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Stories from the Pridelands

von

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Die erste Jagd

Höhnisch lachte die Sonne Afrikas vom wolkenlosen Himmel und verspottete die kauernden Gestalten der Löwinnen im wogenden Gras.

Geduckt schlichen sie vorwärts, eins in diesem Moment.

Die Antilopenherde, die sich im Schatten eines Akazienwäldchens am Wasserloch an dem erfrischenden Wasser gütlich tat, ahnte nichts von ihrem tödlichen Schicksal. Ab und zu spähte der Wächter über sie hinweg und hielt nach Feinden Ausschau.

Die Jägerinnen entdeckte er nicht.

Ein schon geschwächtes älteres Tier humpelte zum Wasser und streckte seinen grazilen Kopf hinab. Außerhalb von der schützenden Herde stand es da, die perfekte Beute…

Vitani duckte ihren Körper dichter auf den Boden, wagte nicht zu atmen. Ein einzelnes Zittern eines Grashalms hätte ihr Opfer zur sofortigen Flucht veranlasst. Ihre Krallen prüften den erdigen Grund unter ihr, glänzten spitz, bereit zuzuschlagen.

Sie spürte den fleischigen Geschmack der noch warmen Beute auf ihrer Zunge.

Der uralte Löweninstinkt zum Töten, zum Zerfleischen erwachte in ihr.

Aber sie mußte noch warten, sie spürte es…

“Jetzt!”

Eine orangegelbe Gestalt schoss aus dem Gras. Das Wasser spritze auf, als die Antilope ihren Kopf aus dem Wasser riss.

Das war zu früh!

Es machte jetzt keinen Sinn mehr, Vitani sprang ebenfalls auf, ihr goldbraunes Fell glänzte beim Spiel ihrer Muskeln. “Kiara, warte!”

Kiara hetzte mit wilden Sprüngen hinter der Beute her. Auch die restlichen Jägerinnen stürzten hervor, versuchten, dem Tier den Weg abzuschneiden, doch Kiara hatte ihm in ihrer überstürzen Jagd einen gehörigen Vorsprung gegeben.

Sie wusste ja nicht, was für ein wichtiges Gut die Beute war, ein Gewinn, eine Hoffnung, Gewissheit, dass das Rudel den nächsten Mond überleben würde. Für sie war es Alltag. Sie hatte noch nie Hunger erleiden müssen. Kiara wussste ja noch nicht mal, was Leid bedeutete-ihr Leben war perfekt. War ja nicht schlimm, dass sie so eine schlampige Jägerin war. Die Beute würde schon jemand anderes erlegen. Sie war schließlich die Prinzessin.

Die goldfarbene Löwin zog die Lefzen hoch und ließ ein leisen Knurren ertönen.

Ein kurzes Fauchen und ein Aufprall. Staub wirbelte auf und vernebelte ihr die Sicht, aus dem Dunst tauchten die Umrisse der blutüberströmten Antilope auf. Die erfolgreiche Jägerin riss ihre Fänge aus der Kehle der Beute und schaute auf.

Zufrieden leckte sie sich über die blutverschmierte Schnauze. Ihr drahtiger, schlanker Körper setzte mit einem Sprung über den Leib des toten Tieres hinweg, durchdringende gelbe Augen sahen sich herausfordernd um.

Uzuri!

„Na, was habe ich gesagt?“ Die Stimme der Löwin durchbrach die Stille wie splitterndes Eis. Vitani trat näher zu ihrer Jagdgefährtin und spitzte die Ohren, Anerkennung flammte in ihr auf.

So anders als ihr Bruder…

„Als Nachkommen der besten Jägerin des Landes geht uns eben keine Beute durch die Lappen!“, prahlte Uzuri. „Durch unsere Adern fließt das Blut einer wahren…“

„Schnauze!“

Eine kräftig gebaute gelbe Löwin richtete sich zu ihrer vollen (und ziemlich beachtlichen) Größe auf und erwiderte den Blick der drahtigen Uzuri, die ihr stolz entgegensah.

Einige Herzschläge lang verharrten die beiden so. Vitani spürte die Luft förmlich knistern vor Spannung, erwartete einen plötzlichen Kampfschrei und dann die beiden Löwinnen verknäult am Boden.

Jeden Moment würden sie sich aufeinander stürzen.

Kiara löste die Situation auf ihre Art, indem sie mit üblichem Grinsen an den beiden vorbeitappte, den Kandaver packte und den Rest der Jagdpatrouille zusammenrief. Vielleicht versuchte sie ja jetzt, königliche Autorität zu übernehmen?

„Hoffentlich nicht“, murmelte Uzuri Vitani zu. „Das endet dann so, dass wir dreimal täglich alle Tiere des Geweihten Lande umarmen müssen, weil wir uns alle so unglaublich gern haben.“

Vitani grinste. Selbst nach so einer angespannten Situation hatte ihre Freundin ihren Humor nicht verloren. Leise tuschelnd ließen sie sich ans Ende der Patrouille fallen.

„Diese verdammte Narbe schmerzt immer noch“, knurrte Uzuri und deutete auf die lange, entzündete Krallenspur, die sich über ihre rechte Schulter zog.

„Tiifus Handschrift“, meinte eine dritte Löwin, die hinzugekommen war und nun die Wunde fachmännisch beäugte.

„Du musst es ja wissen, Kivuli!“, scherzte Uzuri und wandte sich der Neuen zu. „Ich wette, du würdest jede Löwin und jeden Löwen allein an ihrer Krallenspur erkennen. Und ja, es war Tiifu.“

„Hoffentlich hast du´s ihr auch ordentlich zurückgegeben!“

„Yepp. Sie versucht zwar, ihr blaues Auge zu verstecken, aber so ganz gelingt es ihr nicht.“

„Mein wunderschönes Gesicht!“ Vitani versuchte, die hohe, quietschige Stimme vin Tiifu nachzuahmen, und fuhr sich mit gespieltem Entsetzen über die Augen.

„Mein hübsches Gesicht ist entstellt!“

Sie alberten noch ein bisschen weiter und lästerten über diese und jene Löwin, bis sie am Königsfelsen ankamen. Dunkle Gewitterwolken waren aufgezogen, sie füllten den Himmel wie eine graue Felswand.

Die Regenzeit war da.



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