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Schwarzer Drache: Manticor

Schwarzer Drache II
von

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35. Sturz ins Vergessen

Hitomi prallte hart auf die Wasseroberfläche auf. Als das schlammige Wasser über ihr zusammenschlug, konnte sie noch Merles Stimme hörte.

"Hitomi!" kreischte das Katzenmädchen. "Hitomi!"

Dann verlor Hitomi das Bewusstsein.
 

Als Van Merle schreien hörte, verwandelte er Escaflowne sofort wieder in einen Drachen und raste der Steinsäule entgegen. Dort angekommen, sprang er ab und glitt mit ausgebreiteten Flügeln zu Boden. Sobald er die Wasseroberfläche berührte zog er seinen Flügel wieder ein. Hier war die Mischung aus Wasser und Schlamm knapp vier Meter tief und er musste tauchen. Sehen konnte er in der trüben Brühe nichts, doch er verließ sich auf sein Gefühl. Sekunden später hatte er Hitomi auch schon gefunden und schwamm der Wasseroberfläche entgegen. Als er wieder auftauchte, sah er, dass die anderen Guymelefs schon da waren. Scheherazade hielt ihnen die Hand entgegen und dankbar kletterte Van mit Hitomi hinauf. Das Mädchen hatte die Augen geschlossen. Sie hustete zwar und spuckte Wasser, aber sie kam nicht wieder zu Bewusstsein.
 

Hitomi fand sich auf dem Steinturm wieder. Die Guymelefs standen um die Säule herum und ihre Freunde standen neben ihr. Verwirrt drehte sich Hitomi im Kreis. War sie nicht gerade noch gefallen? War da nicht etwas gewesen? Sie konnte sich nicht erinnern. Sie sah von einem zum anderen und bemerkte überrascht, dass sich keiner bewegte. Jeder starrte stumm vor sich hin und kein einziger Muskel rührte sich. Sie zwinkerten noch nicht einmal. Langsam trat sie an Van heran und stellte entsetzt fest, dass er noch nicht einmal atmete. Als sie seine Hand berührte, fühlte sie sich kalt und hart an. Wie Stein. Blutleer und ohne Leben.

"Van?" Zaghaft sprach sie ihm an und fuhr ihm über die kalte Wange. Sie versuchte ihm durch das Haar zu streichen, doch auch das fühlte sich hart an, nicht so weich wie sonst. Er schien ganz eine Statue geworden zu sein.

"Van!" Jetzt schrie Hitomi seinen Namen, doch nichts änderte sich. Hektisch rannte sie von einem zum anderen, doch bei jedem war es das Gleiche. Jeder war zu einer Statue geworden. Jeder Einzelne. Langsam fing sie an zu weinen und schließlich sank sie verzweifelt zu Vans Füßen zu Boden.

"Was ist nur passiert?" fragte sie sich leise. "Was?"

"Es ist nur ein Traum," sagte eine sanfte Stimme hinter ihr. "Kein Grund, Angst zu haben."

Langsam drehte sich Hitomi um und sah den Manticor aus verweinten Augen an. In seinen schwarzen Augen lag Mitgefühl und Wärme. Seine Stimme hatte jegliches Grollen verloren und klang sanft und weich.

"Du?" schniefte Hitomi und wischte sich über die Augen.

"Wer sonst? Wenn alle anderen dich im Stich lassen, dann bin ich da. Ich bin immer für dich da." Er legte den Kopf anmutig schief und die dunkelrote Mähne umspielte sanft sein pelziges Katzengesicht. Er lächelte und diesmal gab es kein gefährliches Aufblitzten seiner Zähne.

"Warum sollte ich dir glauben?"

"Ist hier irgendjemand anderes? Jemand, mit dem du reden kannst? Jemand, der für dich da ist? Ich sehe hier niemanden sonst. Nur leere Statuen, die nichts bedeuten." Langsam ließ sich der Manticor nach Katzenmanier nieder und schlug die Vorderpfoten über Kreuz. "Wo ist denn jetzt der Drache, der dir versprochen hat, dich zu beschützen? Wo ist jetzt dein Geliebter? Wo ist irgendeiner deiner Freunde?"

Hitomi zuckte unter seinen Worten zusammen und sah ihn aus aufgerissenen Augen an. Er war so anders. Er hatte nichts mehr von der Bösartigkeit, die ihn einmal ausgezeichnet hatte. Jetzt wirkte er wie ein guter Freund, fast wie eine Schmusekatze.

"Und warum bist du hier?" fragte Hitomi vorsichtig. Sie wusste nicht, ob sie ihm trauen konnte. War da nicht etwas gewesen? Hatte nicht jemand gesagt, dass sie ihm nicht trauen sollte? Das war so lange her. Die Erinnerung wurde immer verschwommener und schwand...

"Weil ich dich nicht allein lassen kann. Ich bin ein Freund. Und Freunde lässt man doch nicht im Stich, oder?" Während er sprach, warf Hitomi einen verletzten Blick zu den Statuen hinüber.

"Sie haben dich nur benutzt. Alle. Was ist dir denn geblieben? Du hast ihnen geholfen. Und jetzt? Jetzt bist du allein. Sie sind nicht mehr bei dir. Keiner deiner Freunde. Und auf einmal... Auf einmal steht dir jemand bei, von dem gesagt wurde, dass er dein Feind ist... Wem sollst du nun glauben, Mädchen? Wem?" fuhr er mit milder Stimme fort. "Denen, die im Stich gelassen haben? Oder dem, der hier bei dir ist?"
 

Scheherazade hatte Van und Hitomi auf dem Steinturm abgesetzt. Alexander kniete neben Hitomi und schüttelte ratlos den Kopf.

"Ich weiß nicht... Sie hat sich nicht verletzt. Ein paar Prellungen, aber das ist es auch... Eine Ohnmacht ist...falsch. Sie sollte nicht ohnmächtig sein. Zumindest nicht mehr."

"Kannst du was machen?" fragte Van besorgt.

Alexander schüttelte den Kopf. "Dazu weiß ich zu wenig über die Kunst des Heilens. Meine Fähigkeiten reichen nur für einfache Verletzungen aus. Schnittwunden, Brüche, leichte Vergiftungen. So ein Zeug eben. Aber nicht so etwas. Ich kann nichts machen. Tut mir Leid." Traurig blickte Folkens Sohn auf Hitomi hinab. Betroffen schwiegen die anderen, die um die drei herum standen.

Van streichelte Hitomi sanft über die Wange.

"Komm zurück, Hitomi. Bitte komm zurück." Er spürte, wie ihm die Tränen in die Augen traten.
 

Hitomi legte den Kopf schief und lauschte. Jemand schien sie zu rufen. Eine leise Stimme, fern und doch vertraut. Wie ein Flüstern im Wind streifte sie die Stimme und trieb dann wieder fort. Sie sah nicht, wie sich die Augen des Manticoren verengten und er kurz mit den schwarzen Flügel zuckte. Dann brach die Stimme ab und sie schaute ihm wieder in seine sanftmütigen Augen.

"Wem soll ich dann wohl Glauben schenken?" murmelte sie leise und blickte den Manticor mit aufkeimender Hoffnung an.

Ein breites Lächeln umspielte seine Lefzen.



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Kommentare zu diesem Kapitel (1)

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Von:  tough
2006-05-22T17:55:09+00:00 22.05.2006 19:55
Super Idee - vom Manticor.
Sich als Freund vorzustellen.
Ist ein linker Fürst...
und Du hast tolle Einfälle.

tough


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