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Kurzgeschichten feat. MiKu

Archiv für Ficlets/Drabbles/Shortstorys
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Schweigen

Mit einer untypisch wenig eleganten Bewegung hockte Bela sich auf eine der harten Holzbänke, an deren rostiges Knirschen er sich längst gewöhnt hatte. Und auch wenn er die Angst, sofort durch das Brett vom Sperrmüll bis auf den betonierten Boden durchzubrechen, noch nicht verloren hätte, im Moment war ihm so ziemlich alles egal. Ein resigniertes Seufzen unterdrückend, um ja nicht entdeckt zu werden, verfolgte er mit leerem Blick, wie die schlanken Schenkel seiner Begierde sich in den engen Jeans wanden, während Farin nach dem Ball rannte, den er einem Fundbüro aus Langeweile entwendet hatte.

Bei der Erinnerung an diese kriminelle Eskapade musste Bela unweigerlich sanft grinsen. Mit dem umwerfenden Lächeln und dem Charme eines jungen Kavaliers hatte er der Lady, die an besagter Stelle verbeamtet war tatsächlich glaubhaft machen können, dass der kleine rot-weiß gepunktete Gummiball ihm gehörte. Und dabei dann direkt ein Date klar gemacht.

Diese Nebentatsache konfrontierte Bela jedoch wieder mit seinem Anfangsgedanken.

Er träumte schon seit geraumer Zeit davon, das durchtriebene Grinsen für eine Nacht aus dem Gesicht seines Gitarristen zu verbannen, indem er einfach seiner Lust folgte und ihn damit überrumpelte.

E i n f a c h erschien ihm an dieser Stelle allerdings als eine mit Vorsicht zu behandelnde Phrase der Umgangsprache. In der Realität handelte es sich bei der Perfektion seiner Träume, der Sahnehaube auf der Torte seiner Gelüste, die er in seinem Leben mit Genuss verzehrte nicht um irgendeinen Groupie, den er ohne weiteres zurück lassen konnte, wenn er eine frische Kirsche statt der Sahnehaube bevorzugte.

Er begehrte Farin Urlaub.

Den Liebling der Massen, einen jungen Sonnengott und ganz nebenbei seinen Gitarristen und besten Freund.

Oh, wie sehr er sich für seine primitive Phantasie hasste.
 

„Essen!“

Sofort schrak er zusammen, fiel prompt, samt der klappbaren Bank um und stieß sich den Kopf an dem dazu gehörigen Tisch. Der Schwarzhaarige jaulte unterdrückt auf, fühlte sich sein Schädel doch nun eher nach zwei sauber gespaltenen Hälften an.

„Hey, alles okay?“, drang die gleiche Stimme, welche ihn so eben eines wunderschönen Traumes beraubt hatte, allerdings sehr viel vorsichtiger als frech an sein Ohr. Mit tränenden Augen blinzelte Bela gegen das graue Tageslicht. In das blasse Gesicht fielen einige blonde Strähnen, als der junge Koch sich hinhockte um ihn besorgt zu mustern.

Der Schlagzeuger funkelte sauer: „So lange du gut versichert bist...“

Er konnte tatsächlich sehr zickig werden, speziell wenn man ihn bei einer für ihn persönlich sehr wichtigen Tätigkeit störte. Ein FC St. Pauli-Spiel war zum Beispiel eine solche Situation. Oder beim Sortieren seiner Comic-Sammlung. Oder eben bei einem erotischen Tagtraum. Allerdings fühlte Bela sich nun, außer Kraft gesetzt durch das wichtigste physikalische Grundgesetz (Wo ein Körper ist kann kein zweiter sein.) und das sich langsam bemerkbar machende Hungergefühl nicht im Stande, einen seiner Köche zu feuern. Auch Jörg schien im Moment keine Angst vor der Arbeitslosigkeit zu haben.

Beruhigt, dass seinem Geldgeber scheinbar nichts ernstes fehlte, ließ er eine seiner schlanken Hände in die wuscheligen schwarzen Haare gleiten und strich prüfend über Belas stetig anschwellende Beule.

„Sorry... dafür gibt’s heute auch extra leckeren Nachtisch nach deinem Wunsch.“ Lächelte er zuckersüß.

Ohne auf eine zweifellos zynisch ausfallende Antwort zu warten packte der Koch nun Belas Handgelenke und zog ihn zu der liebevoll angerichteten Tafel, welche das Catering-Team direkt neben einer Baustelle hatte errichten müssen.

Nachdem der Drummer einen kurzen Blick über die beiden gefüllten Bänke der bereits näher erläuterten Sorte geworfen hatte stellte er fest, dass er mal wieder der letzte war, der sich zu Tisch bequemte. Und mal wieder kümmerte es ihn recht wenig, bis Jörg auf die grandiose Idee kam, seine „Beute“ stolz zu präsentieren. Mit vereinzeltem Klatschen und trockenem Gelächter kommentiert sah sich Bela nun mit einem aufgesetzten Lächeln nach einem Platz um.

Da packte ihn erneut eine Hand und einen zuckersüßen Augenaufschlag später saß er eng gequetscht an den Traum eines männlichen Körpers. Er schluckte.

Farin aber lächelte nur unschuldig und hielt ihm eine Platte unter die Nase, auf der Fisch angerichtet war:

„Lachsröllchen gefällig, Schatz?“ hörte Bela die sanfte Stimme sagen. Doch er blieb möglichst kühl, er kannte diese Spiele. Und er wusste mittlerweile nicht mehr, ob er sie hassen oder besser genießen sollte. Sie würden wohl den einzigen wirklich nahen Kontakt zu seinem Gitarrengott ermöglichen, der für gewöhnlich auf der Bühne rechts vor ihm stand und unbewusst einen auszuzeichnenden Anblick bot.

Also holte Bela kurz Luft und bemühte sich um ein süßliches Zwinkern.

„Fütterst du mich, Hase?“

Ein engelsgleiches Honiglächeln erhellte den Tag und machte für Bela den Himmel etwas blauer. Doch als Farin zu seiner Verteidigung ansetzte, spürte der Drummer eine grollende dunkle Gewitterwand, die ihm den Zutritt zu dem Olymp verwehrte, in dem junge Götter sich die Zeit vertrieben.

„Tut mir ja Leid, aber ich muss noch Gitarren stimmen... und mit Rod duschen.“, er erhob sich, „Bis dann, Felse!“

Mit einem kumpelhaften Schulterklopfen, Bela fühlte sich, als hätte er direkt seinen Arm ausgekugelt, verschwand der blonde Hüne federnden Schrittes in einem der Festivalzelte. Nachdem Farin die Tafel aufgehoben hatte, ging nun einer nach dem anderen kommentarlos, während der Schwarzhaarige leicht apathisch an etwas Brot kaute. Ein weiteres Mal holte den kleineren Drummer unsagbarer Selbsthass ein. Seufzend legte er die harte Rinde bei Seite und beschloss, sein Mittagessen lieber auf ein Glas Cola zu begrenzen.

„Nichts futtern, Felse?“

Ein sanfter, leicht besorgter Blick seines Koches traf ihn wiederholt, als Jörg sich neben ihn setzte.

„Schmeckt es dir nich? Ich mach dir ne Portion Nudeln, okay?“

Doch Bela sah abwehrend in das eifrige Lächeln des Jüngeren.

„Lass mal, mach dir nicht unnötig Arbeit, so lange dein Job nicht auf dem Spiel steht.“

Ein langes Schweigen trat zwischen sie und der Drummer leerte noch zwei weitere Gläser.

„Noch zwei Konzerte...“ murmelte Jörg dann plötzlich leise und strich sich melancholisch ein paar blonde Strähnen aus dem Gesicht. Seine Augen schimmerten trübe hinter den dünnen Brillengläsern zum Himmel hoch. Bela musterte ihn vorsichtig von der Seite. Während er selbst das Ende der Tour gerade so herbei sehnte, schließlich würde er dann endlich den Abstand von Farin bekommen, den er brauchte, schien Jörg alles dafür geben zu wollen, nicht nach Hause zu müssen. Da traf den Schwarzhaarigen plötzlich eine Erinnerung hart gegen die Schläfe, welche wohl irgendwo in seinen grauen Zellen geruht hatte. Der Jüngere hatte heiraten wollen. Doch die schmale Hand des Patissiers, die jetzt auf einem Messergriff vor ihm auf dem Tisch ruhte, zierte schon seit einer Weile kein Verlobungsring mehr.

„Es is einfach scheiße, weißt du?“

Nachdenklich schaute Bela weiter vor sich hin. Ihm war dieses verfluchte kleine Wort wieder aufgefallen: einfach. Doch schien es an dieser Stelle, wo er glaubte, allmählig Jörgs Geschichte zu durchschauen, recht passend.

Ja, es war einfach scheiße.

Seine eigenen Probleme dagegen, schienen alles andere als das.

Sich selbst in den Hintergrund stellend – er mochte sich im Moment nicht noch ausschweifender mit seinen vorhandenen Querelen beschäftigen – rutschte er nun etwas näher zu Jörg. Erst überlegte er, dem jungen Koch eine weise und ausschweifende Predigt dar zu legen, glaubte jedoch im Endeffekt nicht, dass ihm etwas in der Art helfen könnte. Also legte er einfach sachte einen Arm um ihn. Er war noch nie ein Mann großer Worte gewesen...
 


 

In den folgenden Stunden sahen sich Bela und Jörg nicht, denn beide waren beschäftigt mit ihrer Arbeit. Und während der eine sehr viele Menschen an diesem Abend glücklich machte und sich dabei erstaunlicher Weise auch von seinem Gitarristen nicht ablenken lies, richtete der andere längst das Essen für nach der Show und für den Bus an.

Nicht einmal bei der Essenausgabe waren sie sich begegnet, und Bela hatte sich ein wenig Sorgen gemacht. Schließlich verschlang er nach dem Konzert schnell sein Sandwich und trank das angebotene Glas Sekt, dann machte er sich zum Wagen der RGF auf.

Mit einem Schwung hatte er die Hintertür des kleinen VW-Busses geöffnet und fand auch prompt, wen er suchte:

„Jörg??“

Der blonde Koch saß neben einem der Küchencases für kühl zu lagernde Getränke, in seiner Hand eine Flasche des von Rodrigo so geliebten irischen Guinessbieres. Und als er Bela dann ansah, war der Drummer sich schnell sicher, dass es nicht seine erste an diesem Abend war.

Da es anders nicht möglich war, den Wagen zu betreten duckte Bela sich unter dem Autodach weg und kroch auf allen Vieren vor zu Jörg. Der sah ihn glasig und, durch den Alkohol scheinbar mehr denn je von seinen Emotionen geleitet, recht wehleidig an. Bela erwiderte den Blick bloß mit eine schiefen Lächeln. Wie tat der kleine Koch ihm Leid.

Er tat ihm so Leid, dass er – völlig überrumpelt – nicht in der Lage war, zu reagieren, als eine überraschend fest zu packende Hand ihn am Kragen seines Shirts packte und ihn zu sich zog.

Der Kuss schmeckte zuerst widerlich nach dem bitteren Bockbier, das Bela so hasste und er wollte sich eigentlich sofort von ihm lösen. Doch da war wieder diese Hilflosigkeit, die der Kleinere ausstrahlte, als die dünnen Arme sich um seinen Nacken legten, dankbar, dass er da war um ihn zu halten. Dann stupste Jörgs Zunge leicht gegen seine Lippen und als der Schwarzhaarige es wagte und den Mund nur ein Stück öffnete, da mischte sich ein viel eindeutigerer Geschmack in das Bier. Der Blonde selbst schmeckte eher süß und seine Zunge tastete sich angenehm vorsichtig an Belas heran.

Von diesem Wandel ein weiteres Mal ziemlich überwältigt, gab jener entgültig nach, dachte sich, dass ja beide momentan nichts zu verlieren hatten und lehnte sich immer weiter über den Jüngeren, schob das schwarze Shirt über seinen ganzen Oberkörper und schließlich über seinen Kopf und funkelte ihn aus grünen Augen wie zum Ansporn an, als Jörg der Geste erst zögernd, später gierig folgte.

Der Boden des Wagens war unglaublich kalt, doch erschien er beiden Männern immer wohltuender, je tiefer und neugieriger Küsse und Berührungen wurden und als Belas Finger in den Blonden eindrang, da kam Jörg dieser wesentlich kälter vor. Etwas selbstzufrieden hörte der Ältere sein Stöhnen und spürte, wie sich die Muskeln um seine Finger etwas verzogen.

Als sich das aber auch nach längerer Massage nicht änderte, beugte er sich tiefer zu Jörg und begann, sein Ohr mit süßen Schmeicheleien und Küssen zu verwöhnen. Der Koch nahm trotz des sicher recht hohen Alkoholpegels im Blut jede Liebkosung war und entspannte sich lächelnd. Bela nickte und weitete ihn mit Hilfe eines zweiten Fingers behutsam, bevor sich seine beiden Hände um die schmale Hüfte schlossen.

Der Drummer senkte seine weichen Lippen auf Jörgs Hals und brummte wohlig, biss leicht in die Haut unter sich, als er mit einem Schlag ganz in ihn eindrang.

Erst lies er dem Jüngeren Zeit, sich an ihn zu gewöhnen, auch wenn ihm das merklich immer schwerer fiel, denn der Kleinere war pure Hitze und trieb ihn so sehr mit den zuckenden Schließmuskeln, dass er es nur ein einziges Mal wagte, die Augen zu öffnen. Hätte er den Anblick des hübschen Koches nur etwas länger zugelassen, wäre er womöglich sofort gekommen. Nun begann er, immer tiefer in ihn dringend, zu zustoßen und fühlte gleich darauf die krallenden Finger, die sich leicht in seinen Rücken bohrten, versuchte, ganz stumm zu bleiben, um jedes der ekstasischen Geräusche genau zu hören.

Keiner der beiden bemerkte je den blonden Hünen, der mit weit aufgerissenen Augen an der Wagentür lehnte, eine Hand an seiner Hüfte, beide Stimmen genau hörte und zur gleichen Zeit wie die beiden auf der anderen Seite mit einem gequälten „Dirk“ zum Höhepunkt kam.



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Kommentare zu diesem Kapitel (3)

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Von:  Slythericious
2008-12-22T23:52:53+00:00 23.12.2008 00:52
ja, toll, aber jörg??? *grummel* ich hab ja nichts gegen ihn, wirklich nicht, aber wenn farin seinetwegen nicht zum zuge kommt wird er mir zusehends unsymphatisch^^ xD
Von:  Tio
2007-02-19T16:38:12+00:00 19.02.2007 17:38
gott ich bin immer noch der meinung, dass das das geilste weihnachtsgeschenk is, dass ich bekommen hab
*dich dafür umknuddel*
von mir aus, brauch ich nie wieder geschenke anderer art
*die geschichte einfach nur lieb*
Von:  BlastedKing
2007-02-17T21:15:02+00:00 17.02.2007 22:15
....Man ich liebe dich.
Du bist super echt jetzt mal - du kommst auch immer auf sachen. aber so gut geschreiben - zum schütteln >.<
Ach ich glaubs nicht
Coole KG!


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