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Erzählungen von Gardisten und Dieben

Teil 1: Türme, Tümpel und Tavernen
von

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Kapitel 2.1: Zucker im Bier

Ich musste noch breiter grinsen.

"Azrael..." Der Name rollte von meiner Zunge. Azrael... Az-Ra-El...Az-Rael... "Hübscher Name. Klingt... schattig." Langsam entfernte ich meine Hand von seinem Goldbeutelchen...
 

Der junge Krieger blickte mich an als wäre ich ein schreiender Irrer. Was mir überhaupt nichts ausmachte, wirklich - na gut, ich geb's, zu, ich mochte das, wenn man mich so ansah.

Oh, und darf ich erwähnen, dass er mich definitiv so ansah? Als würde ich gleich anfangen sinnlos vor mich her zu brabbeln.

Dabei brabbele ich nicht. Ich murmele höchstens.
 

Der Jüngling musterte mich. Seinem Blick nach zu folgen musste ich noch schlimmer aussehen als ich dachte, dass ich aussehe. Dabei durfte der gar nichts über mein Aussehen sagen. Wer ging denn schon in rot-grüner Kleidung auf Reisen? Abgesehen von Hochelfen natürlich, aber Hochelfen sind arrogant, humorlos, aufgeblasen und verstockt. Außerdem sind sie kleine Sonnenliebhaber und jeder guter Diener des Lor hasst die Sonne.

Genau.

Und ich war gerade nicht dabei geistig vor mich hin zu brabbeln während ich dem Kerl in die Augen starrte.
 

Hübsche Augen.

Böser Caligo! Solche Gedanken brachten dich ins Gefängnis als du in Miria warst.

Schurkengehirn einschalten, Krieger zuhören. Krieger manipulieren, ohne Schaden davon kommen. Genau. Nutzen vom Halb-Elfen Dasein machen.

Irres innerliches Gebrabbel abstellen.
 

Manchmal wünschte ich mir fast, ein normaldenkendes Wesen zu sein.

Aber nur manchmal.

Und nur fast.
 

Ich konzentrierte mich nun wirklich wieder auf den Krieger.

Und nicht seine Augen.

"Danke, Caligo...", sagte er leicht abwertend und betrachtete mich genau, wahrscheinlich damit ich meine Hand auch ja zurücknahm und sie nicht doch aus 'purem Zufall' an seinem Geldbeutel hängen blieb.
 

"Neu hier in der Gegend?", fragte ich dann schließlich grinsend und stützte mein Kinn auf einer Hand ab.
 

Der Jüngling schien im ersten Moment recht überrascht zu sein, dass ich solche Interesse an ihm hatte und sah mich erst ziemlich verduzt an. Nach kurzer Zeit fasste er sich jedoch wieder und antwortete: "Ich bin auf der Durchreise, bleibe also nicht lange hier."
 

Jetzt war mein Interesse geweckt. Durchreise war immer gut - und der Kleine machte mich einfach neugierig. "Durchreise? Wohin denn, wenn man fragen darf?" Keck lehnte ich mich vor und schnupperte an seinem Bier.
 

"Nach Gorith. Ich fange dort eine Lehre als Gardist an.", antwortete der junge Mann und schob mir seinen Bierkrug entgegen. Schien so als hätte er keinen Durst mehr...

Na, einem geschenktem Gaul schaut man nicht ins Maul. Ich nahm einen kräftigen Schluck.
 

"So, so. Lehre als Gardist." Ein kleines Kichern konnte ich mir nicht verkneifen. Der sah einfach nicht nach Gardistenmaterial aus. Eher nach einem der Wachsoldaten, die man besonders leicht umgehen konnte...

"Und nach Gorith? Komischer Zufall. In die Richtung will ich auch." Ich fuhr mir mit einer Hand durch mein schwarzes Haar und grinste ihn an. Währendessen formte sich in meinem Kopf eine Idee...
 

"Und was wollt ihr dort", fragte Azrael nun in einem etwas schärferen Ton und blickte mich ernst an. Huh? Gefiel ihm etwa mein Grinsen nicht?

"Unters Volk gehen, aye? Gute Zeit haben... Aber, gute Zeit kostet. Und Samtbeutel finden macht keinen Spaß, nicht wirklich... aye? Also, ich dachte, der Herr Gardist hier könnte mit mir zusammen doch sicherlich ein klein wenig Gold verdienen... Gutes, leichtverdientes Gold, aye?"

Hatten die Händler nicht noch Bewachung für ihre Karawane gesucht? Draußen in den Straßen standen ca 20 Wagen rum... Ein wenig Gold für das bloße Mitreiten wäre sehr nett.
 

"Ich verstehe...", begann der Jüngling zu sprechen und schien etwas zu grübeln. "Und ich soll dir also dabei helfen, ja?"

Die Idee an sich, mit dem Gold verdienen, gefiel ihm wohl, entschied ich. Er war ja selber nicht der Reichste...

Aber ich konnte seine Gedanken fast lesen - Mit dem schrägen Kerl?!
 

Ich gab ihm mein hübschestes Lächeln und fuhr mir noch mal mit der Hand durch die Haare. Einen Augenblick dachte ich fast, er hätte meine Ohren gesehen, so wie sich seine Augen kurz weiteten... aber nein, sagte ich mir damals, Caligo du verrückter Halb-Elf, du hast dich verguckt...

"Aye, helfen. Gerechte Lohnteilung. Nur ein paar reiche Händler mit ihrer Karawane nach Gorith begleiten..."
 

"Nun, da ich eh auf dem Weg bin...", meinte der junge Krieger und sah mich an. Von dem Blick nach zu urteilen, den er mir gab, hatte mein Lächeln etwas bewirkt.

"Einverstanden, ich begleite dich...Aber lass deine krummen Touren!", meinte er scharf.

Krumme Touren? Meine Touren waren nur selten krumm und noch seltener bemerkbar!

"Caligo macht keine krummen Touren, kleiner Gardist. Aber ich freu mich, dass du mitkommst. 'N bisschen Unterhaltung während einer Reise ist immer gut, oder?"

Ich deutete zu einem der Händler weiter hinten im Raum. "Die suchen noch Söldner... sollen sie vor Wölfen beschützen..."

Ich entschied mich dagegen, etwas von ,Dämonenwölfen' oder aufgeschlitzten Kehlen zu erwähnen... ich wollte den kleinen Gardisten mit den hübschen Augen ja nicht verschrecken.
 

Hm... irgendwie musste ich gerade das erreicht haben, denn er grinste mich leicht gezwungen an.

"Ja, durchaus...Alleine zu reisen ist etwas trist."

Sein Blick schweifte zu den Händlern. "Vor Wölfen? So, so...Hört sich ja sehr spannend an..."

Ich winkte ab. "Ach, nichts schweres und guten Lohn gibt es auch..." Ob die Händler uns wohl zu hören würden, wen ich ihn als den ,Anführer' unseres kleinen Gespanns vorschieben würde? Ein Angriff bei einer so großen Gruppe war eh unwahrscheinlich...

Und Tatsache war... ich brauchte Gold.
 

Glücklicherweise schien der Kleine richtig eifrig zu sein.

"Worauf warten wir dann noch?", fragte er leicht lächelnd und stand auf. "Oder hast du es dir auf einmal anders überlegt?"

Hm... erkannte mein fachmännisches halb-elfisches Auge da Übereifer?

"Also?"
 

"Anders überlegen? Aber nicht doch! Komm, komm..." Behutsam aber steuernd zog bzw. schob ich den Kämpfer zu den Händlern und grinste die feinen Herren an, als sie aufschauten. "Meinem Begleiter und mir kam zu Ohren, dass ihr noch Söldner sucht, mein Herr?" Dabei sprach ich den einen Händler an, den ich vorhin im Gespräch überhört hatte.

Der Kämpfer nickte nur höflich und überließ wohl mir das Reden. Das würde trickreich werden... bei meinen Gewändern hatte ich nicht sehr viele Chancen.
 

"Wir wollen morgen nach Gorith aufbrechen, Bursche... Und du meinst dein Freund und du, ihr könntet uns helfen?" Ein eindeutig mehr als skeptischer Blick kam in unsere Richtung.

Und zum zweiten Male heute kam mein ,Lächeln' zum Einsatz... "Oh, wir sind kräftiger als wir aussehen, Sir. Und wir kennen den Weg gut."

Nun ja, zumindest ich kannte den Weg gut. Wege kennen hatte das Vagabund sein so an sich. "Und das ist etwas was eure," ich warf den Söldnern, die uns finster anschauten, einen Blick zu und musterte ihre Gildenabzeichen, "Krieger aus den Südlanden wahrscheinlich nicht tun."

Der Händler schaute unsicher von mir zu Azrael.

"Mein Herr, ich kann Euch versichern, dass Ihr uns vertrauen könnt.", meinte der Kämpfer ruhig. Der Händler nahm seine Worte direkt besser auf - kein Wunder. Meine Beute hatte mir noch nie vertraut.

"Ich bin mir sicher, dass wir eine große Hilfe für Euch sein werden."

Geistig ab ich dem Kleinen einen dicken Extrapunkt. Jetzt wo die gesamte Aufmerksamkeit der Händler und Söldner auf ihm lag konnte ich in Ruhe ein klein wenig... Charme anbringen.
 

Blitzschnell zogen meine Finger an der rechten Hand einige Zeichen nach und deutete diskret auf den Händler direkt vor mir.

Der Zauber war nicht wirklich gefährlich oder beeinflusste das ,Ziel' stark, es senkte nur etwas die... Bedenken. Ähnlich wie Alkohol.

Dummerweise war der Zauber aber sehr anstrengend und ich hoffte inständig, der Händler würde uns jetzt anstellen.

"Also gut. Ihr beide könnt euch bewähren. 5 Goldtaler für jeden von euch biete ich als Lohn an."
 

5 Goldtaler? Und das für ehrliche Arbeit? Nicht schlecht, absolut nicht schlecht...

"Wir reisen morgen früh zur neunten Stunde hin ab."
 

"Ich danke Euch, mein Herr. Wir nehmen gerne an.", lächelte Azrael und neigte dankend den Kopf.

Dann blickte er mich fragend und etwas verwirrt an.

Ich hob kurz eine Augenbraue und grinste in seine Richtung. Dann verabschiedete ich uns von dem Händler mit einem knappen Grinsen und zog den Kämpfer mit mir in eine ruhige Ecke der Taverne. Da stieß ich ihn erst mal - mehr oder weniger sanft - auf die Eckbank und nahm dann ihm gegenüber an dem Ecktisch platz.

"Zwei mal gutes Ale, aye?", meinte ich zu einer Barmaid und wackelte mit den Augenbrauen. Dafür würde mein Gold wohl noch reichen... wozu hatte man denn Notgroschen...
 

"Ich weiß nicht, ob das jetzt noch so gut ist...", meinte der Kleine halblaut und lugte zu mir herüber.

"Wir müssen morgen früh raus..."

Ich winkte ab. "Ach, ein Ale tut doch nicht weh." Außerdem war ich jetzt erst recht kaputt und brauchte was zu trinken. "Außerdem schmeckt richtiges Ale weitaus besser als Bier."
 

Und schon kam die Barmaid zu uns herüber und stellte vor jedem von uns ein Glas mit einer bräunlichen, zähen Flüssigkeit ab.

Er grinste mich nur matt an und blickte auf das Glas vor sich.

"Wenn du meinst..."

Hatte der kleine noch nie Zucker-Ale getrunken? Im Namen aller Schatten! Der arme!

"Vertrau mir - nichts schmeckt besser als Zucker-Ale!"

Ich hob mein Glas und trank die Hälfte in nur zwei Zügen. Das Zeug war unheimlich süß und schön zäh im Mund, eine richtige Wohltat. Durch den Geschmack bemerkte man auch meistens die Stärke des Getränks nicht - obwohl es an echten Zwergenschnaps natürlich nicht ran kam...
 

Der Kleine sah das Glas an, als würde das Ale ihn beißen. Aber letztendlich nahm er doch einen Schluck - und verzog fast sofort den Mund.

"Magst du nichts Süßes, Kleiner?", fragte ich leicht grinsend während ich die zweite Hälfte meines Ales trank.

So schnell sollte ich das Zeug eigentlich nicht trinken, ich hatte noch nichts gegessen...

Azrael trank sein Ale doch, wenn auch etwas widerwillig.

"Eher nicht...Zumindest nicht so süßes!Wie kannst du das Zeug nur trinken?", fragte er schließlich und sah mir dabei direkt in meine Augen.
 

Oh, ganz schlecht. Hübsche Augen gucken in meine Augen.

"Mund auf und rein, Kleiner." Verdammt, hatte ich grad gelächelt? "Ich kann viel... schlucken." Und jetzt hatte ich NICHT gezwinkert! Los, Caligo, reiß dich zusammen.

"Aha...", gab der Kämpfer nur von sich und sah mich weiter an. Plötzlich wurde sein Gesichtsausdruck ernst.

"Nenn mich nicht 'Kleiner'!"

"Du bist aber kleiner als ich, Kleiner." Ich grinste. "Und wahrscheinlich auch jünger." Ich hob das Glas wieder an meine Lippen - aber es war ja schon leer. Dumme Sache.
 

Eins musste man dem Kleinen aber lassen: Sein Gesicht verriet keine Regung. Stoisch, was?

"Hm, möglich. Wie alt ist denn der werte Herr?", fragte er dann doch leicht gereizt und verschränkte seine Arme vor der Brust.

"Der werte Herr," meinte ich und verfiel in meinen leicht schleppend klingenden Dialekt von zu Hause, "ist 21, aye."

Er nickte, wohl leicht resignierend und stützte seinen Kopf auf seine linke Hand, während die rechte am Glas herumspielte... am noch fast vollem Glas!

"Trinkst du das noch? Gutes Ale soll man ja nicht verkommen lassen." Genau, vor allem, wenn ich es trinken konnte!
 

"Bitte, wenn du unbedingt willst...". Er schob mir das Glas herüber und ich nahm sofort einen kräftigen Schluck.

"Wo wirst du heute eigentlich die Nacht verbringen?", fragte er auf einmal und sah mir wieder in die Augen.
 

Mesamawuugel.
 

Ich blinzelte. Oh, Gedankenausfall, nicht gut.

Dumme Sache.

Schnell nahm ich noch einen schluck Ale und zuckte mit den Schultern. "Ich find immer einen Platz um zu schlafen." Etwas leiser für mich fügte ich noch hinzu: "Obwohl ich eigentlich tagsüber schlafe..."

"Also hast du noch keine Ahnung wo, verstehe!"

Irgendwas an dem Ton, in dem er das sagte, gefiel mir nicht. Aber so langsam fing das Ale an zu wirken...

"Bestmöglicherweise ein Ort mit einem Dach.", grummelte ich und trank den Rest von dem zweiten Ale. Ich würde bald betrunken sein, befürchtete ich. Vielleicht sollte ich mich von meinem neuen Kompagnon verabschieden, bevor ich eine Dummheit beging.

"Du schläfst hier, nehme ich an?"

"So ist es.", kam die Antwort.

"Gut. Dann ist mein Kleiner ja gut untergebracht." Ich musste kurz unkontrolliert kichern. Verdammt, das war gutes Ale. "Dann sehen wir uns morgen, aye? Caligo muss sich noch einen Schlafplatz aussuchen. Bis morgen früh, eh?" Ich stand, leicht wacklig, vom Tisch auf, aber nach nur wenigen Sekunden hatte ich meine Balance wieder. Etwas Alkohol würde mich nicht so einfach umhauen.

Aber mein Kleiner schien das als Ziel zu haben.

"Ich bin nicht klein!", fauchte er und funkelte mich böse an. "Und außerdem bin ich nicht dein Eigentum!"

Abschließend murrte er noch etwas von wegen "Bis Morgen!" und "Sei pünktlich!".

Grinsend wackelte ich mit den Augenbrauen und warf ihm noch eine Kusshand zu, bevor ich meinen Weg aus der Gaststube bahnte.
 

Die Nachtluft, das Mondlicht - ah, das tat mir wunderbar gut. Leider gab es in diesem Dorf nur wenig nächtliches Treiben, dass mich interessiert hätte. Eigentlich gab es gar kein nächtliches Treiben.

Wie enttäuschend.

Nach einem kurzen Rundblick wählte ich die nahe Scheune als meinen Schlafplatz. Da würde es wohl noch einen ruhigen Platz zum Ausruhen geben - und wenn ich am nächsten Morgen, am ,Morgen', bei SONNENLICHT schon aufstehen sollte, brauchte ich etwas Schlaf.

Also trottete ich in die, in Anbetracht der kleinen Taverne, sehr große Scheune und suchte mir eine leere Pferdebox am Ende des Gebäudes zum Schlafen aus.
 

Meinen schweren Umhang um mich ziehend lehnte ich mich an die Wand und schlief fast sofort ein.



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