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Seelenkrank

von

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Alte Verhaltensmuster

Und so begann ich in den kommenden Tagen mit packen. Das Haus von meiner Oma lag recht zentral, aber trotzdem in einem ruhigen Wohngebiet. Es besaß einen großen Garten und verlief über zwei Stockwerke. Ich freute mich sogar auf den Tapetenwechsel, denn hier erinnerte mich nahezu alles an Juka und das hielt ich nicht mehr aus. Der Umzug dauerte zwei Tage, also ging es recht schnell über die Bühne und im neuen Haus lenkte ich mich viel ab. Hier gab es einen Partykeller, den ich zu einem kleinen Studio herrichtete. Ich half Jojo beim Streichen ihres Zimmers und auch sonst war ich sehr kreativ. Jule besuchte mich immer öfter und wir redeten viel, doch noch immer fühlte ich mich nicht richtig gut. Das Leben um mich herum ging weiter, doch ich blieb irgendwo stehen. Irgendwie schien meine Lebensfreude aus mir gewichen zu sein und egal, was ich auch unternahm, sie kehrte nicht zurück.

Ich trank immer noch viel zu viel, doch ich konnte es gerade auch nicht lassen. Fast jede Nacht lag ich wach, weil ich nicht einschlafen konnte. Ich sah Juka in meinen Träumen oder dachte oft darüber nach, wie alles angefangen hatte. Wie ich ihn kennengelernt hatte. Das trieb mir die Tränen in die Augen, weil ich es noch immer nicht verstehen konnte. Unzählige Male wollte ich seine Nummer aus meinem Handy löschen, doch das ging schon mal gar nicht. Er hatte mich zutiefst verletzt, doch ich liebte ihn noch immer und jeder Gedanke an ihn war wunderschön und schmerzhaft zugleich. Ich wollte damit abschließen, doch konnte ich es nicht. Noch nie hatte so ein Krieg in meinem Inneren getobt.
 

Meine Schwester und ich kochten oft was zusammen, wenn sie aus der Schule kam. Vielleicht sollte ich mir wieder einen Job suchen, doch irgendwie konnte ich mich nicht aufraffen. Ich hatte Panik irgendwo in der Stadt zu arbeiten, denn da konnte ich ja Juka über den Weg laufen, deshalb tat ich etwas, was ich eigentlich nicht mehr hatte tun wollen, ich fragte meinen Dad, ob ich vorübergehend in seiner Firma unterkam und glücklicherweise gewährte er mir diese Bitte. Er war ohnehin gerade echt nett und beschwerte sich auch nicht, dass ich nachlässig herumlief oder so.

Ich schaffte es immer öfter nicht gleich einen emotionalen Zusammenbruch zu bekommen, wenn jemand von Juka sprach, einfach war es trotzdem noch lange nicht. Würde ich jemals wieder mit jemandem zusammen sein können? Oder konnte ich irgendeinem Menschen wieder vertrauen?

Eines Nachmittags rief mich Juka an, aber ich ging nicht ran. Das war das letzte, was ich jetzt noch gebrauchen konnte. Kurze Zeit später schrieb er eine SMS, ob wir nicht mal reden könnten. Lange überlegte ich und schließlich willigte ich ein. Er wollte zu mir kommen und ich war völlig von der Rolle. Mit dem Trinken hatte ich noch immer nicht aufgehört und nüchtern würde ich ihm nicht unter die Augen treten. Wir zogen uns in meinen kleinen Studio zurück. Ich baute mir noch einen Joint, um die Situation irgendwie erträglich zu machen. Juka staunte nicht schlecht über meine Arbeit.

„Über was wolltest du mit mir reden?“, brach ich das Schweigen.

„Ich wollte nur sehen, wie es dir geht.“

Ich lachte höhnisch.

„Blendend.“

Ich zündete den Joint an und nahm einen tiefen Zug.

„Luki, es tut mir leid. Ich weiß, ich hab dich verletzt und ich möchte mich entschuldigen. Doch ich kann nicht Musik machen und nebenher eine Beziehung führen.“

„Tja, das wäre ja auch zu viel verlangt. Ist schon okay, mir geht es prima.“

Juka schaute mich skeptisch an.

„Kannst du mal aufhören so sarkastisch zu sein?“

Jetzt musste ich tatsächlich lachen.

„Nein, kann ich nich. Oder meinst du, ich hock mich jetzt vor dich und breche in Tränen aus?“

„Das nicht, doch das passt gerade so gar nicht zu dir. So kenne ich dich nicht, so emotionslos.“

„Wie sollte ich mich denn deiner Meinung nach dir gegenüber verhalten?“

Juka zuckte mit den Schultern.

„Ich weiß es nicht, aber eben anders.“

Ich war kurz davor völlig auszurasten und seine Anwesenheit war schlimmer als erwartet.

„Du tauchst einfach hier auf und meinst bestimmen zu können, wie ich mich dir gegenüber verhalten soll? Was glaubst du eigentlich, wer du bist? Vor allem nach dem, was du mit mir gemacht hast!“

„Ich sagte doch, dass es mir leid tut.“

„Verdammt Juka, du denkst doch nich im Ernst, dass es mit einer so billigen Entschuldigung abgetan is! Ich dachte echt immer, du bist ein bisschen einfühlsamer. Aber nein, du vögelst ja lieber deinen Produzenten und was weiß ich wen noch, nur um deinen ruhmreichen Leben gerecht zu werden.“

Jetzt verschwand der liebe Ausdruck in seinen Augen.

„Fragt sich nur, was besser ist. Ruhmreich zu Grunde gehen oder daran, weil man sich den Verstand wegsäuft“, konterte er und das brach meine Schutzhülle. Auch der Hass verflog, ich brach innerlich einfach nur wieder zusammen und verkniff mir die Tränen.

„Das ist meiner Meinung nach um einiges ehrlicher, als das, was du abziehst. Besser du gehst jetzt, bevor ich mich verliere.“

„Was willst du denn machen, mir eine reinhauen?“

Ich zuckte mit den Schultern.

„Vielleicht...bitte geh einfach, ich ertrage dich nich.“

Glücklicherweise kam Juka meiner Bitte nach und ich blieb alleine in meinem Loch zurück. Jojo wollte mich trösten, doch ich schickte sie weg. Dann schnappte ich meine Jacke und musste an die frische Luft. Mein Schwesterchen eilte mir nach.

„Wo gehst du hin?“, fragte sie besorgt.

„Keine Ahnung, kurz weg. Ich komm zurück versprochen, aber bitte gib mir jetzt Zeit für mich.“

Ich gab ihr einen Kuss auf die Stirn und verschwand in der Dunkelheit. Und tatsächlich wusste ich nicht mehr viel von dem Abend, nur, dass ich am nächsten Morgen auf einer Parkbank erwachte und mein Schädel sich doppelt so groß anfühlte. Meine Klamotten waren die Nacht über klamm geworden und ich zitterte vor Kälte. Besorgte Mütter zogen ihre Kinder weiter, als sie mich erblickten. Ich setzte mich auf und rauchte eine Zigarette. Dann versuchte ich herauszufinden, wo ich war und musste nach einigen Minuten der Überlegung feststellen, dass Jule hier ganz in der Nähe wohnte. Und auf einmal bekam ich große Lust sie zu besuchen. Wir hatten uns auch schon wieder eine halbe Ewigkeit nicht mehr gesehen. Langsam lief ich in die Richtung, in der sie wohnte. Doch abrupt hielt ich inne. So völlig zerstört wie ich aussah konnte ich ihr doch unmöglich unter die Augen treten. Ich kam an einer Boutique vorbei und blickte in das Schaufenster. Zerstört sah ich wirklich aus, doch würde ihr das so viel ausmachen? Ich riskierte es einfach und klingelte. Schnelle Schritte hallten in dem kleinen Hof und dann öffnete mir Jule. Ein bisschen irritiert beäugte sie mich schon, doch dann umarmte sie mich und wir gingen in ihre Wohnung.

„Hast du nicht schon mal dran gedacht hier auszuziehen?“

„Naja irgendwie schon, doch ich brauch erst mal nen vernünftigen Job. Aber an sich ist es ja ganz gemütlich hier und meine Mum freut sich, wenn ich da bin.“

Und das war es auch. Julietta war mittlerweile auch über ihre extreme Gruftizeit hinweg und hatte sich alles ein bisschen orientalisch eingerichtet. Es war kuschelig warm und mich fröstelte es kurz.

„Deine Klamotten müssen wir über den Ofen hängen, die sind ja pitschnass. Warst du bei dem Wetter baden oder was?“

Ich schüttelte den Kopf.

„Ich muss gestern im Park hier auf ner Bank eingepennt sein.“

Sie zog die Stirn in Falten. Jetzt saß ich also in Unterhose und T-shirt vor ihr, doch irgendwie störte es mich auch nicht. Sie warf mir eine Decke zu, in die ich mich einkuschelte.

„Magst du einen Tee haben?“

„Gern“, erwiderte ich die Frage und schrieb meiner Schwester, dass alles okay sei und ich noch jemanden besuchte, damit sie sich keine Sorgen machte. Jule kehrte mit zwei Teetassen und einer Kanne zurück.

„Was hast du denn gestern getrieben?“

„Um ehrlich zu sein, weiß ich es nich. Ich wollte nur noch von zu Hause weg, bin in ner komischen Bar gelandet und dann bin ich heut auf der Bank aufgewacht.“

„Du Chaot. Kann ich dir sonst noch etwas Gutes tun?“

„Eine Massage wäre voll toll.“

„Na dann leg dich hin.“

Jule sah mich ja nicht das erste Mal halbnackt, deshalb empfand ich das auch nicht als unangenehm. Sie verrieb sogar erst Massageöl. Das duftete nach Mandel.

„Und was gibt es neues bei dir?“, fragte ich dann.

„Gerade nicht so viel, wie gesagt muss mich jetzt mal nach einem ernsthaften Job umschauen, aber werd wohl so lange im Tattoostudio jobben.“

„Is doch auch okay.“

„Und bei dir? Willst du mir vielleicht verraten, warum du dich Samstagabend allein betrinken gehst?“

Ich kämpfte mit meinen Emotionen und genoss Jules Hangriffe.

„Aus Frust, Enttäuschung und Traurigkeit...Juka und ich sind nich mehr zusammen, hast du ja neulich schon mitbekommen...scheiß Geschichte und mir geht‘s echt mies.“

„Das tut mir so leid, aber Themawechsel.“

Ich wurde nun wieder nur von diesem einen Gedanken getrieben und der brachte mich fast um. Ich konnte nicht länger hier bleiben, sondern wollte allein sein, auch, wenn es das wahrscheinlich nicht besser machte. Einen Moment genoss ich Jules entspannende Lockerungen noch und dann setzte ich mich auf. Meine Klamotten waren halbwegs trocken und ich schlüpfte wieder in meine Hose. Ich biss mir heftig auf die Unterlippe, damit ich vor einem so coolen Mädel nicht in Tränen ausbrach. Plötzlich stand sie neben mir und nahm meine Hand zwischen ihre.

„Dir geht es gerade wirklich nicht gut, was?“

Ich schüttelte mit dem Kopf.

„Magst du, dass ich dich nach Hause fahre?“

„Das wäre lieb“, flüsterte ich. Draußen war es noch immer kalt und der Nieselregen ließ mich wieder frösteln. Im Auto schaute ich aus dem Fenster und sah Häuser, Straßenschilder und Autos an mir vorbeiziehen. Wie sollte ich das nur noch länger aushalten? Ich wusste, dass ich Juka nie mehr haben konnte und auch nicht wollte und doch brach mir jedes Mal das Herz, wenn ich an ihn dachte. Jule warf mir einen liebevollen Blick zu.

„Mach keinen Blödsinn okay?“

„Was sollte ich denn für Blödsinn machen...tue ich doch nie“, bemerkte ich ironisch und stellte fest, dass mich Jule noch immer echt gut kannte.

„Eben deshalb ja. Soll ich noch mit rein kommen?“

Wieder schüttelte ich mit dem Kopf.

„Sei mir nicht böse, aber ich mag jetzt lieber allein sein. Vielleicht lässt du ja die Tage mal was von dir hören.“

Ich lächelte schwach und umarmte sie zum Abschied. Dann kramte ich meinen Schlüssel aus der Jackentasche und schlurfte durch den Garten zum Haus. Meine feuchten Klamotten ließ ich einfach im Bad fallen und ließ mir warmes Wasser in die Badewanne ein. Ich schlang meine Arme um die angezogenen Knie. Mein geschundender Körper zitterte unter dem Schluchzen und die Tränen schienen niemals zu versiegen wollen. Ich fühlte mich so verlassen, so hilflos und so nutzlos wie noch nie zuvor in meinem Leben. Ich ließ dem Schmerz zwar freien Lauf, doch war das auch nicht besser. Ein Teil von mir war zerstört. So leer und doch voller Sehnsucht. Erst als das Wasser schon ziemlich fast kalt war, trocknete ich mich ab und schlug das Handtuch um meine Hüften. Aus dem Spiegel starrten mich meine verquollenen Augen an und irgendwie wünschte ich mir Jule wieder her. Alles war so schrecklich und ich wusste nicht mehr, was ich gegen den Schmerz tun sollte. Doch eines blieb mir, nämlich mich zu betrinken und das tat ich dann auch. Unterwegs lief ich Fabi über den Weg.

„Ist das jetzt dein Ernst Lukas? Wenn du so weiter machst muss ich dich bald wegen einer Alkoholvergiftung abholen lassen.“

Ich schaute ihn mit ausdruckslosen Augen an.

„Na und…is eh alles scheißegal.“

„Nein ist es nicht Lukas. Weißt du eigentlich selbst noch, wer du bist?“

„Ich will gerade gar nich wissen wer ich bin…nichts denken, das is gut…“
 

Ich lag nahezu regungslos auf dem Fußboden meines Schlafzimmers, als meine Schwester eintrat. Sie redete mit mir, doch ich verstand kein Wort und antwortete ihr nicht. Sie schrie mich an und knallte dann die Tür hinter sich zu. Ich lag wahrscheinlich ewig so da, als plötzlich jemand anderes mein Zimmer betrat. Ich realisierte nicht wer es war. Dieser Jemand kniete sich vor mich und schaute mich an. Ein Mädchen, doch wie viele Mädchen kannte ich? Erst dachte ich, es wäre Jojo, doch dann nach näherem Hinschauen erkannte ich Julietta. Ich versuchte mich aufzurichten, doch mein Körper gab nach und ich brach wieder zusammen. Wie viel hatte ich getrunken? Ich wusste es nicht mehr. Jule half mir auf und brachte mich zum Sofa. Wie erbärmlich musste das für sie sein? Sie brachte mir eine Tasse Tee und setzte sich.

„Du hast mir doch versprochen keinen Blödsinn zu machen.“

Ich schaute sie lange an und sie schien eine Art weißer Nebel zu umgeben.

„Hab ich doch auch nich...immerhin hab ich mich nich umgebracht.“

Sie seufzte.

„Super, soll ich jetzt stolz auf dich sein?“

„Du kannst mich ja auch in Ruhe lassen.“

„Ach ja? Damit du so noch ne Weile weitermachst? Weißt du, warum ich gekommen bin? Weil mich deine Schwester völlig verzweifelt angerufen hat und wenn ich dich so sehe, kann ich das verstehen. Sie ist erst sechzehn Lukas.“

„Kann nich mal einer akzeptieren, dass es mir beschissen geht!“, murrte ich.

„Dagegen sagt doch keiner was, nur wenn du so weiter machst setzt du dir selber den Gnadenstoß....wenn du das willst, bitte. Aber es wird eine Menge Leute geben, die dich vermissen.“

„Ich will doch nur, dass es aufhört Jule...es soll endlich aufhören so weh zu tun“, schluchzte ich jetzt, weil ich am Ende meiner Kräfte angelangt war.

„Dann vergrab dich nicht, sondern lass den Schmerz zu, auch wenn es schlimm ist. Du kannst versuchen darüber zu reden, nur bitte hör auf alles in dich hineinzufressen. Weißt du, ein kleines völlig verzweifeltes Mädchen sitzt gerade in ihrem Zimmer und wünscht sich ihren Bruder zurück. Sie liebt dich und es wäre schlimm für sie dich zu verlieren.“

Tränen rannen meine Wangen herab und Jule hatte Recht. Wie schlimm musste das alles für Jojo sein?

„Ich gehe kurz zu ihr. Bleibst du noch da?“

Sie nickte. Ich tauschte das Handtuch endlich mal gegen eine Hose und ging eine Etage tiefer. Auch aus Jojos Zimmer vernahm ich ein Schluchzen. Trotzdem klopfte ich leise und öffnete die Tür. Mein Schwesterchen schaute mich aus verheulten Augen an. Es war nicht allein der Aspekt, dass sie geweint hatte, nein, es plagte mich das schlechte Gewissen, weil ich sie alleine gelassen hatte. Egoistisch betrachtete ich die Sache immer nur aus meiner Sicht, doch niemals habe ich auch nur eine Minute an meine Freunde oder an Jojo gedacht. Ich setzte mich zu ihr.

„Hey Liebling. Ich bin wieder da.“

Sie warf sich in meine Arme und weinte noch mehr. Ich hielt sie ganz fest. Dann drückte sie mich weg und versuchte mich böse anzusehen. Da musste ich fast ein bisschen schmunzeln. Sie schlug mit ihren Fäusten gegen meine Arme.

„Du blöder Idiot! Interessiert es dich eigentlich auch irgendwann mal, wie es anderen geht, wenn du so ne Scheiße abziehst?“

Ihre Wortwahl erschreckte mich und das zeigte mir erst recht, dass sie nicht mehr das kleine Mädchen war, das ich mal gekannt hatte. Und doch brauchte sie ihren großen Bruder.

„Jojo, es tut mir leid...ich glaub ich konnte mich bisher nicht fragen, wie es anderen geht, weil es mich nich interessiert hat...dabei sollte es das. Ich hab dich ganz schön hängen lassen, doch ich glaub jetzt ist es Zeit mal wieder ein bisschen ins Leben zurückzukehren.“

Sie kam auf meinen Schoß gekrochen, wie sie es früher immer getan hatte und schmiegte sich an meinen Oberkörper.

„Ich dachte schon ich muss den Krankenwagen holen“, flüsterte ihre zarte Stimme ängstlich an meinem Ohr.

„Keine Angst, so schnell musst du das nich, ich vertrag ne Menge. Jahrelanges Training.“

Sie gab mir einen Kuss auf die Wange.

„Versprichst du mir, dass du sowas nicht mehr machst? Ich hatte echt Angst um dich.“

Ich lächelte sie an.

„Ich verspreche es dir, aber du musst auch versuchen mich ein bisschen zu verstehen Süße. Ich bin irgendwie gerade echt kaputt. Klar versuche ich mich wieder in den Griff zu bekommen, aber ich habe diesen Scheißkerl echt geliebt, tue es noch weißt du? Und diese Emotionen kann ich grad selbst nicht immer so ganz kontrollieren. Jeder Gedanke und jede Erinnerung an Juka bringt mich um. Wenn ich seinen Namen ausspreche durchzuckt mich dieser stechende Schmerz und ich könnte alles um mich herum zerstören, weil sich diese Wut in mir anstaut.“

„Dann lass es doch raus oder rede darüber...so wie jetzt. Ich höre dir doch gern zu und ich bin kein kleines Mädchen mehr, das dich nicht verstehen könnte.“

„Ich weiß“, flüsterte ich und zog Jojo wieder an mich. Es tat gut sie in meinen Armen zu halten.

„Ich weiß nicht, ob ich jemals wieder jemanden lieben kann Jojo. Ich dachte immer, er ergänzt mich so gut.“

„Scheinbar doch nicht...wir schaffen das zusammen okay?“

„Irgendwie bestimmt.“

„Ist Julietta noch da? Ich hab sie angerufen...das heißt erst hab ich Basti angerufen, um an ihre Nummer zu kommen, weil ich dein Handy nicht gefunden habe.“

Ich sah meine Schwester fragend an.

„Warum eigentlich ausgerechnet Jule?“

Sie zuckte mit den Schultern.

„Ich weiß auch nicht. Dachte, dass es vielleicht gut sein könnte, weil sie dich ja gestern heim gefahren hat.“

„Kochen wir später was zusammen? Ich schau mal was Jule gerade macht.“

Ich gab ihr einen Kuss und kehrte in mein Schlafzimmer zurück, wo Julietta noch immer saß und auf mich wartete. Sie hatte sich ein Buch geschnappt und las darin. Als ich die Tür hinter mir zuzog, schaute sie auf. Ich ging, ohne ein Wort zu sagen auf den Balkon, um eine zu rauchen. Jule folgte mir. Was sie wohl von mir denken mochte? Ich zog die Kapuze von meinem Pulli hoch, weil der Wind hier draußen ganz schön wehte.

„Danke…zu mehr bin ich grad nich fähig“, setzte ich an.

„Mit Jojo scheint es gut gelaufen zu sein.“

„Ja, sie hat sich wieder beruhigt…bin echt ein beschissener großer Bruder.“

„Da kann ich dir nur Recht geben, aber es tut mir auch leid. Ich wüsste nich, was ich gemacht hätte.“

Ich war mir nicht sicher, wie es jetzt weitergehen sollte. Meine leeren Augen starrten in die Ferne und ich fühlte mich ausgelaugt. Dann wandte sich mein Blick Jule zu und irgendwie stellte ich fest, dass sie heute richtig hübsch aussah. Mit ihrer Jeans Hotpants und dem marineblauen Haarband in ihrem braunen welligen Haar wirkte sie fast wie eine Hollywood Diva. Und den kleinen silbernen Ring in ihrer Nase fand ich schon immer süß.

„Es tut mir leid, auch wie ich mich dir gegenüber verhalten hab...gerade vorhin. Es ist schön, dass du da bist.“

„Lass uns wieder rein gehen, es wird echt kalt.“

„Jule, was denkst jetzt über mich?“

Sie schwieg eine Weile.

„Ich weiß nicht, soll ich dir jetzt sagen, dass andere auch schon sowas durchgemacht haben? Was glaubst du, weshalb ich nach Amerika gegangen bin. Und naja, du hattest auch schon mal bessere Zeiten, lass dich nicht so gehen. Abgefuckte Typen gibt es zur Genüge Lukas.“

Ein bisschen schockierten mich ihre Worte, doch an sich traf sie den Nagel auf den Kopf.

„Naja, abgesehen von den ganzen Idioten, die sonst so auf der Straße rumlaufen.“

„Tja, ich hab wohl schon immer dazu gehört.“

„Hast du mal überlegt, wie ich dich die letzten beiden Tage erlebt habe? Du hast dich sehr verändert Lukas. Ich meine früher wäre dir sowas egal gewesen…bei Nici war dir das egal.“

Ich konnte ihr nicht genau folgen und wusste nicht, ob ich ihre letzten Worte positiv oder negativ werten sollte.

„Nici hab ich auch nich geliebt…nich so wie ihn.“

„Glaub mir, ich weiß wie es ist verletzt zu werden, aber das Leben geht weiter Lukas.“

Ich schwieg einen Moment und ließ Jule ihre Worte kurz sacken. Klar ging das Leben weiter, doch es wurde nichts einfacher. Im Gegenteil, wie sollte ich jemals in einer Welt ohne Juka leben?

„Ich weiß. Trotzdem isses nich einfach. Vielleicht sollte ich mal wieder ein bisschen schlafen.“

„Soll ich gehen?“

„Vielleicht.“



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