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Schwarzer Drache: Manticor

Schwarzer Drache II
von

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20. Mit dem schwarzen Engel fliegen

"Verdammter Wolf!" grollte die Stimme des Manticor durch die Ruinen. Tobend schlug er mit den Flügel und sein Skorpionsschwanz zuckte von einer Seite zur anderen. Er war aus der Trance erwacht, als der Rudelführer seinen Geist endgültig abgeschüttelt hatte.

"Herr, was ist passiert?" fragte Auriana demütig.

"Ich war zu schwach, um die Kontrolle zu behalten. Dabei hatte ich den Junge. Ich hatte ihn..." Der Manticor warf seine Kopf zornig in den Nacken und schüttelte die dichte Mähne. Das Fackellicht ließ seine schwarzen Augen noch dunkler glänzen. Blanker Zorn zeichnete sich in ihnen ab.

"Was ist mit den Kindern?" Abrupt wechselte er das Thema.

"Die Damen von Styx und von Lethe haben berichten lassen, dass die Kinder unnatürlich schnell wachsen. Sie entsprechen jetzt Kindern im Alter von fünf Jahren, und das, obwohl sie in Wirklichkeit erst wenige Monate alt sind. Euer Zauber funktioniert, mein Herr."

Untertänig verneigte sich die blonde Prinzessin vor dem Manticor. Sie war sich bewusst, dass sie im Moment nichts tun durfte, was ihn in irgendeiner Form reizen konnte, wollte sie nicht das Opfer seines Zorns werden.

"Gut, dann sind meine Kräfte wenigstens sinnvoll angelegt. Wie ist die geistige Entwicklung?"

"Sie passt sich den körperlichen Bedingungen an. Bald werden beide alt genug sein. Alt genug, um den Kampf aufzunehmen und ihre Bestimmung zu finden."

Ein Lächeln ließ die Raubtierzähne aufblitzen.

"Gut, dann wird das neue Volk bald auferstehen..." Der Manticor lachte grollend.
 

"Folken?!" Van wandt sich in den starken Armen, die ihn festhielten. "Folken? Bist du das?"

"Wer denn sonst, kleiner Bruder?" lachte Folken Farnel und schwang sich noch weiter in den Himmel hinauf. Sie ließen die Bäume des Waldes hinter sich und tauchten in die Wolken des Nachthimmels ein.

"Flieg selbst," sagte Vans Schutzengel schließlich und ließ seinen Bruder sanft los.

Van breitete seine weißen Schwingen aus und hielt sich ruhig neben Folken in der Luft.

"Warum bist du erst jetzt gekommen?" fragte Van. "Ich hätte dich schon eine ganze Weile früher gebrauchen können!"

Folken lachte übermütig und seine braunen Augen leuchteten warm. Er schien innerlich zu strahlen und etwas Unwirkliches umgab ihn.

"Vorher warst du noch nicht in Lebensgefahr. Außerdem vermute ich, dass der Drache diese Situation genutzt hat, um dir eine kleine Lektion zu erteilen. Du sollst wissen, mit wem du dich da anlegen willst." Wieder lachte Folken. Seine schwarzen Flügel peitschten mit ruhigen Schlägen durch die weichen Wolken.

"Eine tolle Lektion," brummte Van. "Diese Bisswunden sind nicht gerade angenehm."

Er strich sich über das verkrustete Blut auf seinen Armen und bewegte sich vorsichtig. Mit einem leichten Stöhnen ließ er es wieder und beschränkte sich auf den ruhigen Flügelschlag. Probeweise zog er die Beine an und stellte fest, dass auch sie höllisch schmerzten.

"Ich glaube, die Lektion habe ich begriffen." Mühsam musste er Tränen des Schmerzes unterdrücken.

"Hey, kleiner Bruder." Folken kam näher und sah ihn mit weichen braunen Augen an. "Ist es wirklich so schlimm?" Er sah besorgt aus.

Van unterdrückte eine ungehaltene Entgegnung. Er verzog nur stumm das Gesicht.

"Stimmt es eigentlich, dass man durch den Biss eines Werwolfs selbst zu einem wird?" erkundigte sich Van sorgenvoll. Die Erinnerung an alte Gruselgeschichten hatte ihn eingeholt.

Folken musste lachen. "Natürlich. Und alles, was sie fressen wollen, wird dann ein Werwolf. Sonst noch was?" Schlagartig wurde er wieder ernst. "Ihr Speichel enthält ein leichtes Gift, das eine betäubende Wirkung entfaltet und das Blut dünner macht, damit die Opfer schneller verbluten. Außerdem verursachen ihre Bisse häufig Infektionen. Ansonsten sind sie aber harmlos."

"Toll, und woher weißt du das?"

"Erfahrungswerte." Folken grinste breit. "Nein, Scherz bei Seite. Ich weiß es einfach. Wahrscheinlich auch wieder die Kraft des Drachen."

"Und der Drache wird langsam ungehalten!" mischte sich die donnernde Stimme des schwarzen Drachen plötzlich ein. "Du trödelst, Folken Farnel. Du solltest gar nicht so lange mit ihm reden. Heil ihn und bring ihn zurück. Sonst war das dein letzter Einsatz. Du kennst die Regeln."

Für den Moment tauchte ein drachenförmiger Schatten sie in vollkommene Dunkelheit, dann war er wieder verschwunden und Folken sah seinen jüngeren Bruder traurig an.

"Du hast ihn gehört. Komm her, Van. Ich nehme dir deine Schmerzen."

Mit einem einzigen kräftigen Flügelschlag befand sich Van direkt vor seinem Bruder. Dieser breitete seine Arme aus und ein helles Leuchten erfüllte ihn auf einmal. Er lächelte Van an und warmes Licht strahlte aus seinen Augen.

"Schließ deine Augen, Van."

Dann hüllte er Van mit seinen Flügeln ein und das helle Licht umfasste sie beide. Als Folken die Umarmung seiner Flügel wieder löste, waren alle Verletzungen von Vans Körper verschwunden. Dankbar lächelte Van seinen Bruder an.

"Danke, Folken."

Der Engel mit den schwarzen Flügeln zuckte nur mit den Schultern.

"Das ist meine Aufgabe, Van. Außerdem bist du doch mein Bruder. Und jetzt komm. Wir müssen dich zurückbringen."

Er hielt Van seine Hand hin und dieser ergriff sie. Hand in Hand näherten sie sich wieder dem Wald an und glitten über den Baumwipfeln dahin. Nahe der Lichtung, auf der sie schemenhaft die Guymelefs erkennen konnten, gingen sie runter. Folken verabschiedete sich noch mit einer liebevollen Umarmung von Van, doch ehe Van noch irgendetwas sagen konnte, schoss sein älterer Bruder schon in den Nachthimmel hinauf und war verschwunden.

"Bis zum nächsten Mal!" rief er Van noch lachend zu.
 

Die sieben übrig gebliebenen Reisegefährten saßen um das Lagerfeuer und starrten stumm in die Flammen. Keiner von ihnen konnte schlafen. Zu groß waren die Sorgen, die sich jeder um Van machte. Ein plötzliches Knacken im Gebüsch ließ sie aufhorchen. Sofort sprangen alle auf, Schwerter wurden gezogen.

"Passt auf. Vielleicht kommen sie zurück," raunte Allen leise und angespannt.

"Nicht ganz," entgegnete Van und trat in den Lichtschein. "Aber es freut mich zu sehen, dass ihr mich vermisst habt."

"Van!" Hitomi rannte los und fiel ihm um den Hals. Van erwiderte die stürmische Umarmung liebevoll.

"Wie...?" stammelte Hitomi.

"Ich hatte einen Schutzengel," lächelte Van. "Folken hat mich da rausgeholt. Der Drache hat ihn mir sozusagen als ,Schutzengel' zugeteilt..."

Langsam schritt er mit Hitomi im Arm zum Feuer herüber und ließ sich nieder.

"Der Manticor hat die Werwölfe geschickt," ließ er die Worte in die Stille fallen, dann begann er zu erzählen.

Van redete lange, vor allem die Sache mit Folken musste er möglichst genau erklären. Als er schließlich geendet hatte, ergriff Alexander das Wort.

"Oh Mann," stöhnte er. "Mit was haben wir uns das bloß angelegt?"

"Du kannst jederzeit umkehren," meinte Van langsam. "Das kann jeder von euch. Nur Hitomi und ich können es nicht. Uns sucht er und wie er gerade wieder bewiesen hat, kann er uns auch finden."

"Wir lassen euch aber nicht im Stich!"

Der empörte Protest kam sofort von allen Seiten. Allen, Shid, Lothian, Louvain und auch Alexander blickten Van empört an. Nur Merle sah etwas unglücklich drein.

"Was ist mit dir, Merle?" fragte Louvain schließlich behutsam.

"Ich habe Angst," erklärte das Katzenmädchen verlegen. "Todesangst. Aber ich werde mitkommen. Ich lasse dich doch nicht im Stich, Van. Die einzige Familie, die ich je kannte." Sie rang sich ein mühsames Lächeln ab. Louvain strich ihr zärtlich über den Kopf. Er begriff, was für ein Opfer sie bereit war zu machen.

Hitomi verfolgte die Diskussion schweigend und blickte nachdenklich ins Feuer. Was war wohl das Nächste, auf das sie sich vom Manticor gefasst machen mussten?



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Kommentare zu diesem Kapitel (1)

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Von:  tough
2006-03-12T11:53:44+00:00 12.03.2006 12:53
Schön, das Ende am Lagerfeuer...
aber der Teil mit Folken?!
Unglaubwürdig, dass da so ein heiterer Smalltalk
läuft und ich war dem 'Schwarzen Drachen' sehr dankbar
für sein Machtwort.
Er brachte seine Welt wieder in Ordnung. *g*
tough


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