Auch wenn der Istari noch nicht eingetroffen ist, möchte ich diesen Rat eröffnen, der nicht nur über das Schicksal zweier Elbinnen entscheidet - zu welchen ich später noch kommen werde - sondern auch über Mittelerde."
 

Die ernste Anspannung, die sich über den Raum gelegt hatte, war schon fast greifbar.
 

Ich konnte mir nicht helfen, aber unaufhaltsam stieg ein Gefühl in mir auf, ein sehr drängendes. Ich konnte nichts tun, es ließ sich einfach nicht abschütteln. Schließlich rutschte es mir einfach heraus und ich gluckste in das ernste Schweigen hinein.
 

Ein tadelnder Blick meines Opis traf mich, sodass ich schnell hinter vorgehaltener Hand einen Hustenanfall vortäuschte.
 

Ich schielte zu Glowy, welche mir verschwörerisch zuzwinkerte. Na also, ich war also nicht die einzige, die diese überaus ernste Stimmung in diesem Moment etwas lächerlich fand.
 

Doch meine Omi ließ sich nicht beirren.

"Vor fast tausend Jahren überzog Lephisto das Land mit Krieg."
 

Lephisto......Lephisto......irgendetwas war doch da.........L...........S..........Lephisto..........Sauron....

BLINK!

Lephisto war Saurons Sohn!
 

In Gedanken klopfte ich mir auf die Schulter.
 

"Sein einziges Ziel war es damals gewesen, hohe Adelskinder der freien Völker zu rauben, um die Länder damit erpressen zu können."
 

Elladan neben mir schnaubte zustimmend. "So ein feiger Hund..."

Er begegnete meinem Blick und beugte sich zu mir rüber.

"Es war in der Zeit nach dem Ringkrieg. Eine kleine Bande zog von Land zu Land und immer öfter beklagten sich die Reichen über den Verlust ihrer Kindern. Lephisto hatte sich zuerst nicht getraut, einen offenen Krieg gegen uns zu führen, da er zu feige war und sich vor den Armeen der freien Völker fürchtete, die selbst seinen Vater hatten bezwingen können. Doch davon ahnten wir ja damals noch nichts. Schließlich jedoch griff Lephisto Lothlorien an, weil er Lady Galadriel und Lord Celeborn dafür verantwortlich machte, dass einige Adelskinder heimlich an gut geschützte Orte gebracht wurden und so seinen Fängen entkommen konnten. Erst viel später, nach dem Krieg, erhielten wir Auskunft von unseren Spionen, dass es sich bei dem feindlichen Feldherrn um Saurons Sohn handelte. Niemand hatte überhaupt gewusst, dass er einen Sohn gehabt hatte und wir waren dementsprechend erleichtert, ihn vernichtet zu haben."
 

Aha...jetzt wusste ich wenigstens, wie es dazu kam, dass Glowy, meine Großeltern, Eltern und ich zur Erde hatten fliehen müssen. Langsam ergab alles einen Sinn.
 

"Es sieht mir aber nicht danach aus, dass er tatsächlich vernichtet wurde.", mischte sich plötzlich Legolas mit klarer Stimme in unser leise geflüstertes Gespräch ein - na ja, offenbar doch nicht leise genug.....
 

Fest taxierte er Elladan mit seinen blauen Augen, welche sich seltsam verdunkelten. Eine unangenehme Stille breitete sich in dem Raum aus, als sich die beiden ein stilles Augenduell lieferten.
 

Hossa! Hatte ich irgendetwas nicht mitbekommen?! Das war ja wirklich äußerst interessant....
 

"Legolas, beruhige dich. Diese Ratssitzung ist sehr wichtig.", ermahnte Thranduil seinen Sohn mit scharfer Stimme.
 

Ich sah, wie Elrond seinem Sohn einen eher verzweifelten Blick zuwarf und hilflos den Kopf schüttelte.
 

Wie auf Kommando sahen beide, Legolas und Elladan, in verschiedene Richtungen.
 

"Das ist leider wahr", griff Omi Legolas Worte auf. "Lephisto wurde keineswegs vernichtet. Er muss einen Weg gefunden haben, uns zu täuschen und gleichzeitig unterzutauchen, sodass nicht einmal Gerüchte über sein Überleben auftauchten."
 

Der Mensch mit den schönen Augen, welcher Glowy und mir aufgefallen war, sprang entsetzt von seinem Stuhl auf. Huii, immer ruhig mit den jungen Pferden...
 

"Aber wie kann das sein? Ich verstehe nicht....."
 

Willkommen im Club.
 

"Nun, Gerüchten zufolge hat er einen...etwas ungewöhnlichen Weg gefunden.", begann Omi zögerlich und nickte Gimli auffordernd zu. Auf dessen Gesicht erschien kurzzeitig eine sanfte Röte, bevor er sich jedoch räuspernd auf seinen Stuhl stellte und in die Runde seiner Zuhörer blickte. Zwerge sind ja sooo niedlich!
 

"Wie ihr selbst schon miterlebt habt, streifen Orks immer häufiger in großer Zahl durch das Land, sodass es zu Kämpfen kommt." Er sah jetzt besonders zu Elrond.
 

"Zuerst glaubten wir, dies hätte keinen bestimmten Grund. Sauron und Lephisto sind besiegt, sie üben keinen Druck mehr auf die Orks und deren Handeln aus, doch erst kürzlich überfielen Orks in der Nacht heimtückisch eine kleine, etwas abgeschiedene Siedlung, meines Volkes nahe Moria. Einer der Orks konnte gefasst werden. Zu Anfang war er noch sehr störrisch und aufmüpfig, sah uns nur kalt und herablassend an, doch unterzogen wir ihn einer Spezialbehandlung." Mit glänzenden Augen strich er federleicht über die scharfe Kante seiner Axt.
 

Angewidert sah ich weg. Vielleicht waren sie doch nicht ganz so niedlich...
 

"Mein Volk und ich sind davon überzeugt, dass dieser Überfall keine willkürliche Tat war, sondern ein geplantes Unternehmen - von Lephisto befohlen."
 

Einige der Anwesenden sogen scharf die Luft ein. Nachdenklich beugte sich ein Mann mit leicht fettigen dunklen Haaren vor. "Wie kommst du darauf, dass dieser Angriff auf Befehl von Lephisto stattgefunden hat?! Versteh mich nicht falsch, Gimli, doch denke ich nicht, dass ihr genug Beweise für diese Vermutung habt..."
 

"Doch, das haben wir, Aragorn, Arathorns Sohn!" Oha. Das war also der König von Gondor. Na ja, wenn er seine Haare a bisle besser pflegen würde, sähe er gar nicht mal so schlecht aus.....vielleicht sollte er sich mal Beautytipps von Legolas holen, der schien sich ja sehr gut mit so etwas auszukennen, so gestriegelt und geschniegelt wie er aussah.
 

"Und welche wären das?", fragte unser Beau, dessen Namen wir leider immer noch nicht wussten.
 

Gimlis Augen versprühten förmlich Funken. Meine Güte, der war ja schon kurz vorm Herzkollaps!

"Der Ork sprach von ihm. Er erzählte, dass Lephisto keineswegs tot ist, sondern vielmehr lebt und die begonnene Sache seines Vaters endlich zuende bringen will. Allerdings diesmal auf einem anderen Wege.."
 

Die Stimme des Zwerges wurde immer leiser, während ich mich entspannt zurücklehnte. Keine Sekunde später ging eine hitzige Diskussion los über den Glaubwürdigkeitsgrad eines gefangenen Orks.
 

Bevor es jedoch zu ernsthaften Handgreiflichkeiten seitens Gimlis kommen konnte, schritten meine Großeltern ein. Mannomann, Zwerge waren ja wahnsinnig empfindlich und verdammt mordlustig....aber knuffig waren sie irgendwie trotzdem!
 

Elladan setzte sich zornesfunkelnd wieder hin, starrte Legolas aber ohne Unterlass an. Mist, das hatte ich verpasst......Glowy dagegen offenbar nicht, denn sie stieß mir so heftig in die Seite, dass ich fast vom Stuhl kippte und zischte in mein Ohr: "Halt gefälligst deinen Lover zurück! Wenn er Legolas auch nur ein Haar krümmt, verarbeite ich ihn höchstpersönlich zu Hackfleisch, kapiert?"
 

Irritiert sah ich sie an. "Hey....was kann ich denn dafür, wenn die sich dauernd in die Wolle kriegen?! Ich weiß ja nicht einmal, warum sie sich - MOMENT MAL! Sag mal, tickst du noch ganz sauber?!" Wutentbrannt sprang ich von meinem Sitz auf, als mir die ganze Bedeutung ihrer Worte klar wurde und sah auf sie hinab. Das allgemeine Geflüster erstarb.
 

"Nur weil du zuerst auf deinen ach-so-tollen-Vorzeige-Haartollen-Prinzen-und-seiner-noch-viel-besseren-Sippe getroffen bist und ich auf die bruchtälischen Elben gestoßen bin, und dein Denkvermögen sich leicht verabschiedet hat, um Platz für eine gratis rosa Herzchenbrille in deinem Gehirn zu machen, HEIßT DAS NOCH LANGE NICHT, DAS ICH ELLADANS BABYSITTER BIN ODER GAR IN IHN VERLIEBT! Trotzdem ziehe ich ihn tausend mal lieber vor, als dich und deinen Möchtegern-Macho! KLAR SOWEIT?!"
 

Ich musste einmal tief Luft holen, da durch das Rumschreien, doch arg meine Luftzufuhr zu leiden hatte. "Und außerdem: wie wäre es eigentlich, wenn du dich mal wieder daran erinnern würdest, wer ich bin?! ICH DACHTE, WIR SIND FREUNDE?! Aber seit du diesen eingebildeten Macho getroffen hast, hast du nur noch Augen für ihn und bist zu seinem persönlichen Schoßhund mutiert! MERKST DU EIGENTLICH NICHT, WIE LÄCHERLICH DU DICH MACHST?!"
 

Glowy klappte der Mund auf, dennoch kam ihr kein einziges Wort über die Lippen. Die anderen Anwesenden hatte ich längst vergessen. Diese Wut hatte sich schon die ganze Zeit irgendwo in mir drinnen aufgestaut und nun war es einfach zuviel gewesen. Genug war genug. Jetzt musste ich einfach mal sagen, was ich empfand. Ja ja, bin eben ein sehr mitteilungsbedürftiger Mensch.....
 

"Wenn du so weitermachst, sind wir die längste Zeit Freunde gewesen! Ich lass mich von dir doch nicht zur Schnecke machen, nur weil dein hochwohlgeborenes Schnuckiputzi nicht von allen so heiß und innig geliebt wird wie von dir!"
 

Glowy klappte ihren Mund erschrocken wieder zu.
 

"Ich habe es echt satt! Langsam komme ich mir wirklich wie dein Fußabtreter vor! Dauernd siehst du irgendwelche Gespenster! Erst soll ich in Legolas verliebt sein, jetzt auf einmal in Elladan...wer kommt denn als nächstes?! Und dauernd nimmst du Legolas in Schutz! Er ist doch kein kleines Kind mehr, über das du deine schützende Hand halten musst, Herr Gott noch mal! ER IST ÜBER TAUSEND JAHRE ALT! Ach verdammt...."
 

Ich seufzte tief. Plötzlich kam mir ein erschreckender Gedanke. Innerlich fluchend hielt ich inne und schielte vorsichtig zu den anderen Anwesenden im Raum. Ausnahmslos alle Augen waren auf mich gerichtet!
 

Öh, joah.....hast du mal wieder toll hingekriegt, Cala....
 

"Hehe......" Ich räusperte mich verlegen. Langsam setzte ich einen Fuß nach hinten. "Wisst ihr, ich....ähm.....ich glaube, ich hab da....." Ich fuchtelte wild mit den Händen rum, murmelte irgendetwas von wegen "vergessen" und "muss ganz schnell weg" und schon nahm ich die Beine in die Hand und rannte mit wehendem Haar aus dem Saal.
 

Ich rannte und rannte und rannte, ohne genau zu wissen, wohin eigentlich. Aber alles war besser als jetzt in dem Raum bei den anderen zu sein. Ärgerlich biss ich mir auf die Unterlippe. Vor den Vertretern der verschiedenen Völker hatte ich meiner besten Freundin eine Szene gemacht und dabei auch noch den Prinzen des Düsterwaldes beleidigt...und letzteres nicht zum ersten Mal. Das würde Ärger geben...
 

Eine einzelne Träne bahnte sich aus meinem Augenwinkel und verlor sich im Fahrtwind. Viele weitere folgten kurz daraus, bis ich kläglich zu schluchzen anfing. Meine ganze Enttäuschung über Glowys Verhalten machte sich nun ihren Weg frei nach draußen.
 

Trotzdem lief ich immer weiter. Schließlich wagte ich es, mich umzudrehen - zu meiner unendlichen Erleichterung folgte mir niemand - als ich ganz plötzlich den Boden unter den Füßen verlor.
 

Mit schreckengeweiteten Augen spürte ich, wie ich immer tiefer und tiefer fiel. Das konnte doch alles nicht wahr sein!

'Scheiße.'

Ich hatte es in meiner Unachtsamkeit doch tatsächlich geschafft, in eins der Löcher zwischen den Fletts zu fallen, durch die ein Seil nach unten auf den Erdboden führte!
 

In Gedanken machte ich schon einmal mein Testament, auch wenn es jetzt nicht mehr viel brachte, und kniff die Augen fest zusammen. Ich fürchtete mich vor dem unweigerlich harten Aufprall auf dem Boden....
 

Immer näher kam ich dem Erdboden und ich stellte mich schon einmal darauf ein, dass in wenigen Sekunden der berühmt berüchtigte Film des eigenen Lebens kurz vor seinem Tod vor meinem inneren Auge ablaufen würde.
 

Na ja, aber bekanntlich kommt es oft anders als man denkt...
 

...denn auf einmal wurde ich gepackt und mitten im Fall aufgehalten. Zwei Händen schlangen sich von hinten um meine Taille, während ich vornüber in die schier endlose Tiefe blickte.

Mir drehte sich der Magen um.
 

"Was macht Ihr denn hier?!", fragte mich eine ungläubige, männliche Stimme. Ich vermeinte vage, sie zu kennen, doch mein Verstand war immer noch zu sehr von den fünfzig Metern unter mir gefesselt.

Puh, das war echt knapp gewesen.
 

Erschöpft entspannte ich meine Glieder und ließ mich bereitwillig nach unten ziehen. Erstaunlicherweise schien ich meinem Retter nicht einmal sonderlich viel Mühe zu machen....
 

Als wir endlich unten auf dem Boden angekommen waren, ließ ich mich zitternd ins Gras fallen. Leicht apathisch stierte ich vor mich hin.
 

Mein Retter dagegen schien etwas dagegen zu haben, mich in diesem Zustand mich selbst zu überlassen, sodass er mich kurzerhand auf seine Arme nahm und davontrug.

Mir war es gleich. Erst nach und nach sickerte die Information wirklich in mein Bewusstsein durch, dass ich soeben beinahe mein Leben ausgehaucht hatte. Der Schock fuhr mir durch alle Glieder bis hinauf in die Haarspitzen.
 

Ich wurde fürsorglich an eine breite warme Brust gedrückt. Langgliedrige Finger strichen mir sanft einzelne Strähnen aus dem Gesicht, doch ich bemerkte es nicht. Ich nahm meine Außenwelt kaum wahr. Ich weiß nicht einmal, wie lange er mich so durch die Gegend trug, als ich ganz plötzlich wieder in der Luft schwebte. Erschrocken keuchte ich, erwachte aus meiner Starre und glaubte mich schon wieder in einem freien Fall hundert Meter in die Tiefe wiederzufinden

- als ich klatschend in kaltes Wasser fiel.
 

Japsend tauchte ich wieder auf und erkannte, dass mich mein Retter wie einen Sack Mehl in einen kleinen See geworfen hatte. Wütend blickte ich zum Ufer und erstarrte augenblicklich, als ich erkannte, wer mich da überhaupt gerettet hatte.
 

"DU?!?!"
 

Er schmunzelte leicht. "Wusste gar nicht, dass wir schon zum Du übergegangen sind, aber habe nichts dagegen....."
 

"Was sollte das?!", unterbrach ich ihn unwirsch. "Warum hast du mich ins Wasser geworfen?" Klitschnass watete ich zurück ans Ufer und baute mich vor ihm auf. Doch er grinste lediglich.
 

"Es ging nicht anders. Ich habe keine andere Möglichkeit gesehen, dich aus deinem Schockzustand zu befreien."
 

"Ach ja?! Und da musstest du dann natürlich gleich zu solch drastischen Maßnahmen greifen, alles klar...." Ich schnaubte verächtlich, aber er zuckte nur die Schultern.
 

"So ist es."
 

Ich warf ihm einen letzten, feurigen Todesblick zu, bevor ich mich auf das weiche Gras plumpsen ließ und meine nassen Schuhe auszog. Unaufgeforderte Weise setzte er sich neben mich.
 

Wir schwiegen eine Weile, in welcher der blonde Elb neben mir gedankenverloren auf das Wasser hinausschaute. Wenn er nicht gerade Rufmord beging, sah er eigentlich recht friedlich aus...
 

"Was machst du eigentlich hier? Solltest du nicht oben im Palast der Ratssitzung beiwohnen?", wandte er sich schließlich fragend an mich und sah mich an.
 

"Na ja, da war ich ja auch...." Verlegen schüttete ich das Wasser aus meinen Schuhen aus.
 

"...aber?" Jetzt grinste der schon wieder so unverschämt! So ein Idiot!
 

"...aber es gab einen kleinen Zwischenfall, weswegen ich dann schon früher gegangen bin." Eindringlich durchleuchteten mich seine blauen Augen, doch er fragte nicht weiter. Zumindest nicht in diesem Punkt. Ganz schön neugierig der Herr....

"Und wie kommt es dann, dass du durch die Öffnung gefallen bist?"
 

Seltsamerweise hatte sein Gesicht jetzt wirklich ernstlich besorgte Züge angenommen, was mich bei ihm doch etwas verwunderte.
 

"Das war - kaum zu glauben - keine Absicht gewesen.....", begann ich sarkastisch. "Ich bin aus dem Palast gestürmt und immer weiter über die Fletts hinweg, bis ich einmal nicht gut genug aufgepasst habe und in dieses Loch gestürzt bin..."
 

Ich zitterte erneut bei der Erinnerung daran und schlang meine Arme um die Knie.
 

"Mmh.", war sein einziger Kommentar dazu.
 

Ich wiegte mich leicht vor und zurück, wie ein kleines Kind, und flüsterte schließlich leise: "Danke."
 

Doch er musste es trotzdem gehört haben, denn seine Mundwinkel verzogen sich nach oben und ein breites Lächeln erschien.
 

Dann war wieder Stille.

Irgendwann hielt ich das jedoch nicht mehr aus. Meine Gedanken kreisten immer noch um meinen Beinahe-Tod, von welchem ich mich lieber ganz schnell ablenken wollte. Deshalb fragte ich ihn geradeheraus: "Was ist eigentlich mit Elladan und Legolas?! Können die beiden sich nicht leiden?!"
 

Sein Blick verfinsterte sich. "Sich nicht leiden können ist eine nette Formulierung für das, was sich die beiden Prinzen Bruchtals und der Prinz des Düsterwaldes einander entgegenbringen."
 

Er warf einen kleinen Stein ins Wasser. Oha, wie ich es mir gedacht hatte, diese Sache war äußerst interessant. Und offensichtlich mochte auch Elrohir Legolas nicht sonderlich...
 

"Die Prinzen hegen seit jeher eine große Abneigung gegeneinander, ich glaube, es war nie anders. Warum, kann ich dir leider nicht beantworten, aber dass es so ist hast du ja schon mitbekommen...."
 

Er grinste schief und seufzte leicht. "Meister Elrond hält nicht viel von diesen Streitereien, doch im Gegensatz zu König Thranduil hat er es längst aufgegeben, seine beiden Söhne in diesem Punkt noch erziehen zu wollen....Na gut, sie zu erziehen ist wohl in jeglicher Hinsicht aussichtslos...."
 

Ich musste lächeln, was er erwiderte.
 

"Aber ich verstehe das nicht....Gilt diese Antipathie also nur für die drei Prinzen, ja?"
 

Er nickte.
 

Kopfschüttelnd begann ich zu lachen. Neugierig sah er mich an. "Weißt du, Glowy, meine Freundin, hat sich nun auf Legolas Seite gestellt, während ich mich vorhin wohl ganz offensichtlich auf Elladans Seite gekämpft habe...."
 

Er legte den Kopf schief. "Also deswegen hast du die Sitzung frühzeitig verlassen, wenn ich das richtig verstehe?"
 

Ich nickte.

"Tja, Tulu, scheint so als müssten wir wohl oder übel auf derselben Seite kämpfen..."
 

Er schmunzelte leicht. "Sieht ganz danach aus..." Er grinste mich fesch von der Seite her an, erhob sich geschmeidig und verbeugte sich leicht spöttisch vor mir. "Darf ich mich vorstellen, Mylady? Mein Name ist Tulu. Ich komme aus Bruchtal und diene Meister Elrond. Und welch bezaubernde Seiten habt Ihr vorzuweisen, schöne Lady?"
 

Noch ein Elb mit Humor, zwar konnte er nicht wirklich mit Púren, Arwen oder gar Elrond mithalten, allerdings war es ein netter Anfang - für eine Aussöhnung.
 

Ich stand ebenfalls auf, allerdings nicht ohne seine dargebotene Hand gespielt arrogant zu ergreifen, und sah ihn abschätzend an. "Mein Name ist Caladeth. Ich stamme aus Lothlorien und ich unterstehe niemandes Diensten." Ich machte einen kurzen Knicks und er nickte anerkennend.
 

Wie auf Kommando begannen wir beide zu lachen.
 

Wer hätte das gedacht? Tulu und ich versöhnen uns....na, wenn das nicht ein Wunder war!
 

So setzten wir uns beide wieder ans Ufer und redeten oder schwiegen einvernehmlich. Ein plötzliches Knacken von Holz hinter uns, schrak uns auf.

Meine Omi.
 

Tulu verbeugte sich rasch, ehe er sich hastig aus dem Staub machte. Er musste wohl gespürt haben, dass er nun unerwünscht war. Kurz bevor er uns verließ, zwinkerte er mir noch einmal kurz zu. Irgendwie war es seltsam, plötzlich mit Tulu so gut auszukommen, andererseits war es auch wieder schön, da er - wie ich recht schnell hatte feststellen müssen - ein wirklich netter Kerl war. Nun konnte ich verstehen, warum er so beliebt war. Und was seine Paranoia gegenüber neuen Dingen betraf - die würde ich ihm schon irgendwie austreiben...vielleicht würden mir ja auch Elladan und Elrohir dabei helfen?!
 

Erst nach einer Weile rief ich mir wieder ins Gedächtnis, dass meine Oma gerade neben mir stand und auf meine Aufmerksamkeit wartete. Verstohlen senkte ich meinen Blick und spielte mit ein paar Grashalmen. Jetzt würde also meine Moralpredigt folgen.
 

"Cala...ich weiß, dass das alles nicht so leicht für dich ist....", begann sie, nach Worten ringend, und ließ sich neben mir nieder. Ebenso wie Tulu zuvor blickte sie auf die ruhige Oberfläche des Wassers hinaus.
 

Ich ließ ihr Zeit, sich die richtigen Worte zu überlegen.
 

"Du hast in den letzten Tagen sehr viel durchmachen müssen und dich dabei hervorragend geschlagen. Es ist nur natürlich, dass die Ereignisse dabei nicht spurlos an dir vorübergezogen sind."
 

Ich spürte, wie ihr Blick nun auf mir ruhte, doch wagte ich es immer noch nicht, sie anzusehen.
 

"Glowy tut es leid, wie sie sich dir gegenüber verhalten hat. Sie fürchtet, dass du ihr nun nicht mehr verzeihen wirst." Auf einmal kicherte sie leise, als sie fortfuhr: "Du hast einen riesigen Tumult ausgelöst, weißt du das? Kurz nach deinem Verschwinden hat Púren Glowy Vorhaltungen gemacht, als Legolas sie in Schutz nahm, dann aber sofort von Elladan und Elrohir verbal attackiert wurde. Elrond hat sich daraufhin den stärksten lorischen Schnaps bestellt und mit Thranduil auf Bruderschaft getrunken, während Arwen fröhlich den Saal betrat und hastig versuchte, ihren Vater vom Trinken abzuhalten.

Die einzigen, die sich tatsächlich absolut ruhig verhielten, waren König Aragorn, König Eomer und die Hobbits."
 

Leicht irritiert starrte ich sie an.

Púren stritt sich mit meiner Freundin?

Elrond trank Schnaps?! Und mit Thranduil Bruderschaft?!

König Eomer?! Und welche Hobbits überhaupt?!
 

"Es freut mich übrigens, dass du deinen Zwist mit Tulu beigelegt hast."
 

"Woher weißt du, dass er und ich uns gestr-" Die Erkenntnis sickerte durch. Ich grunzte verärgert. "Ich nehme an, du wusstest die ganze Zeit, dass es uns gut ging und dass wir auf dem Weg hierher waren?"
 

Sie begann zu strahlen. "Ja, allerdings! Zudem habe ich von deiner ersten Vision gehört! Ich bin sehr stolz auf dich! Langsam aber sicher entwickelst du Fähigkeiten, die nicht einmal ich besitze!" Stolz blitzte in ihren Augen auf, als sie mich liebevoll betrachtete.
 

Oha. Was denn für Fähigkeiten bitte?!
 

Gut, dass wir schon einmal beim Thema waren: "Warum besitzen Glowy und ich eigentlich nicht die typischen Merkmale der Elben?!"
 

"Du meinst, spitze Ohren?"
 

Ich nickte.
 

"Das liegt daran, dass ihr zu lange in der Welt der Menschen gelebt habt. Bereits im Säuglingsalter wurdet ihr beiden zur Erde gebracht. Deine Eltern, dein Großvater und ich dagegen besuchten immer wieder Mittelerde, um zu sehen, wie die Lage hier aussieht. Erinnerst du dich noch daran, als dein Vater mehrere Monate lang auf Geschäftsreise in Israel war?"
 

Erneut nickte ich.
 

"Nun, er war nicht wirklich in Israel, vielmehr befand er sich damals im Krieg gegen Lephistos Armee. Dieser griff damals Lorien an, aus Wut, da er es nicht geschafft hatte, aus Lorien auch nur ein Kind rauben zu können und somit das Land unter Druck setzen zu können. Danach überzog er große Teile Mittelerdes mit Krieg, er muss wohl größenwahnsinnig geworden sein, genau, weiß das niemand. Jedenfalls war dein Vater für die Verteidigung des Reiches zuständig an der Seite deines Großvaters."
 

Ich schwieg nachdenklich. Plötzlich ergab vieles einen Sinn. Wie ein Puzzle setzten sich die verschiedenen Teile zu einem klaren Bild zusammen. "Kein Wunder, waren Mamas Nerven damals zum Zerreißen gespannt..", murmelte ich schließlich.
 

Wow...Das waren ja echt merkwürdige Neuigkeiten...Aber das war die Vergangenheit, was war mit der Gegenwart?
 

"Und warum sind eigentlich so viele verschiedene Völker in Lorien?! Warum strömen die alle gerade jetzt hierher?!"
 

"Nun ja, zum einen, weil dein Opa und ich eine wichtige Ratssitzung einberufen haben, um über Lephisto zu reden und zum anderen, um dich und Glowy zu präsentieren."
 

Nachdenklich runzelte ich die Stirn. "Warum denn das?"
 

"Na ja, immerhin bist du die Enkelin der Herrscher von Lorien und Glowy die Tochter vom ehemaligen Berater des Königspaares. Ich denke schon, dass es wert ist euch ihnen vorzu-"
 

"ICH BIN WAS?!"
 

Sie begann fröhlich zu grinsen. "Die Prinzessin von Lorien."
 

Ich überlegte gerade, ob ich mich ganz Prinzessinnen-like in Ohnmacht fallen lassen sollte nach dieser Glücksnachricht, als ich ihr warmes Lächeln sah. Seufzend gab ich mich geschlagen.

"Die Prinzessin von Lorien also...."
 

Na ja, wenn ich ehrlich war, hatte ich ja eigentlich schon so etwas in der Richtung vermutet, bedenke man Haldirs Verhalten mir gegenüber und dass Glowy die Tochter des königlichen Beraters war.....wenn ich es mir recht überlegte, konnte das Prinzessinnendasein ja auch so seine Vorteile haben.....hehe...
 

"Cala, du solltest die Lage hier nicht unterschätzen! Lephisto ist noch am Leben und wer weiß, was er nicht noch alles vorhat!"
 

Ich begann halbherzig zu schmollen. So eine Spielverderberin...
 

Dann fielen mir ihre Worte aus dem Saal wieder ein. "Welchen Weg hat er eigentlich gefunden, um zu überleben und all die Jahre unbemerkt zu bleiben?"
 

Meine Großmutter holte tief Luft, bevor sie antwortete: "Er hat auf der Erde gelebt, so wie wir."
 

BOING!
 

Das hatte gesessen. Ein eisiger Schauer lief meinen Rücken hinab. Jetzt fehlte nur noch, dass ich ihn kannte und schon konnte ich mit Recht den begehrten Preis für die Fettnäpfchen-Treterin-und-den-Pechvogel des Jahres bekommen...
 

"Ufff", stöhnte ich entsetzt auf. "das klingt nicht gerade positiv."
 

"Nein, da hast du Recht.", pflichtete sie mir bei.
 

"Was denkst du, wie hoch die Chancen stehen, dass Lephisto die ganze Zeit in unserer Nähe war?"
 

Sie wog den Kopf hin und her. "Ich weiß es nicht. Ich wünschte, ich könnte es dir sagen, doch ich weiß es wirklich nicht..."
 

Dann schwiegen wir wieder.

Schließlich sah ich sie spitzbübisch von der Seite her an. "Duhuuuuuu, liebste Oma Galadriel? Du weißt doch, dass mein Klassenkamerad Jonas eine Party macht......."
 

~~~~

Cala goes Princess

Anmerkungen: Sodele, hier kommt direkt das zweite Kap (ich hoffe doch, dass Mexx es auch gleich hochläd..*drop*).

An dieser Stelle ganz liebe Grüße an Little_Darness! Nach meiner Rechnung müssten die Kaps am 10. 5. online gehen, also deinem Burzeltag! Deshalb wünsch ich dir schon mal über diesem Weg hier alles Gute!!

Da dieses Kap hier auch eher lahm ist *sich selbst dafür haut*, dachte ich mir, ist es nur recht und billig, es gemeinsam mit dem vorigen miesen Kap onzustellen...das nächste wird aber garantiert besser! *nickt*

Ach ja: ganz herzlichen Dank für eure vielen, lieben Kommis! *euch alle mal durchflausch* Freu mich immer über jeden einzelnen!! Öhm, wie ihr sicher schon bemerkt habt, habe ich das danken unter dem Kap aufgegeben, da ich eh zudem noch direkt per ENS mich bedanke und doppelt gemoppelt ist doch blöd...*lach* *bloß zu faul ist* *drop* *verlegen grinst* Hehe..^^
 


 

Sanft rauschten die Blätter im Wind. Nachdem Omi gegangen war, hatte ich noch lange über ihre Worte nachgedacht. Jetzt war es also raus: Caladeth war die Prinzessin von Lorien.
 

Yeah......
 

Ich war mir immer noch nicht so ganz sicher, ob das nun positiv oder negativ war.....

Nahmen wir zum Beispiel den Punkt Heirat auf. Ich konnte mir gut vorstellen, dass meine Eltern und Großeltern es gerne sehen würden, wenn ich irgendso einen komischen Prinzen aus Mittelerde, wahrscheinlich am besten noch einen Elben, heiraten sollte.

Pfui, vielleicht hatten sie ja schon einen in Aussicht?!
 

Doppelpfui. Ich hasste Kupplereien und wenn es dabei auch noch um meine eigene Hochzeit ging, war das ganz besonders schlimm. Zumal es da ein klitzekleines Problem gab - ich wollte gar nicht heiraten. Heiraten brachte bloß eine Scheidung mit sich, und ich war mir nicht sicher, ob man hier in Mittelerde so etwas wie Scheidung kannte...
 

Hmpf. Und dann kamen da noch die ganzen Angelegenheiten, die man so als Herrscherin erfüllen musste. Partys feiern gehörte wohl mit Sicherheit nicht dazu....
 

Und ich musste mich benehmen und immer nett und freundlich sein...urcks. Das war wohl das Schlimmste an der ganzen Sache.
 

Tja, und nun zu den positiven Seiten: Ich war Prinzessin, das hieß, ich besaß ein eigenes Volk!! ( *größenwahnsinnig werd* *g*) Wer konnte das schon von sich behaupten? Da fühlte man sich doch glatt wie Cinderella....vom Aschenputtel zur Königin. Hach, jetzt fehlte nur noch der Prinz - oder auch nicht.
 

Ich konnte alles tun, was ich wolllte...?! Na ja, nicht wirklich.
 

Was gab es denn sonst noch positives....
 

Angestrengt dachte ich nach, doch mir fiel einfach nichts ein. Offenbar war ich gerade in einer sehr negativen Stimmung ...Na ja, kein Wunder, oder?! Denn durch diese Nachricht konnte ich mir Ben wohl auch endgültig aus dem Kopf schlagen, nicht, dass das nicht schon vorher aussichtslos gewesen wäre....
 

Na ja, Ernst beiseite. Wo waren eigentlich Elladan, Elrohir und Arwen?
 

Jetzt, da ich mir sicher sein konnte, keine Schelte von meiner Familie wegen meines Benehmens zu bekommen, fühlte ich mich doch gleich viel tatenfreudiger. Außerdem hatte ich da noch etwas mit den Zwillingen zu klären.
 

Also stakste ich den Weg wieder zurück, den ich herbeigeeilt war. Erst jetzt, wo ich so gemütlich daherschlenderte, bemerkte ich, wie schön es hier auf den Fletts war. Fast hatte man das Gefühl, der Natur hier oben viel näher zu sein. Irgendwie seltsam.
 

Einige Zeit später fand ich mich schließlich vor dem Palast wieder. Ein bisschen nervös wurde ich jetzt schon, denn nur ungern wollte ich Legolas oder einem der anderen Düsterwaldelben begegnen...
 

Der Wind rauschte leicht, die Blätter an den Bäumen raschelten leise und ein paar Vöglein zwitscherten fröhlich. Leise, wie von weiter Ferne, hörte ich wunderschöne Stimmen, die ein mir nur zu bekanntes Heimatlied über Lorien sangen....
 

Plötzlich fiel mir wieder ein, was Omi auf meine Frage nach meinen Fähigkeiten gesagt hatte:

"Nun ja, ich schätze, dass es nicht mehr lange dauern wird, bis sie sich vollständig entfalten werden. Immerhin bist du 17, fast 18, also beinahe erwachsen."
 

Das hatte mir zwar immer noch nicht viel über meine angeblichen Fähigkeiten gesagt, aber sie wusste wohl auch nicht mehr, außer, dass ich große Macht erlangen sollte. Na ja, eine meiner ach so tollen Fähigkeiten war ja schon einmal, dass ich Visionen erhalten konnte, wenn ich ganz fest an etwas dachte. Ich hatte mich danach ganz stark auf Ben konzentriert, doch hatte ich absolut nix visionsartiges gesehen.

Hmpf, Omi meinte, ich müsste meine Fähigkeiten trainieren...
 

...trainieren....das war so ein schlimmes Wort.....es klang so verdammt nach Arbeit...
 

Zudem war sie der festen Überzeugung, dass ich auch Gedanken lesen konnte. Zwar hatte ich es mehrere Male probiert, doch leider blieb es jedes Mal erfolglos. Vielleicht besaß ich diese Fähigkeit ja doch nicht?! Ich musste ja nicht unbedingt genau das können, was meine Familie beherrschte, obwohl es eigentlich echt schade wer, denn wer wollte nicht schon mal die Gedanken anderer lesen können?!
 

Ich erklomm die Treppe und fand mich in dem riesigen Torbogen wieder. Die verschiedenen Türen zu beiden Seiten sahen sehr verlockend aus, doch wo steckten die bruchtälischen Elben?!

Auf einmal öffnete sich eine der Türen und ich hörte bekannte Stimmen, die offenbar in ein ernstes Gespräch vertieft waren. Da dies so ungefähr die letzten Personen waren, denen ich jetzt begegnen wollte, sah ich mich rasch nach einer Fluchtmöglichkeit um. Beinahe schon panisch rannte ich auf eine kleine Nische zu und presste mich eng an die Wand.
 

Keine Sekunde später traten Legolas und König Thranduil unter den Torbogen. Ich hielt angestrengt den Atem an, als sie immer näher zu meinem Versteck kamen.
 

"...Und sie ist die Enkelin Lady Galadriels und Lord Celeborns?! Ganz schön ungezogenes Mädchen, aber das dachte ich mir schon bei unserer ersten Begegnung im Wald...", sagte der Herrscher Düsterwalds gerade.
 

PH!
 

"Mmh."
 

"Was für ein Benehmen sie an den Tag gelegt hat! Wirklich unerhört! Wenn sie meine Enkelin wäre, wäre sie damit nicht so leicht davon gekommen!", ereiferte sich der König immer mehr, während auch ich langsam wieder wütend wurde. Was bildete der sich denn eigentlich ein?! Kannte mich gerad mal wenige Tage und schon meinte er, über mich richten zu können!!

Na ja, okay, mein Auftritt im Saal war wohl auch nicht sonderlich...ähm, ziemlich?
 

Trotz schlechten Gewissens hielt ich mir die Hand fest auf den Mund, nicht dass mir mein Mundwerk wieder durchging.
 

"Sag mal, Legolas, hörst du mir überhaupt zu?"
 

"Mmh."
 

Oha. Sehr gesprächig der Herr.
 

Wenige Meter von mir entfernt blieben sie stehen. Nein, nein, nein, nein, nein.....
 

"LEGOLAS!"
 

Vorsichtig spähte ich hervor und sah, wie Legolas erschrocken zusammenzuckte. Irritiert betrachtete er das zornige Gesicht seines Vaters. Irgendwie sah er so verpeilt ganz knuffelig aus...

"Ja, Vater?", fragte er unschuldig.
 

Jener runzelte mißfällig die Stirn. "Mein Sohn, könntest du mir bitte erklären, was mit dir los ist?! Seit meiner Ankunft bist du irgendwie so.....in dich gekehrt?"
 

Legolas blinzelte leicht. "Ist es so offensichtlich?", fragte er dann leise.
 

"Na, für mich schon. Schließlich bin ich dein Vater! Willst du mir nicht sagen, was dich bedrückt? Du läßt dich doch sonst auch nicht so leicht aus der Ruhe bringen."
 

Er seufzte und begann schief zu grinsen, doch seine Augen nahmen einen treuen Hundeblick an. "Hälst du mich für einen Macho?"
 

KLONG!
 

Eine kleine Cala fiel krachend und ganz Cinderella-like zu Boden. Das war einfach zu viel des Guten gewesen...
 

~~~
 

Als ich wieder aufwachte, fühlte ich mich so frisch und frei wie nie zuvor. Gähnend streckte ich meine von der langen Reise stark beanspruchten Glieder, als ich plötzlich einen spitzen Schrei neben mir hörte.
 

"Cala!"
 

Grinsend drehte ich mich zu Elladan und Elrohir, die direkt neben mir auf zwei Stühlen saßen und sich nun darum prügelten, wer mich zuerst umarmen durfte. Man, war das schön, sie wieder um mich herum zu haben!
 

"Cala, es ist schön, dich wiederzusehen! Vorhin hatten wir ja leider keine große Zeit, uns zu begrüßen. Und nun bist du auch noch umgekippt...." Arwen hatte mich sanft in die Arme genommen. Das Getümmel auf der anderen Seite meines Bettes sah inzwischen sehr ungesund aus....
 

"Was ist denn passiert, dass du die Besinnung verloren hast?", fragte sie mich leicht besorgt und ignorierte, so gut es ging, ihre beiden sich kloppenden Brüder.
 

Verlegen spielte ich mit dem Zipfel meiner Bettdecke. "Äh, na ja...."
 

"Legolas und König Thranduil fanden dich bewusstlos in einer Nische. Was hast du da nur gemacht?"
 

Beim Stichwort 'Legolas' hielten die Zwillinge abrupt inne und sahen giftig zu mir herüber. Sich ihre Kleider ordnend, trennten sie sich wieder voneinander und setzten sich auf ihre zwei Stühle.

"Ja, warum hat dich eigentlich Legolas getroffen? Er hat natürlich wieder den tollen Prinzen raushängen lassen und dich hierher getragen...", maulte Elladan.
 

Erst jetzt sah ich mich etwas genauer in meiner Umgebung um. Ich lag auf einem weichen Bett inmitten eines kleinen geräumigen Zimmers, in welchem viele Pflanzen zu finden waren. In einer Ecke stand ein kleiner Tisch, dessen Stühle sich wohl meine drei Besucher geschnappt hatten.
 

"Ich, ähm, habe mich da, ähm, versteckt..?", erwiderte ich zögerlich.

Arwen sah mich verdutzt an, während ihre beiden Brüder zu strahlen begannen.
 

"Versteckt?!", hakte Arwen nach.
 

"Na ja, ich habe euch gesucht, aber dann kamen plötzlich Legolas und sein Vater aus einem der Räume und sie sprachen über mich..." Allerdings war Leggis Frage wohl nicht wirklich allein Ausschlag für meinen Ohnmachtsanfall gewesen, denn mittlerweile hatte ich schon einiges gesehen und erlebt. Wahrscheinlich saß der Schock über meinen beinah-Tod einfach noch zu tief in meinen Knochen.
 

Das herzliche Lachen der beiden Zwillinge schrak mich aus meiner Grübelei. Ich war mir sicher, dass das Atomgrinsen auf ihrer beider Gesichter nicht so schnell wieder verschwinden würde.
 

Nachdenklich legte ich den Kopf schief und beobachtete die Zwillinge eine Weile. Sie schienen es aber nicht wirklich zu bemerken, da sie viel zu beschäftigt damit waren, sich die Situation, wie ich mich vor Legolas und seinem Vater versteckte, vorzustellen.

"Sagt mal, Jungs, warum fetzt ihr euch eigentlich so mit Legolas?! Ich wusste gar nicht, dass ihr euch nicht so ganz mögt..."
 

Auf der Stelle wurden sie still und sahen mich seltsam an.
 

Nachdenklich rieb sich Elrohir das Kinn. "Weißt du, das geht bereits auf viele Jahre zurück..." Ich hatte das seltsame Gefühl, dass er meiner Frage auswich.
 

Arwen schnaubte abwertend. "Stimmt. Allerdings habe selbst ich nie verstanden, was der Grund für ihre ständigen Streitereien ist. Wie wäre es, wenn ihr mich endlich einmal aufklären würdet?!"
 

Die beiden Zwillinge wechselten einen Blick und nickten dann einvernehmlich. Beide sahen nun ihre Schwester an und antworteten synchron: "Nein."
 

"Warum denn nicht?" Verwirrt runzelte ich die Stirn. Ich verstand nicht ganz, wo das Problem lag.
 

"Na ja.." Elladan druckste ein wenig herum, bekam aber von seinem Bruder einen warnenden Rippenstoß und ließ den kläglichen Erklärungsversuch wieder fallen.
 

Hmpf.
 

Er warf mir einen entschuldigenden Blick zu und zuckte die Schultern.
 

Na gut, wenn sie nicht reden wollten, musste ich meine Informationen eben woanders herbekommen...Nur wo? Legolas? Nee..der war bestimmt zurzeit nicht sonderlich gut auf mich zu sprechen...

Tulu? Hm. Ob er mehr wusste? Na ja, fragen kostet ja bekanntlich nichts. Und zur Not konnte ich vielleicht auch einmal Gimli fragen, schließlich war er der beste Freund von Legolas und er hatte die ganze Zeit so seltsam geschmunzelt, als sich die drei Prinzen bei der Ratssitzung gefetzt hatten...
 

"Hey, Cala, es tut mir echt leid, aber Vater würde uns umbringen, wenn wir das weiterzählen....", startete Elladan noch einmal einen nichtssagenden Erklärungsversuch, in den überraschenderweise sein Bruder einfiel.
 

"....ja, er will nicht, dass es womöglich zu ernsteren Konflikten zwischen Bruchtal und Düsterwald kommt wegen dieser Sache." Elrohir verdrehte die Augen. "Dabei ist es eigentlich wirklich nichts weltbewegendes...nur vielleicht, etwas peinlich für den Prinzen.." Plötzlich begann er zu kichern.
 

Ich war, wenn das überhaupt möglich war, noch mehr verwirrt als zuvor und sah hilfesuchend zu Arwen, welche aber stumm ihre Brüder mit einem Mörderblick anstarrte.

Hossa, Arwen hatte es echt drauf.
 

"Warum weiß Vater davon und ICH nicht?!" Ihre Stimme war sehr leise, doch jeder der Anwesenden hörte ganz deutlich den drohenden Unterton heraus.
 

Die Zwillinge wichen von ihren Stühlen. "Ähm...na ja, Vater wollte nicht, dass jemand anderes davon erfährt, damit nicht etwas an die anderen Elben gelangt, um bösen Gerüchten zuvor zu kommen-"
 

"Ach so, ich bin also nicht vertrauenswürdig genug, ja?! Ich erzähle also alles weiter, was mir anvertraut wird, ist es das, was du sagen willst?!" Sie machte einen Schritt auf Elrohir zu, der sich in seiner Haut sichtlich unwohl fühlte.

"Äh, nein.....natürlich nicht!", stotterte er verzweifelt und auch sein Bruder war nun etwas bleich im Gesicht. Wow, hatte ja gar nicht gewusst, dass Arwen auch richtig furchteinflößend sein konnte...obwohl, bei meiner "Gerichtsverhandlung" hatte sie die Elben auch ganz beachtlich aufgemischt.
 

Elladan und Elrohir kannten sich wohl weit besser aus mit den Wutausbrüchen ihrer Schwester und ehe ich mich versah hatte Elladan mir schnell einen kurzen Kuss auf die Stirn gedrückt und war schnell aus meinem Zimmer gehuscht, Elrohir dicht auf seinen Fersen.
 

Seufzend schüttelte die Schwarzhaarige den Kopf und setzte sich auf die Bettkante meines Bettes. "Es tut mir leid", murmelte sie. "Ich habe wohl etwas übertrieben...."
 

Ich lächelte leicht und nahm sie kurz beruhigend in den Arm. "Da haben wir ja eine gemeinsame Eigenschaft."
 

KRASCHT!
 

Mit einem lauten Knall flog die Tür meines Zimmers, die Elrohir kurz zuvor noch in aller Eile hinter sich zugezogen hatte, auf und Glowy stürmte an mein Bett, außer sich vor Sorge.
 

"CALA?!"
 

Mit großen Augen sah ich mich in der nächsten Sekunde schon festgedrückt an ihren Körper, umschlungen von ihren Armen, während Arwen leise das Zimmer verließ.
 

Wenige Augenblicke später bemerkte ich, wie meine Luftzufuhr ein wenig zu leiden hatte, oder eher gesgat ein wenig mehr und begann hilflos mit den Armen zu rudern. Mit einem Mal ließ sie mich los und sah mich entsetzt an: "Oh, Cala, habe ich dir wehgetan? Habe ich dich zu fest umarmt? Oh, das tut mir so leid! ALLES tut mir so leid..."
 

Sie biss sich auf die Unterlippe und sah scheu zu Boden.
 

Ich seufzte. Hier war also das klärende Gespräch mit meiner besten Freundin.
 

"Glowy-"
 

"Nein! Warte...lass mich anfangen, ja? Ich glaube, ich habe mehr zu erklären als du..."
 

Ich nickte stumm, was sie freilich nicht sehen konnte, da sie nun höchst interessiert auf ihre Hände starrte. "Weißt du, nachdem du mich in der Ratssitzung vor versammelter Mannschaft zur Schnecke gemacht hattest, musste ich viel nachdenken und einiges ist mir dabei klar geworden."
 

Sie wog leicht den Kopf hin und her und fügte leicht schmunzelnd hinzu: "Na gut, Legolas hat wohl seinen Teil dazu beigetragen, als er mir gehörig den Kopf gewaschen hatte.."
 

In der Annahme erneut einen Lobgesang über den düsterwälderischen Prinzen zu hören zu bekommen, drehte ich den kopf demonstrativ zur Seite. Hastig versuchte Glowy mich zu beruhigen. "Nein! Hör zu, ich weiß, ich habe einige Fehler gemacht in den letzten Tagen....Ich war zu sehr auf Legolas fixiert und das tut mir wirklich leid! Ich erwarte nicht, dass du mir so schnell verzeihst, aber dennoch möchte ich dir gerne erklären, wie es überhaupt soweit gekommen ist....so gut, ich es kann."
 

Flehend sah sie mich an und ich wandte ihr wieder das Gesicht zu. Langsam nickte ich.
 

Sie holte einmal tief Luft und begann schließlich zu erzählen. Sie berichtete mir in allen Einzelheiten, wie sie auf Legolas Truppe gestoßen war, wie unwohl sie sich dort gefühlt hatte, wie sich der Prinz ihrer angenommen hatte und gegen die restlichen Krieger und sogar gegen seinen Vater in Schutz genommen hatte....
 

"...du musst nämlich wissen, dass König Thranduil ein ziemlich, sagen wir, kritischer Mann ist. Soviel ich mitbekommen habe, geht es ihm ziemlich auf den Keks, dass sein Sohn jedes weibliche Wesen anzieht." Glowy zuckte unberührt mit den Achseln, doch ihre Augen glommen leicht verärgert auf. "Er hat es sich wohl schon seit einigen Jahrzehnten zur Aufgabe gemacht, besonders die in seinen Augen 'ungezogenen' und 'unwürdigen' Mädchen, die nicht von hohem Stand sind, zu vergraulen. Mit jeder Elbe, die Legolas zu nahe kommt, ist er unzufrieden und so sah er es auch nicht gerade gern, als Legolas mich von Anfang an unter seine Fittiche nahm und sogar darauf bestand, dass ich bei ihm auf dem Pferd mitreiten sollte."
 

Aha, deshalb hatte König Thranduil in meiner Vision also so grimmig ausgesehen...
 

"Ich weiß nicht, aber irgendwie hat es mich sehr gefreut, dass ein so schöner Mann für mich eingestanden ist und sich so um mich bemüht hat. Anscheinend habe ich seine Handlungsweise mißverstanden oder gar überbewertet und dabei leicht den Überblick verloren. Ich wollte dir wirklich nicht all diese Dinge vorwerfen, das war nicht fair von mir..."
 

Vorsichtig blickte sie mir in die Augen. "Ich verspreche dir, mich ab sofort zu bessern! Wir unternehmen wieder mehr, ja? Lass uns doch auf den Markt gehen! Oder im Palast rumstöbern! Oder vielleicht Haldir einen Streich spielen?!" Schelmisch grinsend sah sie mich an und wartete angespannt auf meine Reaktion.
 

"Nein, nichts dergleichen...", erwiderte ich bestimmend und sah wie das hoffnungsvolle Glimmen in ihren Augen wieder erlosch.
 

"...aber wie wäre es, wenn wir nach dem Willkommensfest nach Hause reisen und zu Jonas Party gehen?", beendete ich meinen Satz und schon sprang mir Glowy freudestrahlend um den Hals.
 

"Alles, was du willst! Ich mach alles, was du machen möchtest, Hauptsache wir sind wieder Freunde!"
 

Ich lachte, als sie abrupt von mir abließ und wild im Zimmer rumhüpfte.

"Wir waren immer Freunde! Das hat sich auch hier nie geändert.", murmelte ich leise und brachte sie somit zum Stehen. Liebevoll lächelte sie mich an und drückte mir einen festen Schmatzer auf die Wange, bevor sie mich ein weiteres Mal umarmte.
 

Plötzlich runzelte sie die Stirn. "Welches Willkommensfest?"
 

~~~
 

"Muß das wirklich sein?", quengelte ich bestimmt schon zum hundertsten Mal, als meine Mutter geduldig zum hundertsten Mal erwiderte: "Ja, das muss es."
 

Wir standen auf einer Art Terrasse. Es war die Rückseite des Schlosses, welche aus einer riesigen Rasenfläche bestand. Nun waren zehn Zielscheiben aufgebaut worden und schon in kurzer Zeit hatte sich fast ganz Lothlorien vor ihnen versammelt.
 

Glowy und ich dagegen waren von meinen Eltern in seltsame lorische Kleider gesteckt worden, die doch sehr altmodisch, sehr lang, sehr weit und sehr unbequem waren, sodass ich gar nicht glauben mochte, dass eine Prinzessin so etwas wirklich tragen musste...
 

Schon bald darauf waren wohl endlich alle anwesend, denn Omi trat auf der erhöht liegenden Terrasse nach vorne und blickte auf ihre Untertanen herab. Augenblicklich erstarb jegliches Gemurmel.
 

"Liebe Untertanen von Lothlorien! Heute ist ein ganz besonderer Tag, denn heute ist endlich die Thronfolgerin unseres geliebten Landes aus der Ferne heim gekehrt." Stimmen erhoben sich, es wurde gejubelt, manch junger Spunt rief Parolen auf die Prinzessin aus und Klein-Cala wurde immer kleiner.
 

Omi deutete mir mit einem Wink näher zu ihr zu treten und ich folgte zögernd ihrer Aufforderung.
 

"Hier steht sie vor euch, Caladeth ó Lorien!"
 

Nun klatschten alle Versammelten, einige pfiffen und alle bejubelten und begrüßten mich als Prinzessin auf doch sehr einschmeichelnde Art und Weise.
 

"WAS?! SIE IST DIE ENKELIN VON GALADRIEL UND CELEBORN?!" Oha, so schrie nur einer....
 

"Elladan, beruhig dich, ist doch alles in Ordnung."
 

"Nein, Vater.....NICHTS IST IN ORDNUNG!", ereiferte sich auch Elrohir und ich warf meinen Eltern einen etwas ratlosen Blick zu. Was machten die denn für einen Aufstand?
 

Haldir, der direkt neben der Treppe der Terrasse stand, welche zu der Rasenfläche führte, beobachtete die bruchtälischen Elben stirnrunzelnd. Offenbar fehlte nicht mehr viel und er würde eingreifen.
 

Plötzlich lachte Arwen glockenhell auf und klatschte ihren beiden Brüdern in höchstem Maße belustigt auf den Rücken. "Tja, Jungs, scheint so, als wüdet ihr euren Charme nun an eurer COUSINE VERGEUDEN. Hahaa..."
 

Cousine?
 

Oha, langsam machte es auch bei mir klick...ich war also mit Elladan und Elrohir verwandt...das war ja wirklich interessant. Seltsam, endlich seine Verwandte kennen zu lernen, dabei waren sie mir doch gar nicht ähnlich.....oder? Aber irgendwie war es auch witzig gerade mit solchen Chaoten verwandt zu sein! Zudem war ich ab jetzt wenigstens vor ihren Anmachen sicher...
 

Ich kicherte. Soso, Elladan, Elrohir und Arwen waren also meine Cousins und Cousine....
 

Ich sah Arwen, wie sie mich fröhlich angrinste und mehr als nur glücklich zu sein schien, während ihre Brüder nahe der Verzweiflung waren....Elrond dagegen lächelte lässig und nickte mir beruhigend zu. Hatte er etwa schon während meiner Reise mit ihnen gewusst, dass ich Galadriels Tochter und somit verwandt mit ihnen bin?! Dabei hatte ich doch nie etwas dergleichen erwähnt...oder?
 

Während ich nun doch ins Grübeln geriet, stritten sich die beiden Brüder immer heftiger mit ihrem Vater. Die Menge wurde unruhig, wütende Rufe erschollen, man sollte nicht so über die Prinzessin reden, als Legolas gemächlich auf die Zwillinge zuging.
 

Ich unterbrach meine Gedankengänge.
 

Zwar konnte ich nicht hören, was sie miteinander sprachen, doch die immer roter werdenden und erzürnteren Gesichter der beiden Zwillinge, das unterdrückte Lachen Arwens und das mißbilligende Funkeln in Tulus Augen waren Beweise genug dafür, dass der Düsterwaldprinz nicht gerade seine höfliche Seite auskehrte.
 

Kurz darauf erschien Haldir bei den Streithähnen. Er wechselte ein paar Worte mit ihnen, sah dann einen nach dem anderen eindringlich an und verschwand wieder. Bevor er seinen Platz neben der Terrasse wieder einnahm, nickte er meiner Omi huldvoll zu.
 

Sie senkte ebenfalls kurz den Kopf und fuhr fort: "Zur Feier des Tages, dass nicht nur die Herrscherfamilie ó Loriens heim gekehrt ist, sondern auch Vertreter der freien Völker hier zu Gast sind, möchte ich den Anlass nutzen, um ein kleines Fest zu veranstalten. Wie es in der lorischen Tradition so üblich ist, wird vor dem Ballabend ein Bogenschießturnier stattfinden, direkt hinter euch auf der Rasenfläche. Jeder ist herzlich dazu eingeladen, sich bei diesem Turnier zu beteiligen. Und wer weiß" Sie schenkte Gimli, Legolas und den Menschen ein freundliches Lächeln "werden sich auch unsere Gäste an diesem Kräftemessen beteiligen."
 

Kaum hatte sie ihre Rede beendet, brach großer Beifall aus. Viele der Elben hatten bereits vorsorglich Pfeil und Bogen mitgebracht und verglichen nun ihre Bögen oder meldeten sich bei speziell dazu erschienenen "Richtern", die die Anmeldungen entgegennahmen und die Paarungen bestimmten.
 

Schlurfend kehrte ich zu meinem Mini-Thron, welcher neben meiner Oma stand, zurück und ließ mich darauf fallen. Toll..alle durften Bogenschießen, nur Glowy und ich nicht...und warum? Weil wir Frauen waren. Ist das nicht ungerecht?!
 

Glowy kam zu mir herüber und stellte sich hinter mich. Sich vorbeugend schlangen sich ihre Arme um meinen Hals und ihr Gesicht lehnte auf meiner Schulter. "So jetzt bist du also ganz offiziell die lorische Prinzessin und Thronfolgerin von Omi....Warum bist du das eigentlich?! Steht Mutter nicht in der Rangordnung über dir?", fragte sie mich neugierig.
 

Rangordnung...wie sich das anhörte...
 

"Na ja, eigentlich schon, allerdings hat Mum keine Lust darauf, Herrscherin von Lorien zu werden. Und da sie ja eine Tochter hat, überläßt sie mir die zweifelhafte Ehre, irgendwann über Lorien zu herrschen....Sie zieht es vor, mir dieses Amt zu gegebener Zeit zu überlassen und bleibt lieber weiterhin Prinzessin.", grummelte ich angesäuert.
 

"Mmmh...." Gedankenverloren fuhr Glowy mir durch meine mühsam gebändigten Haare. "findest du es nicht auch blöd, dass alle bei dem Turnier mitmachen dürfen, nur wir nicht?"
 

"Allerdings! Als könnten wir nicht schießen...", ereiferte ich mich und stierte böse zu Omi, welche gerade Haldir ein paar Instrunktionen gab.
 

Dann schwiegen wir, jede hing ihren eigenen Gedanken nach.
 

Plötzlich kicherte Glowy. "Na, da hat sich aber jemand ganz arg aufgeregt, als er hörte, dass er mit dir verwandt ist..."
 

Nun muste ich ebenfalls grinsen. Ja, wo war Elladan überhaupt?
 

Seufzend ließ sich meine beste Freundin und Tochter des ehemaligen Beraters Omis und Opis auf den Thron von der Herrscherin plumpsen. "Weißt du, irgendwie kommt mir das alles hier ziemlich unorganisiert vor....", grübelte sie, als sie den regen Strom sich Anmeldender betrachtete und diejenigen, die so schnell sie konnten die Wiese verließen, um Köcher und Bogen zu holen.
 

Ich konnte ihr da nur beipflichten. Wie es dann wohl erst auf dem Ball am Abend aussehen würde? Das konnte ja in der kurzen Zeit nur der totale Reinfall werden...Na, wenigstens würde am nächsten Tag endlich die Party von Jonas stattfinden!

Morgen Mittag würden Glowy und ich also zurück zur Erde reisen müssen, damit wir noch rechtzeitig zur Party kommen würden.
 

Ein angenehmes Kribbeln durchlief meinen Körper, als ich an Ben dachte. Bestimmt würde er auch dort sein, zumal Jonas fast die gesamte Stufe eingeladen hatte und Ben sein wohl bester Freund war.

Was mich dort erwarten würde? Mit Sicherheit würde der Abend einige Überraschungen auf Lager haben...
 

Eine Stunde, hundert mal unterdrücktes Gähnen und dutzende verschiedene Sitzstellungen später, war die Zahl der Turnierteilnehmer endlich vollständig, beziehungsweise ab jetzt wurden keine Bewerber mehr angenommen und das Turnier konnte endlich beginnen.
 

Glowy, die ganz unaufällig ihren Stuhl neben den meinen gerückt hatte, setzte sich gerade auf und beobachtete lächelnd wie sich die Bogenschützen nahe der Treppe zur Terrasse aufhielten, während die Zuschauer in gebührendem Abstand den Kreis der Schaulustigen bildeten.
 

Die Show konnte beginnen.
 

~~~
 

Es war inzwischen schon früher Abend und die letzten Bogenschützen positionierten sich im großen Finale auf der Rasenfläche.
 

Glowy schnarchte. Und ich beneidete sie darum.
 

Es war ja nicht so, dass wir Bogenschießen nicht spannend fanden, eher im Gegenteil, es war unsere Lieblingsfreizeitbeschäftigung nach Partys feiern...aber einfach nur zuzusehen war, kurz gesagt, todlangweilig.
 

Leider hatte ich weniger Glück als meine beste Freundin, welche mittlerweile weiter hinten auf der Terrasse saß und schlief und somit vor neugierigen Blicken seitens der lorischen Bevölkerung geschützt war, doch ich, als Prinzessin, musste die ganze Zeit über freundlich lächeln, mich interessiert zeigen und auf gar keinen Fall einschlafen.
 

Hmpf. Genervt stützte ich mein Gesicht auf meiner linken Handfläche auf.
 

Ich war wirklich unendlich froh, dass nun der letzte Durchgang des Turniers startete, in welchem sich ein immer noch leicht apathischer Elladan, ein fuchsteufelswilder Elrohir und ein emotionslos aussehender Legolas befanden.
 

Insgeheim hoffte ich, dass die Pfeile der Zwillinge ihre Ziele verfehlten und Legolas in seinen Allerwertesten trafen...
 

"Bravo, bravo! Legolas Thranduillion hat das Turnier gewonnen!" Begeistert erhob sich Omi von ihrem Thron und klatschte in die Hände.
 

Mit Stolz geschwellter Brust trat der düsterwälderische Prinz auf sie zu und kniete sich ehrerbietend vor ihr nieder. Ein unsanfter Stoß meiner Mutter bewegte mich dazu, mich neben Omi zu stellen.
 

Falsch freundlich grinste ich Legolas an, welcher mich blöderweise wirklich ehrlich anlächelte.
 

Hatte er etwa schon meine nicht gerade schmeichelhaften Worte über ihn vergessen?!
 

"So, Prinz Legolas! Da Ihr nun das Turnier gewonnen habt, steht Euch natürlich auch eine entsprechende Belohnung zu!"
 

BELOHNUNG?! Was für eine Belohnung bitte?!
 

"Mylady, verzeiht, aber ich glaube nicht, dass Ihr mir das geben könntet, was ich mir wirklich wünsche.", erwiderte der Blonde nach einer kurzen Pause, in der ich das unbestimmte Gefühl bekam, dass Omi ihm irgendetwas per Gedanken gesagt hatte...
 

>Verzweifelt nicht. Alles wird sich zum Guten wenden, solange wir unseren Glauben daran nicht verlieren.<
 

Hm? Hatte da nicht eben jemand gesprochen?

Verwundert sah ich Omi an, doch ich war mir sicher, dass sie nicht einen Ton gesagt hatte.....was war das nur gewesen?! Hatte ich mir das eingebildet?!
 

Ratlos zuckte ich mit den Schultern.
 

"Wenn das so ist, bescheidener Prinz, so möchte ich Euch wenigstens die Ehre erweisen, meine Enkelin Caladeth zu dem heutigen Ball zu begleiten." Ein neidisches Raunen ging durch die still zuhörende Menge.
 

Legolas lächelte sanft, mit einem undeutbaren Ausdruck in seinen Augen. "Es wird mir eine Ehre sein." Noch einmal neigte er kurz das Haupt, bevor er sich an mich wandte und selbstbewusst meine rechte Hand ergriff.
 

Wie paralysiert starrte ich in seine blauen Augen, als er meinen Handrücken immer näher an seine Lippen führte und schließlich kurz küsste.
 

Als wäre ein Blitz durch meinen Körper gejagt, zuckte ich heftig zusammen. Was sollte denn der Mist?! War ich irgendwie im falschen Film gelandet?! Na gut, blöde Frage...
 

Mit großen Augen sah ich von Legolas zu Omi und wieder zurück, bevor ich - im letzten Moment an meine neue Stellung erinnernd - kurz einen Knicks vollführte und auf dem Absatz kehrt machte.
 

Ich rannte - mal wieder - durch den Wald und ließ mich am Stamm einer dicken Eiche zu Boden gleiten.

Tatsächlich war ich ziemlich verwirrt, wie ich mir eingestehen musste. Wieso war Legolas trotz all meiner Beleidigungen immer noch so verdammt nett zu mir?! Wurde er denn nie wütend? Rastete er überhaupt nie aus? Ließ er denn nie seine Maske des wohlerzogenen Prinzen fallen?

Und was hatte ich bloß getan, dass Omi mich so bestrafen musste?! Als Begleiterin von Legolas herhalten zu müssen...und das auch noch einen GANZEN ABEND LANG!
 

Hmpf. Warum immer ich? Irgendwer musste mich wirklich hassen....

Bevor ich jedoch wirklich in Selbstmitleid versinken konnte, tauchte plötzlich Glowy etwas zerknirscht vor mir auf.
 

"Hey...ähm, wir sollten uns für den Ball fertig machen, meinst du nicht?", begann sie zögerlich zu sprechen und ich spürte ganz deutlich das Unbehagen in ihrer Stimme.
 

Ich lächelte gequält. "Ja, das sollten wir wohl..."
 

Also kehrten wir schweigend zum Schloss zurück. Glowy führte mich einige lange Gänge entlang, bis wir schließlich vor einer weißen Mahagonitür stehenblieben, welche mit vielen Ornamenten reich verziert worden war. Hier wohnte wohl jemand wichtiges...
 

"Cala, das ist dein Zimmer. Ich wohne in dem Zimmer direkt neben dir. Soweit ich weiß, wird Legolas dich nachher abholen..." sie grinste versuchsweise "also solltest du dich wohl besser beeilen."
 

Ich nickte und betrat mit Staunen meine neue Bleibe. Bescheiden lebten die Elben hier wohl nicht gerade...

Es war ein riesiger Raum, gefüllt mit einem breiten Himmelbett, einigen bequemen Sofas, einem Schreibtisch, aber ohne Stühle. Kostbare Teppiche lagen auf dem Boden verteilt, während schöne Schnitzereien und Gemälde die Wände verzierten.
 

Ein kleiner Torbogen führte zu einem malerischen Balkon, welcher einen wundervollen Ausblick auf die gerade untergehende Sonne bot.
 

Nur schwer konnte ich mich von diesem Anblick lösen.
 

Geschäftig öffnete ich einen Kleiderschrank und fand zu meiner großen Überraschung einige weitere Kleider darin vor.
 

Plötzlich klopfte es.
 

"Herein."
 

Eine junge Elbe trat schüchtern ein und knickste vor mir. Neugierig betrachtete ich sie.
 

"Verzeiht, Herrin, aber mein Name ist Arveldis und man hat mich geschickt, um Euch zu helfen, Euch für den Ball vorzubereiten."
 

Ärgerlich runzelte ich die Stirn. War ja klar gewesen, dass meine Verwandten nicht genug Vertrauen in mich besaßen, dass ich mich selbst angemessen genug zurecht machen konnte...
 

Eine Viertelstunde später war ich frisch geduscht und im Begriff, ein langes himmelblaues Kleid anzuziehen, welches mir wie angegossen passte.
 

"Ihr seht wundervoll aus, Mylady.", sagte Arveldis mit glänzenden Augen und machte sich bereits im nächsten Moment über meine Frisur her.
 

Auf einmal klopfte es erneut an meiner Tür. Erstaunt darüber, wer mich jetzt schon wieder besuchen wollte, hieß ich Arveldis die Bürste wegzulegen und durchquerte den Raum. Ich glättete noch einmal mein wirklich schönes - wie ich dieses Mal widerwillig eingestehen musste - Kleid, bevor ich langsam die Tür öffnete.
 

Neugierig lugte ich hinaus auf den Gang, aber niemand war da. Ärgerlich wollte ich mich schon wieder in mein Zimmer zurückziehen, als mein Blick zufällig auf den Boden glitt.

Ein helles Kuvert lag auf meiner Türschwelle und mit schön geschwungener Schrift war Lady Caladeth vorne drauf geschrieben worden. Nachdem ich noch einmal nach links und rechts in den mondlichtdurchfluteten Gang hinaus gespäht hatte, ging ich zurück ins Zimmer und schloss die Tür. Überrascht bemerkte ich, wie schwer das Kuvert war.
 

Hastig öffnete ich es, als zu meiner Überraschung ein silberner Ring zum Vorschein kam, dessen Fassung einen funkelnden Saphir umschloss...
 

~~~

Dunkel war's, der Mond schien helle...

Anmerkungen: Okay, wollt nur kurz herzlichen Dank an all die lieben Reviewer sagen! Fühlt euch geflauscht! Fand's echt super lieb von euch, dass ihr mir so nette Kommis geschrieben habt, statt schreiend davon zu laufen...*lol* Hoffe, ihr habt mit diesem Kap hier auch wieder euren Spaß!

Ach ja, zu Haldir sollte ich vielleicht noch was sagen....*lol* Nya, er hat ja seinen großen Auftritt hier....*kicher*..es war einfach zu verlockend..*zwinker*
 


 

Gedankenverloren stand ich auf dem kleinen Balkon meines Zimmers und sah hinauf zu den Sternen. Es war mittlerweile finstere Nacht und nur die Sterne hatten etwas Licht für Mittelerde übrig.

Der Wind wehte kühl durch die Baumwipfel und rüttelte an den Zweigen.
 

Es war eine seltsam melancholische Stimmung, die mich einzuhüllen drohte.
 

Ein Umstand, der mir nicht gerade zusagte.
 

In meinen Händen lag noch immer der Ring, welchen ich bereits bei meiner Ankunft vor einigen Stunden auf dem Markt entdeckt und nun vor nicht weniger als einer halben Stunde geschenkt bekommen hatte....die Frage, die ich mir nun noch stellte, war: von wem?

Púren vielleicht? Immerhin hatte er direkt neben mir gestanden, als ich den Ring gesehen hatte...Aber warum sollte er mir so ein teures Geschenk machen?!

Nein, er war es bestimmt nicht gewesen.

Nur, wer dann?
 

Wild wirbelten meine Gedanken durcheinander. Seit ich in Mittelerde gelandet war, geschahen Dinge, die ich mir nicht einmal im Traum vorgestellt hätte...Alles war so fremd hier und doch auf seltsame Art und Weise vertraut und schön.
 

Es klofte. Mein Schicksal stand wohl schon vor der Tür....
 

Ungewollt seufzte ich. Jetzt musste ich also einen ganzen Abend mit meinem Lieblingselb verbringen. Hoffentlich besaßen die lorischen Elben hochprozentigen Alkohol......
 

"Herein."
 

Die Tür schwang auf und hereintrat der Prinz des Düsterwaldes, gekleidet in feine Gewänder in dunklem Blau und fast schon blendendem Weiß. Seine Haare flossen ihm über die Schultern, während ein silberner Reif mit einem dunkelblauen Stein in der Mitte seine Stirn verzierte.
 

Ein sanftes Lächeln umspielte seine Mundwinkel, als er mich seinerseits betrachtete.
 

"Auch wenn Worte niemals an die Wahrheit herankommen können, will ich Euch sagen, dass Ihr wunderschön ausseht."
 

Ich biss mir auf die Unterlippe. Irgendwie fühlte ich mich leicht befangen...Lag das an diesem blöden Kleid oder daran, dass er trotz meiner Beleidigungen immer noch so verdammt nett zu mir war?!
 

Bestimmt lag es an diesem dämlichen Kleid...
 

Ich lächelte verlegen. "Danke."
 

Einige Minuten sahen wir uns einfach nur stumm an, bis sein Blick wie zufällig auf meine rechte Hand fiel. Ich sah, wie seine Gesichtszüge einen Moment entglitten, bevor er sich wieder fing und auf einmal alle Wärme aus seinem Gesicht verschwunden war. Anstelle seiner Gefühle hatte sich nun eine Maske aus Emotionslosigkeit auf sein Gesicht gelegt.
 

"Ein wundervoller Ring, den Ihr da tragt.", presste er leicht heiser hervor, sodass ich erstaunt eine Augenbraue hob.
 

Okay, von ihm war der Ring schon mal nicht...
 

Noch bevor ich jedoch etwas erwidern konnte, hatte er mir ein aufgesetztes Lächeln geschenkt und mir seinen Arm gereicht. Reichlich verwirrt ergriff ich ihn und ließ mich von Legolas durch den Palast führen.
 

Staunend betrachtete ich die Gänge, die wir durchliefen. Ungefähr einen Meter über meinem Kopf waren seitlich an den Wänden Fassungen angebracht worden, in denen nun Fackeln steckten. Die Feuer loderten hell und tauchten den Weg in fast schon gespenstisches Licht.
 

Meine schweigsame Begleitung jedoch übertraf dies noch bei weitem.
 

Vorsichtig schielte ich zu ihm rüber. Auch wenn es mich nicht wirklich interessierte, was in ihm vorging, so fragte ich mich dennoch, wieso er so seltsam auf den Ring reagierte...
 

Ich war so in Gedanken versunken, dass ich heftig zusammenzuckte, als er plötzlich leise das Wort an mich richtete.
 

"Lady Cala, dürfte ich Euch eine Frage stellen?"
 

Der Ernst in seiner Stimme verwunderte mich.
 

"Selbstverständlich."
 

"Was habt Ihr gegen mich?"
 

Mmh...gute Frage....aber ob er wirklich eine Antwort darauf haben wollte?
 

Um Zeit zu schinden, fragte ich unschuldig: "Wie kommt Ihr darauf, dass ich etwas an Euch auszusetzen habe?"
 

Er warf mir einen schiefen Blick zu, der mehr über seine Gefühle preisgab, als er vielleicht ahnte. Ich konnte nicht anders, als ihn anzulächeln. Na endlich war er mal nicht nur der überaus freundliche, höfliche und immerzu beherrschte Prinz...
 

Irritation zeichnete sich nun in seinen Augen ab, sodass ich mich genötigt sah, ihm doch eine Antwort auf sein Frage zu geben, beziehungsweise eine neue Frage zu stellen.
 

"Erinnert Ihr Euch noch an unsere erste Begegnung?"
 

Er nickte versonnen. "Natürlich erinnere ich mich."
 

"Und an unser Gespräch?"
 

Er begann zu grinsen und ich fasste es ganz einfach mal als ein "Ja" auf.
 

"Wißt Ihr, in diesem Moment ward Ihr so...locker, schlagfertig....witzig. Auch wenn ich zu diesem Augenblick keinen Sinn dafür gehabt hatte...Doch seitdem seid Ihr zum Bilderbuch-Prinzen mutiert: Jemand, der nicht wirklich frei und locker handelt, so wie er es normal tun würde...."
 

Legolas runzelte die Stirn. Er schien nachzudenken.
 

"Das mag sein, doch habe ich als Prinz nicht auch die Verpflichtung, mich auf diese Weise zu präsentieren? Trage ich nicht eine gewisse Verantwortung, meiner Familie und meinem Volk gegenüber?!"
 

"Sicher, aber das heißt doch noch lange nicht, dass man seinen eigenen Charakter zurückstellen muss....."
 

Plötzlich blieb er stehen und sah mich stumm an. Das Licht der Fackeln spiegelte sich in seinen Augen wieder und ließ sie unberrechenbar und undurchdringlich erscheinen.
 

"Das ist es also, was Euch an mir stört?! Mein Pflichtbewusstsein?!", fragte er leise.
 

"Na ja, wenn Ihr es in einem Wort ausdrücken wollt....ja, so könnte man es sagen."
 

Der Ausdruck seinen Augen veränderte sich, doch vermochte ich nicht zu sagen, was sie nun ausdrückten.
 

"Dann tut es mir leid."
 

Verwirrt sah ich ihn an, als er bereits weiter zum Thronsaal marschierte - mich hinter sich herziehend.
 

Schweigend erreichten wir die riesige Tür, die ein Diener mit einer huldvollen Verbeugung öffnete.
 

Als Legolas und ich, Seite an Seite, den Raum betraten, herrschte abrupt Stille.
 

Was war denn jetzt schon wieder los?!
 

Genervt versuchte ich unter den vielen Gästen, in dem nur spärlich durch viele Fackeln und Kerzen beleuchteten Raum, ein bekanntes und auch vor allem freundliches Gesicht auszumachen.
 

Elladan hatte ich damit, in seiner momentanen Stimmung, nicht unbedingt gemeint...
 

Mir schwante böses, als er mit hoch erhobenen Hauptes auf uns zuschritt und sich vor uns aufbaute.
 

"Cala...." Seine Stimme war weich, auch wenn sein Gesichtsausdruck leicht gequält aussah.

"Prinz Legolas." Und dann wurde sie hart und kalt, als er den Prinzen begrüßte, ohne ihn anzusehen.
 

Legolas verzog keine Miene, doch sein Blick funkelte spöttisch.

"Prinz Elladan."
 

"Cala, würdest du mir die Ehre des ersten Tanzes erweisen?", fragte Elladan unvermittelt und sah mich fast schon herausfordernd an.

Komplett überrumpelt schielte ich zu Legolas, dessen Arm - an dem noch immer meine Hand hing - sich unnatürlich heftig anspannte....Okay, wo war der Fluchtweg?!
 

"Verzeiht, Prinz Elladan, aber der erste Tanz gebührt mir."
 

Oha. Wusste gar nicht, dass der erste Tanz mit mir so heiß begehrt war...
 

Der Schwarzhaarige grinste fies, als er erwiderte: "So, glaubt Ihr, ja?" Arrogant lächelnd verschränkte er die Arme vor der Brust und lehnte sich leicht zurück, sodass ich schon befürchtete, dass er gleich rückwärts auf den hellen Marmorboden knallen würde, doch er blieb stehen. Hatte zwar nun große Ähnlichkeit mit dem schiefen Turm von Pisa, aber der stand ja bekanntlich auch noch...
 

Legolas legte den Kopf schief, offenbar eine Geste, die sein Missfallen zum Ausdruck bringen sollte. Trotz allem sah sein Gesichtsausdruck eher unbeteiligt, ja fast schon gelangweilt aus.
 

"Eure COUSINE ist MEINE Begleitung für diesen Abend, falls es Euch entfallen sein sollte. Immerhin war ich es, der das Turnier gewonnen hat."
 

Täuschte ich mich oder wurde Elladans Blick gerade mordlustig?
 

Unauffällig sah ich mich hilfesuchend im Saal um. Es war schon leicht schockierend, plötzlich alle Gesichter in der näheren Umgebung auf sich ruhen zu sehen und doch tat niemand etwas, um die beiden Streithähne voneinander zu trennen...
 

Ich schluckte schwer.
 

"Hey, ähm, Jungs?" Meine Stimme klang seltsam heiser. Kein Wunder, wenn man bedachte, dass Elladan gerade bedeutungsvoll die Fäuste ballte und Legolas mich ganz auffällig unauffällig hinter seinen Rücken schob.
 

Die wollten sich doch jetzt nicht ernsthaft prügeln, oder? Wegen so einer Kleinigkeit von Tanzen?! Abgesehen davon, wer hatte überhaupt gesagt, ich würde tanzen...?
 

Ich klammerte mich an Legolas Rücken. "Bitte, tu das nicht! Schlag dich nicht mit ihm! Sein Ego ist auch so schon angekratzt genug...", wimmerte ich ängstlich, was er wohl ungeheuer lustig fand, denn er begann leise zu kichern.
 

"Du bist echt unmöglich, weißt du das?" Seit wann war ich unmöglich?
 

Er warf mir einen Blick über seine Schulter zu und lächelte leicht. "Ich muss gestehen, dass mir deine Sorge wirklich sehr schmeichelt....auch wenn sie wohl vorrangig nicht mir gilt. Hab keine Angst, es wird nicht zu einem Kampf kommen - aber sicher ist sicher."
 

Na toll. Wollte er damit etwa andeuten, dass ich zu hysterisch war?! HALLO?! ICH UND HYSTERISCH!!!?? Hmpf. Na gut....vielleicht manchmal....aber nur ein ganz, ganz, ganz kleines bisschen....ein ganz kleines bisschen mehr.....?
 

Elladan machte einen gefährlichen Schritt auf Legolas zu. Seine dunklen Augen flackerten gefährlich auf im Lichte der Kerzen. Unwillkürlich musste ich schaudern und ergriff wie von selbst die Hand des blonden Prinzen.
 

Plötzlich ging alles sehr schnell. Elladan holte mit seiner Faust aus, als wie aus dem Nichts ein gewisser Zwerg auftauchte und sich zwischen die beiden Elben stellte. Mit einem tiefen Brummen schlug er geradeaus, während Legolas mich leicht nach hinten drängte.

Ich schloss die Augen.
 

Eisige Stille breitete sich aus, schlimmer als jeder Messerstich.
 

Auf einmal jaulte jemand gequält auf, aber das brachte mir meinen Mut auch nicht wieder. Immer noch starr vor Schreck presste ich meine freie Hand auf meine Augen, während die andere noch immer die von Legolas umschloss und inzwischen so fest drückte, dass ich glaubte, Legolas Hand würde jeden Moment brechen. Doch war ich weder imstande, dies zu realisieren, noch seine Hand loszulassen.
 

"Cala, es ist alles in Ordnung. Du kannst die Augen wieder aufmachen."
 

In Ordnung?! ALLES WAR IN ORDNUNG?! Und warum heulte dann jemand vor Schmerzen?!
 

Ich schüttelte hilflos den Kopf, als flinke Finger sich um meine Hand auf meinen Augen kümmerten. Mit weitaufgerissenen Augen starrte ich Legolas an, als er meine beiden Hände festhielt und mich besorgt ansah.
 

Hatte ich schon erwähnt, dass ich es hasste, wenn sich Freunde schlugen? Na gut, sie waren keine Freunde in dem Sinne...aber immer noch Verbündete! Konnten sie sich nicht auch dementsprechend benehmen? Auch wenn sie Männer waren?

Aber offenbar war das zuviel verlangt...
 

"Lady Cala, macht Euch keine Sorgen! Es ist alles in Ordnung, wie Legolas schon sagte!", brummte es von weiter unten und ich sah hinunter, um direkt in Gimlis lächelndes Gesicht zu sehen. "Elladan hat seine Lektion gelernt - hoffentlich vergisst er sie nicht wieder so schnell, wie beim letzten Mal."
 

Okay, ich verstand mal wieder nur Bahnhof.....
 

"ELLADAN, du nichtsnutziger Nichtsnutz! Wie oft muss ich dir noch sagen, dass du dich gefälligst zu benehmen hast! VOR ALLEM BEI UNSEREN FREUNDEN!"
 

Hui, da war aber jemand gar nicht lässig drauf....
 

"Deine Mutter würde glatt aus Valinor herübersegeln und dir den Hintern versohlen, wenn sie davon wüsste!", wetterte Elrond weiter und baute sich vor dem zusammengekrümmten Elladan auf. Als Antwort bekam er nur ein schmerzerfülltes Keuchen, was ihm wohl auch reichte, um fortzufahren.
 

"Es ist ja schon schlimm genug, wie dein Bruder und du euch aufführt, wenn auch nur ein Kleid in eurer Nähe ist, aber DAS HIER ist wirklich die Höhe!"
 

Elronds Gesicht wies inzwischen eine ungesunde Röte auf, während eine Ader auf seiner Stirn heftig zu pulsieren begann.
 

Elrohir kniete neben dem am Boden kauernden Elladan, der es nicht wagte, aufzuschauen. Irgendwie tat er mir fast schon leid - aber nur fast.

Was sollte das auch? Eine Prügelei mit Legolas! Ich hatte ja gar nicht gewusst, dass sie sich SO sehr hassten...

Wieso hatte Elladan nur so aggressiv reagiert?! Er war doch sonst nicht so...von Elrohir hätte ich es ja noch irgendwo erwartet, er war ja bisher der zornigere und rezbarere gewesen, aber er...Hatte ich mich so in ihm täuschen können? War das etwa der echte Elladan?
 

"Cala, ist alles okay?" Púren stand auf einmal neben mir und legte eine Hand auf meine Schulter.

Ich nickte.

Mein Blick wanderte zu Elrond und den Zwillingen und irgendwie wurde ich traurig. Ich hasste Gewalt wirklich und wenn es nicht gerade um mein Leben ging, fand ich sie auch total unangebracht. Dass gerade mein Cousin, den ich inwzischen sehr liebgewonnen hatte, zu einem Prügelmonster mutiert war, stimmte mich nicht gerade fröhlich.
 

Ich ließ Legolas, Púren und Gimli stehen und lief nachdenklich durch die Halle. Die melancholische Stimmung vom Anfang des Abends hatte mich wieder eingeholt.
 

Vorbei an lachenden Pärchen, Trauben aus sich amüsierenden Elben und Menschen, trat ich zielstrebig auf die große Terrasse zu.

Erst als ich den vollen Mond in all seiner Pracht entdecken konnte, blieb ich stehen.
 

Drehte sich in Mittelerde denn wirklich alles nur ums Kämpfen?
 

Sicher, ich hatte schon viele Geschichten über die Kriege und Konflikte der Bewohner Mittelerdes gehört, aber dass sie nun auch noch gegenseitig aufeinander lsogingen...war das wirklich die Welt, in der ich Prinzessin sein wollte? In der ich für den Rest meines Lebens bleiben wollte?
 

KLONG!
 

Der letzte Gedanke ließ mich taumeln. Wenn ich ehrlich war, hatte ich bisher eher kurzfristig gedacht....die Tatsache, dass ich als Thronfolgerin nun für immer in Mittelerde, beziehungsweise Lorien bleiben musste, traf mich hart.
 

Ungewollt drängte sich wieder die eine Frage auf: wollte ich das überhaupt? Wollte ich hierbleiben? Fragte denn niemand danach, was ICH wollte? Okay, zugegeben, das klang jetzt sehr egoistisch...
 

"Die Nacht ist schön, nicht wahr?"
 

Auch wenn die Stimme sanft und einfühlsam geklungen hatte, erwischte sie mich dennoch kalt und ließ mich zusammenschrecken.
 

"Kommt darauf an, was man unter schön versteht.", erwiderte ich.
 

Haldir schien nachzudenken. "Alles enthält Schönheit, auch wenn ein jedes Lebewesen dieses Wort anders definiert, so ist doch jedes Lebewesen, jeder Stein, jeder Stern in gewisser Weise schön. Ebenso wie die Gesamtheit: die Nacht."
 

Amen, der Poet hatte gesprochen.
 

"Die Nacht kann aber ebenso grausam, kalt und unberechenbar sein. Was ist daran noch schön?"
 

"Auch die dunkle Seite ist ein Teil von ihr. Jedes Lebewesen besitzt gute und schlechte Eigenschaften. So wie der Mond tückisch und irreführend sein kann, so ist die Sonne erbarmungslos, das Wasser kalt, so sind die Sterne unerreichbar."
 

"Aber so sollte es nicht sein! ER sollte nicht so sein!", rief ich heftig, doch er betrachtete mich nur ernst.
 

"Nur weil schlechte Eigenschaften immer ein Teil dieser Dinge und Lebewesen sein werden, heißt es noch lange nicht, dass es sie zu etwas Verabscheuungswürdigem macht oder gar weniger liebenswert."
 

"Aber wie könnte man sie denn einfach so lieben, trotz ihres so offensichtlich schlechten Charakters?", fragte ich müde.
 

Nun lächelte er. "Sind sie denn so offensichtlich schlecht? Sind es nicht vielleicht ihre guten Eigenschaften, die sie in fälschlicher Absicht zu Bösem verleiten?"
 

Also bis jetzt war ich ja noch gut mitgekommen, aber nun überstieg es doch langsam meinen Horizont...
 

"Welcher gute Grund sollte sie denn dazu verleiten, Böses zu tun?"
 

Sein Blick glitt in die Ferne, in die Tiefen des Waldes hinein. Wie durch einen Nebel drangen die Stimmen aus dem Ballsaal zu uns durch, berührten uns aber auf seltsame Art und Weise nicht.

Schon glaubte ich mit keiner Antwort seinerseits mehr rechnen zu können, als er ganz unvermittelt wieder zu sprechen anfing.
 

"Die Sonne möchte wärmen und den Weg weisen, der Mond kühlen und den Schlaf der Träumenden überwachen und der wilde Fluss plätschert laut, reißt Unschuldige mit sich fort und möchte dennoch nur das schützen, was ihm lieb ist..."
 

Er sah mich seltsam an.
 

"Und was sollte das sein?"
 

Er lächelte verschmitzt, bevor er antwortete: "Das kann Euch nur der Fluss selbst sagen."
 

Ich runzelte missfällig die Stirn. Unnötig zu sagen, dass ich mal wieder nur die Hälfte von dem verstanden hatte, was er gesagt hatte, aber langsam gab ich es echt auf...
 

"Hey, da bist du ja! Ich hab dich schon überall gesucht!" Glowy kam hechelnd neben mir zum Stehen und stützte sich auf meiner Schulter auf. Haldir verschwand, nachdem er mir noch einmal zugenickt hatte.
 

Ich seufzte. "Ich bin ja auch noch nicht so lange hier."
 

Sie sah mich von unten herauf an. "Stimmt, ich habe gesehen, wie du den Saal betreten hast...man, die haben dich vielleicht alle bewundernd angestarrt!" Ihr lautes Lachen verwirrte mich.
 

"Was ist so witzig daran? Außerdem hat niemand auf mich gestarrt....bestimmt habe ich nur irgendwo eine Rolle Klopapier an mir hängen, so wie auf der Stufenfete vor einem Jahr..." Der Gedanke an diese höchst peinliche Situation ließ mich das Gesicht verziehen und meine beste Freundin nur noch mehr lachen.
 

"Oh ja, daran erinnere ich mich noch sehr gut....", kicherte sie vor sich hin. "Nee, jetzt mal im Ernst. Du warst vorhin echt DER Blickfang! Und das auch ganz ohne Klopapier.." Sie zwinkerte mir schelmisch zu und in diesem Moment überschwemmte mich eine Welle der Zuneigung.
 

Ohne eine Chance sich zu wehren, hatte ich Glowy ganz fest in die Arme genommen und knuddelte sie herzlich durch. "Ich bin sooo froh, dass wieder alles wie früher zwischen uns ist!" In der Tat rührte es mich sehr, wie sie mir ganz offen und ohne Neid Komplimente machte, auch wenn ihr Schwarm Legolas für heute Abend mein Begleiter war.
 

Zuerst etwas irritiert, dann jedoch aufs höchste erfreut, erwiderte sie meine Umarmung mit demselben Elan.
 

"Chrm." Wie von der Tarantel gestochen fuhren Glowy und ich auseinander, als wir uns plötzlich Aug um Aug mit "Beau" gegenübersahen. Was meine kleine Person jedoch ziemlich belustigend fand, war die Tatsache, wie Glowy und dieser Mensch sich gegenseitig anstarrten, als gäbe es nichts anderes.
 

Fies - wie nunmal mein zweiter Vorname war - wollte ich schon irgendeinen gemeinen Spruch loslassen, der für beide garantiert sehr peinlich gewesen wäre, als mir jemand rasch mit der Hand den Mund verschloss.
 

"Nichts da! Das läßt du schön bleiben!" Schmollend verschränkte ich die Arme vor der Brust und grummelte Unverständliches gegen die böse Hand.
 

Lautlos und von den beiden vor sich hingrienenden unbemerkt, schleppte mich Arwen mitten in den Saal hinein.
 

So eine Spielverderberin! Verstand auch gar keinen Spaß....Gespielt böse spießte ich meine Cousine mit meinen Blicken auf, was offenbar nicht den gewünschten Effekt erzielte, da sie herzhaft zu lachen anfing.
 

Hmpf.
 

"Ach, Cala! Lass den beiden doch ihren Spaß!", lächelte sie mich leicht entschuldigend an und zog endlich ihre Hand fort.
 

Demonstrativ zog ich meine Kleidung zurecht.

"Das hätt ich auch schon noch getan, keine Sorge...", erwiderte ich säuerlich, doch sie schenkte mir lediglich einen skeptischen Blick.
 

"Nachdem oder bevor du sie so sehr blamiert hättest, dass sie tagelang nur noch mit bis zu der Stirn zugeknöpften Tuniken rumgelaufen wären?"
 

Ich grinste verheißungsvoll. "Danach natürlich!"
 

Sie schnaubte grinsend. "War ja klar..."
 

"Cala! Oh, du siehst wundervoll aus!" Erst jetzt bemerkte ich, dass mich Arwen zu einer der langen Tafeln im hinteren Teil des Raumes gezogen hatte, an welcher bereits einige versammelt waren. So zum Beispiel meine Eltern, welche mich mit Stolz geschwellter Brust betrachteten.
 

Ich ließ mich neben meinen Vater auf einen Stuhl plumpsen und ließ meinen Blick weiter über die anderen Tischnachbarn wandern.

Meine Großeltern hatten mal wieder am Kopfende Platz genommen und meine Eltern direkt neben ihnen. Mir gegenüber saß Elrond, welcher sich lässig zurückgelehnt hatte und den Saal überblickte. Kurz warf er mir ein spitzbübisches Grinsen zu, bevor er mit seinem Agentenblick weiter auf Spionagetour ging....Jaja, da kommt eben immer wieder der Matrix-Man durch....Bei der Vorstellung musste ich grinsen.
 

Neben Elrond saß Arwen, welche mir zuzwinkerte, während sich in ebendiesem Moment Legolas vorsichtig neben mich setzte.
 

Elladan und Elrohir waren weit und breit nicht zu sehen.
 

"Es tut mir außerordentlich leid, wie mein Sohn sich vorhin benommen hat.", brach unerwarteterweise Elrond die aufkommende Stille und sah mich eindringlich an. Jeder Schalk war aus seinem Gesicht gewichen.
 

"Und auch mir....tut es leid....", fügte zu meiner noch größeren Überraschung Legolas leise hinzu. Ich sah ihn direkt an, aber er konnte nicht lange meinem Blick standhalten und wandte alsbald das Gesicht ab.
 

Verwirrt runzelte ich die Stirn. Warum tat er auf einmal so schuldbewusst? Vorhin hatte er doch noch den "großen" Beschützer gemimt....
 

"Das von vorhin ist wohl...etwas...zu weit gegangen....", fuhr er leise fort und sah hinab zu seinen Händen. Allerdings spürte ich, wie er mir immer wieder verstohlen ein paar Blicke zuwarf.
 

"Woher der plötzliche Sinneswandel?", fragte ich skeptisch und beobachtete mit hoch gezogener Augenbraue, wie er unter meinen scharfen Worten zusammenzuckte. Okay, vielleicht war ich etwas gemein...
 

Aber Legolas antwortete nicht. Der Grund dafür war wohl das plötzliche Auftauchen König Thranduils gewesen, der sich elegant an die rechte, noch freie, Seite des düsterwälderischen Prinzen setzte und mich durchweg mit seinen Blicken aufspießte.

Glowy hatte also tatsächlich nicht übertrieben, als sie von des Königs übertriebener "Sorge" um seinen Sohn gesprochen hatte...
 

Eine unangenehme Spannung breitete sich aus.
 

Seufzend wollte ich mich erheben, um zu dem breiten Tisch, entlang der Wände des Saales ein wenig von dem bereitgestellten Essen auf einen Teller zu tun, als Legolas ebenfalls hastig aufstand. Sein Gewissen schien doch ausgeprägter zu sein, als zuerst angenommen...
 

"Wenn Ihr Euch etwas zu essen holen wollt, so würde ich gerne diese Aufgabe übernehmen. Schließlich habe ich schon die Ehre, mich den heutigen Abend über Euren Begleiter nennen zu können." Er lächelte tapfer unter den kühlen Blicken seines Vaters, die zwischen mir und ihm hin- und herwanderten.
 

Nickend gab ich meine Zustimmung und schon eilte er freudig davon, um mir und sich selbst beim Buffet einen Teller voll von lorischen Spezialitäten aufzutun. Ich dagegen sah mich etwas unruhig um und traf schließlich Arwens Blick, welche mir aufmunternd zugrinste und dann augenrollend zu König Thranduil nickte.
 

Unauffällig erwiderte ich diese Geste und schielte zu dem Elben. Ob es ihn sehr geärgert hatte, als er erfuhr, dass ich einen ganzen Abend lang an Legolas Seite sein würde, ohne dass er etwas dagegen unternehmen konnte?
 

Sein miesepetriger Gesichtsausdruck, der immer mal wieder meine Großeltern streifte, war Antwort genug.

Ich grinste. Irgendwie hatte die Situation auch etwas Komisches an sich...vielleicht sollte ich mich bei dem lieben Thranduilchen mal für seine "netten" Worte über mich bedanken....
 

Kurz darauf kehrte Legolas bereits mit zwei prall gefüllten Tellern wieder und stellte den einen direkt vor meine Nase.

Artig bedankte ich mich und murmelte noch so etwas wie "Guten Appetit", da machte ich mich schon über mein herrlich duftendes Essen her.
 

Die Stille wurde langsam unerträglich.
 

Ein wenig Abwechslung kehrte erst ein, als Glowy sich glühend vor Aufregung auf den freien Platz neben Arwen plumpsen ließ und glücklich in die Runde blickte.

Fragend, aber auch ungemein neugierig, schob ich meinen - inzwischen leer geputzten - Teller von mir weg.
 

"Ach, Cala, die lorischen Tänze sind einfach wundervoll....", schwärmte sie mir einen vor. Unter normalen Umständen hätte ich jetzt genervt die Augen verdreht und auf Durchzug geschaltet...so aber nicht diesmal. Eher im Gegenteil: sie brachte mich auf eine famose Calad'sche Idee..

Was soll ich sagen? Ich war jung und wollte meine Grenzen austesten...wer hatte schon die Gelegenheit einen König auf legitime Art und Weise auf die Palme zu bringen?!
 

Also beugte ich mich gaaanz langsam nach vorne und stützte mein Gesicht auf meiner rechten Hand ab. Von unten herauf sah ich Legolas intensiv an und fragte: "Duhuuu?"
 

Er schien leicht überfordert mit meinem unerwarteten Stimmungswechsel und erwiderte meinen Blick irritiert.

"Ja?"
 

"Willst du nicht vielleicht endlich mit mir tanzen? Ich warte schon den ganzen Abend darauf, dass du mich darum bittest..." Okay, das war eine glatte Lüge - die Legolas wohl gemerkt zu durchschauen schien, da sich seine Augen gefährlich zu Schlitzen verengten - doch sein Vater schluckte den Köder und erstickte fast an einer Kartoffel, die er sich gerade ach so elegant in den Mund geschoben hatte.
 

Ich tat, als würde ich seine wütenden Blicke in meinem Rücken nicht bemerken und fing an, mit meinen Wimpern zu klimpern.

Gott, kam ich mir schäbig vor....Bei Legolas begriffsstutziger Ader fragte ich mich langsam, ob es überhaupt Sinn machte, mich hier weiterhin zum Affen zu machen, während der König aller Paviane lediglich einen ganz unelbischen Hustenanfall erlitt.
 

Aber langsam schienen auch die Rädchen an des blonden Prinzens Köpflein sich zu drehen, denn er lächelte plötzlich. Ehrlich. Aufrichtig. Entwaffnend.

Au backe. Seit wann hatte sein Lächeln so eine Wirkung auf mich?
 

Mein Blick schwankte leicht und fiel wie zufällig auf meinen Kelch. Nachdenklich kniff ich die Augen zusammen.

"Keine Chance, Cala! Das kannst du selbst nicht mehr auf den lorischen Brandwein schieben, den du seit einer ganzen Weile in dich reinschüttest!", flüsterte mir plötzlich ein selbstgefälliger Púren ins Ohr, ehe er rasch an mir vorbeiging.
 

Wo kam der denn auf einmal her?

Und was zum Teufel meinte er eigentlich?
 

Wieder sah ich zu dem Kelch.

Verdammter Mist! Okay, okay, ja, es war meine Schuld, schließlich hatte ich mir ja hochprozentigen Alkohol gewünscht....aber....aber...warum jetzt?!
 

"Lady Cala, es wäre mir eine außerordentliche Freude und Ehre, mit Euch zu tanzen." Ja, sicher...das hätte ich jetzt auch gesagt...

Ein paar Minuten starrte ich seine dargebotene Hand an, die ich dann jedoch leicht missmutig ergriff und mich von ihm hochziehen ließ.

Wie eine Trophäe schleifte mich "Mister Universum" durch den Saal, während ich ganz deutlich brennende Blicke in meinem Rücken spüren konnte..na hoffentlich lohnte sich diese Aktion überhaupt und endete nicht in einem unheilvollen Desaster á la Cala...
 

Legolas hielt erst in der Mitte des Raumes an, drehte sich zu mir um und positionierte sich - und mich. Mir war das nämlich im ersten Augenblick gar nicht möglich, denn dafür war ich noch zu sehr von der regen Zuschauermenge eingeschüchtert, die auf einmal alle für uns Platz machte und uns allein auf der Tanzfläche stehen ließ.
 

Was für ein solidarisches Völklein ich doch einmal regieren würde...Wenigstens hatte ich meinen Sarkasmus noch, dann konnte ich folglicherweise noch nicht allzu sehr von dem tückischen Gebräu Loriens getrunken haben.
 

Ich unterdrückte ein Seufzen und kapitulierte schließlich vor meiner eigenen Dummheit. Jetzt hatte ich also den Salat.

Als die Musik einsetzte, begann ich doch leicht nervös zu werden. Es war ja nicht so, dass meine Eltern nicht dafür gesorgt hätten, dass ich alle NOTWENDIGEN - was in ihrem Wortschatz seltsamerweise alle EXISTIERENDEN implizierte - Tänze lernte, allerdings war ich bisher dabei noch nie so angestarrt worden.
 

Befangen registrierte ich, wie Legolas seine Hand an meine Hüfte legte und mich noch ein Stückchen näher an sich zog. Bildete ich mir das nur ein oder funkelten seine Augen wirklich so strahlend?
 

"Habt keine Angst, Lady Cala. Es ist nur ein Tanz." Oha, meine aufkommende Verklemmtheit war also so offensichtlich...
 

...deshalb sah ich auch keinen Grund, sie noch weiter zu verstecken.

"Ich hasse tanzen."
 

Er stand nun dicht vor mir und ergriff meine rechte Hand mit seiner linken. Ich musste aufsehen, um ihm direkt ins Gesicht sehen zu können, was mir ganz und gar nicht passte.
 

"Warum habt Ihr dann gesagt, Ihr wollt es?"
 

Berechtigte Frage, aber ich konnte ihm ja schlecht die Wahrheit sagen..."Hey Leggi, tja, ich wollte mal eben testen, wie lange es dauert, um deinen snobistischen Vater zum Überkochen zu bringen, du und vor allem der Tanz sind mir vollkommen egal!" Hehe......Nicht gut.
 

Also schluckte ich hart und lächelte gequält. "Nun ja, ich hielt es für angebracht..als..ähm...Prinzessin Loriens auch....ähm...zu tanzen. Ja."

Puh, das war knapp.
 

Ich warf einen vorsichtigen Blick an Leggis - zu - breiter Brust vorbei und stellte zufrieden fest, wie Thranduil abwesend den Wein über sein giftgrünes Gewand goß, anstatt es zu trinken.

Mein wohl dreckiges Grinsen verschwand aber direkt wieder, als ich zufällig zu Glowy sah. Ihr Lächeln stand dem meinen in nichts nach, obwohl es sich wohl eher auf mich und den Prinzen bezog. Böse funkelte ich sie an, als sie eine imaginäre Person umarmte und wild mit ihr rumknutschte.
 

Und so etwas schimpfte sich beste Freundin...na toll. Bei solchen Freunden brauchte man echt keine Feinde mehr.
 

Sicherlich überflüssig zu erwähnen, dass meine Laune inzwischen wieder den Nullpunkt erreicht hatte. Was für ein bescheidener Abend...
 

Die Musik setzte ein und schon hüpfte ich mit Legolas über das Parkett. Es war ein beschwingtes, fröhliches Lied und dafür war ich den Musikern doch sehr dankbar. Nicht auszudenken, wenn ich mich bei irgendsoeiner dramatischen, schnulzigen Ballade ganz eng an Legolas Brust....uäääääh!!
 

So hing ich also mehrere Minuten eher zwischen Boden und Decke, sobald Legolas mich herumwirbelte, während Glowy und Arwen die Köpfe zusammensteckten, meine Familie schmachtend jede unserer Bewegungen beobachtete und Thranduil inzwischen seine Haare ansengte.
 

Na, wenn das nicht ein erfolgreicher Abend war...
 

Nach dem dritten Lied konnte ich mich endlich von meinem Begleiter lösen und fächelte mir demonstrativ Luft zu, sodass es mir lächelnd gestattet wurde, an die frische Luft zu gehen. Wie gnädig.
 

Legolas wollte noch kurz etwas zu trinken besorgen, sodass ich schon einmal alleine auf die Terrasse vorging.
 

Der Mond war weitergewandert und stand nun hoch am Himmel, flankiert von abertausenden von Sternen.

Aus Langeweile heraus, versuchte ich sie zu zählen - vielleicht hatte ich das Gesöff doch unterschätzt - als jemand hinter mich trat.
 

Ich drehte mich gerade etwas unelegant im Kreis und rief: "Guck mal, Legolas! So viele Sterne! Weißt du, wieviele es sind? Ich versuche sie gerade zu zählen..." Ich musste Omi unbedingt nach dem Rezept des Getränks fragen, das war ja wirklich mörderisch! Und verdammt tückisch! Immerhin schlug es erst jetzt so richtig zu und benebelte meinen Verstand derart, dass ich schon zum Kleinkind mutierte und noch schlimmer: ich war nett zu Legolas!
 

"Ähm, ja, das sehe ich."
 

Nach mehreren Umrundungen schaffte ich es schließlich mich kichernd gerade hinzustellen und meinen Besucher aus großen Augen anzusehen.

Nachdenklich runzelte ich die Stirn. Warum war Legolas plötzlich so......grün?
 

Da meine Gehirnzellen gerade eh anderweitig beschäftigt zu sein schienen, gab ich das Pseudonachdenken auf und griente ihn an.

"Weißt du, eigentlich kann ich dich gar nicht leiden...."
 

Mein Gegegnüber hob eine Augenbraue. "So?"
 

Ich nickte heftig. "Jap! Aber das weißt du doch!? Schließlich hast du mich vorhin doch gefragt, was ich gegen dich hätte..."
 

Er sah jetzt sehr nachdenklich aus. Irgendwie gefiel mir der Gedanke nicht, dass er noch in der Lage war zu denken und ich nicht.
 

"Hey Legolas, was ich dir schon die ganze Zeit einmal sagen wollte...."
 

"...ja?"
 

"...dein Vater ist echt verdammt...schlimm!" Wow, im betrunkenen Zustand konnte ich ja richtig beleidigend sein...wie erschreckend!
 

Die Augenbrauen von dem Elb veschwanden nun über seiner Stirn im Haaransatz. Ich gluckste leise, ein seltsamer Anblick - vor allem wenn sich auch noch so einiges zu drehen anfing...
 

"Wie meint Ihr das?"
 

"Na ja...ich hab gehört, dass er so einen gewissen Komplex hat.....und ständig jedes Mädchen vergrault, das dir zu nahe kommt, weil sie ihm nicht gut genug ist...."
 

Der Blonde schien jetzt doch leicht säuerlich zu sein, was ich natürlich nicht mehr in der Lage war zu realisieren, und hakte weiter nach:

"Und woher wollt Ihr das wissen? Immerhin kennt Ihr ihn noch nicht so lange?"
 

"Ach", Ich machte eine wegwerfende Handbewegung "ich hab da so meine Quellen..." Huiii, jetzt fühlte ich mich wie Miss Marple...
 

Eine Weile blieben wir still, was mir doch sehr auf den Keks ging, da mir langweilig wurde.
 

"Und wenn Eure Quellen Recht behielten, würdet Ihr Euch dann auch von mir fernhalten?", fragte der Blonde weiter.
 

Ich legte den Kopf schief, wodurch mein Gleichgewichtssinn ein wenig zu leiden hatte, denn auf einmal trudelte ich, als ein weiterer Gast die Terrasse betrat und mich leicht besorgt am Arm festhielt.

"Oh, Ihr habt wohl schon etwas zu viel getrunken! Zum Glück habe ich Euch Wasser mitgebracht!"
 

Zu meinem Leidwesen war es Legolas.
 


 

~~~

Interlude: Get the party started

Hallo!

Tjoa, eigentlich sollte dieses Kap schon vor ein paar Tagen on sein, doch es wird noch fleißig Korrektur gelesen. Allerdings bin ich selbst ein seeeehr ungeduldiger Mensch und da gerade nur 14 FF's zum Freischalten da sind, wollte ich die Chance nutzen, und es jetzt schnell on stellen..*grins* Sobald ich es verbessert zurückbekomme, werde ich das Kap selbstverständlich noch einmal überarbeiten.

An dieser Stelle einen ganz herzlichen Dank an Iary, die sich freiwllig dazu angeboten hat, dieses Mammutkap zu betan!*dich knuddel* Danke!

Desweiteren eine Warnung: Also dieses Kap ist, wie schon angedeutet, ein Interlude und ist NICHT aus der Sicht von Cala beschrieben! Zudem habe ich deshalb meinen Schreibstil in diesem Kap etwas verändert, was ihr aber selbst wahrscheinlich merken werdet. *lol* Aber keine Angst, die nächsten Kaps werden garantiert so, wie die 10 vorigen.Nur wollte ich in diesem Kap viele verschiedene Situationen und Meinungen und solche Dinge darstellen, die ich sonst nur umständlich hätte andeuten können..und das war mir zu blöd. *rofl*

Dann noch ein Hinweis: bei den Charabeschreibungen habe ich dank Sakuracat-chans Aufmerksamkeit jetzt auch die Twins und Tulu hinzugefügt, wer es sich mal durchlesen will, ist also herzlich eingeladen, mir seine Meinung darüber zu schreiben. Schlagt mich bitte wegen dem Zwillingsbild nicht, aber ich habe kein passenderes gefunden...*drop* Ich suche aber weiter.

Dann zum Schluss noch ganz liebe Grüße an Nilli, die bestimmt schon seit 2 Monaten auf dieses Kap warten muss...*doppeldrop* Mensch, Süße, meld dich mal wieder! Hab schon lange nichts mehr von dir gehört!*schmoll* *zwinker*
 

So....und nun endlich zum Kap. *lol* Ich hoffe, ihr habt Spaß beim Lesen!

(das ist nun die Korrektur gelesene Version! Noch einmal ganz herzlichen Dank an Iary!! *knuddelz*)
 


 

11. Kapitel

Interlude: Get the party started
 

"Morgen, Cala!"
 

Angesprochene spürte, wie ihr Bett noch ein Stückchen tiefer sackte und "etwas" neben ihr Platz nahm.

Gequält stöhnte sie auf.
 

"Glowy, was soll'n das...?", murmelte sie schläfrig und drehte ihrer besten Freundin den Rücken zu.
 

"Aufstehen, du Schlafmütze! Draußen scheint so schön die Sonne!", plapperte Glowy munter los und Calas noch nur mäßig funktionierender Verstand fragte sich langsam, was ihre beste Freundin um diese frühe Uhrzeit schon so munter in ihrem Zimmer zu suchen hatte...
 

"Ist mir egal!", murrte Cala und zog sich ein Kissen über den Kopf, während Glowy nur grinsend den Kopf schüttelte. Wie erwartet hatte da wohl jemand einen gehörigen Kater...

Das Grinsen wurde breiter.
 

"Aber Cala, Omi und Opi erwarten uns beim Frühstück und du willst sie doch nicht etwa warten lassen, oder? Und was soll Legolas erst dazu sagen..."

Unschuldig gewissenhaft prüfte die Schwarzhaarige die Länge ihrer Fingernägel, als die Dunkelblonde mit zusammen gekniffenen Augen unter ihrem Kissen hervorlugte. Seit die beiden ihren Streit beigelegt hatten und Glowy sich einen ganzen Abend lang mit König Eomer bestens verstanden hatte, hatte die Schwarzhaarige ein fast schon unheimliches Interesse darin entwickelt, Cala mit Legolas zu verkuppeln...und das innerhalb eines Abends!
 

"Der kann mir gestohlen bleiben!", schrie Cala kurz darauf los, was Glowy nur mit einem unbeeindruckten Schulterzucken quittierte. Sie wusste ja, dass Cala ein "kleiner" Dickschädel war und deshalb hatte sie auch am Abend zuvor spontan einen Entschluss gefasst: sie würde ihrer besten Freundin mal ein wenig unter die Arme greifen...
 

~~~
 

"Kommt Lady Cala nicht zum Frühstück?", fragte Gimli und konnte seine Enttäuschung darüber kaum verbergen. Zu sowohl Thranduils, als auch Legolas Leidwesen hatte der muntere Zwerg einen Narren an der quirligen Prinzessin gefressen. Nach einem Abend Entzug, freute sich dieser schon sehr auf weitere lustige Zusammenstöße zwischen der Dunkelblonden und allen anderen.

Dieses Mädchen war tatsächlich ganz nach seinem Geschmack, besonders, da sie ebenso - trotz elbischer Abstammung - nicht viel von ihren Landsleuten zu halten schien und sie deshalb auch gerne einmal auf die Schippe nahm...insbesondere den werten Herrn aus Düsterwald. Dieser schien in diesem Moment etwas entrückt zu sein, während er sein Spiegelei massakrierte.
 

Gimli unterdrückte ein Glucksen. Selbst mit über Tausend Jahren war man wohl nicht gegen so einen Wirbelwind - wie dieses Mädchen einer war - gefeit...
 

"Eigentlich sollte sie sehr wohl erscheinen...Glowy wollte sie wecken.", rissen ihn Galadriels Worte aus seinen Gedanken. Die hohe Frau unterbrach sich selbst und legte die Stirn in nachdenkliche Falten. Auch wenn sie nicht eingegriffen hatte, so hatte sie dennoch das Schauspiel beim Ball zwischen den beiden Prinzen des Düsterwaldes und Bruchtals verfolgt und war alles andere als glücklich darüber gewesen. Die aggressiven Spannungen zwischen den Prinzen wurden langsam unerträglich. Zu ihrer großen Mißbilligung schien es allerdings auch keine Möglichkeit zu geben, die Wogen zwischen ihnen zu glätten und das Auftauchen ihrer Enkelin trug auch nicht gerade zu einer Besserung dieses Umstandes bei...
 

Sie seufzte kaum vernehmlich und lächelte ihren Gatten dankbar an, der seine Hand tröstend auf die ihrige gelegt hatte. Unmerklich wanderte ihr Blick weiter und blieb an König Thranduil haften, auf dem man gut und gerne ein Ei hätte braten können - so sehr kochte er vor sich hin.
 

"Wann wollten sie eigentlich zurück zur Erde?", fragte Celeborn unvermittelt, während er die umher wuselnden Diener beobachtete, die immer mehr Gebäck, Konfitüren und anderes auf dem langen Tisch abstellten.
 

"Heute Mittag, also in wenigen Stunden.", lautete die Antwort.
 

Erschrocken hielt Legolas in seinem Ei-Massaker inne und sein Kopf ruckte in Rekordgeschwindigkeit nach oben, während Arwen vor Schreck beinahe vom Stuhl gekippt wäre.
 

"WAS?!"
 

Das Herrscherpaar Loriens, sowie König Thranduil, Meister Elrond und Gimli zuckten angesichts der doch ziemlich lauten Protestrufe der beiden heftig zusammen. Wenig später konnte man auch leises Gewimmer vernehmen.

"Nicht so laut.....", stöhnten Elladan und Elrohir, welche auf den weit entferntesten Plätzen von Legolas saßen. Arwen warf den Zwillingen lediglich ein fieses Lächeln zu. Das geschah ihnen ganz recht.

Doch das Lächeln verging ihr gleich wieder, als sie sich an die Worte der Galadhrim erinnerte.
 

"Warum gehen sie denn zurück zur Erde?" Auch wenn sie das letzte Wort etwas seltsam betonte, wusste sie inzwischen recht gut über diese Welt Bescheid - ebenso wie die anderen. Auf der Versammlung am späten Nachmittag des vorigen Tages war zwar nach Calas - doch recht beeindruckendem - Abgang ziemliche Unruhe ausgebrochen. Sobald Galadriel und Celeborn die adelige Meute jedoch wieder zur Vernunft gebracht hatten, wurde ihnen alles über ihren Aufenthalt in dieser fremden Welt erzählt.
 

Anfangs zwar schockiert über die wundersamen Sitten und Gebräuche auf der Erde, wurde ihnen doch bald allen klar, WARUM Cala und Glowy zwei so sonderbare Elbinnen waren...
 

Galadriel wollte gerade zu einer Antwort ansetzen, als das Tor zum Speisesaal schwungvoll aufgerissen wurde und zwei lautstark diskutierende Mädchen eintraten...okay, nur eine diskutierte....
 

"...ach, komm schon! Jetzt hab dich doch nicht so!"
 

"..."
 

"Du hast das schließlich bei mir auch gemacht, während der Reise hierher!"
 

"..."
 

"Oh Eru, hör auf zu schmollen! Das ist doch kindisch!! Ich hab auch nicht geschmollt..."
 

Die Dunkelblonde warf der Schwarzhaarigen einen giftigen Blick zu. "Nein, aber du wolltest mich lynchen! Willst du lieber um dein Leben rennen?!", fragte sie sarkastisch.
 

Die andere lachte leise. "Na endlich eine Reaktion...dachte schon, ich müsste ewig Selbstgespräche führen! Nicht, dass es nicht äußerst interessant wäre, mich mit mir selbst auszutauschen, aber-" Nach einem weitaus bedrohlicheren Blick als zuvor aus blitzenden grünen Augen, entschloss sich die Schwarzhaarige spontan dazu, diesen Tag noch lebend zu überstehen und begnügte sich mit einem unschuldigen Lächeln in Richtung ihrer Freundin. Diese verengte ihre Augen zu Schlitze, kam aber nicht mehr dazu, dem Mädchen etwas entgegenzuschleudern, da sich jemand lautstark an sie wandte.

Gezwungenermaßen blickte sie von ihrem "Dorn im Auge" zu ihrem "Dorn im Ohr"...
 

"Cala, Glowy!! Guten Morgen ihr beiden!! Kommt, setzt euch! Wir haben schon auf euch gewartet!"
 

Cala schüttelte hilflos den Kopf, hob das Gesicht in einer verzweifelten Geste zur Decke und schien ein stummes Gebet zu murmeln, was aber niemand verstand. Nur Glowy lachte hinter vorgehaltener Hand.
 

Die Dunkeblonde fragte sich immer noch, was sie Gott, Eru oder wem auch immer so schlimmes getan haben konnte, dass er sie nun dermaßen bestrafte, aber ließ sich ohne Kommentar auf den Platz neben der freudestrahlenden Arwen plumpsen.
 

Gefährlich musterte sie ihre Freundin, die immer noch nicht ihren munteren Redefluss gestoppt hatte und die drohende Gefahr nicht zu bemerken schien. Erst ein unsanfter Tritt von Glowy ließ sie in verwundertes Schweigen fallen.
 

Cala seufzte vernehmlich auf und blickte auf ihre beste Freundin, die ihr genau gegenüber saß und auch schon angewidert das Gesicht verzog, als Gimli sie quer über den Tisch anbrüllte, damit sie seiner Bitte nach einer schönen dicken Hühnerkeule nachkam....
 

"Cala, da es bereits früher Mittag ist" Galadriel musterte ihre Enkelin mit einem strengen Blick, den diese mißmutig erwiderte. "habt ihr nicht mehr viel Zeit, euch für die bevorstehende Party vorzubereiten."
 

Man konnte es förmlich "klick" machen hören, als ein verstehendes Raunen durch die Runde lief. Glowy und Cala sahen sich verwirrt an, ehe die neu-degradierte Prinzessin säuerlich antwortete:

"Es ist jawohl unsere Sache, wann wir dorthin zurückkehren!"
 

Celeborns Augen verdüsterten sich und alle Anwesenden hielten den Atem an, mal ganz abgesehen von Glowy und Cala.

Calas morgenliche Launen waren eigentlich allgemeinhin bekannt, oder sollten es zumindest sein, darum war es vergebene Liebesmüh die Siebzehnjährige wegen etwas zurechtzuweisen, was man auch ganz leicht hätte umgehen oder aus Spaß an der Freude provozieren können...Glowy grinste. Okay, ihre verqueren Gedanken konnte wohl nicht jeder teilen.
 

"Cala...." Galadriels Stimme hatte auf einmal einen beißenden Beigeschmack erhalten, der zu ihrer großen Enttäuschung keinerlei Wirkung auf das Mädchen ausübte.
 

"Gimli, gibst du mir vielleicht das Brötchen? Danke." Cala lächelte den Zwerg freundlich an und ignorierte ihre Großmutter geflissentlich. Hach, war es nicht herrlich schon am so frühen Morgen dermaßen zickig sein zu können?!

Für diesen Gedanken hätte die Dunkelblonde am liebsten ihren Kopf gegen die Wand geschlagen. Mittelerde schien ihrer Psyche irgendwie nicht gut zu tun...
 

"Ihr geht also auf einen Ball?", fragte Arwen neben ihr neugierig und unterbrach somit das Streitgespräch zwischen Großmutter und Enkelin.
 

Verwundert sah Cala sie an. Ball?!

Es dauerte einen Moment, bis ihr noch leicht angeschlagener Verstand registrierte, was mit "Ball" gemeint war....

,Also wirklich, dieses vorsinntflutliche Wort für Party sollte echt verboten werden...', dachte sie im Stillen und erhielt kurz darauf eine mentale Zurechtweisung von ihrer Großmutter, deren Nerven schon jetzt reichlich überstrapaziert zu sein schienen...
 

Nachdem sie auch dies erfolgreich überstanden hatte, bemerkte sie, dass mal wieder aller Augen auf ihre Wenigkeit gerichtet waren - nicht unbedingt alle waren ihr wohlgesonnen. Ziemlich genervt, aber auch etwas verwundert, erwiderte sie die Blicke.
 

Dass sie aber auch immer im Mittelpunkt stehen musste...Grinsend schüttelte sie den Kopf und bearbeitete ihr Brötchen - allerdings weitaus Gebäckfreundlicher als der düsterwälderische Prinz.
 

"Ja, wir gehen auf diesen Ball." Sie betonte das Wort absichtlich und warf ihrer Omi einen triumphierenden Blick zu. "Das stand schon vor unserer Reise hierher fest, und außerdem freuen wir uns sehr darauf."
 

Glowy fing an hibbelig auf ihrem Stuhl hin und her zu rutschen und bekam glänzende Augen.
 

Arwen schmunzelte. "Kann es sein, dass ihr dort jemand bestimmtes trefft?"
 

Ein Schuss ins Blaue und ein Treffer ins Schwarze - das war spätestens dann allen klar, als Glowy ruhig sitzen blieb und große Augen machte, während Cala fast an einem Schluck Wasser erstickte.
 

"Weiß nicht, was du meinst...", brachte Cala keuchend hervor und wurde puterrot im Gesicht.
 

Während Calas Eltern leicht schmunzelten, ihre Großeltern dagegen leicht verwirrt dreinsahen und Arwen Lunte gerochen zu haben schien, legte der Rest der männlichen Tischnachbarn nachdenklich die Stirn in Falten.
 

"Los, sagt schon! Wie heißt er!" Leicht panisch sah Cala sich um. Ihr gefiel es absolut nicht, ihr Liebesleben auf einem Silbertablett vor sämtlichen Würdenträgern Mittelerdes zu servieren...
 

Glowy schien es ähnlich zu gehen, denn keinen Augenblick später jaulte Arwen schmerzerfüllt auf und rieb sich unter dem Tisch ihr Schienbein.
 

Die beiden Schwarzhaarigen versanken nun in einem stummen Augenduell, das von allen Anwesenden mehrheitlich irritiert verfolgt wurde.
 

,Vielleicht ist es auch für die Bewohner Mittelerdes mal ganz angenehm von Glowy und Cala eine Weile verschont zu sein...', dachte Calas Mutter leicht amüsiert.
 

Schließlich räusperte sich König Thranduil und warf den beiden stumm-streitenden Elbinnen einen eindeutig mißbilligenden Blick zu, welcher beide wieder zur Vernunft brachte.
 

Ein typisches Frühstück mit Glowy und Cala...
 

~~~
 

Nach dem Frühstück erhob sich Cala alsbald und verabschiedete sich von der Tischgesellschaft. Ihr waren die seltsamen Blicke des blonden Düsterwaldprinzen sehr wohl aufgefallen und irgendwie hatte es ihr nicht sonderlich behagt...Flucht war da schon eher ihr Fachgebiet, statt eine ernsthafte Auseinandersetzung mit ihren Taten.
 

Schnurstracks begab sie sich auf ihr Zimmer, wo bereits Arveldis mit einem Kleid aufwartete. Seufzend verdrehte die Dunkelblonde die Augen. Als wenn sie im Aufzug einer lorischen Prinzessin zu der Party gehen würde...
 

Bei Glowy sah es nicht viel anders aus. Auch in ihrem Zimmer wurde sie von einer Zofe erwartet, die ihr verschiedene Kleider zur Auswahl gab.
 

Nach dem zehnten Kleid hatte sie jedoch das Gefühl, in einer elbischen Irrenanstalt voller Barbiekleidchen-Modepüppchen zu stecken und ergriff schlagartig die Flucht. Sie verschanzte sich bei der vor Wut schäumenden Cala, die ihre Zofe kurz zuvor mit einem mehr oder weniger freundlichen Wink zur Tür hinaus befördert hatte. Zu zweit verbarrikadierten sie sich nun in dem Zimmer, um gemeinsam den bösen Zofen, die ja absolut keine Ahnung von erdischen Kleidungsgewohnheiten hatten, ein Schnippchen zu schlagen...
 

Schon bald darauf waren die beiden Zofen so am Ende, dass sie sich hilfesuchend an den vorbeikommenden Elrond wandten, der nur allzu gern mit seiner lockeren Art den beiden Mädchen entgegentrat...
 

"Cala, Glowy?"
 

Stille.

"Wer bist du?"
 

Elrond schmunzelte. "Ich bin Elrond. Darf ich eintreten?"
 

Der Bruchtalelbe hörte lautes Gezeter hinter der Tür, pfiff aber höflich vor sich hin, um nicht unbeabsichtigerweise doch einige Gesprächsfetzen aufzuschnappen, als sich vorsichtig die Tür öffnete.

Er lachte verhalten, als ein schwarzer Schopf mißtrauisch herausspähte und ihn von oben bis unten genauestens musterte, bevor ihm gestattet wurde, hereinzukommen.
 

Beide Mädchen wirkten etwas niedergeschlagen, wie er sofort feststellen konnte. Besonders Cala schien sehr aufgeregt und nervös zu sein.
 

Aufmunternd lächelte er sie an und fragte sich gleichzeitig, ob seine Tochter mit ihrer Vermutung über eine bestimmte Person, die die Mädchen in ihrer Welt treffen wollten, nicht vielleicht doch genau richtig gelegen hatte...
 

~~~
 

"Meinst du, es ist klug, sie jetzt zur Erde zurückzuschicken? Jetzt, wo sie doch eigentlich ihr wirkliches Zuhause gefunden haben?" Galadriel sah besorgt zu den vielen Beeten, die außerhalb ihres Pavillions gelegt worden waren. Ihr gefiel der Gedanke nicht, die beiden alleine zurückreisen zu lassen.
 

"Aber warum denn nicht? Sie werden ja wiederkommen, darüber musst du dir wirklich keine Gedanken machen. Ich versichere dir, dass sie lieber hierherkommen, als noch länger auf der Erde zur Schule gehen zu müssen."
 

Beide schmunzelten. Dieser Fakt war allerdings umumstößlich.
 

"Aber was ist, wenn ihnen etwas geschieht? Wer weiß schon, wo Lephisto sich zurzeit aufhält...und was er vorhat! Vielleicht wartet er ja nur auf solch eine Gelegenheit, um den beiden etwas anzutun?! Sie sind doch noch so jung..."
 

Celeborn seufzte lautlos und schlang einen Arm um die Schultern der Waldelbin. "Seit wann fürchtest du das Schicksal so sehr? Hast du nicht in den Spiegel gesehen?"
 

"Doch, sicher habe ich das...und ich sah, was passiert, wenn sie zu lange auf der Erde bleiben.."
 

Erwartungsvoll blickte Celeborn auf seine Gattin hinab. "Was wird geschehen?", fragte er sanft.
 

Galadriel zitterte leicht. "Lephisto wird sie finden...und töten."
 

Ein unangenehmes Schweigen breitete sich über die beiden aus. Sie wussten, dass die Mädchen irgendwie geschtützt werden mussten, doch wussten sie ebenso, dass sie lieber alle zwergischen Heimatlieder vorsingen würden oder sich eine Woche lang tatsächlich NETT verhalten, als zuzulassen, dass ihre Großeltern oder Eltern mit auf die Party kamen...
 

"Du weißt, dass wir daran nichts ändern können. Sie werden gehen - mit oder ohne unsere Zustimmung. Sie freuen sich so sehr darauf und ich bin nicht der Meinung, dass wir ihnen diesen Spaß verderben sollten, weil womöglich ihre Sicherheit auf dem Spiel steht. Lass uns ihnen das Versprechen abringen, um Mitternacht in ihrer Zeit wieder nach Mittelerde zurückzukehren, doch mehr können wir nicht tun."
 

Galadriel nickte gequält. Sie konnte sich einfach nicht mit dem Gedanken anfreunden, ihre Enkelin und das Mädchen, das mittlerweile ebenso zu ihrer Enkelin geworden war, schutzlos der Gefahr auszusetzen...doch Celeborn hatte Recht: sie würden es ihnen nie verzeihen, wenn sie jetzt nicht gehen durften.
 

"Ja, vielleicht ist dem so..."
 

Erneut kehrte Stille ein. Es war früher Mittag und es versprach ein tatsächlich wundervoller Tag zu werden, doch die beiden Herrscher kümmerte das nicht. Ihre Gedanken kreisten einzig und allein um zwei junge Mädchen, die nichts anderes als Unsinn im Kopf hatten...
 

"AHH!" Ein zweifach erschrockener Ausruf zerstörte die traute Zweisamkeit abrupt. Überrascht wandten sich Galdriel und ihr Gatte um, nur um dann direkt in das wütende Gesicht Haldirs zu blicken, der je an einer Hand den Hemdkragen Elladans und Elrohirs festhielt.
 

"Sie waren in den Büschen und lauschten Eurem Gespräch, Herrin..."
 

~~~
 

"Cala, was hast du denn?" Beruhigend strich Elrond dem Mädchen über den Rücken, während Glowy sich in Calas Bett gelegt hatte und friedlich Musik hörte. Der discman war auf volle Lautstärke gedreht, sodass sie nichts von dem Gespräch Calas mit ihrem Onkel mitbekam.
 

Onkel. Für die Dunkelblonde war es immer noch eine seltsame Tatsache, dass dies auf einmal ihr Onkel sein sollte...
 

"Nichts..es ist alles okay...wieso?" Sie hatte schon einmal besser gelogen, das wusste sie selbst.
 

"Es geht also tatsächlich um einen Jungen?", fragte Elrond geradeheraus und war nur wenig überrascht, als Cala ihn aus schreckengeweiteten Augen heraus anstarrte.
 

"W-woher...."
 

"Beim Frühstück, als Arwen dies erwähnte. Glowy trat ihr unter dem Tisch gegen das Bein, richtig? Nun, es war ja dann nicht mehr sehr schwer zu erraten, warum sie das getan hat..."
 

Cala blickte angestrengt zu Boden. Sie verspürte nicht gerade Lust dazu, Freudensprünge zu machen, dass ihr Onkel sie so leicht durchschaut hatte...
 

"Und wenn es so wäre?" Nervös begannen ihre Finger am Saum ihres Kleides herumzunesteln. Zu guter letzt hatte auch das Gespräch mit Elrond hinsichtlich der bevorstehenden Fete nicht bewirken können, dass die beiden jungen Mädchen sich in ihrer Garderobenwahl beeinflussen ließen....stattdessen hatten sie vereinbart, etwas früher als geplant zur Erde zurückzukehren und sich im heimischen Kleiderschrank zu verschanzen, um das passende Oufit zu finden.
 

"Nun, dann wäre ich natürlich sehr neugierig und würde gerne mehr über diesen jungen Mann erfahren, der offensichtlich einen so starken Eindruck auf dich gemacht hat.", schmunzelte Elrond belustigt angesichts der zarten Röte auf Calas Wangen.
 

Aus schmalen Augen funkelte sie an. "Das ist NICHT witzig!", presste Cala mühsam beherrscht hervor, da ihr keineswegs das Zucken der Mundwinkel des Elben entgangen waren.
 

Dieser hob abwehrend die Hände. "Schon gut, schon gut...ich glaube nicht, dass jetzt die richtige Zeit für einen weiteren Schlagabtausch ist." Nur zu gut erinnerte er sich noch an das Gesrpäch auf ihrer Reise nach Lórien, als er sie über seine beiden Söhne aufgeklärt hatte...
 

Die Dunkelblonde seufzte tief und pustete sich eine leicht gelockte Strähne aus dem Gesicht. "Mama und Papa sorgen sich sehr, hab ich Recht?", fragte sie unvermittelt.
 

Elrond fühlte sich leicht ertappt, war jedoch erfahren genug, dies zu verbergen. "Natürlich, immerhin werdet ihr beide alleine zur Erde reisen...deswegen werden sie bestimmt keine Luftsprünge vollführen..."
 

KLOPF
 

Cala zuckte leicht zusammen, war allerdings froh, dass das etwas unangenehm werdende Gespräch mit ihrem frisch gebackenen Onkel eine legitime Pause einlegte.

"Ja?"
 

Die Tür öffnete sich schwungvoll und hereinschauten ihre Eltern. "Es wird Zeit. Eure Großeltern haben bereits alles vorbereitet."
 

Rasch entzog Cala Glowy den discman und zu fünft begaben sie sich aus dem Schloss.
 

~~~
 

ZISCH
 

"Wahrlich ein Meisterschuss!" Haldir nickte anerkennend, während er dem Pfeil nachsah, der sich präzise in die Mitte der Zielscheibe bohrte.
 

Legolas antwortete nicht. Für gewöhnlich hörte er gerne Lob, besonders von ebenso guten Schützen wie dem neben ihm stehenden Galadhrim, doch an diesem Tag stand ihm nicht der Sinn nach heiterer Konversation.

Seine Gedanken waren ziemlich verstrickt, drehten sich jedoch immer wieder nur um das eine...oder eher gesagt: die eine...
 

"Was ist mit dir, alter Freund? Nicht einmal das Bogenschießen scheint deiner Laune gut zu tun!" Besorgt legte Haldir dem Prinzen eine Hand auf die Schulter, sodass dieser gezwungen war, ihn anzuschauen. Die blauen Augen von Legolas schimmerten in einer Mischung aus Mitternachtsblau und helleren Nuancen. Es spiegelte nur zu gut seine momentane Gefühlsregung wieder, trotzdem vermochte Haldir nicht zu sagen, was genau mit seinem Freund los war.
 

"Nichts.", antwortete ebendieser auf die Frage seines Freundes und wandte sich wieder seinem Bogen zu. Auch wenn ihm dieses freundschaftliche Messen in seiner Lieblingssportart sonst in jeder Situation Freude bereitete, fungierte es diesmal doch eher als willkomene Möglichkeit zum Abreagieren.
 

Haldir schnaubte. "Lüg mich nicht an!"
 

Sie schwiegen einen Moment, in dem Haldir seinen Freund aufmerksam fixierte, während dieser krampfhaft versuchte, dem Blick des Hauptmanns zu entgehen. Beide bemerkten nicht, wie sich ihnen jemand näherte.
 

"Haldir! Herrin Galadriel wünscht Euch zu sprechen!"
 

Stirnrunzelnd wandte sich Angesprochener dem jungen Elb zu, der es gewagt hatte, sie zu stören, als jener fortfuhr: "Auch Euch, Prinz Legolas, wünscht sie zu sehen."
 

Verwirrt sahen sich die beiden Freunde an, ehe sie achselzuckend hinter dem jungen Laufburschen herstiefelten.
 

~~~
 

"Iiiiiihhhh! Das ist ja kalt!!!! Und.....NASS!!!!!!" Glowy machte einen Satz zurück und zog ärgerlich ihren nassen Schuh fort.
 

Kopfschüttelnd verpasste Cala ihr eine Kopfnuss. "Dummerchen! Natürlich ist das kalt und nass! Ist ja schließlich auch Wasser, meinst du nicht?"
 

Lady Galadriel und ihr Gatte konnten sich aufgrund dieses Schauspiels nur schwer das Lachen verkneifen. Es war auch wirklich zu amüsant, wie sich die beiden Mädchen stritten, wer zuerst in das Becken steigen sollte und wie sie sich dabei anstellten.
 

"So hört doch auf, euch zu streiten! Niemand muss in das Becken steigen!" Calas Mutter wirkte leicht genervt - kein Wunder, wenn man bedachte, dass sie den beiden Zofen der Mädchen begegnet war und gründlich Wiedergutmachung zu leisten gehabt hatte, nach den beinah-Nervenzusammenbrüchen der jungen Elbinnen.
 

Verdutzt wurde sie von vier Augen gemustert. "Mutter, hast du ihnen etwa nichts davon erzählt?" Wütend wandte sie sich an die Herrin Lóriens, die sich offenbar keiner Schuld bewusst zu sein schien. Leicht grinsend schritt sie um das Becken herum und blieb vor einer Felswand mit dicht behangenen Efeuränken stehen.

"Nein, entschuldigt, aber es muss mir wohl entfallen sein..."
 

Glowys Mörderblick ignorierte sie gekonnt. Sie zog es vor, den Vorhang aus Efeu beiseite zu wischen und einen blitzenden Spiegel zum Vorschein zu bringen.
 

Cala und Glowy staunten nicht schlecht. "Aber....ich dachte...das Becken....Spiegel....hn?!"
 

Elrond grinste. "Wirklich ungewöhnlich geistreich, das muss ich schon sagen...." Jetzt war es an Cala, mit bösen Blicken um sich zu schießen.
 

"Nun, Cala, du hast Recht: im Becken befindet sich der Spiegel, der mich vergangenes, gegenwärtiges oder womöglich zukünftiges sehen läßt, doch ist dies gewiss nicht das rechte Reisemittel zur Erde."
 

Cala grummelte irgendetwas von "besserwisserisch", "angeberisch" und "könnte sie auch ruhig ohne diesen nervig überlegenen Tonfall sagen".
 

"Es ist, nun sagen wir, der Schwesternspiegel zu jenem im Becken - aber dies ist eine andere Geschichte. Ich erzähl sie euch ein anderes Mal..." Sie bemerkte sehr wohl, dass diese Sache offenbar niemanden zu interessieren schien.
 

"Wo bleiben eigentlich Haldir und Legolas?", fragte Calas Vater seufzend und fuhr sich durch sein dichtes schulterlanges Haar.
 

Die beiden Mädchen sahen ihn verständnislos an. "Warum sollten sie hierher kommen?!"
 

Er wollte gerade zu einer Antwort ansetzen, als es auf einmal im Gebüsch, ein paar Schritte entfernt, zu rascheln begann.

Alle Anwesenden schreckten leicht zusammen und beobachteten mißtrauisch den Busch, doch es regte sich nichts mehr.

Cala war versucht, sich hinzuschleichen und nachzusehen, was oder vielmehr WER sich dahinter verbarg, als zwei Blondschopfe schnellen Schrittes die Stufen zu ihnen hinabliefen. Abrupt wurde der Busch in die Kategorie "unwichtig" verbannt.
 

Glowy begann zu grinsen, was ihrer Freundin einen unheimlichen Schauer über den Rücken laufen ließ. Dieses Lächeln verhieß meist nichts gutes...zumindest nicht für sie.
 

Legolas sah leicht verwundert zu dem Herrscherpaar Lóriens, dann zu Cala. Sein Gesicht war undurchschaubar.
 

Nervös knetete die Dunkelblonde ihre Finger und tapste automatisch näher zu der verschwommenen Oberfläche des Spiegels.

"So, also, dann..ähm, bis.....ähm....morgen?!" Sie schnappte Glowy am Ärmel und gemeinsam traten sie immer näher zu ihrem Transportmittel.
 

"Stop!" Beide Mädchen zuckten leicht zusammen bei dem autoritären Befehl Lady Galadriels und blieben sofort stehen.
 

"Ihr müsst mir eins versprechen!"
 

Die Mädchen nickten verwirrt.
 

"Um die Mitternachtsstunde, in erdischer Zeitrechnung, werdet ihr in unser Haus gehen und von dort aus mithilfe des Spiegels hierher zurückreisen!"
 

Cala nickte seufzend und wollte sich schon endgültig dem Spiegel zuwenden, als ihre Großmutter sie erneut aufhielt.
 

"Und nur damit ihr dieses Mal auch wirklich dort ankommt, wo ihr ankommen sollt: während ihr durch die Fläche des Spiegels treten, DENKT GANZ FEST an den Ort, wo ihr landen wollt! Das ist sehr wichtig!" Die Mädchen nickten verstehend und wirkten leicht verlegen - ihnen war nur zu gut noch ihre erste Reise und den damit verbundenen Schwierigkeiten alias Bekanntschaften in Erinnerung.

"Zudem wäre es wahrscheinlich besser, wenn ihr euch an den Händen festhaltet - dann seid ihr wenigstens zusammen, egal wo ihr letztendlich landet."
 

Glowy schnaubte leicht und Cala wirkte beleidigt. Ihre Verwandtschaft schien ihnen aber auch wirklich rein gar nichts zuzutrauen...
 

Die beiden Mädchen verabschiedeten sich artig und durchtraten gemeinsam, Hand in Hand, den Spiegel.
 

Kurz bevor sie ganz im Innern des Spiegels verschwanden, warf Cala einen letzten Blick zu Legolas, den dieser ausdruckslos erwiderte.
 

Nachdem die beiden Mädchen endgültig verschwunden waren, blieb es noch eine Weile still unter den Elben, nur die Oberfläche des Spiegel verschwamm unruhig. Plötzlich jedoch knackte und raschelte es ein weiteres Mal im Gebüsch. Schneller als ein menschliches Auge es erfassen konnte, hechteten zwei schwarzhaarige Elben aus einem Dornbusch hervor und warfen sich regelrecht in die immer noch leicht aufgewühlte Oberfläche des ungewöhnlichen Transportmittels.
 

"NEIN!"
 

~~~
 

"Sind wir Zuhause?!", fragend sah sich Glowy in der unerwarteten Dunkelheit um, die sie umgab. Cala zuckte die Schultern, was ihre Freundin natürlich nicht sehen konnte.

"Ich weiß nicht..."
 

Tastend wanderten sie durch die bodenlose Schwärze, als es einen dumpfen Laut und einen schmerzverzerrten Ausruf seitens der Dunkelblonden gab.
 

"Aua!"
 

Erschrocken zuckte Glowy zusammen und drückte besorgt die Hand ihrer Freundin, die sie immer noch fest umschlossen hielt.

"Cala, was ist passiert?!"
 

"Oh, verzeiht, holde Dame!"
 

"Elrohir?!", keuchte Glowy erschrocken, als es einen zweiten Schmerzensruf gab.
 

"Zur Stelle, genauso wie Elladan." Das überdimensionale Grinsen des Zwillings wurde durch die Dunkelheit auf willkommene Art und Weise vertuscht.
 

"Elladan..Elrohir...w-was........WAS ZUM TEUFEL MACHT IHR HIER?!?!", brüllte Cala plötzlich los, sodass drei der vier Anwesenden scharf die Luft einsogen.
 

~~~
 

"Oh nein!" Bestürzt schlug sich Galadriel die Hände vor das Gesicht. Die beiden Chaoten Elladan und Elrohir bei den beiden Mädchen zu haben, beruhigte sie nicht gerade. "Was haben sie sich nur dabei gedacht?"
 

Auch Elrond wirkte alles andere als erfreut. Sein Gesicht ließ zwar keine Regung zu, doch seine Augen blitzten umso mißfälliger. "Diese Lausjungen....nichts als Unsinn im Kopf....." Seufzend fuhr er sich durchs Haar. "Armes Bruchtal.."
 

Haldir trat nachdenklich neben seine Herrin und starrte wie alle Anwesenden verdattert auf die Oberfläche des Spiegels, welche immer noch leichte Wellen schlug. Sein Blick wanderte weiter zu Legolas, der sich offensichtlich ziemlich zusammenreißen musste und dann zu seiner Herrin.

Lächelnd verbeugte er sich leicht vor letzerer. "Meine Herrin, als Ihr uns zu Euch rufen ließet, geschah dies aus einem bestimmten Grund...und ich sehe diesen Grund nun als mehr als nur bestätigt an.", sagte er in seinen so eigenen kryptischen Worten, die niemand außer der Herrin und ihrem Gatten zu verstehen schienen.
 

Galadriel erwiderte das Lächeln mühsam. "Ich würde mich....besser fühlen, wenn Ihr mir diese Bitte erfüllen würdet."
 

Haldir lächelte warm, als er sich neben den Düsterwaldprinzen stellte und ihm eine Hand auf die Schulter legte. "Es wird uns eine Ehre sein, Euch Eure Bitte zu erfüllen."

Nachdrücklich drückte er des Prinzen Schulter, der ihn ein wenig verwirrt ansah und schließlich nickte unter Haldirs durchdringendem Blick.

Er sollte erst kurze Zeit später erfahren, worauf er sich da eingelassen hatte...
 

~~~
 

Ach ja, damit keine Mißverständnisse aufkommen: Cala hat im letzten Kap am Ende mit König Thranduilchen, Leggis Papa, ein Pläuschchen gehalten..*zwinker*

Achtung, Achtung: Kollision mit der Erde in 3, 2, 1...Zu spät.

Erst einmal hallo! *strahl* Hab ein neues Kap im Gepäck! *grins*

An dieser Stelle einen ganz lieben Dank an meine Leser/ Reviewer! *euch mal alle spontan knuddel* Reviews erhalten mich echt am Schreiben!
 

Deswegen mal die Info: Ich beiße niemanden. Wenn ich bei der Zugriffsstatistik sehe, dass fast 70 User (abzüglich der Doppelklicke und Reviews) meine FF lesen und sich nicht die Zeit nehmen, mir ein klitzekleines Kommi zu schreiben, finde ich das sehr schade. Freue mich über jedes Kommi. Reviews sind immerhin mein Ansporn, diese FF weiter zu schreiben.

Also bitte hinterlasst mir eure Meinung, ja? Würde mich wirklich sehr freuen! Es ist nämlich immer interessant zu sehen, wem was besonders gefällt/ nicht gefällt!

Und ich beiße wirklich nicht..nur manchmal..*zwinker*
 


 

12. Kapitel

Achtung, Achtung: Kollision mit der Erde in 3, 2, 1...Zu spät.
 

Ziemlich aufgebracht stapfte ich durch die Straßen. Es war ziemlich warm, eine heiße Sommernacht eben.

Aber war ja egal, meine Laune besserte das auch nicht gerade.
 

Wütend trat ich gegen einen Laternenpfahl. Na ja, war vielleicht keine meiner besten Ideen gewesen, denn kurz darauf bereute ich es doch arg....
 

Humpelnd setzte ich meinen Weg fort. Eine schwarze Katze kreuzte meinen Weg. Hmm, wie war das noch mal? Schwarze Katze von rechts und das Pech ist dir hold? Tz, so ein Quatsch....
 

"Aaaaaaaauuuuuuuaaaaaaaaa! Mist!"
 

Fluchend rieb ich mir meine Stirn. Wo war nur plötzlich dieser dämliche Laternenpfahl hergekommen?!
 

Frustriert ging ich weiter und schimpfte munter vor mich hin, als sich plötzlich über mir ein Fenster öffnete. Eine streng drein schauende Frau mit einer pinken Haube auf dem Kopf sah zu mir hinunter.

In Erwartung eines heftigen Donnerwetters, erwiderte ich ihren Blick herausfordernd.
 

,Ein kleiner Streit tut mir sicherlich gut...', dachte ich und wartete.
 

Und wartete. Plötzlich bewegten sich ihre Lippen, aber es schien kein Wort herauszukommen.
 

Ärgerlich versuchte ich den penetranten Piepston zu ignorieren, der mich tierisch zu nerven begann, als ich bemerkte, dass dieser leidige Piepston ihre Stimme war.......
 

Verzweifelt warf ich die Arme gen Himmel. "Warum? Warum nur? Wie kann ein Gott nur so egoistisch sein?! Nicht mal einen ordentlichen Streit gönnst du mir?!"
 

Die Frau verschwand abrupt vom Fenster und ein bierbäuchiger Schlägertyp tauchte auf, der sich an Stellen kratzte, die ich in seinem Fall nicht mal gedanklich benennen wollte...uähh...

"Hey, du da! Du willst Streit? Ich kann gerne runterkommen und deine Probleme mit dir klären...", fragte er mich und ich beschloss, dass ich jetzt vielleicht doch langsam mal zu Jonas sollte....
 

Also machte ich mich schnell aus dem Staub.
 

Kurze Zeit später stand ich vor Jonas Haus und klingelte ein wenig zögernd. Was mich wohl erwarten würde? Bestimmt das reinste Chaos...

Ich schnaubte frustriert. Klasse, ich war ja in richtiger Partylaune heute...
 

Die Tür öffnete sich und der Gastgeber begrüßte mich. Jonas schien ungewöhnlich nervös zu sein.
 

Ich betrat das Haus und fand die perfekte Partylocation vor. Omis Porzellan in den Vitrinen war von der Bildfläche verschwunden und durch bunte Eimerchen ersetzt worden, die wohl eine Funktion erfüllen sollte, über die ich lieber nicht weiter nachdenken wollte...uääh...
 

Überall hatte Jonas Lichterketten und Girlanden aufgehängt, während im Wohnzimmer oben an der Decke eine fast schon monströse Discokugel baumelte.
 

Mein erster Gedanke war: Respekt!

Mein zweiter: Warum bin ich hier?
 

Ich warf einen Blick auf meine Armbanduhr. Durch den unglücklichen Glücksfall, genannt Elladan und Elrohir, und meiner Standpauke an die Zwillinge, war ich etwas zu spät bei Jonas eingetrudelt. Allerdings, wenn ich mir jetzt die fertige Deko so ansah, das aufgebaute Buffet, den beleuchteten Pool im Garten..... und ich zudem nichts Zerbrechliches mehr im Haus entdecken konnte, fragte ich mich ernsthaft, weshalb ich überhaupt so früh hatte herkommen sollen...
 

Der Grund ließ dann auch nicht lange auf sich warten.
 

"Cala, ich muss mit dir reden...", eröffnete mir Jonas plötzlich mit Grabesstimme.
 

Ein wenig irritiert sah ich ihn an, ehe mich der Geistesblitz traf. Erschrocken sah ich ihn an. "Oh nein, sag bloß, deine Großeltern haben ihren Nachbarschaftsstreit beigelegt!"
 

Stille.

Irgendwie hatte sein Blick etwas von einem Psychologen, der sich fragt, ob sein Patient überhaupt noch eine Chance auf Heilung von seiner geistigen Umnachtung hatte.....
 

"Äh, nein...."
 

Ich seufzte. Na, wenigstens konnte also die Party schon mal stattfinden. Was sollte denn jetzt noch Schlimmes übrig bleiben?!
 

Ich flezte mich aufs Sofa und schnappte mir ein paar Salzstangen, an denen ich friedlich zu knabbern begann.

Bei Gesprächen, die so ernsthaft anfangen, sollte man sich besser hinsetzen. Der Boden konnte manchmal ziemlich hart sein, wenn man auf einmal seinen Gleichgewichtssinn verliert....ich verlor zwar eher meine Beherrschung, aber die brachte mich ja nun auch nicht immer in sonderlich positive Situationen.....
 

Jonas fuhr sich abwesend durch das Haar. Knuspernd musterte ich ihn. Er sah gut aus mit seinen hoch gegelten Haaren, der ausgewaschenen Jeans und dem roten Hemd.

Sein angestrengter Gesichtsausdruck dagegen passte ganz und gar nicht zu ihm.
 

Ungeduldig trippelte ich mit meinen Fingern auf meinem Knie rum. Ernste Gespräche waren nicht so ganz mein Ding....sie waren immer so langweilig....tiefenpsychologisch....einfach so...ernst...uäh....

Und am schlimmsten war es, wenn der ach so ernste Gesprächspartner so unglaublich ernst war, dass er vor lauter Ernsthaftigkeit einfach kein ernstes Wort herausbekam....
 

Hmpf.
 

"Und worüber dann?", fragte ich gelangweilt, als er mir gegenüber auf einem Sessel Platz nahm.

Er beugte sich ganz Pastor-like nach vorne und faltete die Hände, als würde er bei dem, was er mir zu sagen hätte, den Beistand Gottes brauchen....okay, wo war der Alkohol doch gleich?
 

"Na ja....ähm, weißt du....über...äh..", stotterte er plötzlich los, als wäre statt Gott der Teufel (Anm. d. A.: Gruß an Iary.*lol* *knuffz*) höchst persönlich an seiner Seite erschienen.
 

Irgendwann gab Jonas es schließlich auf und es herrschte klamme Stille in dem großen Haus.
 

TICK TACK
 

Man, war mir langweilig.
 

TICK TACK
 

Viel lieber hätte ich unsere beiden Möchtegern-Beschützer weiter zusammengestaucht.
 

TICK TACK
 

Bildeten die sich doch tatsächlich ein, wir wären in Not und bräuchten unbedingt ihren Schutz!
 

TICK TACK
 

Ich hab vielleicht gelacht...aber ich hatte ja gar nicht gewusst, wie beleidigt Elben, vor allem männliche, sein können....
 

TICK TACK
 

Mmh....obwohl ich mir das ja eigentlich hätte denken können...
 

TICK TACK
 

"DIESE VERDAMMTE UHR MACHT MICH WAHNSINNIG! ENTWEDER DU SAGST MIR JETZT ENDLICH, WAS DU MIR ZU SAGEN HAST ODER DU LEGST MUSIK AUF!"
 

TICK TACK
 

"AHH! Andererseits würde ich diese liebreizende Uhr nur zu gerne in den liebreizenden Uhrenhimmel schicken!"
 

Nun schien Jonas endlich gemerkt zu haben, dass es mir absolut ernst damit war, denn er sprang hastig auf die Füße und hob beschwichtigend die Hände.

"Okay, okay....ich sag es dir.....in Ordnung?"
 

Na, das war doch schon mal ein Fortschritt. Ja, ja, wenn Frau nicht immer alles ins Rollen bringen musste.....
 

"Also? Ich höre."
 

Jonas entließ die Uhr aus seiner festen Umklammerung - anscheinend führte er eine sehr innige Beziehung zu seinen Haushaltsgegenständen - und setzte sich mit einem Räuspern wieder auf den Sessel.
 

Meine Güte, was war er denn so verklemmt? War ja wirklich furchtbar. Also musste Frau wieder ran.

"....jahhhh?", hakte ich ungnädig nach.
 

"..................Ben."
 

Okay, das kam jetzt unerwartet.....Verständnislos sah ich ihn an. Irgendwie verstand ich das Problem noch nicht....

Also wartete ich darauf, dass er weitersprach, doch seine braunen Augen blickten mich erwartungsvoll an.

Öhm...war ich irgendwie im falschen Film gelandet? Gab es irgendeinen Insider oder ein Codeword, welches man versäumt hatte, mir zu sagen?
 

Mein Geduldsfaden - welche Geduld?! - war kurz vorm Zerreißen.

"Was denn? Hat er etwa mal keine 1+ in einer Klausur bekommen? Oder hat er sich etwa mit Frau Macket in die Wolle gekriegt?" Gelangweilt sah ich ihn, bis sich meine Augen vor gespieltem Schock weiteten. "Oh nein! Sag nicht, er ist bei Herr Kohlbecher in Philosophie eingeschlafen!" - So wie der Rest des Kurses für gewöhnlich auch.

Komisch, aber wahr: Es war Tradition, in Kohlbechers Kurs einzuschlafen. Außer für Ben natürlich. Nicht, dass ihm das jemand vorwerfen würde, aber das Fach hatte unser Kurs Montags in den ersten beiden Stunden....perfekte Schlafstunde für all die Alkoholleichen des Wochenendes. (Anm. d. A.: Okay, an diesem kleinen Stück habe ich mich schier aufgehangen und es war tatsächlich das Schwerste in diesem Kap, weil mir einfach nichts annähernd Witziges eingefallen ist, das Cala sagen könnte. Nun, ist es eben unlustig. *schmoll*)
 

Jonas' Blick verfinsterte sich. Es schien ihm tatsächlich ernst zu sein. "Er ist nicht der, der er zu sein scheint...glaube ich.", erwiderte er geheimnisvoll.
 

Mir kam die Erleuchtung! Jetzt wusste ich, in welchem Film ich gelandet war: Akte X, die unheimlichen Fälle des Doktor J. ....

Hatte er etwa Nachhilfestunden im kryptisch-reden bei Haldir genommen?
 

Hatte ich schon mal erwähnt, dass ich genervt war?
 

"Sag mal, bist du jetzt unter die Philosophen gegangen oder willst du mir heute einfach nur auf die Nerven gehen?", fragte ich dementsprechend.
 

Nun wurde er offenbar wütend. Oha, endlich wurde es interessant....
 

"Hey, denkst du etwa, für mich ist das hier leicht? Immerhin reden wir gerade über meinen besten Freund!"
 

"Ja, und was für ein schöner bester Freund du doch bist! Fängst an, mit mir über ihn zu lästern!"
 

"LÄSTERN?! Sag mal, spinnst du?! Ich will dich doch bloß warnen..."
 

"Oh, natürlich! Seht alle her, Ritter Lästerherz im Kampf für Philosophie und geistige Verwirrtheit!"
 

Seine Augen wurden zu schmalen Schlitzen.

"Seit wann hast du eigentlich eine so große Klappe? Sonst gehörst du doch auch immer eher zu der stillen Groupie-Fraktion, die Ben anhimmelt, aber wenn er dich mal endlich anspricht, einen auf Mimöschen machst!"
 

KLATSCH
 

Mmmh, der rote Handabdruck sah richtig modisch an ihm aus.....
 

Erschrocken hielt er sich die weinrote Wange, auf der man einen gut sichtbaren Abdruck meiner schönen, kleinen Hand entdecken konnte.

Böse starrte ich ihn an.

"Ich weiß zwar nicht, was du meinst, aber sag so etwas noch einmal und dann.....dann........DANN werde ich..."
 

DING DONG
 

Wir zuckten beide zusammen, als es so unvermittelt an der Tür klingelte.

Triumphierend lächelnd verschränkte ich die Arme vor der Brust, als er missmutig zur Haustür stapfte.

Ich würde sagen, dass diese Runde ganz eindeutig an mich ging....hehe..yeah me!
 

Keine Sekunde später stürmte eine ganze Horde Party-wütiger Jugendlicher ins Wohnzimmer, trampelten alles nieder, was sich ihnen in den Weg stellte.

Kurz darauf dröhnte laute Musik durch das ganze Haus, welches im Takt mit dem Bass in die Luft zu hüpfen schien, und der ganze Pulk verteilte sich auf alle Etagen und Zimmer.

Eru, ich hoffte nur für Jonas, dass er die Schlafzimmer abgeschlossen hatte....
 

"Cala!"
 

Jemand brüllte durch das ganze Geschnatter und Geknusper der Leute meinen Namen. Ich drehte mich um und erblickte Glowy........umringt von vier Elben.

Wartet, wartet......VIER?!

Ich sah genauer hin und erkannte zu meinem unglaublichen Entsetzen Elladan, Elrohir, Legolas und Haldir.
 

Und mir wurde eins schmerzlich bewusst: Gott hatte mich endgültig verlassen......Und wo blieb eigentlich Eru, wenn man ihn mal brauchte?!
 

Ärgerlich bahnte ich mir durch Schubsen und Drängeln einen Weg zu den fünfen. Ich baute mich zornig vor einer nicht gerade glücklich aussehenden Glowy auf.

"Glowy! Was zum Henker wollen DIE hier?!" Ich zeigte mit dem ausgestreckten Zeigefinger auf die vier Kerle, die sich leicht naserümpfend umsahen und deren Ohren unablässig zuckten.
 

Ha, von wegen ICH sei ein Mimöschen.....
 

"Na ja, kurz nachdem du weg warst, kamen Legolas und Haldir durch den Spiegel und erklärten, dass Omi sie geschickt hätte, um auf uns aufzupassen. Tja, als ich mich dann umgezogen und fertig gemacht habe, bestanden alle vier einstimmig darauf, mich hierher zu begleiten."
 

Haldir nickte bekräftigend und sah mir in die Augen. "Ihr hättet nicht alleine vorgehen sollen zu dieser....Residenz." Sein Blick wanderte angewidert durch das Zimmer und sein Kinn hob sich leicht.
 

Meine linke Augenbraue zuckte gefährlich. Residenz....sprachen wir mal wieder ein wenig hoch gestochen? Aber war das nicht eigentlich Legolas' Part?

Oh nein! Haldir würde doch nicht etwa versuchen, Legolas seinen Platz als ungekrönte mein-Volabular-besteht-aus-tollen-und-vom-Aussterben-bedrohten-Wörtern-Queen streitig zu machen?

Das war ja....skandalös!
 

Meine rechte Augenbraue begann ebenfalls im Rhythmus der Musik zu zucken, als die vier Elben angewidert die Spaß habende Menschenmenge beobachteten....

Jetzt schlug's aber dreizehn.....Wenn die keinen Spaß haben konnten, mussten sie noch lange nicht so großkotzig tun! Immerhin hatte niemand sie gezwungen, hierher zu kommen!
 

"Na, hör mal! Ich bin doch kein kleines Kind mehr, das man auf Schritt und Tritt bewachen muss! Soweit kommt es grad noch!", rief ich aufgebracht. Es war ja schon schlimm genug, die beiden Zicken-Twins um sich zu haben, aber jetzt auch noch Spießer-Prinz und kryptisch-redender-Eisklotz dabei zu haben, war wirklich zuviel des Guten.....
 

"Allerdings.", mischte sich plötzlich Legolas ein, sah aber stur an mir vorbei in den Raum. Ach ja, ich vergaß: er war ja immer noch sauer auf mich, weil ich seinen Vater pseudo-beleidigt hatte.....meine Güte, Papi und Sohnemann konnten sich echt anstellen....

Was erwarteten die eigentlich? Dass ich sie mit Samthandschuhen anfasste?! Man, wusste gar nicht, dass männliche Elben solche Weicheier waren.....und da wunderte sich Legolas, was ich gegen ihn hätte? TZ!
 

"Außerdem: Was, bei Eru, trägst du da eigentlich?!", fragte mich Elladan ein wenig entgeistert.
 

Alle fünf Augenpaare richteten sich wie auf Knopfdruck auf mein hellblaues, bauchfreies Top und meinen weißen Minirock.

Ich spürte, wie ich rot wurde: Der Calad'sche Vulkan brach wieder mal aus.

"DAS GEHT EUCH ÜBERHAUPT NICHTS AN! DAS HIER IST DIE ERDE UND WIR BEFINDEN UNS GERADE AUF EINER FETE: DA TRÄGT MAN NUN MAL SO ETWAS!"
 

Schweigen.
 

Zum Glück standen wir ein wenig abseits und da der Bass sowieso das meiste übertönte - oder eher überdonnerte - hörte niemand Unerwünschtes mein Geschrei.
 

Glowy grinste mich an und zwinkerte mir zu, was so viel bedeutete, wie: ,Hey Süße, siehst echt stark aus!'
 

Ich erwiderte ihr Grinsen und nickte ebenfalls anerkennend, als ich ihren schwarzen Faltenrock und das blütenweiße Top betrachtete: ,Du aber auch!'
 

Glowy hatte sich im Haus unserer Großeltern umziehen können, da sie dort noch ein paar Sachen von sich bunkerte, doch ich hatte kurz nach Hause gehen müssen, um mich anzuziehen und zu stylen - das war auch der Grund, warum mich bisher keiner der fünf in voller Partymontur gesehen hatte.
 

Plötzlich beugte sich Legolas vor und streifte in einer geschmeidigen Bewegung den Mantel von seinen Schultern, um ihn um mich zu wickeln.

Einen Moment verblüfft sah ich ihn an, als sich das erste Mal an diesem Tag unsere Blicke begegneten. Ich sah die innere Zerrissenheit in seinen Augen. Offenbar hatte ich mit den Beleidigungen gegen seinen Vater das Fass endgültig zum Überlaufen gebracht, sodass er nun nicht mehr wusste, wie er sich mir gegenüber verhalten sollte.....

Aber hey: Das, was ich zu Thranduil gesagt hatte, konnte man doch nicht wirklich als Beleidigung auffassen..........oder?
 

Mental schüttelte ich den Kopf. Beleidigung hin, Eingeschnapptsein her: Ich ließ mir doch von diesen vermaledeiten Elben nicht den Abend versauen! Sie waren alleine hierher zur Erde gekommen, also sollten sie auch mal schön selbst sehen, wie sie hier zurechtkamen.

Eine Diskussion schien ja momentan eh sinnlos zu sein, also warum sich noch länger mit den Spaßbremsen aufhalten?
 

Auf dem Absatz kehrt machend, warf ich mich zurück ins Getümmel.....

.......direkt zur Theke. Auf diesen gänzlich unerwarteten Schock brauchte ich erst mal was zu trinken.

Also kippte ich mir ein Glas Wodka hinter die Binde und schon sah die Welt - beziehungsweise die Party - ganz anders aus.
 

Dümmlich grinsend warf ich mir eine Haarsträhne in den Nacken. Man, irgendwie fühlte ich mich echt gut heute......
 

In eine durch Wodka bedingte Stimmungsschwankung erblühend, begrüßte ich überschwänglich ein paar Klassenkameraden und grinste ununterbrochen dämlich vor mich.

Die Elben hatte ich beinahe vergessen. Aber nur beinahe.
 

Bald schon füllte sich die Mitte des großen Raumes mit Tanzfreudigen, die zu POP und R'n'B ihre ach so coolen Moves zeigten...ey, jo, ey....check it out.....Alter.
 

Ich währenddessen verbrachte meine Zeit damit, der wirklich äußerst attraktiven Bar in regelmäßigen Abständen einen feucht-fröhlichen Besuch abzustatten, sodass ich schon recht bald spürte, wie meine Glieder langsam schwer wurden.
 

Ich torkelte fröhlich von der Bar weg und peilte eine noch unbesetzte Couch an - wobei ich die Qual der Wahl hatte, da es dieselbe Couch irgendwie zweimal zu geben schien....Auf einmal ging ein Ruck durch meinen Körper, als mich zwei Hände an der Hüfte fassten und auf einen Schoß zogen. Mein letzter Gedanke galt meinem der Bedrohung durch Überschwappung ausgesetzten Sektglas.
 

Yeah....das sind die Dinge, die wirklich zählen.....
 

Als mein Gehirn nach einigen Anlaufschwierigkeiten endlich registriert hatte, dass nichts von dem benebelnden Inhalt in meinem Glas verloren gegangen war, machte ich mir die Mühe, meinen Kopf zur Seite zu drehen und direkt in funkelnde, braune Augen zu sehen.

Sanft strich mir Jonas eine Strähne hinter das Ohr und flüsterte in selbiges: "Tut mir leid wegen vorhin! Ich hatte dich nicht so anschreien wollen."
 

Ich sah ihn wieder an und kniff ihm leicht in die Wange. "Schon vergessen....ich hätte ja auch nicht so zickig sein brauchen.", erwiderte ich mit schwerer Zunge und grinste schief.
 

Er begann amüsiert zu lachen und strubbelte durch mein Haar.

"Hey!", protestierte ich halbherzig und versuchte, meine Pseudofrisur wieder zu richten. Klappte natürlich überhaupt nicht. Schmollend gab ich es auf und ließ mich mit einem tiefen Seufzen zur Seite gegen Jonas' Brust fallen.

Sein überraschtes "Uff!" überging ich einfach mal.
 

"Na, schon müde?", fragte er mich und ich kicherte leicht, als sein Atem in meinem Ohr kitzelte. Er zog Legolas' Mantel - huch, wo kam der denn auf einmal her?! - hervor und wickelte mich darin ein.
 

"Woher hast du den denn?", fragte ich und schaffte es tatsächlich, nicht zu lallen. Man, war ich stolz auf mich....
 

"Du hast ihn beiseite gelegt, als du an der Bar gesessen bist. Ich habe ihn aufgehoben und wollte ihn dir geben, aber da warst du schon weitergezogen.", sagte er grinsend.
 

Ich nickte und fuhr ein wenig abwesend über das weiche Stück Stoff. Wenn mir mein gerade in Urlaub gegangener Verstand sich nicht vollkommen verabschiedet hatte, roch der Mantel sehr gut.....
 

Ich kuschelte mich automatisch noch ein wenig mehr in den Mantel und an Jonas.

Hmm, ziemlich gemütlich.....Schnurrend schloss ich die Augen, während Jonas sich köstlich über mich amüsierte. Aber das bekam ich nicht wirklich mit....
 

Plötzlich verspannte sich Jonas deutlich. Mit einiger Anstrengung hob ich den Kopf und sah einen erstarrten Jonas, der auf einen bestimmten Punkt direkt hinter mir starrte.

Ich korrigiere: auf jemanden....
 

Etwas schwerfällig drehte ich mich nun in die andere Richtung, nur um erneut in braune Augen zu sehen. Im ersten Moment zu verdutzt und ein weeeeeenig schwer von Begriff, starrte ich ihn an, als die Information durchsickerte, dass auch mehr als nur ein Mensch braune Augen haben können.
 

Ich gluckste leicht aufgrund meiner tollen ach so wissenschaftlichen Erkenntnis, und Bens Mörderblick richtete sich auf meine Wenigkeit. Er schien sogar noch wütender zu werden.
 

Ich bekam große Augen und schob schmollend die Unterlippe vor - fühlte mich allerdings weiterhin durch seine kalten Blicke gelyncht, aufgespießt und gevierteilt, was mir irgendwie in meinem kleinen, sensiblen, Liebe bedürftigen Herzchen weh tat - ja, auch ich hatte so etwas ^^ - sodass kam, was niemand - nicht einmal ich selbst - für möglich gehalten hätte: Ich begann zu weinen.
 

Wie ein Schlosshund fing ich hemmungslos zu plärren an und jammerte rum, dass sich alle Welten gegen mich verschworen hätten und niemand mich lieb hätte. Nun ja, so ganz falsch lag ich da wohl nicht, gelle?
 

Jonas - vollkommen überfordert mit der Situation - ließ es zu, dass Ben seine Arme um mich schlang und mich in eine aufrecht stehende Position zog. Beruhigend streichelte er meinen Rücken.
 

Ein Schauer lief mein Rückrat hinab, als ich merkte, dass ich noch von einer weiteren Person beobachtet wurde, doch war ich zu sehr mit Weinen und mein durch Alkohol bedingtes Selbstmitleid beschäftigt, um dies zu realisieren.
 

Nach einer Weile schob mich Ben von sich und zog mich hinter sich her. Willenlos stolperte ich hinter ihm her, als wir kurz darauf auch schon wieder stehen blieben. Nur am Rande bekam ich mit, dass wir draußen auf der Terrasse neben dem schwach beleuchteten Pool standen.
 

Ben stützte mich fürsorglich und drehte mich zu sich. Tief sah er mir in die Augen. "Was ist denn los mit dir, Cala? Wie kommst du nur auf die blöde Idee, niemand würde dich mögen? So kenne ich dich ja gar nicht....", sagte er gegen den etwas schwächer gewordenen Lärm.
 

Ich schniefte leicht. Trotzdem, gute Frage: Wie kam ich eigentlich auf diesen Schwachsinn? Mein Blick fiel auf das halbvolle Glas in meiner rechten Hand.

,Blöder Alkohol.....macht mich immer so verdammt sentimental....', seufzte ich in Gedanken und zuckte leicht lächelnd die Schultern.
 

Ben sah mich immer noch besorgt an, wurde plötzlich aber ein wenig rot um die Nasenspitze und brachte noch mehr Abstand zwischen uns.
 

Leicht verständnislos sah ich ihn an, doch er wich meinem Blick aus.
 

Hoppla, was ging denn jetzt?! Hatte ich schon wieder etwas verpasst?!
 

Hmpf.
 

Wie aus dem Nichts tauchte plötzlich Glowy neben mir auf und rief ein "Achtung!", als Elladan und Elrohir sich vor uns aufbauten.

Stirnrunzelnd sah ich sie an. Was wollten die denn jetzt?
 

"Wer bist du?", fragte Elladan Ben.
 

"Woher kommst du?", hakte nun auch Elrohir nach.
 

"Wie alt bist du?"
 

"Du kennst Cala?"
 

"Woher kennt ihr euch?"
 

"Wie lange kennt ihr euch schon?"
 

"Was willst du von ihr?"
 

"In welcher Beziehung steht ihr zueinander?"
 

Wie aus der Pistole geschossen stellten die Zwillinge ihre Fragen. Ein wenig hilflos starrte Ben sie an, während Glowy erfolglos versuchte, die Zwillinge zum Schweigen zu bringen.
 

Doch das war auch nicht mehr nötig, denn beim Wort "Beziehung" schrillten alle meine Alarmglocken und die Sicherung brannte schließlich durch....

"JA, DREHT IHR JETZT VOLLKOMMEN DURCH?! ICH BRAUCHE EUREN SCHUTZ NICHT!! STECKT EUCH EURE BABYSITTERGENE SONST WOHIN UND LASST MICH IN FRIEDEN!! IHR HABT HIER NICHTS ZU SUCHEN!", schrie ich los und erntete einen überraschten Blick von Ben. Meine beiden Cousins dagegen sahen mich leicht bedröppelt an.
 

"Wer sind die beiden überhaupt?", fragte Ben und musterte Elladan und Elrohir eingehend. "Sie sehen ein wenig.....seltsam aus."
 

"Das sind meine Cousins.", antwortete ich und Ben kam aus dem Staunen nicht mehr heraus.
 

"Und du sagst uns gefälligst erst einmal, wer du bist!" Drohend tippte Elladan Ben an die Brust.
 

Meine Augenbraue begann mal wieder Frühsport zu treiben...
 

Kurz entschlossen stellte ich mich zwischen Ben und meine Cousins und sah letztere mit einem zuckersüßen Lächeln an. Langsam ging ich einen Schritt vorwärts, während mich die Zwillinge leicht verdutzt ansahen und gleichzeitig einen Schritt zurückwichen.

Mmh.. sie schienen mich mittlerweile doch recht gut zu kennen...

"Jungs, das ist ja so lieb von euch, dass ihr so besorgt um mich seid..."
 

Gott, mir wurde fast schlecht...Ich ging noch einen Schritt weiter nach vorne...
 

"..wirklich, ich bin froh, dass ihr hier seid, ich kann es nicht genau ausdrücken...wie soll ich es nur sagen?..."
 

Argh, wo war das nächste Eimerchen?

..Und noch ein Schritt....
 

Schließlich blieb ich stehen - die Zwillinge ebenso - und lächelte triumphierend, ehe ich losschrie: "ABER NOCH SCHÖNER FÄNDE ICH ES, WENN IHR MICH ENDLICH IN RUHE LASSEN WÜRDET MIT EUREM KINDISCHEN BESCHÜTZERGETUE!"
 

Und schwups, hatte Klein-Cala die beiden verdutzten - und sich die empfindlichen Öhrchen zuhaltenden - Elben an die Brust gestoßen, sodass beide rückwärts fielen...

...und fielen...

...und fielen...
 

PLATSCH
 

Zufrieden betrachtete ich zwei klitschnasse Elbleins, die ärgerlich im Pool rumplanschten.

Mein Grinsen war in diesem Moment sicher waffenscheinpflichtig...

Mmh, wenn ich bin betrunken bin, habe ich zwar normalerweise ein Herz für alles und jeden, aber bei den beiden hört's dann doch - bei aller Liebe für dramatische Kindertheater - auf.
 

Gespielt tadelnd hob ich den Zeigefinger. "Aber Jungs, seid doch nicht so schüchtern! Zum Baden hättet ihr ruhig eure Kleidung ausziehen können! Die ist doch so schwer und unhandlich im Wasser..."

Ich zwinkerte den vor sich hin köchelnden Zwillingen gut gelaunt zu.
 

Unerwarteter Weise tauchte nun Haldir hinter den beiden Brüdern auf und packte sie grob an ihren Hemden. Unsanft zog er sie aus dem Wasser. Er warf mir noch ein kleines Lächeln zu, ehe er mit den wild um sich schlagenden und kreativ vor sich hin fluchenden Bruchtalelben von dannen schritt. Glowy direkt hinter sich.
 

Die verwunderten Blicke, die zuvor noch mir gegolten hatten, wanderten nun zu ihm.

Er ignorierte sie genauso rigoros, wie ich es zuvor getan hatte.

Mmh, vielleicht war Haldir ja doch ganz in Ordnung...immerhin schien er sich auch über die beiden unfreiwilligen Badegäste amüsiert zu haben....
 

Vielleicht konnte man mit ihm ja doch noch was anfangen...außer Hobby-Mystik-Man zu spielen....
 

Lächelnd sah ich ihm hinterher, bis mir etwas einfiel: Wo steckte eigentlich Legolas?

Suchend sah ich umher, konnte in der Dunkelheit der Nacht um uns herum, aber nicht mehr allzu viel erkennen - Schuld mochte auch noch Bruder Wodka gewesen sein .

Ich sah Jonas im Haus hinter der Musikanlage stehen und mit ausgestrecktem Daumen nach oben zeigend, als er in Bens Richtung nickte.
 

Wenig später erklangen die ersten Töne von Marios "Let me love you". (Anm. d. A.: Ich lieeeeebe dieses Lied! Hach. *schwärm* *grins* Darky, wann krieg ich endlich die CD? *heul*)
 

Ich seufzte wohlig und schloss für einen Moment genießerisch die Augen. Als ich sie wieder öffnete, sah ich direkt in Bens lächelndes Gesicht. Auffordernd streckte er mir eine Hand entgegen, die ich, ohne richtig nachzudenken, ergriff. Im nächsten Augenblick schon fühlte ich mich erneut in seiner Umarmung gefangen.

Aber irgendwie hatte ich auch nicht wirklich etwas dagegen...Einen weiteren Seufzer unterdrückend legte ich meine Hände in seinen Nacken. Stumm sahen wir uns in die Augen.
 

Irgendwie war es seltsam, als wir langsam begannen, uns zum Takt zur Musik zu bewegen.

Meine, durch den Alkohol aktivierte, sensible Seite vollführte zwar Salti, aber mein ins Nebelgebirge geschickter Verstand tauchte nur ab und zu aus seinen Irrwegen hervor. Momentan tat er es leider nicht und so war mir kein heller Augenblick beschieden.
 

Trotzdem war es seltsam. Wenn ich ehrlich war, hatte ich nie zuvor mit einem Jungen getanzt....jedenfalls nicht SO!
 

Tanzkurze hatte ich glanzvoll gemieden und die Tänze, die ich beherrsche, hatte ich in der harten Schule namens "Familie" lernen müssen. Zum Glück war mein Opa ein exzellenter Tänzer....auch wenn er es mit den Umdrehungen immer ein wenig übertrieb.....

Fast schon automatisch rieb ich mir meine Nase.
 

Äh, ja, zurück zum Thema:

In Bens Armen fühlte ich mich beschützt....nicht, dass das nötig wäre oder so was, nur es war einfach.....seltsam. Eigentlich war ich ganz gut darin, die Emanzipation der Frauen anzutreiben und nun so was?!
 

Diese ganze Situation verwirrte mich.
 

OKAY, das Lied war schön - aber kitschig, die Atmosphäre war schön - aber absolut klischeehaft, das enge Tanzen mit Ben war schön - aber ungewohnt.
 

Zugegeben, mein erster richtiger Tanz mit einem Jungen war es wohl eher doch nicht. Dumpf erinnerte ich mich noch an den Ball in Lórien, als ich mit Legolas über das Parkett gefegt war....
 

....Aber irgendwie konnte man das nicht miteinander vergleichen - fand ich. Immerhin mochte ich Legolas nicht einmal.
 

- Und ja, ich kreuze meine Finger gerne...eine Art Fingerübung, okay? Ich bin NICHT abergläubisch und lügen tue ich auch nicht!
 

...
 

Nicht immer.
 

...
 

Okay, ab und zu...
 

...
 

Öfters?
 

...
 

Hmpf. Na gut, Legolas ist nicht ganz so schlimm, wie er aussieht...Aber deswegen muss ich ihn noch lange nicht mögen!
 

Meine - mal wieder - verwirrten Gedanken wurden in ihrer lustigen Achterbahnfahrt unterbrochen, als Ben mich noch ein wenig enger an sich zog und ich nun mit meinem Gesicht an seiner Schulter lehnte.
 

Mmmh.
 

Peinlicherweise fing ich an zu schnurren, was ihn natürlich zum Lachen brachte.
 

Hmpf. So lief das aber nicht, Freundchen!
 

Das altbekannte Calad'sche Feuer war nahe dran, wieder einmal entfacht zu werden.

Ben schien meine Versteifung zu merken - klar, ich stand ja auch nur an seine Brust gepresst! - und strich mir beruhigend durch das Haar.

"Ist ja gut. War nicht so gemeint!"
 

Sicher, und darf ich mich bitte vorstellen? Mein Name ist Hein Blöd.
 

Tz.
 

Ich wollte gerade den Mund aufmachen, um eine mehr oder weniger geistreiche - geistreich? Seit wann das denn? - Antwort zu liefern, als er mich in einen wahren Schockzustand beförderte in dem Moment, wo seine Lippen flüchtig meine Stirn streiften.
 

Nur am Rande bekam ich eine Bewegung am anderen Ende des Pools mit. Ein wenig in Trance löste ich mich aus der Umarmung und sah hinüber - alles Tarnung, denn sehen tat ich nicht wirklich etwas. Das lag allerdings auch an der ach so romantischen Dunkelheit.
 

Verschwommene Neugierde hin oder her - jetzt gab es erst einmal Wichtigeres. Ben schien das ähnlich zu sehen, denn schon schlangen sich erneut seine Arme um meine Taille. Und noch während ich genüsslich meine Augen schloss, entschied ich, dass es schön war, jemandem so nahe zu sein.

Das würde ich sicherlich vermissen.
 

Plötzlich keimten wieder diese Bedenken in mir auf:
 

Wollte ich wirklich zurück nach Lórien?
 

Wollte ich wirklich weg von hier?
 

Wollte ich wirklich weg von Ben?
 

Und wollte ich wirklich in Zukunft Staatskaffeekränzchen mit Legolas halten?
 

Auf einmal war das Lied zuende.

Ben lockerte unsere Umarmung ein wenig, um mir in die Augen sehen zu können.

Mein Herzschlag raste.
 

"Cala....ich....weißt du....." Ein seltsamer Ausdruck trat in Bens Augen. ".....ich habe dich sehr gern....", stotterte er plötzlich und sah schüchtern zu Boden.
 

Einen Moment lang stockte mir der Atem. Hatte er gerade wirklich das gesagt, was ich dachte, das er gesagt hatte?!

Fassungslos starrte ich ihn an, unfähig zu sprechen - und das wollte etwas heißen!

Das hatte noch nie ein Junge gesagt! Ach ne, wartet, Pickel-Joe hatte auch so etwas angedeutet...grr...Nicht dran denken!
 

Mein Herz raste in Formel 1-Tempo und nach dem Verlust meines Haltes torkelte ich ziellos hin und her. Mein Verstand hatte ein paar Schwierigkeiten damit, denken in Bezug auf Ben mit denken in Bezug auf stehen bleiben zu koordinieren.

Beides war definitiv zuviel für Klein-Cala.
 

Auf einmal drehte sich alles vor meinen Augen und ich stolperte ein paar Schritte rückwärts. Der Alkohol hatte wohl beschlossen, doch noch mal ein Machtwort zu sagen.
 

Schließlich fand ich doch noch Halt und blieb gerade stehen. Schon wollte ich mich zufrieden zu meinem guten Gleichgewichtssinn selbst in alkoholisierter Verfassung beglückwünschen, als ich erkennen musste, dass ich nur deshalb stand, weil Legolas mich festhielt.
 

Schmollend schnaubte ich.
 

"Cala, es wird Zeit, zu gehen. Komm.", sagte der Elb und zog mich hinter sich her in Richtung Terrassentür.

Was?! Schon so spät?!

Mmh, ich hätte vielleicht öfter auf meine Armbanduhr schauen sollen....wozu hab ich das Ding schließlich?! Na ja, abgesehen davon, dass sie wirklich stylisch aussieht mit ihrem weißen Ziffernblatt und den goldenen Zeigern....richtig bonzig....

Meine Gedanken gingen mal wieder völlig unsinnige Wege und so bemerkte ich gar nicht, wie schnell wir uns von Ben entfernten.
 

Nachdem wir bereits wieder das Haus betreten hatten, richtete sich mein vollkommen desorientierter Blick durch die Fensterscheibe nach draußen auf Ben, der mir ein wenig traurig und enttäuscht nachsah. Erst jetzt fiel mir wieder das gerade geführte - na ja, okay, begonnene - Gespräch mit ihm. Schon wollte ich mich aus dem eisernen Griff des Elben winden, doch dieser ließ es nicht zu.
 

Wütend versuchte ich Legolas zu schlagen, als er mit mir durch die Haustür ins Freie marschierte, doch dies kümmerte ihn nicht weiter. "Lass mich sofort los!"
 

Er reagierte nicht einmal.
 

Holla die Waldfee! Was war denn in den gefahren?
 

Irgendwann hatte ich keine Kraft mehr und ließ mich wie einen Kartoffelsack von Legolas zurück zum Haus meiner Großeltern ziehen. Hoffentlich war ich schwer....ich versuchte verzweifelt, mich schwerer zu machen, was Legolas lediglich mit einem kurzen Blick über die Schulter quittierte.
 

Hmpf.

Irgendwie war ich mit der Gesamtsituation unzufrieden...
 

Im Haus meiner Großeltern angekommen, trafen wir auf eine vor sich hin seufzende Glowy und die drei anderen Elben, die seltsamerweise ziemlich erleichtert aussahen, uns zu sehen.....
 

Es war kurz vor Mitternacht erdischer Zeitrechnung - ich kam mir vor, wie in einem billigen Abklatsch von Disneys Cinderella - als wir den Spiegel durchquerten und erneut in Mittelerde landeten.
 

Zurück in Lórien setzte ich mich wortlos in Bewegung. Schnurstracks und mit hoch erhobenen Haupt - man mag es kaum glauben, aber im alkoholisierten Zustand ist es schwer, beides zugleich auszuführen - an unserem Empfangskomitee vorbei und auf leicht schwankendem Wege zum Palast.
 

Als ich nach einigem Suchen endlich mein Zimmer wieder gefunden hatte, knallte ich die Tür in einer elbenunfreundlichen Lautstärke zu und warf mich auf mein Bett.

Ein leichtes Schwindelgefühl setzte ein, was mich fast verrückt werden ließ.
 

Eins war klar: Es würde eine seeeehr lange Nacht werden...
 


 

~~~
 

Okay, erst einmal tut es mir leid, dass dieses Kap so lange gedauert hat, aber es fiel mir tatsächlich schwer, diese Situation angemessen zu beschreiben....gelungen ist es mir nicht wirklich. *drop* Aber irgendwann muss die Handlung ja weiter gehen....

Bevor ihr mich also haut, gibt's ein paar News:

- ab nächstem Kap wird's spannender

- das Pairing steht fest!

Na? Ist das nicht schon mal was? *grien*
 

Zudem, schätze mal, werdet ihr jetzt alle auf die Barrikaden gehen, weil in diesem Kap

a) recht wenig von den Elben kam

b) eurer Meinung nach sicher zuviel von Ben und Jonas kam.

Nya, *sich am Kopf kratzt was* soll ich sagen?

Mmh, sollte es euch tatsächlich nicht gefallen, muss ich leider sagen: Pech.
 

Das Kap stand schon von Anfang an fest und so wollte ich es auch haben. Es hat lange gedauert, bis ich mit der Version dieses Kaps wenigstens einigermaßen zufrieden war und das ist das Ergebnis.
 

Die Sentimentalität und der Kitsch in diesem Kap waren übrigens beabsichtigt - allerdings wird das wahrscheinlich eine einmalige Sache sein....höchstwahrscheinlich. Cala ist nicht wirklich ein Kind von Rosamunde Pilcher-Romanze und daher wird es so etwas wohl eher kaum geben in dieser story...

Trotzdem wollte ich diesen Kitsch in diesem Kap haben, um ein bisschen was über Calas gut versteckte Gefühle zu zeigen, die irgendwo unter ihrer zickigen, bissigen, sarkastischen, usw. Schale stecken.^^ Zumindest angedeuteterweise.

Denn so etwas hat sie natürlich auch. Ist ja auch nur ein armes Elblein. *lol*

Meeting in the wood

Anmerkungen: Hallo! Tut mir leid, dass dieses Kap so lange gedauert hat, aber die Schule hat mich ein wenig...umgehauen. Manche von euch haben das ja auch schon daran bemerkt, dass ich so gut wie gar nicht mehr online bin...*seufz*
 

Ich wollte nur noch anmerken, dass es jetzt langsam in die heiße Phase geht - zu dem Teil, auf den ich mich schon die ganze Zeit gefreut habe, hehe: Der richtige Leidensweg unseres Elbenprinzleins beginnt. ;)
 

Danke noch mal für all die lieben Reviews!!
 


 


 

13. Kapitel

Meeting in the wood
 

Unruhig wälzte ich mich hin und her. Es war eine relativ kühle Nacht. Haldir hatte mir letztens erzählt, dass es bald Herbst werden würde.
 

Schlafen konnte ich trotzdem nicht.

Mein Gehirn war noch immer leicht benebelt. Worte, Situationen und Gesichter erschienen zusammenhanglos vor meinem inneren Auge.
 

Als der Schlägertyp aus Jonas' Nachbarschaft mich angrinste, gab ich es auf.

Ich setzte mich kerzengerade im Bett auf und starrte in das nur spärlich beleuchtete Zimmer. Das helle Mondlicht war die einzige Lichtquelle, die ich besaß.
 

Müde schlug ich das Laken beiseite und tapste zur Balkontür. Es war eine sternenklare Nacht, wirklich wunderschön.
 

Ich schnappte mir einen Mantel und stieg hinaus auf den Balkon. Nicht, dass es dadurch meinem Kopf irgendwie besser gehen würde, aber zumindest brachte es ein wenig Ablenkung.
 

Aus den Augenwinkeln bemerkte ich eine Bewegung unter mir und sah jemanden spazieren gehen.
 

Mmh. Scheinbar war ich nicht die einzige, die nicht schlafen konnte.
 

"Cala, solltest du nicht schlafen?" Ich fuhr fürchterlich zusammen und starrte aufgebracht zu dieser Person, die sich als meine Omi herausstellte. Sie musterte mich ein wenig besorgt. Sofort kniff ich die Augen zusammen.

"Was ich tue und was nicht, ist immer noch meine Sache!", giftete ich.
 

Sie erwiderte nichts, sondern erklomm die Stufen herauf zu meinem Balkon.

Na klasse, wie wär's mit fragen gewesen? Hm?

"Schon mal dran gedacht, dass ich jetzt gerade allein sein wollte?", fragte ich gereizt, doch sie zog es vor, mich zu ignorieren.
 

Arrrrrggghhh!
 

"Dass Elladan und Elrohir euch zur Erde gefolgt sind, war nicht meine Absicht gewesen. Sie belauschten ein Gespräch zwischen deinem Großvater und mir und sprangen einfach hinter euch her durch den Spiegel.", begann sie plötzlich wieder zu sprechen.
 

Ein wenig scheel sah ich sie von der Seite her an. Das war ja höchst interessant.
 

"Ach, aber dafür hast du uns ja netterweise noch Legolas und Haldir aufs Auge gedrückt!"
 

Irgendwie gefiel mir das Funkeln in ihren Augen nicht, was sich bei meinen Worten einstellte.
 

"Nun ja, ursprünglich hätte euch nur Haldir begleiten sollen. Er ist ein sehr geduldiger und freundlicher Zeitgenosse und zudem ein wirklich außergewöhnlicher Krieger..."
 

Nein, nein, nein! Keine Lobeshymne auf Mister Eisklotz!
 

"....Aber Legolas war nicht unbedingt eingeplant gewesen." Sie schmunzelte nun leicht, als sie mir einen kurzen Seitenblick zuwarf. "Ihn habe ich nur als zusätzliche Unterstützung mitgesandt, da ich Haldir nicht gleich vier Schützlinge in einer ihm fremden Welt geben wollte."
 

Überrascht sah ich sie an. Offenbar hielt sie auch nicht viel von den Zwillingen.... na ja, gab es überhaupt jemanden, der sie für voll nahm?!
 

Gespielt intensiv musterte Galadriel den Ring Nenya an ihrem Finger. "Ich habe gehört, du warst ein wenig.....neben dir."
 

Prompt lief ich rot an.
 

"Wenn du irgendwelchen Kummer hast oder jemand dir weh getan hat: Du weißt, dass du immer zu mir kommen kannst."
 

Ich war mir sicher, wäre ich jetzt in einem Tomatenfeld mitten in der Erntezeit gewesen, hätte sich der Bauer über eine so prachtvolle Tomate wie meinen Kopf riesig gefreut.
 

"Urgs."
 

Welche Tratschtante hatte bitte weitererzählt, dass ich geweint hatte?! Als ob mir das nicht schon peinlich genug gewesen wäre!
 

"Das weißt du doch?", hakte sie nach und ich nickte schwach. Man, irgendwie hatte ich mir das erste Gespräch mit meiner Oma nach der Party anders vorgestellt...ICH hatte doch SIE zur Rede stellen wollen, warum sie uns vier Aufpasser geschickt hatte! Okay, offenbar nur zwei...aber trotzdem. Sie hätte uns wenigstens sagen können, dass sie das vorgehabt hatte!
 

Es herrschte kurz Stille zwischen uns, während ich mir überlegte, wie ich ihr klar machen konnte, dass sie nicht einfach irgendwelche Möchtegern-Aufpasser hinter uns herschicken konnte.
 

"Weißt du, Legolas sah bei eurer Rückkehr nicht sonderlich glücklich aus."
 

Ein großes Fragezeichen überschattete meine Gedanken. "Huh?" Mann, ich war mal wieder die Eloquenz in Person.
 

Da! Da war es schon wieder, dieses unheilsschwangere verschmitzte Lächeln in ihrem Gesicht.

Bevor dann wieder ein paar meiner lahmen Gehirnzellen mit der Arbeit beginnen konnten, wandte sie den Kopf hinauf zum Sternenhimmel und sagte plötzlich: "Sieh mal, eine Sternschnuppe! Du darfst dir was wünschen!"
 

??!??!!?!
 

Dümmlich sah ich ebenfalls nach oben und konnte noch gerade sehen, wie ein heller Streifen über den Himmel zog.

,Tz, ich bin doch nicht abergläubisch. Soweit kommt es noch.', dachte ich nur recht überheblich.
 

Dann kam mir die schwarze Katze vom Abend zuvor wieder in den Sinn. Und die Laterne.
 

Hastig schloss ich die Augen und überlegte mir fieberhaft, was ich mir wünschen könnte. Schließlich fiel mir etwas ein und ein dämliches Grinsen legte sich auf mein Gesicht.
 

Als ich die Augen wieder öffnete, war Omi verschwunden.

Achselzuckend ging ich zurück ins Bett und schlief diesmal nach wenigen Minuten ein.
 

~~~
 

Am nächsten Morgen erwachte ich in mäßiger bis sehr schlechter Laune. Nicht unbedingt etwas Neues - allerdings hatte ich dieses Mal das Gefühl, als würden ein paar lästige Zwerge ein Dorffest in meinem Kopf veranstalten. Nicht sonderlich angenehm.
 

Wenigstens hatte mich niemand geweckt. Offenbar wussten die hiesigen Elben bereits, dass dann tatsächlich akute Lebensgefahr bestand...
 

Murrend warf ich das Laken beiseite und stand auf. Nachdem ich mich angezogen und frisch gemacht hatte - den Blick in den Spiegel hatte ich mir heute mal großzügigerweise geschenkt - kämmte ich mir noch schnell die Haare und verließ das Zimmer.
 

Vorsichtig spähte ich nach links und rechts den Gang entlang. Wenn es eins gab, was ich an diesem Tag auf keinen Fall wollte, dann war es nervige Gesellschaft. Das Problem war nur, dass es in Lórien einfach keine Gesellschaft gab, die NICHT absolut nervtötend war.

Okay, Glowy wäre ja noch zu ertragen gewesen...aber wir wollen ja kein unnötiges Risiko eingehen.
 

So huschte ich in bester Winnetou-Manier durch den Palast und hoffte inständig, dass ich auch wirklich die Gene des leise Gehens meiner Rasse geerbt hatte...bei allen anderen Merkmalen war ich mir nämlich nicht so sicher.
 

Ich stieß den angehaltenen Atem aus, als ich endlich das Schlossgelände verließ und mich außer Reichweite von bekannten/ nervenden Gesichtern wähnte.
 

Ich ging ein bisschen spazieren, was bei meinem Orientierungssinn bald in kopflose Hans-guck-in-die-Luft-Tour umschlug und ich - zwar nicht in einen Fluss fiel - aber immerhin schon bald absolut keinen Schimmer mehr hatte, wo ich war. Mist, ich wusste nicht einmal mehr, ob ich überhaupt noch in Lórien war! Mir kam es vor, als wäre ich mehrere Stunden gelaufen und hätte versucht, meinen Kindheitstraum zu erfüllen und Pfadfinderin zu werden.
 

Mein Magen knurrte.
 

Mist! Jetzt bekam ich auch noch Hunger und mich herum waren nichts als Bäume, ekliges Ungeziefer und dumm rumpfeifende Vögel!

Hmpf, vielleicht ganz gut, dass als ich mich zwischen Pfadfinderlager und einem Wochenende bei meinen Großeltern für meine Großeltern entschieden hatte. Immerhin hatten sie extra Käsekuchen für uns gebacken...wer bin ich, dass ich Käsekuchen ausschlage?!
 

Mein Magen knurrte erneut. Hm, vielleicht sollte ich nicht ans Essen denken. Aber worüber könnte ich denn sonst noch nachdenken?!

Ich grübelte eine Weile - wobei ich fast über die dicke Wurzel einer Eiche gestolpert wäre und einen eleganten Tiefflug auf den moosigen Boden hingelegt hätte - als ich plötzlich stehen blieb.
 

Mein Blick richtete sich nach oben in die Baumwipfel. Ein vorwitziger Sonnenstrahl stahl sich frech durch das Geäst und schien mir direkt ins Gesicht. Fast augenblicklich wurde mein Kopf von einer Welle des Schmerzes und Pochens überrollt, sodass ich aufstöhnend einen Schritt zurücksetzte.
 

Ich blinzelte missgelaunt und trat noch einen Schritt zurück, als ich auf unerwarteten Widerstand traf. Heftig zusammenzuckend, machte ich einen Satz nach vorne und schrie. Ich hörte einen weiteren Schrei und drehte mich blitzschnell um, nur um in die vor Schreck geweiteten Augen Glowys zu sehen.
 

"Mann, hast du mich erschreckt!", sagte Glowy keuchend und fasste sich an die Brust.
 

"Und du mich erst!", blaffte ich zurück und ließ mich seufzend ins Gras fallen. Nach diesem Schock musste ich mich wahrlich erst einmal hinsetzen.
 

Meine beste Freundin ließ sich neben mir nieder und musterte mich aus zusammengekniffenen Augen. Wenn man ihr Gesicht genau betrachtete, konnte man ganz deutlich die dunklen Ringe unter ihren Augen sehen.

Ihre Nacht schien wohl auch besonders erholsam gewesen zu sein.
 

"Was machst du hier?", fragte sie mich schließlich.
 

Ich beäugte sie scheel aus den Augenwinkeln. "Ich verspüre gerade keine sonderlich gehobene Lust auf elbische, zwergische oder sonstige mir absolut entnervende Gesellschaft, deshalb habe ich beschlossen mir und allen anderen einen großen Gefallen zu tun und heute ein bisschen alleine zu sein."
 

Sie nickte nachdenklich. "Ja, das kann ich verstehen. Mir geht's genauso." Mit diesen Worten legte sie sich nieder und bescherte mir einen knappen Nervenzusammenbruch.
 

Wie war das noch mal mit ,alleine sein' und ,allen aus dem Weg gehen'? Aber na gut, wenn sie nicht gehen wollte, würde ich eben weiterhin das kleine Hänslein-läuft-in-Fluss-hinein spielen.

Etwas schwerfällig erhob ich mich und klopfte meine Kleidung ein wenig ab.

"Okay, wir sehen uns dann ja spätestens heute Abend, denke ich."
 

Ich war gerade im Begriff, mich umzudrehen und neue Geheimnisse der ach so spannenden Natur im lorischen Wald aufzudecken - und mit ein wenig Glück vielleicht sogar ein paar elbische Skandale, was jedoch wahrscheinlich ziemlich unwahrscheinlich war - als Glowys ungewöhnlich ernste Stimme mich zurückhielt.
 

"Bitte, bleib...Meinst du denn nicht, dass wir...reden sollten?"
 

Verdutzt hielt ich inne.

Okaaay, mein scharfer Verstand sagte mir, dass irgendetwas gewaltig im Busch war. Jetzt musste ich nur noch den Kammerjäger rufen und herausfinden, was genau hier eigentlich falsch lief.

"Komm, spuck's aus. Was ist los?"

Ich habe nie behauptet, Kammerjäger wären taktvoll.
 

"Nichts ist los!", erwiderte Glowy eine Spur zu hastig. "Ich denke nur, dass wir uns vielleicht mal über die gestrige Party unterhalten sollten..."

Äußerst konzentriert knetete sie ihre Finger, während ich unschlüssig den Kopf schief legte.

Einerseits wollte ich unbedingt wissen, was Glowy so beschäftigte; andererseits hatte ich immer noch Hunger und ich wollte immer noch meine Ruhe haben.
 

Augenrollend plumpste ich ins Gras. Frau musste eben Prioritäten setzen und wer wollte schon dumm sterben?!
 

"Na gut. Und über was genau von der Party wollen wir reden?!"
 

Sie atmete hörbar aus. "Ähm, ich weiß nicht..." Ich zog gefährlich die Augenbraue hoch. "...Wie wäre es mit dir und Ben? Seid ihr jetzt zusammen?", fragte sie rasch.
 

Ich legte mich zurück und starrte in die Baumwipfel. Um ehrlich zu sein, das war eine ziemlich gute Frage...
 

Waren wir jetzt ein Paar? Na ja, wir hatten nicht wirklich über Gefühle gesprochen, ich mein, ja, wir haben uns gesagt, dass wir uns mögen...öhm, genauer gesagt, ER hat gesagt, dass er mich mag...ich war in dem Moment ein wenig...sprachlos und gehirnlos gewesen...
 

"Ich weiß es nicht...", antwortete ich langsam und beobachtete aus den Augenwinkeln, wie Glowy sich ungeschickt auf die Lippe biss und ihre Finger knetete.

Irgendetwas stank zum Himmel, nur was?

Plötzlich kam mir ein Gedanke. Mit weit aufgerissenen Augen starrte ich sie an.

"Du...du bist doch nicht etwa...oder?! Ich mein...ich dachte...du...und Beau..."
 

Ihr Kopf ruckte nach oben und man konnte förmlich die kleinen Rädchen in ihrem Kopf rattern sehen, während sie versuchte, meinen labyrinthartigen Gedankengängen folgen zu können.

Endlich machte es klick.

"NEIN! Natürlich nicht! Eru, was denkst du denn von mir?! Ich hab doch gesagt, ich bin nicht mehr an Ben interessiert...Ich bin doch...ich bin doch nicht eifersüchtig!"
 

Sie fuhr sich mit einer Hand durch das Haar.

"Ben ist doch bloß...ein kleiner Junge." Sie zuckte ein wenig mit den Schultern, als sich ein verschmitztes Lächeln auf ihre Lippen legte. "Beau dagegen ist-"
 

"Okay, okay, ich will es gar nicht wissen!" Abwehrend hob ich die Hände. Die Lobgesänge auf Legolas waren schon schlimm genug gewesen, ich brauchte die jetzt nicht auch noch für Beau. Uäh. Irgendwie schien Mittelerde meiner besten Freundin nicht gut zu tun...
 

Glowys Augen hatten plötzlich einen mehr oder wenig entrückten Ausdruck angenommen - der mir einen kalten Schauer den Rücken hinablaufen ließ - ehe sie endlich wieder in die Gegenwart zurückkehrte und mich forschend ansah.

"Okay, zurück zur Sache."
 

Ich knirschte leicht mit den Zähnen.
 

Sie verengte ihre Augen ein wenig. "Also, was ist jetzt mit Ben?"
 

Ich seufzte und sah zur Seite. "Nichts."
 

"Nichts?! Willst du mich hier veräppeln?!", fragte sie ungläubig und auch ein wenig enttäuscht. "Ich kenne dich fast dein gesamtes Leben lang und du denkst mich mit einem einfachen ,nichts' abspeisen zu können?!"
 

Okay, jemand von uns beiden bekam eindeutig nie wieder Alkohol in die Finger, um folglich auch nie wieder morgens in eine so zickige Kater-Stimmung zu verfallen.
 

"Nein, es läuft wirklich nichts zwischen uns. Er hat mir nur gestanden, dass er mich mag, aber bevor ich überhaupt etwas sagen konnte, war Legolas da und zerrte mich weg!", erwiderte ich leicht gereizt.
 

Glowy zuckte kurz, ehe sie sich verzweifelt ihre Lippen aufeinander presste.

Jetzt war ich es, die ihre Augen verengte.

"Glowy...", warnte ich.
 

Ihre Gesichtszüge wurden immer angespannter, bis sie es schließlich aufgab und sich ein verschmitztes Lächeln auf ihrem Gesicht ausbreitete.
 

Nicht gerade beruhigend.
 

Ich fixierte sie fest und versuchte sie schweigend mit meinem Blick in den Boden zu stampfen, doch sie schien mich irgendwie gar nicht richtig zu beachten. Sie schien mich nicht mal zu sehen.

Ich stöhnte genervt. In welcher Erinnerung, die ich garantiert NICHT wissen wollte, war sie jetzt schon wieder hängen geblieben.
 

"Glowy.", sagte ich genervt. Kurz orientierungslos schüttelte sie den Kopf und kehrte zurück in die Gegenwart. Sie seufzte ein wenig bedauernd.

"Du hast wirklich keine Ahnung, oder?"
 

Ich zuckte ein wenig zusammen unter ihrem plötzlich ernsthaften Ton und sah sie ein wenig verdutzt an.

"Hör mal, bevor wir unser kleines Abenteuer in Mittelerde gestartet haben, war ich jawohl eine ziemlich gute Schülerin, folglich weiß ich sehr wohl was!"

Ging es nur mir so, oder sank unser Gespräch immer mehr zu Kindergartenniveau ab?
 

Meine beste Freundin zog bedeutungsvoll die Augenbraue hoch, nach dem Motto: ,Darauf willst du nicht wirklich eine Antwort haben!'
 

Ich schnaubte eingeschnappt und rupfte einen Grashalm ab, um ihn mir ganz Cowboy-cool-like in den Mund zu stecken.
 

Glowy verdrehte nur die Augen und seufzte tief. "Du weißt, dass ich das nicht meinte!" Sie warf mir einen tadelnden Blick zu.

"Weißt du, die Jungs hatten ein paar Schwierigkeiten gestern Abend...", begann sie zögerlich.
 

"Wann haben die mal nicht Probleme?", murmelte ich, verstummte aber sogleich wieder, als ich Glowys wütenden Blick aufschnappte. Hossa, es musste ja wirklich etwas Ernstes sein, wenn Glowy so ungeschickt versuchte, das eigentliche Thema hinauszuzögern, und so ungewohnt ernst war.
 

"Auch wenn ich eine gewisse permanente Idiotie nicht ganz ausschließen kann", fuhr sie mit einem leicht verschlagenen Grinsen fort. "war es gestern doch ein wenig...mehr."
 

"Und das bedeutet im Klartext, oh große ich-rede-pseudo-elegant-um-den-heißen-Brei-herum?"
 

Glowy zog es vor, meinen Kommentar zu ignorieren und stattdessen unbeirrt fortzufahren: "Elladan und Elrohir waren kurz davor, die Musikboxen mit Pfeilen zu erschießen; Haldir bekam ein eindeutig zweideutiges Angebot von Helga der Hammerwerferin, was ihn dazu veranlasste, leise ein Gute-Nacht-Lied aus seinen Kindertagen zu singen, um sich auf schönere Gedanken zu bringen; Legolas derweil musste feststellen, dass Menschen extrem allergisch auf Stalker reagieren und ihn somit fast am Pool eine Reihe von pubertierenden heißblütigen Pickel-besetzten Halb-Alkoholleichen zum Kampf hinausgefordert hätten, was allerdings dadurch verhindert wurde, dass die Jungs sich absolut nicht dafür entscheiden konnten, wer schlimmer aussah: Legolas oder sein sonderbarer Zwillingsbruder, der immer genau dasselbe an der gleichen Stelle sagte, wie Legolas selbst..."
 

Glowy lachte leise, als sie mich ansah. Ich musste wohl ziemlich blöd aussehen - kein Wunder, denn das waren ja wirklich...seltsame Neuigkeiten.

Und ich hatte all das verpasst!!!

Hmpf.
 

Dann runzelte ich die Stirn.

"Wieso sollte Legolas ein Stalker sein? Ich mein, er muss ja ziemlich offensichtlich gewesen sein, wenn ihm - einem Elben wohl gemerkt! - ein paar besoffene Menschen auf die Schliche gekommen sind!", bemerkte ich nachdenklich und bekam dabei gar nicht mit, wie sich Glowy ungeschickt auf die Lippe biss.
 

Dann sah ich auf. "Wer war denn die Unglückliche, bei der sich unser Lieblingsprinzlein so dämlich angestellt hat? Und sag mir jetzt nicht, dass er zu feige war, sie anzusprechen!", fragte ich und konnte den stichelnden Ton einfach nicht aus meiner Stimme heraushalten.
 

Glowy schienen meine Worte offenbar nicht zu gefallen, denn ein fast schon mörderischer Ausdruck legte sich auf ihr Gesicht, als sich ihre Hände zu Fäuste ballten.
 

Okaaay, langsam bekam ich Panik. Stand Glowy irgendwie auf Drogen oder so?! Warum war sie so ernst und reizbar heute? Und warum zum Teufel machte es sie so wütend, wenn ich Legolas niedermachte? Es war ja nicht so, dass ich jemals überhaupt etwas Gutes über ihn gesagt hatte.
 

Sie schloss kurz die Augen und schien bis zehn - na ja, vielleicht doch eher bis hundert - zu zählen, bevor sie mich ein wenig beruhigter ansah.

Ein Gefühl nagte an mir, ein flüsternder Gedanke, der mich einfach nicht mehr losließ und mir verdammt schlechte Laune bescherte: Irgendetwas verheimlichte mir Glowy.
 

Meine beste Freundin dagegen schien jedes Detail des äußerst zu empfehlenden Buches "101 Möglichkeiten wie ich meine beste Freundin vom Thema ablenke" anzuwenden, was mir allerdings weder entging, noch sonderlich gefiel.
 

Als sie jedoch die ganz schweren Geschütze ausfuhr und mir ihre Version des vorangegangenen Abends schilderte, verlor sich alles Misstrauen im Wind der Zickigkeit und wurde durch pure schadenfreudige Neugierde ersetzt, als sie mir erzählte, wie ihre Begegnung mit Bruder Wodka verlief und wie sie den Zwillingen gehörig einheizte.
 

Na ja, man sagt ja auch, jeder kriegt, was er verdient. Zu den Zwillingen hatte das wohl an diesem Abend vollkommen gepasst.
 

Hmm. Auf Legolas auch...
 

Aber hey! Mein Schicksal war definitiv nicht gerecht!! Immerhin bin ich ja nur ein armes, hilfloses, liebes und nettes Mädchen, dass sich den Weltfrieden wünscht.

Okay, irgendwie hab ich zuviel "Ms Undercover" geguckt, denn mein Gehirn scheint irgendwie seine letzten Bewohner zu verlieren...
 

Glowy und ich erzählten uns noch eine Weile weiter lustige Begebenheiten von der Fete, vermieden aber deutlich die Themen Ben und Legolas.
 

Als ich eine halbe Stunde später nicht mehr unterscheiden konnte, ob mein Magen nun vom vielen Lachen oder vom Hungergefühl schmerzte, beschloss ich, Mission "Essen-um-Kater-wegzubekommen" zu starten.
 

Ich verabschiedete mich von Glowy - welche noch eine Weile länger im Gras liegen bleiben und die Abwesenheit jegliches Elben genießen wollte - und machte mich in neue Weiten und Tiefen des Raumes Waldes auf.
 

Ich schauderte. Irgendwie hatte ich grad eindeutig einen Spleen für Filme und Fernsehsendungen. Grr, vielleicht machte Fernsehgucken ja wirklich blöd...
 

Während ich noch darüber nachdachte, ob Lórien wohl die "Neuendeckung" namens Strom überstehen würde - im Beipack direkt ein nagelneuer Fernseher mit Extraboxen und Dolby Suround - stieß ich erneut auf ein ungeahntes Hindernis, welches absolut nichts mit dem Wald zu tun hatte.

Elegant zu Boden segelnd - wie ein Hund, der auf ein paar Bananenschalen ausrutscht - rollte ich die Augen und fragte mich, was ich jetzt schon wieder falsch gemacht hatte, dass ich nicht einfach in Ruhe durch den Wald laufen konnte.
 

Als ich ärgerlich vom Boden auf mein Hindernis sah und direkt in überraschte blaue Augen blickte, entschied ich, dass ich wirklich etwas ungeheuer Schlimmes getan haben musste, dass da jemand Bestimmtes unglaublich wütend auf mich war.
 

"Cala..."
 

Jap, so ist mein Name. Man könnte ihn natürlich auch ganz aussprechen, denn eigentlich ist das ja nur die Kurzform von Caladeth, was übrigens irgendetwas mit Licht bedeutet. Hnn. Warum haben mich meine Eltern eigentlich "Licht" genannt?! Was für ein bescheuerter Name! Da war ja sogar Hildetrud besser...oder Waltraud...oder Brunhilde...uäh, na ja, wir wollen ja nicht übertreiben.
 

"Cala?"
 

"Hn?" Ein wenig durcheinander sah ich auf. Anscheinend hatte Legolas seit ein paar Minuten versucht, meine Aufmerksamkeit zu erlangen.
 

Plötzlich hörte ich ein seltsam fernes Echo in meinem Kopf, als würde jemand etwas sagen, nur viel zu weit entfernt von mir stehen, als dass ich ihn verstehen könnte.

Ich zuckte zusammen und sah mich um, konnte aber bei weitem keine anderen Personen in näherer Hör- und Sehweite ausmachen.
 

Legolas' Blick glich nun dem eines Mannes, der feststellen musste, dass er seinem besten Freund besser die lieben Männer mit den weißen Kitteln rufen sollte.

Was für ein Glück für mich, dass wir nicht einmal Freunde waren.
 

"Was gibt's?!", fragte ich in bester sorgloser Tonlage, die ich gerade aufbieten konnte.
 

"Ist alles in Ordnung?", hakte er nach, absolut nicht beeindruckt von meinem Ablenkungsversuch.
 

Ich hörte erneut eine entfernte Stimme in meinem Kopf und bekam langsam Panik. Vielleicht sollte Legolas trotz dem klar fehlenden Part unserer Freundschaft die Männer mit den weißen Kitteln holen...nur so als feindliche Nettigkeit.
 

Fürchterliche Stille trat ein und ein wenig genervt und aufgewühlt durch meine Panik sah ich zu Legolas, um ihm einen bissigen Kommentar entgegenzuwerfen, als ich erschrocken zusammenfuhr.

Sein Gesichtsausdruck...Gerne hätte ich beschrieben wie er aussah, aber ich konnte es nicht. Ich war nicht mal sicher, ob all die Wörter überhaupt in meinem Wortschatz existierten, um ausreichend beschreiben zu können, welche Emotionen sich auf seinem Gesicht deutlich abspielten.
 

,Was ist heute nur für ein Tag?! Träume ich noch? Sind das durch den Alkohol bedingte Alpträume, die mir durch Bruder Wodka eine geheime Nachricht mitteilen sollen?'

Okay, das war jetzt ein bisschen weit hergeholt, ich gebe es ja zu, aber es änderte nichts an der Tatsache, dass mich das seltsam verletzte und unsichere Benehmen des Prinzen doch ein wenig aus der Bahn warf.
 

"Ich wollte nicht...stören.", entschuldigte er sich leise, ohne mich anzusehen. "Ich hätte dich nicht...von ihm weggerissen, wenn es nicht schon so spät gewesen wäre..."
 

,Auch wenn ich es schrecklich fand, dich mit ihm zu sehen.'
 

Huh?! Das war definitiv nicht von mir gekommen!

Ich sah mich erneut im Wald um und kam mir langsam paranoid vor. Ob Legolas es wohl auch gehört hatte...Nein, anscheinend nicht, denn er starrte immer noch angestrengt auf seine Hände und schien ganz vertieft in seine Gedanken zu sein.
 

"Ich weiß, dass diese Parpy-" Ich verkniff mir ein Lachen. Bin ich nett oder was?! "- wichtig für dich war...Ich wollte dir nicht...alles... kaputtmachen..."
 

,Ich will, dass du glücklich bist. Auch wenn...'
 

Ich machte mir nicht einmal mehr die Mühe, mich umzudrehen, sondern beobachtete stattdessen neugierig, wie Legolas' Gesicht so etwas wie Wut und Frustration zeigte.

Mmmh.

Die Stimme in meinem Kopf kam mir langsam wie aus einer grausigen Seifenoper vor. Was hätte ich jetzt nicht alles für Popcorn und eine Cola getan! Was die Stimme wohl als nächstes zu sagen hatte?
 

"Du hasst mich jetzt sicherlich noch mehr als zuvor.", sagte Legolas noch eine Spur leiser, ehe er schnell fortfuhr. "Und ich verstehe das auch! Wenn du mich für meine unangebrachte Grobheit nicht mehr sehen willst, werde ich dich nicht länger mit meiner Anwesenheit belästigen."
 

,Was kann ich nur tun, damit du mich nicht mehr hasst? Was muss ich tun, damit du mich nicht mehr ansiehst, als wäre ich ein widerlicher Ork? Sag mir, was ich tun muss, damit du meine Anwesenheit erträgst...'
 

Erneut war es still. Leise rauschte der Wind in den Baumwipfeln, ließ die Blätter sanft rascheln.
 

Wie erstarrt saß ein junges, ziemlich launisches und zumeist ungerechtes Mädchen inmitten von Gräsern und Blumen in einem nur spärlich beleuchteten Wald und bekam langsam den Eindruck, dass sich eine gewisse Obrigkeit einen fiesen Scherz mit ihr erlaubte.

Anders konnte sie sich nicht die dumpfe Ahnung erklären, die ihr sagte, dass sie gerade Legolas' Gedanken gelesen hatte.
 

Und dann auch noch, WAS er gesagt, äh, gedacht hatte...

Mit weitaufgerissenen Augen starrte ich den Düsterwälder an, der ziemlich angespannt wirkte. Nach einer halben Ewigkeit hob er endlich das Gesicht und sah mir in die Augen.

Ich unterdrückte den Drang, schon wieder zusammenzuzucken, und starrte stattdessen einfach nur zurück.
 

Ich glaube, ich habe selten so viele verschiedene - und mir absolut nicht deutbare - Gefühle in einem Blick gesehen. Und es war mir unangenehm. Ich fühlte mich seltsam in die Ecke gedrängt. Ich war nie sonderlich gut mit Gefühlen gewesen. Zumeist ignorierte ich das Thema einfach und tat alles, um nicht Gefahr zu laufen, einmal tatsächlich mit Gefühlen anderer - und erst recht nicht mit meinen eigenen! - konfrontiert zu werden.
 

So war es auch nicht wirklich verwunderlich, dass sich nur ein Gedanke in meinem Kopf formte: ,Ich muss hier weg.'
 

Hastig sprang ich auf die Füße, murmelte ein "Ich muss gehen..." und flüchtete.
 

Dieser Tag war einfach nur verrückt! Ich hatte das Gefühl, als würde ich mich auf einer emotionalen Achterbahn befinden und gerade wäre ich in den freien Fall aus sechzig Meter Höhe übergegangen. Grr, kein Wunder, dass mir auf einmal so schlecht wurde....obwohl, konnte auch an der Tatsache liegen, dass ich IMMER NOCH NICHTS gegessen hatte.
 

Hmpf. Essen. Gutes Thema. Gute Ablenkung. Essen. Wie beschaffte ich mir auf schnellstem Wege was Leckeres, hier, mitten im Unterholz?
 

Vögel? Hn, nee, mal abgesehen davon, dass das Gezwitschere ein abruptes Ende genommen hatte - sich anscheinend hier seltsamerweise kein Gefieder aufhielt - fand ich die Idee, mir einen armen Vogel zu braten nicht gerade prickelnd.

Moment mal - warum sangen keine Vögel mehr?
 

Ich blieb stehen und schauderte fast aufgrund der ungewöhnlichen Stille im Wald. Es schien fast, als würde alles Leben innehalten und aufhören zu atmen.
 

,Okay, nur nicht aufregen, alles wird gut...'
 

Scheu drehte ich mich im Kreis - ich konnte spüren, dass irgendjemand in meiner Nähe war.

"Hallo? Ist da jemand?"
 

Ein dunkler Schatten geriet in mein Blickfeld und ich konnte gerade noch ein erschrockenes Quieken verhindern, als ich mich im direkten Angesicht mit einer Gestalt sah. Ja, richtig: Gestalt. Denn leider konnte ich nicht wirklich definieren, ob das nun ein Mensch, ein Ork oder ein Elb vor mir war, da diese Gestalt in einen schwarzen Mantel eingehüllt war, deren Kapuze weit über das Kinn hinaus nach unten hing.

Mann, sein/ ihr Schneider leistete ja wirklich exzellente Arbeit in Maßanzügen...
 

"Guten Tag, Cala.", sagte eine etwas rauchige Stimme.
 

Missbilligend zog ich eine Augenbraue nach oben. Eru hatte mir nach der äußerst beunruhigenden Begegnung mit Legolas nicht auch noch einen bekifften Elben geschickt, oder?!
 

"Hey." Ich grüßte ihn mit dem Peace-Zeichen. Andererseits waren bekiffte Elben bestimmt witzig.
 

Wenigstens wusste ich jetzt, dass es ein Kerl war - welcher Spezies er auch immer angehören mochte. Warum jedoch langsam so etwas wie Resignation in mir aufstieg, war eine Frage, die ich Eru persönlich stellen würde, wenn ich ihm die Leviten lesen würde, sobald ich ihn in die Finger bekam. Nicht, dass die Chancen hierfür sonderlich hoch standen...aber man sollte die Hoffnung ja nie aufgeben.
 

"Wie ich sehe, trägst du den Ring." Zwei überraschend jung und faltenlos aussehende Hände kamen irgendwo aus den Tiefen seiner Ärmel hervor, deren Finger sich ineinander verschlangen. "Gut, gut."
 

Wer war er? Und warum zum Teufel bekam ich den Mund nicht auf?!
 

Hmpf.
 

Ich hatte das dumpfe Gefühl, Angst haben zu müssen.
 

Ich hatte ein weiteres Gefühl, genervt sein zu müssen.
 

Doch stattdessen wollte ich am liebsten einfach nur davonlaufen und all das hier hinter mir

lassen. Alles wurde langsam ein bisschen viel. Ich hatte nämlich ein noch viel stärkeres Gefühl, dass mir sagte, dass ich absolut nicht auf dem neuesten Stand der Dinge um mich herum war, während alle anderen genau zu wissen schienen, was los war! Ich kam mir langsam ziemlich bescheuert vor, so wie jemand, der von allen als bloße Unterhaltung hin und her geschubst wurde.
 

Ich brauchte Abstand. Ruhe. Zeit für mich...na ja, zugegeben, Ruhe brauchte ich nicht wirklich - das wäre wahrscheinlich ein Tick zu langweilig für meine kleine Wenigkeit.
 

Ätsch, Auszeit: Woher wusste er von dem Ring?
 

Misstrauisch sah ich ihn an und stemmte demonstrativ meine Hände in die Seite. Ich hoffte, dass es wenigstens ein wenig einschüchternd wirkte, hatte aber nicht viel Hoffnung, als er deutlich amüsiert meinte: "Du willst weg von hier, nicht wahr?"
 

Mein Mund öffnete sich, ganz sicher würde jetzt irgendetwas Eloquentes versuchen, meinen Lippen zu entschlüpfen -doch es kam nichts heraus.

Entgeistert starrte ich ihn an. Konnte er Gedanken lesen?
 

Uh, schlechtes Thema, sehr, sehr schlechtes Thema...nein, nicht an Legolas denken...
 

"Nein, ich kann keine Gedanken lesen." Hmpf. "Doch es ist offensichtlich, dass du nicht hier sein willst. Dass du dich hier nicht wohl fühlst. Dass du hier nicht hingehörst..."
 

Beim letzten Satz spitzte ich die Ohren. Was meinte er damit?
 

"Bist du sicher, dass du das Erbe deiner Familie antreten willst? In Lórien bleiben bis ans Ende deiner Tage und die Erde, deine wahre Heimat, einfach aufgeben? Denkst du wirklich, dass das die richtige Entscheidung ist?"
 

Mein Atem raste, meine Gedanken wirbelten herum. Diese Stimme, diese sanfte Stimme eines vollkommen Fremden traf den Nagel - fast - all meiner Besorgnis auf den Kopf!
 

"Du solltest nichts tun, was du nicht willst. Deine Loyalität zu deiner Familie sollte dich nie daran hindern, diejenige zu sein, die du bist. Und du bist definitiv nicht dazu auserkoren, brav über Lórien zu herrschen und einen deinem Status angemessen Mann zu ehelichen."
 

Urgs. Noch ein schlechtes Thema! Heiraten...ehrlich gesagt, wollte ich NIE heiraten! Uäh....
 

"Denk darüber nach...nimm nicht immer Rücksicht auf die anderen - tu, was du willst! Genieße deine Freiheit, vielleicht noch ein letztes Mal. Geh fort von hier..."
 

Die Stimme des Fremden wurde immer leiser, bis sie schließlich nur noch einem rauen Wispern gleichkam und letztendlich völlig verschwand. Zugleich war auch der Fremde wie auf Knopfdruck von der Bildfläche verschwunden. Ich konnte mich noch so oft im Kreis herumdrehen, ich fand keine Spur mehr von ihm.
 

Ein paar Vögel begannen vorsichtig zu trällern, ein Specht hämmerte gegen einen Baumstamm.
 

In meinem Kopf kreiste alles. Ben erschien vor mir mit diesem traurigen Gesicht, Glowys Wut, Legolas' Hilflosigkeit und Verletzlichkeit...doch bevor es gänzlich schwarz um mich herum wurde, hörte ich erneut seine Worte:
 

,Geh fort von hier'

Surprise, surprise!

Anm. d. A.: Hallo, ihr Lieben! Wie geht's euch? Tut mir sehr leid wegen der langen Wartezeit (hoffe, es liest jetzt überhaupt noch jemand weiter *schluck*)!! Werde versuchen, das nächste Kapitel schneller fertig zu schreiben!

Das Kapitel hier ist mehr oder weniger nur ein "Filler", hat aber trotzdem für den Verlauf der Story wichtige Aspekte. Hoffe, es gefällt euch! War seltsam, wieder mal an dieser Story zu arbeiten... :-)

Danke für all die Reviews!! Freu mich über jeden Kommentar!

Channah
 


 


 

14. Kapitel

Surprise, surprise!
 

Ich hatte das schreckliche Gefühl, mein Leben sei das reinste Déja-vu-Erlebnis - oder zumindest Teile davon - als ich meine Augen öffnete und einen Moment lang total orientierungslos war. Ich erinnerte mich an nichts, absolut gar nichts. Sobald ich jedoch versuchte, mich aufzurichten, trommelte es gefährlich in der Gegend meiner Schläfen und mein Körper schien während meines Schlafes heimlich einen Marathon gelaufen zu sein, so erschöpft wirkte er...
 

Seufzend ließ ich mich zurück in die Kissen plumpsen und studierte meine Umgebung aus den Augenwinkeln.

Das erste, was mir sofort ins Auge stach, war das viele Grünzeug in dem Zimmer. Fazit: Immer noch in Lórien.
 

Soweit so gut.
 

Aus meinem rechten Augenwinkeln konnte ich mit einiger Verrenkung eine offene Tür und eine Terrasse entdecken. Fazit: Balkon.
 

Es dauerte ein paar Sekunden, bis endlich das Osram-Lämpchen in meinem Kopf anging und ich registrierte, dass ich in meinem Zimmer in Lórien lag.
 

Frage war bloß: Wieso erinnerte ich mich nicht daran, wie ich hierher gekommen war?
 

"Cala!", quietschte es auf einmal vom Eingang her, doch es dauerte ein paar Sekunden bis dieses Etwas so nah an mich herangesprungen war, dass es in mein beschränktes Sichtfeld geriet.

Glowy, wer sonst.
 

In einem 1a Skispringerflug flog sie auf mich drauf, sodass ich nur noch ein ersticktes "Uff!" zustande brachte.
 

"Mann, bin ich froh, dass du wach bist! Ich hab mir schon solche Sorgen gemacht!", plapperte sie auch direkt los, mit einem unmissverständlich tadelnden Unterton in der Stimme.
 

Ich klopfte ihr beruhigend auf den Rücken und grinste schief. "Hey, Glowy."
 

"Caladeth, was ist denn nur geschehen?! Stundenlang warst du unterwegs, selbst in der späten Nacht wusste niemand, wo du dich aufhieltest. Und dann, als Haldir dich dort liegend vorfand..." Meine Mutter schluchzte herzzerreißend und ich bekam tatsächlich so etwas wie ein schlechtes Gewissen, auch wenn ich nur äußerst vage verstand, wovon überhaupt die Rede war.
 

"Ähm, aber es ist ja alles noch mal gut gegangen, oder?", wandte ich zaghaft ein und war froh zu sehen, dass meine Mutter erleichtert zu lächeln begann.
 

"Ja, zum Glück ist alles gut gegangen." Zärtlich strich sie mir über die Stirn und küsste diese.
 

Mein Vater beschränkte sich auf das eher männliche Ritual, indem er mir die Hand kurz und kräftig drückte - was jedoch genauso viel Aussagekraft besaß wie der Gefühlsausbruch meiner Mutter. Beide sahen fürchterlich aus: zerknitterte Kleidung, dunkle Ringe unter den Augen, ungekämmtes Haar...
 

Meine Oma schien dies auch zu bemerken, denn sie warf beide kurzerhand aus dem Zimmer, damit sie sich ausruhen und frisch machen konnten.
 

Ein wenig verwirrt starrte ich nun meine verbliebenden Besucher an. Glowy stand treudoof neben einem emotionslos aussehenden Haldir, während meine beiden Großeltern geschäftig vor meinem Bett auf und ab liefen.
 

Elrond, die Zwillinge, Arwen und Legolas waren nirgends zu sehen.
 

"Das ist nun schon das zweite Mal, dass du in Ohnmacht gefallen bist! Ich mache mir langsam wirklich sorgen um dich, Caladeth.", begann meine Großmutter stirnrunzelnd und warf mir immer wieder lange Seitenblicke zu. "Willst du uns denn nicht wenigstens sagen, was deine Ohnmachtsanfälle bewirkt? Zumindest könnte man ihnen dann zukünftig vorbeugen, was uns allen - vor allem aber deiner Mutter! - zugute kommen würde."

Sie blieb endlich stehen und sah mich erwartungsvoll an. "Also?"
 

Ich schluckte schwer und sah mich ein wenig hilflos um. "Keine Ahnung?", fragte ich vorsichtig und wartete auf das drohende Donnerwetter.
 

Welches allerdings nie kam. Stattdessen mischte sich Mr. Besserwisser ein. "Ich würde nun gerne mit Lady Caladeth alleine sprechen."

Es hörte sich eher nach einer Aufforderung als denn wirklich eine Bitte an seine Herren an.
 

Sollte ich Haldir nun dankbar sein?
 

Mmh, irgendwie schon...argh, ich wurde weich! Jetzt wollte ich mich sogar schon bei Mr Eisklotz bedanken!! AAAAAAAAAHHHHHH!
 

Während ich also gerade einen mentalen Zusammenbruch erlitt, verließen meine Großeltern mitsamt Glowy das Zimmer.
 

Die Aussicht nun mit Haldir alleine im Raum zu sein, machte meine Situation auch nicht unbedingt besser.
 

Ob er der lorische Seelenklempner war? Uh, Doktor Haldir - Der Arzt, vor dem es jedem Patienten graut. Netter Slogan...
 

Haldir räusperte sich ein wenig ungeschickt und sah mich ernst an. Ich rollte mit den Augen. Nicht schon wieder eine kryptische Weisheit...
 

"Lady Caladeth, wie fühlt Ihr Euch?"'
 

Mmh, er wollte Smalltalk? Konnte er haben...
 

"Ein wenig erschöpft und verwirrt, aber ansonsten gut. Danke."
 

Er nickte und sein Blick schweifte zum Fenster ab. "Erinnert Ihr Euch an etwas, das vor Eurer Ohnmacht geschah?", fragte er wie beiläufig.
 

Ich runzelte nachdenklich die Stirn. Schien ja extrem wichtig zu sein, was immer auch geschehen sein mochte, dass Haldir deswegen so einen Aufstand machte...
 

"Nein, leider nicht.", antwortete ich wahrheitsgetreu.
 

Ein für ihn uncharakteristischer Seufzer entfloh seinen Lippen, was mich zum unzähligsten Male den Zustand meines armen, gemarterten Verstandes zweifeln ließ, doch sein Augenmerk lag immer noch irgendwo außerhalb des Zimmers.
 

Ich schnaubte genervt. Und da sage doch einer, die Elben hätten so tolle Manieren...
 

"Das habe ich befürchtet."
 

Okaaay, war Haldir heimlich über Nacht zur Drama Queen mutiert?! Was war denn nur los?!
 

"Ähm, und wieso ist das so wichtig?"
 

Endlich erbarmte sich der Herr und drehte sein Gesicht wieder meiner Wenigkeit zu. "Legolas."
 

Ich blinzelte. Sollte das eine Erklärung sein?! Anscheinend schon, denn er wartete gespannt auf meine Reaktion.

"Ahaaa, und was hat das bitte mit ihm zu tun?"
 

Der Ausdruck in seinen Augen schien bei meiner leicht angewiderten Aussage noch ein wenig unterkühlter zu werden....ALARM! ALARM! Gefahr durch Eispfeile in einem Radius von drei Metern!
 

Was regte der sich überhaupt so auf? War doch Allgemeinwissen, dass das Prinzlein und ich wahre Gefühle füreinander hegten...wahre Antipathie.
 

"Legolas ist seit gestern nicht mehr ganz... er selbst." Was auch immer das heißen mochte.
 

Ich runzelte die Stirn und versuchte mir den düsterwälderischen Prinzen mit ungewohntem Verhaltensmuster vorzustellen.

War er vielleicht auf einmal gesprächig?

Locker?

Witzig?

Oder raubte er etwa Haldir den heißbegehrten Platz im die-coolsten-Sprüche-ablassen?
 

Interessante Frage...
 

"Und was genau meinst du damit? Was ist überhaupt passiert?! Sag mir doch endlich einfach, was verdammt noch mal los ist!" Cala sprach ein Machtwort, zumindest versuchte sie es.
 

Schien aber nicht wirklich etwas zu bewirken, denn statt zu antworten, maß er mich mit einem langen Blick, bevor er sich leicht verbeugte und mit einem höflichen Gruß das Zimmer verließ.

Ich kam mir leicht wie bestellt und nicht abgeholt vor, und fragte mich, was wohl die Strafe für ungebührliches Verhalten gegenüber der Prinzessin war, als es an der Tür klopfte.
 

"Herein", grummelte ich und die Tür wurde sogleich aufgestoßen. Zu meiner Überraschung trat ein stoisch dreinblickender Haldir herein, einen emotionslos aussehenden Legolas hinter sich herziehend.
 

Ich blinkte ein paar Mal als wäre dies eine Fatahmorgana, aber nix da.
 

Legolas hob das Gesicht, welches er zunächst zu Boden gerichtet hatte, und warf Haldir einen eindeutig mörderischen Seitenblick zu, was jener problemlos zu ignorieren schien.
 

"Lady Cala, ich denke, Ihr solltet Euch von Legolas die Geschehnissen erzählen lassen." Er verbeugte sich kurz und höflich, sah den Düsterwaldprinzen drohend an und verließ das Zimmer.
 

Immer noch perplex saß ich starr im Bett, rätselnd, wer Klein-Cala endlich mal aufklären würde....nicht, dass ich nicht schon aufgeklärt war, ich mein, zwar hatten meine Eltern nicht wirklich das Beispiel von Bienchen und Blümchen benutzt, aber-
 

"Wie geht es Euch, Lady Cala?"
 

Ich zuckte zusammen und starrte Legolas an. Machte er sich ernsthaft Sorgen um mich?
 

"Öhm, gut, denke ich...danke."
 

Er nickte leicht.
 

Eine äußerst unangenehme Stille trat ein. Mein Kopf arbeitete währenddessen auf Hochtouren: Zwischen der Verarbeitung von den essentiellen Fragen, warum Legolas hier war, wie er denn das ganze verdammte Rätselraten lösen konnte und warum er so uncharakteristisch unhöflich darauf reagiert hatte, im selben Zimmer mit mir zu sein - nicht, dass es mich wirklich in irgendeiner Weise kümmern würde - bis hin zu der plötzlich schier unmöglichen Aufgabe, der klammen Stille den Kampf anzusagen und zu besiegen.
 

Ja, Klein-Calachen hatte viel zu tun.
 

Und was tat Legolas derweil?
 

Ich wandte mich ihm zu und bekam fast einen Schreikrampf als ich direkt in stürmische blaue Augen blickte.
 

Was fiel ihm eigentlich ein, mich so anzustarren?!
 

"Lady Cala, ich-" Er brach ab und sah ein wenig hilflos auf seine Hände. Wüsste ich es nicht besser, hätte ich gesagt, er wäre nervös. Aber ein Elb und nervös?! Hallo?!
 

"Ihr erinnert Euch also nicht?", brachte er schließlich einen vollständigen Satz heraus.
 

Ich schüttelte leicht genervt den Kopf. "Nein. Aber es scheint ja was wirklich ziemlich Aufregendes passiert zu sein, dass alle hier so einen verdammten Aufstand machen!", knurrte ich verärgert.
 

Seine Augen verdunkelten sich, doch konnte ich noch immer keine Emotionen in seiner Haltung oder seinem Gesicht erkennen.
 

"Ihr schient nicht Ihr selbst zu sein.", sagte er leise, fast schon vorsichtig und mied meinen Blick.
 

Ich runzelte die Stirn. Fing er jetzt etwa auch mit dem Kryptischschwafeln an? Außerdem, hatte Haldir nicht gesagt, dass er derjenige mit der schizophrenen Anwandlung war?!
 

"Und das soll heißen?"
 

"Ihr wart sehr still."
 

Er fing an zu grinsen! Der Kerl hatte doch tatsächlich den Nerv zu grinsen!!
 

Arrrgh! Was sollte das denn schon wieder bedeuten?!
 

"Und das ist der Grund, warum alle so aus dem Häuschen sind?", fragte ich gereizt. "Ich mein, ich hätte ja einiges von mir erwartet, vielleicht, dass ich als Prinzessin in ein hübsches, schickes Fettnäpfchen vor meinen baldigen Untertanen getreten bin, dass ich den benachbarten König beleidigt habe und es nun Krieg gibt, dass ich übers Wasser gegangen bin, eine neue Fähigkeit gelernt habe und nun Gedankenlesen kann, oder...."
 

So redete und redete ich, ohne zu merken, dass ein gewisses Prinzlein ein wenig blass um die Nase wurde.
 

Als ich endlich meine letzte -ziemlich verlockende -Theorie ausgeführt hatte, alle Elben in Lórien davon überzeugt haben zu können, sich die Haare auf Spitzöhrchenlänge schneiden zu lassen, bemerkte ich schließlich Legolas' leichtes Unwohlsein.
 

Mit schiefgelegtem Kopf betrachtete ich ihn.
 

Ich mein, okay, ich hatte eine Menge schwachsinniges Zeug geredet, vor allem über Elben und gewisse Superpowerkräfte, die ich nun hätte, aber was bitte könnte Legolas so in Verlegenheit bringen?!
 

Auf einmal seufzte er sehr unelbisch und rückte einen Stuhl neben mein Bett und setzte sich darauf.

"Lady Cala, ich muss Euch etwas gestehen, fürchte ich..."
 

Er wirkte wie ein kleiner Schuljunge, der seiner Mutter beibringen wollte, dass Omas Porzellan seiner Playmobilrakete zum Opfer gefallen war.
 

Ein klein wenig niedlich wirkte sein Ringen um Worte ja schon, auch wenn es mich nervte, dass er so sinnlos herumdruckste und ich immer noch nicht wusste, warum eigentlich alle solch einen Wirbel machten.
 

"Hat dies etwas mit dem-der-nicht-genannt-werden-darf-Vorfall vor meiner Ohnmacht zu tun?", fragte ich, um die Sache mal ein wenig zu beschleunigen.
 

Er sah plötzlich auf, seinen durchdringenden Blick direkt auf mich gerichtet, und mir stockte erschrocken der Atem. Sah ich tatsächlich so etwas wie Schmerz in seinem Blick?
 

"Ja", sagte er leise. Entweder selbstsicherer werdend oder einfach nur entschlossen, nahm er meine Hand und umschloss sie mit der seinen. "Ich begegnete Euch und entschuldigte mich für mein Verhalten auf der...Party." Ich lächelte leicht, als er kurz das Gesicht verzog. Elben können ja so amüsant sein... "Und dies möchte ich nun wiederholen. Lady Cala, bitte vergebt mir mein ungebührendes Verhalten Euch gegenüber. Es war nicht meine Absicht gewesen, Euch zu verärgern. Bitte, verzeiht mir."
 

Ich blinzelte ein paar Mal, als er doch tatsächlich in einer demütigen Art und Weise den Kopf senkte und gespannt meine Hand ein wenig fester drückte.

Warum entschuldigte er sich auf einmal?

Und warum war es ihm so wichtig, dass ich seine Entschuldigung annahm?
 

Einen Seufzer unterdrückend, als ich den blonden Haarschopf musterte, drückte ich seine Hand ermutigt. "Auch wenn ich Euer Verhalten nicht wirklich nachvollziehen konnte an dem Abend, bin ich bereit, darüber hinwegzusehen." Er hob seinen Kopf und starrte mich an als wäre ich eine Erscheinung.
 

Ihhh, hoffentlich hatte ich keinen Heiligenschein oder so über dem Kopf. Ich schielte vorsichtig nach oben und war zufrieden, nichts dergleichen zu sehen. Also weiter im Text.
 

"Natürlich nehme ich deine Entschuldigung an, unter der Bedingung allerdings, dass du wieder der alte Legolas wirst. So reumütig und unsicher gefällst du mir nämlich gar nicht....", grummelte ich gutmütig und war ganz stolz auf meine großzügige Tat.
 

Ein seltsames Funkeln trat in seine Augen, fast schon spitzbübisch, aber auch noch etwas anderes, Undefinierbares, als ein sanftes Lächeln sich auf seinem Gesicht ausbreitete und seine zuvor bedrückte Haltung bei weitem wettmachte.
 

Er beugte sich noch ein wenig vor, sodass unsere Gesichter sich näher kamen und flüsterte mir seinen Dank zu. Ich grinste verlegen zurück und wurde mir plötzlich der Position bewusst, in der wir uns befanden. Meine grauen Zellen machten schon Überstunden, um einen schnellstmöglichen Fluchtplan zu entwickeln, als die Tür auf einmal aufgerissen wurde und eine aufgeregte Glowy hereinmarschierte - nur um mitten im Raum verdutzt zu erstarren.
 

Ihr Blick wanderte ganz langsam von Legolas vorgebeugter Statur, zu unseren umschlungenen Händen bis hin zu meinem kontinuierlich roter werdenden Gesicht.
 

Breit grinsend zwinkerte sie mir zu. "Ihr solltet wohl besser ein Nicht stören Schild aufhängen, Freunde! Es will euch ja niemand unterbrechen."
 

Und bevor ich meiner besten Freundin an die Gurgel springen konnte, passierte etwas anderes, vollkommen Unerwartetes: Legolas streichelte beruhigend meine Hand!
 

Mit offenem Mund starrte ich in sein lächelndes Gesicht, dann auf seine Hand und hatte das dringende Bedürfnis, auf der Stelle wieder in Ohnmacht zu fallen.
 

War es denn die Möglichkeit?
 

Hatte sich Lórien während meiner Auszeit etwa in einen Irrenhaus verwandelt?!
 

"Glowy, was suchst du hier?", knurrte ich, während ich gleichzeitig versuchte, meine Hand aus Legolas' Schraubstockgriff zu befreien - natürlich erfolglos.
 

Ihr Gesicht wurde plötzlich ernst, als ob Omi angekündigt hätte, dass es ab sofort Bogenschießenverbot gab.

"Die Krieger werden eingezogen."
 

Jo.
 

Okay.
 

"WAS?!"
 

Sie zuckte mit den Schultern und sah dann zu Legolas, welcher nun ebenfalls ernst dreinschaute.
 

"Orks haben die Siedlungen der Menschen angegriffen und sind auf dem Vormarsch hierher. Eomer ist bereits mit seinen Kriegern losgezogen, um sich ihnen zu stellen, doch wenn tatsächlich Lephisto unter ihnen ist, werden sie Unterstützung brauchen. Die wenigen Krieger hier aus Düsterwald, Bruchtal und Gondor werden bald ebenfalls aufbrechen, ebenso wie die Armee Lóriens."
 

Es herrschte einen Moment lang angespannte Stille, in der wir alle andächtig nachdachten - beziehungsweise, versuchten nachzudenken.
 

Wer zum Kuckuck war eigentlich Eomer?!
 

"Dann ist es wohl besser, wenn ich mich zu meinen Kriegern begebe."

Abrupt erhob sich Legolas von seinem Platz und sah auf mich herab. Mir tief in die Augen sehend, verbeugte er sich leicht und verschwand mit einem kurzen Gruß an Glowy durch die Tür nach draußen.
 

Verblüfft sah ich ihm nach, als ich das wissende Grinsen auf Glowys Gesicht entdeckte.
 

"GLOWY!"
 

Lachend warf sie mir eine Kusshand zu und rauschte schnell ebenfalls aus dem Zimmer.
 

Schmollend blieb ich zurück. Na klasse, so wachte man gerne nach einer Ohnmacht auf.
 

~~~
 

Wenige Stunden später hatte ich mich soweit erholt, dass ich das Bett verlassen durfte und der Abschiedszeremonie der aufbrechenden Krieger beiwohnen durfte. In der Tat wurde nicht viel Zeit verschwendet und auch der Abschied wurde eher kurz und knapp gehalten. Omi sprach ein paar Worte, die zuschauende Menge grölte und ich pflasterte ein Prinzessinnen-like Lächeln auf mein Gesicht.
 

Während ich also brav mit meinem Taschentüchlein den Kriegern nachwedelte, ritt plötzlich Legolas auf mich zu.
 

Nach einem etwas unsanften Ellenbogenstoß in meinen Rücken von Glowy, stolperte ich vorwärts auf ihn zu.
 

"Mögen die Valar gute Laune haben und Euch den Sieg gewähren", presste ich hervor und rieb mir unauffällig den Rücken.
 

"CALADETH!", hörte ich meine Oma hinter mir zischen.
 

Legolas lächelte jedoch nur ein wenig und schnappte sich meine Hand, um ihr einen kurzen Kuss zu geben.
 

"Die Valar scheinen heute in der Tat gute Laune zu haben, denn sonst hätten sie mir nicht bereits meine größten Wunsch erfüllt. Ich fürchte den Ausgang unseres Kampfes nicht - ich weiß, dass der Sieg nur mit uns sein kann."
 

Wow, das nenne ich selbstbewusst, dachte ich nur, als er immer noch lächelnd in der Menge von Reitern verschwand.
 

Danach starrte ich meine Hand an, als hätte ET mit ihr nach Hause telefoniert. Keine Sekunde später stürmten meine beiden Cousins auf mich zu und zogen mich in eine knochenbrechend schöne Umarmung.
 

Ich klopfte ihnen den Rücken und verabschiedete mich noch von einigen anderen Elben, als Arwen mit verschränkten Armen an meiner Seite erschien.
 

Ich grinste leicht über ihr verärgertes Gesicht. Es war nicht schwer zu erraten, was die Frau Anwältin gerade so auf die Palme brachte.
 

"Na, durftest wohl nicht mitreiten, mmh?", fragte ich und lachte leise als sie auch schon wütend losschnaubte.
 

"Nein, natürlich nicht! Dieses Land ist voll von Vorurteilen! Wer hat denn gesagt, dass Frauen nicht kämpfen können? Wer behauptet, Frauen könnten sich nicht selbst wehren? Dem werde ich zeigen, was eine Frau kann! Und anfangen tue ich damit bei meinem Vater...", wetterte sie wie auf Knopfdruck los und ich pfiff fröhlich vor mich hin, während sie ihr Schimpf-Plädoyer vortrug - nicht, dass sich gerade irgendein Richter dafür interessieren würde, aber es war ziemlich amüsant, ihr zuzuhören.
 

~~~
 

In den nächsten Tagen war es eindeutig zu langweilig in Lórien. Keine Zwillinge, die irgendetwas ausheckten, kein Tulu, kein Púren, kein schwafelnder Haldir, kein verwirrender Legolas....
 

Glowy, Arwen und ich wurden in der Zeit ein unzertrennliches Gespann. Täglich fanden wir uns auf den Wiesen zusammen, um gemeinsam Bogenzuschießen oder shoppen zu gehen. Manchmal wanderten wir auch einfach nur herum und, äh, redeten über Dinge, über die Frauen nun mal so redeten.
 

Es war immer äußerst erheiternd wie Gloy errötete wenn sie von Beau sprach, was Arwen und ich immer mit einem Augenrollen bedachten.
 

Glowy schlug dann jedoch mit fiesen Mitteln zurück, indem sie mir die intime Szene mit Legolas während meiner geistigen Abwesenheit vorhielt, wonach es meistens schnell zu einem pfeilschnellen Schlagaustausch kam, wobei Arwen nur zu gerne Schiedsrichterin spielte.
 

Ab und zu kamen Boten in den Palast, um Nachrichten von Haldir zu überbringen, doch wurden weder Glowy und Arwen noch mir irgendetwas mitgeteilt. Es wäre nicht nötig, uns Sorgen zu machen, vor allem, da noch alles offen stand, etc, etc...
 

Natürlich gingen viele Gerüchte in Caras Galadhon herum, die wir eifrig aufschnappten. So zum Beispiel hieß es, dass Gandalf die Armee unterstützte, dass der Krieg heftig tobte und noch lange kein Ende in Sicht war und Lephisto selbst nicht anwesend sein sollte.
 

Mit der Zeit wurde es immer kälter in Lórien, bis ich schließlich eines Morgens aufwachte und ein paar verirrte Schneeflocken durch die Baumwipfel fallen sah. Ekstatisch rannte ich in Glowys und Arwens Zimmer.
 

~~~
 

"Bist du sicher, dass wir das tun sollten?", fragte Arwen ein wenig ängstlich und sah zum unzähligsten Mal über ihre Schulter nach hinten, wo man immer schwerer die gewundene Treppe nach oben in die Malornbäume ausmachen konnte.
 

"Arwen, wir reden hier von Schnee! S-C-H-N-E-E! Natürlich müssen wir das tun!"
 

Sie rollte die Augen in Richtung Glowy und verstummte.
 

Schweigend marschierten wir, eingepackt in dicke Mäntel, weiter durch den Wald. Es dauerte nicht mehr lange, da erreichten wir endlich den Waldrand und vor uns erstreckte sich eine vollkommen weiße Landschaft.
 

"Wow."
 

Arwen sah ein wenig gelangweilt drein und warf mir nur einen schiefen Seitenblick zu.

"Was denn? Noch nie Schnee gesehen?"
 

Glowy verdrehte die Augen. "Du vergisst, dass Cala und ich in einem Land leben, in dem es Schnee nur noch als Wunschtraum gibt. Die Winter bei uns sind generell kalt, regnerisch und triste."
 

Ich nickte bestätigend. Ab und zu hatte selbst sie mal Recht.
 

Langsam und fast schon ehrfurchtsvoll tapste ich durch den tiefen Schnee, welcher unter meinen Füßen knarrte.

Wie ein kleines Kind beugte ich mich vor und fing an, große Kugeln zu bauen, um einen Schneeelb zu konstruieren, als mich etwas Eiskaltes im Nacken traf. Erschrocken quiekte ich auf und drehte mich herum.
 

Glowy hielt sich den Bauch vor Lachen als sie mein Gesicht sah. Diabolisch grinsend schnappte ich mir nun selbst eine Handvoll Schnee und rief: "KRIEG!"
 

Mein Schneeball klatschte ihr genau ins Gesicht. Über ihr verdutztes Gesicht musste ich nun meinerseits lachen und schon waren wir in die schönste Schneeballschlacht vertieft, in welche wir auch Arwen hineinzogen.
 

Da jeder wahllos auf jeden losging und mit Schnee beschoss, waren wir drei bald schon klitschnass und voller Schnee - allerdings vollauf zufrieden.
 

Irgendwann ließen wir uns einer nach dem anderen rückwärts in den Schnee sinken, um uns auszuruhen.
 

"So viel Spaß hatte ich schon lange nicht mehr.", sagte Arwen lachend und wischte sich eine nasse schwarze Strähne aus dem Gesicht.
 

"Und das ganz ohne Männer, über die man sich ärgern muss.", seufzte ich und blickte hinauf in den wolkenverhangenen Himmel.
 

"Guter Themenwechsel." Glowy neben mir rutschte ein wenig hin und her, bis sie ihren Ellbogen auf dem Schnee aufstützte und mich spitzbübisch grinsend ansah. "Was läuft denn nun zwischen dir und Legolas?"
 

Ich spürte, wie ich prompt rot wurde.
 

"Ja, genau!" Arwen richtete sich auf meiner anderen Seite auf und sah mich neugierig an. "Gibt es da etwas, das wir wissen sollten?"
 

"Nein!", knurrte ich.
 

"Ach, Calaleinchen! Wir sind doch deine Freunde! Uns kannst du es doch sagen!"
 

Ich verspürte den fast schon unwiderstehlichen Drang, Glowys Grinsen mit Schnee voll zu stopfen.

"Es gibt nichts zu erzählen!"
 

"Mmh, bist du sicher?" Arwen fuhr sich nachdenklich mit einer Hand über das Kinn. "Ich meine, dass Legolas dich gern hat, ist ziemlich offensichtlich."
 

Ich wurde noch eine Spur roter. "Das ist doch Unsinn!"
 

"Aber Cala, Cala! Verleugnung bringt doch nichts..."
 

Ich sah Gowy bitterböse an. Hatten sich heute eigentlich alle gegen mich verschworen?
 

"....Und du musst doch zugeben, dass er ziemlich niedlich ist."
 

Spontan klatschte ich ihr Schnee ins Gesicht.
 

"Hey!"
 

Ihr Schmollen ignorierend hing ich meinen eigenen Gedanken nach.
 

Die Armee war nun schon seit einiger Zeit unterwegs und ich konnte förmlich spüren, wie meine Großeltern immer unruhiger und besorgter wurden - auch wenn sie ihr Bestes versuchten, es nicht zu zeigen.
 

Lórien wurde zur Zeit nur noch von einem relativ kleinen Teil an Kriegern bewacht und es wurden bereits einige Maßnahmen durchgeführt, um im Falle des Falles schnell die Bewohner evakuieren zu können.
 

Die Lage schien also ziemlich ernst zu sein, oder zumindest hatte man große Angst vor Lephisto.
 

Wenn ich ehrlich war, machte ich mir auch ein wenig Sorgen um die Krieger. Omi und Opi betonten zwar immer wieder, dass es allen gut ging, aber irgendetwas musste ja offensichtlich falsch laufen, wenn sie immer noch nicht zurück waren.
 

Zudem war es furchtbar langweilig ohne die Jungs. Im Palast gab es nur gehorsame und prüde Dienerinnen, der Markt verlor nach täglicher Shoppingtour auch irgendwann sein Interesse und sonst waren die Möglichkeiten aus Sicherheitsgründen rigoros eingeschränkt worden.
 

Dass wir uns heimlich bis zum Waldrand geschlichen hatte, würde uns nachher sicherlich ziemlich viel Ärger einbringen, aber jetzt, wo ich so zufrieden im herrlichen Schnee lag, konnte mir das auch egal sein.
 

Ich vermisste die elbischen Jungs. Und was noch viel schlimmer war - irgendwie auch Legolas.
 

Vielleicht wurde ich ja krank. Oder weich. Oder alt.... Vielleicht war es ja auch mein neu entdecktes Prinzessinnen-Gen, aber ich vermisste sein eigenartiges Verhalten. Er brachte mich zum Grübeln, ebenso wie in Verlegenheit. Warum, wusste der Geier.
 

Es war witzig gewesen, ihn mit meiner Meinung nach harmlosen Sprüchen aufzuregen und ihn dann reumütig zurückkriechen zu sehen. Seine höfliche und pflichtbewusste Art, sein stolzes Auftreten, sein verrückter Vater...
 

"Cala?", fragte Glowy plötzlich mit zittriger Stimme.
 

"Mmh?"
 

"Hast du nicht bald Geburtstag?"
 

Überrascht sah ich sie an. "Ja, wieso?"
 

Sie schluckte und starrte stur geradeaus. "Na ja, ich denke, dass Eru dir soeben sein Geschenk geschickt hat."
 

Stirnrunzelnd folgte ich ihrem Blick und glaubte meinen Augen nicht mehr trauen zu können. Ich musste mehrmals blinzeln, um sicherzugehen, dass die Gestalt vor meinen Augen auch tatsächlich da war. Glauben tat ich es trotzdem immer noch nicht.
 

Die in einen dicken Mantel eingewickelte Gestalt, deren Kapuze nach hinten ins Genick gezogen worden war, kam langsam auf mich zu, ein zögerliches Lächeln auf seinen Lippen.
 

"Cala?"
 

Ich hob die Hand und winkte schwach. "Urgh, hi, Ben?"
 

Er lächelte mich verwirrt an. "Es ist schön, dich wiederzusehen, Cala."
 

Glowy beobachtete mich aus zusammengekniffenen Augen, während Arwen Ben neugierig musterte.
 

"Und da sage doch einer, Sternschnuppen erfüllen keine Wünsche...", murmelte ich.

In dem ein kleiner Vulkan zu brodeln beginnt

15. Kapitel

In dem ein kleiner Vulkan zu brodeln beginnt
 

Na ja, meine Großeltern sprachen ja schon immer von besonderen Kräften. Magien, Mächten, Zaubern, so zum Beispiel wie Aberglaube (die fiese schwarze Katze!) – all so komisches Zeug, an das ich natürlich nicht geglaubt hatte.
 

Es wurde Zeit, dass ich meine Meinung darüber änderte, immerhin stand der lebende und äußerst wenig Fatahmorgana-aussehende Beweis direkt vor mir und unterhielt sich mit mir. Beziehungsweise, führte gerade einen schweigenden Anstarr-Kontest mit mir.
 

Ich schluckte schwer. Ben in Lórien... Halleluja, das konnte ja heiter werden.
 

Und das alles nur wegen einer blöden Sternschnuppe...
 

„Öhm, Ben, was machst du hier?“, fragte ich vorsichtig und setzte mich auf. Ein wenig abwesend klopfte ich den Schnee von meinen Klamotten und versuchte die deutlich unfreundlichen Blicke Arwens und Glowys zu ignorieren. Huh, was hatten die beiden denn auf einmal?
 

Ben kratzte sich verlegen am Hinterkopf und sah mich ein wenig verlegen an. Er zögerte merklich, was mich seltsamerweise ein wenig misstrauisch werden ließ.
 

„Nun ja, das gleiche könnte ich dich wohl auch fragen.“ Er lachte etwas nervös und fuhr sich mit der Hand ungeschickt durchs Haar.
 

Okay, geht’s nur mir so oder war da irgendwas faul? Ich konnte es förmlich schon miefen riechen, so faul war da was...
 

Ein übertrieben lautes Räuspern von der Seite lenkte mich für einen Moment ab und ich sah in die funkelnden Augen Arwens. Oh, das, äh, sah nicht gut aus...
 

„Ben, das ist Arwen.“ Ich wies auf meine Cousine. „Glowy kennst du ja noch.“
 

Er nickte beiden höflich zu.
 

„Arwen, das ist Ben.“
 

Arwens Augen verengten sich zu Schlitzen. Man konnte es förmlich Rattern hören, als ihr Gehirn versuchte, all die neuen Informationen einzusammeln und zu verarbeiten. Irgendwann schien dann der Vorgang auch abgeschlossen zu sein, denn sie stieß ein tiefes Grollen aus und presste die Lippen so fest aufeinander, dass sie weiß wurden.
 

Ben schien ihre Reaktion zu überraschen, denn er zuckte instinktiv zusammen und beobachtete sie vorsichtig aus den Augenwinkeln, aus Angst, sie könnte ihm wohl heimlich an die Kehle springen.
 

Eisiges Schweigen breitete sich aus.
 

Um ehrlich zu sein, wusste ich nicht genau wie ich reagieren sollte. Wie war es Ben bloß gelungen, nach Mittelerede zu gelangen? Was tat er hier? Und wie sollte ich ihm erklären, was ich hier tat?!
 

Okay, zu viele unangenehme Fragen. Operation Ablenkungsmanöver war angebracht.
 

„So, Ben, wohin, uh, gehst du denn jetzt? Vielleicht können wir dich ja ein Stück begleiten?“, fragte ich und ein so schrilles Lachen entfuhr mir, dass es mir selbst in den Ohren wehtat.
 

Arwen und Glowy sahen mich an, als wäre es höchste Zeit für mich, mein letztes Gebet aufzusagen, während Ben mir ein warmes Lächeln schenkte.
 

Aaaaahh....
 

„Das wäre sehr nett, Cala.“ Seine Stimme klang sanft, und doch schwang ein seltsamer Unterton mit, der mich ein wenig aus der Fassung brachte.
 

„Huh?“
 

Sein Lächeln verbreiterte sich und ich hatte das seltsame Gefühl, alles um mich herum verschwamm und wurde undeutlich außer seiner hoch aufragenden Gestalt.
 

„So, Ben ...“ Arwen sprach seinen Namen aus als wäre er ein ekelhaftes Insekt, das man nur mit Handschuhen anfasst, wenn überhaupt. Der lustige und mehr oder weniger ungewollte Akzent jedoch bei diesem einen Wort machte ihre klare Abneigung ihm gegenüber ein wenig wett.
 

„Wohin geht es denn?“ Ich warf Arwen einen bösen Blick zu. Obwohl mich diese Frage ebenso berennend interessierte wie sie, fand ich dass ihre viel gerühmten Manieren doch arg zu wünschen übrig ließen. Sie kannte ihn nicht einmal und schon meinte sie, sich ihm gegenüber wie die Miss Universe unter den Elben aufführen zu müssen! Na, heidewizka, soweit kam es ja noch!
 

„Ich freu mich wirklich, wirklich, dich zu sehen!“, zwitscherte ich deshalb in zuckersüßer Stimme dazwischen, während ich Arwen einen warnenden Blick zuwarf.
 

Ben ignorierte Arwen vollkommen und richtete seine ganze Aufmerksamkeit auf mich mit einem fast schon schüchternen Lächeln auf den Lippen.
 

„Ja, ich freu mich auch, dich schon sobald wiederzusehen, Cala“, antwortete er und ich konnte mich des strahlenden Lächelns auf meinem Gesicht einfach nicht erwehren. Ich meine, seien wir doch mal ehrlich zu uns selbst: Wer freut sich nicht, wenn ihr Schwarm ihr einen dieser schmachtenden Blicke zuwirft und allen Ernstes sagt, er hätte sie vermisst. Na ja, gut, okay, eine kleine Verdrehung der Tatsachen... aber was macht das schon... Rosamunde Pilcher wäre für den Schmalz, der hier um uns herumtrieft sicher mehr als stolz auf mich.
 

„Sollten wir nicht langsam zurück nach Caras Galadhon?“ wagte Glory vorsichtig zu fragen, während sie Ben inzwischen einigermaßen neutral anstarrte. Was nicht unbedingt positiv zu bewerten war...
 

Erst jetzt bemerkte ich die eisige Kälte, die sich langsam durch meine durchnässten Klamotten fraß und eisige Schauer durch meinen Körper laufen ließ. Ein Blick zum Himmel sagte mir, dass es womöglich bald wieder zu schneien anfangen würde.
 

„Calas Galadhon?“ hakte Ben plötzlich nach. „Lórien?“
 

Glowy und ich sahen ihn überrascht und ein wenig ängstlich an. Verdammt, was tat er nur hier?! Wie war er hierher gekommen?! Und was noch wichtiger war: Was würde er dazu sagen, wenn er erfuhr, wer wir wirklich waren?!
 

Panik ergriff mich, doch bevor ich auch nur das Wort Ablenkungsmanöver denken konnte, erwiderte Arwen bissig: „Lothlórien für dich.“
 

Ben zog nur beide Augenbrauen in die Höhe, bevor er sich wieder an mich wandte. „Wie es scheint, haben wir denselben Weg.“
 

Huh?!
 

„Du musst nach Lórien? Wieso?“, fragte ich nicht gerade subtil.
 

Nach kurzem Zögern schenkte er mir ein freches Grinsen, das mir die Knie weich werden ließ. Meine Frage blieb jedoch unbeantwortet; nicht, dass ich das noch in meinem Zustand im Wunderland gemerkt hätte...
 

~~~~
 

Unsere Rückkehr in die Zivilisation konnte man nur als ein einziges Durcheinander betrachten. Bereits kurz nach unserem Betreten des Waldes waren uns Mitglieder der königlichen Garde Lóriens entgegengetreten, um uns sicher zum Palast zu geleiten. Während Ben so einige Schwierigkeiten damit hatte, die lorischen Elben von seiner Gefahrlosigkeit zu überzeugen, vertrieben sich Arwen und Glowy die Zeit mit verschwörerischem Flüstern.
 

Nachdem ich den Wachen schließlich mehr oder weniger befohlen hatte von Ben abzulassen, ging unser Marsch weiter.
 

Vor den Stufen, die hoch zum Palast führten, wartete bereits ängstlich meine Familie, die uns überaus besorgt begrüßte.
 

„Cala, Glowy! Wie konntet ihr nur so verantwortungslos sein, in solch einer Zeit alleine durch den Wald zu streifen! Euch hätte etwas Schreckliches passieren können!“, rief meine Oma aufgebracht.
 

Ich verdrehte die Augen. So eine Drama Queen...
 

„Wie ihr seht, geht es uns gut“, versuchte ich zu beschwichtigen. „Zudem sind die Kämpfe doch in den Siedlungen der Menschen und die sind doch viel weiter weg.“
 

„Menschen?“, hörte ich plötzlich Ben hinter mir leicht konfus fragen. „Du sagst das so, als wärest du keiner...“
 

Ups.
 

Fünf Augenpaare flogen zu ihm.
 

Oh Mann, wie sollte ich das bloß erklären...
 

„Wer seid Ihr?“, fragte Opi gebieterisch, als er mir bedeutete, zur Seite zu treten, damit er Ben besser in Augenschein nehmen konnte.
 

Ben verbeugte sich tief – was ihm eine gezogene Augenbraue von Glowy und mir, und ein verächtliches Schnauben von Arwen einbrachte – und antwortete ungerührt: „Mein Name ist Ben und ich komme von der Erde.“
 

Klamme Stille trat ein, in der scheinbar niemand so recht wusste, wie man auf dieses neue Ereignis reagieren sollte. Meine Gedanken jedoch schweiften mal wieder ab. Es war seltsam, aber manchmal hatte ich das Gefühl, als ob Ben eine gespaltene Persönlichkeit besäße. In vielen Situationen benahm er sich wie ein verschüchterter, kleiner Junge, der nicht recht wusste, wie er sich verhalten oder was er sagen sollte. Und in anderen Fällen wiederum legte er ein Selbstbewusstsein und eine Ruhe an den Tag, die ich eigentlich nur von über Tausend Jahre alten Elben kannte wie zum Beispiel Haldir.
 

Irgendwie passte das nicht so ganz zusammen...
 

„Nun“, ergriff meine Mutter schließlich das Wort, als sie mir mit einer Hand liebevoll über die Wange strich, „ihr seid sicher kalt und durchnässt. Wie wäre es, wenn ihr schnell ein warmes Bad nehmt und wir uns alle danach in der Bibliothek versammeln?“
 

Nach kurzem Zögern stimmten schließlich alle zu und so wurden Arwen, Glowy, Ben und mir ein Bad zubereitet in den Privaträumen des Palastes. Hach ja, Prinzessin muss man sein...
 

„Weißt du, Cala, irgendwie habe ich kein gutes Gefühl bei der Sache.“
 

Ich öffnete träge ein Auge, als Glowy es sich neben mir im Becken bequem machte.
 

„Was meinst du?“ Ich wusste natürlich genau wovon sie sprach, doch wollte ich wissen, was genau sie an der Situation störte. Mal abgesehen vom Offensichtlichen, dass Ben überhaupt in Mittelerde gelandet war.
 

Nachdenklich lehnte sie den Kopf auf die erhitzten Steinplatten am Rand des Beckens und sah hinauf zur gewölbten Decke.
 

„Findest du es denn nicht auch seltsam, dass Ben urplötzlich ebenfalls in Mittelerde, beziehungsweise Lórien landet?“
 

Ich seufzte. „Ich weiß...“
 

„Oder die Frage, wie er hier hergekommen ist? Was er hier tut? Und warum er so tut, als wäre es ganz selbstverständlich nach Mittelerde zu reisen?“
 

O lala, die Luft vibrierte förmlich vor Nächstenliebe...
 

„Dein Misstrauen ist hier fehl am Platz“, erwiderte ich trotzig. „Wir sollten erst einmal in Ruhe mit ihm darüber reden und dann wird sich schon alles klären-“
 

Sie wandte ruckartig den Kopf zu mir und blitzte mich wütend an. „Nur weil ich keine rosa Brille trage so wie du, heißt das noch nicht lange nicht, dass ich nicht gemerkt habe, wie ausweichend er sich benommen hat!“
 

„Na, mit rosa Brillen musst du dich ja auskennen“, murmelte ich schnippisch zurück und hörte, wie sie scharf die Luft einsog.
 

Ihr Gesicht lief puterrot an – nein, ich glaube das kam nicht von dem warmen Wasser – und Dampf schien aus ihren Ohren zu kommen – okay, das war eventuell verdunstetes Wasser, obwohl wer weiß...
 

„Lenk ja nicht vom Thema ab, Caladeth!“, antwortete sie gereizt.
 

„Du solltest auf sie hören“, meldete sich schließlich Arwen vom anderen Ende des Beckens. Bisher war sie unserer Diskussion nur stillschweigend gefolgt, doch nun zierte ein fast schon selbstgefälliges Grinsen ihr Gesicht. „Die Tatsachen sprechen eindeutig gegen ihn.“
 

Ich rollte genervt die Augen. „Ich bitte dich. Jetzt übertreibst du es aber. Ben steht nicht vor Gericht und eure sogenannten Tatsachen sind alles nur fadenscheinige Mutmaßungen, welche viel zu viele Fragen offen lassen.“
 

„Da bin ich anderer Meinung“, konterte Arwen selbstbewusst. „Er ist mit beiden Welten bestens vertraut, er verheimlicht uns etwas und er hat jahrelang an eurer Seite auf der Erde gewohnt. Woran erinnert dich das, Cala?“
 

Wutentbrannt stieg ich aus dem Becken und schlang ein Handtuch um meinen Körper. „Ben ist nicht Lephisto, falls du das damit andeuten willst. Wie kannst du so etwas nur sagen!“
 

Sie zuckte unbeeindruckt mit den Schultern. Hilfesuchend sah ich zu Glowy, doch sie wich meinem Blick aus.
 

„Ich fass es einfach nicht!“, wisperte ich schockiert. Auf dem Absatz kehrtmachend, verließ ich die Baderäume nachdem ich mich abgetrocknet und angezogen hatte.
 

Mein Kopf schwirrte und meine Gedanken kreisten wirr vor meinem inneren Auge herum. Fast schon blind stürmte ich durch die Gänge des Palastes, nicht richtig wissend, wohin ich eigentlich lief.
 

Wie konnten sie so etwas nur denken? Ben und... Lephisto?! Pah! Und dass Glowy das auch noch glaubte... gerade sie müsste doch wissen... Ich meine, sie war doch auch einmal in Ben verliebt gewesen...
 

Argh! Es war zum Verrücktwerden!
 

In diesem Moment fühlte ich mich wie ein kleiner Vulkan. So viele angestaute, ungewohnte und intensive Gefühle und weit und breit keine Möglichkeit in Sicht, herauszubrechen. Ja, Klein-Cala fühlte sich schändlichst vernachlässigt.
 

Wo war nur der Elb, an dem ich meine Wut auslassen konnte?
 

Aber nein, Legolas war im Krieg.
 

„Wo ist der blöde Elb nur, wenn man ihn mal braucht...“, grummelte ich halbherzig, als ich um die nächste Ecke bog und direkt in eine Wand.
 

„Uff!“ Benommen prallte ich zurück.
 

„Oh, entschuldige, Cala! Ich habe dich nicht gesehen.“
 

Und schlagartig war der kleine Vulkan wieder ganz friedlich.
 

„Ben, hey“, antwortete ich und spürte, wie mein Gesicht warm wurde. Mist, ich wurde rot, wie peinlich.
 

Er lächelte lieb auf mich herab und sein dunkles Haar glänzte noch verdächtig im Sonnenlicht. Er hatte wohl auch gerade erst sein Bad beendet. Er trug die traditionelle elbische Kleidung in den grün-weißen Farben der Waldelben, was doch recht komisch an ihm aussah – positiv komisch.
 

Schüchtern unterbrach er unseren Blickkontakt, als er kurz zu Boden sah. „Kannst du mir vielleicht helfen? Ich fürchte, ich habe mich hoffnungslos verlaufen.“ Ein wenig hilflos sah er sich um und kratzte sich am Nacken.
 

Ungewollt musste ich lachen. Er war aber auch einfach zu niedlich. „Klar helfe ich dir. Das Treffen findet in der Bibliothek statt, nicht wahr?“
 

Er nickte strahlend.
 

„Dann komm. Wir wollen die alten Herrschaften ja nicht warten lassen.“ Ich rollte demonstrativ die Augen und er lachte leise.
 

Unseren Weg zur Bibliothek verbrachten wir größtenteils schweigend. Aus den Augenwinkeln bemerkte ich, dass Ben seine Umgebung und vor allem die Elben, denen wir begegneten, genauestens studierte. Es schien fast so, als suchte er etwas. Aber was?
 

Kopfschüttelnd verscheuchte ich den Gedanken und studierte meinerseits zum wohl hundertsten Mal die elbische Uniform, die er trug. Mmh, die Tunika stand ihm wirklich ganz ausgezeichnet...
 

Kurz darauf erreichten wir die Bibliothek, wo bereits meine Großeltern, Eltern, König Thranduil und Meister Elrond um einen großen runden Tisch versammelt saßen. Brav setzte ich mich auf den Stuhl direkt neben meiner Großmutter als zukünftige Thronfolgerin, während Ben sich etwas zögerlich auf den freien Platz auf meiner anderen Seite fallen ließ.
 

Wenig später fanden sich auch Arwen und Glowy in dem gemütlichen Raum rein und die Mini-Versammlung konnte beginnen.
 

Auf ein Nicken von meiner Omi hin erhob sich Ben von seinem Platz und lächelte mutig in die Runde.
 

„Mein Name ist Ben“, stellte er sich erneut vor, „und ich komme von der Erde.“
 

Elrond musterte ihn neugierig und sein aufmerksamer Blick wanderte wissend zwischen Ben und mir hin und her. Verdammter Halbelb... Wahrscheinlich hatte er bereits eins und eins zusammengezählt und erkannt, dass Ben der Junge war, von dem wir gesprochen hatten vor unserer Reise zur Erde.
 

„Was ist der Grund für Eure Reise hierher? Und woher wisst Ihr, wie man zwischen den Welten reist?“, fragte Thranduil misstrauisch und sah ihn abwertend an.
 

Meine Finger zuckten gefährlich. Legolas war ja noch wenigstens amüsant-nervig, aber an dem lieben Königleinchen war wirklich rein gar nichts witzig. Dieser Kerl war so verklemmt und snobistisch und so voll mit-meiner-mit-Exktraglanz-gepuderten-Nase-rieche-ich-überall-Böses-Art, dass es einfach wirklich nur bedauernswert wäre... wenn es mir nicht so verdammt auf den Keks gehen würde.
 

Uh, Auszeit: Hab ich Legolas gerade freiwillig in einem positiven Licht dargestellt?!
 

Urgs, Bens plötzliches Auftreten musste wohl meine Stimmung enorm verbessert haben...
 

Da der Vulkan Klein-Cala damit beschäftigt war, vor sich hin zu brodeln, bekam ich auch nicht mit, dass Ben sich mehr Zeit für seine Antwort nahm, als unbedingt nötig gewesen wäre. Erst Arwens ungeduldiges Aufseufzen ließ mich spüren, dass eine etwas angespannte Stille eingetreten war.
 

Vorsichtig spähte ich zur Seite und sah wie Ben Thranduil abschätzend musterte. Es schien ein stummes Kräftemessen zwischen den beiden stattzufinden und die Antipathie zwischen ihnen war deutlich spürbar.
 

Da gefiel mir Ben doch gleich noch viel besser...
 

Meine Omi öffnete gerade den Mund, sicher um die bedrohliche Situation zu entschärfen, als plötzlich jemand kräftig gegen die Tür klopfte.
 

Erschrocken zuckten viele der Anwesenden zusammen und aller Aufmerksamkeit richtete sich auf den blonden – wie kann es anders sein?! – Mann, der sich gerade ehrerbietig verbeugte.
 

Was machte denn Mr Eisklotz a.k.a. Haldir hier?! Sollte er nicht mit seinen Schwert irgendwo rumfuchteln und arme, wehrlose Orks mit seinen kryptischen Worten auf mentale Irrwege führen?
 

„Haldir! Was ist geschehen!“ Mein Opi erhob sich erschrocken von seinem Platz.
 

Ich biss mir für meine fiesen Gedanken verlegen auf die Unterlippe, als ich das getrocknete Blut und den Schmutz an seiner Kleidung bemerkte.
 

„Ich bringe schlechte Kunde“, presste Haldir in ungewohnt emotionsvoller Stimme hervor. Er schien nicht arg verletzt zu sein, denn als er sich wieder gerade aufrichtete stand er stocksteif wie eh und je.
 

„Wovon redet Ihr?“, verlangte Thranduil gebieterisch zu erfahren. Gern hätte ich ihm eine schnippische Antwort gegeben, doch die Angst in seinem Blick ließ mich innehalten. Es war die gleiche Angst, die ich auch den Augen der anderen im Raum sehen konnte und ich fühlte mich plötzlich überrollt mit einer Welle der Hilflosigkeit und kindischen Furcht. Bis zu diesem Zeitpunkt hatte ich den Gedanken an den Krieg verdrängt, an welchem Freunde sowie Familienangehörige und mehr-oder-weniger-Freunde von mir teilnahmen. Mir war nicht bewusst gewesen, wie ernst die Situation wirklich war...
 

Wie naiv ich doch war... In diesem einen Moment schämte ich mich wie nie zuvor in meinem ganzen Leben.
 

Selbst als Ben mir beruhigend eine Hand auf die Schulter legte, konnte ich keine Erleichterung oder Freude empfinden.
 

Ich würde nie verstehen, wie es war, in den Krieg zu ziehen und für meine Heimat zu kämpfen. Würde nie wissen, wie es ist, jede Sekunde um mein eigenes Leben und das meiner Freunde und Kameraden zu fürchten... alles, was ich tat, war ein behütetes Leben fernab der Gefahr zu leben und mir nicht einmal Gedanken um die Männer im Krieg zu machen. Machte mich das nicht zu einem schlechten Menschen? Äh, Elben?
 

Wie konnte ich denn je ein ganzes Volk angemessen regieren, wenn ich mir nicht mal die Mühe machte, mich in die Situation einer anderen Person hineinzuversetzen?!
 

,Niemand wurde perfekt geboren, Cala. Auch ich musste erst lernen, was es bedeutet, die Verantwortung für meine Untergegeben zu übernehmen. '
 

Ich warf meiner Omi einen unsicheren Blick zu, bevor ich das Gesicht wieder abwandte.
 

„Es geht um Prinz Elladan...“ begann Haldir langsam und ich spürte wie mir alle Farbe aus dem Gesicht wich. Okay, das reichte mir schon. Ohne abzuwarten, was er zu sagen hatte stürmte ich aus dem Zimmer. Wilde Horrorszenarien spielten sich in meinem Kopf ab: Elladan blutüberströmt und mit Wunden übersäht auf dem Schlachtfeld; Elladan gefangen und gefoltert; Elladan durch Gehirnwäsche zum Feind übergetreten...
 

Mit feuchten Augen rannte ich durch den Palast und kümmerte mich nicht um die teils neugierigen und teils besorgten Blicke der Elben, an denen ich vorbeikam. Ich sah meine schlimmsten Befürchtungen bestätigt und wusste einfach nicht, wie ich damit umgehen sollte.
 

Bald schon gelangte ich zu den großen Treppen, wo ich überraschenderweise auf die Zofe Arveldis stieß, welche mir in Begleitung einer blondhaarigen Elbe entgegenkam.
 

Ich blieb stehen und wartete bis sie mich erreicht hatten, um Arveldis darum zu bitten, meinen Eltern auszurichten, dass ich für eine Weile allein sein wollte.
 

Arveldis wirkte etwas verschüchtert, als sie mich sah und begrüßte mich mit einem höflichen Knicks. Die mir unbekannte Elbe neben ihr dagegen schien mich gar nicht zu bemerken, während sie damit beschäftigt war, sinnloses Zeug vor sich hinzumurmeln.
 

Ich wischte mir mit dem Ärmel meines Gewandes über die Augen und zog fragend eine Augenbraue hoch in Richtung Arveldis. Verlegen sah sie zu der Elbe neben ihr.
 

„Lady B -“ fing Arveldis an, doch unterbrach sich gleich darauf wieder, als Lady B irgendetwas von „blöden, arroganten Prinzen“ murmelte.
 

Sofort hatte sie meine ungeteilte Aufmerksamkeit. Hörte sich doch ganz danach an, als wäre sie Elladan und Elrohir begegnet. Vielleicht ging es ihnen ja doch nicht ganz so schlecht, wie ich angenommen hatte?! Zumindest konnte ich die Theorie mit der Gehirnwäsche wohl schon mal ausschließen...
 

„Ähem“, räusperte ich mich, um die leicht verwirrt wirkende Lady B auf mein kleines Persönchen aufmerksam zu machen. Ich wurde ungeduldig als selbst ein hysterischer Hustenanfall keine andere Reaktion von ihr einbrachte, als mir etwas abwesend ein weißes besticktes Tuch zu reichen.
 

Vulkan Klein-Cala war mal wieder am Brodeln. Durfte jawohl auch nicht wahr sein! Da wird man einfach so ignoriert – und auch noch in so einer wichtigen Situation!! Immerhin ging es hier um das Leben meines Cousins!
 

Verzweifelt und mit meinen Taktiken am Ende, griff ich zu drastischeren Maßnahmen. Nachdem ich Arveldis entlassen hatte – worüber sie ganz offensichtlich ziemlich froh war – trat ich Lady B ganz feierlich auf den Fuß. Zu ihrem Glück hatte sie ein Paar Schuhe an.
 

„Au!“, stöhnte Lady B und beugte sich herunter, um ihren Fuß zu berühren. Dann fiel ihr Blick auf mich.
 

Na endlich...
 

Ich wollte gerade schon den Mund aufmachen, um sie nach Elladan zu fragen, als ein verstehendes Lächeln über ihr doch recht hübsches Gesicht zog.
 

„Ah! Noch ein Dienstmädchen! Wahrlich, in Lothlórien scheint es ja nur so von euch zu wimmeln!“, rief sie entzückt.
 

Dienstmädchen? DIENSTMÄDCHEN?! Für wen hielt die sich eigentlich?! Nein, nein: Für wen hielt sie mich?!
 

„Ach ja, mein Name ist Berethniben, mein Vater ist königlicher Berater des Düsterwaldes.“
 

Mmhpf, adlig ist sie auch noch...
 

Ich schüttelte meinen Kopf und wollte gerade zuckersüß klarstellen, dass ich eine Stufe über ihr in unserer feinen kleinen Gesellschaft stand, als sie plötzlich die Nase rümpfte und mich durchdringend ansah.
 

Misstrauisch blickte ich zurück. Zu was für einer dämlichen Erkenntnis war sie denn jetzt schon wieder gelangt...
 

„Sag einmal, kennst du vielleicht die Prinzessin?“, fragte sie unerwartet.
 

Oho...
 

Sie warf ihr langes Haar über die Schulter und ihre leicht abgehackten Bewegungen bewiesen, dass sie etwas beleidigt zu sein schien.
 

„Ich kenne nur eine Prinzessin, Lady Galadriels Tochter, und sie ist bereits verheiratet“, überlegte sie laut, bevor ihr Blick wieder auf meiner Person ruhte, welche sich inzwischen leider gar nicht mehr so wohl fühlte. Was wollte diese entlaufene Schnepfe aus der Irrenanstalt von mir?!
 

„Sag mir also, gibt es tatsächlich noch eine andere Prinzessin oder ist das nur Gerücht?“
 

Ich öffnete den Mund, aber ich wusste beim besten Willen nicht, was ich sagen sollte. Der schier unwiderstehliche Drang, ihr ins Gesicht zu reiben, wer ich war, war ganz schnell wieder verflogen und wurde ersetzt durch eine große Portion Misstrauen gewürzt mit einer kleinen Prise Angst. Ja, ich gebe es zu, sie war mir unheimlich. Diese sinnlose Gebrabbel in ihren nicht vorhanden Bart, diese dumm-dämliche Freundlichkeit und dieser seltsame Blick aus ihren blauen Augen... und täuschte ich mich oder schielte sie?!
 

„Nun?“, hakte sie nach.
 

„Äh... Es gibt noch eine Prinzessin“, bestätigte ich langsam.
 

Ihre Augenbrauen zogen sich zusammen. „So, es ist also wahr.“
 

Ich schluckte.
 

„Wie ist ihr Name?“
 

„Caladeth.“ Oh Mann, ich sah es kommen, das würde noch ein böses Ende nehmen...
 

„Mmmh. Na gut, geh jetzt in die Heilräume und kümmere dich um den Prinzen.“
 

Mein Herz setzte einen Schlag lang aus. Elladan... was war mit ihm geschehen?
 

„Ich werde derweil dieser Prinzessin einen Besuch abstatten, die er mir vorzieht.“
 

Ich verkniff mir ein Lächeln. Wenn Elladan sich immer noch darüber aufregen konnte, dass wir miteinander verwandt waren, konnte es ihm ja gar nicht so schlecht gehen.
 

Lady B riss mich aus meinen Gedanken, als sie mich förmlich aus ihrer Gesellschaft entließ und ich lief augenrollend in Richtung Heilräume. Ich stieß die erstbeste Tür auf und traf auf gähnende Leere. Das nächste Zimmer war besetzt, aber es war eine junge Elbe mit ihrem neugeborenen Kind. Schnell gratulierte ich und wandte mich dem nächsten Raum zu und blieb abrupt stehen, als ich die Person erkannte, die auf dem Bett lag.
 

„Legolas?!“
 

Der blonde Elb schenkte mir ein warmes Lächeln. „Caladeth!“
 

Ich sah ihn besorgt an und trat an sein Bett. „Was machst du hier?! Bist du verletzt? Wo ist Elladan?“
 

Ein Räuspern hinter mir schrak mich auf. Ich drehte mich um und sah einen ziemlich geknickt aussehenden Elladan. Schnell stürzte ich zu ihm und umarmte ihn.
 

„Elladan! Bist du verletzt? Geht es dir gut? Ist alles in Ordnung mit dir?“
 

Mein Cousin erwiderte meine Umarmung etwas zögerlich und tätschelte mir den Rücken. „Keine Angst, Cala, mir geht es gut.“
 

Erleichtert seufzte ich auf und drehte mich wieder zu Legolas um, der stoisch auf sein Laken stierte.
 

„Und was ist mit dir, Legolas?“, fragte ich vorsichtig und beobachtete etwas verwundert, wie ein kleines Lächeln seine Gesichtszüge entspannte und er mit glitzernden Augen zu mir sah.
 

„Mir geht es gut, Caladeth.“
 

Ich hob eine Augenbraue und stemmte die Hände in die Hüften. „Und warum liegst du dann hier?“
 

Er lächelte mich beruhigend an. „Meine Verletzungen sind nicht schwerwiegend, Caladeth. Ich bin nur hier, damit sie gereinigt werden.“
 

Mmh, okay, wenn er es sagt... Das erklärte allerdings immer noch nicht, warum Elladan Legolas freiwillig Gesellschaft leistete.
 

„Und was macht Elladan dann hier?“
 

Legolas’ Blick kühlte deutlich ab als er zu Elladan glitt und ich drehte mich ebenfalls zu dem grünanlaufenden Bruchtalelben um.
 

Eine Antwort bekam ich allerdings nicht.
 

„Okay, was zum Henker ist hier los?!“
 

Beide zuckten sichtlich zusammen, blieben aber hartnäckig stumm. Ich legte eine Hand an meine Stirn. Ich konnte förmlich sehen, wie der kleine Zwerg in meinem Kopf ausholte und mit voller Wucht gegen meine Schläfe hämmerte. Dieser Tag war wirklich verhext.
 

„Läuft die Schlacht noch?“, fragte ich schließlich. Beide nickten.
 

„Kämpft Elrohir noch?“ Wieder ein Nicken.
 

„Habt ihr irgendetwas mit dem Auftauchen dieser komischen Berethniben zu tun, die mich unbedingt kennen lernen will?“
 

Beide erbleichten.
 

Oha.
 

Und was genau sollte mir das jetzt sagen?
 

Plötzlich fing Elladan zu kichern an. Legolas warf ihm einen scharfen Blick zu, der ihn aber nur noch mehr zum Lachen anstiftete.
 

Ziemlich plan- und ratlos sah ich von einem zum anderen und fragte mich, ob ich nicht die erste Irrenanstalt Mittelerdes eröffnen sollte. An Patienten würde es mir auf jeden Fall nicht mangeln...
 

„Weißt du, Cala“, begann Elladan irgendwann, nachdem er sich etwas beruhigt hatte. „Lady Berethniben ist die Tochter des königlichen Beraters von König Thranduil...“
 

Ja, soweit war ich auch schon...
 

„... Und sie ist fest davon überzeugt, dass Legolas und sie füreinander bestimmt sind.“
 

Uh, das kam unerwartet. Das hieß, Lady B hatte vorhin gar nicht von Elladan gesprochen... sie hatte Legolas gemeint!!
 

Okay, ganz ruhig, nicht aufregen, es ist alles in Ordnung....
 

Auf einmal schwang die Tür zum Zimmer auf und Lady B trat ins Zimmer – am Arm von Ben.
 

Einen Moment lang herrschte atemlose Stille, in welcher wir uns alle gegenseitig anstarrten.
 

Ich bringe sie um!
 

Und der niedliche Vulkan namens Klein-Cala brach aus.
 

~~~
 

Hi! Es tut mir leid, dass dieses Kapitel so lange gedauert hat, aber wie manche auf meinem Weblog gelesen haben, ist meine Mutter am 2. April gestorben und ich hatte keine Motivation für diese einigermaßen lockere Geschichte. Ich hoffe, dass noch einige an der Story interessiert sind und würde mich sehr über Kommis freuen! Hoffe, das Kapitel gefällt euch. Wie findet ihr Lady B? ;)

Ein ganz normaler Tag im Leben von C ó L

Disclaimer: Tolkien gehört alles und mir nichts, ich verdiene kein Geld mit der Story und die Handlungen sind frei erfunden.
 

16. Kapitel

Ein ganz normaler Tag im Leben von C ó L
 

“Was zum Henker ist hier eigentlich los?!”, brüllte ich mir die Frustration vom Leib. Was hatte Ben mit Lady B zu schaffen?
 

Lady B betrachtete mich abschätzend von oben herab, während Ben sich verkrampfte. Er versuchte sich vorsichtig aus Lady B’s Klammergriff zu befreien, scheiterte aber jämmerlich.

Entschuldigend sah er mich an.
 

Pah, seine Entschuldigung konnte er sich sonst wohin stecken...
 

„Ihr seid also kein Dienstmädchen...“ Sie rümpfte die Nase und schielte auf irgendeinen Punkt in der Mitte meines Gesichts. „... sondern Caladeth.“
 

Nein, mein Name war keine bakterielle Entzündung, also bestand auch überhaupt kein Grund, ihn so negativ auszusprechen.
 

Es war ein schöner Name, verdammt noch mal!
 

Prinzessin Caladeth!“, knurrte ich zurück.
 

Lady B hob eine Augenbraue und lächelte dümmlich.
 

Mittlerweile fand ich den Gedanken gar nicht mehr so abwegig, dass sie zu den Legolas-Groupies gehören sollte...
 

„Ihr benehmt Euch nicht gerade wie eine Prinzessin“, erwiderte Lady B und lächelte selbstgefällig über ihre ach so beleidigenden Worte.
 

Oh Mann...
 

„Berethniben!“, wurde sie von Legolas überraschend zurecht gewiesen.
 

Oh, sie waren beim Du, eh? Grr, wieso regte mich das überhaupt auf? Ich mein, sie war die Tochter des Beraters seines Vaters... oder was auch immer.
 

Ich unterdrückte die plötzlich aufwallende Wut in mir und wandte mich an Ben. Sie war es einfach nicht wert, beachtet zu werden.
 

„Was hast du mit ihr zu tun?“, fragte ich geradeheraus.
 

„Ich habe dich gesucht...“, begann er zögernd. „Haldir hat uns gesagt, dass Elladan den verwundeten Prinzen Legolas hergebracht hat und den Verlauf der Schlacht berichtet. Ich dachte mir, dass du nach Elladan suchen würdest in den, äh, Krankenlagern und habe versucht, sie zu finden.“ Er kratzte sich mit seiner freien Hand verlegen am Ohr. „Ich konnte sie jedoch nicht finden, doch dann bin ich Lady Berethniben begegnet und sie brachte mich hierher...“
 

Hoffnungsvoll sah er mich an.
 

Was denn? Erwarte er etwa, dass ich ihm für seine tolle Rede einen Orden verleihe oder was?!
 

Ph, das konnte er sich abschminken.
 

„Ihr seid ja sehr... aufgeschlossen“, bemerkte Lady B geistreich.
 

Ich zog eine Augenbraue hoch. Was sollte das denn jetzt schon wieder heißen?
 

„Zwei stattliche Männer auf einmal“, sagte sie langsam und ihr anhimmelnder Stalker-Blick wanderte von Legolas zu Ben.
 

„Was soll das heißen?“, brachte ich vor Wut schäumend hervor. Wollte diese Kuh etwa sagen, was ich denke, das diese Kuh sagen wollte?
 

Auch Elladan schien empört. „Also, Lady Bereth-“
 

“Das geht zu weit”, sagte Legolas mit gebieterischer Stimme und seine kalten blauen Augen fixierten Lady B. Sie kniff die Lippen zusammen und wich seinem Blick aus.
 

Ha! Nimm das!
 

„Ja“, warf Elladan stirnrunzelnd ein. „Ihr sollet etwas respektvoller ihr gegenüber sein. Immerhin ist sie die Thronfolgerin von Lothlórien und daher vom Rang weit über Euch.“
 

Und das!
 

„Welche besondere Fähigkeit besitzt Ihr denn, Prinzessin Caladeth.“ Sie erstickte fast an dem Wort ‚Prinzessin’.
 

Und... äh, was?
 

„Besondere Fähigkeit?“, fragte ich etwas ratlos.
 

„Ja“, sagte sie selbstsicherer, als sie meine Verlegenheit erkannte. „Eure Familie ist dafür bekannt, dass jeder Nachkomme eine besondere Fähigkeit besitzt, die sonst niemand vorweisen kann.“
 

Huh? Wieso fing sie jetzt damit auf einmal an? Und wieso wusste ich nichts davon? Ich mein, klar, ich wusste von speziellen Fähigkeiten und so etwas, wie zum Beispiel Gedankenlesen, was meine Omi auch konnte, oder Visionen zu haben, was meine Mutter ebenfalls beherrschte. Aber eine ganz besondere Fähigkeit, die kein anderer aus meiner Familie hatte... Nein, davon wusste ich nichts.
 

„Wie ich sehe, habt Ihr keine“, meinte Lady B zuckersüß.
 

„Natürlich hab ich eine“, widersprach ich nicht sehr überzeugend.
 

„Welche denn?“, fragte Lady B.
 

Ich kniff die Augen zusammen. „Nun, äh, das verrate ich lieber nicht. Ich beherrsche sie noch nicht... vollständig. Ja, genau, ich muss noch trainieren.“ Puh...
 

Lady B wirkte immer noch skeptisch, sagte aber nichts.
 

Tja, Zeit zu gehen, würde ich mal sagen...
 

„Nun, da es Elladan und Legolas offenbar gut geht, werde ich zurück in die Bibliothek zu den anderen gehen.“ Mit einem flüchtigen Lächeln in Richtung Elladan rauschte ich an Ben und Lady B vorbei zur Tür hinaus.
 

Was hatte das nur zu bedeuten mit dieser besonderen Fähigkeit, die in unserer Familie offenbar etwas vollkommen Normales war, wovon ich leider nur bisher nichts gewusst hatte, da anscheinend niemand es für nötig gehalten hatte, mich darüber zu informieren!
 

Argh!
 

In Mittelerde war immer alles so verdammt magisch und schicksalhaft und... frustrierend.
 

Und wieso hatte ich bisher noch keine Anzeichen von irgendeiner besonderen Fähigkeit gezeigt? Vielleicht hatte ich ja gar keine... Oh Gott! Das wäre ja schrecklich! Die Thronfolgerin von Lothlórien kann nicht mal Familienmerkmale aufweisen...
 

Ich schüttelte den Kopf, um die Gedanken loszuwerden.
 

Wieso regte ich mich überhaupt so auf?
 

Pah, als ob Lady B’s Worte mich beunruhigen könnten... Sie war ja eh bloß neidisch, weil ich eine Prinzessin war und sie nicht; und weil sie diesen irren Glauben hat, dass Legolas mich ihr vorziehen würde... nun ja, es wäre wohl verständlich, wenn er mich ihr vorziehen würde... so einer blöden, eingebildeten, arroganten-
 

‚Nicht aufregen, Cala.’ Ich atmete tief ein und rollte mit den Schultern, um die Spannung in meinem Nacken etwas zu lösen.
 

Ich verspürte plötzlich keine Lust mehr, meiner Familie gegenüber zu treten und wanderte ziellos durch den Palast.
 

Meine Gedanken kreisten um Lady B und es bereitete mir fast ebenso viele Schmerzen wie Karies. Diese Frau war schrecklich! Also wenn König Thranduil sie als angemessen betrachtet, dann wollte ich freiwillig einen Sprachkurs bei Legolas für „Hochgestochene Sprache in der modernen Welt“ machen.
 

Grübelnd verließ ich den Palast und schlenderte mal wieder durch den Garten. Unbewusst fingerte ich dabei an dem Ring herum, den ich von einem anonymen Absender geschenkt bekommen und seither nicht mehr abgenommen hatte. Es war ein wunderschöner Ring – Ringe waren schon immer meine Schwäche gewesen – und obwohl die Art seltsam war, wie ich ihn bekommen hatte, so kümmerte es mich doch nicht so sehr, als dass ich mich von ihm hätte trennen können.
 

Es war die einzige Nettigkeit, die ich hier in Mittelerde bekommen hatte.
 

Na ja, das klang vielleicht etwas übertrieben, aber hey, ab und zu darf ich auch mal in Selbstmitleid schwelgen oder nicht?
 

Andererseits musste ich mir ja mal selbst gratulieren für mein unglaubliches Talent, mir in kürzester Zeit unglaublich viele Feinde zu schaffen. Auf die Gene konnte ich das wohl leider nicht schieben, denn der Rest meiner Familie schien ja fast schon unheimlich beliebt zu sein.
 

Hmpf. Immer auf die Kleinen und Sensiblen. Was kann ich denn dafür, dass ich als wandelnder Meter keine andere Verteidigung als mein Mundwerk habe und manchen Leuten das nicht passt?!
 

Obwohl, meine neue Lieblingsfeindin Lady B schien mich eher wegen meines Titels als ‚Prinzessin’ zu verabscheuen...
 

Jetzt werde ich auch noch diskriminiert! Ich glaub, es hackt.
 

Vielleicht sollte ich noch mal meine Anwältin aka Arwen einschalten... mmmh... andererseits warf mir Arwen in den letzten Tagen seit Bens Ankunft alles andere als freundliche Blicke zu...
 

Tz, die spinnen doch alle. Wo kann ich mich vor diesen Irren denn bloß verstecken?!
 

„Prinzessin Caladeth.“
 

Ein spitzer Schrei entfuhr mir bevor ich mich mit weit aufgerissen Augen zu meinem spitzöhrigen Störenfried... äh, Untertan umdrehte.
 

Seine Nasenspitze berührte fast den blitzblanken Marmorboden, doch selbst die ihm ins Gesicht hängenden blonden Strähnen konnten nicht das zarte Rosa auf seinen Wangen verstecken.
 

Huh? Was hatte der denn für Probleme?!
 

Völlig überfordert mit der Situation und sich leicht ertappt fühlend bei meinem Versuch, mir einen geeigneten Fluchtplan aus dieser Irrenanstalt zu überlegen, wedelte ich ungeduldig mit der Hand. Bis mir einfiel, dass er sie ja nicht sehen konnte und sie schnell wieder zurückzog.
 

„Erheb-t, äh, Euch“, befahl ich mehr oder weniger herrschaftlich. Allerdings erhob er sich tatsächlich augenblicklich in einer einzigen, geschmeidigen Bewegung. Blöder Untertan! Hätte er nicht wenigstens so tun können als wäre er tollpatschiger als ich? Schon mal was von S-O-L-I-D-A-R-I-T-Ä-T gehört? Mmh? MMH?
 

Hmpf.
 

„Was, uhm, kann ich, uh, für Euch tun?“
 

Mann, dieser Job als Prinzessin ist echt härter als man denkt. Man muss immer so nett und zuvorkommend und höflich sein...
 

Die Wangen des Elben färbten sich dunkelrot.
 

Das grenzte ja fast schon an ein Naturwunder...
 

„Lady Galadriel und Lord Celeborn wünschen, Euch zu sehen.“
 

Ah, Mist. Meine Familie hat echt schlechtes Timing...
 

„Sofort?“
 

Der Elb lächelte sanft und nickte. So strahlend blaue Augen... Wie es wohl Legolas ging? Grr, bestimmt kümmerte sich Lady B aufopferungsvoll um ihn...
 

„Sie befinden sich in der Bibliothek.“
 

Verwirrt sah ich zu dem Elb vor mir. „Wer? Legolas und Lady B...?“ Verwirrung verwandelte sich in Wut. Was hatten die beiden in der Bibliothek zu suchen?!
 

Der Elb verzog keine Miene; lächeln tat er aber auch nicht mehr. „Nein, Lady Galadriel und Lord Celeborn.“
 

Ups. „Oh. Äh, danke.“
 

Schnurstracks lief ich an ihm vorbei in Richtung Bibliothek, während meine Wangen verdächtig glühten.
 

Blöde Spitzohren... Blöde Untertanen... Blöder Düsterwald... Blöde Prinzen und Groupies...
 

Grr. Mein Herz lief mal wieder über vor lauter Nächstenliebe. Mein liebgewonnener Sarkasmus verging mir aber schnell wieder, als ich an einem grienenden Haldir vorbeikam. Blöder Hauptmann...
 

~~~~~
 

Die Bibliothek hatte offenbar Zuwachs bekommen, da sich abgesehen von den vorangegangenen Beteiligten auch noch Arwen, Glowy und König Thranduil von diesem äußerst prachtvollen Raum angezogen fühlten. Welch Freude...
 

Haldir betrat kurz nach mir den Raum. Mit Elladan. Aber ohne Ben.
 

Glowy trat auf einmal neben mich, hatte das Gesicht jedoch stur von mir abgewandt.
 

Tsk.
 

„Ah, da bist du ja wieder“, begrüßte Oma mich mit sorgenvoller Miene.
 

Mein Vater legte mir die Hand auf die Schulter und verwirrt sah ich zu ihm auf.
 

„Wir haben euch aus verschiedenen Gründen hergebeten“, begann Opa. „Zunächst einmal geht es um die Rückkehr der Prinz Elladans, Prinz Legolas’und Haldir ó Lóriens.“
 

Haldir senkte würdevoll das Häuptlein, während Elladan sich müde mit einer Hand durch das Haar fuhr. Er sah irgendwie bedrückt aus und ich verspürte den Drang, zu ihm zu gehen und ihn zu trösten – aber ich ließ es sein. Es gehörte nicht gerade zu meinen Stärken, jemanden zu trösten.
 

Äh, was waren eigentlich meine Stärken...?
 

„Wie uns Haldir soeben berichtete, ist noch kein Ende in Sicht für den Krieg zwischen unseren Völkern und Lephistos Armee“, erklärte Opa. „Angesichts der wachsenden Bedrohung durch Lephisto, ist meine Familie sich einig, dass gewisse Vorsichtsmaßnahmen getroffen werden müssen.“ Er tauschte verschwörerische Blicke mit Oma, Elrond und König Thranduil, bevor sein eindringlicher Blick ausgerechnet auf mir landete. „Das bedeutet unter anderem für dich, Cala, dass du deine Fähigkeiten als Elbe trainieren und lernen musst, mit ihnen umzugehen.“
 

Verdutzt blinzelte ich. Hoppla, das ging mir alles ein klitzekleines Bisschen zu schnell... Spielten denn hier alle im Schloss das Spiel, in welchem sie zu jeder Situation das Wort „Fähigkeiten“ gebrauchen mussten?
 

„Und was ist mit mir?“ fragte Glowy. „Habe ich auch eine Aufgabe?“
 

Oma lächelte leicht. „Ja. Deine Aufgbae wird es sein, Cala zur Seite zu stehen und zu unterstützen, wann immer sie dich braucht.“
 

Ich schnaubte ungläubig.
 

Pah, und ausgerechnet Glowy sollte diesen Job erledigen? Guter Witz. Man hatte ja in der Vergangenheit schon oft gesehen, wie sehr Glowy mich unterstützte, wenn es drauf ankam...
 

Ich warf ihr einen schiefen Seitenblick zu und war wenig überrascht zu sehen, wie sie mit rotem Gesicht zu Boden sah.
 

Augenrollend stupste ich sie in die Seite und schnitt eine Grimasse.
 

Dankbar lächelte sie zaghaft zurück.
 

Da kam mir plötzlich ein ganz anderer Gedanke. „Wartet, wartet“, sagte ich. „Wollt ihr etwa damit sagen, dass wir den Krieg verlieren?“
 

Papas Hand auf meiner Schulter verkrampfte sich.
 

Opa seufzte ungewohnt müde. „Ja, Cala, wir werden den Krieg wahrscheinlich verlieren. Deshalb dürfen wir keine Zeit mehr verschwenden. Du und Glowy müsst unterrichtet werden, sodass ihr notfalls alleine klarkommen könnt. Ohne unseren Schutz.“
 

Ich schluckte schwer. Ich fand es schwer, zu verstehen, was mein Großvater gerade gesagt hatte und verspürte mal wieder den fast schon unbändigen Drang, einfach wegzulaufen und zu ignorieren.
 

Glowys Finger schlossen sich plötzlich um meine Hand, und ich war mir nicht sicher, ob ich dafür dankbar war oder sie am liebsten verflucht hätte, weil sie meinen in der Schwebe hängenden Fluchtversuch verhinderte.
 

König Thranduil beobachtete mich naserümpfend. Blöder Gockel...
 

Ich riss mich zusammen. „Wieso evakuieren wir nicht einfach Lórien, wenn es so schlecht für uns steht?“
 

„Wohin sollte unser Volk denn gehen?“ fragte Opa und breitete die Hände aus in einer hilflosen Geste. „Die anderen Völker Mittelerdes werden ebenso bedroht wie das unsrige. Kämpfen ist unsere einzige Möglickeit.“
 

„Aber Lephisto ist doch hinter Cala her, nicht wahr? Weil sie die Prinzessin und somit Thronfolgerin ist. Wieso kehren wir dann nicht einfach zur Erde zurück?“ schlug Glowy vor, und ich war gerührt, dass sie mit mir zusammen Mittelerde und somit Beau verlassen würde, obwohl ihr Gesichtsausdruck verriet, wie sehr ihr dieser Gedanke missfiel.
 

„Wenn ihr das wollt“, sagte Opa zögernd, doch meine Aufmerksamkeit galt meiner Oma. Sie sagte kein Wort, doch ich verstand auch so.
 

Um wegzulaufen, war es zu spät.
 

„Ich bleibe“, sagte ich mit solchem Nachdruck, dass mich alle verwundert ansahen. „Wann fangen wir mit dem Training an?“
 

„Noch heute“, erwiderte Oma und lächelte mich strahlend an.
 

Glowy wirkte ebenfalls erleichtert.
 

Ich nickte. „Allerdings habe ich noch ein paar Fragen, was dieses ganze Gerede von wegen Fähigkeiten und so angeht. Lady Berethniben-“ Ich musste unwillkürlich grinsen, als König Thranduil bei ihrem Namen zusammenzuckte. „-hat nämlich ebenfalls so etwas in der Richtung erwähnt. Und ich habe mich gefragt, warum niemand es für nötig gehalten hat, mir etwas darüber zu erzählen.“
 

Meine Eltern hatten den Anstand, leicht beschämt auszusehen; meine dickköpfigen Großeltern leider nicht.
 

Grr.
 

„Wir wollten dich nicht unter Druck setzen“, erklärte Oma ruhig. „Du entwickelst inzwischen ein paar der Fähigkeiten, die unserer Familie zu eigen sind. Allerdings hat jeder Nachkomme unserer Familie eine angeborene besondere Fähigkeit, die kein anderer vorweisen kann. Doch bis diese Fähigkeit vollends entwickelt ist, dauert es seine Zeit. Wir sahen keine Notwendigkeit darin, dich damit zu belasten, wo du doch gerade erst begonnen hattest, deine wahre Abkunft kennen zu lernen und zu akzeptieren.“
 

Ich seufzte leidgeprüft. „Und was ist nun meine besondere Fähigkeit?“
 

„Das weiß niemand“, antwortete Opa.
 

„Ich habe keine besondere Fähigkeit, oder?“ fragte Glowy stirnrunzelnd.
 

„Nein“, bestätigte Opa. „Du bist zwar Teil unserer Familie, doch bist du nicht blutsverwandt mit uns.“
 

„Was ist deine besondere Fähigkeit?“ fragte ich neugierig meine Mutter, da sie als Tochter von Galadriel und Celeborn folglich auch eine besondere Fähigkeit haben musste. Doch sie lächelte bloß geheimnisvoll.
 

Haldir, König Thranduil, Arwen und Elrond, die seit meinem betreten der Bibliothek ungewöhnlich still gewesen waren, schienen nun etwas lebendiger zu werden. Offenbar hatten sie bereits vor mir alles Notwendige von Haldir erfahren.
 

Und nun hatten sie wohl erkannt, dass das lórische Familiendrama erfolgreich überstanden war und es jetzt sicher war, den eigenen Senf dazu zu geben.
 

Zumindest Arwen schien so zu denken. Verräterin.
 

„Wie geht es Legolas?“ fragte sie mit Betonung auf „Legolas“.
 

Was denn? Glaubte sie etwa, ich würde nun in Ohnmacht fallen oder meinen Rock – den ich übrigens gerade nicht trug – um fünf Zentimeter kürzen, nur weil sie seinen Namen gesagt hatte?
 

Oh, arme, naive Arwen...
 

Fast empfand ich Mitleid für sie. Aber auch nur fast.
 

Immerhin führten wir einen stummen krieg miteinander.
 

„Besser“, beantwortete Elrond ihre Frage und schmunzelte. „Obwohl ich erstaunt bin, dass Lady Berethnibens plötzliches Auftauchen seinen Zustand nicht noch verschlimmert hat.“
 

„Vater!“ rief Arwen entrüstet aus.
 

Haldir grinste unverschämt, während König Thranduil sich abwandte.
 

Elrond warf mir einen prüfenden Seitenblick zu, den ich gekonnt ignorierte.
 

Lady B... Wieso war sie eigentlich zu dieser Versammlung nicht eingeladen worden? Stand ihr das als Tochter von König Thranduils Berater vielleicht nicht zu? Ich warf einen Blick zum Rücken von besagtem König und rieb nachdenklich den Ring an meinem Finger. Was hielt eigentlich König Thranduil von Lady B?
 

Arwen nahm das Gespräch wieder auf. „Jedenfalls ist sie zu einer denkbar ungünstigen Zeit hierher gereist“, stellte sie nüchtern fest.
 

„Wie wahr“, kommentierte ich missmutig.
 

~~~~~
 

Als ich die Bibliothek zum zweiten Mal an diesem Tag verließ, traf ich im Gang überraschend auf Ben.
 

Verwirrt sah ich ihn an. „Hey, was machst du denn hier?“ Tatsächlich bereitete mir sein plötzliches Auftauchen ersten Moment ein unangenehmes Prickeln im Bauch. Energisch schob ich mein Misstrauen beiseite. Wahrscheinlich war ich immer noch sauer wegen der Sache mit Lady B...
 

Ben kratzte sich verlegen am Hinterkopf und lächelte schüchtern. Er wirkte ziemlich nervös.
 

„Ich habe dich gesucht“, erklärte er.
 

„Oh“, sagte ich etwas überrascht. „Na, jetzt hast du mich ja gefunden. Wo hast du denn Lady Berethniben gelassen?“
 

Ben wurde – falls überhaupt möglich – noch verlegener. „Ähm, sie ist-“
 

Aus dem Hintergrund löste sich eine Gestalt und der Elb von vorhin trat auf uns zu. Diesmal waren seine Wangen nicht rosa angehaucht, aber dafür war der Blick, den er Ben zuwarf, ziemlich giftig.
 

„Prinzessin Caladeth“, grüßte er und verbeugte sich. „Prinz Legolas bittet darum, dass Ihr ihn in seinen Gemächern aufsucht.“
 

Ich betrachtete den Elb. Irgendwie tat er mir leid. Anscheinend wurde er den ganzen Tag von irgendwelchen Leuten hinter mir her geschickt, nur um zu sagen, dass ich mich irgendwo blicken lassen soll. Armer Untertan... Wieso ließ er das nicht einfach bleiben? Das wäre gut für ihn und, äh, definitiv gut für mich.
 

„Er hat die Räume der Heilung verlassen?“ fragte ich stattdessen.
 

Er nickte und beschrieb mir auf meine Bitte hin den Weg zu Legolas’ Zimmer. Ben begleitete mich.
 

Wir schwiegen, und es war ein verdammt unangenehmes Schweigen. Klein-Cala hasst unangenehmes Schweigen, besonders mit dem Jungen, in den sie eigentlich verliebt ist... Moment mal, was heißt hier eigentlich? Ich war in Ben verliebt!
 

Mit einem entschlossenen Nicken wandte ich mich an Ben.
 

„Hey, hast du nicht gesagt, du hättest mich gesucht? Warum eigentlich?“
 

Bens Hand wanderte automatisch zu seinem Nacken. Ich musste grinsen. Hach, er war aber auch zu süß, wenn er verlegen war!
 

„Ach das“, sagte er schließlich gedehnt. „Das hat sich inzwischen erledigt.“
 

Seine Wangen fingen an zu glühen, während mein Grinsen nun schon bis zu den Ohren reichte.
 

„Du wolltest mich sehen? Das ist aber süß“, neckte ich ihn.
 

Seine Wangen waren nun ein schönes Kirschrot, als sein Kopf, offensichtlich überrascht, in meine Richtung hochschoss.
 

„W-w-was?“ stammelte er.
 

Ich gab dem Verlangen nach und knuffte ihn leicht in die Wange.
 

Erschrocken starrte er mich an. Ich lachte und stupste ihm mit meinem Ellbogen freundschaftlich in die Seite. „Du bist echt niedlich, weißt du das?“
 

Er sah mir einen Augenblick lang stumm in die Augen bevor sich ein langsames Lächeln auf seinem Gesicht ausbreitete.
 

„Wie gefällt es dir hier eigentlich?“ fragte ich und freute mich insgeheim darüber, dass sich wenigstens einer meiner Freunde ganz normal mir gegenüber benahm.
 

Seine Hand machte schon wieder Anstalten zu seinem Hinterkopf zu wandern und ich begann mich ernstlich um seinen Gesundheitszustand zu sorgen. Vielleicht hatte er ja chronischen Juckreiz im Nacken oder es war seine Art von Beschäftigungstherapie für seine Finger.
 

Ja, ja, ab und zu brauche ich auch Beschäftigungstherapie für meine Finger, sonst werden aus gelangweilten Fingern zerstörungswütige Klauen, die alles Greifbare sofort vernichten – insbesondere Bierdeckel und den guten alten Bruder Vodka...
 

Chrm. Genug davon.
 

„Du meinst Lothlórien?“ fragte Ben. „Ganz gut, denke ich. Die Luft hier ist wesentlich reiner als auf der Erde.“
 

Seltsames Kompliment, trotzdem platzte Klein-Calas fast vor Besitzerstolz.
 

Ach ja, mein kleines Königreichlein...
 

Für einen Augenblick war ich durch das Entwerfen von Eigenlob-Hymnen etwas abgelenkt.
 

Deshalb hätte ich mich bei Bens nächster Frage auch beinahe verplappert...
 

„Was genau war das eigentlich für eine Versammlung, die nach meinem Kreuzverhör stattgefunden hat?“ fragte er und mir entging fast, wie aufgesetzt sein unbeschwertes Lächeln auf einmal wirkte.
 

Und plötzlich war da wieder dieses unheilschwangere kribbeln in meinem Bauch...
 

„Uh, äh, wir haben nur über ein paar Dinge gesprochen, weißt du“, winkte ich ab. „Belangloses Zeug über das Elben eben... so reden. Dich als Mensch muss das gar nicht kümmern. Was auch gut so ist, denn wir Elben reden über echt... bescheuertes Zeug.“
 

Ich lachte gekünstelt und kam mir wahnsinnig bescheuert vor. Wieso erzählte ich Ben nicht die Wahrheit? Ich vertraute Ben doch, oder nicht?
 

Ben beobachtete mich einen Augenblick lang intensiv, sagte aber nichts mehr zu dem Thema. Das Gesicht von mir abwendend, wechselte er das Thema.
 

„Ich kann es noch immer kaum fassen, dass du eine echte Prinzessin bist“, sagte er ernster als zuvor. „Und auch noch ausgerechnet von Lothlórien...“
 

Den letzten Satz schien er zu sich selbst gemurmelt zu haben, trotzdem schoss automatisch meine linke Augenbraue kampfbereit in die Höhe.
 

„Was soll das heißen? Ausgerechnet von Lothlórien?“ Breitbeinig stellte ich mich vor ihn hin und stemmte die Hände in die Hüften. „Willst du etwa meine Untertanen beleidigen?“
 

Ben starrte mich einen Moment lang verdutzt an bevor er in herzhaftes Gelächter ausbrach.
 

Hmpf. Was, zum Henker, gab es denn da so blöd zu lachen?
 

So gar nicht belustigt streckte ich mich, um ihm eine saftige Kopfnuss zu verpassen, und ließ ihn danach einfach stehen.
 

Er rief mir zwar hinterher – ein wenig atem- und kraftlos vom vielen Lachen – aber ich blieb erst stehen, als ich Legolas’ Zimmertür erreicht hatte. Ich klopfte und wenig später öffnete Lady B die Tür.
 

Zuerst dachte ich, ich hätte mich im Zimmer geirrt, bis ich einen bleichen Legolas hinter ihr stehen sah, welcher am Oberkörper nichts trug außer Verbände.
 

Ich blinzelte eine arrogante Lady B ab; ich blinzelte einen Legolas mit weit aufgerissenen Augen an; und dann machte ich auf dem Absatz kehrt.
 

„Cala!“
 

Ich war vollkommen ruhig. Da war kein Vulkan, der kurz vorm Ausbruch stand, kein hysterisches Klagen über Männer, die sich für Gottes Geschenk hielten und Frauen zu ihrem Vergnügen gegeneinander ausspielten. Nope. Nichts. Ich fühlte nichts, rein gar nichts.
 

Bis ich mit Ben zusammenstieß.
 

„Autsch, entschuldige“, sagte ich und trat einen Schritt zurück.
 

Ben umfasste sanft meine Schultern, sodass ich mein Gleichgewicht wiederfinden konnte.
 

„Alles okay? Geht’s dir gut? Ich dachte, du hättest mich gesehen. Es tut mir leid.“
 

„Ist schon gut“, wehrte ich ab. „Ist ja nichts Schlimmes passiert.“
 

„Hör mal, wegen vorhin“, begann Ben. „Das war nicht so gemeint. Ich wollte nicht-“
 

„Ich weiß“, unterbrach ich ihn erneut. „Ich weiß.“
 

Seine Hände auf meinen Schultern fühlten sich warm und tröstend an.
 

„Bist du sicher, dass alles in Ordnung ist?“ fragte Ben besorgt.
 

In diesem Moment traf Legolas bei uns ein, noch immer ohne Tunika.
 

„Cala, ich kann das erklären! Es war nicht so wie es aussah. Während ich auf dich gewartet habe, habe ich meine Verbände gewechselt und dann klopfte es, und ich dachte du wärest es, und plötzlich kam Berethn-“
 

Er unterbrach sich selbst, als er plötzlich zu registrieren schien, in welcher Position Ben und ich standen.
 

Seine Augenbrauen zogen sich unheilschwanger zusammen und ich konnte spüren, wie Ben sich instinktiv anspannte.
 

Es war einfach zu viel. Ich hatte genug. Es war gerade mal Nachmittag, aber ich hatte die Nase gestrichen voll von diesem Tag.
 

Ich riss mich von Ben los und lief weg.
 

~~~~
 

Wohoo, endlich ein neues Kapitel, was? Ja, tut mir echt leid für die lange Wartezeit... aber ich hab die FF nicht vergessen! Keine Angst! Ich hoffe, ihr auch nicht. Falls ihr noch Interesse habt an der FF, würd ich mich über ein Review sehr freuen. Wenn nicht, trotzdem danke fürs Lesen. :)

Channah

Schlimmer geht's immer

Disclaimer: Tolkien gehört alles und mir nichts, ich verdiene kein Geld mit der Story und die Handlungen sind frei erfunden.
 

17. Kapitel
 

Schlimmer geht's immer
 

Seufzend streckte ich alle Viere von mir und genoss die letzten friedvollen Augenblicke bevor mein hartes, schweißtreibendes Training beginnen würde.
 

Mit Haldir.
 

Wieso zum Teufel mit Haldir? Ich mein, sollte er nicht zurück in den Krieg? Oder hatte Oma mit ihrer ich-misch-mich-in-alles-ein-Telepathie Haldir angewiesen, zusammen mit Elladan und Legolas zurückzukehren?
 

Argh! War ja auch egal. Wichtig war nur, dass ich jetzt ausgerechnet dem unheimlichsten Kerl von ganz Mittelerde ausgeliefert war. Oh Gott...
 

Plötzlich piekste mir etwas in die Seite. Automatisch griff ich nach dem Ungeziefer und bekam einen Stiefel zu fassen.
 

Gegen die Sonne anblinzelnd sah ich hoch in das schelmisch grinsende Gesicht von Elladan.
 

Entnervt ließ ich meinen Kopf zurück ins Gras sinken.
 

„Liebstes Cousinchen, warum so bedrückt?“
 

Ich warf ihm nur einen vernichtenden Blick á la „liebstes Cousinchen“ Cala zu.
 

Grr, war ich so froh, dass er ausgerechnet dann seinen Humor für unsere Verwandtschaft entdeckte, wenn ich es am wenigsten gebrauchen konnte.
 

Ich mein, okay, ich hatte selbst zugestimmt, dass ich dieses Training mitmachen würde, aber, aber, da hatte ich ja noch nicht gewusst, dass mich Haldir unter seine Fittiche nehmen würde...
 

„Was ist denn los? Hast du etwa Angst davor, mit Haldir zu trainieren?“ gluckste er.
 

Am liebsten hätte ich ihm den Hals umgedreht. Wütend richtete ich mich auf. „Ich hab keine Angst! Wie kommst du bloß auf so einen Gedanken? Warum sollte ich denn Angst haben vor ein bisschen Training? Pah!“
 

Elladan grinste immer noch und als ich seinem Blick folgte, ließ ich sofort das Büschel Gras fallen, das ich in meinen Händen zerrupft hatte.
 

„Du hast keine Angst, mmh?“ meinte er nur und ließ sich neben mir ins Gras plumpsen.
 

Ich schmollte. „Findest du ihn etwa nicht seltsam?“
 

Elladan lachte. „Auch nicht seltsamer als alle anderen hier“, meinte er nur.
 

„Aber er tut immer so... geheimnisvoll und allwissend und so... weise.“
 

Elladans Gesichtsausdruck wurde ernster. „Du bist sehr behütet aufgewachsen auf der Erde, während hier Jahrzehnte lang Krieg herrschte. Die Freien Völker lebten ständig in der Angst, ihr Leben oder ihre Freiheit zu verlieren. Männer waren zumeist mehrere Jahre lang von ihren Familien getrennt. Es verändert das Wesen eines jeden.“
 

Ein unheimlicher Schauer rann mir über den Rücken als er so sprach. So hatte ich es noch nicht gesehen...
 

„Hat Haldir eigentlich eine Familie?“ fragte ich.
 

Elladan lächelte etwas traurig. „Galadriel, Celeborn und Legolas – das ist die einzige Familie, die er hat.“
 

Ich runzelte die Stirn. „Oh.“ Da war ein seltsamer Stich in der Nähe meines Herzens, aber ich wusste nicht genau, was es zu bedeuten hatte. „Wie ist es, im Krieg zu sein? Eine Schlacht zu schlagen?“
 

Mir war nie in den Sinn gekommen, über den Krieg nachzudenken. Ich mein, klar, ab und zu hatte ich mich gefragt, wie es unseren Kriegern wohl ging; aber wirklich verstanden, was dieser Krieg bedeutete und welche Konsequenzen er haben konnte, das hatte ich nicht.
 

„Wie ist es im Krieg?“ fragte ich erneut und zupfte verstohlen am Ärmel meines Gewandes herum. „Wies ist es zu kämpfen?“
 

Elladan sah mich überrascht an. „Cala...“ Er räusperte sich. “Du bist nicht dafür verantwortlich, was Haldir und allen anderen im Krieg widerfahren ist und immer noch widerfährt.”
 

„Bin ich nicht?“ fragte ich sarkastisch. „Dieser Krieg wird ja auch nur geführt, weil Lephisto mich haben will... aber hey, das hat ja rein gar nichts mit mir zu tun, sondern nur mit meiner zweiten Persönlichkeit, die zufälligerweise auch Cala heißt.“
 

„So hübsch ist deine zweite Persönlichkeit nun auch wieder nicht, dass deswegen Kriege geführt werden, kleine Cousine“, sagte Elladan und grinste schelmisch.
 

Ich wurde rot und funkelte ihn wütend an. Ich wusste nicht worüber ich mich mehr aufregen sollte: darüber, dass er mich nicht ernst nahm, wenn ich mal meine „Fünf Minuten der Ernsthaftigkeit“ hatte oder darüber, dass er mich für so oberflächlich hielt.
 

„Cala“, sagte Elladan, nun wieder ernst. „Lephisto ist ebenso rachsüchtig und habgierig wie sein Vater es war. Ich bin mir sicher, dass es keinen bestimmten Grund für diesen Krieg gibt abgesehen davon, dass er die Herrschaft über Mittelerde erlangen will. Vor vielen Jahren mochte er ja nach dir und den anderen Königskindern getrachtet haben, aber dies ist nicht länger der Fall. Dieser Krieg ist nicht deine Schuld. Es war nur eine Frage der Zeit bis er fortgeführt würde. Er hat vor langer Zeit mit Sauron begonnen und wird hoffentlich mit Lephisto enden.“
 

Ich schwieg. Ich hatte mich in meinem Projekt „Ich-kümmere-mich-um-Dinge-außerhalb-Klein-Calas-Welt“ wohl etwas übernommen. Das Thema Krieg jedenfalls dämpfte meine Stimmung doch ziemlich stark.
 

Elladan nahm meine Hand und drückte sie, um meine Aufmerksamkeit wieder auf sich zu ziehen.
 

„Genug davon“, sagte er gespielt fröhlich. „Erzähl mir lieber etwas über deinen Freund... Ben war sein Name?“
 

Ich schüttelte kurz den Kopf und vertrieb alle Gedanken an Krieg aus meinem Kopf. „Was willst du wissen?“
 

„Was hat es mit diesem Ben auf sich?“ Elladan runzelte nachdenklich die Stirn. „Ist er nicht einer von deinen Freunden von der Erde? Was macht er dann hier?“
 

Äh, gute Fragen, sehr gute Fragen... auf die ich leider selbst keine Antworten hatte. Mmh, seltsam, das war mir vorher gar nicht so aufgefallen, aber tatsächlich hatte Ben nie diese Fragen beantwortet, aus welchem Grund auch immer.
 

Trotzig hob ich das Kinn, als ich schon wieder Elladans misstrauische Miene sah. „Ja, er ist ein Freund von mir, und ich vertraue ihm vollkommen!“ sagte ich etwas lauter, in der Hoffnung, der Sinn meiner Worte würde dadurch leichter einen Weg durch den Dickschädel meines Cousins finden.
 

Er bedachte mich allerdings nur mit einer hochgezogenen Augenbraue. Ph. Nachmacher.
 

„Ben ist doch der Junge von der... Party, mit dem du getanzt hast“, erinnerte er sich und betrachtete mich mit seinem Pseudo-Laserblick. Den musste er wohl noch ein wenig üben... „In welcher Beziehung stehst du denn nun zu ihm?“
 

Na, wenn das mal kein Déjà-vu Erlebnis war... Und warum waren eigentlich alle daran interessiert zu wissen, ob Ben und ich zusammen waren?!
 

„ER. ICH. SEIN. FREUNDE! DU. KAPIEREN?“ giftete ich.
 

Elladan betrachtete mich, als hätten mich kleine grüne Männchen in einem Zeitraum von einer Minute entführt und einer Gehirnwäsche unterzogen.
 

Hmpf. In Mittelerde musste man ja auch zwangsläufig seinen Verstand verlieren... und bei der Verwandtschaft kam eh jede Hilfe zu spät.
 

Er sah mich zwar immer noch leicht skeptisch und vorsichtig an, wechselte jedoch wohlweißlich das Thema. „Wie ist er hierher gelangt? Mir war nicht bewusst, dass man auf mehreren Wegen von der Erde nach Mittelerde reisen kann.“
 

Verdammt. Wo blieb Haldir eigentlich? Hier war seine Chance, sein Image bei mir gewaltig aufzupolieren, indem er mich vor zu neugierigen Cousins errettete, aber nein...
 

„Äh, ehrlich gesagt, weiß ich das gar nicht so genau... Er hat mir erzählt, dass er von Edoras hierher gekommen ist...“, erwiderte ich lahm. Langsam fühlte ich mich echt unbehaglich. Arwens und Glowys Bedenken kamen mir wieder in den Sinn, und zum ersten Mal bekam ich ernsthafte Zweifel, was Ben betraf... konnte er wirklich Lephisto sein? Immerhin hatte Lephisto ja auch einige Zeit auf der Erde verbracht, bevor er zurück nach Mittelerde kam und mit seiner Armee Rohan angriff und nun versuchte, weiter nach Lothlórien vorzudringen...
 

„Cala, was weißt du eigentlich über Ben? Wie gut kennst du ihn?“
 

Mein Kopf schwirrte. Ben konnte nicht Lephisto sein. Er war viel zu nett, zu aufrichtig und schüchtern, um ein fieser und kaltblütiger Mörder zu sein. Er konnte es einfach nicht sein...
 

„Er ist Klassenbester in der Schule. Und sehr beliebt. Er ist nett und hilfsbereit. Ich wüsste gar nicht, was ich manchmal ohne ihn in Mathe tun würde...“, sagte ich und grinste leicht bei der Erinnerung an eine bestimmte Mathestunde.
 

„Und seine Herkunft?“ hakte Elladan weiter nach. „Was weißt du über seine Familie?“
 

Mmh... „Seine Eltern habe ich nie gesehen; zumindest nie auf irgendwelchen Schulfesten. Aber ich kann mich vage an seinen älteren Bruder erinnern... hässlicher Kerl“ sagte ich und schüttelte mich. „Ich mag ihn nicht. Er ist immer ziemlich fies zu Ben.“
 

Einmal hatte ich es ihm heimzahlen wollen, dass er so fies zu Ben war, und seine Schnürsenkel zusammenbinden wollen. Damals waren wir in der fünften Klasse. Ich dachte, so groß wie Bens Bruder war würde er mich schon nicht sehen, wenn ich mich von hinten an ihn heranschlich, als er nach unserer Klassenaufführung an der Schlange zu den Getränken stand. Ich werde nie vergessen, wie seine Augen mich förmlich durchbohrten, als er mich erwischte...
 

Ein kalter Schauer lief mir über den Rücken.
 

Plötzlich sprang Elladan wie von der Tarantel gestochen auf die Füße. „Lady Berethniben“, grüßte er mit einem höflichen aber dennoch recht knappen Nicken.
 

Ich stöhnte und verdrehte die Augen. Das wurde ja immer besser.
 

Erst wird mir gesagt, dass Haldir mein Training übernehmen würde; dann schafft Elladan es, mich an Ben zweifeln zu lassen; und nun, kurz vor Beginn meines Trainings, betrat auch noch Lady B rein zufällig den Trainingsplatz!!
 

Seufzend stand ich auf und strich meine Kleidung glatt.
 

Lady B schenkte Elladan ein zuckersüßes Lächeln und streckte ihm in einer seltsamen Ausholbewegung die Hand hin, welche er zu ignorieren wagte – hoch lebe die Familie!
 

Lady B’s Lächeln gefror und sie strich sich mit ihrer zurückgewiesenen Hand betont lässig durchs Haar.
 

Hehe. Blöde Kuh.
 

Dann glitt ihr hochmütiger Blick zu mir, und man konnte genau in ihren Augen lesen, was sie dachte, als sie abfällig meine „Männerkleidung“ (sprich: Hemd und Hose) betrachtete.
 

Ja, ja, Emanzipation war schon was Feines. Arme, vorsintflutliche Lady B... Sollte ich sie je mal auf einen Ausflug zur Erde mitnehmen, würde sie wahrscheinlich vor Schock in Ohnmacht fallen. Mmh, wenn ich’s mir recht überlegte, klang das gar nicht mal so schlecht...
 

„Prinzessin... chrm... Caladeth“, begrüßte sie mich und verschluckte sich dabei fast schon am ersten Wort. Arme Lady B, sie schien wirklich arge Probleme damit zu haben zu akzeptieren, wer ich war. Vielleicht würde es ihr leichter fallen, wenn ich mein Krönchen aufsetzte und damit herumstolzierte so wie sie es tat – nur ohne Krone. Bäh.
 

„Hallo“, sagte ich simpel. Hey, ich konnte mir das erlauben. Ich war die Thronfolgerin von Lothlórien. Irgendetwas Positives musste dieser Status schließlich haben...
 

Elladan lächelte amüsiert.
 

„Ich hoffe, Ihr habt vorhin keinen falschen Eindruck gewonnen“, sagte Lady B. „Von mir und Legolas.“
 

Hinterhältiges Biest. Das könnte ihr so passen, wenn ich ihr zeigen würde, wie sehr mir dieser „falsche Eindruck“ missfallen hatte...
 

Ich klimperte mit den Wimpern. „Nicht doch, Lady Berethniben. Die Situation in Prinz Legolas’ Zimmer war doch ganz eindeutig. Jetzt weiß ich wenigstens, warum Ihr Euch so gut mit – drücktet Ihr es noch mal aus? Oh ja, aufgeschlossen; warum ihr Euch so gut mit aufgeschlossenen Damen auskennt.“
 

Lady B’s Gesicht lief puterrot n, während ihr der Mund auf- und zuklappte wie bei einem elektronischen Nussknacker.
 

Elladan begann zu husten, doch ich sah wie er sein Lächeln hinter seiner vorgehaltenen Hand verbarg.
 

Hehe. 1-0 für Cala.
 

Abrupt machte Lady B auf dem Absatz kehrt und stürmte davon.
 

„Das muss ich Legolas erzählen“, murmelte Elladan, mittlerweile lauthals lachend, und verließ ebenfalls den Trainingsplatz.
 

Und mit einem Schlag harrte Klein-Cala ganz allein der gefürchteten Trainingsstunde und dem noch gefürchteteren Trainer.
 

Na toll.
 

Aber nein, nicht ganz allein...
 

„Gibt es überhaupt eine Person, Lady Caladeth, der Ihr Respekt zollt?“ fragte jemand hinter mir. Und ausgerechnet König Thranduil kam mit gerunzelter Stirn zum Vorschein.
 

„Zumindest ganz sicher nicht Personen, die mir selbst keinen Respekt gegenüber zeigen“, antwortete ich zaunpfahlwinkend.
 

König Thranduil schien den Wink mit dem Zaunpfahl erkannt zu haben, denn er sah auf einmal doch recht unglücklich aus für einen Elben.
 

Ich bekam allerdings den Schock meines Lebens, als er auf einmal seinen Oberkörper nach vorne neigte – zwar nicht ganz so tief wie mein rosagesichtiger Untertan, aber doch so, dass sein Kopf auf gleicher Höhe wie mein Kinn war – und sagte: „Ihr habt Recht. Meine Manieren Euch gegenüber von unserer ersten Begegnung an sind unverzeihlich. Ich entschuldige mich für mein ungebührliches Verhalten. Ihr seid eine offene und ehrliche junge Frau, ohne Arglist oder Hintergedanken. Ich hatte mir ein falsches Bild von Euch gemacht, und mein Verhalten Euch gegenüber wurde durch meine Vorurteile bestimmt. Ich bitte Euch, nehmt meine aufrichtige Entschuldigung an.“
 

Oh.
 

Okay.
 

Was zum Teufel... Hatte er Drogen genommen oder so was?! War ich im falschen Film? Hatte König Thranduil einen Doppelgänger? Oder hatte ich mal wieder was verpasst? Wer ja nichts Neues... Vielleicht hatte ich ja aus Versehen Drogen genommen? Oder Lady B versuchte mich zu vergiften und als Symptome des Giftes bekam ich Wahnvorstellungen...
 

Ah, er machte mir Angst! Vielleicht arbeitete er auch mit Lady B zusammen... Aaaah!
 

,Beruhige dich, Cala. König Thranduil mag ein eigensinniger und sturer Mann sein, doch er ist nicht ungerecht. Er gesteht seine Fehler ein und versucht, sie Wiedergutmachung zu leisten. Sein auffallend negatives Verhalten dir gegenüber gründete nur auf seiner Angst, du könntest seinen Sohn ausnutzen wollen für deinen eigenen Vorteil. Sieh es ihm nach, Cala, denn sein Sohn ist sein Ein und Alles.’
 

Omis Worte machten Sinn. Irgendwie. Das Einzige, das überhaupt nicht in ihre schöne Theorie passte, war die Tatsache, dass König Thranduil von Anfang an seinen privaten Feldzug gegen mich geführt hatte.
 

,Er hatte seine Gründe.’
 

Ich schnaubte. Toll. Und was für Gründe sollen das bitte gewesen sein?
 

,Das wird dir Legolas zu gegebener Zeit erklären. Vielleicht sogar König Thranduil selbst.’
 

Klasse. Jetzt war ich genauso weit wie vorher.
 

Ich warf meiner Oma, die gerade mit Opa und Haldir auf die Lichtung marschierte, einen genervten Blick zu.
 

Dann erst erlöste ich König Thranduil. Trotz Entschuldigung konnte er ruhig ein bisschen leiden...
 

„Erhebt Euch, König Thranduil. Ich nehme Eure Entschuldigung an. Auf das wir in Zukunft bessere Verbündete werden, damit das Bündnis zwischen unseren Völkern noch enger wird.“
 

Ab und zu zahlte es sich aus, Haldir zu kennen...
 

König Thranduil strahlte, wenn auch etwas gequält, als er sich bemüht unauffällig den Rücken massierte. „Ich hoffe doch, wir werden eines Tages mehr als nur Verbündete sein“, sagte er mit einem eigenartigen Unterton in der Stimme.
 

,Das hast du gut gemacht, Cala. Ich bin sehr stolz auf dich.’
 

Hmm.
 

König Thranduil gesellte sich zu meinen Großeltern auf die andere Seite der Lichtung, während sich Haldir vor mir aufbaute.
 

„Dieses Training“, begann Haldir in seiner Einleitung, „dient dazu, Eure Stärken herauszufinden und zu trainieren, sodass Ihr sie, wenn nötig, gezielt und ohne Unsicherheiten einsetzen könnt.“
 

Etwas nervös beobachtete ich, wie auch Elrond, Arwen und Glowy auf dem Trainingsplatz eintrafen. Mussten die denn wirklich alle dabei sein, wenn ich meine erste Trainingsstunde hatte?
 

Haldir legte mir aufmunternd die Hand auf die Schulter. „Konzentriert Euch nur auf Eure Aufgabe. Nichts anderes darf Euch ablenken oder von Eurer Tätigkeit abbringen.“
 

Ich nickte und wandte meinen Blick von den Zuschauern aka Aasgeiern ab.
 

„Im heutigen Training geht es darum zu sehen, welche Fähigkeiten Ihr eventuell schon besitzt und wo Eure Stärken liegen könnten. Aufgrund dessen werdet Ihr sowohl Übungen mit dem Schwert als auch mit Pfeil und Bogen von mir gestellt bekommen.“
 

Mmh, ob er mir wohl auch Noten geben würde? Ich fühlte mich wie in der Schule. Wie im Matheunterricht, um genau zu sein. Zumindest schlotterten mir genauso die Knie.
 

Meine Stärken und Schwächen herauszufinden klang ja gut und logisch, aber das ausgerechnet in Bezug auf Kämpfen... Kämpfen gehörte definitiv nicht zu meinen Stärken, das hätte ich Haldir auch so sagen können. Man erinnere sich nur daran, als ich nach meiner Ankunft in Mittelerde mit den Bruchtalelben gegen eine Horde Orks hatte kämpfen müssen. Nicht nur, dass ich beinahe den halben Kampf verschlafen hatte, nein, ich konnte diesen hässlichen und stinkenden Kreaturen nicht mal eins ihrer fettigen Haare krümmen, selbst als es um mein Leben ging!
 

Na, das waren doch mal wirklich vielversprechende Zukunftsaussichten...
 

Na ja, wenigstens würde ich im Training ja gegen nichts Lebendiges (außer vielleicht Haldir, aber der konnte das schon vertragen) kämpfen.
 

Dachte ich.
 

Es fing alles recht harmlos an. Haldir drückte mir ein Schwert in die Hand, gab ein paar besonders unverständliche Hilfestellungen und Anweisungen von sich, und ließ mich schließlich das Schwert – welches übrigens kein Holzschwert war, sondern eine richtige, scharfe, blitzblank geputzte Klinge – ein paar Mal mit durch die Luft fuchteln.
 

Das hatte noch irgendwie Spaß gemacht. Als ich mit dem Schwert die Luft durchschnitt, machte es ein seltsam zischendes Geräusch, und mehr als einmal war ich auf meinem Allerwertesten gelandet, weil zu viel Schwung geholt, mich mehrmals um die eigene Achse gedreht hatte und schließlich von der Erdanziehungskraft zu Boden gezogen worden war. Ich kam mir ein bisschen vor wie Don Quichote... aber hey, immerhin war er ein Held gewesen – allerdings wohl nur in seinem Kopf – und hatte erfolgreich gegen Feinde – aka Windmühlen, und erfolgreich war vielleicht auch das falsche Wort... – gekämpft!
 

Okay, vielleicht nicht der beste Vergleich...
 

Haldir war unermüdlich in seinem Bemühen, mir einzutrichtern, wie ich das Schwert halten und wie ich damit ausholen und zuschlagen sollte.
 

Irgendwann stand ich Auge in Auge mit einer Strohpuppe mit der Anweisung, auf sie einzudreschen – okay, so hatte Haldir es nicht ausgedrückt; er hatte noch ein paar beschönigendere Wörter benutzt.
 

Mein Eindreschen auf die Puppe war in Wirklichkeit eher ein vorsichtiges Kitzeln mit der Schwertspitze.
 

Haldir verlor kein Wort darüber, doch es wurde klar, dass er den Schwertkampf nicht zu einer meiner Stärken zählte, als er mir kurz darauf Pfeil und Bogen überreichte mit derselben Aufgabe:

Malträtiere wehrlose Puppe.
 

Aber auch das fiel mir schwer. Ich hatte nicht direkt... Berührungsangst, aber Haldir riet mir die ganze Zeit, mir statt der gesichtslosen Puppe einen hässlichen Ork vorzustellen. Nur das half auch nicht gerade viel, denn auch wenn Orks sabbernde, eklige Geschöpfe mit höchstens zwei Gehirnzellen – wenn sie Glück hatten – waren, so hatten sie doch auch Gefühle... irgendwo... tief drinnen...
 

Ich zuckte zusammen, als ein Pfeil die Puppe ins Bein traf.
 

Ich sah zu Haldir und erwischte ihn dabei, wie er bedeutungsschwangere Blicke mit meinen Großeltern tauschte.
 

Mmh. Hieß das, Lothlórien war verloren?
 

Na, mit einer Prinzessin wie mir konnte das Reich ja nur den Bach runtergehen... He. He... Hmpf.
 

Zugegeben, ein bisschen enttäuscht war ich schon, dass ich anscheinend überhaupt keine Stärken zu haben schien, ich mein, eigentlich hatte ich mich nie als eine solche Versagerin gesehen…
 

„Kommen wir zur nächsten Übung“, sagte Haldir.
 

Wir verließen den Trainingsplatz und gingen tiefer in den Wald hinein. Plötzlich blieb er stehen.
 

„Ihr könnt gut mit dem Bogen umgehen“, lobte er unerwartet. „Auch wenn Ihr Euch offenbar davor scheut, auf menschenähnliche Objekte zu zielen.“
 

So konnte man es auch sagen...
 

„Deshalb werdet Ihr Euch bei Eurer nächsten Aufgabe ein Lebewesen aussuchen und es erlegen.“
 

Moment mal. Das meinte er doch jetzt nicht etwa ernst, oder?!
 

„Ist das ein Scherz?“ rutschte es mir heraus, als ich ihn ungläubig anstarrte.
 

Kein Muskel zuckte in seinem Gesicht. „Nein, das ist es nicht, Prinzessin. Ihr müsst lernen, auf bewegliche Objekte zu zielen. Dies ist die einzige Methode.“
 

Ich folgte seinem Blick zu zwei Hasen nicht weit von uns.
 

Ich glaube, es hackt.
 

Geschockt sah ich zu Haldir, der schon wieder Anstalten machte, mir irgendwelche oberschlauen Tipps zu geben.
 

„Ich weigere mich“, sagte ich wütend und warf ihm Pfeil und Bogen vor die Füße, bevor ich vor Wut schäumend zurück zum Schloss stapfte.
 

Der hatte sie ja wohl nicht mehr alle! Als ob ich zu „Trainingszwecken“ unschuldige Tiere töten würde!
 

Aaargh!
 

Ich brauchte dringend was zum Abreagieren.
 

~~~~~~
 

Stunden später, als ich endlich den Weg aus dem Wald heraus und zurück zum Schloss gefunden hatte, war ich schon etwas ruhiger, aber immer noch ziemlich aufgewühlt.
 

Ich konnte ja verstehen, dass ich Kämpfen lernen sollte, aber das Training an diesem Tag, die Übungen; das war mir alles viel zu schnell gegangen! Gut und schön, es blieb wahrscheinlich nicht mehr Zeit als für diesen Crash-Kurs, aber trotzdem.
 

Schon am ersten Tag auf lebende Tiere schießen... das konnte ich nicht. Ich konnte es einfach nicht.
 

Ich seufzte und stieg die Treppe zum Schloss hoch. Eine der Wachen verschwand, als er mich erkannte. Wahrscheinlich um zu melden, dass ich endlich nach hause gefunden hatte.
 

Auf einmal hatte ich keine Lust mehr, in mein Zimmer zu gehen, nur um dort bereits von meinen Großeltern erwartet zu werden und mir eine Predigt darüber anhören zu müssen, wie sehr ich mich im Training doch angestellt hätte.
 

Nein, darauf hatte ich gerade echt keinen Bock.
 

Also änderte ich die Richtung und folgte einem anderen Gang des Schlosses. Fackeln waren rechts und links entlang der Wände entzündet worden, denn draußen wurde es inzwischen schnell dunkel.
 

Vage kam mir der Gang bekannt vor. Es war der Teil des Schlosses, wo die Gäste untergebracht wurden.
 

Daher war es nur eine Frage der Zeit, wann ich an Legolas’ Zimmer vorbeikommen würde; vor seiner Tür blieb ich stehen.
 

Ich erinnerte mich an die Szene mit Lady B; aber auch an das, was Elladan über den Krieg gesagt hatte, beziehungsweise auf welche Gedanken mich der Krieg gebracht hatte.
 

Ich wollte jetzt nicht allein sein. Ich wollte mit jemandem reden, der zur Zeit nicht sauer/ enttäuscht/ neidisch auf mich war.
 

Ich klopfte leicht. „Legolas? Bist du noch wach?“
 

Keine Antwort. Vorsichtig drückte ich die Klinke herunter und stieß die Tür auf. Es war stockdunkel in Legolas’ Zimmer und ich ließ die Tür einen Spalt breit auf, sodass wenigstens etwas Licht den Raum erhellte.
 

Undeutlich konnte ich eine Person auf dem Bett ausmachen. Ich tapste hinüber und ging vor Legolas’ Gesicht in die Hocke, sodass ich sein Profil besser sehen konnte.
 

Seine Augen waren offen und klar, aber unfokussiert. Er musste wohl durch seine Verletzungen ziemlich geschwächt sein, um so müde zu sein, dass er durch mein Eindringen nicht wach geworden war.
 

Nun tat es mir fast leid, wie ich am Nachmittag reagiert hatte. Was auch immer zwischen ihm und Lady B lief, Tatsache blieb, dass er sein Leben aufs Spiel gesetzt hatte in einem Krieg, in dem es nur um mich ging.
 

Wieso beschwerte sich eigentlich niemand? Sollte nicht irgendeiner von meinen Untertanen fordern, dass man ganz einfach mich opfern sollte, um dem Krieg ein Ende zu bereiten?!
 

Jetzt auf einmal waren die alle SOZIAL?!
 

Hmpf!
 

Plötzlich knackte etwas hinter mir.
 

„Cala? Bist du hier?“
 

Ich drehte mich zur Tür und entdeckte Bens Kopf.
 

„Was machst du denn hier?“ zischte ich und ging zu ihm an die Tür. Ich warf einen schnellen Blick über die Schulter zu Legolas, doch er hatte sich kein bisschen bewegt.
 

„Ich wollte mich verabschieden“, erwiderte Ben leise.
 

„Dich verabschieden? Was meinst du damit?“ fragte ich verwirrt.
 

„Ich gehe fort von hier.“
 

„Was?! Aber... warum?“
 

Ben drückte mir einen sanften Kuss auf die Stirn. In diesem Moment kam er mir so viel älter vor als die siebzehn Jahre, die er war.
 

„Frag nicht warum. Ich muss wirklich gehen.“
 

Ich verstand gar nichts mehr. „So plötzlich? Wieso so plötzlich? Und mitten in der Nacht?“
 

Ben lächelte mich traurig an. „Sei mir nicht böse, aber es geht nicht anders. Ich habe lange darüber nachgedacht und je früher ich gehe, umso besser. Vertrau mir.“
 

„Dir vertrauen?“ flüsterte ich hysterisch. „Du sprichst von Vertrauen? Ich weiß nicht mal, wie du hierher gekommen bist nach Mittelerde! Was tust du hier? Wer bist du wirklich?“
 

Statt zu antworten fiel sein Blick auf den Ring an meinem Finger. „Du solltest den Ring nicht tragen, Cala. Du weißt nicht, welche Kräfte er besitzt.“
 

„Was? Kräfte?! Sag mal, wovon sprichst du? Und wechsle gefälligst nicht das Thema!“
 

„Der Ring. Du solltest ihn nicht tragen.“
 

„Warum?“
 

„Pass auf dich auf“, flüsterte er eindringlich und zog mich in eine kurze Umarmung. Bevor ich wusste, was überhaupt geschah, ließ er mich wieder los und küsste mich flüchtig auf die Lippen.
 

„Ich liebe dich, Cala.“
 

Dann schlüpfte er aus der Tür und verschwand.
 

Benommen wie ich war, bemerkte ich nicht, wie Legolas’ kalte blaue Augen jede meiner Bewegungen verfolgten.
 

~~~~
 

Da bin ich wieder! Hehe. Zum Kapitel: Das Training hat einen Sinn... der wird aber erst wahrscheinlich im nächsten Kapitel erklärt.

Bis bald und frohe Ostern! Channah

PS: Bin froh, dass so viele die Story noch lesen. -strahl- Ganz lieben Dank!!

Neue Fähigkeit ahoi?

Disclaimer: Tolkien gehört alles und mir nichts, ich verdiene kein Geld mit der Story und die Handlungen sind frei erfunden
 

Anmerkung der Autorin: Erst einmal danke für die vielen Reviews! Ihr glaubt gar nicht, wie sehr ich mich darüber gefreut habe! -strahl- Zweitens: Ich habe nichts gegen Dudelsäcke oder Männer in Röcken! Ich finde das eigentlich sogar ganz lustig. LOL
 


 


 

18. Kapitel
 

Neue Fähigkeit ahoi?
 

Am nächsten Tag beim Frühstück war ich nicht die einzige mit mieser Stimmung.
 

„Legolas, was ist denn los? Ich dachte, es geht dir besser. Hast du noch Schmerzen?“
 

„Nein, Vater“, sagte Legolas ohne irgendeine Emotion in der Stimme. Er heuchelte nicht mal Höflichkeit... und das wollte wirklich etwas heißen. Ich meine, wo er doch ein so pflichtbewusster Prinz war...
 

Legolas verhielt sich den ganzen Morgen schon ziemlich, na, unlegolashaft. Er rührte sein Frühstück nicht an – obwohl er extra darauf bestanden hatte, mit uns allen gemeinsam in der Halle zu frühstücken –; er war still und zurückhaltend und einsilbig und einfach zu robotermäßig – wie jemand, der einfach nur funktionierte, aber nicht wirklich da war... oder so ähnlich – und irgendwie hatte ich das dumme Gefühl, dass ich schuld an seiner Laune war – falls das betonte Ignorieren meiner Wenigkeit irgendein Hinweis war.
 

Legolas hatte mich noch nie ignoriert.
 

ICH war immer diejenige gewesen, die IHM nach Lust und Laune keine Beachtung geschenkt hatte. Aber nie umgekehrt.
 

Mmh, seltsam.
 

Ich dachte, seine ach so wichtigen Prinzipien als Prinz von Düsterwald und das dazugehörige Auftreten wären ihm so wichtig...
 

Zudem fiel mir absolut kein Grund ein, warum er so wütend auf mich sein könnte, dass er mich nicht einmal mehr ansehen konnte. Denn der letzte Zwischenstand sah eigentlich so aus, dass ich sauer auf ihn war wegen der zweideutigen Situation mit Lady B.
 

Ach nee, ich hatte mich ja dazu entschieden, dass es mir egal war, was zwischen ihnen lief...
 

Mmh.
 

Trotzdem.
 

Er war mir ein Rätsel. Und ich hasste Rätsel. Meine eigenen Gedankengänge waren schon verwirrend genug, wie sollte ich mir da noch die Arbeit machen, jemand anderen zu verstehen?!
 

Abgesehen von Legolas und mir, so schien auch Lady B’s Wohlbefinden eher bescheiden zu sein. Anscheinend war es nicht sonderlich förderlich für ihr Ego, dass selbst sie Legolas’ Laune nicht heben konnte.
 

Waren wir nicht ein lustiger Verein voller Heiterkeit? Und das so früh am Morgen... Da machte das Aufstehen ja gleich noch viel mehr Spaß.
 

„Wo ist Ben, Cala?“ fragte Glowy etwas schnippisch und wechselte damit das erste Mal das Wort mit mir seit, äh, Tagen. Wahrscheinlich bloß, um die Aufmerksamkeit von Legolas abzulenken.
 

Toll, und da war ich die nächstbeste Zielscheibe, die ihr einfiel? Wie nett, ich fühl mich ja so geliebt...
 

Mmh. Kein Wunder fühlte ich mich so mies, wenn ich schon seit Tagen Streit mit meiner Cousine und meiner besten Freundin hatte; und dazu noch Ben mit seiner Liebeserkl- ist ja auch egal.
 

Lustlos drehte ich das Stück Brot in meinen Händen. „Ben ist weg.“
 

„Weg?“ Glowy sah mich verständnislos an. „Wie weg?“
 

Ich zuckte die Achseln. „Er hat Lórien letzte Nacht verlassen.“
 

„Was?!“
 

Die meisten Gespräche verstummten spätestens bei diesem schrillen Ausruf von meiner immer-mal-wieder-besten-Freundin. Entnervt hob ich den Kopf und sah zu Glowy hinüber.
 

„Geht’s auch ein bisschen leiser? Ich würde meine Ohren gerne noch eine Weile behalten, danke. Immerhin werde ich als Elbe wohl ein paar Jährchen länger leben und brauche meine ungespitzten Lauscherchen noch.“
 

Glowy ignorierte meinen Sarkasmus. „A-aber wieso? Wann? Wo ist er hin?“ stotterte sie.
 

Ich rollte mit den Augen. „Warum regst du dich denn so auf? Solltest du nicht im Dreieck springen vor Freude?“
 

Arwen räusperte sich. „Das kommt nur sehr plötzlich“, erklärte sie mit einem kurzen Seitenblick zu Glowy. „Bevor wir überhaupt die Gelegenheit dazu hatten, ihn richtig kennen zu lernen, ist er schon wieder fort. Und er hat sich noch nicht einmal von uns allen verabschiedet, sondern nur... von dir.“
 

„Ihr wolltet ihn doch gar nicht richtig kennen lernen!“ fauchte ich. „Ihr habt ihn doch von Anfang an verurteilt.“
 

„Nun, er schien aber auch kein großes Interesse daran gehabt zu haben, uns näher kennen zu lernen. Er schien mehr auf Euch fixiert zu sein“, mischte sich König Thranduil ein und legte mit besorgter Miene eine Hand auf die Schulter von Legolas, welcher mich böse anstierte.
 

Oh, die erste Regung auf seinem Gesicht und sie war auch noch meiner Wenigkeit gewidmet! Ich fühlte mich ja so geehrt...
 

Hallo? Trug ich vielleicht ein rotes Tuch, auf das er gleich wild einhieben wollte oder was hatte ihn gebissen?! Wurde heute Morgen irgendeine Nachricht herumgegeben, dass es mal wieder Zeit für den „alle-auf-Cala“-Tag war?
 

„Ben und ich gehen zusammen zur Schule“, sagte ich zwischen zusammengebissenen Zähnen. „Wir sind Klassenkameraden und kennen uns schon seit Jahren. Natürlich hat er sich da eher an mich gehalten.“
 

Der andere, wahrscheinlichere Grund, die „unaussprechliche Tat“ aka Liebeserkl... wollen wir da mal lieber nicht erwähnen. Ging ja schließlich niemanden was an.
 

„Ich bin auch seine Klassenkameradin“, erwiderte Glowy. „Aber mich hat er kaum beachtet.“
 

„Kein Wunder, bei deinem Benehmen“, zischte ich.
 

„Was soll das heißen?“ empörte sie sich.
 

„Du hast ihn ja auch nicht gerade mit offenen Armen empfangen!“
 

Glowy lächelte sardonisch. „Stimmt, denn das hast du ja wunderbar für uns beide getan.“
 

Mir wurde heiß im Gesicht. Mist, ich lief ja jetzt wohl nicht rot an, oder?!
 

Argh!
 

„Seltsam ist es trotzdem“, sagte Elrond nachdenklich und überging unseren Streit einfach. Wahrscheinlich genug Übung durch die Zwillinge damit gehabt... Mein Onkel grinste mich listig an. Wieso musste sich noch mal jeder in unser verdammtes Gespräch einmischen? „Ist da vielleicht doch etwas zwischen euch gewesen, worüber wir Bescheid wissen sollten?“
 

Grr, schon mal was von Privatsphäre gehört?
 

Abrupt stand Legolas auf und seine emotionslosen Augen waren starr auf mich gerichtet. „Wenn ihr mich bitte entschuldigen würdet“, sagte er höflich an alle Anwesenden gerichtet. „Ich würde mich jetzt gerne zurückziehen.“
 

Sein Blick hielt unerbittlich den meinen fest.
 

Mein Herz begann wild zu klopfen und unbewusst blieb mir die Luft für einen Herzschlag im Halse stecken.
 

Er hatte uns gesehen. Er hatte gar nicht geschlafen... Er hatte Ben und mich die Nacht zuvor gesehen. War er deswegen so wütend? Aber... wieso?
 

Verwirrt beobachtete ich wie er die Halle verließ. Falls er beabsichtigt hatte, mir in dem stummen Augenduell kurz vorher irgendeine Nachricht zu vermitteln – so war er definitiv jämmerlich gescheitert.
 

Ich war noch genauso ratlos wie zuvor.
 

„Bitte entschuldigt sein Benehmen“, sagte König Thranduil stirnrunzelnd. „Ich weiß nicht, was geschehen ist, doch was immer es war, es hat ihn sehr aufgewühlt. Für gewöhnlich lässt er sich nicht so gehen.“ Trotz seiner Worte warf er mir einen Blick aus schmalen Augen zu. Na toll.
 

„Wahrscheinlich trifft es ihn hart, dass er seine Brüder im Krieg gegen Lephisto nicht weiter unterstützen kann“, sagte Oma nachsichtig, doch ihr Lächeln war weder strahlend noch aufrichtig, und der kummervolle Blick, den sie Opa zuwarf, entging mir auch nicht.
 

„Es muss geschehen. Du kannst die Zukunft nicht aufhalten. Du selbst hast es im Spiegel gesehen. Am Ende wird es so besser sein“, hörte ich Opa meiner Oma zumurmeln.
 

Huh? Wovon sprach Opa denn da?
 

Ich blickte mich um, ob jemand anderes ebenfalls seine Haldir-like kryptischen Worte gehört hatte, aber ich schien die einzige zu sein.
 

Ach, so viel Verwirrung am Morgen bekam meinem Magen ganz und gar nicht... und Glowys verkniffener Blick in meine Richtung half auch nicht gerade. Mir schwante Böses... so was wie... „Jetzt erzähl doch mal, wie genau Ben sich verabschiedet hat.“... ein Kreuzverhör.
 

Hmpf.
 

„Ben hat mich nach dem Training aufgesucht, um sich von mir zu verabschieden“, sagte ich, ein paar Details weglassend, aber trotz allem wahrheitsgetreu.
 

„Aber warum?“ wiederholte Glowy verständnislos. „Warum diese Nacht und Nebel Aktion? Warum hat er sich nur von dir verabschiedet und wieso wollte er überhaupt gehen?“
 

Ich zuckte mit den Achseln. „Keine Ahnung. Das habe ich ihn auch gefragt, aber er hat keine meiner Fragen beantwortet.“
 

Gedankenverloren spielte ich mit dem Ring an meinem Finger.
 

Am liebsten hätte ich geschrieen vor Frustration. Es gab so viele Ungereimtheiten; wichtige Dinge und Andeutungen, die ich einfach nicht verstand.
 

Und Ben schien mehr über die momentanen Geschehnisse in Mittelerde zu wissen, als er zugegeben hatte. Genau wie meine Großeltern.
 

Irgendwie fühlte ich mich wie in einer billigen Imitation von „Columbo“...
 

Irgendetwas war im Busch, alle Indizien deuteten darauf hin; allerdings besaß ich weder Columbos Scharfsinn noch seine verquerte Herangehensweise bei Fällen.
 

Rätsel waren nichts für mich. Mir schrie man den Kern einer Sache am besten einfach ins Gesicht, ansonsten war Hopfen und Malz verloren, dass ich je selbst darauf kommen würde. Ließ man mir jedoch zu viel Freiraum für Spekulationen, dann konnte meine Fantasie schon mal verrückt spielen, und dann war wirklich alles zu spät...
 

„Hat er vielleicht irgendetwas Seltsames gesagt?“ fragte Glowy nachdenklich.
 

Abgesehen von der „unaussprechlichen Tat“ aka Liebeserkl-, ja, eine ganze Menge sogar.
 

Mein Blick fiel wieder auf den Ring.
 

„Nein“, log ich. „Er hat nichts Seltsames gesagt.“
 

Arwen wirkte enttäuscht. Anscheinend hatte sie sich eine große Zukunft versprochen, wenn sie von den Rechtsanwälten zu den Detektiven übersiedelte.
 

Oma war die einzige, die blass aussah. Sie und Opa hatten schon während des gesamten gesprächs über Ben irgendwie seltsam gewirkt... „Cala, dein Training geht heute Nachmittag weiter.“
 

Na, halleluja.
 

~~~~
 

Ich war eine Frau auf einer Mission. Einer dringlichen, unausweichlichen und vor allem entschlossenen Mission. Und es wäre besser, wenn sich niemand mir in den Weg stellen würde!
 

Besonders er selbst, Mister Ich-schmoll-mal-ein-bisschen-rum-da-ich-leider-gerade-Invalide-bin-und-sonst-nichts-Sinnvolles-zu-tun-habe, nicht.
 

Was hatte er seinem Vater bloß erzählt? Was immer Klein-Leggileinchen auch gepetzt haben mochte, der neugewonnene und noch recht wacklige Waffenstillstand zwischen König Thranduil und mir erlitt bereits seine erste Krise.
 

Juchuu.
 

So ein verdammter Idiot. Mussten Prinzen eigentlich überall solch verklemmte, egoistische Halbstarke mit Hippie-Frisuren und irgendwelchen Komplexen sein? Ich meine, konnten die nicht einfach mal normal sein? War es denn zu viel verlangt, dass Prinzen rücksichtsvoll, lieb und verständnisvoll sein sollen? Immerhin können Prinzessinnen wie ich, die nun schon wahrlich genug Probleme am Hals haben ohne launische Prinzen, sich nicht andauernd um die Wehwehchen der armen Prinzlein kümmern.
 

Grr.
 

Okay, vielleicht übertrieb ich ein klein wenig, aber in letzter Zeit kreisten meine Gedanken mehr um Legolas als um alles andere!

Und das nervte! Und verwirrte mich ein klitzekleines bisschen... ich meine, seit wann war mir Legolas denn so wichtig?!
 

Nicht, dass er mir wichtig geworden war... Ich musste nur einfach viel an ihn denken... An das, was er gerade machte... wie es ihm ging...
 

Ahem.
 

Jedenfalls konnte sich Prinz Legolinchen auf ein verbales Sparring gefasst machen.
 

Als ich vor Legolas’ Tür stand, wartete ich nicht einmal, um zu klopfen, sondern stürmte direkt hinein.
 

Legolas zuckte nicht zusammen, als ich die Tür hinter mir schloss. Seelenruhig ließ er die Karte, die er in den Händen gehalten hatte, auf den kleinen Tisch unter dem Fenster gleiten und drehte sich zu mir herum.
 

Ich konnte an seinem Gesicht nicht ablesen, was er dachte. Was mir in diesem Moment auch ziemlich egal war.
 

„Wir müssen reden“, befahl ich barsch und nahm ein paar tiefe, beruhigende Atemzüge.
 

„Wie Ihr wünscht“, willigte Legolas nickend ein.
 

„Was zum Henker ist eigentlich los mit dir!“ brüllte ich eine Sekunde später los. „Ich mein’, erst entwickelt dein Vater eine gespaltene Persönlichkeit und entschuldigt sich bei mir aus heiterem Himmel für sein Benehmen, und einen Tag später scheinst du in deinen Vater vor seiner Entschuldigung zu mutieren! Hat euch vielleicht der Blitz getroffen? Habt ihr chinesische Glückskekse oder essbares Lembas gegessen oder sonst wie die Körper getauscht? Denn wenn nicht, dann schwöre ich dir, setzt es gleich ein großes Donnerwetter!“
 

Während ich schnaufte wie ein Rhinozeros ohne Kondition, blieb er komplett ruhig.
 

Grr. Da war er wieder, der arrogante Mistkerl. Ich hatte ihn ja sooo vermisst...
 

Chrm. Sarkasmus, Sarkasmus.
 

„Ich bin überrascht“, gestand er ruhig, „dass Ihr überhaupt hier zu mir gekommen seid. Normalerweise meidet Ihr doch Konfrontationen.“
 

Ich verengte die Augen zu Schlitze. „Was soll das heißen? Hast du dir, während du geschmollt hast, das Buch Schnellkurs der Psychologie für Elben reingezogen, oder was?!“ Ja, in Ordnung, vielleicht hatte er ja in gewisser Weise Recht... Konfrontationen waren wirklich nicht mein Lieblingszeitvertreib... aber das hieß noch lange nicht, dass er mir das so ins Gesicht knallen musste.
 

Ich holte tief Luft und fing noch mal von vorne an. „Wie geht es dir denn? Beeinträchtigen dich deine Verletzungen noch sehr?“
 

Legolas sah mich eindringlich an, er schien irgendetwas in meinen Augen zu suchen. „Es geht mir gut“, sagte er leise.
 

Das Blut kochte schon wieder in meinen Adern. „Aber anscheinend noch nicht gut genug, dass du wieder in das Kampfgeschehen eingreifen kannst“, erwiderte ich spitz.
 

Legolas’ Augen nahmen einen dunkleren Ton an. Omi schien Recht gehabt zu haben; offenbar machte es ihm wirklich zu schaffen, dass er nicht zurück in den Krieg konnte.
 

Das konnte ich verstehen. Ich selbst hätte auch gerne geholfen, den Krieg schnellstmöglich zu beenden, wenn ich es gekonnt hätte.
 

Ich schloss die Augen und zählte bis zehn. Nachdem ich sechsmal bis zehn gezählt hatte, öffnete ich meine Augen wieder und seufzte. „Was ist denn los? Ich will doch nur wissen, was verdammt noch mal los ist! Du benimmst dich nicht mehr wie der Legolas, den ich kenne. Ich verstehe dich nicht.“
 

Legolas presste die Lippen zusammen. „Warum stört es Euch, dass ich zeige, dass ich nicht glücklich bin? Sonst beklagt Ihr Euch doch darüber, dass ich ein so korrekter Prinz bin, der sich auch entsprechend verhält und nie einfach mal ein Elb bin, der Gefühle hat“, gab er zurück.
 

Da sah man mal, dass auch Männer zickig sein konnten...
 

„Das ist wahr“, sagte ich langsam. „Aber ich meinte damit nicht, dass du dich wie ein geprügelter Hund benimmst und mich dafür verantwortlich machst!“
 

„Meintet Ihr dann vielleicht, dass ich mich benehmen soll wie Ben?“
 

Ich schluckte schwer. Oha. „Man kann euch beide überhaupt nicht miteinander vergleichen“, sagte ich ausweichend. „Immerhin bist du der Thronfolger des Düsterwaldes und er ist nur ein Freund von der Erde...“
 

„Und wenn ich nur ein Freund von der Erde wäre“, erwiderte Legolas heftig. „Was wäre dann?“
 

Ich wandte das Gesicht zur Seite. „Du hast Ben und mich letzte Nacht gesehen, nicht wahr. Du hast gar nicht geschlafen.“
 

Legolas machte ein paar große Schritte nach vorne, sodass er direkt vor mir stand, und ergriff meine Schultern mit beiden Händen. Automatisch sah ich zu ihm auf, direkt in seine stürmischen, blauen Augen.
 

„Was wäre dann, Cala?“ wiederholte er nur. „Würdest du mir dann auch blind vertrauen? Würdest du es genießen mit mir zusammen zu sein, mit mir zu tanzen, ohne irgendwelche versteckten Absichten? Würdest du mich gegen deine Freunde und selbst gegen deine Familie verteidigen? Könntest du mich dann lieben?“
 

Ich stolperte ein paar Schritte rückwärts, doch er versuchte nicht einmal, mich aufzuhalten.
 

„W-was soll das? Was redest du da?“ Ich war mehr als nur überfordert mit der Situation. Ich verstand einfach nicht, was hier gerade geschah. Wann hatte sich das Blatt so dramatisch gewendet?
 

Legolas musterte mich einen Augenblick lang schweigend, ehe er sich abwandte.
 

„Du wirst mir nie eine Gelegenheit dazu geben, dir zu beweisen, dass ich für dich da sein kann und will“, sagte er erregt. „Aber du wirst ja eh, sobald du dieses Zimmer verlassen hast, so tun, als hätten wir dieses Gespräch nie geführt. So machst du es doch mit allen Ereignissen, die dir zu nahe treten.“
 

Ich blinzelte ein paar Mal in schneller Abfolge, konnte aber nicht mehr verhindern, dass zwei einzelne Tränen meine Wangen hinabliefen, und verpasste Legolas eine Ohrfeige.
 

„Ich weiß wirklich nicht, was in dich gefahren ist. Es ist auch egal. Du bist mir egal. Du hast kein Recht dazu, mich niederzumachen, nur weil du schlechte Laune hast. Ich habe genug von dir. Lady B und du – ihr verdient einander. Wende dich in Zukunft an sie, wenn du deine Frustrationen loswerden willst, denn ich will dich nie wieder sehen!“ Ich wischte mir mit dem Handrücken über die tränennassen Augen und sah ihm dann fest in sein erstarrtes Gesicht. „Du bist mir vollkommen egal.“
 

~~~~
 

Die verbliebene Zeit bis zu meinem Training verbrachte ich in meinem Zimmer.
 

Ich hatte noch nie gut mit Kritik umgehen können – nicht, dass ich irgendwelche Übung darin hatte, Kritik anzunehmen, da ich eher selten kritisiert wurde – aber vor allem nicht, wenn sie so erbarmungslos und aus heiterem Himmel geäußert wurde. Und das ausgerechnet von einer so (normalerweise) rücksichtsvollen Person wie Legolas...
 

Ja, gut, ich war nicht fehlerlos. Schon klar. Aber er hatte mich attackiert, als wollte er mich absichtlich verletzen. Vollkommen ruhig und kalkuliert hatte er mir meine Fehler vor die Augen gehalten.

Dieser Gedanke war es wahrscheinlich auch, der am meisten wehtat.
 

„Cala?“ Es klopfte an die Tür. „Kann ich reinkommen, Cala? Omi meinte, ich solle mal nach dir schauen. Ist alles in-“
 

Glowy blieb im Türrahmen stehen und sah mich verdutzt an. Dann wurde sie wütend. „Was ist passiert? Hat Legolas irgendetwas Schlimmes getan oder gesagt? Ich schwöre dir, wenn ja, dann drehe ich ihm höchst persönlich den königlichen Hals um!“
 

„Wieso bist du überhaupt hier?“ stellte ich eine Gegenfrage.
 

Glowy schloss die Tür hinter sich und setzte sich zu mir auf die Bettkante. „Das sagte ich doch schon. Omi meinte, du wärst bei Legolas gewesen und ich sollte gucken, ob alles okay ist bei dir. Anscheinend nicht.“ Woher wusste Omi... hm, wahrscheinlich hatte sie mal wieder in den Spiegel gesehen...
 

Glowy strich mir beruhigend über den Arm. „Was ist los?“
 

Ich schniefte. Glowys Loyalität kehrte wenigstens immer zur rechten Zeit wieder.
 

„Ach, er war so seltsam...“ Ich räusperte mich. Meine Güte, ich seufzte ja schon rum wie ein liebeskrankes Wachweib. Igitt. „Er hat ein paar Sachen gesagt; ich hab’ ein paar Sachen gesagt... Ich weiß auch nicht, irgendwie ist alles in letzter Zeit einfach zu viel...“
 

Glowy schlang tröstend die Arme um mich. „Hör mal, wegen unserem Streit. Arwen und ich waren einfach enttäuscht, dass du so blind warst und Ben ohne jeden Zweifel vertraut hast. Wir dachten, du würdest es vielleicht mit der Zeit selbst sehen, aber du warst ja zu stur. Es gab und gibt einfach zu viele offene Fragen, was sein plötzliches Auftauchen hier in Mittelerde anbelangt, aber du schienst vor lauter Rosa die Realität nicht mehr wahrzunehmen.“
 

Ich schlug ihr auf den Arm.
 

„Aua!“ rief sie empört. „Wofür war das denn?“
 

Fahrig strich ich meine Haare nach hinten und ignorierte ihr Schmollen. „Warum, glaubst du, ist Legolas so wütend auf mich?“
 

Glowy rollte mit den Augen. „Bei dir ist echt Hopfen und Malz verloren, Cala. Au! Sag mal, könntest du bitte aufhören, mich zu schlagen? Legolas mag dich, okay? Sehr gerne sogar. Auf Jonas’ Party hat er dich und Ben tanzen sehen und er war eifersüchtig. Was meinst du, warum er dich an dem Abend so unwirsch von der Party geschleift hat? Legolas gefiel es in den letzten Tagen ganz und gar nicht, zu wissen, dass Ben auf einmal hier in Mittelerde ist und die meiste Zeit zusammen mit dir verbrachte.“ Glowy seufzte verträumt – wie ein Waschweib mit romantischen Gedanken. „Du bist etwas Besonderes für Legolas. Das, was er für dich empfindet, hat er noch nie für eine andere Frau gefühlt. Wenn du mich fragst, verhält er sich deshalb etwas eigenartig in letzter Zeit. Männer sind viel zu hilflos, wenn es um Gefühle geht.“
 

Na, wo sie Recht hat, hat sie Recht.
 

Allerdings kenne ich da, äh, eine gewisse Person, chrm, nicht ich, natürlich, die, äh, auch leichte Probleme damit hat, mit Gefühlen umzugehen, chrm...
 

„Woher weißt du, dass ich... etwas Besonderes für Legolas bin?“ fragte ich skeptisch. Ihre Theorie klang mir viel zu weit hergeholt.
 

Glowy zuckte unschuldig mit den Schultern. „Och, ich hab’ nur zufällig ein Gespräch zwischen Legolas und König Thranduil mitangehört.“ Ich schnaubte. Von wegen zufällig... „Übrigens, Legolas hat seinem Vater bei der Gelegenheit auch gleich kräftig die Leviten gelesen, was sein Verhalten dir gegenüber betrifft. Also wunder dich nicht, falls König Thranduil in naher Zukunft mit einem Friedensangebot ankommt. Legolas’ Worte schienen ihm arg zu denken zu geben.“
 

Interessante Informationen, die Glowy da auf einmal preisgab. Schade nur, dass es jetzt ein wenig zu spät dafür war. Schließlich war mir Legolas ab jetzt ja völlig egal.
 

„König Thranduil hat sich bereits bei mir entschuldigt“, sagte ich.
 

Glowy riss überrascht die Augen auf. „Im Ernst? Wow, hätte nicht gedacht, dass ihm Legolas’ Worte so stark zu denken gegeben haben, dass er sogar seinen Fehler zugeben würde... Was genau hat er denn gesagt? Und wann überhaupt?“
 

„Ist doch unwichtig“, maulte ich. „Ich will nicht mehr über ihn oder Legolas reden, verstanden?“
 

Meine beste Freundin biss sich mitfühlend auf die Unterlippe. „Legolas hat dich ganz schön verletzt, nicht wahr?“
 

„Was an dem Satz Ich will nicht darüber reden ist eigentlich so schwer zu verstehen?“
 

„Cala, du musst darüber reden. Danach wirst du dich besser fühlen“, erklärte Glowy. „Außerdem weiß ich dann wenigstens den Grund, warum ich Legolas’ blonde Haartolle abrasieren werde.“
 

Okay, bei dem Gedanken musste selbst ich grinsen. Ein kahl geschorener Legolas... Hehe.
 

Nach mehreren nervtötenden Versuchen ihrerseits, mich zum Reden zu bringen, gab ich schließlich auf und erzählte ihr von meiner Begegnung mit Legolas. Glowys Reaktion war ein übertriebener Seufzer und ein besserwischerisches Grinsen auf ihrem Gesicht. „Cala, ich sag’s dir noch mal für kleine Hans-guckt-in-die-Luft-und-nimmt-sonst-nichts-wahr-leins... Autsch! Hehe. Also, Legolas ist eifersüchtig auf Ben! Ist doch ganz klar! Warum du das nicht einsehen willst, ist mir ein Rätsel. Ich verstehe ja, dass das momentan alles ein bisschen viel für dich ist und du praktisch dauerverwirrt bist wegen Ben und Lephisto, dem Training und diesem ganzen Gefühlschaos, aber so blind kannst ja eigentlich nicht mal du sein... Aua! Obwohl, bei Ben warst du ja am Anfang auch total blind... Nein, bitte nicht noch mal schlagen!“
 

Glowys Worte waren mir immer noch keine große Hilfe. Sodass ich danach rasch das Thema wechselte.
 

„Sag mal, Glowy, glaubst du, der Ring könnte verborgene Kräfte oder so was besitzen?“ fragte ich nachdenklich und hob die Hand mit dem Ring am Finger hoch.
 

„Könnte sein“, meinte sie langsam. „Arwen hat mir erzählt, dass die meisten Ringe, abgesehen von irgendwelchen symbolischen Werten, meistens auch Kräfte besitzen oder die Macht, die Stärken des Ringträgers zu unterstützen. Es kann also gut sein, dass dieser Ring dazu gehört. Hatte denn der Verkäufer auf dem Markt nichts darüber gesagt, als du dir den Ring angesehen hast?“
 

„Nein“, sagte ich stirnrunzelnd.
 

Glowy wedelte gleichgültig mit der Hand. „Dann wird es wohl ein stinknormaler, langweiliger Ring sein. Wie kommst du überhaupt darauf?“
 

„Ach, nur so“, wehrte ich ab. Ben musste sich wohl geirrt haben, was den Ring betraf. Aber er hatte so überzeugt davon ausgesehen, dass der Ring mir schaden könnte...
 

„Hach, Cala“, jammerte Glowy. „Ich wünschte, der Krieg wäre endlich vorbei.“
 

Meine Stimmung verdüsterte sich schlagartig noch mehr. Elrohir war immer noch da draußen und kämpfte. Tulu, Púren, Gimli und viele andere.
 

„Ich vermisse Beau ja so sehr“, quengelte sie.
 

Hmpf. Typisch Glowy – statt den Frieden wiederherzustellen kümmerten sie nur Kerle...
 

„Beau. Was ist eigentlich der richtige Name von Beau?“ fragte ich rat- und planlos. Ich meine, hey, Beau konnte in Mittelerde nun wirklich fast jedes männliche Wesen sein; diese eitlen, langhaarigen Hippies...
 

„Eomer“, hauchte sie verzückt. Oh Mann, manchmal fragte ich mich echt, ob Glowy nicht doch irgendwie mit Rosamunde Pilcher verwandt war...
 

„Okay“, sagte ich gedehnt. „Und, äh, woher kommt Eomer?“
 

„Aus Rohan“, sagte sie und lächelte entrückt. „Königreich der Rohirrim.“
 

Woran erinnerte mich Rohan bloß...
 

Glowy seufzte noch ein paar Mal und setzte gerade zweifelsohne zu einer Lobeshymne auf diesen Eomer an, als ich die theatralische Szene brutal kaputtmachte. „Rohirwas?“
 

Glowy schüttelte resigniert den Kopf. „Land der Pferdeherren“, erklärte sie. „Ehrlich, Cala, hast du eigentlich nur geschlafen, wenn Omi und Opi uns Geschichten über Mittelerde erzählt haben?“
 

„Na ja“, sagte ich und kratzte mich verlegen am Kinn. „Meistens schon.“
 

Glowy schien ein stummes Stoßgebet gen Himmel zu schicken.
 

„Ist es schön in Rohan?“ fragte ich nach einer kurzen Pause.
 

„Ich glaube schon“, sagte Glowy. „Ich kenne es ja auch nur aus Erzählungen von unserer Familie und Eomer. Weite, grüne Wiesen. Hügelige Landschaft. Klare, saubere Seen und Flüsse-“
 

„Ph, in Mittelerde sind alle Gewässer klar und sauber“, brummte ich dazwischen. Also echt, ihre Beschreibung von Rohan war ja nicht gerade ausführlich. Sie erinnerte mich irgendwie an Großbritannien. Die Schotten. Schottenröcke. Dudelsäcke. Uäh. Das konnte man sich ja nicht anhören, das Gejaule... und auch noch von Männern, die voller Stolz Röcke tragen...
 

Äh, ja. Wir schweifen mal wieder ab.
 

Glowy kniff verärgert die Augen zusammen. „In Rohan sind die Gewässer aber besonders klar und sauber!“
 

Oh Mann. Jetzt hatte sie mich natürlich überzeugt. Welch unglaublich starke Argumente Glowy doch hatte.
 

„Wenn du meinst“, gab ich ungläubig zurück.
 

„Ja, das meine ich! Und nun komm, dein Training fängt gleich an.“
 

~~~
 

Haldir wartete bereits, als Glowy und ich auf dem Übungsplatz eintrafen. Er warf mir einen langen, prüfenden Blick zu und drückte mir Pfeil und Köcher in die Hand. Automatisch warf ich mir den Köcher über die linke Schulter und nahm den Bogen in die rechte Hand.
 

Ein wenig angespannt fragte ich mich, welche Aufgabe er wohl diesmal für mich hatte. Keiner hatte etwas zu mir über die letzte Trainingsstunde gesagt. Als ich Glowy auf dem Weg zu der Lichtung den Vorfall aus meiner Sicht erzählte, regte sie sich ziemlich stark auf, und das über gleich mehrere Dinge; aber am meisten, so glaube ich, war sie verärgert über sich selbst, weil sie (mal wieder) nicht für mich da gewesen war.
 

Ich trug es ihr nicht mehr nach. Vielleicht hätte ich es tun sollen, aber ehrlich gesagt machte ich mir zu viele Sorgen um die anliegende Trainingsstunde, als dass ich in der Lage gewesen wäre, jetzt einen weiteren, idiotischen Streit vom Zaun zu brechen. Sollte das Training schlecht laufen, konnte ich das schließlich immer noch tun unter dem Motto: „Frustrationsbewältigung“.
 

Meine Muskeln waren allesamt bis zum Zerreißen gespannt, als ich von einem Fuß auf den anderen trat. Und ich wusste, dass Haldir bemerkt hatte, wie nervös ich war. Doch er sagte nichts.

Danke, Herr Lehrer. Sehr aufbauend. Ich fühlte mich schon viel besser.
 

Grr.
 

Nicht mal Omi, die wieder mit Opi und diesmal auch meinen Eltern am Rand des Übungsplatzes stand, versuchte mich per Gedankensprache zu beruhigen.
 

Es war kein schönes Gefühl, völlig allein auf sich gestellt zu sein.
 

Meine Anspannung wuchs.
 

Das Holz von dem Bogen knirschte etwas, als sich meine Hand darum verkrampfte.
 

„Ihr habt die gestrige Übung nicht vollendet; aus diesem Grund werdet Ihr sie heute wiederholen“, sagte Haldir bestimmend. „Doch dieses Mal werde ich das Ziel für Euch aussuchen, und ich wähle den Hasen.“
 

Ich war drauf und dran schon wieder alles hinzuschmeißen und einfach abzuhauen, als ich endlich Omis Stimme in meinem Kopf vernahm – okay, das, äh, klang jetzt irgendwie nicht ganz richtig – nur mit den falschen Worten.
 

,Cala, tu, was Haldir dir sagt. Bestehe die Prüfung, es könnte dir irgendwann das Leben retten. Dein Leben ist mehr wert als das von jedem anderen Lebewesen.’
 

Ich wäre wohl benommen zurückgetaumelt, hätte Glowy mich nicht fest am Arm gepackt und mir Halt gegeben. Wie konnte meine Großmutter nur so etwas sagen? Waren nicht alle Elben Naturfreaks? Von wegen achten und ehren und beten alle Lebensformen an...
 

War es endlich soweit? Sollte ich den Seelenklempner rufen? Vielleicht hatten sie auch alle von Lephisto geträumt und hatten nun alle schlechte Laune und vergaßen kurzzeitig ihre eigene Kultur. Konnte ja mal passieren...
 

Trotzdem starrten mich immer noch alle erwartungsvoll an.
 

„Cala“, sprach’s Hauptmännlein und wagte es tatsächlich dabei auch noch ungeduldig zu klingen.
 

Argh!
 

Ich begann zu zittern.
 

„Denk an etwas Schönes“, riet Glowy mir lahm und drückte aufmunternd meine freie Hand. „Denk an grüne Wiesen, weites Land-“ Jemand zu viel Karl May gelesen?
 

„-und klare, saubere Flüsse, schon klar.“ Ich rollte mit den Augen. Glowy hatte gut Reden. Sie hatte ja nicht mal Skrupel davor, Hasenfleisch zu essen.
 

„Ich dachte, du hättest dich auf dem Hinweg hierher noch so über die Ungerechtigkeit dessen aufgeregt, dass ich dazu gezwungen wurde, ein Lebewesen unnötiger Weise zu töten?“ zitierte ich sie bissig.
 

Glowy sah hin- und hergerissen aus. „Ich habe nachgedacht... Cala, die Methoden sind vielleicht zweifelhaft, aber Haldir ist ein erfahrener und guter Krieger. Er wird wissen, was dir helfen kann, dich zu verteidigen. Und ich möchte schließlich auch, dass du dich verteidigen kannst...“ Sie sah zu Boden. „Denk an Rohan, Cala. Denk an diesen schönen Ort und wie du da deine Ruhe hast und fern vom Kampf und der Angst vor der Zukunft bist.“
 

Ich atmete tief durch. Glowy sah mich unsicher an, ließ meine Hand aber immer noch nicht los.

Wofür ich echt dankbar war, denn es war der einzige Trost, den von-Schnellzug-xyz-genannt-Gefühlssturm-aus-der-Bahn-geworfen-wurde-Klein-Cala in dieser Situation bekam.
 

Ich sah eine Gruppe Hasen auf der anderen Seite der Lichtung friedlich umherhoppeln und hörte wie das Blut in meinen Ohren rauschte.
 

Ich sah Haldirs emotionsloses Gesicht.
 

Ich sah das aufgeregte Ruckeln der Köpfe der Hasen.
 

Ich sah die unerbittlichen Mienen meiner Eltern und Großeltern.
 

Ich sah wie ein Hase sich auf die Hinterbeine stellte, um nach Gefahr Ausschau zu halten, und sich bald wieder auf alle Viere stellte, als keine auszumachen war.
 

Dabei stellte ich im Moment doch die größte Bedrohung für sie dar.
 

Heftig kniff ich die Augen zusammen und spürte den tröstlichen Druck von Glowys Hand.
 

Ich sah grüne Wiese vor meinem inneren Auge; klare, saubere Seen und Flüsse... und wünschte mir nichts sehnlicher, als wirklich dort zu sein und diesem Albtraum zu entfliehen.
 

Plötzlich wurde es ganz schrecklich still, so wie bei meiner Reise nach Lórien, als ich die Vision hatte.
 

Ich fühlte ein seltsam flaues Gefühl in der Magengegend, genauso wie wenn man auf der Achterbahn den höchsten Punkt eines Berges erreicht hat und der Wagen sich langsam nach unten biegt, bevor man hinuntersaust.
 

Es waren keine Vögel mehr zu hören. Kein Rascheln des Windes in den Baumwipfeln.
 

Nichts.
 

Langsam öffnete ich die Augen und wurde von einer jähen Schwindelattacke gepackt.
 

„Was zum Teufel... Cala!“ Glowy riss an meiner Hand und verhinderte so, dass ich zu Boden ging.
 

‚Was ist passiert?’ hörte ich plötzlich die unglaublich besorgte Stimme von Omi in meinen Gedanken. ‚Geht es euch gut? Wo seid ihr?’
 

Hä? Wir waren doch immer noch auf der Lichtung, nur ein paar Meter entfernt von ihr, umringt von-
 

„Gras! Überall nur Gras?!“ rief Glowy schrill. „Wo sind die Bäume? Wo sind wir? Was zum Henker ist passiert?!“
 

Ich stützte mich immer noch auf Glowy und blinzelte wild in die Sonne. Alles drehte sich und ich fiel prompt in Ohnmacht.
 

Als ich wieder zu mir kam, war meine beste Freundin immer noch/ wieder hysterisch.
 

„-wenn du nicht sofort aufwachst, Cala, dann setzt es was! Denkst du etwa, ich trage dich? Das hier ist kein Märchen und auch nicht Hollywood, also hör gefälligst auf, die Diva zu mimen! Hier wird auch bestimmt nicht so schnell ein Prinz mit Helfersyndrom vorbeikommen, also wach endlich auf!“
 

Seufzend flatterte ich mit den Augenlidern, bevor ich sie ganz öffnete.
 

„Cala“, rief Glowy überrascht und drückte mich mit einem Hechtsprung tiefer ins Gras. „Mann, bin ich froh, dass du aufgewacht bist! Ich hab’ mir vielleicht Sorgen um dich gemacht! Es ist bestimmt nicht gut, so oft in Ohnmacht zu fallen...“
 

Ich klopfte ihr auf den Rücken. „Mir geht’s gut, Glowy. Bin vielleicht etwas müde, aber sonst...“
 

„Wie sind wir bloß hierher gekommen?“ fragte Glowy und besah sich mit einem leichten Anflug von Panik die hügelige Gegend.
 

Hey, sah fast wie Schottland aus...
 

,Cala, du hast deine besondere Fähigkeit entdeckt. Offenbar besitzt du die Fähigkeit, dich an einen von dir gewünschten Ort zu transportieren und da du Glowy and der Hand hieltest, wurde sie automatisch mittransportiert. Wir sind sehr stolz auf dich.’
 

Oha. Wir waren nicht wirklich in Schottland, oder?!
 

,Wir hätten nicht gedacht, dass das Training so schnell wirkt. Aber das ist nur von Vorteil.’
 

???
 

Ich hatte doch versagt im Training...
 

,Nein, das hast du nicht. Das Training war nicht dazu bestimmt, deine kämpferischen Fähigkeiten zu fördern, sondern deine „geistigen“. Du bist sehr stark, Cala, doch deine Stärke liegt noch im Verborgenen. Noch hast du dich nicht getraut, dich auf sie zu berufen, und im Angesicht der drohenden Gefahr durch Lephisto, sahen wir uns gezwungen, dir dabei zu helfen. Du hast viele Fähigkeiten, Cala, deine eigene, besondere Fähigkeit ist dabei nur eine von ihnen. Du musst lernen, dir selbst zu vertrauen und zu wissen, was du willst. Glaube an dich und an das, was du tust. Und du wirst niemals hilflos sein.’
 

Äh...
 

,Noch magst du meine Worte vielleicht nicht verstehen, aber was wir taten, war nur zu deinem Besten. Deshalb das eigenartige Training mit Haldir. Deswegen diese Aufgaben, die du zu bestehen hattest. Wir wollten dich unter Druck setzen und somit eine Reaktion von dir erzwingen; wir hofften darauf, dass du unbewusst auf eine deiner Fähigkeiten zurückgreifen würdest, um dir zu helfen. Und so war es dann auch.’
 

Ich glaub’, mich laust ein Ork. Sollte das etwa bedeuten, dass ich aus purer Berechnung heraus Aufgaben gestellt bekommen hatte, die mir zuwider sind?!
 

,Ja, Cala. Wir wissen, dass du das Töten von Lebewesen über alle Maße hasst, und wir machten uns dieses Wissen zunutze.’
 

Ich war so wütend, mir fielen nicht mal zusammenhängende Gedanken ein.
 

Abgesehen von einem:
 

Wo ist der Schalter den man umlegt, wenn man jemandem aus seinem Kopf schmeißen will?!
 

Danach war es still in meinen Gedanken und ich machte mir nicht die Mühe, darüber nachzudenken, ob ich das auch einer meiner „Fähigkeiten“ zu verdanken hatte.
 

„Ich glaube, wir sollten mal langsam losgehen. Es wird dunkel und irgendwo muss es doch Zivilisation geben“, überlegte Glowy laut und tippte sich mit ihrem Zeigefinger an ihr Kinn.
 

Ich runzelte die Stirn. „Mmh.“
 

„Nein, wirklich“, erklärte sie aufgeregt. „Ich habe keine gesteigerte Lust, mit all dem Gesocks und Ungetier Mittelerdes unter freiem Himmel zu übernachten ohne männliche Begleitung.“ Wunder, oh Wunder... „Also sollten wir uns für eine Richtung entscheiden.“
 

Gelangweilt deutete ich nach links.
 

Glowy studierte meinen vorgeschlagenen Weg eingehend. „Wieso gerade da lang?“
 

„Weil wir dort nicht bergauf gehen müssen“, sagte ich nur und marschierte los.
 

Glowy joggte bis sie meine Seite erreichte. „Weißt du, wir sitzen ganz schön in der Klemme, wenn wir nicht bald auf ein paar Einheimische treffen.“
 

Abwesend rieb ich mir die Arme. Irgendetwas zerrte an meiner Erinnerung.
 

„Wieso?“
 

„Weil wir keinen Proviant dabeihaben. Und da du wahrscheinlich nicht auf Tiere mit deinem Bogen schießen wirst-“ Ich warf ihr einen giftigen Blick zu. „-werden wir wohl hungern müssen.“
 

Sie klang schon wieder am Rande eines Nervenzusammenbruchs, wofür ich gerade echt nicht in Stimmung war.
 

„Glowy, halt die Klappe.“
 

Da fiel mir etwas ein. Wenn ich tatsächlich dafür verantwortlich war, dass wir hierher gekommen waren, vielleicht konnte ich uns dann auch wieder zurückbringen?
 

Kurz entschlossen schnappte ich mir Glowys Hand und wünschte mich zurück nach Lórien.
 

„Hey, Cala, was ist los?“
 

“Es klappt nicht!” schnaufte ich verärgert.
 

„Was klappt nicht?“ Glowys Gesicht sah wie ein eckiges Fragezeichen aus.
 

„Omi meinte, ich wäre schuld, dass wir hier gelandet sind. Meine neue besondere Fähigkeit oder so ein Mist“, antwortete ich frustriert.
 

Glowys Augen wurden groß. „Wow... was genau hast du denn getan, bevor wir hierher transportiert wurden?“
 

Ich dachte nach. „Ich hab die Augen geschlossen und mir Schottland vorgestellt.“
 

Nach ein paar weiteren, vergeblichen Versuchen gab ich es auf, und wir trotteten schweigend nebeneinander her.
 

Die Stunden vergingen, die Sonne berührte fast den Horizont und es war immer noch kein Haus in Sicht.
 

Langsam wurde es auch mir mulmig. Ich hatte mehrmals versucht, mit Omi Kontakt aufzunehmen, aber erfolglos.
 

Plötzlich bebte es. Das nahe Donnern von Hufen. Sehr vielen Hufen.
 

Glowy und ich sahen uns erschrocken an. Leider gab es weit und breit keine Möglichkeit, sich zu verstecken.
 

Mein Herz sprang fast aus der Brust, als eine ganze Armee von Reitern über den nächsten Hügel auf uns zu geritten kamen. Es waren Krieger. Sie alle trugen Rüstungen, Schilde und Schwerter und auf einem Banner war ein Wappen abgebildet. Es sah nicht unbedingt schottisch aus...
 

,Cala? Cala, wo seid ihr?’
 

Meine Gedanken waren wie leergefegt. Die Reiter kamen immer näher und die Pferde wurden stetig langsamer. Bald schon hatten sie uns erreicht.
 

„Die Rohirrim“, flüsterte Glowy ehrfurchtsvoll.
 

,Cala?’
 

Wir waren tatsächlich in Rohan. Anscheinend konnte ich mich nur innerhalb Mittelerdes wegbeamen, sonst wäre ich jetzt irgendwo im schottischen Hochland.
 

Ich wusste, dass Omi meine Gedanken gelesen hatte und nun wusste, wo wir waren; trotzdem antwortete sie nicht. Allerdings spürte ich eine Welle der Angst, die eindeutig nicht von mir stammte. Was fürchtete Omi?
 

Der vorderste Reiter sprang vom Pferd und nahm seinen Helm ab. Ich war dann doch leicht überrascht, Beau vor mir stehen zu sehen. Mit einem tiefen Stirnrunzeln betrachtete er uns. Er schien nicht sonderlich glücklich darüber zu sein, uns mitten im unbewohntem Gebiet zu sehen.
 

Nachdem wir ihm kurz und knapp erzählt hatten, was geschehen war, beorderte er, da kein Pferd mehr übrig war, einen Krieger herbei, hinter dem ich auf dem Rücken seines Pferdes Platz nehmen sollte, während Glowy bei ihm mitritt.
 

Grummelnd kam ich dem nach.
 

„Warum seid Ihr eigentlich hier?“ fragte ich ohne Umschweife. „Solltet Ihr nicht in der Schlacht gegen Lephisto sein?“
 

Beau aka Eomer warf mir einen kurzen Blick zu, während er Glowy beim Aufsteigen half.
 

„Der Krieg ist vorüber“, sagte er. „Lephisto hat sich zurückgezogen. Meine Männer und ich sind gerade auf dem Rückweg nach Edoras. Ich habe einen Boten nach Lothlórien geschickt.“
 

Ich fühlte mich wie vom Donner gerührt. „Lephisto hat sich zurückgezogen? Einfach so?“
 

Eomer saß hinter Glowy auf und wartete, bis der vor mir sitzende Herr das Pferd neben das seinige gelenkt hatte.
 

„Prinz Elrohir will einen Boten gesehen haben, der Lephistos Lager gegen Mittag erreichte. Er glaubt, dass sein Rückzug etwas damit zu tun hat.“
 

„Elrohir...“ murmelte Glowy. „Wie geht es ihm? Und Púren? Gimli? Tulu? Geht es ihnen gut? Sind sie verletzt?!“
 

Eomer schmunzelte leicht angesichts des Sturmes an Fragen. „Sie sind wohlauf. Nach dem Ende der Schlacht haben sie sich auf den Weg zurück nach Lothlórien gemacht.“
 

Glowy stellte weitere Fragen, doch ich hörte nicht mehr zu. Wie versteinert starrte ich den Ring an meinem Finger an.
 

Ich erinnerte mich. An alles.
 

"Wie ich sehe, trägst du den Ring." Zwei überraschend jung und faltenlos aussehende Hände kamen irgendwo aus den Tiefen seiner Ärmel hervor, deren Finger sich ineinander verschlangen. "Gut, gut."
 

An diese in einen Umhang gehüllte Gestalt im Wald, nachdem Legolas so komische Dinge im Wald gedacht hatte.
 

"Bist du sicher, dass du das Erbe deiner Familie antreten willst? In Lórien bleiben bis ans Ende deiner Tage und die Erde, deine wahre Heimat, einfach aufgeben? Denkst du wirklich, dass das die richtige Entscheidung ist?"
 

Wer auch immer er gewesen war; er war derjenige gewesen, der mir den Ring gegeben hatte.
 

"Du solltest nichts tun, was du nicht willst. Deine Loyalität zu deiner Familie sollte dich nie daran hindern, diejenige zu sein, die du bist. Und du bist definitiv nicht dazu auserkoren, brav über Lórien zu herrschen und einen deinem Status angemessen Mann zu ehelichen."
 

Und Ben wusste das. Ben wusste, dass dieser Ring Kräfte besitzt. Dass er mir schaden könnte.
 

"Denk darüber nach...nimm nicht immer Rücksicht auf die anderen - tu, was du willst! Genieße deine Freiheit, vielleicht noch ein letztes Mal. Geh fort von hier..."
 

Dieser Fremde hatte mir diesen Ring mit genau dieser Absicht gegeben: um mir zu schaden.
 

Es war kein Zufall, dass ich in Rohan gelandet war. Edoras war die Hauptstadt, wie Eomer gerade sagte. Lephistos Armee schlug erstmals in Edoras zu. Ben... war zuerst in Edoras, bevor er nach Lórien kam.
 

Meine Hand zitterte.
 

Nicht meine besondere Fähigkeit hatte uns hierher gebracht, oh nein, dieser Ring hatte es getan.
 

Er hatte mich direkt in die Arme von Lephisto bringen wollen.
 

Und Ben hatte es gewusst.
 

~~~~
 

Das Kapitel ist eher langweilig... ist aber leider ein nötiges Kapitel, da es auf das nächste aufbaut. -zwinker- Hoffe, ihr seid nicht zu enttäuscht.

Die vier Rückblicke am Schluss dieses Kapitels sind Abzüge aus Kapitel 13; nur falls ihr es noch mal nachlesen wollt. Cala erinnerte sich ja zuerst nicht daran, was vor dieser Ohnmacht passiert ist, aber jetzt ist diese Erinnerung zurückgekommen.

Dass Cala so durcheinander ist beim Training und somit ihre Fähigkeit weckt ist vielleicht etwas plötzlich, aber aus Calas Sicht gesehen nicht: Sie steigert sich gerne in die Sachen rein, und nimmt man mal ihre Angst um ihre Freunde im Krieg, ihre verwirrenden Gefühle und der noch verwirrendere Streit mit Legolas, der immer geheimnisvoller werdende Ben und das Training mit Aufgaben, die sie nicht tun will, tut Cala, was Cala eben immer tut: weglaufen. Und das hier eben in Form von wegbeamen. :)

Ein paar Wahrheiten hier, ein paar (Ein)Geständnisse da...

Disclaimer: Tolkien gehört alles und mir nichts, ich verdiene kein Geld mit der Story und die Handlungen sind frei erfunden
 

Anmerkung der Autorin: Entschudligt die Verspätung. Ich hatte das Kapitel eigentlich schon längst hochladen wollen, aber ich war mir bei einer Szene am Schluss nicht sicher, wie weit ich da gehen soll. Sorry, Leutz. :) Harry Potter gehört mir übrigens auch nicht.
 


 


 

19. Kapitel

Ein paar Wahrheiten hier, ein paar (Ein)Geständnisse da...
 

Auf dem Weg nach Edoras lernte ich Beau ein bisschen besser kennen. Er war eigentlich ganz in Ordnung – solange er nicht Glowy anschmachtete wie ein liebesdoller Zwergpudel.
 

Die Landschaft war dafür leider, äh, langweilig. Hatten die Menschen hier denn gar keine Bäume?!
 

Allerdings konzentrierte sich Klein-Cala nicht allzu sehr auf ihre Umwelt, denn ich war kurz davor, in ernsthafte Panik auszubrechen.
 

Ich holte tief Luft und versuchte meine ungewollten, ungewaschenen und unrasierten Begleiter mit strohigen Koteletten auf dem Kopf genauer in Augenschein zu nehmen, aber es wollte mir einfach nicht gelingen.
 

Immer wieder musste ich an Ben, den Ring an meinem Finger und Lephisto denken – und an die Tatsache, dass es eine Verbindung zwischen diesen dreien gab. Und das war genau der Punkt, der mich in Panik versetzte und den ich am liebsten weit von mir weggeschoben hätte.
 

„... du wirst ja eh, sobald du dieses Zimmer verlassen hast, so tun, als hätten wir dieses Gespräch nie geführt. So machst du es doch mit allen Ereignissen, die dir zu nahe treten.“
 

Ja, okay, Leggiltäublein hatte Recht gehabt. Na und? Er war schließlich auch nicht perfekt.
 

Hmpf. Männer. Langsam hatte ich die Nase gestrichen voll von ihnen allen.
 

Meine beste Freundin dagegen schien meine Probleme nicht zu haben. Sie wirkte ziemlich zufrieden damit, sich an Eomer zu schmiegen und ihn anzuhimmeln.
 

Okay, ja, ich war neidisch. Aber mein Liebesleben war ja auch das reinste Desaster. Glowy hatte immerhin nur einen treudoofen, zotteligen, ungepflegten Menschen-Mann, um den sie sich kümmern musste, welcher zufällig auf der Stelle auf sein Lieblings-Hottehü-Spielzeug verzichtet hätte für sie.
 

Ich auf der anderen Seite hatte Ben, welcher mich an Lephisto verkauft hatte und dessen Herkunft ich langsam anzuzweifeln begann; und Legolas, ein komplizierter Elbenprinz, der mir das Blaue vom Himmel jaulen konnte, nur um bei der nächstbesten Gelegenheit einem anderen Rock nachzusteigen.
 

Wieso geriet eigentlich immer nur ich an die Männer mit gespaltener Persönlichkeit?! Hatte ich irgendwo ein Schild auf dem Rücken kleben oder eine Leuchttafel über meinem Kopf hängen?!
 

Vielleicht war ich auch einfach nur Erus persönliche Entertainerin...
 

Glowys doch sehr lautes Aufseufzen, das ich immerhin über den Lärm der Hufe von den Pferden hinweg hören konnte – Mann, mimt sie jetzt das Burgfräulein oder was? – lenkte meine Aufmerksamkeit auf die Stadt vor uns: Edoras.
 

Die gesamte Armee nahm sich einen Moment lang die Zeit, in andächtigem Stolz zu schwelgen. Pferde und Reiter blieben ehrfurchtsvoll still und Glowys Seufzen war in der aufkommenden Stille umso deutlicher zu hören.
 

Äh, okay... Ich fühlte mich ein wenig fehl am Platz. Ich mein’, jo, wir waren in Edoras, Stadt der Pferdeherren und so... aber was bitte war daran so besonders?!
 

Der elbische Palast in Lothlórien war viel schöner, eleganter und geschickter gebaut.
 

Dies hier war einfach nur eine Stadt. Der Menschen. Mittelalterlicher Menschen. Mit der Goldenen Halle von Meduseld, dem Königspalast. Welcher echt protzig war im Vergleich zum Palast in Caras Galadhon.
 

Glowy schien das nicht zu bemerken. Als wir kurz darauf die Goldene Halle von Meduseld durchquerten, war meine beste Freundin außer sich vor Freude.
 

Beau ließ ihr aufgeregtes Gequietsche geduldig über sich ergehen, – obwohl ich ihn dabei erwischte, wie er bei jedem ihrer Worte die Brust ein wenig stolzer herausstreckte – während er hoheitsvoll ein paar Befehle erteilte; unter anderem, dass Glowy und mir zwei Zimmer hergerichtet werden sollten.
 

Als Glowy langsam schon heiser wurde vom vielen Quieken und Juchzen in ungesunden Tonhöhen, ließ Beau für uns und ein paar andere auserwählte Adlige ein schnelles Mahl zubereiten, bevor er uns eine Tour durch den Palast vorschlug.
 

Ha, ich wusste genau wovon er sprach. Zwinker, zwinker. Ich lehnte ab und versicherte den beiden Turteltäubchen, dass sie alleine losziehen sollten – hey, viel verpassen würde ich eh nicht, da sie mit dem Rundgang wahrscheinlich ohnehin nicht weiter als bis zu Beaus königlichen Gemächern kommen würden...
 

Ich derweil hatte Wichtigeres zu tun.
 

Im Schneidersitz auf meinem Bett sitzend starrte ich den Ring auf meinem Kopfkissen an.
 

Was sollte ich jetzt bloß damit tun? Ich konnte nicht genau wissen, ob er böse Kräfte besaß. Ich konnte nicht einmal mit hundertprozentiger Sicherheit sagen, ob er überhaupt von Lephisto war.

Und wie man ihn zerstören konnte, davon hatte ich erst recht keine Ahnung.
 

Mmh, im Grunde genommen stützten sich meine Vermutungen nur auf chronische Paranoia und ausgeprägte Fantasie. Eigentlich hatte ich also gar keinen Grund, ihn loswerden zu wollen.
 

Doch Bens Worte, Glowys und mein Ortswechsel nach Rohan – das alles schmeckte mir gar nicht.
 

Warte mal... Ben... Rohan... Edoras...
 

Ben war von Edoras aus nach Lórien gekommen. Er war von der Erde aus zuerst in Edoras gelandet.

Und Lephisto – er hatte seine Überfälle zuerst in Edoras gestartet, bevor der Krieg ausbrach.
 

Konnte es tatsächlich sein, dass Ben hier ganz in der Nähe war? Vielleicht in der Nähe seines Transportmittels zur Erde? Und Lephisto... konnte er auch immer noch hier irgendwo in Rohan sein?
 

Ein unheimlicher Schauer lief mir den Rücken hinab.
 

Dennoch packte mich unerwartet Entschlossenheit.
 

Ja, ich würde herausfinden, wie Ben zwischen Mittelerde und Erde hin- und herreiste. Denn wenn Ben Ben diesen Weg benutzte, und er mit Lephisto gemeinsame Sache machte, so benutzte auch er ihn – Omi hatte ja gesagt, dass Lephisto einige Zeit auf der Erde verbracht hatte – und es war wichtig, diesen Durchgang zu finden.
 

Ich stopfte den Ring unter mein Kopfkissen und stand auf.
 

So viele Möglichkeiten zwischen den beiden Welten zu reisen, konnte es ja nicht geben, sonst wäre das bekannt. Ob es hier in Edoras wohl auch einen Spiegel gab, durch den man gehen und auf die Erde gelangen konnte?
 

Mmh.
 

Für alles bereit, verließ ich den Königspalast und durchkämmte die Stadt, welche vom spärlichen Licht des aufgehenden Mondes beleuchtet wurde. Ich hatte keinen Schimmer, wonach ich eigentlich suchte, aber irgendwo musste ich ja anfangen.
 

Unterwegs kamen mir ein paar grölende und torkelnde Männer entgegen. Sie trällerten irgendwelche rohanischen Volkslieder, die bestimmt selbst im nüchternen Zustand nicht viel besser klangen. Ich mein’, wer wollte schon freiwillig endlose Strophen über irgendwelche Pferde hören?!
 

Elbenlieder dagegen sind ja so viel melodischer und geistreicher und, äh, melodischer?
 

Wieso verglich ich eigentlich andauernd die Menschen mit den Elben? Und wieso schnitten die Elben dabei so gut ab? Bis vor kurzem hatte ich immerhin noch geglaubt, ein Mensch zu sein... Akzeptierte und bevorzugte ich mich mein Dasein als Elbe dem eines Menschen? Und wollte ich etwa Prinzessin sein?
 

Ich schob die Gedanken beiseite.
 

Jetzt waren erst mal Ben und Lephisto dran.
 

~~~~~
 

Stunden, mehrere Annäherungsversuche von betrunkenen Menschen – müssen die sich eigentlich alle in den Ich-habe-Mundgeruch-und-bin-stolz-drauf-weil-ich-PersonXY-unter-den-Tisch-gesoffen-habe-Status versetzen? – und drei Wutanfälle meinerseits später, war ich immer noch nicht viel weiter.
 

Am liebsten hätte ich geschrieen, so frustriert war ich. Ich stieg über einen kleinen Berg regungsloser Männer, die den Boden offenbar als besonders geeignet zum Rausausschlafen befanden, und tapste weiter die Straße entlang.
 

Es war echt zum Mäusemelken. Irgendwo musste doch in dieser Stadt ein ungewöhnlicher oder hervorstechender Gegenstand sein, der groß genug war, um einem Menschen, Elben, Ork, usw als eine Art Transportmittel dienen zu können.
 

Hmpf. Mir fehlte einfach die Geduld für eine Suche nach der berühmten Stecknadel im Heuhaufen. Konnte Eru sich nicht verdammt noch mal, dazu herablassen, mir ein Zeichen zu schicken? Seiner Lieblingsentertainerin ein bisschen unter die Arme zu greifen? Mmh?
 

Ich blieb einen Augenblick lang stehen und sah hoch in den dunklen Himmel.
 

Nichts geschah.
 

Grummel.
 

„Cala?“ Ich verdrehte die Augen. Also wenn das Erus Zeichen sein sollte, war er ein echt erbärmlicher Helfer. „Cala, was machst du denn hier?“
 

Ich drehte mich zu Glowy herum. „Spazieren gehen, was sonst? Da ich ja schon mal hier bin...“
 

Glowy verengte die Augen zu Schlitze.
 

„Wo Edoras doch so eine schöne Stadt ist“, ergänzte ich hastig, doch es half nichts. Ihr Misstrauen wuchs nur.
 

„Du verschweigst mir doch etwas“, sagte sie anklagend. „Was ist wirklich los, dass du alleine im Dunkeln hier herumläufst?“
 

Ich ließ die Schultern hängen und gab mich geschlagen. Vielleicht wäre es sogar ganz gut, wenn ich mit jemandem über die ganze Sache reden würde.
 

„Erinnerst du dich daran, dass Omi erzählt hat, Lephisto hätte mehrere Jahre auf der Erde gelebt? Irgendwie muss er ja zwischen den beiden Welten gereist sein und ich bezweifle stark, dass er dafür Omis Spiegel in Caras Galadhon benutzt hat. Das würden wir ja wissen.“ Glowy nickte verstehend, dass sie mir soweit folgen konnte.
 

„Hast du vielleicht auch mitbekommen, dass Ben sagte, der erste Ort in Mittelerde, an dem er war als er hier landete, Edoras war?“ Glowy schüttelte überrascht den Kopf. „Ben war zuerst in Edoras und kam dann erst nach Lórien“, erklärte ich. „Es muss hier also einen weiteren Weg geben, zur Erde zu reisen, den sowohl Ben als auch wahrscheinlich Lephisto benutzen können.“
 

Glowy verdauet die Information mit erstaunlicher Ruhe, sagte aber nichts dazu. Stattdessen sah sie mich nachdenklich an. „Du misstraust Ben. Wieso?“
 

Erschöpft fuhr ich mir mit beiden Händen über das Gesicht. Warum musste meine beste Freundin ausgerechnet wie ein Pitbull sein, der nie locker lässt?
 

„Was ist wirklich passiert, als er sich von dir verabschiedet hat?“
 

Ich atmete tief durch und erzählte schließlich, was in der Nacht zuvor passiert war und welche Vermutungen ich hatte. Die Sache mit Bens "unaussprechlicher Tat" ebenso. Obwohl es ja eh nur eine Lüge gewesen war. Trotzdem tat es gut, auch das loszuwerden.
 

Glowy fuhr sich mit einer ihrer zitternden Händen durch das Haar und lächelte etwas wacklig. „Oh, das, äh, hätte ich jetzt nicht erwartet. Nun ja, das mit der Liebeserklärung schon, ich hatte mir so etwas in der Art bereits gedacht, und jetzt verstehe ich wenigstens auch Legolas’ seltsames Benehmen von heute Morgen-„ Luft holen nicht vergessen, Glowy. “–aber das mit dem Ring und seiner Warnung... Ich würde ja gerne sagen, dass ich mich darüber freue, Recht mit meinem Misstrauen gehabt zu haben, was Ben betrifft, aber ich kann es nicht. Es tut mir so leid, Cala, dass ausgerechnet der Junge, in den du verliebt bist, ein Komplize von Lephisto ist. Du musst ja so enttäuscht sein.“
 

Ihr penetranter Blick, als wollte sie mich mit ihren Augen auf irgendwelche Anzeichen von Depressionen, Selbstzerstörungstrieb oder gar Frustessenswahn durchleuchten, bereitete mir leichtes Unbehagen. Dabei war sie doch diejenige, die so aussah, als würde sie jeden Moment an meiner Stelle in Tränen und selbstbemitleidenden Reden über die Ungerechtigkeit des Lebens ausbrechen.
 

Beste Freundinnen konnten ja so anstrengend sein... Jetzt sollte ICH auch noch SIE trösten?!
 

Ja, heidewizka.
 

Ungeschickt klopfte ich ihr auf den Rücken. „Ähm, mir geht es gut, Glowy. Ehrlich. Ich bin nicht traurig wegen diesem Lügner. Ich mache mir Sorgen um Mittelerde und die Erde. Seine L- „unaussprechliche Tat“ ist mir etwas unangenehm, aber sonst beschäftigt mich mehr seine Verbindung zu Lephisto.“
 

Glowy vergaß auf einmal all ihre Trauer und fing zu strahlen an. „Du bist über ihn hinweg! Du bist nicht mehr in ihn verliebt! Du hast keine Gefühle mehr für Ben! Deshalb kannst du mit seiner Liebeserklärung nicht umgehen! Na ja, nicht, dass du sonst Meisterin in Gefühlsdingen wärst – autsch! Ist doch wahr... – aber das ist wundervoll! Ach, Cala, ich bin ja so froh!“
 

Freudestrahlend zerquetschte sie mich fast in ihrer darauffolgenden Umarmung, bevor sie mit leuchtenden Augen tatkräftig in die Hände klatschte.
 

Während das Blut langsam wieder auch in meine eingequetschten Gliedmaßen floss, schien mein armes, überstrapaziertes Gehirn ein paar dauerhafte Schäden davongetragen zu haben. Oder mehrere Gehirnzellen hatten bei Glowys Quietschen aufgrund unelbischer Arbeitsbedingungen einfach kapituliert. Jedenfalls hatte ich enorme Schwierigkeiten, Glowys Gedankengänge nachzuvollziehen.
 

„Glowy... sag mal, wovon sprichst du...? Ich-“
 

„Papperlapapp!“ rief sie und lachte ein wenig hysterisch.
 

Okaaay. War ich die einzige oder war hier noch jemand, der ein wenig Angst vor ihr bekam.
 

Ich beschloss, das Thema fallen zu lassen. Gefühlen sind Gefühle, also Dinge, die man fühlt und über die man nicht spricht.
 

„Wie auch immer, ich muss jetzt weitersuchen.“
 

„In Ordnung, ich komme mit“, sagte sie fröhlich und hakte sich bei mir unter.
 

Dümmlich starrte ich sie an. „Willst du dich nicht kreischend im Königspalast vor Lephisto verstecken, am besten noch unter Beaus Bettdecke? Ich mein’, du hilfst mir, freiwillig, ohne auszuflippen, trotz möglicher Gefahren für dein leibliches Wohl und stehst voll und ganz hinter mir? Wow, das habe ich ja noch nie erlebt.“
 

Meine Worte sollten meine ehrliche Verwunderung zum Ausdruck bringen, aber nicht sie verletzen. Trotzdem zuckte sie zusammen und sah mich traurig an.
 

Ich bereute meine Worte. Wir waren zwei Musterbeispiele von komplexen Frauen und führten folglich eine komplexe Freundschaft – doch trotz allem waren wir beste Freundinnen und ich wollte ihr nicht absichtlich wehtun.
 

Schon wollte die Schärfe meiner Worte mildern, als Glowy bereits zu einer Antwort ansetzte.
 

„Ich weiß, ich hab’ mich schon einmal dafür entschuldigt, falsch reagiert und dich im Stich gelassen zu haben, und kann nur hoffen, dass du siehst, dass ich es in Zukunft besser machen will. Ich glaube, Omi hat mir mein Versprechen nicht ohne Hintergedanken abgenommen, dass ich dich immer unterstützen soll, und mir ist jetzt erst klar geworden, was für eine schlechte Freundin ich gewesen bin. Ich hoffe, du verzeihst mir und nimmst meine Hilfe an.“
 

Oh Eru, viel zu viel Gefühlsduselei für Klein-Calas armes Gemüt in letzter Zeit... okay, okay, ich geb’s ja zu, ein klein wenig gerührt war ich ja schon...
 

Ich nickte heftig und für einen Moment schwelgten wir beide in der gern benutzten, melodramatischen Flut an Emotionen.
 

Dann endlich wandten wir uns dem Wesentlichen zu.
 

Glowy räusperte sich. „Was willst du eigentlich mit dem Weltenreisegegenstand tun, wenn du ihn gefunden hast?“
 

Äh... soweit hatte ich in meinem heldenhaften Patriotismus noch gar nicht gedacht... „Das werde ich wohl erst dann entscheiden, wenn ich ihn gefunden habe. Auf jeden Fall soll weder Ben noch Lephisto noch sonst ein Fiesling diesen Weg benutzen können.“
 

Glowy stimmte ernst zu, ehe sie sich mit gerunzelter Stirn auf der Straße umsah. „Aber sag mal, warum fängst du mit deiner Suche gerade dann an, wenn es Abend ist? Wäre es nicht sinnvoller, am Tag bei Sonnenlicht zu suchen? Dann würden wir mehr sehen als mit diesen Fackeln links und rechts des Weges. Und die Wachen würden uns dann sicher auch nicht so ansehen, als wären wir geradewegs von Planet Grüne Männchen hierher gebracht worden.“
 

Zum ersten Mal fielen mir die zotteligen und ungekämmten Menschen unter den Fackeln auf.
 

Oha.
 

Und, äh, darüber, dass es dunkel war, hatte ich ebenfalls nicht nachgedacht...
 

Wie peinlich. Zum Glück waren das hier nicht meine Untertanen, sonst würden sie wahrscheinlich die erste Revolution in der Geschichte Mittelerdes anzetteln... Ich sah Glowy mitleidig an. Sollte es dazu in Rohan kommen, würde Lothlórien das rohanische Königspaar natürlich mit allen Mitteln unterstützen. Hach, ich wäre bestimmt eine sehr großzügige und nachsichtige und friedenstiftende Herrscherin... oder, ähm, vielleicht auch nicht.
 

„Lass uns bis morgen warten und nach dem Frühstück weitersuchen. Eomer wird den ganzen Tagen damit beschäftigt sein, die von Lephistos Armee überfallenen Siedlungen im ganzen Königreich beim Wiederaufbau zu unterstützen. Wir hätten also viel Zeit.“
 

Hmpf. Dachte wohl, sie könnte hierher kommen und mit ihrer blöden Logik meinen tollen, spontanen Patriotismus über den Haufen werfen.
 

Ha! Nicht mit mir.
 

„Je eher wird herausfinden, wie sie zwischen den Welten reisen, umso besser. Außerdem wird uns jetzt niemand unangenehme Fragen stellen, da anscheinend alle Bewohner von Edoras sich lieber dumm und dusselig betrinken wollen.“ Ich warf einen Blick zum Wegesrand. „Und die Wachen sind damit beschäftigt, lebende Fackelhalter zu sein.“
 

Glowy grinste. „Lass sie doch, Cala. Sie feiern doch nur den Sieg über Lephisto. Sie haben ein bisschen unbeschwertes Feiern verdient.“
 

~~~~~
 

Ein bisschen unbeschwertes Feiern war gut. Eine knappe Woche später liefen die pferdenärrischen Menschen immer noch tagsüber wie unmotivierte Zombies durch die Gegend, während sie sich nachts bis zur Besinnungslosigkeit betranken.
 

Glowy und ich hatten bisher noch nicht an diesem lustigen und offenbar volkstümlichen Ritual teilgenommen und beschäftigten uns stattdessen mit Ben und Lephisto. Stundenlang grübelten wir über die Informationen und Schlussfolgerungen, die wir hatten, doch brachte uns das auch nicht weiter. Zu viele Fragen blieben unbeantwortet.
 

Unsere Suche nach Bens Hilfsmittel zur Reise auf die Erde war weder am ersten Abend in Edoras noch am nächsten Tag bei Tageslicht erfolgreich. Wir fanden keinerlei Hinweise.
 

An unserem siebten Abend in der Stadt hatte ich schließlich die Nase gestrichen voll. Im wahrsten Sinne des Wortes. Ich fühlte mich unwohl unter all den Menschen. Sie besaßen weder Manieren, noch Anstand, noch Stil – und von der Hygiene wollen wir gar nicht erst anfangen.
 

Glowy zuliebe behielt ich meine Kritik für mich. Sie schien glücklich über diese Fehler der Menschen aus dem Mittelalter hinwegsehen zu können, und Beaus Leben und Untertanen kennen zu lernen. Ihre Augen leuchteten jedes Mal, sobald Beau in ihrer Nähe war. So hatte ich sie noch nie gesehen.
 

Das waren die Momente, in denen ich wünschte in Lórien zu sein. Ich vermisste meine verrückte Familie, den Palast in den Bäumen, die Natur, die exzentrischen Hippie-Elben – und Legolas. Wusste der Geier warum, aber wann immer ich Glowy und Beau zusammen sah, musste ich an ihn denken.
 

Ich schüttelte den Gedanken ab und griff nach dem Bierkrug vor meiner Nase.
 

Ja, an diesem Abend würden Beau, Glowy und ich an diesem sonderbaren Ritual der rohanischen Bevölkerung teilnehmen, denn zumindest ich hatte etwas zu feiern trotz all der Rückschläge in den letzten Tagen.
 

„Wie läuft es mit dem Wiederaufbau?“, fragte ich Beau, den ich seit unserer Ankunft eigentlich nur beim Abendessen sah, weil ich mir morgens die Freiheit herausnahm, das Frühstück zu verschlafen. Hey, ich musste das ausnutzen! In Lothlórien würde ich als arme, pflichtenbeladene Prinzessin nie wieder die Gelegenheit dazu bekommen!
 

„Wir kommen gut voran“, versicherte mir Beau. „Viele der abgeschiedeneren Dörfer sind komplett zerstört, doch es sind nicht wenige, die bereit sind zu helfen. In einigen Wochen werden die Siedler ihr normales Leben fortführen können.“ Er furchte die Stirn. „Was mir Sorge bereitet, sind die Kinder, deren Eltern bei den Überfällen auf ihr Dorf ihr Leben ließen.“
 

Glowy nahm seine Hand und drückte sie mitfühlend. Ein schwaches, aber ungemein zärtliches Lächeln stahl sich auf sein Gesicht, als er auf sie herabsah.
 

Erst das traurige Schicksal vieler Kinder, und dann schnulziges Rumgeturtel – da musste man ja depressiv werden.
 

In einem Schluck trank ich beinahe die Hälfte meines Bieres aus und verspürte fast augenblicklich das alkoholbedingte Kribbeln in meinen Gliedern.
 

Wirklich schade, dass die Bewohner Mittelerdes keine Cocktails kannten...
 

Zwei leere Bierkrüge später und Eru beschloss, mich, seine ganz persönliche Unterhalterin, für einen Abend mit anderen zu teilen.
 

Es war noch recht früh am Abend, aber schon jetzt verspürte ich den schier unbändigen Drang, ganz Mittelerde zu umarmen und mit Liebe zu überschütten. Und besonders die Elben. Die waren ja so was von knuddelig, schnuffelig, wuffelig, wuschelig süß...
 

„Meinst du, Arwenchen ist noch böse auf mich?“, fragte ich Glowy traurig, denn der Gedanke, jemand könnte in diesem Moment nicht umarmen wollen, machte mich einfach nur traurig.
 

Glowy kniff mir liebevoll in die Wange, während sie kicherte. „Arwen hat sich inzwischen bestimmt beruhigt“, meinte sie. „Sollte sie tatsächlich noch böse auf dich sein, wenn wir zurück in Lórien sind, dann zieh ich ihr die Spitzöhrchen lang.“
 

Sofort hatte ich das Bild Arwens mit Hasenohren vor Augen. Hehe.
 

„Was ist mit Legolas?“, fragte ich neugierig. „Wirst du ihm dann auch die spitzen Ohren lang ziehen?“
 

Glowy lachte herzhaft, während Beau hellhörig wurde. Er warf einen fragenden Blick zu Glowy, doch die war damit beschäftigt, sich die Lachtränen vom Gesicht zu wischen.
 

„Was ist mit Prinz Legolas?“, wagte er es schließlich zu fragen.
 

„Er ist auch böse auf mich“, schmollte ich.
 

Glowy hielt sich die Hand vor den Mund, doch ihre Schultern zuckten verdächtig. Von ihrer Reaktion irritiert, wandte sich Beau wieder an mich.
 

„Wieso sollte er böse auf Euch sein? Er hat stets immer nur voll Bewunderung für Euch gesprochen.“
 

Ich verzog das Gesicht. „Tja, nun nicht mehr. Und bitte duzt mich, ja? Da ich die beste Freundin Eures Herzblattes bin, sollten wir diese Höflichkeitsformeln weglassen.“ Sowohl Beau als auch Glowy liefen rot an. Hach, wie süß. „Legolas mag mich nicht mehr“, wiederholte ich überflüssigerweise.
 

Beau wirkte ehrlich überrascht. „“Warum sollte er? Und bitte, nenne mich Eomer.“
 

„Ich hab’ ihm gesagt, dass er mir egal ist.“
 

Der König von Rohan sah mich völlig entsetzt an. „Und ist es wahr? Ist er dir egal?“
 

Ich überlegte eine Sekunde. „Nein“, jammerte ich armselig. „Aber wir hatten einen Streit und er hat ein paar gar nicht nette Sachen gesagt und nun hasst er mich.“
 

Glowy machte ein seltsam ersticktes Geräusch, als sie sich jetzt beide Hände auf den Mund presste und ihr Kopf eine ungesunde Rotfärbung annahm.
 

Beau schien nun ebenfalls amüsiert zu sein über mein uncharakteristisches Benehmen, riss sich aber nach einem kurzen Räuspern wieder zusammen.
 

„Das Herz eines Elben ist nicht wankelmütig“, begann er vorsichtig. „Nur wegen eines Streites werden sich seine Gefühle für dich nicht ändern.“
 

Hoffnungsvoll sah ich zu ihm auf. „Es war ein ziemlich böser Streit.“
 

Beau lächelte. „Nichts und niemand wird seine Gefühle für dich ändern können.“
 

Ich kniff die Augen zusammen. Selbst im leicht besoffenen Zustand merkte ich, dass da etwas im Busch war. „Du verschweigst mir doch etwas!“
 

Der König von Rohan schaute auf einmal schrecklich spitzbübisch drein. „Ich werde nichts mehr darüber preisgeben. Prinz Legolas wird es dir schon selbst sagen, sobald er bereit dazu ist.“
 

Ich war echt ’ne Niete als Pitbull...
 

Ich rollte mit den Augen. „Falls du damit sagen willst, dass Legolas an mir interessiert ist, ist es zu spät. Glowy hat mir von dieser Theorie bereits erzählt und ich glaube sie nicht. Immerhin hat er ja Lady B...“
 

Während Glowy ihren Freund darüber aufklärte, wer Lady B war, beschloss ich nach draußen zu gehen, um das Schwindelgefühl loszuwerden, das vor kurzem eingesetzt hatte.
 

Die beiden Turteltäubchen bemerkten meine Abwesenheit zum Glück nicht, als sie in den Augen des jeweils anderen versanken...
 

Ugh.
 

Sobald ich den ersten Schritt aus der Schänke hinaus ins Freiie gemacht hatte, traf mich die klare, kalte Nachtluft wie ein Schlag ins Gesicht. Für einen Moment wurde das Schwindelgefühl nur noch stärker und ich glaubte, mich gleich übergeben zu müssen – was für hochprozentigen Alkohol hatten die hier eigentlich in Mittelerde?! – doch dann wurde es langsam besser. Ich lehnte mich mit dem Rücken an die Hauswand und atmete tief die klare, wohltuende Luft ein.
 

Bis ich bemerkte, dass ich beobachtet wurde.
 

Eine Gruppe betrunkener Männer auf der gegenüberliegenden Straßenseite hatte mich ins Visier genommen. Als sie erkannten, dass ich zurückstarrte, versuchten sie eine schwungvolle, höfliche Geste zur Begrüßung – welche konnte ich beim besten Willen nicht erkennen – zu vollbringen und kippten alle der Reihe nach wie Dominosteine schwungvoll zu Boden.
 

Ich gluckste belustigt. Männer.
 

Trotz all meiner Bemängelung musste ich zugeben, dass die Menschen in Edoras eigentlich ganz nette Leute waren. Auf jeden Fall waren sie hilfsbereit, freundlich und offen.
 

Dennoch fehlte etwas.
 

Es war einfach seltsam in Edoras. Alles war so... menschlich. Es sah fast so wie auf der Erde aus. Okay, zwar wie die Erde im Mittelalter, aber trotzdem. Keine Spitzohren. Keine pseudo-eleganten Besserwisser mit Hippie-Frisuren. Nur bärtige, zottelige Menschen.
 

Es war einfach seltsam. Man gewöhnt sich eben an diese nervtötende, wir-sind-alle-Blondinen-und-stolz-drauf Spezies.
 

Ich seufzte und sah hoch zum weiterwandernden Mond – alles nur Show, als ob ich einen blassen Schimmer davon hätte, die Uhrzeit am Stand der Sonne/ des Mondes abzulesen. Aus Lust und Laune heraus entschied ich, dass es bereits nach Mitternacht sein musste. Ich kam mir vor wie Harry Potter – ja, ja, wir armen, missverstandenen Helden – als ich zu singen begann: „Happy birthday to me. Happy birthday to me…”
 

Nein, so hatte ich mir meinen 18. Geburtstag ganz und gar nicht vorgestellt. Hmpf. Ich hatte keine Party, keine Familie oder Freunde, keinen Kerl und vor allem keine Geschenke!
 

Das Leben war ja so ungerecht.
 

„Cala?“
 

„Waah!“ Erschrocken machte ich einen Satz nach vorne und hielt mir eine Hand vor die Brust. Schnell wirbelte ich herum und meine Augen weiteten sich nur noch mehr, als ich sah, wer da vor mir stand. Na ja, den fehlenden Kerl konnte ich jetzt zumindest schon mal von der Liste streichen... „Legolas?! Was machst du denn hier?“
 

Seine Augen verengten sich, als er mich eingehend musterte.
 

Mein verräterisches Herz wollte nicht aufhören, schnell zu schlagen.
 

„Wir erreichten Edoras vor wenigen Stunden. Wir waren besorgt, als wir euch zu dieser späten Stunde nicht in euren Gemächern finden konnten.“ Sein Blick wanderte noch einmal prüfend über meine Gestalt, so als würde er mich nach etwaigen Verletzungen absuchen.
 

Er war besorgt! „Wir?“ Er war besorgt! Aber autsch, er hatte nicht gesagt, dass er sich Sorgen um mich gemacht hatte...
 

Ich hasse Männer. Wieso müssen es immer wir Frauen sein, die jedes Wort von diesen zurückgebliebenen Neandertalern dreimal umdrehen und stundenlang versuchen zu analysieren, wieso sie den Satz gerade so gesagt haben, wie sie ihn gesagt haben.
 

Hmpf. Wahrscheinlich interessierte sich Legolas nicht die Bohne für mich und war nur auf Omis Befehl hin hier.
 

„Tulu, Púren, Prinz Elladan und Prinz Elrohir, Haldir und ich.“
 

Ich runzelte die Stirn. „Sind das nicht ein wenig viele, nur um sicherzugehen, dass es Glowy und mir gut geht?“
 

„Lady Galadriel wünschte es so; zudem sind wir hier, um euch sicheres Geleit zurück nach Lothlórien zu gewähren.“
 

Okay, großes autsch. Er war tatsächlich nur wegen Omi hier und nicht wegen mir...
 

Ich biss mir auf die Unterlippe und senkte den Kopf. Deshalb zuckte ich erschrocken zusammen, als Legolas plötzlich direkt vor mir stand und mich fest an den Schultern packte.
 

„Wie kannst du das nur glauben? Weißt du denn nicht, warum ich wirklich hier bin? Selbst ohne Lady Galadriels Bitte wäre ich gekommen.“
 

Verwirrt blinzelte ich seine stürmischen, blauen Augen an. „Ach ja? Und wieso- hey, ich habe nichts davon laut ausgesprochen!“
 

Seltsame Wärme überzog sein Gesicht. „Du hast offenbar unbewusst eine deiner Fähigkeiten benutzt und mir deine Gedanken ohne zu sprechen mitgeteilt.“
 

Ah, Mist. Nicht gut. Überhaupt nicht gut.
 

„Das ist nicht schlimm“, sagte er unerwartet. „Wenigstens bekomme ich so einen Einblick darin, was du denkst.“ Ich wollte ihn schon wütend anfahren, als er mir einen sanften Kuss auf die Stirn drückte. „Ich bin wegen dir hier, Cala. Nur wegen dir. Ich hatte Angst um dich.“
 

Mmh, vielleicht taten die Mittelerdler ja Opium oder so in ihre alkoholischen Getränke... würde jedenfalls diese komischen Wahnvorstellungen erklären...
 

„Das ist keine Wahnvorstellung“, widersprach Legolas. „Ich wusste nicht, was geschehen war, dass du so einfach verschwunden bist, und ich fürchtete, du könntest verletzt sein.“
 

Ich versuchte mich aus seiner Umarmung zu befreien, doch es war zwecklos.
 

„Was soll das, Legolas?“, fragte ich ärgerlich. „Am Tag meines Verschwindens schienst du gar nicht genug davon bekommen zu können, mich niederzumachen. Tu ja nicht so, als wäre alles in Ordnung zwischen uns. Du bist mir egal, schon vergessen?“
 

Schmerz überschattete die Wärme in seinen Zügen, doch er gab mich immer noch nicht frei.
 

„Ich habe viele Dinge getan und gesagt, die dich betrafen, die unangemessen waren. Verzeih mir, denn ich wusste es nicht besser.“
 

Ich zappelte verzweifelt herum. „Lass mich los, Legolas! Und hör auf, so komische Sachen zu sagen! Warum tust du das?“
 

Legolas sah furchtbar ernst aus. „Es wird Zeit aufzuhören, feige zu sein. Ich will, dass du weißt, was ich für dich empfinde. Auch wenn du einen anderen Mann bevorzugst. Ich will, dass du weißt, wie wichtig du für mich bist. Und dass ich immer für dich da sein werde. Ich liebe dich, Cala.“
 

Ich starrte ihn an. Etwas in meiner Brust zog sich schmerzhaft zusammen, als ich Legolas’ verzweifelten, aber nichtsdestotrotz entschlossenen Blick auffing. Er hatte mir gerade tatsächlich aufrichtig seine Gefühle gestanden, und das, obwohl er glaubte, ich wäre in Ben verliebt.
 

„Legolas...“, wisperte ich hilflos.
 

„Shht“, schüttelte er den Kopf. „Du musst nichts sagen. Was ich für dich empfinde, habe ich noch nie empfunden und selbst du wirst mir meine Liebe zu dir nicht ausreden können.“
 

„Aber... warum ich? Ich dachte du und Lady B...“
 

Seine Hände verkrampften sich um meine Schultern. „Berethniben und ich kennen uns schon seit sehr vielen Jahren. Sie ist lediglich eine alte Freundin der Familie. Du bist diejenige, die mich von Anfang an fasziniert hat. Deine offene Art, deine Leidenschaft- “, er brach ab und ein trauriges Lächeln umspielte seine Mundwinkel, als er leise fortfuhr: „Ich habe mir gewünscht, dass du eines Tages auch mir Frohsinn in mein Leben bringen würdest.“
 

Ich war einfach nur sprachlos. Meine Gedanken rasten, ebenso wie mein Herz, und die ganze Situation wirkte einfach nur surreal.
 

Er liebte mich.
 

Eine Welle von Glück drohte mich zu überschwemmen und Tränen traten ungewollt in meine Augen, obwohl ich gleichzeitig am liebsten laut und glücklich gelacht hätte.
 

Legolas liebte mich.
 

Abgelenkt von den Gefühlen, die mich durchströmten bei Legolas’ Worten, und bei ein paar unerwarteten und erschreckenden Erkenntnissen betreffend meiner eigenen Gefühle, bemerkte ich nicht, wie Legolas sich langsam vorbeugte.
 

Es war nicht der erste Kuss, den ich bekam, aber bei weitem der gefühlvollste. Legolas jedenfalls schien richtig bei der Sache zu sein, als ich ihn wie zur Eisskulptur gefroren anstarrte. Völlig überrumpelt dachte ich weder daran, meine Augen zu schließen und zu genießen, noch den Kuss zu erwidern. Legolas’ Lippen lagen sanft auf den meinen und es fühlte sich gut an. Es fühlte sich richtig an.
 

Als der Kuss endete und Legolas den Kopf hob, schienen seine blauen Augen heller denn je und ein seltsames Licht strahlte in ihnen, das ich nie zuvor gesehen hatte.
 

„Na, sieh mal einer an, was wir hier haben“, spottete eine tiefe Stimme hinter uns. „Ich dachte, du sagtest, sie wären kein Paar, Bruderherz?“
 

„Das dachte ich auch“, erwiderte eine andere Stimme unsicher. Sie kam mir irgendwie bekannt vor...
 

„Nun, dann werden wir eben die Thronfolger von zwei elbischen Völkern aus dem Weg räumen. Was für eine bessere Rache könnte es geben?“ Das folgende Gelächter der ersten Stimme klang ein wenig verrückt.
 

Legolas behielt seine Arme fest um mich, als ich mich umdrehte.
 

Und obwohl ich es bereits geahnt hatte, war es dennoch ein großer Schock, Ben und einer vermummten Gestalt gegenüber zu stehen.
 

Legolas versteifte sich und trat vor mich.
 

Ben trug schwarze Kleidung; traditionell wie die Südländer, die Saurons treue Diener gewesen waren. Sein Blick saugte das Bild von mir und Legolas auf und ich konnte so viel Reue und Trauer darin sehen... schade nur, dass ich dafür gerade nicht empfänglich war.
 

„Wer seid Ihr?“, knurrte Legolas die vermummte Gestalt an, welche erneut schrill zu lachen anfing.
 

„Ich bin Lephisto“, sagte er hochmütig und zog sich die Kapuze vom Kopf.
 

Iiih, jetzt wusste ich wenigstens, warum er immer einen Mantel mit Kapuze trug...
 

~~~~~
 

Hehe.. tjoa...

Showdown aka Kaffeeklatsch in Edoras

Disclaimer: Tolkien gehört alles und mir nichts, ich verdiene kein Geld mit der Story und die Handlungen sind frei erfunden. Und Referenzen zu Filme oder Personen sind auch nur geliehen!
 


 

20. Kapitel
 

Showdown aka Kaffeeklatsch in Edoras
 

Ich beugte mich etwas nach vorne zu Legolas. „War Sauron auch schon so, ähm, hübsch?“
 

Legolas warf mir einen Blick über die Schulter zu, der besagte, dass mein Kommentar völlig unpassend war, und fixierte lieber unsere beiden Bösewichte.
 

Hmpf. Spaßbremse.
 

Oh, apropos Bösewichte...
 

„Ben, du Verräter“, sagte ich zornig und stemmte die Hände in die Hüften. „Also hatten Arwen und Glowy doch Recht: Du bist ein Komplize von Lephisto!“
 

Ben verzog das Gesicht und wedelte verneinend mit dem Finger. „“Äh, nicht ganz...“ Er rieb sich verlegen den Nacken, während er nach den richtigen Worten suchte, und Lephisto verdrehte ungeduldig die Augen.
 

„Wir sind Brüder.“
 

Mit blinzelnden Augen sah ich von Lephisto zu Ben, welcher sich plötzlich nicht mehr so ganz wohl zu fühlen schien in seiner Haut.
 

„Halbbrüder“, gab er kleinlaut zu.
 

„Erbsenzählerei“, winkte Lephisto ab. Ich zog eine Augenbraue hoch. Lephisto hatte offenbar schon viel zu lange auf der Erde gelebt, dass er jetzt schon typische Redewendungen von den Menschen dort übernommen hatte.
 

Oh, apropos auf der Erde leben...
 

Mein funkensprühender Blick landete erneut auf Ben. „Du hast jahrelang in meiner Nähe gelebt, mein Vertrauen und meine L-l-l, argh, Gefühle erschlichen, nur um mich an Lephisto zu verraten?! Und dann bist du auch noch nach Lórien gekommen! Was wolltest du da? Hattest du noch nicht genug Informationen gesammelt, musstest du noch für mehr herumspionieren? War ich die ganze Zeit nur ein Mittel zum Zweck?“
 

„Nein!“, schrie Ben fast und wollte einen Schritt auf mich zu machen, doch sowohl Lephisto als auch Legolas blockierten ihm den Weg. „Cala, so war das nicht! Ich-ich, ja, ich habe die ganzen Jahre über in deiner Nähe gelebt, aber ich wusste ja nicht, wer du bist! Ich wusste ja nicht, dass du die Prinzessin und Thronfolgerin von Lothlórien bist; das habe ich erst dann erfahren, als ich dich an der Grenze Lothlóriens getroffen habe.“
 

Ich verschränkte die Arme vor der Brust und reckte das Kinn nach oben.
 

„Und das soll ich dir glauben? Nach all deinen Lügen?“
 

Ben zuckte sichtbar zusammen. „Cala-“
 

Lephisto klatschte laut in die Hände. „Dieser ganze Kinderkram hier ist ja wirklich unglaublich spannend“, sagte er sarkastisch, „aber könnten wir uns jetzt wieder wichtigeren Dingen zuwenden? Ich würde euch beide nämlich gerne umbringen, bevor die armseligen Menschen hier aus ihrem Koma erwachen.“
 

Ich spürte wie Legolas’ Finger zuckten, als wären sie bereit, jede Sekunde nach den beiden Zwillingsschwertern an seinem Rücken zu greifen und zu kämpfen. Hat da etwas irgendjemand gewalttätige Anwandlungen? Neeeein... Als ich mir Legolas dann jedoch mal etwas genauer ansah, fiel mir auf, dass er immer noch in voller Reisemontur war. Er hatte sich nicht einmal die Zeit genommen, Mantel und Waffen abzulegen, bevor er mich, äh, ich meine uns suchen gegangen war.
 

Hm. Was sollte Klein-Cala davon jetzt halten? Klein-Cala war denkunfähig – mal, äh, wieder – und konzentrierte sich lieber auf ihren Bilderbuchhelden aka Legolas, der gerade ansetzte zu sprechen.
 

„Warum seid Ihr hier?“
 

Braver Bilderbuchheld, immer das Wesentliche zuerst klären, bevor man sich die Schädel einschlägt.
 

Lephisto klackte genervt mit der Zunge und ich fragte mich ernsthaft, ob er sich nicht nur die Sprüche von der Erde sondern auch die dort heimischen Drogen einverleibt hat. „Habe ich das nicht bereits gesagt? Um die Prinzessin zu töten.“
 

Ach, na klar... Wie konnte Legolas das auch nur vergessen, ich mein, das war ja so offensichtlich...
 

Ein Moment verdauendes Schweigen.
 

Warum immer ich?
 

Unschuldig kaute ich auf meiner Unterlippe herum. „Ich dachte, du wolltest Legolas auch umbringen?“
 

Legolas’ ungläubiger Blick traf mich.
 

„Was?“, fragte ich defensiv. „Ich wollte nur das Wesentliche klären.“
 

Lephisto lächelte diabolisch, was vielmehr abstoßend als einschüchternd wirkte... „Nun, da der Prinz schon einmal da ist... Aber Ihr, mein Prinzesschen, seid meine Priorität.“
 

„Ich fühle mich geehrt“, murmelte ich sarkastisch und versuchte das nervöse Flattern in meiner Magengegend zu ignorieren.
 

Legolas, der immer noch kampfbereit vor mir stand, gab den unkontrollierbaren Zuckungen seiner Hände nach und zog eines seiner beiden Schwerter hervor. Ohne den Blick von Lephisto zu nehmen, befahl er mir: „Lauf zurück zum Palast zu Haldir und den anderen.“
 

Huh? Waren die, äh, Friedensverhandlungen – gab es nicht immer welche vor einem Kampf? – etwa schon vorbei?!
 

Legolas schubste mich sanft rückwärts, dann stürmte er auf Lephisto zu und schwang sein Schwert.
 

Okay, mein Bilderbuchheld mutierte gerade in einen Pitbull, der Blut gewittert hat... wie beruhigend.
 

„Kümmer dich um ihn“, knurrte Lephisto Ben zu und überließ ihn dem Angriff von Legolas. Ben zog rasch sein eigenes Schwert und stellte sich in Kampfposition.
 

„Cala, lauf!“, befahl mir Legolas erneut und versuchte vergeblich, an Ben vorbei zu Lephisto zu gelangen.
 

Für einen flüchtigen Augenblick trafen sich unsere Blicke und mein Entschluss ward gefasst:
 

Ich würde nicht davonlaufen.
 

Ich würde Legolas nicht im Stich lassen, so wie ich es vor kurzem noch bei den bruchtälischen Elben getan hatte.
 

Und ich würde Ben auf jeden Fall alle vier Buchstaben versohlen.
 

Lephisto grinste selbstzufrieden – was aber auch gut sein Versuch von einem einschüchterndem Gesichtsausdruck hätte sein können, wäre sein Gesicht denn ein normales Gesicht – und kam immer näher.
 

Wäre da nicht das gefährlich blitzende, bis aufs krankhafteste geschärfte Schwert in seinen Händen, so käme er mehr wie kindisch schmollender Pilzkopf mit Pickeln vor, der anstatt Todesblicke auszusenden, seine Augen in seltsame Winkel zusammenkniff.
 

Eigentlich brauchte Lephisto gar keine Waffen. Alles, was er tun musste, war, nachtsdurch die Gegend zu laufen und vor armen, vorbeikommenden Leuten sein Gesicht mit einer Taschenlampe anzustrahlen. Umkippen würden die dann schon von alleine... bei dem überwältigenden Anblick...
 

Na gut, okay, so hässlich sah er nun auch wieder nicht aus. Vielleicht sprach da einfach nur die Antipathie für ihn aus mir, oder meine sensiblen, elbischen Sinne ertrugen seine fiese, bösartige Aura nicht.
 

Was ja auch egal.
 

Es wurde auf einmal etwas dunkler um uns herum, als sich ein paar der Fackelhalter vom Wegesrand Lephisto in den Weg stellten.
 

Aber seine verrenkten, schwarzen Äuglein waren nur auf mich gerichtet.
 

Hallelujah.
 

„Ihr!“, brüllte er fast schon hysterisch und fuhr sich mit der linken Hand wild über das Gesicht.
 

Oh. Mir schwante Böses. Hatte er etwa meine Gedanken gehört? Wie ein wild gewordenes Nashorn kegelte er die drei Wachen zwischen uns zur Seite und stürmte weiter auf mich zu, das Schwert drohend erhoben.
 

„Cala!“, schrie Legolas, zog einen Dolch und warf. Er traf Lephisto in der Seite und ließ ihn kurz straucheln, doch er stürmte einfach weiter.
 

Legolas klang jetzt regelrecht verzweifelt und als Lephisto kaum mehr als zwei Meter von mir entfernt war, kniff ich instinktiv die Augen zusammen.
 

Paralysiert stand ich da und wartete auf mein Schicksal.
 

Mein Schicksal ließ sich jedoch viel Zeit, und als ich mich eine halbe Minute später immer noch nicht aufgespießt fühlte, öffnete ich vorsichtig die Augen... und fand mich direkt hinter Legolas’ muskulösen und praktischerweise äußerst Schutz bietenden Schultern wieder.
 

Ahem.
 

Meine Kräfte und, äh, Gedanken schienen etwas verrückt zu spielen.
 

Ich versuchte von Legolas wegzutreten, doch wurde mir kurzzeitig ein wenig schwindlig, sodass ich mich haltsuchend an Legolas’ Tunika festklammerte.
 

Wie von der Tarantel gestochen wirbelte Legolas herum und packte mich an den Armen.
 

„Cala“, sagte er erleichtert. „Geht es dir gut?“
 

Er sah besorgt aus, dass ich für einen Moment glatt vergaß, dass wir nicht alleine waren.
 

Bis das wild gewordene Nashorn erneut auf sich aufmerksam machte. „Nette Fähigkeit“, schnaufte Lephisto leicht verärgert. Legolas stellte sich zum x-ten Mal beschützend vor mich, während Ben, auf sein Schwert gestützt, etwas abseits stand. „Aber sie wird Euch nichts bringen. Ihr könnt sie nicht kontrollieren.“
 

Verwirrt starrte ich auf meine Hände, als mir meine vorangegangene Tat erst richtig bewusst wurde. „Aber... ich trage den Ring doch gar nicht... Wie kann das sein?“
 

Jetzt grinste Lephisto wieder... oder was auch immer er da gerade tat.
 

„Der Ring? Glaubt Ihr etwa, der Ring hätte Euch besondere Kräfte gegeben?“ Ich konnte es nicht fassen! Dieser asymmetrische Troll machte sich über mich lustig?! Ich glaub’ es hackt. „Nein, Eure Hoheit“, spöttelte er. „Der Ring hat nicht die Macht, in seinem Träger Kräfte zu entwickeln oder zu stärken. Allerdings ist es interessant, dass Ihr überhaupt an dem Ring und nicht nur an seinem Käufer gezweifelt habt.“ Er wirkte recht unglücklich, dies zugeben zu müssen. „Ihr hättet auf Euren Instinkt hören und ihn loswerden sollen. Da Ihr es nicht getan habt, wusste ich zu jeder Zeit, wo Ihr seid, und wann ich Euch am besten einen Besuch abstatten sollte. Nachdem Ihr Lórien auf meine Einschmeichelung hin nicht selbstständig verlassen habt.“
 

„Was?!“ Geschockt sah ich ihn an und ignorierte für den Moment die Tatsache, dass Lephisto sich gerade genauso piekfein ausgedrückt hatte, fast genau wie Haldir ó ich-rede-wie-ein-Gentleman-in-der-altwürdigen-Sprache-der-hochgestochenen-und-in-den-Schädel-geboxten-Idioten.
 

Das hieß, meine ganzen Zweifel an meinen Fähigkeiten und meine Vermutung, dass der Ring ein zweiter Ich-binde-knechte-unterjoche-und-so-weiter-Ring war, waren falsch?!
 

Der Ring war nur ein blödes Stalker-Instrument?
 

Oh Mann. Da sieht man mal, dass es überhaupt nichts bringt, sich Sorgen zu machen. Das blöde Schicksal schaffte es ja doch wieder, einem einen Strick draus zu drehen.
 

„Okay, tief ein- und ausatmen“, murmelte ich. „Also, der Ring hatte nichts damit zu tun, dass Glowy und ich in Rohan gelandet sind...“
 

„Hast du das etwa geglaubt?“, fragte Legolas stirnrunzelnd. Er betrachtete mich eingehend, gleichzeitig wusste ich aber, dass, sollten Ben oder Lephisto auch nur falsch atmen, er sofort kampfbereit sein würde. „Ist das der Grund, warum du jeden Kontaktversuch von Lady Galadriel vereitelst? Sie ist in großer Sorge um dich.“
 

Mmpf. Der Elb war viel zu schlau für sein eigenes Wohl. „Woher willst du das wissen? Du bist sicher mit den anderen kurz nach unserem Verschwinden aufgebrochen, um uns zu suchen, sonst wärst du ja jetzt nicht schon hier.“
 

Er lächelte leicht. „Da du ihr nicht Zutritt zu deinen Gedanken gewährst, ist sie in meinen.“
 

Okay, das hörte sich jetzt irgendwie... falsch an. „Legolas, sie ist meine GROßMUTTER! Schäm dich!“
 

Zuerst verstand er offenbar nicht, was ich meinte, doch dann liefen seine Ohrspitzen rosa an. „So hatte ich es nicht gemeint“, grummelte er ein wenig säuerlich.
 

Ich grinste. War doch immer wieder schön, Legolas aus der Fassung zu bringen.
 

„Chrm“, räusperte sich Lephisto plötzlich und ich zuckte vor Schreck zusammen. „Müsst ihr beiden eigentlich andauernd miteinander rumturteln? Meine Güte, und ich dachte immer, elbische Krieger wären so selbstdiszipliniert...“
 

Während Legolas’ Ohren ein schönes Scharlachrot annahmen, kam mir ein Gedanke.
 

„Hey, du hast den Krieg verloren! Solltest du nicht statt Sprüche zu klopfen, dich in deiner fiesen, dunklen Burg verstecken und deine Wunden lecken?“
 

„Ich habe den Krieg nicht verloren“, stieß Lephisto zwischen zusammen gebissenen Zähnen hervor. Ah, hatte ich da etwa einen wunden Punkt getroffen? Das tat mir ja sooo leid... „Es kam etwas dazwischen.“ Er warf Ben einen vernichtenden Blick zu. „Aber sobald die Prinzessin Lothlóriens endgültig von der Bildfläche verschwunden ist, wird meine Armee erneut angreifen.“
 

Ich sah wieder zu Ben hinüber, der auf Lephistos Worte überhaupt keine Reaktion zeigte, und bemerkte wie seltsam er sich eigentlich benahm.
 

Er starrte mich an.
 

Er starrte mich an, ohne zu blinzeln.
 

Und ich hatte auf einmal wahnsinnige Kopfschmerzen. Na ja, nicht richtige Kopfschmerzen, es war eher wie ein heftiges Klopfen an meine Gedanken. In den letzten Tagen hatte ich oft so etwas gefühlt, aber es war nie so stark gewesen wie jetzt, deshalb hatte ich es immer ignoriert.
 

Aber das konnte ich diesmal nicht. Während Lephisto von seiner Armee prahlte und davon, wie er Mittelerde versklaven würde, konzentrierte ich mich voll und ganz auf das Klopfen in meinem Kopf.
 

Und dann hörte es auf.
 

,Cala?’
 

Ich hatte ernsthafte Schwierigkeiten, meinen Kiefer vom Boden aufzusammeln, als mein Blick zurück zu Ben huschte. Ben besaß auch Fähigkeiten?
 

,Ja, Cala, das tue ich.’
 

Oh. Okay. Wie... nett. Ich sah zu Boden. Dieser Ben war mir auf einmal fremd. Vorhin hatte er nur stotternd die Wahrheit zugegeben, dass er mich verraten hatte, und nun benahm er sich wie emotional erkalteter Backfisch, der plötzlich Selbstvertrauen gespritzt bekommen hat. Wo war aber der hilfsbereite, schüchterne Junge geblieben, der mich in den Arm genommen und getröstet hat auf Jonas’ Party?
 

,Er ist immer noch da, aber... Hör zu, es tut mir leid, dass es soweit gekommen ist, doch du musst mir glauben, wenn ich sage, dass ich nie vorgehabt habe, dir oder irgendwem sonst etwas anzutun.’
 

Müssen? Hallo, ich muss überhaupt nichts. Schon gar nicht für einen schizophrenen Verräter. Ich mein’, Ben war in Mittelerde, bei Lephisto. Und er hatte Lothlórien für seinen Bruder ausspioniert. Taten sagen eben doch mehr als Worte...
 

,Ich habe nicht gewusst, dass du die Prinzessin bist, bevor ich nach Lothlórien gekommen bin. Was denkst du, warum ich einfach in der Nacht gegangen bin? Mir ist klar geworden, was Lephisto wirklich vorhat und... dass er dir schaden will.’
 

Ich schnaubte verächtlich. Ha! Als ob er das erst dann erfahren hätte. Er steckte doch schon die ganze Zeit mit seinem Bruder unter einer Decke.
 

,Halbbruder, und das ist nicht wahr. Ich wusste es nicht. Vielleicht wollte ich es nicht sehen.’
 

Ah ja, und das sollte ich glauben, so besessen wie Lephisto vom Krieg und der Versklavung der freien Völker Mittelerdes war – also genau wie ihr Vater. Warum sollte er dieselbe krankhafte Besessenheit nicht auch geerbt haben?
 

,Ich werde dir beweisen, dass ich sein Handeln nicht länger unterstütze. Du wirst mir glauben.’
 

Die Nachdrücklichkeit in seiner Stimme machte mir etwas Sorgen. Ich hatte ihn noch nie zuvor so entschlossen erlebt.
 

Aber was würde Ben schon tun? Was konnte er denn überhaupt tun?
 

„Tritt zurück“, zischte mir Legolas auf einmal zu, als er auch schon den ersten Schwertschlag abwehren musste.
 

Verwirrt blinzelte ich mich in die Gegenwart zurück und beobachtete wie Lephisto einen Angriff startete. Waren Lephisto etwa schon die Worte bei seiner Selbstverherrlichung ausgegangen? Na, kein Wunder...
 

Ben wirkte immer noch ungerührt im Abseits.
 

Lephisto war ein überraschend guter Schwertkämpfer. Der Kampf von L&L war ausgeglichen, da Lephisto auf seine Kraft setzte und Legolas auf seine Geschicklichkeit und Schnelligkeit.
 

Hmpf. Sah aus, als könnte das noch eine Weile dauern... also nahm ich die Sache selbst in die Hand.
 

„Lephisto, warum willst du Mittelerde eigentlich unterjochen?“, fragte ich.
 

Angesprochener warf mir einen schnellen, abschätzenden Blick zu und blockierte mühelos Legolas’ Attacke.
 

„Um das Werk meines Vaters zu vollenden“, sagte er kalt und seine Augen glommen auf mit Wahnsinn.
 

Schluck.
 

„Und um meinen Vater zu rächen.“
 

Ich rieb mir das Kinn in gewohnt intellektueller Weise. Entdeckten wir, ich meine natürlich meinen guten alten Freund Doktor Freud und ich, da etwa leichte Zeichen von Komplexen und eine Prise Wahnsinn?
 

Jap.
 

„Rache?“, fragte ich erstaunt und verfolgte leicht besorgt wie Legolas unter den herabprasselnden Schlägen von Lephisto einen Schritt nach hinten taumelte.
 

„Den Mord an meinem Vater rächen“, stieß er wütend hervor.
 

Okay, er hatte da ein paar winzige und unbedeutende Details ausgelassen, aber okay...
 

„Warum seid ihr auf die Erde gegangen, du und Ben?“, wechselte ich das Thema.
 

L&L machten eine kurze Pause, starrten sich aber unverwandt an und atmeten laut.
 

„Ihr seid ganz schön neugierig, wie? Nun gut, da Ihr ja eh gleich sterben werdet, erzähle ich es Euch. Schließlich sollt Ihr ja nicht dumm das Zeitliche segnen.“
 

Eingebildeter, arroganter, selbstverliebter, asymmetrischer Pilzkopf!
 

Argh!
 

„Der Krieg war verloren, die lórische Königsfamilie geflohen. Meine Spione berichteten mir, dass ihr auf geheimen Wege auf einen anderen Planeten gereist seid – der Erde. Ich suchte nach einem Weg, euch zu folgen, denn auf der Erde, so war ich mir sicher, wäret ihr mir schutzlos ausgeliefert gewesen.

Ich fand einen Weg., hier in Edoras um genau zu sein, doch auf der Erde fand ich keine Spur von euch. Also habe ich gewartet und die Zeit genutzt, um Pläne zu schmieden.“
 

Und was für tolle Pläne dabei herausgekommen sind...
 

Plan 1: Locke Prinzessin Cala weg aus Lothlórien – fehlgeschlagen, da Prinzessin unglücklicherweise in Ohnmacht fiel und kurzzeitig die Erinnerung an das Ereignis verlor.
 

Plan 2: Zettel einen Krieg mit ganz Mittelerde an, um Spion Halbbruder in Lothlórien einschleusen zu können – teilweise fehlgeschlagen, da Ben nichts hatte herausfinden können, außer wer ich bin.
 

Plan 3: Gib Prinzessin Cala einen Ring, in guter alter Stalkermanier, damit du zu jeder Zeit weißt, wo sie sich aufhält – na gut, der hat geklappt.
 

Lephistos Pläne waren trotz allem nicht sonderlich originell gewesen. Ich mein’, wenn man bedenkt, dass er Jahre gebraucht und in seinem Haus auf der Erde verkrochen hatte, nur um billige Abklatsche von Saurons Taten als seine eigens entwickelten Pläne auszugeben, war das Ergebnis echt armselig.
 

„Okay“, sagte ich langsam, verzweifelt nach einer weiteren Frage suchend. Je mehr ich Lephisto ablenkte, umso besser standen die Chancen, dass Legolas und ich Hilfe oder einen brillanten Einfall bekamen. Die blöden, zotteligen, fackelhaltigen Wachen waren anscheinend nicht auf den glorreichen Gedanken gekommen, irgendetwas weiter zu unternehmen, außer als Kegel zu dienen.
 

Ich knetete meine Hände. „Ben und du, ihr habt also nur darauf gewartet, dass meine Familie sich zeigt.“
 

Lephistos Gesichtszüge wurden etwas schiefer, als er verbittert zu Ben sah. „Nein, mein Bruder hier hat sich von Mittelerde abgewandt, so fasziniert war er von der Erde. Aus dem Auge, aus dem Sinn, könnte man sagen. Er hat sogar seinen Geburtsnamen abgelegt und lieber einen erdischen angenommen“, zischte er hasserfüllt, doch Ben spielte immer noch pantomimisch perfekt eine Statue. Stumm erwiderte er meinen Blick, als hoffte er, dass ich ihm endlich Glauben schenkte.
 

„Aber ich konnte nicht vergessen“, fügte Lephisto hinzu, packte sein Schwert fester und DONG, Runde zwei im Kampf L&L begann.
 

„Und dann musste er sich auch noch ausgerechnet in die Prinzessin und Thronfolgerin von Lothlórien verlieben.“ Lephisto spuckte die Worte aus als wären sie aus Säure.
 

Die allgemeine Stimmung sank noch ein wenig weiter unter den 0-Punkt.
 

Legolas wirkte jetzt eher wie ein eifersüchtiger Neandertaler, der um seine Höhlenfrau kämpfte, während Lephisto angewidert aussah – Pah, guck dich erst mal selbst im Spiegel an! – und Ben unbeteiligt dreinblickte. Warum zum Kuckuck blieb Ben auf einmal so ruhig? Sonst war er doch auch immer ein schüchterner und unsicherer Teenager gewesen – und nicht ein bis zur Haarwurzel entschlossener und gelassener Mann.
 

„Dann kommt er aus Lothlórien wieder und anstatt nützliche Informationen mitzubringen, versucht er mich von meinem Vorhaben abzubringen! Und all das nur wegen einer Frau!“, schimpfte Lephisto.
 

Ich schnaubte beleidigt. „Was denn, wäre es dir lieber gewesen, er hätte das alles für einen Mann getan?“
 

Ben fing unkontrolliert zu husten an und Lephisto wurde leicht grün um die Nasenspitze.
 

Vorsintflutliche Männer.
 

Legolas war der einzige, der sich darüber unglaublich zu amüsieren schien.
 

„Und Euch will er auch noch heiraten“, knurrte Lephisto verständnislos in seinen nicht vorhandenen Bart hinein. Sein nächster Hieb traf Legolas’ Oberschenkel. Erschrocken hielt ich die Luft an. Das Gerede über Ben und mich lenkte ihn ab.
 

Dann erst wurde mir der volle Sinn von Lephistos Worten klar.
 

„H-heiraten?“, stotterte ich. Ich war erst seit wenigen Stunden volljährig und schon wurde mir eine Heirat angehängt?!
 

Ich glaub’, mir wird schlecht.
 

Ben lief ebenfalls rot an. „Ich will dich nicht heiraten“, sagte er hastig. „Jedenfalls nicht mehr.“
 

Lephistos Schwertspitze verfehlte Legolas’ Wange um Zentimeter.
 

„Red’ nicht so einen Mist“, erwiderte ich schnell, um Legolas zu beruhigen. „Wir sind viel zu jung, um übers Heiraten überhaupt nachzudenken.“
 

„Da denkt mein lieber Bruder anders“, flötete Lephisto fröhlich und grinste seinen Gegner fies an. Sein Schwert streifte Legolas’ Schulter und schlitzte seine Tunika auf.
 

Ich kniff die Augen krampfhaft zusammen. Was machte Legolas denn da! Wo war der erfahrene Krieger geblieben, der durch nichts aus der Ruhe gebracht werden konnte?!
 

,Außer von dir’, wisperte seine Stimme sanft in meinen Gedanken.
 

Und auf einmal war alles zu viel. Die Angst, die Sorge, die Wut und Enttäuschung. Es war genug.
 

„Jetzt reicht’s!“, schrie ich und ein Knall ertönte, als ich meine Augen wieder öffnete. Lephisto lag auf dem Boden, das Schwert außer Reichweite. „Ich habe es satt, dass alle in mein Leben hineinpfuschen! Seit ich nach Mittelerde gekommen bin, ist alles schiefgegangen!“ Ich schnaufte verärgert. „MEIN LEBEN IST DIE REINSTE SOAP OPERA!“
 

Starker Wind kam plötzlich auf und zersauste mein Haar. Meine Stimme hörte sich selbst in meinen Ohren ungewohnt tief und bedrohlich an.
 

Der Moment ging vorüber und Ben stellte sich neben seinen immer noch am Boden liegenden Bruder und hielt seine Schwertspitze an dessen Kehle.
 

Uh, okay...
 

Lephisto jedoch sah nicht sonderlich überrascht aus. Anscheinend war die Beziehung zwischen den beiden doch komplexer als gedacht.
 

„Du warst schon immer ein Schwächling und ein Feigling. Einen Mann, der am Boden liegt, anzugreifen“, spottete Lephisto verächtlich.
 

Ich versuchte erst gar nicht zu verstehen, was zwischen den beiden gerade ablief. Ich raffte sowieso nichts mehr.
 

Ben nahm sein Schwert weg und trat ein paar Schritte beiseite, um seinen Bruder aufstehen zu lassen.
 

Ich konnte es immer noch kaum fassen, als die beiden dann tatsächlich zu kämpfen anfingen.
 

„Du weißt, dass du mich nicht besiegen kannst“, höhnte Lephisto selbstgefällig.
 

Ich schüttelte verwundert den Kopf und trat zu Legolas, um dessen verwundete Schulter zu prüfen. Die Verletzung war nur oberflächlich, trotzdem boxte ich ihm automatisch in die unverletzte Schulter.
 

„Du Idiot! Warum hast du dich nicht besser konzentriert! Du hättest ernsthaft verletzt werden können!“
 

Legolas nahm meine Hand und umschloss sie zärtlich mit der seinen, während er sich vorbeugte, um mir einen sanften Kuss auf die Schläfe zu drücken. Ein seltsam glückliches Lächeln umspielte seine Lippen, als er mich wieder ansah.
 

In diesem Moment hätte selbst Pete Doherty nicht bekiffter aussehen können. (A/n: Doherty ist der Freund/ Verlobte/ was auch immer von Kate Moss, für die, die ihn nicht kennen)
 

Ein schmerzerfülltes Keuchen hinter mir zerstörte die ach so romantisch/ bekiffte Stimmung. Legolas’ Blick klärte sich wieder, als er seine Aufmerksamkeit auf die beiden Kämpfenden richtete.
 

Die beiden Brüder kommunizierten inzwischen in einer Sprache, die aus Grunz- und Knurrlauten zu bestehen schien.
 

Ich musterte die beiden interessiert. Jetzt erst fiel mir auf, wie ähnlich die beiden sich sahen.
 

Beide waren groß (obwohl Lephisto einen leichten Buckel hatte), beide waren schlank (auch wenn Lephisto das doppelte schlank von Ben war... aber trotzdem noch schlank), beide hatten dunkles Haar (abgesehen davon, dass Lephistos Haare lang, fettig und wie der Schrecken jedes Friseurs aussahen) und dunkle Augen (okay, Lephistos Augen waren eher schwarz mit rostroten Flecken drin). Vom Rest des Gesichts wollen wir gar nicht erst anfangen...
 

Ingesamt sah Lephisto wie die Ork-Version von Ben aus.
 

Ah, pfui.
 

„Du hast dein Erbe verraten, deine Familie, unseren Vater“, verfiel Lephisto unbewusst erneut in die allgemeine Sprache. „Dafür werde ich dich bestrafen, kleiner Bruder.“
 

„Halbbruder“, erwiderte Ben bissig. Der Kampfstil der beiden war sich so ähnlich, dass sie die Züge des anderen größtenteils bereits erahnen konnten, bevor sie tatsächlich ausgeführt wurden. Es war langweilig. Nichts Spannendes oder Aufregendes geschah.
 

„Du hast schon immer Schwierigkeiten damit gehabt, deine Herkunft zu akzeptieren, nicht wahr, Benbashk?“
 

Mmh, Sauron schien sich irgendwie eng mit Orks verbunden gefühlt zu haben; der eine Sohn sieht aus wie ein Ork, der andere heißt wie einer.
 

„Soll ich etwa stolz darauf sein, der Bastard-Sohn eines Irren zu sein?“
 

Lephisto knurrte ihn daraufhin wütend an, Ben knurrte zurück.
 

Ja, hey, lasst uns alle knurren! Spart ’ne Menge Worte, Zeit und Energie! Yay den Knurrern!
 

Oh Mann, jetzt ist es soweit, ich wird’ verrückt...
 

Und dann ging auf einmal alles sehr schnell. Ben konzentrierte sich eine Sekunde zu lang auf sein Knurren und Lephisto nutzte die Chance, um ihm das Schwert aus den Händen zu schlagen. Dann rammte er ihm seinen Schwertknauf in den Magen, sodass er keuchend nach Atem ringend zu Boden ging.
 

Mir gefror das Blut in den Adern. „Ben...“
 

Lephistos Schwert drückte gegen Bens Kehle und sein Adamsapfel hüpfte aufgeregt, sobald er schluckte.
 

„Cala, es tut mir leid“, keuchte Ben, da Lephistos Schwert ihm fast die Luft abschnürte. „Ich weiß, du kannst mir nicht mehr vertrauen, aber ich wollte nie jemandem wehtun...“
 

Er stöhnte unter der Aufgabe, tief Luft zu holen, während Lephisto offenbar den Moment auskostete, seinem Bruder eine Lektion erteilt zu haben.
 

„Auch wenn ich viele Geheimnisse gehabt habe, ich habe dich nie belogen.“
 

Mir war klar, worauf er damit ganz besonders anspielte und Tränen traten in meine Augen.
 

„Sag Hasta la vista“, säuselte Lephisto.
 

Und wieder kam Wind auf.
 

„“Nein!“, schrie ich und wollte instinktiv zu Ben laufen. Zwei Arme legten sich von hinten um mich und verhinderten das. Mein Rücken lehnte an Legolas’ breitem Oberkörper, als Lephisto dramatisch Schwung holte und das Schwert über seinen Kopf hielt.
 

Ein spitzer Schrei entfuhr mir im selben Moment, als ein zweiter Knall erschallte. Lephisto wurde gegen eine Häuserwand geschleudert und sackte bewusstlos in sich zusammen.
 

Ich zitterte wie Espenlaub, zu durcheinander, um richtig zu begreifen, was meine noch unkontrollierten Kräfte eigentlich alles so anstellten.
 

Legolas umarmte mich einen Augenblick lang fester und hauchte mir einen Kuss auf den Hinterkopf, ehe er mich freigab. „Geh zu ihm“, flüsterte er mir zu, doch meine emotionale Kapazität war für diese Nacht aufgebraucht, sodass ich nicht die traurige Resignation in seiner Stimme wahrnahm.
 

Nur am Rande bekam ich mit wie sich Legolas um die Verschnürung des Päckchens der Verliesskulptur „Lephisto“ kümmerte, als ich neben Ben niederkniete.
 

Ben griff sich an den Hals und richtete sich langsam auf.
 

„Ist alles in Ordnung?“, fragte ich und half ihm beim Aufsetzen.
 

Er lächelte mich dankbar an und nickte. „Ich danke dir, Cala.“
 

Verwirrt runzelte ich die Stirn. „Wofür?“
 

„Dafür, dass du am Ende an mich geglaubt hast.“
 

Ich erwiderte sein Lächeln und drückte seine Hand. „Dafür sind Freunde doch schließlich da. Und besser spät als nie.“ Die Situation erinnerte mich an Glowy und ich seufzte innerlich. Vielleicht war ich doch etwas zu hart mit ihr...
 

„Wir sollten zum Palast zurückkehren“, sagte Legolas mit neutraler Stimme und schleppte Lephisto hinter sich her, als er die ersten paar Schritte machte.
 

„Okay“, sagte ich.
 

Ben stand auf klopfte sich die Kleidung ab. Legolas war inzwischen weit voraus, als er leise zu sprechen begann. „Du hast dich also für ihn entschieden?“
 

Ich grinste. „Ich fürchte ja.“
 

Er nickte leicht geknickt. Dann streckte er die Schulter und hielt mir die Hand hin. „Freunde?“
 

Ich blinzelte seine Hand an, ich blinzelte ihn an. Stöhnend rollte ich mit den Augen und umarmte ihn kurzerhand. „Männer...“, murmelte ich. „Natürlich sind wir Freunde.“
 

Lächelnd betrachtete ich Legolas' ausgesprochen hübsche Kehrseite, als Ben und ich zum Palast folgten.
 

Ja, vielleicht war es doch ein schöner Burzeltag für Klein-Cala.
 

~~~~~~
 

So, das war das letzte Kapitel... *es kaum fassen kann*. Ja, jetzt kommt nur noch der Epilog und dann ist die Story zu Ende. Wow. Ich kannn's kaum glauben... Nach fast drei Jahren mit dieser Story fühlt sich das schon etwas seltsam an...

Epilog

Disclaimer: Tolkien gehört alles und mir nichts, ich verdiene kein Geld mit der Story und die Handlungen sind frei erfunden. Alle Referenzen zu Filmen oder berühmten Figuren sind bloß geliehen und gehören ebenfalls nicht mir.
 

Epilog
 

Es war der schrecklichste Abend meines Lebens.
 

Wenn mir eine noch schlimmere Steigerung einfallen würde, ich würde sie benutzen.
 

Vielleicht war der Schock noch zu groß, als dass mein Gehirn mit einem besseren Vergleich aufwarten konnte.
 

Oder vielleicht war es die „Die blonde Armada der steifen Etikette“ um mich herum.
 

Oder die Tatsache, dass man mich dazu genötigt hatte, ein Kleid zu tragen. Mich, genötigt!
 

Diese Welt war so gemein.
 

Und als wäre es noch nicht schlimm genug, dass ich wie die intelligentere Version von Barbie herumstöckeln musste, musste ich auch noch tanzen (natürlich immer nur ein Tanz pro Partner; ich kam mir vor wie ein besonders delikates Stück Fleisch, das herumgereicht wurde) und dabei die ganze Zeit über lächeln! Lächeln?! In einem so lächerlichen Aufzug?!
 

Am besten sollte ich meine Mundwinkel wohl in einem unnatürlichen Winkel nach oben in eine Art Dauer-Grimassen-Schrägstrich-Grinsen tackern lassen.
 

Es war zum Heulen. Oder noch besser: Zum in Ohnmacht fallen – dann hätte ich wenigstens einen legitimen Grund, mein prinzessliches Gemüt in meinem Gemach ruhen lassen zu können.
 

Ich musste meiner Oma echt einen Preis überreichen. Sie hatte tatsächlich etwas Außergewöhnliches geschafft: nämlich meine Geburtstagsparty im lorischen Palast in eine Staatsversammlung zu verwandeln. Alles war so förmlich, so steif und streng nach Etikette.
 

Dass ausgerechnet Haldir gerade in meiner schwer erkämpften Verschnaufpause neben mir stand und mich vollquasselte, äh, darüber informierte, welcher hochwohlgeborene (oder nicht) Schnösel wer war, war natürlich nur die Spitze des Eisberges.
 

Als er dann den bestimmt hundertsten Namen mitsamt Lebensgeschichte und Stammbaum heruntergerasselt hatte, platzte mir der Kragen.
 

„Haldir, was soll das?“, blaffte ich ihn aus meinem linken Mundwinkel, der sich dadurch leicht nach unten verzog und mein „Miss Universum“-Lächeln sicherlich in eine „Vize-Miss Universum“-Grimasse verwandelte, her an.
 

Haldir lächelte mich gelassen an, obwohl mir das heimtückische Funkeln in seinen Augen ganz und gar nicht gefiel.
 

„Ihr seid Thronfolgerin des Landes Lothlórien. Ihr werdet viele hundert Jahre, vielleicht sogar bis in das nächste Zeitalter hinein, mit diesen Elben Seite an Seite leben. Ich halte es daher für angebracht, dass Ihr Euer Volk etwas näher kennen lernt.“
 

Ich war gerade mal 18 geworden und er sprach von den nächsten paar Jahrhunderten?! Hallo?!
 

Ich schüttelte angewidert den Kopf. „Ihr haltet es für angebracht?“, fragte ich drohend.
 

„Lady Galadriel hielt es für angebracht, dass ich Euch helfe, Eure Rolle als Thronerbin angemessen auszufüllen.“
 

Ich stieß ungläubig die Luft aus. „Ihr sollt meine männliche Anstandsdame spielen?“
 

Haldir lachte amüsiert. „Ich würde gerne mehr als Euer Berater und“, er zögerte und wirkte doch tatsächlich ein wenig unsicher, „Freund dienen.“
 

Okay, war ich endlich reif für die Männer mit den weißen Kitteln oder hatte mir Haldir gerade ernsthaft ein Freundschaftsangebot gemacht?
 

Wie sollte ich darauf denn jetzt reagieren? Ich hatte keine Erfahrung mit dem Umgang von gut verschleierten Freundschaftsangeboten von kryptisch-redenden Hippies. Sollte ich ihm eine verschlüsselte Nachricht als Antwort geben oder reichte das Peace-Zeichen?! Wollte ich überhaupt die Freundschaft eines Kerls, der mich schon nach den ersten beiden Sätzen aus seinem Mund in tiefste Verwirrung und zwangsläufig auch Verzweiflung stürzte? Ich verstand ja meistens noch nicht mal die Hälfte von dem, was er eigentlich sagte!
 

Indirekt hatte er gesagt, dass ich die nächsten hundert Jahre hier in Lothlórien mit ihm und dem Rest der „Blonden Armada“ würde auskommen müssen. Es war ihm – und den anderen offenbar auch nicht – noch nicht mal in den Sinn gekommen, dass ich womöglich überhaupt nicht in Mittelerde bleiben wollte...
 

Trotzig starrte ich in mein Weinglas. Ich hasse es, wenn man mir meine Entscheidung ohne zu fragen einfach abnimmt.
 

„Darf ich um diesen Tanz bitten, meine Dame?“
 

Ich hob den Kopf und Bens schüchternes Lächeln sorgte für eine willkommene Ablenkung.
 

„Natürlich, mein Herr“, erwiderte ich und ergriff seine ausgestreckte Hand. „Obwohl ich dabei wahrscheinlich sämtliche wichtige Regeln der Etikette breche“, fügte ich augenrollend hinzu. „Immerhin ist das jetzt schon unser zweiter Tanz an diesem Abend. Die Leute könnten reden“, erklärte ich verschwörerisch flüsternd.
 

Bens Wangen färbten sich leicht rosa. „Oh! Soll ich dich statt zur Tanzfläche lieber zu den Buffet-Tischen bringen? Ich möchte dir an deiner Geburtstagsparty keinen Ärger machen.“
 

Innerlich seufzte ich erleichtert. Zum Glück war Ben wenigstens wieder der Ben, den ich kannte und mochte. Vor acht Tagen bei unserem denkwürdigen Wiedersehen zusammen mit Lephisto und Legolas war er mir wie sein böser Zwilling vorgekommen.

Aber jetzt war er ja wieder ganz der Alte.
 

„Ach, Unsinn! Wie du schon sagst, das hier ist meine Geburtstagsparty, und als das Geburtstagskind wünsche ich mir noch einen Tanz mit dir.“
 

Ben lächelte erfreut und machte keinen weiteren Versuch, mir zu widersprechen.
 

Als wir uns unseren Weg durch die Elbenmenge zur Tanzfläche bahnten, wurde ich zu beiden Seiten ehrfurchtsvoll mit Hofknicksen und Verbeugungen begrüßt. Es war fast so, als würden mich die lórischen Elben seit der Gefangennahme von Lephisto als vollwertige Prinzessin anerkennen. Als würden sie mich jetzt voll und ganz akzeptieren: als eine von ihnen und als künftige Herrscherin.
 

Es war ein seltsames Gefühl auf der einen Seite.
 

Andererseits machte es mich wahnsinnig wütend wie oberflächlich selbst die Elben waren. Musste ich erst den Weltfrieden herbeizaubern, um respektiert zu werden?!
 

Blöde Hippie Bande.
 

„Cala, ich wollte mich noch mal für die ganzen... Dinge, die in der Vergangenheit geschehen sind, entschuldigen“, sprach Ben vorsichtig das Thema an, das ihm offenbar seit acht Tagen besonders schwer im Magen lag. Die sechstägige Rückreise nach Lothlórien hatte er zumeist schweigend verbracht und die zwei Tage nach unserer Ankunft hatte ich ihn kaum gesehen aufgrund der Vorbereitungen für meine nachträgliche Geburtstagsfeier. „Es tut mir wirklich sehr leid. Alles tut mir-“
 

„Leid, ja, ja, ich weiß“, unterbrach ich ihn einfach. „Hör endlich auf, dich deswegen so herunterzuziehen, okay? Auch wenn du Saurons Sohn und Lephistos Bruder bist, du hast nie aktiv in den hinterhältigen Plänen deiner Familie mitgemacht.“
 

Er wirkte leicht betreten. „Außer als ich hierher kam, um zu spionieren...“
 

„...was jedoch kläglich gescheitert ist, da du nichts Wichtiges herausgefunden hast, und somit nicht zählt. Zudem hast du deinen Auftrag freiwillig abgebrochen und hast dich letztendlich sogar gegen deinen eigenen Bruder gestellt.“
 

In Gedanken klopfte ich mir auf die Schulter. Nicht mal Arwen hätte vernünftiger und anwaltsmäßiger daherschwafeln können.
 

„Danke, Cala“, sagte Ben gerührt.
 

„Okay, genug davon, Softie. Sag mir lieber wieso du dich so komisch benommen hast vor acht Tagen, bei unserer Begegnung.“
 

Ben grinste verlegen. „Das war das erste Mal, dass du mich wütend und berechnend gesehen hast, oder?“
 

„Ha!“, rief ich triumphierend aus. „Du hast doch ein zweites Böses Ich!“
 

Ben wusste, dass es nur ein Scherz war und verdrehte gutmütig die Augen. „Sag mir lieber, warum mich alle hier so anstarren, als würde ich gerade wirklich mein zweites Böses Ich herauskehren?“
 

Stirnrunzelnd sah ich mich um und tatsächlich zog Ben viele, nicht gerade einladende, Blicke auf sich. „Ich dachte, du hättest dich mit Glowy, Arwen und den anderen auf einen Neuanfang geeinigt, nachdem sie deine komplette Lebensgeschichte aus dir herausgepresst haben?“, fragte ich abwesend.
 

Glowy hatte mir erzählt, dass Ben nach unserer Ankunft in Caras Galadhon von mehreren Würdenträgern Mittelerdes verhört worden war. Danach war beschlossen worden, ihm eine zweite Chance zu geben.
 

Ben lachte kurz und bitter auf. „Das dachte ich auch.“
 

Ich lächelte verschmitzt. „Wahrscheinlich sind sie alle nur beleidigt, weil du zwei Tänze mit mir bekommst und sie nicht.“
 

„Ja, wahrscheinlich“, stimmte mir Ben nicht ganz überzeugt zu. Der Tanz endete und wir lösten uns voneinander.
 

„Eins noch bevor wir das alles als ‚vergeben und vergessen’ abstempeln: Wie genau seid ihr denn nun von Edoras zur Erde gereist?“, fragte ich neugierig.
 

Jetzt grinste auch Ben wieder. „Ganz einfach. Es steht ein riesiger Spiegel versteckt in den königlichen Pferdeställen.“
 

Ich stöhnte. Das durfte doch nicht wahr sein! Diese verdammten Pferdenarren...
 

„Ich habe König Eomer von dem Spiegel erzählt. Er wollte sich in einer Ratsversammlung mit den anderen Herrschern der Völker darüber beraten, was mit ihm geschehen soll.“
 

Ich nickte. Dann klatschte ich unternehmungslustig in die Hände. „Asterix, ich könnt’ ein ganzes Wildschwein verdrücken.“
 

Ben lachte und reichte mir ganz der Gentleman den Arm. „Na dann, Obelix, auf zum Buffet.“
 

~~~~~
 

„Sag mal, Haldir, bist du es nicht langsam mal leid, meine männliche Anstandsdame zu spielen? Du dackelst mir schon seit Stunden hinterher. Das hier ist eine Party, meine Party, um genau zu sein, und ich befehle dir, dich zu amüsieren.“
 

Haldir schenkte mir ein kleines Lächeln. „Es ist meine Pflicht an Eurer Seite zu bleiben.“
 

„Ach, vergiss doch wenigstens für heute mal die blöde Pflicht.“ Ich klopfte ihm ermutigend auf den Rücken, sodass er überrascht einen Schritt nach vorne stolperte. „Ich tu das schließlich auch.“
 

Ich versuchte unschuldig auszusehen, als er mich schief von der Seite her ansah. Gespielt schmollend verschränkte ich die Arme vor der Brust. „Schau nicht so! Es ist gar nicht so einfach, Prinzessin zu sein!“
 

Diesmal war sein Lächeln herzhafter.
 

„Ihr seid betrunken“, stellte er leider viel zu nüchtern fest.
 

„Nur ein wenig“, verbesserte ich ihn.
 

„Cala!“, knurrte eine Stimme, die sich verdächtig nach Glowy anhörte, und wenig später traten sie und Arwen auch tatsächlich aus der Elbenmenge hervor.

Beide bauten sich direkt vor meiner Nase auf wie zwei Racheengel.
 

Oha.
 

„Hey Leute“, sagte ich vorsichtig.
 

„Man redet“, bemerkte Glowy vorwurfsvoll, als müssten mir diese zwei Worte unglaublich viel sagen.
 

Was sie aber nicht taten.
 

„Und?“, fragte ich deshalb verständnislos. „Ist doch prima, dass mein Volk der Sprache mächtig ist. Macht das Regieren gleich viel einfacher. Ein Hoch auf mein Volk!“ Ich hob mein Glas Wein und trank einen großen Schluck.
 

„Das ist nicht lustig“, mischte sich Arwen ein und warf misstrauische Blicke zu den Personen in unserer unmittelbaren Nähe. Anscheinend versuchte sie immer noch in die Berufsschnüffler-Branche einzusteigen. Paranoid genug kam sie jedenfalls rüber...
 

„Aasgeier“, schimpfte Glowy.
 

„Was ist denn los?“, fragte ich verwirrt.
 

„Sagte ich doch“, erwiderte Glowy. „Es wird über dich, Ben, Legolas und Lady B geredet. Offenbar gibt es unter den Hochwohlgeborenen gerade keinen spannenderen Klatsch als ihr vier.“
 

Ich kratzte mir nachdenklich den Nacken. „Warum würden sie über uns reden wollen?“
 

„Heiratsgerüchte“, sagte Arwen nüchtern.
 

Ich konnte förmlich fühlen wie das Blut aus meinem Gesicht wich. „H-Heiratsgerüchte?“
 

„Ach, du weißt schon“, winkte Glowy aufgebracht ab. „Anscheinend sind sich alle Anwesenden hier einig, dass Legolas am besten zu dir passen würde, doch sie befürchten, dass du dich mit Ben verloben wirst und Legolas mit Lady B.“
 

„Lady B ist nicht gerade beliebt unter den Elben“, erläuterte Arwen verächtlich. „Und Ben gegenüber hegen die meisten noch Vorurteile aufgrund seiner Herkunft.“
 

Meine Augenbrauen zogen sich bedrohlich zusammen. „Wärt ihr auch gegen eine Verbindung zwischen Ben und mir?“
 

„Ja!“, kam es dreistimmig.
 

Wütend sah ich sie an. „Weder ihr noch sonst jemand hat das Recht, mir vorzuschreiben, mit wem ich zusammen sein soll!“
 

Haldirs Augen funkelten zaunpfahlwinkend. „König Thranduil war auch nicht glücklich über die Andeutungen über Legolas und Lady Berethniben.“
 

„Oh.“ Meine Augen studierten eingehend den Boden von meinem Weinglas.
 

„Es war in der Tat ungewöhnlich König und Prinz des Düsterwaldes in der Öffentlichkeit streiten zu sehen“, sagte Beau, als er unserer kleinen, fröhlichen Runde beitrat und Glowy zur Begrüßung einen Kuss auf die Wange gab. Meine beste Freundin wurde feuerrot im Gesicht, strahlte dafür aber heller als die glatt geschliffenen Steine auf ihrem Kleid.
 

„Siehst du, selbst König Thranduil will, dass ihr ein Paar werdet! Und das will was heißen“, murmelte Glowy. „Also hört auf, euch aus dem Weg zu gehen und redet endlich wieder miteinander!“
 

„Ich geh’ ihm nicht aus dem Weg!“, verteidigte ich mich. „Er geht mir aus dem Weg!“
 

„Dazu hat er auch allen Grund!“, konterte Elladan und er und sein Bruder fixierten mich aus zusammengekniffenen Augen. Huh, wo kamen die denn auf einmal her? „Was denkst du dir nur dabei, Saurons Sohn Legolas vorzuziehen?“
 

Ich stemmte die Hände in die Hüften. „Erstens: Nenn ihn nicht so! Und zweitens: DAS GEHT EUCH ALLE ÜBERHAUPT NICHTS AN!“
 

„Doch“, grinste Arwen fies. „Schließlich sind wir alle doch eine große Familie.“
 

GRR!
 

„Nur weil wir Freunde sind, heißt das noch lange nicht, dass ihr das Recht habt, euch in alles einzumischen!“
 

„Ich bin nicht Euer Freund“, meldete sich Haldir gespielt hochnäsig zu Wort. „Ich bin nur die männliche Anstandsdame.“
 

Alle starrten ihn an.
 

Ich fing zu kichern an. Die hatten sie ja nicht mehr alle.
 

Während Haldir sich nun dem spottenden „Tratschtantenclub Mittelerdes“ stellen musste, stahl ich mich klammheimlich davon.
 

Der Weg der Freiheit von all diesen Verrückten leuchtete hell vor mir –

bis er von meinem Opi versperrt wurde.
 

„Wie mir scheint hatte bereits jeder andere das Vergnügen eines Tanzes mit dir außer deinem Großvater. Manche sogar zweimal.“ Meine Augen wurden schmal. „Was im Angesicht deines Ehrentages an Bedeutung verliert“, fügte er mit einem warmen Lächeln hinzu. Er reichte mir seine Hand. „Du gestattest?“
 

Während wir tanzten, erwischte ich Omi dabei, wie sie uns glücklich lächelnd beobachtete.
 

„Weißt du, Opi“, begann ich nachdenklich, „ich kann mich nicht daran erinnern, Oma jemals so... sorgenfrei gesehen zu haben wie in den letzten zwei Tagen. Sie scheint glücklich zu sein.“
 

Oder vielmehr bekifft. Und das war ein schauriger Gedanke in Bezug auf meine eigene Großmutter...
 

Wieso wirkten eigentlich alle Elben bekifft, wenn sie glücklich waren? Mmh, vielleicht, weil sie sonst immer viel zu zugeknöpft waren, um Emotionen zu zeigen? Mmmmh, ich sollte mal darüber sinnieren...
 

Wir alle sind froh darüber, endlich unsere langjährigen Sorgen hinter uns lassen zu können.“
 

„Huh? Oh, du meinst wegen Lephisto und der Bedrohung für Mittelerde.“ Ich nickte verstehend.
 

„Nein, wegen dir“, widersprach Opi.
 

„Wegen mir?“, fragte ich verwirrt. Warum mussten mich alle eigentlich andauernd so verwirren? Konnten die nicht einfach mal, nur so zur Abwechslung, über Dinge reden, die ich auch verstand?
 

War das denn wirklich zu viel verlangt?
 

„Du weißt, deine Großmutter besitzt den Spiegel, welcher es ihr erlaubt, Ereignisse aus der Vergangenheit, der Gegenwart und mögliche Geschehnisse der Zukunft zu sehen.“ Na klar, wie könnte ich auch Omis tolle Spielzeuge vergessen? Tz! „Und vor vielen Jahren sah sie bereits Lephisto, Ben und... dich. Sie wusste, dass du zu Ben eine starke Bindung aufbauen würdest, und dass ihr euch Lephisto im Kampf stellen würdet. Aber der Spiegel zeigte viele Möglichkeiten und eure Schicksale blieben ungewiss. Wir fürchteten, du würdest im Kampf sterben und es war uns untersagt, in dein Schicksal einzugreifen.“
 

In diesem Moment wirkte mein Opa erschreckend alt. Und müde. Die Last der Jahre hatte bei ihm deutliche Spuren hinterlassen.
 

Ich unterbrach den Tanz, stellte mich auf die Zehenspitzen und umarmte ihn impulsiv. „Ich hab’ dich lieb“, flüsterte ich und war im selben Moment über meine eigene Gefühlsduselei überrascht.
 

Der Wein, ich kann’s nicht oft genug wiederholen, aber dieser elbische Wein...
 

„Ich dich auch“, murmelte Opi in mein Haar und schlang fest die Arme um mich.
 

~~~~
 

Es war weit nach Mitternacht, die Party war immer noch in vollem Gange und ich fand mich selbst mal wieder an der Seitenlinie vor, ein frisches Glas Wein in der Hand und die männliche Anstandsdame pflichtbewusst an meiner Seite.
 

Die Chaos-Truppe, auch genannt meine Freunde, hatte ich glücklicherweise erfolgreich abgehängt – bis auf besagte männliche Anstandsdame.
 

Haldir hatte es zu meiner unendlichen Erleichterung mittlerweile aufgegeben, mich mit langweiligen Details über meine Landsleute auf die Nerven zu gehen, und begnügte sich stattdessen damit, mir wie mein zweiter Schatten an den Fersen zu kleben.
 

Äußerst prickelnd.
 

„Ich muss gestehen, dass er gar nicht so übel ist, wenn man seine Herkunft einmal beiseite lässt“, sagte Arwen, als sie an meiner freien Seite auftauchte.
 

Arwen und ich hatten uns inzwischen wieder vertragen. Na ja, eigentlich hatten wir nicht mehr über unseren Streit gesprochen, aber bei meiner Rückkehr nach Lothlórien hatte sie mich umarmt und ich hatte ihre Entschuldigung auch ohne Worte angenommen.
 

Ich warf ihr einen triumphierenden Blick zu. „Hab’ ich doch gesagt.“
 

„Niemand konnte wissen, dass er mehr der Wissenschaft zugetan ist als dem Streben nach Macht“, verteidigte sie sich. „Auch du hast an ihm gezweifelt.“
 

Ich rollte genervt die Augen. „Ja, ja, ich geb’s zu, okay? Können wir das Thema Ben dann jetzt endlich mal abschließen?“
 

„Nein“, sagte Elladan stur, und ich musste zu meinem Leidwesen erkennen, dass mich die Chaos-Truppe erneut umzingelt hatte.
 

Mist, ich war nachlässig gewesen und zu lange an einem Ort gestanden, sodass sie mich hatten finden können.
 

Mist, Mist, Mist.
 

Ich knuffte Elladan aufmunternd in die Wange. „Wenn du so besessen bist von Ben, dann geh doch einfach rüber zu ihm und sprich ihn an. Dadurch könntest du vieles sehr viel leichter über ihn herausfinden.“ Ich zwinkerte ihm bedeutungsvoll zu, während er rote Ohren bekam vor Zorn.
 

Arwen schmunzelte.
 

„Ich tue das nicht für mich!“, rief Elladan empört aus. „Ich tue das für Legolas!“
 

Ich zog beide Augenbrauen hoch. „Aber du hasst Legolas.“
 

„Wir hassen Legolas nicht.“ Elrohir scharrte verlegen mit den Füßen.
 

„Wir haben eine Art Waffenstillstand geschlossen“, erklärte Elladan etwas zögerlich. „Als ich vom Schlachtfeld zurück nach Lothlórien begleitete.“
 

Arwen schien diese äußerst interessante Information ebenfalls neu zu sein, denn sie verpasste den beiden Zwillingen erst mal eine Kopfnuss.
 

„Wieso seid ihr beide so schrecklich verschwiegen, wenn es um euren mysteriösen Streit mit Legolas geht? Sonst erzählt ihr doch auch groß und breit von jedem Rock, dem ihr nachjagt!“
 

Ich war stolz auf Arwen. Nein, wirklich! Sie hatte mir gezeigt, dass doch noch nicht alle Elben Haldirs steifer Ausdrucksweise verfallen und somit rettungslos verloren waren.
 

Nein, nicht meine Cousine. Ich war mir ziemlich sicher, dass, hätte sie die Wörter gewusst, sie sehr undamenhaft geflucht hätte.
 

Ich war ja so stolz auf sie.
 

Elrohir und Elladan schauten trotzig drein wie kleine Kinder, die sich weigerten, ins Bettchen zu gehen.
 

Für ihr Schmollen kassierten sie gleich noch mal zwei Kopfnüsse von Arwen.
 

Hehe.
 

Haldirs Lippen zuckten verdächtig und es war nur allzu klar, wie sehr er die missliche Lage der beiden bedröppelten Prinzen genoss.
 

„Es ging um Lady Berethniben“, mischte sich eine neue Stimme unerwartet ein, und ich war noch viel erstaunter zu sehen, dass es niemand anderer als Tulu war.
 

„Tulu!“, zischte Elrohir warnend.
 

Tulu jedoch zog lediglich eine Augenbraue in die Höhe. „Meint Ihr nicht, Prinz Elrohir, dass Eure Cousine es verdient, die Wahrheit zu erfahren? Immerhin ist sie die zukünftige Gemahlin von Prinz Legolas – sobald dieses Missgeschick aufgedeckt ist und ihre Zweifel an der Beziehung zwischen Prinz Legolas und Lady Berethniben zerstreut sind.“
 

Ich blinzelte ihn an. Er war der einzige von der ganzen Chaos-Truppe, der davon überzeugt war, dass ich Ben Legolas nicht vorzog. Aber woher wusste er bloß von der fiesen kleinen Stimme in meinem Kopf, die mir immer wieder zuflüsterte, dass Legolas Lady B nicht so rigoros abwies wie ich es gern gesehen hätte?
 

„Euer Vater ist ebenso der Meinung, es wäre besser, Ihr würdet es ihr sagen anstatt darauf zu hoffen, dass Prinz Legolas und Prinzessin Caladeth von selbst erkennen, dass sie von falschen Tatsachen geblendet werden.“
 

Automatisch sahen alle hinüber zu Elrond, welcher sich gerade mit meinen Eltern, Großeltern, Gimli und anderen Adligen unterhielt. Er fing die Blicke seiner beiden Söhne auf und nickte ihnen auffordernd zu.
 

Die Zwillinge sahen sich an und seufzten.
 

Trommelwirbel.
 

Die Spannung stieg.
 

Elladan räusperte sich und versuchte vergeblich dabei sein Grinsen zu unterdrücken. „Bei einem gewissen Vorfall im Düsterwald vor ein paar Jahren glaubte Lady Berethniben, dass Legolas...“ Er räusperte sich etwas lauter dieses Mal. „... dass er unfähig sei, Nachkommen zu zeugen.“
 

Schweigen.
 

Meine Schultern fingen zu zucken an. „Lady B glaubte, Legolas wäre impotent?“
 

Auf Elrohirs Nicken hin fing ich schallend zu lachen an. Glowy ebenfalls, doch als auch Elladans und Elrohirs Mundwinkel zuckten, kassierten beide böse Blicke von den übrigen männlichen Mitgliedern der Chaos-Truppe.
 

Mein Mund klappte auf und zu wie ein Fisch. „Er ist wirklich impotent?!“
 

„NEIN!“, schrie Elrohir aufgeregt und wedelte wild mit den Händen. „Fang ja nicht an, auch an solche Dinge zu glauben.“
 

Ich zog eine Augenbraue hoch. Okaaay...
 

Männer.
 

Glowy wandte sich belustigt an die beiden Zwillinge. „Was bitte war das denn für ein Vorfall vor ein paar Jahren?“
 

„Nun ja“, zögerte Elladan, aber Arwens warnender Blick ließ ihn hastig fortfahren. „Vor einigen Jahren, als unsere Familie zu Besuch im Düsterwald war, fanden Elrohir und ich großen Gefallen daran, Legolas zu reizen.“
 

Arwen nickte grinsend und die Augen meiner beiden Cousins glitzerten. Anscheinend war das eine schöne Zeit für die Bruchtalelben gewesen. Und wahrscheinlich weniger schön für die aus Düsterwald.
 

„Elrohir, Arwen und ich blieben für mehrere Wochen als Gäste im Palast, selbst als unser Vater zurück nach Bruchtal reiste. Schnell erkannten wir, dass die einfachste und wirksamste Methode, Legolas zu ärgern, seine zahlreichen Verehrerinnen waren, und ganz besonders Lady Berethniben.“ Elladan lächelte entrückt, als seine Gedanken zurück in die Vergangenheit wanderten. „Die Aufmerksamkeit, die er von ihnen erhielt, war ihm unangenehm und peinlich. Er versuchte sich, soweit es ihm möglich war, von den aufdringlichen Elbinnen fern zu halten, aber Lady Berethniben – die aufdringlichste und hartnäckigste von allen – vereitelte sein Vorhaben zumeist. Unglücklicherweise ist Lady Berethniben die Tochter des königlichen Beraters von Düsterwald – König Thranduils engstem Vertrauten. Legolas konnte sie nicht öffentlich demütigen indem er sie abwies, und seine subtilen Andeutungen überging sie.“
 

„Oh, armer Legolas“, grinste Glowy. „Er war sicher überfordert mit einer Horde machthungriger Elbinnen. Sein Vater und dessen Meinung über Frauen im Allgemeinen in der Nähe seines Sohnes haben es bestimmt auch nicht gerade leichter für ihn gemacht.“
 

Ich schnaubte. Oh ja, armer Legolas. Er fand es bestimmt ganz schrecklich, dass sich ihm so viele willige Frauen vor die Füße warfen. Und nein, ich bin NICHT eifersüchtig.
 

Elrohir strich sich eine Strähne seines langen Haares aus dem Gesicht. „König Thranduil zweifelte ebenso an der Aufrichtigkeit der Gefühle der Damen und tat sein Bestes, um sie abzuschrecken“, nickte er Glowy rechtgebend zu.
 

„Nur bei Lady Berethniben hielt er sich zurück; denn sie ist ja die Tochter seines engsten Freundes“, ergänzte Elladan.
 

„Bis heute“, widersprach Elrohir mit einem fiesen Grinsen auf dem Gesicht. „Es scheint als wäre König Thranduil aus irgendeinem Grund der Meinung, sich nun einmischen und ihre Annäherungsversuche unterbinden zu müssen.“ Er sah mir direkt in die Augen, als er das sagte, doch ich reckte nur stur das Kinn.
 

„Kommt endlich zur Sache, damit wir endlich aufhören können, über Legolas und seine zahlreichen Bettgeschichten zu reden“, knurrte ich ungeduldig. Das Thema ging mir auf die Nerven. Was interessierte es mich, wie viele Verehrerinnen Legolas hatte und was er mit Lady so alles angestellt hat.
 

Igitt. Ich glaub’, mir wird schlecht.
 

Grr, verdammte Männer...
 

Das interessierte mich alles gar nicht.
 

Nein, kein bisschen.
 

Überhaupt nicht.
 

Null.
 

Und nein, ich bin IMMER NOCH NICHT eifersüchtig!!
 

Argh!
 

Tulu hob arrogant eine Augenbraue und lächelte mich spöttisch an.
 

„Nun ja, eines Nachmittags, als Legolas sich wieder einmal zu verstecken versuchte, trafen Elrohir und ich auf Lady Berethniben, welche verzweifelt nach ihm suchte...“, fuhr Elladan unbeirrt fort.
 

„... und hilfsbereit, wie wir nun mal sind, haben wir ihr weitergeholfen und ihr gesagt, wo Legolas sich aufhielt“, grinste Elrohir diabolisch.
 

Ärgerlich stapfte ich laut mit dem Fuß auf.
 

Elladan seufzte. „Kurz gesagt: Legolas reagierte nicht auf Lady Berethnibens Verführungsversuche und so kam sie eben zu dem Schluss, da es ja nicht an ihr liegen konnte, etwas mit ihm nicht stimmen konnte.“ Er schielte unschuldig zu mir, als ich abrupt mit dem Fußstapfen aufhörte.
 

„Wie genau reagierte Legolas denn nicht?“, fragte ich grummelnd.
 

„Nun ja“, Elladans Ohren liefen erneut verdächtig rot an. „Legolas reagierte überhaupt nicht.“
 

Glowy fing schulmädchenhaft – oh, warte, sie war ja theoretisch ein Schulmädchen – zu kichern an und Arwen wurde rot bis in die Haarspitzen.
 

Okay. Warum war ich die einzige, die das jetzt nicht verstand?
 

Elrohir stöhnte, als er meine verständnislose Miene sah. „Er reagierte überhaupt nicht.“
 

„Sodass Lady B glaubte, er wäre impotent“, gluckste Glowy hilfreich.
 

Oh. Ich sah zu Boden. „Also lief was zwischen den beiden“, folgerte ich.
 

„Nein, eben nicht!“ sagte Arwen grinsend.
 

„Es gab ein paar Zuschauer dieser... Begebenheit und es drohte das Gerücht aufzukommen, das einzige Kind, das Erbe des Düsterwaldes sei unfähig, Nachkommen zu zeugen – wäre dieses Gerücht tatsächlich bis zum Volk durchgedrungen, es wäre ein riesiger Skandal gewesen. Wer hat denn auch schon von einem zeugungsunfähigen Thronfolger gehört? Wer hätte nach ihm denn den Thron besteigen sollen? Deshalb verbot Vater uns, uns darüber lustig zu machen oder überhaupt darüber zu sprechen und Lady Berethniben wurde glaubhaft weisgemacht, er wäre an diesem Tag bloß erschöpft gewesen“, schloss Elladan.
 

Arwen runzelte die Stirn. „Das alles erklärt aber immer noch nicht euren jahrelangen Streit mit Legolas.“
 

„Nun ja, die Warnung für das nicht darüber lustig machen kam etwas zu spät“, brummte Elrohir.
 

Arwen schüttelte den Kopf.
 

Tulu sah mich erwartungsvoll an. „Sind nun alle Zweifel beseitigt worden?“
 

„Ich weiß nicht“, sagte ich stur. Ich mein’, hallo?! Sollte ich jetzt bloß mit diesem neuen Wissen in Legolas’ Arme rennen, wohlwissend, dass er Lady B bis zu einem gewissen Punkt ihre Annäherungsversuche durchgehen lassen würde?
 

Hallo, Selbstrespekt?!
 

„Legolas hat nie wirkliches Interesse an den Frauen gezeigt. Er wartete all die Jahre auf die Eine“, sagte Haldir sanft. „Er glaubt, du bist die Eine.“
 

„Soll das heißen, er war nie mit einer Frau zusammen?“, fragte ich hoffnungsvoll.
 

„Er dachte, er würde etwas für die Frauen empfinden, mit denen er zusammen war, aber dem war nicht so“, sagte er schlicht.
 

„Oh.“ Ich setzte ein strahlendes Lächeln auf. „Schön, dass wir das jetzt alles geklärt haben! Und jetzt brauche ich frische Luft.“
 

Ohne eine Antwort abzuwarten, machte ich auf dem Absatz kehrt und steuerte einen der kleineren Balkone an. Ich war froh, dass ich die einzige auf diesem Balkon war und genoss die sanfte Sommerbrise.
 

Wieso mussten Männer immer so verdammt... schwierig sein?
 

Und warum, verdammt noch mal, gab es davon so viele in Mittelerde?!
 

Plötzlich spürte ich, wie jemand neben mich trat.
 

„Ich glaube, ich habe es bisher versäumt, Euch zu Eurem vergangenem Geburtstag zu gratulieren“, sagte Legolas, sah mich aber nicht an. Den Blick hielt er auf den dunklen Nachthimmel gerichtet und die Hände hatte er hinter dem Rücken verschränkt.
 

Er hätte genauso gut mit einem Neonschild herumwedeln können, das besagte: „ACHTUNG! Hier wird in wenigen Minuten ein sehr ernstes und unangenehmes Gespräch stattfinden. Wenn Sie nicht unmittelbar betroffen sind, sollten Sie sich zu Ihrer eigenen Sicherheit außer Reichweite begeben. Vielen Dank, Ihr Hippie-Gefahren-Früh-Warnsystem“.
 

„Danke“, antwortete ich.
 

Legolas’ Hände schienen hinter seinem Rücken einen erbitterten Kampf auszufechten.
 

Faszinierend.
 

„Und ich sollte Euch wohl auch zu Eurer Verlobung mit... Ben gratulieren“, fuhr er fort und seine Hände schienen sich mittlerweile gegenseitig die Blutzufuhr abzuschnüren, so verkrampft waren sie.
 

Wieso redete an diesem Abend eigentlich jeder vom Heiraten?
 

Uäh!
 

„So wie ich dir zu deiner Verlobung mit Lady B gratulieren sollte?“, fragte ich spitz.
 

Ehrlich verwundert sah er mir zum ersten Mal an diesem Abend ins Gesicht. Oh, warte, es war das erste Mal, dass ich ihn an diesem Abend überhaupt sah. „Ich bin nicht verlobt mit Lady Berethniben! Woher habt Ihr diesen Unsinn?“
 

Ich unterdrückte das lächerlich glückliche Lächeln, welches drohte meine kühle Fassade der Eisprinzessin gegenüber Legolas zu zerstören.
 

„Wahrscheinlich genau daher, wo du den Mist über eine bevorstehende Heirat zwischen Ben und mir herhast.“ Ich verzog das Gesicht. „Ich bin noch zu jung zum Heiraten.“
 

Legolas sah mich durchdringend an. „Aber in absehbarer Zeit werdet Ihr Ben ehelichen müssen, damit ihr gemeinsam über Lothlórien herrschen könnt.“
 

„Woah, woah! Jetzt mal langsam! Ben und ich sind nicht zusammen, ja! Wie kommst du darauf? Und außerdem, ich lass mir doch nicht von meinem Volk vorschreiben, mit wem ich was tue! Ja, soweit kommt’s noch!“
 

Legolas betrachtete mich fast anklagend. „Nach dem Sieg über Lephisto in Edoras schien es deutlich zu sein, wem Eure Zuneigung wirklich gehört.“
 

Mein rechtes Auge fing unkontrolliert zu zucken an. „Ist das etwa der Grund, weswegen du mir seit acht Tagen aus dem Weg gegangen bist?“
 

Legolas erwiderte nichts, aber sein stoischer Gesichtsausdruck sprach dafür Bände.
 

„Du Idiot!“, rief ich. „Warum hast du mich nicht einfach gefragt? Das hätte mir eine Menge ungesunder und zeitverschwendender Grübelei erspart!“ Mein rechtes Auge zuckte exakt im Sekundentakt. „Dieses ganze Hin und Her, deine verdammten Stimmungsschwankungen – das geht mir alles tierisch auf den Keks, Legolas! ICH BIN DIE FRAU; ICH HAB’ DIE STIMMUNGSSCHWANKUNGEN! Wenn unsere Beziehung auch so wird, solltest du dir besser jetzt schon ein Gästezimmer einrichten – UND ZWAR AM ANDEREN ENDE DES PALASTES! Oder ich kann für nichts garantieren!“
 

Legolas trat ganz dicht vor mich und umfasste vorsichtig mein Gesicht mit beiden Händen, so als wäre ich aus besonders leicht zerbrechlichem Glas.
 

ICH aus GLAS! Ha! Von wegen.
 

„Haben wir eine Beziehung?“, fragte Legolas leise.
 

„Keine Ahnung!“, schrie ich. „Ich mein’, wenn du mich dauernd abweist, ignorierst und mit Lady B-ich-hab-nur-drei-Gehirnzellen flirtest, WOHER SOLL ICH DANN WISSEN, OB UNSER KUSS ÜBERHAUPT ETWAS BEDEUTET HAT? Ich mein’, Haldir zufolge hast du ja viel Erfahrung mit Frauen. Wer weiß, ob du dich bei all den schönen und perfekten Elbinnen überhaupt noch an mich erinnerst? Ich mein’...“
 

Für eine kurze Zeit lang meinte ich erst mal gar nichts mehr. Ich mein’, es ist auch etwas schwierig zu reden, wenn man gerade geküsst wird, oder?
 

Als Legolas den Kuss unterbrach und mich anlächelte, schienen sich seine Gesichtszüge zu verändern. Auf einmal wirkte er jünger, fröhlicher, einfach glücklich.
 

„Hast du vergessen, dass ich dich liebe, Cala? Ich meine es ernst, ich will eine Beziehung mit dir.“ Er wirkte wie ein kleiner, eifriger Junge, dem gerade sein größter Wunsch in Erfüllung geht.
 

Ich spürte, wie ich zu lächeln anfing. Legolas lehnte seine Stirn an die meinige. „Ich war so eifersüchtig auf Ben. Du hast mir nie gesagt oder gezeigt, was du für mich empfindest, und ich fürchtete jeden Augenblick, du würdest dich letztendlich doch für ihn entscheiden und mich vergessen.“
 

Jetzt spürte ich, wie ich rot wurde. Mann, war Legolas immer schon so verdammt kitschig gewesen? Oder war er wirklich so erleichtert, dass zwischen Ben und mir nichts lief?
 

Männer – zum hundertsten Mal. Wenn es um das weibliche Geschlecht geht, sind sie doch alle bloß große Softies...
 

„Ben und ich sind nur Freunde, aber das werden wir auch immer sein“, bemerkte ich vorsichtig. „Er kehrt zwar zur Erde zurück, um die Schule zu beenden, aber er wird uns immer mal wieder besuchen kommen und ich will mich dann nicht wieder wegen deiner unangebrachten Eifersucht unnötig aufregen müssen! Verstanden?“
 

Legolas lächelte und küsste meine Nasenspitze. „Solange du hier bei mir bleibst und nicht mit ihm zur Erde zurückkehrst, bin ich glücklich.“
 

Trotzig blitzte ich ihn an. Auch Legolas hatte kein Recht, sich in die Dinge einzumischen, die ich tat.
 

„Ach ja? Und was ist, wenn ich gar nicht in Mittelerde bleiben will? Was wenn ich in ein paar Tagen oder Wochen wieder zur Erde reise, wo ich aufgewachsen bin? Was dann?“
 

Legolas wirkte etwas verunsichert von dieser unerwarteten Wendung der Dinge. „Das meinst du nicht ernst.“
 

Wütend machte ich einen Schritt weg von ihm. „Und warum nicht? Immerhin hat mich nie jemand gefragt, ob ich in Zukunft in Mittelerde bleiben will. Alle setzen es einfach so voraus, aber niemand fragt mich.“
 

Aufgewühlt begann ich vor ihm auf und ab zu laufen.
 

„Vielleicht will ich ja gar nicht Prinzessin sein – schon mal daran gedacht? Vielleicht gefällt es mir hier ja gar nicht? Vielleicht mag ich mein Volk nicht oder bin allergisch gegen... Blätter.“ Ich hielt inne und schüttelte über mich selbst den Kopf. Konnten Elben überhaupt gegen irgendetwas allergisch sein, dass mit Bäumen zu tun hat? Ich mein’, wo sie doch solche Naturfreaks sind, müsste das doch eigentlich vollkommen unmöglich sein... Elben, die nicht den Bäumen huldigen können... wer hat denn schon mal so was gehört?
 

Ich, äh, kam vom Thema ab.
 

Legolas beobachtete mich mit zusammengepressten Lippen. Sein Gesicht war bleich und eingefallen. Im Großen und Ganzen sah er alles andere als glücklich aus.
 

Für einen Moment schloss er die Augen und holte tief Luft, so als wollte er sich wappnen für das, was er als nächstes sagen würde.
 

„Dann entscheide dich. Du hast die Wahl.“
 

Ich hielt mitten im Laufen inne und sah ihn perplex an. „Was, du versuchst nicht, mich umzustimmen? Keine Weisheiten oder kluge, pflichtbewusste Prinzensprüche? Du hältst mir nicht meine Verpflichtungen und meine Herkunft vor?“
 

Er verzog keine Miene. „Du kennst deine Herkunft, Cala. Es ist deine Entscheidung und ich werde sie akzeptieren.“
 

Ich strich mir eine Haarsträhne aus dem Gesicht. Okay, so hatte ich mir das nicht vorgestellt. Der Trotz in mir machte Platz für Unsicherheit.
 

„Warum?“, fragte ich.
 

Legolas lächelte liebevoll, auch wenn es von seinem Kummer überschattet wurde. „Vater und du, ihr mögt denken, dass ich Gefühle für Lady Berethniben habe, doch das entspricht nicht der Wahrheit. Sie bedeutet mir nichts, Cala, du hingegen bedeutest mir alles. Deine Wünsche liegen mir am Herzen und wenn die Rückkehr zur Erde wirklich das ist, was du willst, so werde ich dich nicht aufhalten.“
 

So wie er nicht im Weg zwischen Ben und mir hatte stehen wollen, als er glaubte, wir wären ein Paar...
 

„Ich weiß nicht“, sagte ich schwach. Seine Worte nahmen mir den Wind aus den Segeln. Plötzlich schien so vieles auf dem Spiel zu stehen. Und ich wusste nicht, wie ich mit dieser Wendung umgehen sollte. „Ich weiß einfach nicht, ob ich wirklich hierher gehöre...“
 

„Du musst dich entscheiden“, sagte Legolas, nahm meine Hand und hob sie an die Lippen. „Lass dir etwas Zeit.“
 

Mit diesen Worten ließ er mich stehen und trat zurück in den Saal.
 

Fassungslos sah ich ihm nach. Ich wollte nicht, dass er ging. Ich wollte ihn nicht verlassen. Ich wollte-
 

„Seid Ihr Euch sicher, dass Ihr Eure Entscheidung nicht schon längst getroffen habt?“, fragte König Thranduil und trat neben mich.
 

Ich rieb mir missgelaunt die Stirn. „König Thranduil, habt Ihr uns etwa belauscht?“
 

Nicht einmal seine Ohren liefen rot an. Grr.
 

„Was hält Euch noch auf der Erde? Eure Familie, Eure Freundin, Legolas – sie alle sind hier.“
 

Ich machte den Mund auf, um ihn zu fragen, was er sich einbildete, sich in meine Angelegenheiten einzumischen, als ich von einem anderen Gedanken abgelenkt wurde.
 

„Glowy... Ich habe nie mit ihr darüber gesprochen... Sie bleibt hier?“, murmelte ich vor mich hin.
 

König Thranduil ließ mich nicht aus den Augen. „König Eomer will um ihre Hand anhalten.“
 

Wie vom Donner gerührt starrte ich ihn an.
 

Dann rannte ich los.
 

Ich holte ihn ein, kurz bevor er den Saal verließ, und blockierte ihm den Weg.
 

„Okay, ich habe mich entscheiden.“
 

Legolas sah mich verwundert an. „Cala, wenn du noch mehr Zeit brauchst-“
 

Ich atmete tief durch. „Ich bleibe hier.“
 

Legolas blinzelte. Einmal, zweimal, dann stöhnte er unelbisch auf und schlang die Arme um meine Taille, um mich zu küssen.
 

Eine kleine große Weile später umarmten wir uns immer noch, völlig ignorant gegenüber unserer Umgebung, und Legolas strich zärtlich über mein Haar. „Du bleibst hier, bei mir?“
 

Ich nickte lächelnd.
 

Er küsste mich erneut und strahlte mich an. „Gut.“ Seine Finger fuhren sanft über meine Wange. „Dann bleibt nur noch eine Frage offen: Soll unsere Hochzeit im Düsterwald oder in Lothlórien stattfinden?“
 

H-Hochzeit?
 

Legolas lachte über meinen Gesichtsausdruck und küsste übermütig meine Nasenspitze. „Ich liebe dich, Cala.“
 

Ich seufzte, denn ich glaubte ihm. Es war ein seltsames Gefühl, sich in mehr als nur dem wörtlichen Sinne an jemanden zu lehnen, aber ich vertraute Legolas.
 

Mir wurde klar, dass ich nie wirklich zurück zur Erde hatte reisen wollen. Mit der Zeit hatte ich mich in Mittelerde und auch in Legolas verliebt, ohne es mir eingestehen zu wollen. Aus Angst.
 

Aber ich konnte doch nicht immer aus Angst davonlaufen, oder? Ich war 18, eine Prinzessin und besaß ein Volk. Vielleicht hatte Mittelerde mir ein wenig darin geholfen, erwachsener zu werden.
 

Ich sah zu Legolas auf und traf seinen Blick, welcher voller Wärme auf mir ruhte.
 

Und vielleicht war es auch gut so, erwachsen zu werden. Legolas würde mir immer zur Seite stehen, genau wie meine Freunde und Familie. Ich hatte überhaupt nichts zu fürchten.
 

„Oh Eru, ich glaube, mir wird schlecht... Hat er sie gerade geküsst?“
 

„Elladan, halt die Klappe!“
 

„Aber Arwen, sie haben sich geküsst! Das ist... schrecklich.“
 

„Ich dachte, du wolltest die beiden zusammenbringen?“
 

„WAS?! Auf gar keinen Fall! Tulu wollte sie zusammenbringen, genau wie Haldir, Glowy, Púren, König Thranduil, Lady Galadriel... du... Warum nur? Meine arme Cousine!“
 

Legolas’ Gesicht versteinerte sich und ich verbiss mir ein Grinsen.
 

Langsam stellte ich mich auf die Zehenspitzen und küsste ihn flüchtig auf den Mund. „Ich glaube, ich liebe dich, Legolas.“
 

Und während Elrohirs Würgegeräusche flüchtig im Hintergrund zu hören waren, hob mich Legolas in die Luft und bedeckte mein Gesicht mit kleinen Küssen, sodass ich hilflos zu kichern anfing.
 

Na ja, man musste ja nicht sofort vollkommen erwachsein sein, oder?
 

~~~~~
 

Wow. Das war’s. Nach 3 Jahren ist die Story endlich beendet. Wow. Okay, ich fühle mich gerade seltsam...
 

Ich weiß, der Epilog ist mega schlecht, aber ich habe lange nachgedacht, wie ich die Story beenden soll und ich wollte einfach noch mal hervorheben, dass Cala sich im Laufe der Story schon etwas verändert hat, tatsächlich etwas erwachsener geworden ist, sich aber ansonsten auch wiederum nicht verändert hat. Na ja. Ich hoffe, es hat euch trotzdem einigermaßen gefallen.
 

Na ja. An dieser Stelle möchte ich mich bei all den Leuten bedanken, die diese FF jemals gelesen oder kommentiert haben! Vielen, vielen Dank! Das hat mir wirklich viel bedeutet. Ohne eure Unterstützung wäre diese Story wahrscheinlich nie beendet worden. *euch allen einen Keks geb*
 

Ich wünsche euch was! Vielleicht bleibt man ja trotzdem irgendwie in Kontakt. *Schultern zuck*
 

Alles Liebe,
 

Channah



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Von:  Soukaina
2011-03-27T11:20:25+00:00 27.03.2011 13:20
Also diese FF ist der absolute Wahnsinn und ich bitte dringend um eine Fortsetzung. Die hoffentlich auch bald folgen wird. hehe ^^
Cala ist wirklich genial ... Glowy ebenfalls ... und das die mit Eomer zusammenkommt ... süß ... darüber will ich aufjedenfall mehr ERFAHREN UND DESHALB WEITER SCHREIBEN ^^

Lg souka
Von:  Kerstin-san
2008-07-30T09:50:04+00:00 30.07.2008 11:50
Hey!
Ich habe von gestern an gelesen und bin jetzt fertig.
Und ich liebe diese ff.
Und ich liebe den Epilog.
Und ich liebe Legolas und Cala.
Die beiden waren sooo knuffig.
lg
Kerstin
Von:  Jazzy-Adachi
2007-07-27T08:34:24+00:00 27.07.2007 10:34
Nett das ich den Epilog auch ma lese XDDDDDD
*so ganz zufällig gesehn hab das abgeschloßen ist*
Menno hättest mir doch bescheid sagen können!!!
*knuff*
egaaaal
Also zu Epilog:
Ich fand den anfang und den Mittelteil total toll ^^
*smile smile*
Naja am ende der Streit zwischen Leggi und Cala war genial XDDD ich musste so lachen. Naja das Ende dieser Kitsch der war irgendwie komisch...kA warum aber egal
Alles in einem ist die FF
GENIAL!!!!
ich glaub ich less sie mir gleich noch mal von vorne durch XDDD
Liebe grüße
Puringirl
P.S: Fängst du eine neue FF an?
Von: abgemeldet
2007-06-21T08:33:49+00:00 21.06.2007 10:33
Ende? *heul*...ich kann mir das grad noch nicht vorstellen das es ganz vorbei ist *g*.
Der epilog war klasse, war zwar ein bisschen viel Handlung auf viel zu wenig Platz aber da gibt es nix auszusetzen...
Ich liebe deinen Schriebstil, Cala's Gedanken und Aktionen^^, die Stimmung der FF...einfach alles ;o).
Auf jeden fall musst du was neues schreiben (am liebsten HdR) oder ne kleine Fortsetzung von Cala und Legolas (Hochzeit?)...
Ich weiß zwar nicht ob ich im nächsten Jahr (Juli bis Juni) bei mexx vorbeischauen kann (Schüleraustausch-Jahr) aber wenn ich wieder nach Deutschland komme will ich vieeeeeeeeeeeel zu lesen haben und zwar von dir *g*.
Ahhhh ich werde die FF "vermissen"...Fand sie und auch dich ganz toll!

Ganz ganz viele liebe Grüße *knuddel*
Jenny
Von: abgemeldet
2007-06-13T16:39:20+00:00 13.06.2007 18:39
woha, was ende!!!
schade eigendlich, die kleine wiederspenstige,
lustige und alle regel brechende cala jetzt nciht mehr lesen
zu können!!! aber ein schönes ende. nur, alles auf einmal,oder nicht?
eeeegal!!^^ naja, ich hät mcih wahrscheinlich nicht so schnell
entscheiden können. vorllame nach der geschichte von lego´s impoten
wär ich noch mehr misstrauisch. eeegal!! toll, toll, toll!!^^
also, da jetzt die ff zu ende, schreibst du doch ne neue, oder??
wäre schade wenn nich, so nen schöner schreibstyl. ^^
lg
Von: abgemeldet
2007-06-13T11:22:15+00:00 13.06.2007 13:22
Ai an dieser Stelle einen kurzen Stimmenruf. Ich rat jetzt einfach mal, aber kann es sein das Ben unser lieber Sohn von Sauron ist? ^^
Von: abgemeldet
2007-06-12T19:06:59+00:00 12.06.2007 21:06
Der Epilog war schlecht? DER EPILOG WAR SCHLECHT?
Gott, du hast ne grottenschlechte Selbsteinschätzung xD
Bin grade voll betrübt dass´e aus ist O__o
Keine lustigen FF´s für´s Lesen auf die Nacht T_T
Man bleibt sicher i-wie in Kontakt ^^v
Die ganze FF war einfach nur super, genial durchdacht und einfach nur toll geschrieben xD

Nochmals tausend Lobe und ´n paar Tränen T.^,
Mera
Von:  yoshi_
2007-06-12T18:55:14+00:00 12.06.2007 20:55
ich liebe diese fanfic
*schnief*
und sie IST MIT LEGOLAS ZUSAMMENGEKOMMEN *___________________*
das is toll..
*durchknuddel*
die fanfic ist wunderschön *schnief*
>.<
tut mir leid ich bin noch ganz wirr xD
ich fand toll!!

yoshi.
Von: abgemeldet
2007-05-30T21:46:00+00:00 30.05.2007 23:46
hui my first comment.
Hab mir geschworen ne ff zu kommentieren, bei der ich von anfang an dabei bin. bei dieser hab ich das allerdings verpasst.
Anyway.
Ich liebe diese FF. Ich muss jedes mal so derbst abfeiern. das geht gar nicht. Mach weiter so.
Ich freu mich auf das nächste Kapitel.
mfg
dat dreamy
Von: abgemeldet
2007-05-26T16:59:42+00:00 26.05.2007 18:59
Zu Ende.
Dramatisch, was mach ich denn jetzt?

Schreibst du vielleicht irgendwann mal eine Neue? ^^

~~~

Ein ganz tolles Kapi. Und niemand ist gestorben! Ein ganz großes Lob dafür.
Ein schönes Ende. ( Ich komm grade aus dem Kino und das Ende von Fluch der Karibik gefällt mir nicht wirklich)

Bleibt Glowy jetzt mit Beau zusammen? Wie unpraktisch, er ist doch gar kein Elb.

Ich lese zur Zeit „Nachrichten aus Mittelerde“, wusstest du, das Galadriel und Celeborn einen Sohn haben/hatten? Ich wusste es nicht, jetzt bin ich schlauer. :)

Hast du dir schon mal überlegt Autor zu werden?

Ich weiß nicht was ich noch schreiben soll. ( Hilfe, ich bin sprachlos!)

Eine großartige FF!

Danke.

~~~

mfg
Narluin


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