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Absolutely Black Rain

von

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Black Rain And The Arts (Of Life)

Disclaimer: Von vorne bis hinten alles meins, bis auf die extra gekennzeichneten Texte! Wer sich was ,ausleihen' will, soll bitte vorher um Erlaubnis fragen.

Kommentar: So hier endlich der nächste Act. Sorry, ich war in den Ferien die meiste Zeit in Berlin und die erste Ferienwoche lang hab ich eine Story runtergeschrieben, die mir dermaßen im Kopf rumschwirrte und mich so von ABR abgelenkt hatte, dass ich sie schreiben MUSSTE oder ich wär noch verrückt geworden... Egal, dafür hab ich in Berlin ein viertel meines ziemlich dicken Notizbuches mit neuen Szenen zu ABR gefüllt... *kreative Phase* -.^ Nochmal danke für all das liebe Feedy . Da fällt mir ein, ich hab in Berlin soo ein knuffiges Bishiepaar getroffen... das war soo kawai, wie die Händchen gehalten ham *seuuuufz*

Mh, na ja, leider hat mein Schulalltag gleich wieder mit unzähligen Arbeiten angefangen und langsam fühl ich mich echt scheiße, aber bei ABR kann ich mich ja dann entspannen ^__^ Aber nur so ne Frage an diejenigen, die die Gymnasiumzehnte lebend überstanden haben: Gibt's da irgendwelche Survivaltipps dir ihr mir vielleicht verraten wollt?? Okay, genug aufgeregt, weiter im Text ^^°

Langsam gewinnt man mehr Einblicke in Rains Gefühlswelt und auch Auriels Gefühle für Rain kristallisieren sich jetzt langsam heraus ^__^

Sorry für den Titel, mir fiel absolut nichts besseres ein >.< Ursprünglich sollte der Act auch länger werden, aber irgendwie... Nja, so schlecht ist die Stelle nicht als Ende von daher ist es jetzt ein Ende ^.^ Dann könnt ihr euch wenigstens schon mal auf ein schönes Einstiegskapitel für den nächsten Act freuen ^.^

Mh, danken möchte ich natürlich wieder meinen beiden betas shunima und netti(ich pass das nächste Mal besser auf wegen den Synos und Adjektiven ^.^) - ihr seid die besten betas der welt ^.^ Außerdem widme ich diesen ACT diesmal zusätzlich noch Liam. Ein kleines Danke für jede einzelne Sekunde mit dir...

Und Anika möchte ich auch danken. Zusammen heulen ist doch am schönsten *schief grins und knuddel* Und Dave auch. Hab dich lieblieblieb ^__^ Nicht zu vergessen Henry, Ethan und natürlich Brian. Ohne euch hätt ich diesen Monat echt gar nichts zustande gebracht >.< (tut mir leid, ich hoff es wird wieder besser ^^°).

Übrigens noch ein Dank an das Testament - falls er das überhaupt je liest -, weil er mir wegen meiner Rainzeichnung nicht den Kopf abgerissen hat ^^° passiert echt nicht wieder - gomen >.<
 

Act Seven: Black Rain And The Arts (Of Life)

[Schwarzer Regen Und Die Kunst (Des Lebens)]
 

~ Für Brian, meinen Lieblingshomo - ich hab dich ganz doll lieb *dich umwerf und durchknuddel* ~
 


 

VOLUME 1

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"Die Hölle, das sind die anderen" - ~Jean Paul Sartre~

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Auriel und Rain hatten sich eine Weile gegenseitig veralbert, bis die meisten Gäste des Apollons versorgt waren und Vincent die Arbeit getrost wieder ganz allein seinen Angestellten überlassen konnte.

"Uff", machte Vincent und ließ sich neben Rain auf die gemütliche Bank fallen, die den Tisch wie ein U umschloss.

"Viel zu tun, was?", fragte Auriel mitfühlend. Als Kellner und Barkeeper eines so belebten Szeneclubs wie dem Evenstar wusste er nur zu genau, wie anstrengend so etwas sein konnte.

Vincent lachte hell. "Ja, kann man so sagen - aber ich bin wohl der Letzte, der sich darüber beschweren wird, dass das Geschäft so gut läuft."

Auriel nickte lächelnd. "Das glaube ich dir gern."

"Trotzdem: Ich glaube, ich muss langsam wieder einen zweiten Barkeeper einstellen. Auf die Dauer schlaucht das Ganze dann doch ganz schön. Ich mein, ich hab ja schon immer mitgeholfen und es macht mir ja auch Spaß, aber den ganzen organisatorischen Kram erledigen und nebenbei noch Vollzeit-Barkeeper spielen, dafür reicht mir einfach nicht die Zeit..."

"Wird schon", munterte Rain ihn auf und klopfte ihm auf die Schulter.

"Pf!", machte Vincent und wedelte lässig mit seiner Hand herum. "Es MUSS! So einfach ist das! Basta!"

"Da fällt mir ein...", sagte Rain und schnappte sich seinen Rucksack, der nur einen Gurt besaß mit dem man ihn sich quer über den Bauch hängen konnte, um eifrig in ihm herumzukramen. Dann schaffte er es endlich so umständlich wie möglich eine undurchsichtige Bewerbungsmappe zu Tage zu fördern und sie auf den Tisch zu legen. "Du hast doch gesagt, du willst ein paar neue Bilder haben, nachdem die von Morgeneyer[1] verkauft sind..."

Auriel funkte ihm ungeniert dazwischen. "Ach? Ich dachte die gehören alle dem Apollon?"

Vincent schüttelte den Kopf. "Nein. Die meisten schon, aber manchmal helfe ich auch ein paar vielversprechenden Talenten ihre Bilder zu verkaufen, indem ich sie im Apollon ausstelle. Musst mal genauer auf die Schildchen unten drunter schauen. Bei manchen steht nämlich "Preis auf Nachfrage". Am liebsten kaufe ich sie aber. Wenn einem etwas wirklich gut gefällt und man sich so sehr dran gewöhnt hat, man es dann aber doch wieder weggeben muss, ist das nicht einfach... Ich hänge einfach zu sehr an den Dingern..."

"Aber ist das nicht teuer? Und geht nicht irgendwann mal der Platz aus?", wollte er erstaunt wissen.

Erneut verneinte der Inhaber des Apollons. "Ich finde immer Platz. Außerdem leitet mein Cousin eine Kunstgalerie, der ich alle Bilder, die ich hier leider Gottes nicht aufhängen kann, zu Ausstellungszwecken zur Verfügung stelle. Für Kunst habe ich mich schon immer sehr interessiert und wer nun mal nicht mit einem so begnadeten Talent ausgestattet wurde wie du, der verlegt sich halt eben aufs Sammeln, um auf seine Kosten zu kommen. Was die Preise angeht... die sind Verhandlungssache und für wirklich gute Bilder bezahle ich auch gern einmal mehr. Meistens kriege ich sie aber sogar zu einem etwas günstigeren Preis, weil es ja gleichzeitig auch kostenlose Werbung für die Künstler ist... Und schließlich ist das Apollon für seine künstlerische Atmosphäre bekannt. Wo kämen wir denn hin, wenn hier zehntausend Jahre immer nur das Gleiche hängen würde? Wir sind hier schließlich kein Kunstarchiv! Ist ja auch nicht so, als würde ich ständig zehn Kunstwerke auf einmal kaufen. Und bezahlt wird das Ganze a) durch das Essen und Trinken, wo ja auch ein Teil für Einrichtung und Instandhaltung des Apollon berechnet wird und b) durch einen kleinen Teil des Eintrittsgeldes für die Ausstellung, den ich bekomme."

Sprachlos sah Auriel ihn an. "Organisationstalent, was?", bemerkte er schließlich, in Ermangelung einer intelligenteren Erwiderung.

Lachend winkte Vincent ab. "Überhaupt nicht! Und hör auf mich dauernd so verlegen zu machen!"

Rain räusperte sich.

"Willst du uns irgendetwas sagen, Rainie-Schatz?", säuselte Vincent auch sofort.

Rain starrte ihn trocken an. "Da ihr Klatschweiber mich eh nicht ausreden lasst... Hier..."

Verblüfft nahm Vincent die Bewerbungsmappe an, deren Inhalt Auriel trotz aller Neugier leider nicht erkennen konnte.

"Wow... Das... wow....", machte der Strohblonde immer wieder. "Das... Rain, das ist Wahnsinn! Woher zum Henker hast du die?"

"Guck auf die Unterschrift, du schlaues Kind!!" Rain verdrehte die Augen.

Vincent tat wie geheißen und sah plötzlich überrascht zu Auriel, dann zu Rain. "Du meinst, die sind von...", er sprach nicht aus, wandte sich schon wieder zu Auriel: "Sag mal, du heißt doch mit Nachnamen Ephebe, oder?"

Auriel blickte ihn verdutzt an. "Jaa... Aber woher weißt du das?"

"Könnte sein, dass dir das hier vielleicht bekannt vorkommt...", erwiderte "Vin" und reichte ihm wortlos die Mappe.

Heißes Blut schoss Auriel in die Wangen, bevor er empört zu Silius aufsah. "RAIN! Was fällt dir ein, einfach meine-?"

"Sie lagen da einfach offen rum... Schließlich ist das immer noch auch _meine_ Wohnung, oder? Und da stand nirgendwo quer übers Blatt in roter Schrift TOP SECRET drauf...", rechtfertigte sich Silius achselzuckend.

Vincent hatte Auriel derweil wieder die Mappe abgenommen ("Die ist doch viel zu schwer für dich - komm ich halt sie dir.") und blätterte mehr als nur interessiert - nämlich eindeutig begeistert - darin herum.

Auriel störte das im Moment jedoch eher weniger. Seine Aufmerksamkeit galt gerade ungeteilt dem schönen _Sünder_. "Du kannst doch nicht einfach-"

"Ich vermarkte gerade deine Bilder - also sei still und pass gut auf wie man sowas macht!", erwiderte Rain ungerührt, lächelte ihn dabei aber doch irgendwie so überzeugend an, dass Auriel unwillkürlich stockte. Dieses Lächeln, täuschte er sich oder war es...

"Reiner Wahnsinn!", stellte Vincent leicht atemlos fest und setzte sich rüber zu Auriel.

"Das sind Rohskizzen! _ROH_-_SKIZZEN_!!!", rief Auriel ungläubig, fragte sich gerade ernsthaft, ob Vincent ihn auf den Arm nehmen wollte.

/Halloo, das ist sowas von P.E.I.N.L.I.C.H.!!/

Vincent starrte ihn an, sah nun doch ein wenig unsicher zu Rain. "Ist das sein Ernst?"

Rain zuckte mit den Achseln. "Schätze schon... Du hast nen unverbesserlichen Perfektionisten neben dir sitzen..."

"Hey!", rief Auriel. "Das ist gemein!"

"Nö, nur die Wahrheit!", gab Rain zurück. "Muss ja auch nicht schlecht sein, perfektionistisch zu sein. Bin ich schließlich auch..."

"Duu? Seit wann das denn, bitte schön? Du machst doch nie was!", warf Auriel ihm vor, hatte schon vergessen, dass sie erst seit genau einer Woche zusammenwohnten und sich eigentlich auch nicht viel länger kannten.

"Oh, das stimmt schon!", mischte sich "Vinnie" ein. "Er geht zwar nie zu den Proben und so, aber was seine Texte und seine Rollen angeht ist er echt ein Perfektionist. Wenn er nicht behaupten kann "Nur Gott ist besser", musst du dir von ihm pausenlos die Ohren vollsülzen lassen über die Ungerechtigkeit des Lebens, die sich immer nur den armen Rainie-chan aussucht!"

Silius schnaubte. "Das hättest du wohl gern!"

"Egal!", wechselte Vin geschickt das Thema. "Wir waren bei Auriels _Rohskizzen_", sagte er und betonte das Wort übertrieben deutlich. "Könntest du mal Rain für mich malen? Und euren Campus? Und ich wollte schon immer mal so ein schönes philosophisches Gemälde, ähnlich wie die Fotos von Kay, nur eben gemalt. Und dein Stil ist wirklich toll! Ach ja und wenn du Zeit hast... Ach so, kann ich die eigentlich haben, oder brauchst du die noch?"

Auriel lief rot an. "Wenn du sie unbedingt willst...", murmelte er verlegen.

/Lieber Gott, kann es sein, dass sämtliche Bekanntschaften von Rain einen an der Waffel haben? Nur so gaaanz rein zufällig natürlich?/

Am Ende war er um alle Skizzen, die Rain hatte finden können, ärmer und hatte zudem noch die Drohung von Vin am Hals, dass der irgendwann dieser Tage noch mal bei ihnen in der Wohnung vorbeischauen würde...

Er ließ seinen Blick durch den Raum schweifen und als er dabei die Wanduhr streifte fielen ihm fast die Augen raus. "Is nich wahr! Wir sitzen jetzt echt schon dreieinhalb Stunden hier??", fragte Auriel fassungslos.

Rain gluckste. "Du müsstest dein Gesicht sehen... Aber ja, solange sind wir schon hier. Mit Freunden vergeht die Zeit eben wie Flug... Aber vielleicht sollten wir wirklich langsam gehen, sonst halten wir Vincent nur von seiner Arbeit ab..."

/Mit Freunden.../, dachte Auriel und musste lächeln.

"Och", machte Vincent übertrieben enttäuscht, stand auf und seufzte. "Aber vermutlich hast du Recht, Silius... Na dann macht's gut und kommt mal wieder vorbei."

Auriel nickte. Das Apollon hatte ihn in seiner gemütlich-warmen, künstlerischen Atmosphäre sofort für sich eingenommen und zugegebenermaßen fand er auch Vincent sehr nett, wenn auch ein wenig gewöhnungsbedürftig, obwohl er solche Frohnaturen ja gewissermaßen schon von Kay kannte und den mochte er schließlich auch sehr.

"Ciao...", lächelte Auriel.

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[1] Da mir in der Schnelle kein Nachname einfiel, der NICHT Müller oder so lautete, hab ich einfach mal den meines durchgeknallten aber liebenswürdigen Geographielehrers entwendet, der seinen Schülern Thunfischbrote macht( um ihnen nach dem leckeren Schmaus zu erklären, dass sie so eben Mitschuld am Tod eines Delfins tragen [*wäääh* aber ER hat auch mitgegessen *schniief*]) und mit ihnen Gummienten ins Weltmeer schicken will *lach* Übrigens wird das Morge-neyer ausgesprochen und nicht Morgen-eyer *rofl*
 


 

VOLUME 2

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"[...]
 

Hab versucht

Deinen Blick zu versteh'n

Könnt ich nur durch deine Augen sehn

Sag mir wie's weiter geht
 

[...]
 

Tausend Fragen dreh'n sich nur um dich

Tausend mal gestrandet ohne dich

Tausend Straßen ohne Ziel, doch du kommst niemals an

Was immer ich auch tu, du machst die Augen zu
 

Tausend Fragen dreh'n sich nur um dich

Was soll ich tun mein Engel wann siehst du mich

Ich fleh dich an, denn ganz egal, was ich tu

Du machst die Augen zu, du machst die Augen zu"
 

~aus "1000 Fragen" von Silbermond (Album: "Verschwende deine Zeit")~

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"Bye!", verabschiedete sich auch Rain und schob Auriel vor sich her aus dem Apollon.

Als sie es verließen schob sich ein Mann um die dreißig an ihnen vorbei und warf ihm einen langen Blick zu, was ihn nicht weiter kümmerte - er war es ja gewohnt -, aber der lüsterne Blick, mit dem der Typ auch Auriel kurz gemustert hatte, hatte ihm weniger als gar nicht gefallen und sobald sie draußen waren, ergriff er sofort wieder Auriels Hand und zog ihn noch etwas mit sich, bevor er in ein normales Spaziertempo verfiel.

"Wollen wir zurück oder möchtest du noch etwas machen?", fragte er Auriel.

Auriel schüttelte mit noch immer leuchtenden Augen den Kopf. "Nein, ist in Ordnung. Wir können zurückfahren."

/Memo an mich selbst: Auri vernaschen, sobald wir zu Hause sind!/

Er lachte leise über Auriels süße Glückseligkeit und schlug dann mit ihm den Weg zum Hauptbahnhof ein, wo sie sein Motorrad abgestellt und die Schutzhelme in zwei Schließfächern weggeschlossen hatten.

Lächelnd schlenderte Silius mit Auriel durch die schönen Kopfsteinpflasterstraßen. Obwohl er gleich zwei Eiskaffees getrunken hatte, verspürte er ein wunderbar warmes Gefühl durch seinen gesamten Körper strömen und seine Haut schien vor Glück nur so zu prickeln.

Auriel fand Vincent ("Sag Vin und du sparst 'nen Cent"[1]) zwar leicht durchgeknallt und jener betitelte ihn in voller Begeisterung für Rains "Wahl" pausenlos mit so _hübschen_ Namen wie "Schnuckel", "Schnuffel" und Co., aber irgendwie mochten sie sich doch.

Vincent hatte sich in seiner Sofort-Sympathie auch selbst dazu verpflichtet zu Auriels erster Ausstellung zu kommen, sie am besten sogar gleich zu organisieren, wenn er nur durfte, (und als Auriel gerade abgelenkt gewesen war, hatte er Rain leise geschworen, nicht wieder herauszukommen ohne dem Künstler wenigstens ein Werk abgekauft zu haben) da ihm die Bilder, die Kay fotografiert hatte, sehr gefallen hatten und ihn ja schon allein diese, wie Auriel sie betitelte, "Rohskizzen" hellauf begeistert hatten.

Ja, Rain war froh, dass sich bis jetzt alle seine engen Freunde so gut mit Auriel verstanden. Denn ebenso, wie er nie wieder einsam und allein sein wollte, so wollte er für ihn da sein, so wünschte er sich auch für Auriel, dass er nie wieder Einsamkeit fühlen musste. Und so wie er noch immer Angst hatte, jemand könne ihn hassen, ihn wirklich verabscheuen, so wollte er seinen Stadtkrieger lieben und ihn vor Hass und Verachtung beschützen, damit es ihm nie so erging, wie Rain bei seiner Großmutter...

Er musste an ein Gedicht denken, indem er die schmerzenden Erinnerungen an die ewigen, zermürbenden Schreie verarbeitet hatte und nahm sich vor, mal wieder seine älteren Texte hervorzukramen und vielleicht das ein oder andere zu überarbeiten.
 

Auriel sah ihn nachdenklich von der Seite an. Für seinen Geschmack sah Silius eindeutig zu ernst drein. Irgendwie glücklich und zufrieden zwar, und trotzdem todernst.

/Huh, pass auf, dass du beim Gehen nicht am Bürgersteig festfrierst, du Eisberg!/

Er selbst fühlte sich im Moment blendend und sah nicht ein, dass es Rain anders gehen sollte. Also fragte er mit frechem Unterton und doch interessiert: "Woran denkst du gerade... Liebling?"

Auriel konnte gar nicht so schnell gucken, wie Rain den Kopf hochriss und ihn verblüfft anstarrte, als wäre er ein schlafender Engel, den man gerade unsanft aus seiner Schäfchenwolke auf die Erde hinabgeschüttelt hätte.

"Nichts, Auri", erwiderte Rain mit einem seltsam wehmütigen Unterton, den er selbst vermutlich nicht einmal bemerkte. Als er dann jedoch versuchte zu lächeln und wirklich kläglich daran scheiterte, hob Auriel zweifelnd-fragend die Augenbraue.

Silius seufzte, grinste dann schief. "Ich freue mich, dass du so gut mit Vincent und überhaupt mit meinen Freunden zurecht kommst."

"Und deswegen ziehst du auch so eine Trauermiene", nickte Auriel ernsthaft und verdrehte dann die Augen.

Der Langhaarige lachte leise. "Nein, _Schatz_. Ich freue mich tatsächlich darüber. Ich hab dabei nur ein wenig nachgedacht und... na ja..."

Auriel sah ihn fest an und bemerkte plötzlich, mit scheinbar grundlos schneller schlagendem Herzen, dass es ihn verletzte - dass es _weh tat_, weil Silius sich vor ihm verschloss.

/Könnte ich doch nur in dich hineinsehen... Aber immer spiegeln deine Augen nur und lassen mich nicht durch sie hindurchschauen.../

"Rain, wir... sind doch jetzt Freunde, oder?", fragte Auriel leise.

Sofort begann Silius heftig zu nicken. "Natürlich! Ja!!"

"Dann sag das nächste mal die Wahrheit - ich meine, die _volle_ Wahrheit...", antwortete Auriel so leise, dass er fast flüsterte. "Geteiltes Leid ist halbes Leid und es macht mir wirklich nichts aus - im Gegenteil: Ich _freue_ mich darüber, wenn du offen zu mir bist..."

Einen Moment starrten ihn die zwei tiefen Ozeane sprachlos an, dann drückte Rain leicht seine Hand.

Der Kunststudent nickte nur schweigend und ging dann Hand in Hand mit Silius weiter. Und erstaunt bemerkte er, dass es ihn nicht störte, auch nicht die vielen Blicke, die auf sie geworfen wurden, nein, es gefiel ihm sogar, denn es hatte eine sonderbar beruhigende Wirkung auf ihn und fühlte sich so seltsam... _vertraut_ an...
 

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[1] Ein liebes Grüßchen und ein großes Dankeschön an Gaby für den Spruch und natürlich auch das liebe Feedy ^.^
 


 

VOLUME 3

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"Im Nebel
 

Seltsam, im Nebel zu wandern!

Einsam ist jeder Busch und Stein,

Kein Baum sieht den andern,

Jeder ist allein.
 

Voll von Freunden war mir die Welt,

Als noch mein Leben licht war;

Nun, da der Nebel fällt,

Ist keiner mehr sichtbar.
 

Wahrlich, keiner ist weise,

Der nicht das Dunkel kennt,

Dass unentrinnbar und leise

Von allen ihn trennt.
 

Seltsam, im Nebel zu wandern!

Leben ist Einsamsein.

Kein Mensch kennt den andern,

Jeder ist allein."
 

~Herman Hesse~

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Auriel schaute lächelnd aus seinem Fenster und sah Rain hinterher, der noch mal schnell in die Bibliothek wollte um sich ein bisschen Lektüre für den Stoff zu holen, mit dem sein nächstes Literatur-Semester begann, und noch ein paar Briefe zur Post zu bringen.

Als Rain außerhalb seines Blickfeldes war, ließ er sich glücklich nach hinten fallen, schloss für einen Moment behaglich die Augen, während er auf dem Bett alle Viere von sich streckte.

Nach einer Weile klopfte es an der Tür und Auriel stand verwundert auf.

/So schnell kann er doch nicht zurück sein, oder?/

Als er öffnete standen ein freudestrahlender Yves und ein überglücklicher Kay vor der Tür und er wurde nicht nur von dem Braunhaarigen stürmisch umarmt.

Auriel lachte und ließ sie herein. "Schön zu sehen, dass bei euch wieder alles in Ordnung ist..."

"Das werden wir euch nie vergessen, Auriel", erwiderte Kay ernst, doch er winkte nur ab und bedeutete ihnen, sich hinzusetzen.

"Da konnte man ja einfach nicht mehr zusehen - also habe ich einfach getan, was ich für richtig hielt."

"Danke", sagte Yves ehrlich und küsste Kay kurz mit leuchtenden Augen, bevor er seinen Kopf vertrauensvoll auf der Schulter seines Geliebten ruhen ließ und Auriel zufrieden anstrahlte.

Der musste lächeln bei dem Bild, dass sich ihm zeigte. Ja, es war schön, die beiden wieder zusammenzusehen - der Blondschopf und der Fotografiestudent waren ganz eindeutig füreinander geschaffen. "Gern geschehen..."

Das Telefon unterbrach ihn. Auriels Augen wanderten automatisch zur Station des schnurlosen Telefons, doch da war es jedenfalls nicht. Eigentlich hatte er das auch nicht wirklich erwartet, denn Rain hatte die Angewohnheit, es dauernd irgendwohin zu verschleppen und dann dort zu vergessen.

Eilig folgte er dem Geräusch und fand es schließlich auf der ausfahrbaren Ablage unter der Tischplatte von Rains Schreibtisch.

"Ephebe?", meldete er sich gespannt.

Einen Moment war es still, dann rief eine wohlbekannte Stimme. "Ach Auri, du bist es... Sorry, ich muss mich einfach noch dran gewöhnen, dass du dir jetzt mit Rain die Wohnung teilst..."

"Vincent?"

"Genau der", lachte Vin und fragte sofort weiter. "Sag mal, sind Kay und Yves bei euch? Bei ihnen geht nämlich niemand ran..."

"Ja, die beiden sind hier", bestätigte er und ging zurück ins Wohnzimmer.

"Könntest du mir dann mal Yves geben?"

Er nickte, bevor ihm klar wurde, dass Vincent dies wohl kaum sehen konnte und fügte noch hinzu: "Klar doch."

Dann gab er Yves das Telefon. "Hier, für dich. Ist Vincent." Er nahm einfach mal an, dass Yves und Kay Vincent kannten, wenn doch eines von Kays Kunstwerken bei ihm hing und jener auch von Yves sprach, wie von jemandem, den man sehr gut kannte.

Yves nickte dankend und entfernte sich ein bisschen, damit Auri und Kay sich derweil weiter unterhalten konnten.

"Ach so...", fiel Kay ein und gab Auriel einen dicken schwarzen Einband, über dessen Umschlag sich lediglich ein paar schöne, stilisierte weiße Rankenmuster zogen.

"Was ist das?", wollte Auriel wissen.

"Das sind ein paar Fotos von mir. Ich wollte dir doch welche geben, damit du mal so einen kleinen Einblick in mein Schaffen gewinnst... Außerdem hab ich noch extra ein paar gute Bilder von Rain herausgekramt, die dir ein bisschen vom Wesen des werten Herrn zeigen sollen - sozusagen als seelische Unterstützung für deinen Umzug", zwinkerte er.

Auriel lächelte. "Danke, aber so schlimm ist er eigentlich gar nicht... wenn auch ziemlich verwirrend... manchmal."

Kay nickte. "Ja. Es ist nicht immer ganz leicht, ihn zu verstehen und überhaupt an ihn heranzukommen war - ohne mich selbst loben zu wollen- schon eine kleine Glanzleistung von mir. Andererseits ist er auch ein wirklich sehr guter Freund, wenn du einmal sein Vertrauen erlangt hast." Er lächelte. "Aber ich glaube, das wirst du schnell erkennen, wenn du es denn nicht schon längst bemerkt hast... Und wenn du Fragen hast oder Hilfe in Sachen Rains Sturheit brauchst, brauchst du nur zu mir zu kommen... Schließlich hab ich euch sozusagen verkuppelt und dann muss ich ja auch als Schlichter für Beziehungsprobleme und Ehekrach bereitstehen."

Auriel tat so, als wolle er Kay für den letzten Satz erwürgen, doch der tauchte nur zu Seite weg und lachte vergnügt. Dann aber sah er den jungen Studenten mit den warmen braunen Augen zögernd an.

Kay startete einen Gegenangriff und brachte Auriel geschickt aber nur freundschaftlich in den Schwitzkasten und verwuschelte ihm die Haare. "Nun sag schon, was du auf dem Herzen hast - sonst erstickst du noch dran und das wollen wir doch nicht!", rief er tadelnd und gab Auriel wieder frei.

Der blätterte herumdrucksend noch etwas in dem Album und blieb an der Fotografie eines friedlich auf einer Wiese schlafenden Rains hängen, bevor er kleinlaut sagte: "Da... wäre tatsächlich etwas..."

Sein Gegenüber hob fragend die Augenbraue. "Ja? Weiter...?!", nachdrücklich machte er mit den Händen eine auffordernde Geste, weiterzusprechen.

"Ich... ich mag Rain... sehr... Aber manchmal.... setzt er diese "Maske" auf und schlüpft in die Rolle einer Person, die... ihm vielleicht gefällt, aber die er _einfach nicht ist_!!!"

"Natürlich tut er das", sagte Kay ruhig und klopfte ihm leicht und beruhigend auf die Schulter. "Auriel, er mag dich! Was Liebe, _wirkliche_ Liebe - selbst in ihrer kleinsten Form - angeht, ist er noch immer ein Kind. Er möchte, dass du ihn gern hast, also versucht er so gut wie möglich zu etwas Vollkommenem zu werden, das dir gefallen könnte, ohne dass du ihm je überdrüssig oder böse sein wirst..."

"Dummkopf", flüsterte Auriel traurig-leise.

"Ich weiß nicht, Auriel...", machte Kay und sah nachdenklich auf das Bild. "Wollen wir nicht alle ein wenig Anerkennung und Liebe? Wir alle haben doch Angst davor, völlig allein zu sein... Und auch wenn Rain manchmal wie ein einsiedlerischer Steppenwolf anmuten mag, ist er doch eigentlich ein hoffnungsloses Rudeltier... Er sagt oft, dass ihm - abgesehen vielleicht von seinen echten Freunden - alle egal sind und auch ihre Meinung... Aber das stimmt nicht, denn eigentlich erträgt er Einsamkeit nur sehr schlecht - wenn überhaupt - und will am liebsten von allen gemocht werden... Er würde schlicht und einfach wahnsinnig werden, wenn du ihn allein auf einer einsamen Insel aussetzen würdest - Was für viele, die sich mal richtig entspannen wollen, das allerhöchste der Gefühle ist, wäre für ihn der schiere Alptraum..."

Auriel starrte Kay gedankenverloren an, versuchte das, was er hörte, in sich aufzunehmen und zur Weiterverwendung zu verarbeiten.

"Wenn man ihn noch vor wenigen Tagen gesehen, gehört, _erlebt_ hat, hätte man tatsächlich meinen können, er hätte mit seinem geliebten Wasser fast das ganze Feuer aus sich vertrieben: Seine Haut immer leicht zu kühl, sehr blass und nur selten gerötet; die Augen durchdringend, meerblau und die meiste Zeit auch ebenso kühl wie ein Ozean; selbst das Feuer der Liebe hatte er aus sich vertrieben. Allein die Feuer von Lust, Leid(enschaft) und Zorn waren ihm noch nicht völlig fremd", sprach Kay mit einem Blick der sonderbar nachdenklich in der Ferne schweifte. "Das war dieses Ideal, diese perfekte Maske, die er gesucht hatte... Aber... vielleicht ganz ohne es zu wollen... _Du_ hast ihn verändert... Hast Dornröschen aus dem hundertjährigen Schlaf geweckt..."

Auriel kam mit einem Schlag in die Wirklichkeit zurück, sah seinen Freund überrumpelt an. "ICH??", echote er ungläubig.

Kays Blick kehrte zurück aus den Fremden, um die nur er und vielleicht noch Yves wussten, und er sah Auriel lächelnd an, nickte dann. "Ja _du_, Auriel... Ich kenne Rain nun bald vier Jahre und ich denke, ich kann behaupten ihn auch gut genug zu kennen, um so grundlegende Änderungen in ihm festzustellen, wie du sie bei ihm bewirkt hast..."

Einige Sekunden später, in denen Auriel nur völlig durcheinander sein Gegenüber angesehen hatte, beendete Yves sein Gespräch und Kay sah seinen Geliebten fragend an.

"Dieser Mann aus Berlin... der mir das mit dem Solokonzert vorgeschlagen hatte... er ist heute Mittag angekommen und wartet im Apollon auf mich..."

Sich für ihn freuend lächelte Auriel. "Dann solltest du wohl besser gleich gehen!"

Yves nickte dankbar und blickte zu Kay. Er hatte Auriel schon vor einiger Zeit erzählt, dass der Mann Yves für einen Galaabend mit vielen sowohl allgemein als auch musikalisch sehr bekannten und "wichtigen" Gästen haben wollte und er wusste auch, wie wichtig das Ganze dem blonden Musikstudenten war. Es baute Yves natürlich sehr auf, dass dieser Mann ausgerechnet und unbedingt ihn haben wollte, es war eine Chance sich, seinen Eltern und der ganzen Musikwelt zu zeigen, wie weit er es mit seiner Leidenschaft und seinem ungebrochenen Willen bereits gebracht hatte und, was für den doch sehr verträumten und romantischen Yves noch tausend Mal wichtiger als jeglicher Ruhm und Geld war: Er durfte seine Musik mit vielen anderen Menschen teilen, er durfte sie für einige Zeit in eine andere Welt entführen, sie in Träumen schwelgen lassen und glücklich machen.

Kay stand auf, drückte seinen Blondschopf erfreut an sich und küsste ihn sanft und sehr liebevoll. "Nein, Yves... Du wirst es schaffen, da bin ich mir sicher..."

Leicht verwirrt lauschte Auriel dem Gesagten, das für ihn natürlich völlig ohne Zusammenhang war, konnte dann aber doch nur über sein eigenes Unverständnis lächeln. Ja, das musste wohl wahre, vollkommene Liebe in ihrer reinsten Form sein... Kay brauchte wirklich und wahrhaftig kein einziges Wort von Yves und verstand ihn doch... Auriel wollte nicht daran denken, was mit ihnen geschehen wäre, wenn sie tatsächlich getrennte Wege gegangen wären...

Als jedoch nur Yves zur Kommode ging und sich die Schuhe anzog, fragte er doch sehr verwundert: "Gehst du nicht mit, Kay?"

Der sah ihn beinahe empört an und selbst Yves runzelte leicht die Stirn über Auriels Frage, als wäre sie so vollkommen unnötig gewesen, wie nur irgend möglich. "Ich kann dich doch hier nicht einfach allein lassen!"

Auriel lächelte warm. "Danke Kay, das ist sehr lieb, aber das ist sehr wichtig für Yves und deshalb finde ich, dass du dabei sein solltest... Ich bin schließlich erwachsen und Rain kommt auch bald wieder."

Der Braunhaarige - ganz zu schweigen von dem Musikstudenten - sah ihn einen Moment nur ehrlich verblüfft an, dann begann er breit zu lächeln, drückte ihn ohne Vorwarnung an sich und klopfte ihm freundschaftlich auf die Schulter. "Siehst du... genau wegen solchen Aktionen und Reaktionen mögen wir dich so..."

Auriel murmelte verlegen etwas, das so leise war, dass er es selbst nicht verstand, aber mit viel gutem Willen vielleicht noch als "Blödsinn" ausgelegt werden konnte.

Kay schüttelte mit einem nachsichtigen Lächeln den Kopf und stand auf. "Wenn du meinst...", sagte er nur. "Allerdings kann ich dir da ausnahmsweise einmal nicht zustimmen..."

"Was ist mit dem Album?", fragte Auriel mit roten Wangen, war froh, dass ihm dieser Themenwechsel eingefallen war, weil es ihm doch irgendwie peinlich war.

"Wenn du willst, kannst du es behalten. Sind sowieso nur Abzüge und sie sind auch fast alle schon aufgeklebt..."

Auriel verabschiedete sie also schließlich beide, wünschte Yves viel Glück und bedankte sich noch einmal herzlich für die Fotos, da er Kays Fotografien wirklich sehr mochte und sich auch darüber im Klaren war, dass er solche Alben, und sei es auch "nur" eines mit Abzügen, ganz bestimmt nicht an jeden Wildfremden verschenkte.
 

VOLUME 4

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"Chinesisch
 

Mondlicht aus opalener Wolkenlücke

Zählt die spitzen Baumbusschatten peinlich,

Malt der hohen Katzenbuckelbrücke

Spiegelbild aufs Wasser rund und reinlich.
 

Bilder sind es, die wir zärtlich lieben,

Auf der Welt und Nacht lichtlosem Grunde

Zauberisch schwimmend, zauberisch hingeschrieben,

Ausgelöscht schon von der nächsten Stunde.
 

Unterm Maulbeerbaum der trunkene Dichter,

Der den Pinsel wie den Becher meistert,

Schreibt der Mondnacht, die ihn hold begeistert,

Wehende Schatten auf und sanfte Lichter.
 

Seine raschen Pinselzüge schreiben

Mond und Wolken hin und all die Dinge

Die dem Trunkenen vorübertreiben,

Dass er sie, die flüchtigen, besinge,

Dass er sie, der Zärtliche, erlebe,

Dass er ihnen Geist und Dauer gebe.
 

Und sie werden unvergänglich bleiben."
 

~Herman Hesse~

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Fast sofort nachdem Kay und Yves gegangen waren hatte das Telefon ein zweites Mal geläutet und Rains Stimme hatte ihm erklärt, dass er einen alten Bekannten in der Bibliothek getroffen hatte, den er schon ewig nicht mehr gesehen hatte und mit dem er sich noch ein wenig in einem kleinen Café unterhalten wollte, sodass er erst später wieder zu Hause sein würde.

Und als Auriel eine Minute später auflegte, hatte er unwillkürlich lächeln müssen. "Zu Hause", flüsterte er und lauschte dem Klang, sodass sich sein Lächeln noch vertiefte. Ja, das hörte sich gut an. Und er konnte nicht leugnen, dass ihm warm ums Herz wurde, wenn er daran dachte, dass Rain ihn tatsächlich als einen so guten Freund ansah, dass er extra anrief, damit sich Auriel keine Sorgen um ihn machte...

Einfach nur beschwingt, weil zwei seiner neuen drei besten Freunde ihn nicht nur mochten, sondern auch wieder glücklich miteinander waren und der dritte ihm ebenfalls eine so tiefe Freundschaft entgegenbrachte, stellte er das Telefon zurück in die Ladestation und setzte sich im Schneidersitz wieder auf die Couch, die neben seinem neuen Bett und der Fensterbank davor wohl zu seinem neuen Wohlfühlplatz für behagliche Kuscheldeckensitzungen mit genügend Schoki und leckerem Tee werden würde...

Interessiert nahm Auriel das Album mit den zumeist etwa Din-A4-formatigen Bildern und nahm sich viel Zeit, um eines nach dem anderen zu betrachten und gleichzeitig auch zu verstehen, machte sich ohne es zu merken über jedes Bild seine eigenen Gedanken: Wo und wann es wohl geschossen worden, wie es entstanden war und und und.

Bei einem Bild jedoch stockte er plötzlich, starrte völlig überrascht auf die glänzende, gestochen scharfe Schwarzweiß-Fotografie in seinem Schoß.

Er war also nicht der einzige, der dieses Bild von einer Maske in sich trug... Irgendwie war er nicht wirklich auf diesen Anblick vorbereitet gewesen und fragte sich, wie Rain wohl darauf reagiert hatte, als Kay ihm seine Idee von diesem Bild unterbreitet hatte... Irgendwie konnte er sich nicht vorstellen, dass Silius Kay begeistert um den Hals gefallen war, aber vielleicht wirkte es gerade deswegen so... echt? Doch er spürte, wie es tief in ihm etwas berührte, also betrachtete er es noch genauer als er es ohnehin schon getan hatte, versuchte jedes einzelne Detail in sich aufzusaugen:

Rain saß auf einer Bühne, welche Auriel als die der Academy wiedererkannte. Sein neuer... Freund hatte sich an ihrem Rand mit dem Rücken zum geöffneten schwarzen Vorhang hingekauert, sodass man seinen Körper im Profil betrachten konnte und er irgendwie... gläsern und fragil wirkte... Er hatte die Knie eng an den Körper gezogen, die Arme darum geschlungen als suche er Trost, den er nicht bekam, vielleicht auch als wolle er sich vor etwas schützen. Er war mit einer irgendwie _strahlend_ schwarzen Hose und einem Seidenhemd, in einem anmutig wirkendem Silbergrau mit schönen, schwarzen Stickereien, bekleidet und im Kontrast dazu glänzte das lange, weich fallende Haar wie feine schwarze Seide, nein eigentlich wie gesponnenes Glas, was diesen unabwendbaren Eindruck von porzellanener Zerbrechlichkeit noch intensivierte. In der Hand hatte er eine ebenfalls schwarze Maske, die keinerlei geformte Gesichtskonturen oder ähnliches aufwies - einfach nur eine schwarze Schale, auf welche mit hellgrauer Farbe ein stark stilisiertes, herausfordernd lächelndes Gesicht gemalt war. Silius _wahres_ Antlitz jedoch war ganz weiß geschminkt und nur ein einziger Tropfen einer schwarzen Flüssigkeit lag unter seinem Auge wie eine Träne. Er blickte mitten in die Linse, mit einem sehr erschrockenen, ja fast entsetzten und doch auf unbeschreibliche Weise _schönen_ Gesicht, wie ertappt, weil man ihn ohne seine Maske überrascht hatte.

Nachdem er minutenlang nur atemlos darauf gestarrt hatte, sich Rain sonderbar _nah_ fühlend, bemerkte er plötzlich den Entschluss in sich, der während des Betrachtens dieser Fotografie in ihm erblüht war wie eine weiße Lilie: Er wollte Rain malen. Ja, diese Entschlossenheit in ihm war so überwältigend, dass er nicht einmal einen Sekundenbruchteil lang auf den Gedanken kam, sich dagegen zu wehren.

Noch immer ergriffen von der unbeschreiblichen Schönheit und _Wahrheit_ des Bildes ging er leicht taumelnd mit dem Einband in das Schlafzimmer, legte ihn auf Rains Bett ab. Fast traumwandlerisch suchte er den A2-Block mit Aquarellpapier, den er sich erst vor einiger Zeit angeschafft hatte, um auch größere Aquarelle malen zu können, suchte sich noch schwarze, blaue und rote Tusche, Wasser zum Verdünnen sowie eine feste Ablage und setzte sich dann zurück neben den Einband, betrachtete eine Weile die Bilder über Rains Bett, seine Regale und schließlich noch den Schreibtisch, auf dem plötzlich ein aufgeschlagenes Notizbuch mit einem schlichten schwarzen Einband und einer stilisierten blutroten Rose darauf seine Aufmerksamkeit erregte.

Neugierig beugte er sich vor und holte das Notizbuch vom Schreibtisch, drehte es um, damit er sehen konnte, was darin stand.

Als erstes bemerkte er das Papier, das von der gleichen Farbe wie die Rose auf dem Umschlag war, dann schlugen ihn die schwarzen, in Rains schön-verschlungener Handschrift geschriebenen Worte in ihren Bann:
 

.

.

.

"Schreie
 

Schreie

Laut und hässlich

Schmerzen in meinen Ohren
 

Schreie

Laut und lauter

Hallen in den Zimmerecken wieder
 

Schreie

Die anklagen

Ohne jeden Sinn und Zweck
 

Schreie

Die anklagen

Was nicht anklagbar ist
 

Schreie

Die andere

Schreie aus mir hervorbrechen
 

Schreie

Die mich zerstören

Mich nach und nach in sich auflösen
 

Schreie

Sinnloser Wut

Leben in mir fort auf ewig
 

Schreie

Hilflos in meinem Schmerz

Verklingen ungehört in der Dunkelheit"[1]

.

.

.
 

Betroffen strich er über das Datum. Rain war gerade mal 12 gewesen, als er das Gedicht geschrieben hatte und auch wenn Silius vermerkt hatte, dass er das Gedicht noch einmal mit 17 geringfügig überarbeitet hatte, berührte es ihn sehr... Irgendwie _wusste_ er, dass mit den Schreien die seiner Großmutter und schließlich auch seine eigenen Hilfeschreie gemeint waren und er konnte Rains Schmerz förmlich fühlen, sah ihn plötzlich vor sich in einem dunklen Zimmer weinend auf seinem Bett.

Wie in einem Traum, gefangen von diesem Bild, schraubte er das Tuscheglas auf und schon nach wenigen Sekunden war er - im Inneren eins mit der Fotografie und dem Gedicht, mit Rain sowie seinen eigenen Gedanken - völlig versunken in der rasch entstehenden Welt dieses seltsam zierlich und fragil anmutenden Bildes.

Er vergaß die Welt um sich herum, bemerkte nicht, wie es immer später und ganz allmählich dunkler wurde, führte ohne Unterlass die feinen Pinsel über das Blatt und verlieh darauf seinen Gefühlen die fast zerbrechlich zarte Gestalt einer Tuschmalerei, ließ jene Gedanken und Empfindungen, welche das Gesehene und Gelesene in ihm hervorgerufen hatten, auf seine Weise lebendig werden.

Schließlich war er fast fertig, doch... etwas fehlte noch - etwas sehr wichtiges.

Gedankenverloren ließ er seinen Blick schweifen, ihn schließlich, bevor er allzu rastlos und flüchtig wurde, auf seinen Händen ruhen... und hatte schon gefunden, wonach er suchte.

Nach einer weiteren halben Stunde war er schließlich fertig, brachte müde aber irgendwie befriedigt und glücklich seine Malutensilien zurück und zog sich schon einmal zum Schlafen aus bevor er sich wieder hinsetzte, wegen der langsam aufsteigenden Kühle unter Rains Bettdecke kroch, dann nachdenklich sein Bild betrachtete.

Und ohne dass er es bemerkte, glitt er in Morpheus' Arme, der ihm mit seinem weisen Lächeln einen jener Träume schenkte, die eine tiefere Bedeutung hatten, die den Menschen etwas mitteilen wollten...

- - - - - -

[1] Diesen Text, den ich Mitte September diesen Jahres verfasst habe, habe ich nicht für ABR geschrieben, wie fast alle Texte von mir, die hier ab und zu mal auftauchen, aber als ich es mir vor ein paar Tagen wieder durchlas und noch ein bisschen daran rumgewerkelt habe, fand ich, dass es irgendwie zu Rains Vergangenheit und besonders zu der Zeit bei seiner Großmutter passt...
 

VOLUME 5

.

.

.
 

"Ohne dich
 

Kann schon lange nicht mehr schlafen

Obwohl ich's lieber sollte

Hast alles mitgenommen mit ein paar Worten

Sieh was du angerichtet hast

Du müsstest mich hier sehn

Wünscht mir ich könnt dir sagen

Es geht mir gut trotzdem
 

Aber bitte stell mir nicht mehr die Frage

Wie es mir sonst so geht
 

Chorus:

Es geht mir gut / Ohne dich

Ich wünscht es wäre so

So oh-ohne dich

Ich weiß dass es nicht geht

Oh-oh-ohne dich

Ich hass und schwör und träum

Ich liebe schlaf und heul

So viel schlechter / Ohne dich
 

Wenn du mich hier zurück lässt

Bleibst du nicht ungeschorn

Ich wünsch dir alles Schlechte

Das hab ich mir geschworn

Komm lass mich nicht so sterben in meiner Eitelkeit

Hab noch Liebe aufgehoben

Für unsre schlechte zeit
 

Aber bitte stell mir nicht mehr die Frage

Wie es mir ohne dich geht
 

Chorus
 

Die Tage bleiben dunkel

Es wird kälter in der Nacht

Was immer du mir angetan hast

Du hast es gut gemacht

Ich sollt mal wieder schlafen

Nur eine Nacht / Ohne dich, ohne dich

Geht's nicht"
 

~Silbermond (Album: "Verschwende deine Zeit")~

.

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.
 

Yves sank zu Boden. Er konnte nicht mehr. Endlich war es soweit, diese eine Sekunde, die er Zeit seiner Liebe zu Kay gefürchtet und doch herbeigesehnt hatte, war gekommen: Er würde sterben.

Nicht die Dauer eines Augenblicks würde er noch ohne Kays Liebe ertragen, nicht einen weiteren Herzschlag würde er mit seinem gebrochenen Herzen noch weiterleben können.

Doch obwohl er den Tod zuletzt nur noch sehnsüchtig erwartet hatte, sträubte sich noch immer etwas in ihm verzweifelt dagegen: "Kay... Kay, bitte...", hauchte er, während seine Umgebung von einem diffusen Halbdunkel in völlige Schwärze überging. "Das kannst du nicht tun... lass mich nicht einfach so sterben... Kay... Ich liebe dich..."

Dann verlor er das Bewusstsein.
 

Verwirrt schlug Yves die Augen auf. War er tot?

Er hatte nichts gefühlt, außer einem sanften Hinübergleiten und einer sonderbar vertrauten Wärme, aber da war kein Tunnel gewesen, mit einem Licht an seinem Ende...

"Yves", flüsterte Kay eindringlich, hob ihn sich noch etwas mehr entgehen.

Überrascht riss Yves die Augen auf. "Kay?", machte er atemlos, starrte hilflos in die braunen Sonnen, deren Besitzer sich über ihn gebeugt und ihn in seine Arme geschlossen hatte.

Hilflos zitternd presste er sich gegen diese wundervolle Gestalt, die ganz gewiss ein Engel sein musste.

War dies das Paradies?

Wenn es so war, dann war es mehr als das... Ein Ort, an dem er mit seinem Geliebten zusammensein konnte, war so himmlisch wunderbar, so voll unendlicher Seligkeit, dass er einfach nur unbeschreiblich war.

"Sh", machte Kay(?) leise und sanft, drückte seine tröstlich warmen Lippen auf Yves' Stirn. "Ruhig, Liebling... Du hast geträumt. Nur geträumt..."

Mit zärtlichen Fingerkuppen strich er Yves' Tränen von dem bebenden Antlitz und plötzlich löste sich etwas in Yves, wie eine tödliche Schleife, die eben noch unlösbar fest verknotet gewesen war. Noch im Schmerz gefangen und doch unendlich erleichtert schlang er so schnell seine Arme um Kays Hals und vergrub sein Gesicht so plötzlich in seiner Halsbeuge, dass jener perplex umfiel und mit einem Laut der Überraschung in die Matratze gedrückt wurde.

"Oh Kay, es war so grausam... du hast dich von mir abgewandt und da war dieser Mann... und du hast ihn geküsst und gelächelt, wie du _mich_ immer angelächelt hast... es tat so _weh_. Und ich habe nichts getan, habe es nur über mich ergehen lassen und mir gewünscht zu sterben, dabei liebe ich dich doch... und es... es..."

"Yves", hauchte Kay mit einem leisen Seufzen an sein Ohr, zog ihn fest in seine schützenden Arme. "Das weiß ich doch... Ich weiß es, hörst du? Und ich würde lieber sterben als dir so weh zu tun."

Hilflos schniefte Yves, was Kay dazu bewog, nach einem weiteren Kuss aufzustehen und nackt wie er war, nur in das durch das Fenster hereinfallende Mondlicht getaucht, ein Taschentuch für ihn zu suchen.
 

Der Blondschopf sah mit flammendem Blick zu Kay. Jener, der den Blick seines Angebeteten auf sich spürte, hielt inne, drehte sich dann um und ging vor Yves in die Knie.

Zärtlich streichelte er die weiche Wange seines musikalischen Waldelfen, während er sich behutsam die andere Wange entlang bis zu Yves' Ohrläppchen mit dem zierlichen Silberring darin vorküsste und jenen mit seinem warmen Atem behauchte, als er fragte: "Liebling? Was hast du?"

Seine persönliche gute Fee erschauerte und doch zog Yves unglücklich die Augenbrauen zusammen, sah ihn fast anklagend an. "Würdest du dich wirklich umbringen... für mich?", wisperte er niedergedrückt.

"Ja", nickte Kay vollkommen aufrichtig, denn er sagte es nicht so unbedacht dahin, wie manch anderer schon beim leisesten Flügelschlag in seinem Bauch. "Ja, das würde ich, Yves."

"WARUM???", rief Yves aufgebracht.

Erschrocken über die heftige Reaktion des anderen nahm er schnell dessen Hand und streichelte sie sanft, damit der andere sich wieder beruhigte.

"Weil ich es nicht ertragen könnte, wenn du sterben würdest und mich hier ganz allein zurückließest", erwiderte er ernst und hauchte einige federleichte Küsse auf die Fingerspitzen der warmzärtlichen Hand, schmiegte mit einem ihn gänzlich erfüllenden Gefühl von völliger Geborgenheit seine Wange in die Hand des Blondschopfs hinein.

"Dummkopf", flüsterte er leise und traurig, ja niedergeschlagen. "Und was soll _ich_ ohne dich machen? Wenn wir schon sterben müssen, Kay, dann will ich zuerst sterben und auf dich warten, wo immer das auch sein wird. Ich will nicht ohne dich weiterleben müssen... Weil ich dich liebe..."

Leise seufzend drückte er Yves zurück, beugte sich über ihn und küsste verlangend die seidig-rosenen Lippen. "Ich möchte nicht, dass du weiter darüber nachdenkst, in Ordnung, mein Herz? Ich möchte, dass du so glücklich bist, wie ich, denn ich _bin_ glücklich... weil ich...", wieder küsste er ihn sanft, "weil ich _dich_ wiederhabe. Und ich werde dich niemals wieder gehen lassen."

Zögerlich nickte der Blondschopf, lächelte dann zaghaft. "Ich liebe dich, Kay", hauchte er und zog Kay ganz auf sich. "So... sehr..."
 

VOLUME 6
 

.

.

.
 

"Pain of darkness

Will never end.

But I might see you smile,

Before my glance will finally break."
 

["Der Schmerz der Dunkelheit

Wird niemals enden.

Aber vielleicht sehe ich dich lächeln

Bevor mein Blick schlussendlich bricht."]
 

~O.T. von Absolutely Black Rain~

.

.

.
 

Leise zog er die Tür auf und schloss sie ebenso sachte wieder hinter sich, streifte lautlos die Schuhe von seinen Füßen und seinen schwarzledernen Sommermantel von den Schultern.

/Ob er schon schläft?/, dachte er bei sich. Tatsächlich war es doch sehr spät geworden und als Silius zurückgefahren war, war es bereits dunkel gewesen, was im Sommer doch einige Rückschlüsse auf die Uhrzeit zuließ... Er hatte sich einfach mit dem anderen verquatscht und war dann auch noch irgendwie in einen durch einen Verkehrsunfall erzeugten Stau geraten. Soviel war ihnen geschehen, seit sie sich das letzte Mal gesehen hatten und vor allem war ihm _Auriel_ geschehen. Und auch wenn er es vor dem Bekannten natürlich nicht so wie bei Kay einfach zugegeben hatte, hatte er doch, fast ohne es zu merken, beinahe die ganze Zeit nur von Auriel gesprochen und das musste dem anderen wohl doch aufgefallen sein...

Denn wenn man bedachte, dass sein Name schließlich noch immer Silius Rain lautete, wollte es schon etwas heißen, wenn er sich dermaßen für jemanden begeisterte.

Seufzend lehnte er seine warme Stirn gegen das kühle Holz der Schlafzimmertür, um sich wieder zu beruhigen und die Abkühlung hatte er wirklich bitter nötig.

Er konnte es nicht recht beschreiben, aber dieses Gefühl von vollkommener Seligkeit ließ ihn einfach nicht mehr los, war eins geworden mit seinem Blut, seinem Geist, seiner Seele, erfüllte ihn voll und ganz, ließ ihn innerlich taumeln, so trunken war er vor Glück.

"Ich liebe dich", flüsterte er leise in die Nacht hinein, lauschte dem Klang dieser für ihn noch ein wenig gewöhnungsbedürftigen Worte. Ja, sie waren gewöhnungsbedürftig - und so _richtig_...

"Ichliebedichichliebedichichliebedich", hauchte Rain lächelnd, betrat dann das Schlafzimmer.

Stirnrunzelnd entdeckte er im Mondlicht Auriels verwaistes Schlaflager, vernahm plötzlich gleichmäßig-leise Atemzüge hinter sich und drehte sich lächelnd zu seinem eigenen Bett um.

Ziemlich erstaunt jedoch bemerkte er eine große Tuschmalerei, die er im Zwielicht nicht recht zu erkennen vermochte.

Sanft entwand er Auriels im Schlaf kraftlos gewordener Hand das Bild, damit jener es nicht noch beschädigte, während er schlief, trat damit an das Fenster, um es näher betrachten zu können.

Rain sog erstaunt die Luft ein, als er sich selbst erkannte, warf einen kurzen, deswegen jedoch nicht weniger ungläubigen Blick auf seinen schlafenden Stadtkrieger. Dann konzentrierte er sich wieder auf dessen Kunstwerk, tauchte so tief darin ein, dass er aus seinem Erstaunen nicht mehr herauskam.

Silius sah eindeutig sich selbst, wie er, bis auf die Haare und die tieferen Schatten ausnahmslos in hellblauen und zartgrauen Farbtönen sowie einem beinahe elfenbeinfarbenen Weiß, mit angezogenen Knien, die Arme um die Knie geschlungen, fast ängstlich, schutzlos und völlig hilflos in einer so zerbrechlich wirkenden Glaskugel saß, dass es ihm schien, als müsse sie unter dem leisesten Windhauch in Millionen mikroskopisch feine Scherben zersplittern. Auch wenn es eine Pinselmalerei sein musste, war sie doch so detailliert, dass er selbst den Glanz in seinen strahlendblau getuschten Augen und auf den hellroten Lippen erkennen konnte, ebenso wie die Schatten auf jeder einzelnen blutroten Rosenblüte, die in der Kugel zu Boden fielen wie die weißen Flocken in einem Schneeglas.

Und obwohl alles so zerbrechlich fein gemalt war, dass man Angst bekam noch zu atmen, wurde die Glaskugel doch von innen heraus illuminiert, als ob Rain von einem inneren Licht erleuchtet würde, das sich fast wie ein Heiligenschein um die gläserne Seifenblase legte und die Dunkelheit, in der sie schwebte, sanft erhellte. Und so verlassen und alleingelassen Silius sich auch selbst erscheinen mochte, lag sein gläsernes Versteck doch sorgsam geborgen in zwei sich liebevoll um sie legenden Händen... Auriels Händen...

Nicht nur einfach überrascht, sondern schlicht und ergreifend fassungslos betrachtete er die schon so gut vertrauten Hände, erkannte zweifelsfrei die Konturen, die Form der Nägel, die langen, schlanken, zartgegliederten Finger, die sanften Bögen der Fingerknöchel und schließlich die nicht zierlichen, aber für einen Mann doch recht schmalen Handgelenke, die in weichen, nicht fassbaren Übergängen in die Dunkelheit überglitten.

Verblüfft ließ er das Bild auf seinen Tisch sinken und starrte sprachlos den friedlich träumenden Engel in seinem Bett an. Und ganz plötzlich, ohne Vorwarnung spürte er die warmen sanften Hände um sich, die ihn schützend bargen, behutsam vor allem Schmerz und Peinbereitendem verborgen hielten, ihn einfach liebevoll hielten und für ihn da waren.

Leise und ohne es selbst wirklich wahrzunehmen zog er sich aus, ließ seine Kleidung achtlos zu Boden fallen, glitt dann nackt wie in seiner Glaskugel zu Auriel unter die Bettdecke, zog ihn besitzergreifend und beschützend zugleich in seine Arme.

"Oh Auriel", wisperte er an die Stirn des Jüngeren, ließ einen zarten Kuss folgen. "Ich liebe dich..."
 

Auriel wusste es, noch bevor er die Augen aufschlug oder das leise Prasseln hörte, die kühlen aber nicht kalten Tropfen über seine Haut rinnen spürte.

Erneut war er in diesem Traum und wieder umgab ihn der nun schon beinahe altbekannte Regen, der wie schwarzer flüssiger Lack glänzte. Er war einfach überall, hier und dort zugleich, und doch war es nicht wirklich dunkel, wenn auch nicht gerade hell.

Noch ehe Auriel weitere Details wahrnehmen konnte, tauchte jedoch etwas viel wichtigeres und vor allen Dingen etwas beruhigend _Gutes_ zwischen den Regenschleiern auf, zeigte sich ihm fast wie eine göttlich schöne Erscheinung, denn der Regen schien Rain zu treffen und konnte ihn doch nicht berühren, da nicht einige einzige schwarze Spur auf seiner Haut oder Kleidung zu erkennen war.

Seine ohnehin blasse Haut war gänzlich mit weißer Farbe überzogen und darauf war schwarz eines dieser Pierrot-Gesichter aufgemalt, mit einer lachenden und einer weinenden Gesichtshälfte. Nur die obligatorische schwarze Träne unter dem weinenden Auge fehlte. Doch als hätte der Regen Auriels Gedanken erraten, fiel ein einzelner Regentropfen auf Silius' Wange und hinterließ eine feuchte, schwarze Spur, ähnlich der einer Träne.

Auriel streckte die Hand nach ihm aus, lief auf ihn zu, aber Rain rannte lachend vor ihm weg und so verzweifelt er auch versuchte ihn einzufangen, ging es doch nicht.

Und plötzlich war er allein, vollkommen allein und...

...er erwachte verzweifelt in einer monderleuchteten Dunkelheit.

Auriel spürte, dass es mitten in der Nacht sein musste, doch selbst wenn es die Stunde des Jüngsten Gerichts gewesen wäre, hätte es ihn doch nicht gekümmert. Viel zu schmerzlich verspürte er noch immer dieses Gefühl von Verlust...

Die ganze Nacht war es wunderbar warm gewesen - solange war sie da gewesen und so unabänderlich endgültig war Auriel diese wundervolle Wärme erschienen, doch dann war sie ganz plötzlich von ihm gewichen und der Traum hatte seine zur Verzweiflung treibende Wendung genommen.

Und obwohl es unter der seidenen Bettdecke auch jetzt noch warm war, war es irgendwie nicht dieselbe Wärme wie zuvor.

Sich mutlos und verlassen fühlend drehte sich Auriel um und stockte.

"Rain?", flüsterte er überrascht, musste die so ungeahnt weiche Haut mit seinen Fingerspitzen berühren um glauben zu können, was er sah.

Dann fiel ihm ein, dass er in Rains Bett eingeschlafen war und er wusste, er hätte jetzt gehen und sich in sein eigenes Bett legen können...

...und doch tat er es nicht.

Stattdessen wollte er sich, verwirrt über seine eigenen Gefühle aber mit dem Wissen, dass es das einzige war, was er wollte, an Rain kuscheln, wieder seine Wärme spüren und sich zwischen den starken Armen an den breiten Schultern einfach nur geborgen fühlen...

Doch der träumende Rain kam ihm zuvor.

"Nein... das ist nicht wahr... bitte... ich habe doch gar nichts getan...", flüsterte Silius erstickt und schlagartig wurde Auriel jeder einzelne ängstlich angespannte Muskel des nackten Körpers vor ihm bewusst.

Mit klopfendem Herzen und unwillkürlich angehaltenem Atem hörte er Rains leises, steinerweichendes Wimmern. "...hör auf... nein... ich will, dass es aufhört... bitte..."

/Er träumt... Etwa ein Alptraum?/

"Rain", hauchte er leise und berührte ihn sanft, aber nachdrücklich. "Rain, wach auf."

Entsetzt keuchend schlug Rain die Augen auf. "NEIN!"

"Rain!", rief Auriel leise und selbst ein wenig erschrocken. "Rain, ich bin es."

Der schöne Schwarzhaarige blinzelte ihn unsicher an. "...Auri?"

"Ja, Rain", Flüsternd schmiegte sich Auriel an den anderen und wusste nicht was er tat und fühlte, während er den anderen tröstend streichelte, doch eines wusste er: Es fühlte sich gut an, nein, nicht nur gut sondern _schön_. Und er hatte viel zu lange auf dieses Gefühl verzichten müssen.

"Bleibst du bei mir, Auri?", fragte Rain leise, zog ihn gleichzeitig fester in seine Arme und vergrub sein Gesicht an dessen Hals.

"Ja", lächelte er leise. "Heute nacht bleibe ich bei dir."



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Kommentare zu diesem Kapitel (1)

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Von: abgemeldet
2006-04-09T23:19:28+00:00 10.04.2006 01:19
anô yâ ^^y
dieses Kapi ist sehr schön...
es war soviel an Gefühlen spürbar dass ich immer noch damit angefüllt bin...
das Bild von Auril sagt sehr viel über Rain aus und drückt eigentlich unbewusst auch seine Gefühle für Rain aus...
dass er ihn beschützen möchte...
mata ne


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