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Nowaki

Novemberwind
von

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Wind der Vergangenheit

"Wer je den Wind sah? Keiner, mein Kind.

Doch wenn die Bäume sich neigen,

weißt du, da geht der Wind."

- Christina G. Rossetti
 

„Hiraikotsu!“

Mit aller Kraft schleuderte die junge Taijiya den riesigen Knochenbumerang in die Richtung ihres gegenwärtigen Feindes – eine gigantische Schlange mit zwei gefährlich um sich schnappenden Köpfen und einem Juwelensplitter von beträchtlicher Größe im Rumpf.

Der Angriff glückte, schlug dem gegnerischen Youkai den linken Kopf ab und die außergewöhnliche Waffe kehrte schließlich in einem umschweifenden Bogen zu ihrem Besitzer zurück. Die routinierte Dämonenjägerin fing ihren Bumerang gekonnt auf und wurde von dem enormen Schwung noch einige Meter zurückgerissen, ehe sie wieder in eine stabile Standposition gelangte.

„Kaze no Kizu!“

Die Attacke mit der Windenergie des weißhaarigen Hanyou zerfetzte den massigen Leib des Dämons ohne Probleme, trennte das korrumpierte Fleisch des Reptils von dem folglich auch verunreinigten Splitter des Juwels der Vier Seelen.

Die ungewöhnliche Gruppe, die sich aus der bereits erwähnten Taijiya Sango, dem Halbdämon Inu Yasha, sowie dem jungen Mönch Miroku, dem kleinen Fuchsdämon Shippou, Sangos treuer Weggefährtin Kirara und der Priesterin aus der Neuzeit, Kagome, zusammensetzte, atmete erleichtert auf. Der Youkai hatte sie mitten in der Nacht überrascht und nur dank Inu Yashas guten Ohren und seiner empfindlichen Nase waren sie allesamt glimpflich davongekommen.

Besagter Hanyou schulterte nun stolz sein Schwert, Tessaiga, blickte triumphierend auf die kläglichen Überreste der Dämonenschlange hinab. Sein Gesichtsausdruck wurde verächtlich.

„Keh! Als ob so ein kleiner Wurm eine Gefahr für mich gewesen wäre!“

Kagomes Augen verengten sich unmerklich, als sie einen kurzen Blick zu ihm über die Schulter warf, nachdem sie das beträchtliche Fragment des Shikon no Tama aufgehoben und mit der bloßen Berührung geläutert hatte.

„Wer hat denn vorhin panisch durch die Gegend geschrieen, wir sollen alle in Deckung gehen?!“

Der Hanyou drehte trotzig den Kopf zur Seite, ließ sein Schwert langsam in dessen Scheide verschwinden.

„Ach, und welche dumme Pute hat noch eben gerade hysterisch nach meiner Hilfe geplärrt? Wenn das nicht jeder Youkai im gesamten Umkreis gehört hat, dann ist Myouga die verlässlichste Person die ich kenne!“

Langsam verschränkte das schwarzhaarige Mädchen aus der Zukunft die Arme vor der Brust, während ihr Gegenüber abwartend mit einem Finger gegen seinen linken Arm tippte.

„Inu Yasha...“

Die Ohren des Hundehalbdämons zuckten, der Ton ihrer Stimme mochte ihm so gar nicht gefallen, dafür kam er ihm viel zu bekannt vor.

„Osuwari!“

Die Gebetsperlen, die er um den Hals trug, leuchteten verhängnisvoll auf als sie in mit Brachialgewalt zu Boden rissen und ihm eine unsanfte Landung im Staub bescherten.

„Wofür war das denn jetzt schon wieder?!“

Mit einem selbstsicheren Laut und erhobenem Hauptes stolzierte Kagome an ihm vorüber und begab sich zurück zu ihrem Lagerplatz.
 

Ein flüchtiger Schatten zog über die vom silbrigen Vollmondlicht beschienene Erde, verdeckte für einen winzigen Moment den hoch am Firmament stehenden Himmelskörper.

„Kirara!“

Die Angesprochene nahm sofort ihre größere Gestalt an, und die Dämonenjägerin sprang geschickt auf ihren Rücken. Sango vermeinte diese Situation wiederzuerkennen, und wenn sie richtig lag, dann durfte sie sich diese Gelegenheit um keinen Preis entgehen lassen.

Perplex sahen ihre Gefährten ihr nach, ihr Verhalten erschien ihnen suspekt. Wo wollte sie um diese Zeit hin? Und aus welchem Grund?

„Sango-chan...“

Kagome schaute ihrer Freundin lange nach, Besorgnis kam in ihr auf. Stimmte etwas nicht?

Unsicher blickte sie zu Miroku und Inu Yasha, der sich mittlerweile wieder aufgerappelt hatte und sie mit vorwurfsvollen Blicken strafte, aber die wussten sich auch keinen Rat. Was war nur so plötzlich mit Sango los?
 

~Es war eine stürmische Herbstnacht im Dorf der Dämonenjäger, am Firmament leuchtete der runde Vollmond, zeigte unverkannt sein blasses Angesicht. Unbarmherzig fegte der Wind durch jede noch so kleine Ritze, drang in die Häuser ein und ließ die Menschen frösteln.

Ein kleines Mädchen von etwa acht Jahren saß dicht am Feuer des Schmiedeofens, eine Dämonenkatze auf den Schoß, und beobachtete ihren Vater bei der Arbeit. Sicher, es war spät, aber ihr Interesse und ihr Geist waren wach wie eh und je, sie wollte so rasch wie irgend möglich alles von ihrem Vater lernen, was man als eine richtige Taijiya wissen musste.

Plötzlich war es windstill, Kirara blickte auf, streckte die Nase in die Luft und witterte. Mit einem Mal sprang sie auf, hüpfte eilig aus der Werkstatt.

„Kirara, warte!“

Ohne darüber nachzudenken folgte sie dem Nekoyoukai. Sie hatte ihn von ihrem Vater geschenkt bekommen und auf keinen Fall wollte sie diesen auf irgendeine Art und Weise enttäuschen.

So schnell wie sie ihre Beine trugen rannte sie durch den Wald, bahnte sich einen Weg durch das vertrackte Dickicht, sich immer an der Spur des kleinen Dämons orientierend. Wo wollte Kirara nur hin? Und warum aus heiterem Himmel?

Erschöpft hielt sie inne, sah sich um. Der Wald war zu Ende, sie stand auf einem ebenen Platz vor dem Eingang einer großen Höhle. Oft hatte ihr Vater die Geschichte über die Priesterin Midoriko erzählt und er hatte mit ihr auch bereits die versteinerten Überreste der Miko und des Dämons, der ihr zum Verhängnis geworden war, betrachtet.

Doch heute war es anders. Die Barriere, die normalerweise unerwünschte Besucher zurückhielt, war stärker als sonst, brachte sie zum Zögern. Als sie sich jedoch in Erinnerung rief, dass Kirara gerade in die Dunkelheit der Höhle verschwunden war, fasste sie ihren Mut und durchdrang problemlos den Bannkreis.

Mit äußerstem Bedacht näherte sie sich dem Zentrum der Höhle, dämpfte ihre Schritte und hielt den Atem ruhig. Vorsichtig spähte sie um die nächste Ecke, erblickte sogleich Kirara, die vor der riesigen Versteinerung saß und schier wehleidig emporblickte. Das Mädchen ging diesem Blick nach; der Youkai betrachtete die Priesterin, Midoriko, die Frau, die das Juwel der Vier Seelen geschaffen hatte.

Fasziniert trat sie hervor, vermochte es nicht ihren Blick von diesem außergewöhnlichen Menschen loszureißen.

„Midoriko...“

Das tiefe Murmeln ließ sich zusammenfahren und einen erschreckten Laut von sich geben. Nicht nur Kiraras rote Augen waren auf sie gerichtet, im Halbschatten stand eine schemenhafte Gestalt, die ihr ebenfalls den Kopf zugewandt hatte. Verängstigt wich sie zurück, die von Angst geweiteten Augen auf die fremde Person gerichtet, die sich langsam aus dem Schatten löste.

Das war kein Mensch.

Immer und immer wieder schossen ihr diese Gedanken durch den Kopf. Kein Wort kam über ihre Lippen, sie zitterte.

‚Die gefährlichsten Dämonen sind die, die in menschlicher Gestalt auftreten, Sango, merk dir das...’, die Warnung ihres Vaters beherrschte ihren Verstand.

Es waren weiße Augen, ein kalter durchdringender Blick...

... aber nicht mehr. Schweigend wandte er den Blick ein letztes Mal empor zu Midoriko, dann ging er mit langsamen, geräuschlosen Schritten an ihr vorbei, schenkte dem Menschenmädchen keinerlei Beachtung mehr.

Der Dämon prägte sich ihr ins Gedächtnis ein, die weißen Augen, die edle Kleidung, die langen, bläulichen Haare und das eigenartige Zeichen auf seiner Stirn...

Als sie die Höhle wieder verließ, tobte wieder der Sturm des späten Herbstes über das Land, der heftige Novemberwind spielte mit ihren schwarzen Haaren.

Der Dämon war verschwunden, nur eine flüchtige, verschwommene Silhouette zog am Mond vorbei... er war wie der Herbststurm in jener Nacht, der so rasch abflaute wie er wieder aufkam...~
 

Kirara schwebte über den Wipfeln der Bäume, hielt inne. Sango seufzte. Sie musste sich geirrt haben, er konnte es nicht gewesen sein...

Enttäuscht senkte sie den Kopf. Warum sie ihn noch einmal treffen wollte, wusste sie nicht, aber er war in ihre Gedanken eingeprägt wie das Gesicht ihres Vaters oder das ihres einzigen Bruders.

Ein bitteres Lächeln zog wie ein Phantom über ihre Lippen, als sie zum Mond empor blickte. Vielleicht war es einfach zu früh, denn noch war es nicht der Novemberwind, der mit den langen Strähnen ihres nachtschwarzen Haares spielte…
 

[14.10.2005]



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Kommentare zu diesem Kapitel (4)

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Von: abgemeldet
2009-02-15T12:36:21+00:00 15.02.2009 13:36
Ich muss Lizard insofern zustimmen, dass der Einstieg über den Kampf und dann der plötzlich Wechsel zu einer doch eher mystisch angehauchten Erinnerung etwas abrupt und unausgewogen wirkt, wobei die Teile einzeln betrachtet beide gut geschreiben sind.

Mir hat die winzige Szene in der Höhle zw. diesem mutmaßlichen Drachen und der versteinerten Midoriko gefallen. Es ist eigentlich nichts passiert und man hat trotzdem das Gefühl, dass zw. diesen beiden Personen einst irgendeine sehr wichtige Verbindung bestanen haben muss, einfach weil sich der Mann die Mühe gemacht hat in der Höhle vorbei zu schauen.

Schön geschrieben,

bye

Zwiebel
Von:  Lizard
2007-12-15T23:10:20+00:00 16.12.2007 00:10
Ein interessanter One-shot.
Warum hast du zunächst gezögert ihn on zu stellen?
Gut, an einigen Stellen wirkt diese Kurzgeschichte etwas unausgegoren. Z.B. zu Beginn: die Einführung über einen Kampf sowie Inuyasha und Co. passte irgendwie nicht so ganz, vielleicht wäre es besser gewesen sich von Anfang an nur auf Sango und Kirara zu konzentrieren). Und es ist natürlich schwer irgendwetwas mit der Story anzufangen, wenn man nicht 'Drachenseele' gelesen hat.
Aber trotz allem ist dieser One shot toll. Darin steckt sogar noch eine Menge Potential. Ich fand's schade, dass es nicht noch länger war. Diese Verbindung von Midoriko, deiner Fanfic und zu Sango ist genial. Und es gab einige wunderschöne, stimmungsvolle Momente. Vielleicht könnte man daraus einen Epilog für 'Drachenseele' basteln?!? Ich hätte nichts dagegen...
Von:  Carcajou
2007-12-03T14:14:42+00:00 03.12.2007 15:14
Woah.
Wieso hab ich das übersehen???
Ein weiterer One- Shot von dir und ich kriegs nicht mit??

Eine geniale Idee, die beiden Geschichten miteinander zu kombinieren und den Bogen zu Inu Yasha wieder zu schließen.
Undes ist irgendwie tröstlich zu wissen, das Flugar überleben wird... wenn ER der Besucher ist^^!
Schön!


LG,
Carcajou
Von:  Hotepneith
2007-11-28T20:13:32+00:00 28.11.2007 21:13
So sicher, Sango, dass das ein Dämon war...???

Oder doch etwas anderes, vor dem Vater nie gewarnt hat?
Sollte das mal der Schluss zu SA sein?


In jedem Fall: ich finde es immer ein wenig..mies, wenn Kagome ihre Macht über Inyuasha ausnutzt, nur, um sich selbst Zufriedenheit zu beschaffen. Wenn sie mit einem Jungen ihrer Zeit ähnlich umspringen würde, hätte sie sicher bals niemanden mehr um sich. Aber, meine Meinung.


bye

hotep



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