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Detective Di

von

Vorwort zu diesem Kapitel:
Heute mal ein kurzes Vorwort, für den Fall dass manche Leser es nicht mitgeschnitten haben: Es ist beabsichtigt, dass Ren-jie in den wörtlichen Reden fast immer Renjie geschrieben wird, da es mir auf die Akustik ankommt. Die Leute in ihrer Umgebung schnallen einfach nicht, dass ihr Name kein Japanischer, sondern ein Chinesischer ist. Ich hoffe, ihr versteht das und akzeptiert das auch, womit ich meine dass ihr das hoffentlich auch nachvollziehen könnt. Und jetzt, viel Spaß beim Lesen. Komplett anzeigen

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Die Detektivin, die niemals vergisst Teil 1

Ein ganz gewöhnlicher Morgen für Di Ren-jie: Aufstehen um Punkt 5 am Morgen, danach duschen, und Tai-Chi-Übungen im Garten, alle Bewegungen aus der Erinnerung heraus. Das etwa eine Stunde lang. Danach sofort umziehen und zum Frühstück in die Küche gehen. Während die Mutter das Frühstück vorbereitete, blätterte Ren-jie die Zeitung durch und dann ein Buch, in diesem Fall war es noch einmal die Kunst des Krieges von Sunzi im chinesischen Original. Heute kam sie nur bis Kapitel 4, was sie auch nicht sonderlich schade fand. Immerhin hatte sie schon die russische, die japanische und die englische Fassung gelesen, das chinesische Original war nur um nicht in ihrer zweiten Muttersprache einzurosten.
 

Sobald das Frühstück beendet war, verabschiedete sie sich für gewöhnlich bei ihren Eltern, bis sie um 17 Uhr zu ihrer Schicht im Restaurant ihrer Eltern eintreffen sollte. Ihr Weg führte sie seit heute zur Nan’Yo Oberschule von Tokyo, 20 Minuten mit der Bahn von ihrer Wohnung entfernt. Auf den ersten Blick sah die Schule ganz normal aus, aber als sie den Hof betrat, wohlgemerkt mit der russischen Fassung von Krieg und Frieden vor der Nase, stellte sie fest dass sich an einigen Schulen Vieles glich, wie zum Beispiel die Diskriminierung von Leuten, die ein Wenig anders waren. Genervt steckte sie ihr Buch in ihre Schultasche und nahm sich die Brille ab, verstaute sie in der Brusttasche ihrer Bluse. „Lasst das Mädchen in Ruhe. Sie hat euch nichts getan.“ meinte sie in ruhigem Ton, ließ ihre Tasche fallen und positionierte sich nur einen Meter entfernt von einer Gruppe Jungs, die gerade ein Mädchen mit roten Haaren und verschiedenfarbigen Augen bedrängten. Es waren 5 Jungs und alle sahen sie recht schlecht gelaunt an. „Was willst du denn? Das hier geht dich nichts an.“ „Da muss ich widersprechen. Es entspricht nicht meiner Philosophie Schwächere im Stich zu lassen. Jedoch kann ich genauso wenig einen Schwächeren angreifen, solange er nicht mich angreift. Ich bin Konfuzianerin. Ich würde euch gerne die 3 Wege aufzeigen, klug zu handeln.“ Mit gehobenen Augenbrauen sahen sich die 5 Jungs gegenseitig an, während das andere Mädchen sich ein Wenig zurückzog. „Strategische Analysen einer kleinen Gruppe von bis zu 10 Personen zeigen, dass es meistens einen Anführer gibt, 1 oder 2 Mitläufer und der Rest sind Feiglinge.“ Erklärte sie, stellte die Beine aneinander, ballte die rechte Faust und legte sie sich auf den Rücken, während sie die linke Hand mit der Fläche zu sich und den Fingerspitzen nach oben von sich weg hielt. „Nur zu, macht den ersten Schritt, meine Herren.“ Niemand auf dem Hof konnte dabei zusehen. Erst als alles vorbei war, sahen die Schüler wieder hin, sahen wie Ren-jie dem Anführer des Karate-Clubs von Nan’Yo eine Hand an die Halsschlagader hielt, die fast aussah wie der Kopf einer Viper. „Was für ein Stil war das?“ „Eine Mischung aus verschiedenen Kung-Fu-Stilen, wie dem Affen-Kung-Fu oder dem Schlangen-Stil. Ich wechsle je nach Situation den Stil, dauert auch nur den Bruchteil einer Sekunde, wenn man ein Gedächtnis wie ich hat. Übrigens, mein Name ist Ren-jie. Ich bin die neue Schülerin.“ Lächelte die dunkelhäutige Oberschülerin, nahm die Hand von der Halsschlagader und holte ihre Brille wieder heraus, setzte sie sich auf. „Du bist…“ „Brillenträgerin. Ich bin aber auch zur Hälfte Chinesin. Übrigens, ich brachte euch gerade 2 der 3 Wege bei, wie ein Mensch klug handelt. Konfuzius sagt: Ein Mensch hat dreierlei Wege klug zu handeln: der Erste ist nachdenken, der edelste Weg. Der Zweite ist Nachahmung, der leichteste Weg. Der Dritte ist Erfahrung, der bitterste Weg. Denk darüber nach mein Freund.“ erklärte sie mit emotionslosem Gesicht, verneigte sich vor dem Vorsitzenden des Karate-Teams und las ihre Tasche wieder auf und ging zu dem Mädchen, welches sie eben gerettet hatte.
 

„Gehen wir gemeinsam rein? Könntest du mich bitte zum Büro des Direktors führen, ich möchte den Vorfall gerne melden bevor Jemand irgendein Gerücht in die Welt setzt. Ich bin Ren-jie.“ lächelte Ren-jie und verneigte sich nach chinesischer Tradition vor ihrer neuen Gesprächspartnerin, welche dies ein Wenig peinlich berührt unterband. „Hör bitte auf damit. Die Leute denken noch dass du auf mich stehst.“ „Verzeih, ich bin in China aufgewachsen.“ erklärte sich Ren-jie, richtete sich die Brille und errötete dabei leicht. Mit noch verlegenerem Gesichtsausdruck winkte das andere Mädchen ab. „Ist schon gut. Ich bin Maya. Komm, ich bringe dich zum Direktor. Ich werde selber auch was dazu sagen, denn du bist kein schlechter Mensch, dass kann ich sehen. Ich habe eine Synästhesie, also…“ „Eine Verknüpfung verschiedener Sinneswahrnehmungen, Kombination aus Warm-Kalt-Empfinden und Seh-Sinn, Hören und sehen, riechen und sehen, et cetera. Ich bin Hyperthymetikerin, ich vergesse nichts.“ nickte Ren-jie, folgte ihrer Gesprächspartnerin ins Schulgebäude. Sie bemerkte, dass Mayas Haare nicht gänzlich rot waren, sie waren wie ihre Eigenen gefärbt, nur mit einem anderen Pink-Ton. Auch die Augen von Maya waren anders, sie waren verschiedenfarbig, also das Linke war rehbraun, das Rechte aber smaragdgrün. „Du hast Heterochromie. Ein seltener Gendefekt, der außer der Ungleichheit der Augen keine Auswirkungen hat, Meistens zumindest. Häufig ist eine Ring- oder Segment-Heterochromie, selten jedoch die totale Iris-Heterochromie. Entschuldigung, Hyperthymesia. Wenn ich eine Erinnerung habe, kann ich den Film nicht anhalten, bis er zu Ende ist. Tut mir Leid.“ „Ist schon gut. Nochmal auf deine erste Beobachtung zurück zu kommen, ja ich habe eine Verknüpfung zwischen meinem Seh-Vermögen, meinem Gehör und meinem Farb-Empfinden. Ich sehe die Emotionen einer Person als farbige Aura und du hast eine sehr strahlende Aura. Ich denke wir werden gute Freunde werden. Da fällt mir ein, du redest in einem merkwürdigen Dialekt. Wo kommst du her?“ „Ich wurde in Taiyuan geboren, in China, heutige Provinz Shanxi. Von meinem 12ten Lebensjahr an lebte ich in Osaka, habe dort die Mittelstufe absolviert. Außerdem habe ich von einem örtlichen Meister das Kung-Fu erlernt und auch ein Wenig Muay Thai, letzteres allerdings nur durch den Film Ong-Bak, der eigentlich erst ab 18 freigegeben ist.“ Ein Wenig ungläubig sah Maya ihre Gesprächspartnerin an. Hatte sie wirklich einen Film gesehen, der erst ab 18 Jahren freigegeben war? Das war kaum zu glauben.
 

Vor dem Büro des Direktors angekommen klopfte Maya nur und wartete auf die Antwort des Direktors. Einen Augenblick später kam eine junge Lehrerin heraus, richtete sich hastig die Bluse und den Rock. Nachdenklich sah Ren-jie ihr hinterher. „Kommt rein ihr 2.“ rief der Direktor und beide Schülerinnen traten durch die offene Tür. Auch der Direktor schien etwas hektisch, knöpfte sich schnell die Hose zu. „Verzeihen sie wenn ich indiskret sein sollte, aber kann es sein, dass wir sie gerade bei einem Schäferstündchen mit dieser Lehrerin gestört haben? Alles deutet darauf hin.“ entsetzt sah Maya zu Ren-jie. „Renjie! Was soll das denn!?“ „Entschuldige, war das unangebracht?“ erwiderte die Angesprochene, sah mit gehobenen Augenbrauen zu ihrer Mitschülerin. „Unangebracht!? Er ist unser Direktor! Außerdem sagt man sowas einfach nicht!“ „Entschuldige, das war für mich nicht offensichtlich. Mein Verstand funktioniert ein Wenig anders als der von Anderen.“ Verstehend nickte der Direktor, setzte sich hinter seinen Schreibtisch. „Sie haben keine soziale Kompetenz?“ „Richtig. Aber das ist Nebensache. Ich bin eigentlich hier hergekommen um einen Vorfall zu melden: 5 Mitglieder des Karate-Clubs haben Maya drangsaliert, jedoch ist mir nicht klar, warum. Eventuell liegt es an ihrer Herkunft als halbe Europäerin, wir wissen dass es noch immer Leute gibt, die Ausländer nicht gerne in ihrem Land sehen, so wie mich obwohl ich schon seit meinem 12ten Lebensjahr japanische Staatsbürgerin bin. Jedenfalls, ich kann ihnen die Namen der 5 zwar nicht nennen, allerdings, wenn sie mir ein paar Minuten geben, kann ich ihnen eine Skizze der Situation anfertigen.“ „Ist gut. Und inzwischen erklären sie mir die Situation aus ihrer Sicht, Fräulein Reid.“ Zustimmend nickte Maya, sah noch wie Ren-jie aus ihrer Schultasche einen Bleistift und ein Skizzenbuch zog und zu zeichnen begann. „Also, ich bin wie immer eine halbe Stunde vor Schulbeginn hier, weil ich mich jeden Morgen mit einer frischen Ladung Süßigkeiten im Schul-Laden eindecken will. Ich kam gerade aus dem Laden, als die 5 vom Karateclub mich abgefangen haben. Sie haben mich aufs übelste beleidigt, mich als Heidin bezeichnet, weil ich einer Naturreligion angehöre, welche den Göttern der 4 Elemente, des Lichtes und der Dunkelheit huldigt. Ich für meinen Teil huldige den Göttern der 4 Elemente und des Lichtes. Es ging eigentlich nicht um meine Herkunft, wie Renjie vermutete. Außerdem…“ Neugierig sah Ren-jie auf, bemerkte dass sich Mayas Gesichtsausdruck verändert hatte. Sie schien etwas gequält. „Ja?“ „N-nichts. Zumindest nichts Wichtiges. Jedenfalls hat Ren-jie mich dann noch gerettet. Sie hat aber keinen Erstschlag gelandet. Sie hat jeden der Angriffe der 5 einfach nur pariert und gekontert. Sie hat den Streit nicht provoziert.“ „Richtig. Die beste Schlacht, ist die ohne Opfer auf beiden Seiten, Sunzi ‚Die Kunst des Krieges‘. Ich bin übrigens fertig.“ mischte sich Ren-jie wieder ein, zeigte dem Direktor die Skizze. Wobei, Skizze war gut, es sah aus wie ein halbes Portrait. Schwer seufzend lehnte sich der Direktor zurück. „Ich kenne diese Jungs. Ich werde mich später um sie kümmern. Und jetzt geht ihr in eure Klasse. Fräulein Ren-jie…“ „Es heißt Fräulein Di. Entweder das, oder Ren-jie, so wie ihnen beliebt. Mein Name wird nach chinesischer Tradition ausgesprochen und geschrieben, also regulär erst der Familienname Di, dann der Rufname Ren-jie, ausgesprochen Ren-ji-e. Verzeihung, was wollten sie sagen?“ „Ich wollte sagen, dass sie und Fräulein Reid in die gleiche Klasse gehen. Fräulein Reid kann sie ja zum Klassenraum führen.“ Beide nickten zustimmend. „Dann bedanke ich mich bei ihnen, Herr Direktor.“ verneigte sich Ren-jie wie schon bei Maya auf chinesische Art und Weise. „Ähm, wir sind in Japan, junge Dame.“ ermahnte sie der Direktor. Mit gehobener Augenbraue und in Falten gelegter Stirn sah Ren-jie wieder auf. „Das ist verdammt kompliziert…“
 

Als sich die Tür zum Klassenraum aufschob, nachdem die neue Schülerin angekündigt wurde, stockten alle Schüler mit dem Atem. Ein rosahaariges Mädchen mit ziemlich dunkler Haut und einem paar goldener Glöckchen am Ende des knielangen Zopfes trat vor, rückte sich die Brille zurecht. „Guten Morgen, mein Name ist Di Ren-jie. Ich bin vor 2 Wochen aus Osaka hier hergezogen und freue mich schon darauf, euch besser kennen zu lernen.“ Verneigte sie sich knapp, dieses Mal nach japanischer Tradition, was Maya erleichtert aufatmen ließ. „Danke, setz dich doch dort hinten hin.“ meinte die Lehrerin und die Brillenträgerin setzte sich auf den ihr zugewiesenen Platz. Sie saß am Fenster, direkt in der vorletzten Reihe vor Maya.
 

„Das klang vorhin wie auswendig gelernt. Wie oft musstest du das schon sagen?“ wollte Maya nach Schulschluss wissen, während Ren-jie wieder in ihr Buch vertieft war. „Ich habe in Osaka innerhalb von 2 Jahren 4mal die Schule gewechselt. Und das war nur während der Mittelstufe. Wenn man das 3 oder 4mal sagt, geht es einem in Fleisch und Blut über. Übrigens, zu viel Zucker und Süßigkeiten sind schlecht für den Blutzucker, das fördert die Gefahr von Diabetes Mellitus und Karies, wobei ersteres gefährlicher ist.“ erklärte Ren-jie, deutete dabei halb aus dem Augenwinkel auf den Dauerlutscher, den Maya gerade im Mund hatte. Diese lächelte einfach nur frech. „Ach, mein Arzt sagt mir jeden Monat dass mein Blut erste Sahne ist. Und meine Zähne sind die Gesündesten die mein Zahnarzt seit langem gesehen hat, trotz meines hohen Zuckerkonsums.“ meinte die Rosahaarige mit den verschiedenfarbigen Augen lächelnd, während beide auf dem Weg zum Bahnhof waren. „Und jetzt ich: Was liest du da eigentlich? Scheint ja spannend zu sein.“ „Die Kunst des Krieges von Sunzi, ein weit über 2000 Jahre altes Buch, als Leitfaden für Generäle gedacht. Allerdings können auch Schüler, Studenten und Arbeitnehmer aus dem Buch ihre Lehren ziehen. Vielleicht sollte ich dir meine japanische Ausgabe mal leihen, könnte nicht schaden.“ Wieder sah Ren-jie auf, blickte dann zu ihrer leicht überforderten Gesprächspartnerin. „Entschuldigung, war das gerade wieder unangebracht?“ „Äh… nicht wirklich…“ seufzte Maya, ließ den Kopf hängen. „Vielleicht… vielleicht komme ich nochmal darauf zurück Ren-jie. Hast du auch andere Bücher? Romane oder so?“ „Homoerotische Romane?“ Stark errötend blieb Maya stehen, sah Ren-jie mit großen Augen an. „W-wie kommst du denn darauf dass ich homosexuell bin? Ich meine, nicht dass ich es wäre aber…“ „Du wolltest dem Direktor nicht sagen womit die sich noch beleidigt haben. Ich vermute, du hattest Angst dass er dich schief ansieht oder dir selbst die Schuld daran gibt, dass diese Mistkerle dich drangsaliert haben. Aus deiner Reaktion vorhin beim Direktor, und der Tatsache dass du keinem Jungen auch nur mit dem Arsch hinterher gesehen hast schließe ich, dass du entweder asexuell, oder eben homosexuell bist.“ Hastig griff Maya ihrer braungebrannten Mitschülerin unter den Arm und zog sie in eine Seitengasse. „Sag mal spinnst du!? Du kannst sowas doch nicht auf offener Straße ausposaunen Ren-jie! In Japan werden Homos geschnitten wo es nur geht! Die werden zwar geduldet aber nicht akzeptiert!“ Wieder legte Ren-jie die Stirn in Falten und den Kopf schief. „Das ist wirklich verdammt kompliziert.“
 

Während der Zugfahrt beruhigte Maya sich schließlich ein Wenig, und am Zielbahnhof angekommen, stellten beide fest, dass sie in der gleichen Straße wohnten, nur 2 Kreuzungen voneinander entfernt. „Tut mir Leid dass ich dich so bloßgestellt habe, ich bin wie du gemerkt hast ein echter sozialer Analphabet. Ich nehme wirklich jedes Fettnäpfchen mit.“ „Macht nichts, ich hätte wissen müssen dass du es bemerkst. Immerhin funktioniert dein Verstand anders als Meiner, wie du heute Früh gesagt hast. Und du hast Recht, ich steh auf Mädchen. Besonders auf hübsche Mädchen mit ähm… naja…“ „Du meinst mit prallen Hintern und großen Brüsten? Lass mich raten, unangebracht?“ „Aber hallo…“ schwitzte Maya allmählich. Ren-jie für sich legte wieder den Kopf schief. Dabei fiel ihr Blick auf ein Mädchen, das aus dem Fenster eines nahegelegenen Hauses sah. Neugierig blieb die braungebrannte Halbchinesin stehen und sah zum Fenster. Ein Film begann vor ihren Augen abzulaufen:
 

Erinnerung

Am Morgen kam Ren-jie an einigen Häusern vorbei, ein Passant joggte die Straße entlang, ein kurzhaariger junger Mann ungefähr Ende 20, stieß beinahe mit ihr zusammen. Sie war auf Seite 5 ihres Buches angekommen, als sie aus dem Augenwinkel eine Person sah, die sich hastig vom Haus entfernte, im selben Moment wandte sie den Blick zu dem Haus. Nun stand sie neben sich selbst, der Film war wie angehalten. Langsam trat die aktive Ren-jie näher an den Mann. Er trug einen braunen Trenchcoat, den Kragen weit hochgestellt und auf seinem Kopf eine schwarze Wollmütze. „Eine Wollmütze… jetzt im Sommer? Das riecht doch nach Geheimniskrämerei.“ Überlegte sie. Der Film brach plötzlich wieder ab.

Erinnerung Ende
 

Mit Schmerzverzerrtem Gesicht griff sich Ren-jie an die rechte Schläfe. „Autsch… das tat weh…“ stöhnte sie. Erschrocken kam Maya näher wollte sie stützen, doch Ren-jie schüttelte sie schnell wieder ab. „Alles in Ordnung? Hast du Kopfschmerzen?“ „Ich hab mich gerade an etwas erinnert… und diese Filme verursachen bei mir immer rasende Kopfschmerzen…“ erklärte Ren-jie, atmete gequält ein und aus, sah dann wieder zum Fenster des Hauses. Das Mädchen war weg. „Woran hast du dich erinnert?“ „An einen Mann der sich ziemlich hastig von diesem Haus dort entfernt hat. Weißt du zufällig wer hier wohnt?“ „Ja, die Nakamuras, besser gesagt Herr Nakamura und seine Tochter. Sie ist vor 3 Jahren verunfallt und sitzt seitdem im Rollstuhl. Ich hab mich mal gut mit ihr verstanden, sie ging auf unsere Schule und ab und an sind wir mal in die Innenstadt zum Shoppen gegangen. Ihre Mutter hat sich vor anderthalb Jahren von ihrem Vater getrennt, weil er ziemlich ähm…“ „Überfürsorglich ist?“ ergänzte Ren-jie und richtete sich langsam wieder auf, richtete sich die Brille und sah wieder zum Fenster. „Geht es wieder?“ „Ja. Lass mich mal zusammenfassen: Das Nakamura Mädchen ist vor 3 Jahren das Opfer eines Verkehrsunfalls geworden, daraufhin ist ihr Vater quasi durchgedreht und wurde überfürsorglich. Ungefähr 18 Monate später verließ ihre Mutter die Familie, weil ihr Vater überfürsorglich wurde. Ist dieses Mädchen Querschnittsgelähmt?“ „Ja, ist sie.“ „Und hat sie seit dem Unfall… besser gesagt seit sie aus dem Krankenhaus zurück ist, das Haus irgendwann einmal verlassen?“ „Nicht dass ich es mitbekommen hätte.“ gab Maya zu. Verstehend nickte Ren-jie. „Ich weiß nicht wie es dir geht, aber ich bräuchte jetzt dringend einen Tee. Möchtest du? Wir haben hervorragende Teeblumen bei uns zuhause. Unter Anderem grüner Tee mit Jasmin und Rose.“ „Hört sich gut an.“ nickte Maya.
 

Nur wenig später saß Maya bei Di Ren-jie im Wohnzimmer, sah sich interessiert um. Im Grunde sah es nicht anders aus als bei ihr zuhause, nur dass der Ein oder Andere Buddha im Zimmer stand, unter Anderem einer auf dem Kaminsims. „Was es wohl mit diesen Teeblumen auf sich hat?“ überlegte die Rosahaarige mit den ungleichen Augen, da kam Ren-jie schon zu ihr… fast nackt und nur in Unterwäsche. „RENJIE!“ brüllte Maya nur noch.
 


 

Nächstes Mal bei Detective Di: Ren-jie macht Maya eindeutige Avancen, doch Maya scheint nicht interessiert. Sie beschließen zu Mariko Nakamura rüber zu gehen und sie mit Hilfe von Ren-jies germanischem Bärenhund zu befragen. Leider kommt Marikos Vater dazwischen. Wird es Di Ren-jie gelingen den Fall von Marikos Verkehrsunfall nach 3 Jahren endlich aufzuklären? Seid gespannt, denn es gibt nur eine Wahrheit!

Die Detektivin, die niemals vergisst Teil 2

Das letzte Mal bei Detektiv Di: Di Ren-jie ist neu in der Stadt und direkt an ihrem ersten Tag an ihrer neuen Schule wurde sie in eine Schlägerei verwickelt. Nach der Schlägerei lernte sie Maya Reid kennen, welche ihr und dem Direktor erklärt, dass der Karate-Klub sie ständig drangsaliert weil sie einen anderen Glauben hat als der Karateklub, und dass da noch mehr wäre. Auf dem Heimweg schlussfolgerte Ren-jie, dass Maya homosexuell ist, was diese auch bestätigte. Kurze Zeit später kommen sie am Haus der Familie Nakamura vorbei, vor welchem Ren-jie eine lebhafte Erinnerung an den Morgen durchlebte. Anschließend lud sie Maya zu sich nachhause ein, um mit ihr bei einer Tasse Tee genauer über die Familie Nakamura zu reden.
 


 

„RENJIE!“ brüllte Maya nur noch, doch bei diesem Anblick schoss ihr nicht nur die Schamesröte ins Gesicht, wie Ren-jie da stand mit einem Tablett mit 2 großen Gläsern mit heißem Wasser drauf und den 2 merkwürdigen Kugeln aus Blättern auf einem kleinen Teller, nur in ihrem schwarzen Spitzen-BH und ihrem Spitzen-String. „Stimmt etwas nicht? Ich dachte du stehst auf Mädchen mit weiblichen Rundungen?“ „J-ja aber… warum bist du jetzt halb nackt!?“ „Wieso nicht? Meinen Eltern ist es egal, solange ich nicht so rumlaufe wenn sie geschäftlichen Besuch haben. Meistens bin ich eh in meinem Zimmer und lese oder spiele an meinem Computer oder meiner Spielekonsole. Wenn du möchtest kannst du dich auch ausziehen. Ich habe nichts dagegen.“ schlug Ren-jie vor, stellte das Tablett auf den Tisch und verteilte die beiden Gläser auf dem Tisch, setzte sich schließlich direkt neben Maya. Diese wich jedoch stark errötend zurück. „W-was soll das Ren-jie? V-versuchst du etwa… mich zu ver… verführen!?“ stammelte die Rosahaarige mit den ungleichen Augen nervös, sah immer wieder auf Ren-jies nur spärlich verdeckte Oberweite. „Für eine Asiatin hast du ziemlich… naja…“ „Ich weiß, meine Brüste sind ziemlich groß für eine Chinesin oder Japanerin. Ich garantiere dir jedoch, alles ist echt. Kein Arzt der Welt, zumindest kein Seriöser, hätte mich in meinem zarten Alter operiert.“ erklärte Ren-jie, nahm eine der beiden Blätterkugeln und ließ sie vorsichtig in ihr Glas gleiten. Es war ein großes, doppelwandiges Glas und langsam ging die Kugel unter, öffnete sich und eine Blume begann zu erblühen. Erstaunt sah Maya dieses Schauspiel mit an. „Und… warum dieser… Aufzug?“ „Ich dachte, da du ja auf Mädchen stehst, dass dieser Aufzug dich vielleicht dazu verleitet es mit mir machen zu wollen. In all meinen erotischen Mangas wird ein ebensolches Verhalten beschrieben: Ein junger Mann wird von einem attraktiven Mädchen in Unterwäsche oder nur mit einer Schürze bekleidet dazu verführt es mit ihr zu tun. Sag nur, das funktioniert unter Mädchen nicht so?“ „Ren-jie… ich glaube wir müssen uns mal dringend über die Gefühle von Mädchen unterhalten.“ meinte Maya schlussendlich und legte ihrer neuen Bekanntschaft die Hand auf die Schulter. „Das scheint doch komplizierter zu sein als ich dachte…“
 

Es dauerte eine Weile, bis Maya ihr erklärt hatte, wie ein Mädchen verführt und umgarnt werden wollte, wie zumindest sie umgarnt werden wollte. Alles was Ren-jie am Ende noch sagte war: „Das ist ja wirklich kompliziert.“ Maya tat dies aber mit einem Lächeln ab. „Weißt du, nur weil du keine Empathie hast, bedeutet es nicht dass sich andere Mädchen so einfach verführen lassen wie du in deinen Mangas liest. Und jetzt zieh dir bitte etwas an! Wir sind hier nicht in einem deiner Mangas!“ „Wie du willst. Aber sag mir vorher nur eines: Bist du durch meinen Anblick erregt?“ „Ja… ein Wenig…“ gestand Maya leicht errötend. „Trotzdem, in so einer Situation vergeht jedem die Lust auf ein Schäferstündchen, selbst dem größten Perversling. Zieh dir jetzt bitte etwas an, mir wird die ganze Sache jetzt wirklich unangenehm. Außerdem würde ich meine Liebste gerne selber ausziehen, bevor ich es mit ihr tue.“ fügte Maya hinzu und wandte sich schließlich ab, damit sie nicht auf den halbnackten Hintern von Ren-jie sehen musste, als diese sich erhob. „Gut, ich gehe jetzt etwas Passenderes anziehen. Vielleicht kommst du dann ja in Stimmung für ein Schäferstündchen.“ Damit verließ Ren-jie das Wohnzimmer und ließ Maya wieder alleine. „Das bezweifle ich…“ schoss es Maya durch den Kopf und endlich legte sie die andere Kugel in ihr Glas Wasser. Auch diese blühte langsam auf, färbte das Wasser gelblich. Sie musste zugeben, der Tee begann schon nach kürzester Zeit wirklich gut zu riechen.
 

Auf einmal klingelte ein Handy, es war der gleiche Klingelton wie ihrer, weshalb sie zuerst dachte jemand würde sie anrufen, doch als sie genauer hinhörte und ihr Handy schon in der Hand hatte, bemerkte sie dass der Klingelton aus der Küche kam. „Äh, Ren-jie! Dein Handy klingelt!“ rief sie, bekam aber keine Antwort. Einen Moment überlegte Maya, ging dann doch in die Küche und nahm das Handy vom Küchentisch, drückte den grünen Knopf um den Anruf entgegen zu nehmen. „Hier der Anschluss von Di Renjie, mein Name ist Maya Reid.“ stellte sie sich vor. Einen Augenblick herrschte Stille, dann drang eine Frauenstimme an ihr Ohr. „Wie kommst du an das Telefon meiner Tochter? “ „Ich ähm… Renjie hat mich eingeladen und ähm… sie kann gerade nicht ans Telefon kommen. Sie… Renjie zieht sich gerade um. Äh ich geh übrigens in Renjies Klasse!“ Sie hörte, wie die Frau erleichtert aufatmete. „Ach so, na wenn das so ist? Lass mich raten, Ren-jie hat sich mal wieder bis auf ihre Unterwäsche ausgezogen? Könntest du ihr bitte sagen, dass sie heute Abend nicht ins Restaurant kommen braucht? Eine andere Kellnerin hat sich für die nächste Zeit bereit erklärt öfter zu kommen. Und sag ihr bitte dass sie nicht vergessen soll mit Liu Bei spazieren zu gehen und Mao und Liu Bei heute Abend zu füttern. Wir kommen wahrscheinlich erst gegen 11 heute Abend nachhause. “ Verstehend nickte Maya nur. „Alles klar. Äh, Moment! Wer sind Mao und Liu Bei?“ Sie bekam aber keine Antwort, denn Ren-jies Mutter hatte aufgelegt. „Hallo? Ha… einfach aufgelegt.“ Angesäuert legte Maya das Handy wieder auf den Tisch, wandte sich wieder zum Wohnzimmer um, doch da stand Ren-jie schon vor ihr, gekleidet in ein weinrotes chinesisches Kleid mit beinahe armlangen, blass-rosanen Handschuhen. „Wer war denn das?“ „Oh ähm… deine Mutter. Sie erinnert dich daran nicht Mao und Liu Bei zu vergessen. Nebenbei, wer sind Mao und Liu Bei?“ „Mao ist unser Kater. Und Liu Bei ist unser Hund.“ So emotionslos wie Ren-jie dies sagte, musste die Rosahaarige mit den ungleichen Augen überlegen, ob das nun ernst gemeint war oder ein schlechter Scherz. „Was ist? Hast du etwa Angst vor Hunden?“ „N-nein, aber du siehst mir nicht so aus wie ein Hundemensch. Ich mag Hunde, davon mal abgesehen, ich geh am Wochenende immer die Hunde der Nachbarschaft ausführen. Warte mal, das ist die Idee!“ „Ich denke genau was du denkst, denke ich. Wir könnten mit Liu Bei zum Haus der Nakamuras gehen und das Mädchen besuchen. Du sagtest selber dass du dich gut mit ihr verstanden hast. Vielleicht solltest du diese Beziehung wieder aufnehmen. Und nebenbei, unser Hund ist ein sehr friedfertiger Familien-Hund. Obwohl ich mir jedes Mal wenn Liu Bei mir übers Gesicht leckt das ganze Gesicht mit einem Feuchttuch abwischen muss und meine Brille putzen kann.“ gestand Ren-jie, ging zur Hintertür herüber und pfiff laut in den Garten. Gemächlich trat ein großer Hund, ähnlich einem Bernhardiner, mit stark tropfenden Lefzen aus der Hundehütte im Garten, streckte sich und gähnte. Als er Ren-jie erblickte, wurde er aber sehr lebhaft und stürmte auf sie zu. „Liu Bei! Stop!“ Maya war richtig erschrocken als Ren-jie so energisch sprach, aber der Hund gehorchte ihr, blieb kurz vor der Rosahaarigen mit der dunklen Haut stehen. Es folgte ein weiteres Kommando, dieses aber auf Mandarin und wieder gehorchte der Hund, machte Sitz. „Guter Junge.“ lobte sie den Hund und kraulte ihn am Kinn. „Komm Liu Bei, wir gehen spazieren.“ Mit einem lauten „Wuff!“ erhob sich der Hund wieder und folgte Ren-jie, ignorierte Maya anfangs erst, doch als er direkt vor ihr stand, setzte er sich wieder und hob seine riesige Tatze gegen ihr Knie. „Sei lieber vorsichtig, wenn er das bei Fremden macht dann…“ Weiter kam Ren-jie nicht, da hatte sich ihr Hund schon auf die Hinterbeine gestellt, die erschrockene Maya mit den Vorderpfoten an den Schultern gepackt und schleckte mit der Tellergroßen Zunge quer über ihr Gesicht. „Liu Bei! Aus!“ rief Ren-jie wieder energisch und der Hund ließ von ihr ab, setzte sich wieder auf den Hintern. Angewidert wischte sich Maya übers Gesicht, versuchte den ganzen Hundespeichel wieder weg zu kriegen. „Feuchttücher?“ fragte die Dunkelhäutige Brillenträgerin und hielt ihrer neuen Bekanntschaft eine ganze Packung Feuchttücher hin. „Danke…“ murrte Maya nur noch und nahm sich 2 Tücher raus.
 

Kurze Zeit später waren die Beiden wieder auf der Straße unterwegs und nahmen direkten Kurs auf das Haus der Nakamuras. Sie hatten nun tatsächlich vor, mit Hilfe von Liu Bei, welcher, wie Ren-jie erklärte, nach einem chinesischen Fürsten aus der Zeit der 3 Reiche benannt wurde, Mariko Nakamura ein Wenig den Tag zu verschönern. „Die bloße Gegenwart von Tieren, wie zum Beispiel Hunden, kann schon sehr beruhigend auf Menschen wirken. Ich hege die Hoffnung, dass diese Mariko mir ein Wenig über den Unfall erzählen kann.“ „Wir können es gerne versuchen, aber 2 Wochen nachdem sie wieder aus dem Krankenhaus raus war, durfte ich sie nicht mehr besuchen, weil ich zu viele Keime mit mir herum schleppe und sie sehr geschwächt sei.“ „Dafür habe ich auch das Obst und Gemüse eingepackt.“ Meinte Ren-jie darauf nur und hob eine prall gefüllte Papiertüte, während Liu Bei ohne Leine neben ihr her trottete. „Unglaublich dass er ohne Leine an deiner Seite bleibt.“ „Er ist ein ausgebildeter Wachhund. Wenn ich ihm das Kommando gebe, bleibt er an meiner Seite und bleibt lieb, bis ich angegriffen werde. Außerdem kann er auch sehr fürsorglich sein, auch zu anderen Tieren. Unseren Kater Mao zum Beispiel hat er in unserem Garten gefunden, vor einer Woche, da war er ein Bisschen geschwächt und alles, hat ihn in unser Haus getragen und sich um ihn gelegt um ihn zu wärmen.“ „Vor einer Woche gab es doch dieses schwere Sommergewitter. Ist euer Kater etwa seit diesem Gewitter euer Haustier?“ „Klar. Am Anfang des Gewitters, als es gerade angefangen hat zu regnen, wollten wir Liu Bei rein holen und da kommt er mit diesem kleinen Pelzknäuel im Maul herein, legt es vor dem Kamin ab und legt sich neben den kleinen Kater. Meine Eltern und ich haben Mao 3 Tage lang aufgepäppelt und ihn dann zum Tierarzt gebracht. Jetzt hat unser Mao einen Chip im Nacken, trägt ein Halsband und entfernt sich nie mehr als 100 Meter von unserem Haus. Meistens liegt er bei Liu Bei in der Hundehütte oder sonnt sich bei uns auf dem Dach. Oh, wir sind da.“ Etwas verwirrt sah Maya sich um, stellte Fest dass sie tatsächlich am Haus der Nakamuras angekommen waren.
 

Erwartungsvoll klingelte Ren-jie und als Herr Nakamura, ein Mann um die 30 der ein kleines Bisschen kleiner war als sie und etwas überfordert wirkte, die Tür öffnete, setzte sie sofort ihr von ihr so genanntes ‚Restaurant-Gesicht‘ auf und stellte sich lächelnd vor. „Ni Hao, mein Name ist Renjie und ich bin eine Freundin von Maya Reid. Wir würden gerne ihre Tochter besuchen wenn es nicht gerade unpassend ist.“ „Mariko darf keinen Besuch empfangen. Sie ist krank.“ knurrte Herr Nakamura und schlug Ren-jie die Tür vor der Nase zu. Diese blinzelte kurz, sah einen Moment zu Maya in der Einfahrt und dann wieder zur Haustür. Erneut klingelte sie und wieder öffnete Herr Nakamura die Tür, dieses Mal genervt. „Ich sagte Mariko darf keinen Besuch…“ „Statistiken belegen dass das Fehlen von Sonnenlicht, frischer Luft und zumindest diversen Keimen aus der Umgebung das Immunsystem stark schwächt. Wenn ich ein Arzt wäre, würde ich ihrer Tochter mehr Sonne und frische Luft verordnen. Sie könnte ja zumindest in den Garten gehen.“ „Sagt die Frau, die aussieht wie frisch vom Strich und die zu oft im Solarium gelegen hat.“ entgegnete Herr Nakamura und wollte erneut die Tür zuknallen, da hatte Ren-jie schon ihren Fuß im Türrahmen. „Ich bin ein sehr geduldiges Mädchen, aber wenn sie mich als Prostituierte beleidigen, dann verstehe ich keinen Spaß. Ich würde gerne mit Maya und meinem Hund Liu Bei ihre Tochter besuchen, Herr Nakamura. Ich habe auch frisches Obst und Gemüse dabei. Wenn sie einen Mixer besitzen, würde ich ihrer Tochter dann einen Smoothie machen. Vitamine, sie verstehen?“ Zähneknirschend sah Herr Nakamura sie von oben bis unten an, sah dann an ihr vorbei zu Maya und Liu Bei, der ganz lieb bei Maya in der Einfahrt sitzen blieb. „Die Töle bleibt draußen.“ „Mein Hund kommt mit rein. Außerdem ist es doch wohl die Entscheidung ihrer Tochter, nicht wahr?“ fragte Ren-jie und nickte in Richtung eines schwarzhaarigen Mädchens mit Brille in Schlafanzug und Rollstuhl, die gerade in der Tür zwischen Wohnzimmer und Flur erschienen war. „Papa, ich möchte es versuchen, ja? Wenn mir der Besuch nicht bekommt, dann warten wir einfach noch ein paar Tage, bis es mir etwas besser geht.“ lächelte sie ihren Vater an, welcher etwas verwirrt zurück sah. „Aber Mariko… du bist Krank und…“ „Wir können doch alle einen Mundschutz zur Prophylaxe tragen.“ unterbrach Mariko ihren Vater, welcher schließlich den Kopf hängen ließ. „Gut, kommt rein. Ich mache euch Tee.“ „Vielen Dank, Herr Nakamura.“ verneigte sich Ren-jie gewohnheitsgemäß auf chinesische Art und winkte Maya und ihren Hund zu sich.
 

Ins Wohnzimmer wurden die Beiden von Mariko geführt, welche sehr schnell Interesse an Liu Bei fand und ihn auch, sobald Ren-jie und Maya saßen, anfing zu streicheln und zu kraulen. „Dein Hund ist wirklich niedlich. Was ist das für eine Rasse? Ich bin Mariko Nakamura, tut mir Leid ich habe deinen Namen vorhin nicht verstanden.“ lächelte Mariko die Dunkelhäutige an, welche sich räusperte und leicht lächelnd sich ebenfalls vorstellte. „Mein Name ist Di Ren-jie. Ich bin mit meinen Eltern vor 2 Wochen aus Osaka hier her gezogen. Liu Bei ist ein germanischer Bärenhund. Wie du vielleicht merkst habe ich einen leicht chinesischen Akzent, was ich zu entschuldigen bitte. Maya kennst du ja schon, wie ich gehört habe.“ „Ja und ich finde es schade, dass mein Vater sie nicht mehr zu mir gelassen hat. Sag mal, du sagtest dein Name wäre Di Renjie, nicht wahr? Wird dein Name genauso geschrieben, wie bei meinem Lieblings Roman-Held?“ „Wenn du Richter Di meinst, dann ja. Ich bin sogar nachgewiesener Maßen mit ihm verwandt. Richter Di Ren-jie aus China war mein Urahne. Seit ihm gibt es alle paar Generationen einen Di Ren-jie in unserer Familie. Mein Großvater Väterlicherseits hieß Ren-jie und ich heiße nun auch Ren-jie.“ bestätigte die Dunkelhäutige Brillenträgerin, beobachtete ganz genau wie Mariko mit ihrem Hund umging. „Ich mag Tiere. Ich weiß, ich erscheine manchmal hyperrational, vielleicht bin ich das auch. Aber das bin ich nur geworden, weil ich seit 3 Jahren nicht aus dem Haus komme und nur meine Privatlehrer zum Unterricht sehe.“ „Oh das verstehe ich. Mir geht es ähnlich, da ich über keine Empathie und keinerlei soziale Kompetenz verfüge. Ich tappe dadurch in jedes Fettnäpfchen und äußere oft… gut, nahezu ständig äußere ich unangebrachte Dinge.“ gestand Ren-jie schließlich mit emotionslosem Gesicht, den Blick nicht von ihrem Hund abgewandt. „Mariko, ich bin eigentlich hier um dir zu helfen. Ich kann dir zwar deine Beine nicht wieder geben. Aber ich möchte dass dieser Fall endlich gelöst wird.“ „Maya hat es dir erzählt, nicht wahr? Dass der Unfallfahrer einfach weiter gefahren ist. Ich kann dir aber nichts zum Fahrer sagen. Ich weiß nicht einmal was für ein Auto er gefahren hat.“ „Da kann ich helfen. Es gibt eine, nur recht ungern von den amerikanischen Ermittlungsbehörden angewandte Befragungsform. Bei dieser Methode musst du dich an den Zeitpunkt erinnern, du müsstest dich geistig zurückversetzen. Es könnte auch bei der Verarbeitung des Traumas helfen.“ Geschirr Klirrte und alle sahen zur Küchentür. Marikos Vater hatte ein Tablett mit 3 Tassen Tee fallen gelassen und sah Ren-jie mit starrem, panischen Blick an. „NEIN! Ich lasse nicht zu, dass du meine Tochter das noch einmal durchleben lässt! Raus hier! Alle beide! Und diesen Köter nehmt ihr gefälligst mit!“ Damit war dieses Treffen dann fehlgeschlagen.
 

Am nächsten Morgen sah Renjie den Mann vom vorherigen Morgen wieder vor Marikos Haus, konnte ihn dieses Mal allerdings vom Gesicht her besser sehen. Ohne ihn anzusprechen ging sie weiter ihren Weg zum Bahnhof. Auf einmal klingelte ihr Handy. Neugierig holte sie es aus ihrer Schultasche, sah dass eine unbekannte Nummer sie anrief. Vorsichtig sah sich Ren-jie um, nahm schließlich ab. „Hallo, Di Ren-jie hier?“ „Renjie? Hier ist Mariko. Könntest du nach der Schule vielleicht noch einmal zu uns kommen? Mein Vater fährt heute Nachmittag einkaufen, da kannst du diese Methode der Zeugenbefragung bei mir ausprobieren. Geht das? “ „Natürlich. Kann Maya dann auch mitkommen? Ich brauche jemanden, der deine Emotionen deuten kann. Ich bin dazu nicht in der Lage.“ „Klar, kein Problem. “ bestätigte Mariko und legte auf.
 

Auf dem Schulhof angekommen sah Ren-jie zuerst Maya, die gerade aus dem Schul-Kiosk kam und sich eine große Tüte voller Süßigkeiten in die Schultasche steckte. Als sie auf ihre neue Freunden zugehen wollte, stellten sich ihr die 5 Jungs vom vergangenen Tag in den Weg. „Wollt ihr noch eine Abreibung? Hat euch die von gestern nicht gereicht?“ fragte Ren-jie mit gehobener Augenbraue und wollte gerade ihre Brille abnehmen, da warfen sich die 5 Jungs auf den Boden wie vor dem Kaiser. „Bitte, unterrichte uns!“ kam es einstimmig von ihnen. Der Chef des Karateklubs sah kurz auf, aber sofort wurde sein Kopf wieder in den Staub gedrückt. „Wenn du jetzt guckst, erfährst du alle 72 Methoden die ich beherrsche jemanden nur mit einem Fuß zu töten. Das gilt auch für euch. Das Prinzip von Scham ist mir zwar fremd, aber ich weiß dass es in Japan nicht gerne gesehen wird, wenn ein Kerl einem Mädchen unter den Rock glotzt. Und zu eurer Anfrage euch zu unterrichten: Vergesst es. Ihr würdet das Kung Fu nur aus niederen Beweggründen einsetzen. Es ist eine Kunst die nur zum Selbstschutz oder dem Schutze Anderer genutzt werden darf, niemals aus Zorn oder Rache. Und Muay Thai bring ich euch auch nicht bei. Zu gefährlich in unerfahrenen Händen. Entschuldigt euch bei Maya, dann bin ich schon zufrieden. Aber erst hoch, wenn ich weit genug weg bin. Verstanden?“ „Jawohl Ma’am!“ bestätigten die Jungs. Also nahm sie ihren Fuß vom Kopf des Einen und entfernte sich. „Guten Morgen Maya. Können wir kurz reden?“ „Äh… klar.“ blinzelte die Rosahaarige mit den ungleichen Augen.
 

„Verstehe, Mariko möchte es also wirklich durchziehen.“ stellte sie auf dem Flachdach der Schule fest, während Ren-jie wieder einmal zeichnete. „So ist es. Ich habe auch vor sie zu befragen. Vielleicht hat sie ja das Kennzeichen oder die Marke erkannt und kann sich einfach nur nicht daran erinnern. Wer weiß? Vielleicht kann sie sich ja auch an das Gesicht des Fahrers erinnern? Übrigens habe ich vorhin den Mann aus meinem Flashback wieder gesehen. Er hat sich beim Umsehen in meine Richtung gedreht aber ich habe mir nichts anmerken lassen.“ „Bist du sicher dass es der Gleiche ist?“ „Nicht nur der Gleiche. Es ist derselbe Mann. Ich hab ihn an seinem Gang erkannt. Er scheint sich seine Schulter vor Kurzem verzogen zu haben, sein linker Arm schwingt beim Gehen nicht mit. Größe und Kleidung passen ebenfalls. Ich fertige auch gerade ein Phantombild an und hoffe, dass Mariko den Mann darauf erkennt, wenn ich ihr das Bild zeige.“ „Zeig ihr das Bild lieber erst nach dieser Befragung. Nicht dass es später vor Gericht heißt, du hättest sie irgendwie beeinflusst.“ Nachdenklich nickte Ren-jie. Auf einmal hatte sie eine Idee und sprang auf. „Ai-Ya! Das ist es! Ich muss los, wir sehen uns später!“ „Warte! Wir schreiben gleich in der ersten Stunde einen Test in Geschichte! Und heute Nachmittag ist da noch eine Klausur in Englisch!“ Niedergeschlagen sank Ren-jie wieder zu Boden. „Mist, das bringt meinen ganzen Plan durcheinander. Hmm… dann lass ich eben die letzten 2 Stunden sausen, das hier ist wichtiger.“ „Tu was du nicht lassen kannst. Gleich geht aber die Schulglocke, also beeilen wir uns lieber.“
 

Leider hatte Maya Recht, in der ersten Stunde stand eine Klausur in Geschichte an. Hauptsächlich waren es Multiple-Choice Fragen, nur wenige Fragen musste sie schriftlich beantworten. Eigentlich sollte der Test über die ganze Stunde gehen, da er doch ziemlich umfangreich war, doch schon nach 10 Minuten hob Renjie die Hand. „Fräulein Di? Haben sie eine Frage zu dem Test?“ „Nein, ich wollte nur fragen was ich tun soll wenn ich fertig bin?“ Alle im Klassenraum sahen sie an. „Wenn sie wirklich fertig sein sollten, was ich sehr bezweifle…“ „Ich bin aber schon fertig.“ Der Lehrerin klappte die Kinnlade herunter. Um zu beweisen was sie sagte, erhob sich Ren-jie und brachte den Testbogen nach vorne. „Dürfte ich bitte das Klassenzimmer verlassen? Ich müsste mal dringend wohin.“ „N-natürlich…“ blinzelte die Lehrerin, sah wie Ren-jie das Klassenzimmer verließ und sah dann auf den Testbogen. Nach erstem Überfliegen sah es fast so aus, als wären die Antworten alle richtig.
 

Ein wenig erleichtert verließ Ren-jie die Toilettenkabine und ging zu den Waschbecken rüber, drehte auf und wusch sich die Hände. „Du bist also Di Renjie? Ich bin ziemlich beeindruckt von dir.“ ertönte eine Stimme hinter ihr. Als sie in den Spiegel sah, erblickte sie einen Jungen, der in ihrem Alter zu sein schien und seine Haare blau gefärbt hatte. „Und du befindest dich auf der Damen-Toilette. In meinen Mangas wäre das jetzt die Stelle an der ich dich mit allem Möglichen bewerfe und wie am Spieß schreie, wenn mir das Konzept von Scham nicht gänzlich fremd wäre.“ „Da kann ich wohl froh sein, oder?“ lächelte der Junge, trat einen Schritt näher an Ren-jie heran. „Ich verstehe allerdings das Konzept von sexueller Belästigung. Wenn du nicht gleich hier raus bist, dann werde ich mich gegen dich verteidigen, das ist meine einzige Warnung.“ ermahnte Ren-jie ihn und trocknete sich die Hände mit einem Papierhandtuch ab. „Wieso denn? Ich wollt‘ nur sagen wie sexy du bist und dass wir sicher ein gutes Pärchen abgeben würden.“ meinte der blauhaarige Junge und legte seine Hand auf Ren-jies Po. Diese stieß mit ihrem Ellenbogen gegen seine Nase, worauf er taumelte, packte sein Handgelenk und warf ihn über die Schulter zu Boden. Stöhnend und aus der Nase blutend blieb er am Boden liegen, das Gesicht vor Schmerz verzerrt. „Ich habe dich gewarnt. Dieses Mal werde ich dich nicht melden. Beim nächsten Mal gehe ich zur Polizei und zeige dich an.“ „Verstanden…“ keuchte der blauhaarige Junge nur noch, sah wie Ren-jie die Toilette wieder verließ.
 

Als Ren-jie wieder ins Klassenzimmer kam, wurde sie sofort von der Geschichts-Lehrerin zur Seite genommen. „Sagen sie Fräulein Di, haben sie beim Test geschummelt? Niemand kann in 10 Minuten einen Test mit so wenig Fehlern beenden.“ „Doch, ich. Ich kannte die Antworten, weil ich viel lese. Ich weiß dass ich 2 Wochen nicht in der Schule war, aber da ich wie gesagt viel lese, auch im Internet und in Geschichtsbüchern, wusste ich die Lösungen. Ich habe ein absolutes Gedächtnis, ich kann absolut nichts vergessen. Wenn sie möchten kann ich ihnen die Wettervorhersagen aus den Zeitungen vom ganzen letzten Monat nennen. Oder ich erzähle ihnen all meine Beobachtungen von gestern früh vor dem Büro des Direktors.“ Leicht errötend schickte die Lehrerin Ren-jie wieder auf ihren Platz.
 

Nur ein paar Stunden später, in der 2ten Stunde des Nachmittagsunterrichtes stand wie Maya prophezeite schon die nächste Klausur an, ein recht komplexer Test in Englisch, welchen sie allerdings auch schon nach 10 Minuten beendet hatte. Während der restlichen Prüfungs-Zeit arbeitete sie weiter an dem Phantombild des Mannes, dem sie nun schon 2mal begegnet war.
 

Wieder ging die Schulglocke zur nächsten Pause und Ren-jie erhob sich mit ihrer Tasche von ihrem Platz. Maya bemerkte dies unweigerlich. „Du willst es wirklich durchziehen, oder?“ „Natürlich. Aber vorher gehe ich zur Polizei und teile ihnen meine Ermittlungsergebnisse und meinen Verdacht mit.“ „Was für Ermittlungsergebnisse?“ wollte Maya wissen, folgte ihrer neuen Freundin mit Tasche aus dem Klassenzimmer und schließlich auch aus dem Schulgebäude. „Ich habe gestern Abend noch im Internet nach Zeitungs-Artikeln von damals gesucht. Außerdem habe ich heute Früh beobachtet, wie der Verdächtige den ich schon mal erwähnte, einen Brief und ein Stofftier vor Marikos Haustür gelegt hat. Hast du nicht gesehen wie viele Stofftiere auf diesem kleinen Altar im Vorflur lagen? Das muss schon über Monate gehen.“ Verstehend nickte Maya. „Also muss derjenige zumindest ein schlechtes Gewissen in Sachen Unfallflucht haben. Was denkst du war sein Motiv? Ich meine, warum ist er vom Unfallort geflohen?“ „Erste Regel der Kriminalistik, meine Liebe: Stelle nie eine Vermutung an, solange du keine Beweise hast. Zweite Regel, welche eigentlich an oberster Stelle stehen sollte: Passe deine Theorien den Beweisen an, nicht die Beweise den Theorien.“ „Gut. Und jetzt? Zur Polizei gehen?“ „Wie ich schon sagte, ich habe ein paar Nachforschungen angestellt.“ meinte Ren-jie dazu, da waren sie schon vom Gelände der Schule runter.
 

Sie waren tatsächlich bei der Polizei, jedoch schenkte ihnen weder der diensthabende Wachtmeister, noch einer seiner Kollegen Beachtung, weshalb sie eine ihr bekannte Kommissarin anrief, die sie am vergangenen Wochenende beim Yoga im Park von Beika kennen gelernt hatte. „Und? Kommt sie?“ „Sie trifft uns vor Marikos Haus. Frau Sato ist eine gute Polizistin. Wenigstens einer schenkt mir mal Glauben.“ meinte Ren-jie im Zug, während sie die paar Stationen zurück in ihren Stadtteil fuhren. „Ich für meinen Teil finde nicht, dass diese Kommissarin sich anhörte als wenn sie dich ernst nimmt. Die Farben die da aus deinem Smartphone kamen, die waren zwar etwas undeutlich, aber es sah fast so aus, wie bei Herrn Nakamura als du das zweite Mal geklingelt hast. Ich habe nicht viel hören können, also sieh mich nicht so komisch an, das macht deine Aura zunichte.“ fügte Maya auf die skeptischen Blicke Ren-jies hinzu. „Tut mir Leid, ich glaube nur nicht an diese Aura-Sache, auch wenn ich deine Fähigkeit sehr schätze.“
 

Tatsächlich wartete vor Marikos Haus ein roter Sportwagen, aus welchem eine schlanke Frau ausstieg, die den Beiden gleich ihren Dienstausweiß zeigte. „Ich bin Kommissarin Sato. Du bist Di Renjie, richtig?“ „Die bin ich. Vielen Dank dass sie kommen konnten. Das hier ist meine Mitschülerin Maya Reid, sie wird uns ein Wenig assistieren. Nicht wahr, meine Liebe?“ „Nur wenn du aufhörst mich so zu nennen, meine Beste.“ Irritiert sah Kommissarin Sato zwischen den beiden Mädchen hin und her. „Habt… habt ihr irgendwie Stress miteinander? Oder…?“ „Nein, aber Renjie scheint sich einen Spaß daraus zu machen mich auf anzügliche Weise aufzuziehen.“ Verstehend nickte Frau Sato, seufzte dann jedoch schwer. „Kommt, bringen wir es hinter uns. Ich hoffe nur die ganze Sache erweist sich nicht als Luftnummer.“ „Wird es nicht, garantiert.“ versprach Ren-jie, führte die Kommissarin zum Haus der Nakamuras und sah durchs Fenster. Mariko sah ebenfalls hindurch, deutete auf die Tür zum Garten. Alle 3 nickten und betraten das Haus schließlich durch die Hintertür.
 

„Ich bin Kommissarin Sato von der Kriminalpolizei und…“ „Ich erinnere mich. Sie und ihr Vorgesetzter Herr Megure haben mich damals im Krankenhaus befragt. Bitte, setzen sie sich, ihr Beiden auch. Und dann beginnen wir mit deiner Befragungsmethode, in Ordnung Renjie?“ „Gut.“ nickte die rosahaarige Brillenträgerin und setzte sich auf das Sofa, genau auf die gleiche Stelle wie am Vortag. Auch die Kommissarin setzte sich, und zwar so dass sie sowohl Ren-jie als auch Mariko im Blick hatte. „Mariko, komm bitte näher. Ich brauche unbedingt deine Hände dafür, damit die Energie zwischen uns beiden fließen kann.“ erklärte Ren-jie, was alle Anwesenden neugierig machte. „Du glaubst nicht an diese Sache mit den Auren die ich sehe, aber an frei fließende Energie?“ „Chi ist ein essenzieller Bestandteil der Kung Fu-Lehren und des Tai-Chi. Wie dem auch sei, ich brauche trotzdem Marikos Hände. Es hilft beim Fokussieren.“ Mit einem Nicken rollte Mariko näher zu Ren-jie, hielt ihr die Hände hin damit diese sie ergreifen konnte. „Konzentrier dich jetzt nur auf meine Stimme und auf nichts Anderes. Nur auf meine Stimme und diesen einen Tag vor 3 Jahren. Schließ deine Augen und denke an nichts Anderes und atme ruhig ein und aus.“ Mariko tat wie ihr gesagt wurde, schloss die Augen und atmete sehr ruhig, tief und gleichmäßig. „Du bist jetzt auf dem Weg von der Schule nachhause, sag mir was du siehst, Mariko.“ Vor Marikos Augen lief ein regelrechter, leicht lückenhafter Film ab, in dem sie sah, was sie damals tat. „Ich… ich schreibe meiner damals besten Freundinn eine SMS. Wir… wir haben uns für den nächsten Tag in der Spielhalle verabredet, wollten das neue Rennspiel ausprobieren. Ich steh auf Rennspiele.“ lächelte Mariko kurz, wurde aber schnell wieder ernst. Interessiert sah Frau Sato zu. „Wo bist du gerade?“ fragte Ren-jie eindringlich. In ihrem Kopf sah Mariko kurz auf, sie hatte es schon am Tag des Unfalls gemacht und orientierte sich kurz. „Ich… ich bin 3 Straßen von zuhause entfernt. Wartet, ich höre ein Auto näher kommen.“ Interessiert beugte sich Kommissarin Sato vor. „Hörst du woher es kommt?“ fragte sie, bekam aber keine Antwort. „Mariko, hast du gesehen aus welcher Richtung es kommt?“ „Nein, ich habe nicht noch einmal aufgesehen. Aber es hört sich an, als käme es von hinter mir. Moment… ich habe mich doch umgedreht. Ich war neugierig. Ein grauer Skoda Fabia kam auf mich zu, er hat die Scheinwerfer an, das Abblendlicht. Ich kann den Fahrer nicht sehen.“ „Was geschieht weiter?“ hakte Ren-jie nach. Angestrengt konzentrierte sich Mariko, man konnte die Schweißperlen auf ihrer Stirn richtig sehen, konnte sehen wie sich ihre Augäpfel unter den geschlossenen Lidern hektisch hin und her bewegten. „Er hat nicht gebremst! Er hat mich überfahren… oh Gott… helft mir bitte… ich brauche Hilfe!“ Die Panik stand Mariko richtig ins Gesicht geschrieben. Beruhigend strich Ren-jie mit ihrem Daumen über ihren Handrücken. „Nur die Ruhe, dir geschieht nichts. Liegst du auf dem Boden? Oder bist du auf seiner Motorhaube?“ „Nein er hat ein paar Meter entfernt angehalten… ich habe aufgesehen, ich sehe sein Nummernschild.“ Eilig holte Frau Sato ihr Notizbüchlein heraus und schrieb das Kennzeichen mit. Noch immer redete Ren-jie beruhigend auf Mariko ein, holte sie behutsam aus ihrer Erinnerung zurück. Schwer atmend stützte sich die blasse Brillenträgerin auf die Knie. Die ganze Zeit über hatte Maya ihrer Mitschülerin und Freundin ins Ohr geflüstert was für Emotionen sie bei Mariko bemerkt hatte. „Maya, bring ihr bitte ein Glas Wasser, ja?“ bat Frau Sato die Rosahaarige mit den ungleichen Augen, welche sich sofort erhob und in die Küche eilte. „Geht es wieder? Bist du in Ordnung Süße?“ fragte Ren-jie behutsam nach. „Ja. Es… es war ein Wenig anstrengend, tut mir Leid dass ich dir Sorgen bereite. Es geht schon wieder.“ lächelte Mariko. In der Zwischenzeit hatte Frau Sato den Halter des genannten Fahrzeuges abgefragt und gleich eine Abfrage beim Standesamt durchgeführt. „Der momentane Halter des Fahrzeuges ist ein gewisser Herr Akihito Saika. Er wohnt nicht weit von hier entfernt. Ich habe gleich noch veranlasst, dass nachvollzogen wird ob Herr Saika vor 3 Jahren auch schon der Halter des Fahrzeuges war. Es wird einige Minuten dauern.“ „Gut, ich verstehe…“ nickte Mariko, nahm von der wiedergekehrten Maya ein Glas Wasser an und trank ein paar Schlucken. „Sag mal Süße, ich hab das nicht genau mitbekommen. Konntest du den Typen damals sehen? Kannst du dich daran erinnern?“ „Nein, ich habe nur seine Schuhe gesehen. Aber ich weiß noch, dass er mit dem rechten Arm quer nach Links gegriffen hat. Vielleicht ist er ja am Arm verletzt gewesen?“ „Möglich.“ Nickten Ren-jie und Frau Sato, sahen sich verwundert gegenseitig an. „Dann bringt dein Phantombild wohl nichts Renjie.“ „Nicht wirklich. Aber ich habe eine Idee. Mariko, ruf du deine Mutter an, sie möchte bitte zur Hauptwache kommen. Und deinen Vater weihen wir ein, wenn er vom Einkauf zurück ist. Frau Sato, könnten sie bitte ihren Chef anrufen? Und stellen sie bitte auf laut, ich möchte gegebenenfalls auch etwas dazu sagen können.“ Die beiden Angesprochenen Nickten und Maya sah nur, dass Ren-jie anscheinend richtig in ihrer Funktion aufging, sogar dass ihre Aura sich richtig aufhellte. Langsam begann sie eine gewisse Zuneigung für Ren-jie zu empfinden.
 

Langsam ging die Sonne unter und Ren-jie wartete vor der Hauptwache darauf, dass der Verdächtige Herr Saika aus dem Gebäude kam. Wie ihr großes Vorbild aus England hatte auch sie eine Pfeife am Wickel, allerdings eine echt aussehende Scherz-Kiseru welche mit einer Seifenlösung gefüllt war und an welcher man nicht saugte, sondern in die man leicht hinein blies. Mit aufsteigenden Seifenblasen lehnte Ren-jie nun neben der Eingangstür und wartete. Die automatische Schiebetür ging auf und ein schwarzhaariger Mann kam heraus. Es war der Mann, den sie auch schon am Morgen gesehen hatte. „Verzeihen sie bitte, sind sie Herr Saika?“ fragte sie ohne sich zu rühren, hielt ihre Kiseru elegant vor dem Gesicht. Etwas irritiert sah der Mann sie an. „Ja der bin ich. Was wollen sie?“ „Mein Name ist Ren-jie. Ich hätte noch die eine oder andere Frage an sie.“ „Tut mir Leid, aber ich habe keine Zeit.“ Blinzelte der Mann, sah an ihr vorbei obwohl sie nicht einmal 2 Meter von ihm entfernt war. „Die werden sie sich nehmen müssen, denn es ist wichtig.“ meinte Ren-jie, trat gemächlich und mit durchdringendem Blick an ihn heran und schließlich nur wenige Schritte an ihm vorbei. „Vor 3 Jahren haben sie einen Verkehrsunfall verursacht. Dabei kam ein Mädchen zu Schaden, das seitdem dank eines Querschnitts im Rollstuhl sitzt. Ihre Mutter hat sich vor 18 Monaten vom Vater getrennt und ihr Vater hat nach diesem Unfall diverse Zwangsstörungen entwickelt, unter Anderem eine Angst vor Viren, Bakterien und Keimen aller Art. Darf ich sie mit der Familie bekannt machen? Herr Nakamura! Würden sie bitte mit ihrer Ex-Frau und ihrer Tochter hier rüber kommen!?“ Aus einer für Herrn Saika nicht einsehbaren Ecke kam Herr Nakamura mit seiner Ex-Frau und seiner Tochter dazu. Irritiert sah Herr Saika die Familie an. „Was wird das hier?“ „Wir wollten dem Mann in die Augen sehen, der unsere Familie zerstört hat.“ meinte Mariko relativ gelassen. Anders als vorhin trug sie nun nicht mehr ihren Pyjama, sondern ein über die Knie reichendes Sommerkleid mit einer Strickjacke drüber. „Seit 3 Jahren habe ich heute das erste Mal wieder das Haus verlassen. Ich bin nicht so jemand, der anfängt irrational zu werden und sie zu beschimpfen. Aber ich möchte gerne verstehen was in ihrem Kopf vorgegangen ist, als sie mich einfach haben auf der Straße liegen lassen. Ich habe sie genau gesehen Herr Saika, es ist zwecklos zu leugnen.“ „I-ich habe gerade der Polizei gesagt dass ich nichts damit zu tun habe. Während die Sonne untergeht fahre ich auch nicht Auto. Und danach schon gar nicht.“ meinte der Verdächtige leicht nervös und wedelte mit der rechten Hand herum, hob aber den linken Arm überhaupt nicht. „Was ist los mit ihnen, Herr Saika? Ist ihr linker Arm gelähmt?“ Geschockt riss Saika die Augen auf. „Wenn das vor 3 Jahren schon der Fall war, dürften sie eigentlich gar nicht mehr Auto fahren. Und nebenbei, woher wissen sie dass an jenem Tag die Sonne gerade unterging?“ Der Verdächtige begann kräftig zu schwitzen, sagte kein Wort. „Ich kann mich sehr genau an jenen Tag erinnern. An jenem Tag ging die Sonne schon um 16:22 unter. Ich weiß es noch, weil ich ein absolutes Gedächtnis habe, viel genauer und natürlicher als ein eidetisches Gedächtnis. Anders gesagt ich kann nichts vergessen. Und wenn sie nicht zufällig das gleiche Syndrom haben wie ich, ist es für sie nahezu unmöglich zu wissen dass die Sonne damals gerade unter ging.“ Noch immer schwieg der Verdächtige mit starrem Blick, traute sich nicht sich zu Di Ren-jie umzuwenden. „Seien sie ehrlich, sie haben nicht nur einen steifen linken Arm, sie leiden auch unter einer Form der Dämmerungs-Blindheit. Um dies zu verschleiern haben sie damals anonym und mit unterdrückter Rufnummer den Notruf gewählt und einen Rettungswagen geholt. Das ist das Einzige, das ich ihnen zugute halten kann. Ich frage mich aber nach dem Warum. Helfen sie mir bitte auf die Sprünge.“ Noch immer starr sprach der Verdächtige kein Wort.
 

Schließlich lockerte sich seine Haltung und er atmete erleichtert aus. „Ich habe mich nicht gestellt, weil ich meinen Job verloren hätte. Ein Anwaltsgehilfe der straffällig geworden ist? Ich bitte euch. Ich bin auf meinen Job angewiesen, damit ich meine Therapie bezahlen kann…“ „Sie machen mich krank!“ fuhr Ren-jie ihn an, schlug ihm mit der Handkante leicht auf den Hinterkopf. „Sie haben kaum etwas getan um Marikos Wohlergehen zu gewährleisten. Nur ein Rettungswagen, kein Notarzt. Durch die ganzen Verzögerungen kam es zu einem irreversiblen Schaden im Rückenmark. Selbst nach der Wirbelsäulen-Operation trat keine Besserung ein. Und nur wegen einem dämlichen Job haben sie ein Menschenleben riskiert. Das ist das Letzte! Zeigen sie dass sie Eier haben und stellen sie sich endlich, sie Feigling!“ Alle waren von Ren-jies Ausbruch überrascht, konnten sich kaum vorstellen, dass sie sich wirklich so ungewählt ausdrücken konnte. Nickend wandte sich Herr Saika wieder um. Bevor er die Hauptwache wieder betrat, sah er noch einmal in Ren-jies Richtung. „Woher wussten sie, dass ich Dämmerungsblind bin? Und wer sind sie?“ „Sie haben an mir vorbeigesehen, also vermutete ich, dass sie entweder extrem kurzsichtig sind, oder Dämmerungsblind. Ich vermute weiterhin, dass sie zu dieser Zeit meistens doppelt sehen und eben auch verschwommen. Und was meinen Namen angeht?“ führte Renjie aus, ging langsam an ihrem Gesprächspartner vorbei und blies sanft in ihre Kiseru, damit wieder Seifenblasen aufsteigen konnten. „Mein Name ist Di Ren-jie. Ich bin Detektivin.“ lächelte sie schließlich.
 

Eine Woche später

Ren-jie und Maya waren wieder auf dem Weg nachhause. Sie hatten sich in den letzten Tagen ständig darüber unterhalten, wie es nun zwischen ihnen und Mariko weitergehen würde. „Also ich hoffe ja dass ihr Vater endlich zur Vernunft gekommen ist. Ich meine, ein Mann kann doch nicht ständig in der Vergangenheit leben.“ „Wenn du mich betrachtest, kannst du sehen dass es doch geht. Ach ja, Mariko hat uns zu sich nachhause eingeladen. Sie sagt, es gäbe etwas zu feiern.“ „Feiern? Bei Mariko? Und ihr Vater ist nicht am Durchdrehen? Kaum zu glauben.“ Schwitzte Maya, da waren sie aber schon vor Marikos Haus. Ein dicker Klos lag in Mayas Hals. „Was ist Süße? Angst deiner Flamme deine Gefühle zu gestehen?“ fragte Ren-jie eigentlich aus Spaß und klopfte ihrer Freundin so kräftig auf den Rücken, dass diese ins Schwanken geriet. Als sie sich wieder gefangen hatte, wandte sich Maya zornig zu Ren-jie um. „Bei dir hackt‘s wohl!“ rief sie. Amüsiert sah Mariko vom Fenster aus alles mit an. „Renjie ist schon eine Nummer. Und Maya kann sich einfach nicht durchringen ihr zu gestehen, dass sie Renjie mag.“ „Das ist wirklich ziemlich kompliziert. “ dachte Ren-jie wieder, während Maya verzweifelt versuchte ihr eine zu kleben.
 


 

Nächstes Mal bei Detektiv Di: Maya bemerkt auf Ren-jies Rücken nach dem Sport-Unterricht ein Tattoo in Form eines asiatischen Drachen und spricht sie darauf an, jedoch weicht Ren-jie ihr aus. Sie, Maya und Mariko werden zu einer Goth-Party eingeladen, welche ein jähes Ende findet. Was ist es, das die Party unterbricht? Und wird der Fall geklärt werden? Seid gespannt, denn es gibt immer nur eine Wahrheit!

Gefährliche Zwillinge

Wieder ein neuer Tag für Ren-jie, der exakt gleich begann: Aufstehen, Duschen, Tai-Chi im Garten, Umziehen, Frühstück mit Zeitung und einem Buch, danach auf den Weg zur Schule, auf dem Weg mit Maya zusammentreffen und mit ihr etwas sehr plump flirten. Natürlich reagierte Maya nur mit Unverständnis darauf und ignorierte es irgendwann. Schon bei der Ankunft auf dem Schulhof der Nan’Yo Oberschule, wurde sie direkt wieder von den 5 Champions des Karate-Clubs empfangen, die ihre Schüler werden wollten. Jedoch lehnte die Halbchinesin schnell ab und bot den 5 eine Lektion im Dojo an, ihren Kung-Fu-Gi hatte sie heute in einer Sporttasche dabei, da sie es langsam Leid war, seit fast 2 Wochen jeden Morgen von den 5 belästigt zu werden.
 

Auch heute standen wieder ein paar Klausuren an, welche Ren-jie dank ihres perfekten, absoluten Gedächtnisses wie schon vor 2 Wochen in Windeseile beendete. Ob auch dieses Mal alle Antworten richtig waren, da war sie sich selbst nicht so sicher, hoffte es aber natürlich. Im Sport-Unterricht am Nachmittag stand unter Anderem ein Dauerlauf an. Aber wirklich ein Talent für den Ausdauerlauf schien von Beiden nur Maya zu haben, denn obwohl Ren-jie sehr sportlich war, ihr Talent lag da doch eher im Spurt oder Sprint. Auch ihre Brille war ihr während der Stunde öfters im Weg. Es war sogar so schlimm, dass sie ihre Brille der Lehrerin überlassen musste. Wäre es um eine Yoga-Übung gegangen, oder darum eine bestimmte Position über Stunden zu halten, das wäre für sie kein Problem gewesen. „Blöder Bockmist…“ fluchte sie nach der Stunde, wusch sich unter der Dusche den ganzen Schweiß ab. Sie war es nicht gewohnt mehr als 2mal am Tag zu duschen, vielleicht lag es daran, dass sie sehr auf Routine fixiert war, ein kleiner Knacks den sie hatte. „Es wird den ganzen, restlichen Nachmittag dauern mir den Zopf zu flechten.“ „Ich würde dir gerne helfen Renjie. Aber nur wenn du nicht wieder so unverschämt plump flirten würdest.“ lächelte Maya von Außen. Sie war schon mit duschen fertig und sah zu ihrer splitternackten Freundin zurück dabei fiel ihr auf, dass auf Ren-jies Rücken die Reste eines großen Tattoos zu sehen waren. Allerdings war sie sich sicher, dass vor 2 Wochen, als Ren-jie sich bis auf die Unterwäsche ausgezogen hatte, und auch vorhin vor der Sport-Stunde, kein Tattoo da war. „Äh, Renjie? Was ist das da für ein…?“ Leicht irritiert sah die Rosahaarige mit dem dunklen Teint zurück, folgte Mayas Blick zu ihrem Rücken. „Oh… das sollte dich nicht kümmern. Ich sollte nur anfangen dafür wasserfestes Make-Up zu benutzen. Wasser- und Seifenfest. Da muss ich mich wohl beim Kosmetiker beraten lassen.“ meinte Ren-jie nüchtern und drehte das Wasser wieder ab. „Reichst du mir bitte ein Handtuch, ich habe vergessen mir eines mitzunehmen. Ich mag zwar kein Schamgefühl haben, aber das wäre mir schon unangenehm. Allein von den Temperaturunterschieden her.“ Verschwitzt und errötend lächelnd nickte Maya, brachte ihrer besten Freundin an dieser Schule sofort ein frisches, weißes Handtuch. Dankend nahm Ren-jie ihr dieses ab und trocknete sich gründlich ab, bevor sie sich zu Maya in die Umkleidekabine setzte. „Wenn ich bitten darf? In meinem Spind sind auch die Glöckchen, die ich immer im Haar trage. Sie sind, sozusagen, ein Markenzeichen meinerseits.“ lächelte Ren-jie, ließ sich von ihrer Freundin den langen Zopf flechten. Es dauerte tatsächlich ewig, bis der Zopf die gleiche Form hatte wie vor der Stunde. Zum Abschluss band die Rosahaarige mit den ungleichen Augen auch die beiden goldenen Glöckchen ins Haar. „Ich danke dir meine Liebe.“ „Ach, kein Problem. Ich bin heute Abend im Übrigen auf eine Goth-Party eingeladen. Alle tragen schwarz, hören Punk-Rock oder Metal und trinken alkoholfreien Wein.“ erklärte Maya, während Ren-jie sich wieder anzog. Noch immer konnte sie ihren Blick nicht von dem Tattoo auf Ren-jies Rücken abwenden. Es war ein asiatischer Drache, eine grüne, sich über den ganzen Rücken windende Riesen-Echse. „Das… das ist…“ „Ai-ya, eine Feuerschlange. Lange Geschichte, da möchte ich vorerst nicht drüber reden, einverstanden? Aber sag, warum hast du erwähnt dass du zu dieser… Party eingeladen bist?“ „Oh, ja… Naja, ich habe Mariko heute Früh schon per SMS gefragt und sie hat ja gesagt. Tja, ich dachte auch du würdest gerne mitkommen. Ich werde um 21 Uhr abgeholt. Morgen ist Samstag, da haben wir zum Glück Schulfrei.“ „Da haben wir wohl Glück gehabt. Willst du mich abholen? Oder willst du es dir bei mir gemütlich machen, während wir uns umziehen und warten?“ „Renjie…“ begann Maya mit pochender Schläfe, erhob sich und trat hinter ihre beste Freundin, „Du bist einfach unverbesserlich.“ Damit gab sie ihr mit der Handkante einen harten Schlag auf den Hinterkopf, worauf Ren-jie den BH, den sie sich gerade anlegen wollte fallen ließ und ihre ganze Oberweite preisgab. „Autsch! Das ist wirklich ziemlich kompliziert…“
 

Das Treffen mit dem Karate-Club ließ Ren-jie dann lieber aus, da sie sich auf den Abend vorbereiten wollte. Ren-jie hatte zufällig ein schwarzes Kleid mit offenem Rücken und frei liegendem linken Bein. Und Mariko hatte auch ein Schwarzes, aber alle 3 wollten zusammen bei Ren-jie die Vorbereitungen für den Abend treffen. Auch lernten sie endlich Ren-jies Eltern kennen, eine nette Japanerin mittleren Alters und ihren nur wenig jüngeren Mann chinesischer Herkunft. „Wow, das ist aber ein ungewöhnlicher Ring.“ bemerkte Mariko, während sie beobachtete wie Ren-jie sich einen Ring, der fast wie eine Kralle aussah, an den rechten Mittelfinger anlegte,. „Oh, danke. Ich habe ihn von meiner lieben Oma aus China geschenkt bekommen, als sich in die Oberstufe gekommen bin. Sie sagte ich solle ihn immer zu besonderen Anlässen tragen. Und wie du siehst…“ lächelte Ren-jie, überprüfte ihre schwarzen Strapse ob auch alles hielt. „Scharf…“ meinte Maya nur und errötete bei diesem Anblick stark. „Zugegeben, es ist ein ungewöhnliches Stück. Allerdings war meine Großmutter Goldschmiedin. Sie ist inzwischen verstorben, wie das Schicksal so spielt.“ sinnierte die Halbchinesin mit neutralem Gesicht, begutachtete das Schmuckstück und nickte schließlich. „Ai-ya, das sollte gehen. Ähm, wartet kurz hier, ich muss noch etwas holen, bin gleich wieder da.“ Damit verließ Ren-jie ihr Zimmer und ließ Mariko und Maya alleine zurück.
 

„Dir ist das Tattoo auch aufgefallen, oder Maya?“ „Aye, es ist ein Drache, asiatische Unterart, eine Feuerschlange, wie Ren-jie sie genannt hat. Ich glaube ich habe das schon mal gesehen… und ihre Aura wurde richtig trüb. Richtig unheimlich, nicht mehr mysteriös. Kannst du dich erinnern, ob du so ein Tattoo schon mal gesehen hast?“ fragte Maya, während sie der recht blassen Brillenträgerin die Haare noch einmal bürstete. „Ja, eine Beschreibung habe ich vor kurzem mal gelesen. Es ging um eine Frau die man aufgrund ihres Tattoos die Drachenlady nennt, eine Auftrags-Killerin aus China. Es gab vor einigen Jahren angeblich nur einen Überlebenden der sie gesehen hat, allerdings konnte er nur sagen, dass sie gut gebräunt war, einen Catsuite mit offenem Rücken trug und auf ihrem Rücken ein auffälliges Drachen-Tattoo. Und sie hat wohl noch etwas zu ihm gesagt und zwar, Zitat: ‚Ego Exstare Draco.‘ Zitat Ende. Allerdings weiß ich nicht was das bedeutet.“ „Latein.“ ertönte plötzlich Ren-jies Stimme und beide sahen erschrocken auf. „Übersetzung: Ich bin der Drache. Alternativ kann man auch rumänisch benutzen, was ergeben würde: ‚Eu sunt Dracul.‘ ‚Ich bin der Teufel.‘ Latein und Rumänisch, speziell der walachische Dialekt, teilen sich ein Wort: Draco und auch Drako. Nimmt man den Namen, den Vlad der Dritte von Transsylvanien sich selbst gegeben hat, also Dracula, oder im Lateinischen Draculea, dann erhält man 2 Namen: Dracula, der Sohn des Teufels und Draculea, der Sohn des Drachen.“ endete sie und überprüfte noch einmal ihren Ring. „Woher weißt du das?“ „Ganz einfach Mariko: Ich lese viel und habe alle Romane über Graf Dracula gelesen. Außerdem lerne ich andere sprachen durch lesen, und das, wie du weißt, aufgrund meines Gedächtnisses, sehr schnell.“ „Ah-haa…“ machte Mariko überfordert blinzelnd. „Und nur weil ich Latein spreche und ein solches Tattoo trage, bedeutet das nicht, dass ich die Drachenlady bin. So gut müsstet ihr mich in den vergangenen 2 Wochen schon kennengelernt haben.“ Das Gesicht, das sie jetzt aufgesetzt hatte, dazu das rückenfreie schwarze Kleid und der einsame Handschuh an ihrem rechten Arm, armlang bis zur Schulter, ließen sie gerade wie einen rachsüchtigen Geist erscheinen. „Renjie, du machst mir gerade richtig Angst…“ schwitzte Maya, welche jetzt eine pechschwarze Aura um ihre beste Freundin sah.
 

Es stellte sich heraus dass Ren-jie sich von ihrer Mutter einen schwarzen Fächer geliehen hatte, da sie manchmal bei zu großen Menschenmengen Atemnot bekam, eine Nebenwirkung einer früheren Erinnerung aus Bangkok. Unterdessen hatte Mariko noch einmal ihre Notfalltasche, die sie normal unter ihrem Rollstuhl dabeihatte, überprüft und festgestellt, dass sie alles dabei hatte: Feuchttücher, eine Strickjacke, ein neues Kleid zur Reserve, ausreichend Pants falls sie mal nicht rechtzeitig zur Toilette konnte und ein kleines Malheur passierte. „Oh, wie ich sehe hast du auch eine Notfalltasche, Schätzchen.“ „Ja. Falls ich es mal nicht rechtzeitig zur Toilette schaffe und so. Allerdings brauche ich dann immer noch Hilfe beim…“ „Schon kapiert.“ winkte Maya ab, sah dabei aber auch ein Wenig fragend zu Ren-jie. „Du sagtest auch?“ „Oh, natürlich. Ich habe immer ein gutes Buch und mein Skizzenbuch dabei, für den Fall dass mir Langweilig wird oder ich ein gutes Motiv sehe. Und ein paar andere Dinge hab ich auch dabei, allerdings lohnt es nicht die zu erwähnen.“ „Einer deiner Schmuddel-Mangas und ein Video-Spiel?“ erkundigte sich Maya, was Ren-jie ein Wenig dunkler um die Nase machte. „N-nun… tatsächlich ein Manga und etwas Musik.“ blinzelte die dunkelhäutige Rosahaarige hinter vorgehaltenem Fächer.
 

Abgeholt wurden die 3 von einem Bekannten von Maya, da Mariko ja im Rollstuhl saß mussten sie einen Kleinbuss mieten, so dass der Rollstuhl auch mitgenommen werden konnte. Schon mal versucht einen Rollstuhl in einen VW Up oder einen Skoda Fabia zu packen? Unmöglich ohne dass 3 Personen zu Fuß gehen müssen, glaubt es. „Wie kommt es eigentlich dass du jemanden mit einem Kleinbuss kennst, Maya?“ wollte Ren-jie wissen, aber Maya lächelte nur verschwitzt. „Äh, sagen wir mal der Bruder von einem Mädchen das ich etwas besser kenne hat mir noch was geschuldet, auch wenn die Sache nicht so hübsch für beide Seiten zu Ende ging. Ziemlicher Rosenkrieg, dumme Geschichte, ich hab parallel zu ihr noch eine Andere gehabt, aber egal. Jedenfalls ist unser Abholer der Bruder des Mädchens… und er hat mir auch die Einladung für uns 3 gegeben. Übrigens Renjie: Auf solchen Partys sind für gewöhnlich reihenweise hübsche Mädchen.“ „Tut mir Leid, aber ich bin nur an einem bestimmten Typen interessiert. Und der sitzt hier bei uns im Auto.“ lächelte die dunkelhäutige Brillenträgerin schelmisch, sah dabei aus dem Augenwinkel zu ihrer rosahaarigen Freundin rüber. „Ihr wisst schon dass Japaner was Homosexualität angeht etwas Eigen sind?“ fragte der Fahrer des Wagens durch den Rückspiegel. „Ja, wissen wir…“ seufzte Maya, was Mariko nachdenklich stimmte. „Ich verstehe einfach nicht warum. Selbst in der Bibel steht, dass man seinen Nächsten wie sich selbst lieben soll. Gerüchten zufolge war auch der Daimyo Uesugi Kenschin Schwul. Außerdem kann doch niemand etwas für seine Neigung. In den USA gibt es sogar Regionen, in denen gleichgeschlechtliche Paare sogar heiraten dürfen. Ich meine, wenn meine beste Freundin mir auf einmal gesteht dass sie in mich verliebt ist, dann würde ich sie niemals vor den Kopf stoßen indem ich sie meide. Ich würde ihr sagen dass ich nicht so empfinde und dass ich möchte, dass wir weiterhin gute Freunde bleiben können.“ „In der Mädchensprache heißt das, dass du sie nie wieder sehen willst.“ knirschte Maya, als hätte sie diesen Satz schon zu oft gehört. Ren-jie legte nachdenklich den Finger unter ihr Kinn. „Und was bedeutet dann, dass ich mit ihr in Kontakt bleiben will?“ „Dass du nicht mehr mit ihr reden willst, als unbedingt nötig.“ erklärte Maya. „Dann sag mir mal, was du zu deiner besten Freundin sagen würdest, wenn sie dir ihre Liebe gesteht aber du nichts von ihr willst.“ meinte die rosahaarige Brillenträgerin, worauf Maya nichts erwidern konnte. „Naja, bei meiner Schwester hab ich auch keine Probleme, anders als unsere Eltern. Und auch wenn ich wegen dieser Trennungsgeschichte, wegen dem Zweigleisig fahren, einige Probleme mit Maya hab, ich habe nichts gegen Homosexuelle. Mein bester Freund ist selber Schwul. Und wir spielen sogar in derselben Mannschaft Fußball. Ist zwar ein Wenig merkwürdig, aber wir verstehen uns trotzdem noch ausgezeichnet.“ erklärte der Fahrer und warf noch einen Blick durch den Rückspiegel nach hinten. „Wisst ihr, ich hab ihm damals gesagt, als er mir eröffnete dass er Schwul ist, dass sich für mich nichts ändert und dass er noch immer mein bester Kumpel ist, nur dass ich eben nicht auf andere Männer stehe. Wenn euch sowas passiert, dann sagt am besten sowas in der Art. Obwohl, he… wahrscheinlich wird nur Mariko in so eine Situation kommen.“ lachte er und sah wieder auf die Straße. Mit fragendem Blick sahen Mariko und Maya die andere Rosahaarige an, welche um die Nase herum nur ein Bisschen dunkler wurde und ihren Fächer vor ihr Gesicht hielt.
 

Schamgefühl oder nicht, es war der rosahaarigen Brillenträgerin wirklich unangenehm, dass sie vor ihren beiden einzigen Freundinnen so bloßgestellt wurde, obwohl sie kein Schamgefühl hatte und Keines kannte. Trotzdem war sie froh, als sie endlich bei der Party ankamen. Und wie Maya prophezeite, es waren viele hübsche Mädchen anwesend, die ebenso schwarz gekleidet waren wie Maya, Mariko und Ren-jie. Manche der Partygäste hatten sich auch bleich geschminkt und trugen unter anderem schwarzen Lippenstift und schwarzen Nagellack, andere trugen sogar schwarze Perücken. Aber alle trugen schwarz, und es sah gar nicht mal so schlecht aus. „Faszinierend.“ meinte Ren-jie mit leicht gehobener Augenbraue, nahm eines der kleinen Klebeschilder am Empfang entgegen und schrieb ihren Namen darauf, klebte es sich unter den weiten Ausschnitt. „Du hörst dich fast an wie Spock aus Raumschiff Enterprise.“ lächelte Maya, tat es ihr gleich und half auch Mariko. „Ihr braucht euch keine Sorgen machen dass ihr irgendwelche schwarze Poesie rezitieren müsst, das machen nur die Emos. Naja, zumindest in den USA.“ erklärte sie weiterhin und führte die Beiden, wobei sie Marikos Rollstuhl schob, zur Bar, an Welcher sie sich jeder ein Glas mit alkoholfreiem Wein nahmen, wobei Ren-jie den Wein sofort am Geruch erkannte. „Ein Merlot. Ich wusste gar nicht, dass es den auch in Alkoholfrei gibt.“ meinte sie und nahm noch eine Geruchsprobe, wollte gerade einen Schluck trinken, da bemerkte sie einen sehr ansprechenden Geruch nach Lakritze und Kirsche. „Nanu?“ machte sie und roch noch einmal daran. Sie hatte sich nicht getäuscht. Der Wein roch nach Absinth. Eilig stellte sie ihr Glas wieder an die Theke, nahm auch Die von Mariko und Maya ab. „Lasst das lieber. Jemand hat Absinth in den Wein gemischt.“ meinte sie auf die Entrüstung ihrer beiden Freundinnen hin. Ganz in ihrer Nähe verzog jemand das Gesicht vor Wut und Enttäuschung. „Entschuldigung? Wir hätten gerne etwas aus einer frisch geöffneten Flasche. Unser Wein hat eine unangenehme Note.“ bat Ren-jie den Barmann, welcher zwar etwas missmutig die Gläser zurücknahm und eine neue Flasche öffnete.
 

Da dieser Wein nicht zu beanstanden war, tranken die 3 Freundinnen ein Wenig und genossen die Musik. Es war kein Death-Metal und kein Punk-Rock wie befürchtet sondern eher, etwas wie dunkle Romantik, Bands wie Evanescence, H.I.M. und Nightwish wurden aufgelegt und obwohl es sehr dunkel in der Halle war, durch die aufflackernden Stroboskope und farbigen Scheinwerfer konnte man schon ein Wenig erkennen. Auf einmal hörte Ren-jie etwas, einen erschrockenen Aufschrei. „Entschuldigt mich mal eben, ich muss mal kurz etwas erledigen.“ meinte sie, drückte Maya ihr Glas in die Hand und ging in die Richtung, aus welcher der Schrei kam. Schnellen Schrittes, aber nicht zu auffällig schlängelte sie wie eine Schlange durch die Menge und fand schließlich die Quelle des Aufruhrs. Auch Andere hatten sich langsam zu der Quelle umgewandt: Es waren ein blauhaariger junger Mann, den Ren-jie gut kannte, sowie ein Mädchen mit langen, schwarzen Haaren und im schwarzen Kleid, das von ihm belästigt wurde.
 

„Mir scheint eine gebrochene Nase war nicht genug für dich. Wie wäre es dann mit Rührei? Ich könnte auch Eier-Röllchen daraus machen.“ meinte die Rosahaarige hinter ihrem Fächer. Erbleicht drehte sich der Junge zu ihr um und erstarrte. Ja, sie erkannte ihn, es war dieser lüsterne Flegel, der ihr vor 2 Wochen aufs Mädchenklo gefolgt war. „Nicht du schon wieder.“ „Lustig.“ lächelte Ren-jie und klappte den Fächer zusammen, senkte ihn leicht, „Ich wollte gerade das Selbe sagen, auch wenn ich ehrlich gesagt keine Wut empfinde, sondern mehr Überraschung. Außerdem würde ich von der Dame ablassen, denn sie ist die mehrmalige Kanto-Jugendmeisterin in Karate. Und ihre Begleitung ist ebenfalls Kampfsportlich aktiv, genau wie ich. Und 3 gegen Einer wäre nur fair, wenn ich die Eine währe.“ „Muay Thai kann nämlich auch gegen mehr als einen Gegner verwendet werden.“ lächelte ein junger Mann im schwarzen Anzug und mit schwarzem Hut. Für einen Moment blieb Ren-jie das Herz stehen, sie dachte einen Geist zu sehen. Doch als der junge Mann seinen Hut hob, erkannte sie dass es gar kein Mann war, denn vielmehr ein Mädchen mit einer Oberweite so flach wie ein Brett. Verzweifelt sah der Blauhaarige zwischen den 3 Mädchen hin und her, ließ schließlich von der Schwarzhaarigen ab und suchte das Weite. „Welch ein Mistkerl. Beim nächsten Mal serviere ich ihm seine Eier als Omelette. Auch wenn er Geschmack zu haben scheint.“ murmelte die Rosahaarige, entfaltete erneut ihren Fächer und wandte sich zu den anderen Beiden um. „Woher wusstest du… dass ich Karate kann?“ wollte das schwarzhaarige Mädchen wissen, doch ihre Begleiterin lieferte schnell eine Erklärung: „Vermutlich hat sie mal von dir gelesen, Ran. Du bist immerhin Bekannt wie ein bunter Hund unter den Kampfsportlern Japans.“lLächelte sie mit hervorstehendem Fangzahn und nahm den Hut ab. Renjie hatte sich nicht getäuscht, es war ein jungenhaftes Mädchen im schwarzen Anzug. „Aber woher wusstest du dass ich auch Kampfsport mache?“ „Wir haben alle die gleiche Körpersprache, die gleiche Haltung. Und ich kenne die Haltung jedes einzelnen Kampfsportes. Übrigens, mein Name ist Di Ren-jie, Nachfahrin des berühmten Richters Di Renjie aus China. Du bist Ran Mouri, Tochter von Kogoro Mouri, dem schlafenden Meister-Detektiv, nicht wahr?“ fügte sie an die schwarzhaarige gewandt hinzu, welche nur überrascht nickte. „J-ja. Woher weißt du das?“ „Wie deine Freundin schon sagte, ich habe einmal einen Bericht über dich in der Tageszeitung gelesen. Wenn ich einmal etwas lese, sehe oder in irgendeiner anderen Weise wahrnehme, bleibt es für immer in meinem Gedächtnis. Ich vergesse nie ein vergangenes Ereignis, egal wie unwichtig es erscheinen mag. Ach äh, und du bist?“ fragte sie nun Rans Begleiterin, welche negativ überrascht mit weit aufgerissenen Augen zusammenzuckte. „Moment, du hast nie über mich gelesen!? Über die geniale Schülerdetektivin Masumi Sera!?“ „Nein… nicht dass ich wüsste…“ schüttelte Renjie nachdenklich den Kopf und überflog im Geiste noch einmal die Zeitungen der vergangenen 4 Wochen. „Der einzige geniale Schülerdetektiv von dem ich gelesen habe war Heiji Hatori… und natürlich meine Wenigkeit… aber weder den Namen Sera, noch den Namen Masumi kann ich hier irgendwo lesen… nein, nichts. Auch nicht in der Zeitung von vergangener Woche… auch von gestern nicht, überhaupt nichts.“ schüttelte sie weiterhin den Kopf. Deprimiert ließ Masumi den Kopf hängen. „Na toll, so uninteressant bin ich also.“ „Würde ich nicht sagen. Die Mädels fliegen sicher Reihenweise auf dich, wenn sie nicht wissen dass du auch ein Mädchen bist. Und wenn da die Eine oder Andere Maya dabei ist, könnte es sogar was mit euch werden. Immer vorausgesetzt du hast Interesse an Mädchen, versteht sich.“ Damit drehte sich Ren-jie von den beiden Weg und sah zufällig zum Pult des DJ. „Was ist? Erinnerst du dich etwa gerade an etwas?“ „Nein, mir ist nur gerade eine Idee gekommen. Hat eine von euch zufällig den alkoholfreien Wein getrunken?“ „Nein, ich habe mir nur einen Saft geholt. Ich war da ein Wenig misstrauisch. Außerdem ist meine Mutter Anwältin, ich würde richtig Ärger kriegen wenn ich auch nur ein Bisschen Alkohol trinken würde.“ verneinte Ran dies. Masumi jedoch sah zu ihrem Glas und hob es an. „Was soll damit nicht stimmen?“ „Ich glaube dass jemand Absinth in den Einen oder anderen Wein gemischt hat. Ich habe da eine Idee.“
 

Die Musik verstummte und überrascht sahen Alle, auch Mariko und Maya, zum DJ-Pult. Sie erblickten ihre gemeinsame Freundin da oben, wie sie den DJ mit ihrem Krallen-Ring an der Kehle bedrohte. „Ruhig mein Freund, sonst setzt es was.“ ermahnte sie ihn eiskalt und nahm sich das Mikrophon. „Entschuldigt bitte die Unterbrechung, aber ich habe eine dringende Frage an euch alle.“ „Oh nein…“ schlug Maya die Hand vor den Kopf, doch Mariko wollte hören was ihre erste Freundin seit Jahren zu sagen hatte. „Mein Name ist Ren-jie und als ich etwas Wein trinken wollte, fiel mir ein sehr ansprechender Geruch nach Lakritze und Kirsche auf. Jedoch befinden sich in Merlot keine Kirschen. Hat noch jemand diesen sehr ansprechenden Geruch in seinem Getränk bemerkt?“ Überrascht sahen Maya und Mariko, wie viele Leute die Hand hoben. „Ich empfehle nicht in Panik auszubrechen, jedoch ist es möglich dass die von euch, die davon getrunken haben demnächst Vergiftungs-Erscheinungen aufweisen könnten. Ich hoffe dass in Anführungsstrichen nur jemand etwas Absinth in die nicht alkoholischen Getränke getan hat, befürchte jedoch ein sehr starkes Gift das nur in Kombination mit Alkohol tödlich ist. Ich bitte deshalb darum, dass jemand den Notruf wählt und einen MANF anmeldet. Bis die Rettungskräfte hier sind, wird bitte niemand den Saal verlassen, vielen Dank.“
 

Sowohl die Kriminal-Polizei, als auch der Rettungsdienst kam sehr schnell nachdem Renjie darum gebeten hatte, aber zum Glück wies niemand auch nur ansatzweise Vergiftungserscheinungen auf. „Und wie bist du auf das Gift gekommen?“ wollte Inspektor Megure von der rosahaarigen Brillenträgerin wissen, doch diese gab sich künstlich dumm. „Nun, ich las vor kurzem in einem Magazin, dass es ein Gift gibt, das einen sehr ansprechenden Geruch nach Kirsche und Lakritz hat. Und da auch Absinth, ein hochprozentiger Wermut-Likör aus Europa, je nach Hersteller und Rezeptur auch nach Lakritze riehen kann, war ich nicht sicher ob es nur ein dummer Streich, oder ein Anschlag war. Auch stand in dem Bericht dass die Wirkung erst in Kombination mit Alkohol eintritt. Da aber die Meisten hier aussehen als wären sie unter 21 haben wir nur alkoholfreien Wein, Wasser, Cola oder Saft getrunken.“ „Hm ich verstehe…“ nickte der Inspektor, da rief ihm schon einer der Kommissare von hinter der Bar etwas zu. „Inspektor! Sehen sie mal was ich gefunden habe!“ neugierig gingen Megure, Ran, Renjie und Masumi zur Bar, sahen wie ein rundlicher junger Kommissar ein kleines Fläschchen auf die Theke stellte. Er hatte es aus der Westentasche des Barkeepers. Das Fläschchen war aus Weißglass und die Flüssigkeit war klar und durchsichtig, jedoch farblos. Vorsichtig nahm Ren-jie mit der behandschuhten Hand das Fläschchen, öffnete es und roch daran. „Lakritze und Kirsche.“ stellte sie fest, worauf schon die Handschellen beim Barmann klickten. „Ich vermute dass er Homophob ist. Während sie auf dem Weg waren, haben Maya und Mariko mir geholfen indem sie die Leute, die von dem präparierten Zeug getrunken haben, befragt haben. Dabei kam heraus, dass die Meisten in Begleitung des gleichen Geschlechts hier hergekommen sind, so wie eben wir 3 oder auch Ran und Masumi. Vermutlich hat er gedacht, wir wären Homosexuelle Paare. Ich kenne genug Menschen, die Schwule und Lesben töten würden.“ „Kann ich nur bestätigen.“ nickte Masumi. „Ist das wahr?“ hakte der Inspektor bei dem Barmann nach, doch dieser schwieg eisern. „Wie auch immer, ich habe nur noch eine Frage: Woher haben sie das Gift?“ „Von so einer Kleinen im schwarz-roten Kleid.“ Knirschte er nur und es war wieder, als würde bei Ren-jie das Herz kurz aussetzen. Sie sah vor ihrem geistigen Auge unweigerlich die Gesichter von Zwillings-Schwestern, die sie gut kannte. Während die Polizei den Barmann abführte, wurde die Party aufgelöst und Masumi stellte erschrocken fest, dass aus Ren-jies Gesicht eine Menge Farbe gewichen war. „Hey, alles in Ordnung mit dir? Du siehst gerade aus wie halb verdaut und ausgespuckt…“ Sich an Marikos Armlehne festhaltend ließ sich die rosahaarige langsam zu Boden gleiten. „Ich glaube, ich brauche doch einen Arzt…“ meinte sie.
 

Der Notarzt stellte nur fest, dass ihr Blutdruck abgesackt war und hatte ihr etwas gegen Übelkeit und den niedrigen Blutdruck gespritzt. Keine 10 Minuten später waren die 3 schon wieder auf dem Weg nachhause, gefahren von Mayas Bekanntem. Ohne jedoch ein Wort zu sagen, half Ren-jie ihrer behinderten Freundin ins Haus und ging dann den restlichen Weg zu Fuß. Ihr spukten noch immer die Bilder ihres Flashbacks durch den Kopf. Ein schwarzrotes Kleid, das passte auf diese 2 Mädchen, deren Leben sie vor so vielen Jahren gerettet hatte und von denen sie dachte sie wären in den USA untergekommen. Maya wollte sie ursprünglich begleiten, doch als sie abermals Ren-jies finstere Aura sah, beschloss sie mit ihrem Bekannten vor zu fahren.
 

Als die Bilder endlich aus ihrem Kopf raus waren, war sie auch schon vor ihrer Haustür, jedoch war einer ihrer Absätze abgebrochen und sie musste nun ohne Schuhe den Rest des Weges beschreiten, doch es war ihr egal. Alles was sie jetzt noch wollte, war ein heißes Bad, ein Happen zu Essen und ihr Bett. Doch es kam anders. Kaum hatte Ren-jie die Tür geöffnet, da stand vor ihr ein Mann den sie eigentlich so selten sehen wollte wie möglich: John Smith von der CIA. „Ren-jie, wir müssen reden. Es geht um ihre, nennen wir sie mal, Cousinen.“ Entgeistert ließ die rosahaarige Brillenträgerin ihre Schuhe und ihre Handtasche fallen. „Wollen sie mich verarschen!?“
 


 

Nächstes Mal bei Detective Di: Ren-jie bekommt unerwünschten Besuch von einem alten Bekannten, der ihr gleich 2 andere Bekannte aufs Auge drückt. Am darauffolgenden Tag statten ihr dann auch die Detektiv-Boys einen Besuch ab, bei denen Ren-jie sofort 2 der Mitglieder an den Gesichtern erkennt. Doch am Abend kommt es zu einem Zwischenfall mit weitreichenden Konsequenzen. Wer ist dieser Besucher? Und was war das mit den Cousinen? Bleibt gespannt, denn es gibt immer nur eine Warheit.

Société Rouge Teil 1

Letztes Mal bei Detective Di: Ren-jie, Mariko und Maya sind zu einer Party eingeladen. Bei den Vorbereitungen, stellen Maya und Mariko jedoch fest, dass Ren-jie das gleiche Merkmal wie de berüchtigte Auftragsmörderin „Drachenlady“ auf dem Rücken trägt. Auf der Party kommt es dann zu einem Vorfall, der sich zum Glück als blinder Alarm herausstellt. Doch nach der Party, reißen die Probleme für Ren-jie nicht ab…
 


 

Die falkengelben Augen des CIA-Agents schienen Ren-jie zu durchdringen, so kalt war der Blick. Der Ihre war aber auch nicht ohne, sie wirkte im Moment, als wolle sie den Mann ermorden. „Sagen sie was sie von mir wollen und dann verschwinden sie. Mit ihrer Regierung habe ich nichts mehr am Hut. Und bei der Gelegenheit können sie die Zivilisten die hier mit mir wohnen auch gleich abziehen.“ „Sie haben eine ebenso scharfe Zunge wie früher, Miss Di. Oder sollte ich sie lieber Ming, Sei-La, Mei oder Lotus nennen? Sagen sie es mir.“ Mit einem eiskalten Blick zog Ren-jie aus ihrer Handtasche ihren Fächer. „Wissen sie was es mit diesem Fächer auf sich hat, Mister Smith?“ fragte sie in ruhigem, eisigem Ton der selbst das Feuer der Hölle hätte gefrieren lassen können. Smith schüttelte nur langsam und bedächtig den Kopf. „Das hier.“ Mit einem leichten Schwung aus dem Handgelenk ließ Ren-jie den Fächer auseinander klappen und Klingen hervorschnellen. „Ein Klingenfächer. Die Klingen sind mit Kurare versetzt. Was Kurare bewirkt brauche ich ihnen ja wohl nicht erklären. Ihre Leute benutzen es ja insgeheim auch, nicht wahr? Alternativ könnte ich auch ein Datura-Gemisch benutzen.“ „Ich verstehe. Bevor sie mich aber töten, hören sie mir zuerst einmal zu, ja? Es geht wie ich schon sagte um diese beiden Mädchen. Sie werden ab heute bei ihnen leben, zusammen mit ihnen. Sie werden die Beiden überwachen, verstanden? Sie sind in der Mittelschul-Abteilung ihrer Schule angemeldet, unter den Namen Guang-se und Djing-hui.“ „Die Söhne von Richter Di. Ich verstehe.“ nickte Ren-jie und fuhr die Klingen in ihrem Fächer wieder ein, klappte ihn wieder zu. „Warum ich? Habe ich nicht gesagt, dass ich mit den USA und vor allem ihrer CIA nichts mehr zu tun haben will?“ „Vergessen sie den Deal nicht, Lotus.“ ermahnte der Agent sie scharf und erhob sich langsam. „Und noch etwas: Die Beiden sind gerade in der Wohnung über dem Restaurant eingetroffen. Und ihre beiden Cousinen, die Töchter ihres Onkels Han, befinden sich in dem Zimmer, in dem sie sich für gewöhnlich aufhalten, Lotus. Oh, ihre Ausrüstungs-Kammer ist übrigens unangetastet, Lotus.“ „Nennen sie mich noch einmal so und ich zeige ihnen am eigenen Leibe wie ich jemanden nur mit einem einzigen Handgriff umbringen kann, ohne Hilfsmittel oder Waffe.“ „Wie auch immer.“ lächelte Smith und nahm seinen Hut vom Tisch. „Dies wird nicht unser letztes Treffen sein, Frau Detektivin. Wir treffen uns sicher bald wieder. Ciao.“ winkte er auf Englisch und ging zur Tür hinaus. Mit pochenden Schläfen ließ sich Ren-jie auf ihr Sofa fallen und legte einen Arm über ihre Augen. Es störte sie nicht einmal, dass sie dabei ihre Brille auf der Nase verbog und sie hart gegen ihre Nasenwurzel drückte. Sie wollte jetzt einfach nur schlafen.
 

Leise schlichen 2 rosahaarige Mädchen an diesem Morgen runter zum Wohnzimmer und hinter das Sofa von Ren-jie. „Was meinst du? Schläft Schwester Ren-jie hier unten Nackt?“ fragte das eine Mädchen ihre offensichtliche Zwillingsschwester frech lächelnd auf Kantonesisch. Die Andere lächelte einfach zurück. „Sicherlich. Tut sie doch immer.“ antwortete sie und erhob sich mit ihrer Schwester langsam. Neugierig sahen sie auf die schlafende Ren-jie herab. „Wenn ihr auch nur daran denkt… bringe ich euch um.“ hörten sie die dunkelhäutige Rosahaarige grummeln, bevor ihre Augen unter ihrem Arm hervorkamen, so kalt wie das eisige Nichts. Selbst den Beiden jagte ein kalter Schauer über den Rücken. Ja, Ren-jies Blick war in der Tat kälter als Eis.
 

Nach ihrer morgendlichen Dusche, hoffte Ren-jie natürlich dass sie sofort frühstücken konnte, jedoch wurde sie enttäuscht. Keiner der beiden Zwillinge hatte etwas gekocht oder zumindest ansatzweise zubereitet. „Auch wenn ich in der Vergangenheit lebe, ich widerhole mich nur äußerst ungerne: Ich wollte nach meiner Dusche etwas essen und jetzt stelle ich fest, dass ihr beiden unfähig seid. Nicht einmal kochen könnt ihr.“ „Tut uns Leid Schwester…“ gaben die Zwillinge geknickt und wie aus einem Munde von sich. Schwer seufzend kratzte sich die Dunkelhäutige am Hinterkopf. „Ich hätte es wissen müssen, ihr habt euch schon damals nur für mich, Gift und Messer interessiert. Ich denke, ich muss euch wohl einen Kochkurs geben. Und zwar keinen Erotischen!“ fügte sie hinzu, als die Zwillinge gerade ihre Pyjamas ausziehen wollten. „Und vor allem nicht heute…“ Sich die schmerzende Nasenwurzel reibend wandte sich Ren-jie wieder um. „Ich gehe nach oben und hole meine Ersatz-Brille. Und dann gehe ich in die Garage und arbeite das erste Mal seit Wochen an meiner Maschine weiter. Wenn ihr euch nützlich machen wollt, dann macht mir ein paar Sandwiches. Ich will nämlich zwischendurch etwas essen. Einverstanden?“ „Ja, Schwester…“ nickten die Zwillinge. „Und lasst euch etwas einfallen wie man euch auseinanderhält. Macht euch meinetwegen Strähnen oder was weiß ich.“ Endete sie und ging wie immer halb nackt in ihr Zimmer. Die Köpfe hängen lassend sanken die Zwillinge auf die Knie.
 

Am späten Vormittag hockte Ren-jie in der Garage und arbeitete an einem alten Motorrad mit Beiwagen, einem Modell aus den 1970ern das nur noch selten zu finden war. Sie hatte ihren Motorradschein schon vor längerer Zeit gemacht, und ihre Maschine, sogar der Beiwagen, waren von der Zulassungsstelle genehmigt und zugelassen worden. Nun saß sie wie gesagt an ihrer Maschine, am Getriebe und war schon ganz mit Öl beschmiert. Für sie ungewöhnlich tat sie dies nicht ihn ihrem üblichen Kleid, sondern in einem Blaumann, den sie sich extra dafür zugelegt und in der Garage gelagert hatte. Ihr Hund Liu Bei lag im Vorgarten und behielt das Tor der Einfahrt im Auge und der schwarze Kater Mao sonnte sich auf dem Garagendach. „Hallo Renjie!“ rief auf einmal jemand und sie rutschte mit dem Ringschlüssel ab und wurde im ganzen Gesicht mit Motoröl bespritzt. Mit Öl beschmiert und die Brille vollkommen schwarz sah sie nach dem kurzen Ölschwall auf. „Klasse. Motoröl und Schweiß… hört sich wie ein schlechter europäischer Erotik-Streifen an.“ murmelte sie und nahm sich die Brille ab, sah mit zusammengekniffenen Augen zum Einfahrtstor. Sie konnte die Umrisse von Mayas pinkem Haarschopf sehen, war sich aber sicher Marikos Stimme gehört zu haben. „Verdammte Kurzsichtigkeit… Kommt rein! Das Tor ist offen und Liu Bei kennt euch ja!“ rief sie, da öffnete sich das Tor und nun erkannte sie auch die Umrisse von Marikos Rollstuhl. Nur für einen Moment hob der große Hund seinen Kopf, legte ihn aber sobald er Maya und Mariko erkannt hatte wieder auf die überkreuzten Tatzen. „Wow, das ist ja mal ein echt schickes Maschinchen. Deine oder Die deines Vaters?“ „Meine.“ antwortete Renjie knapp, las einen Lappen neben sich auf und wischte sich zuerst das Öl von der Brille, dann vom Gesicht. Als sie endlich wieder gucken konnte, waren da nicht nur Mariko und Maya, sondern auch ein paar Kinder. „Wer sind diese Kids?“ „Äh… tja…“ schwitzte Mariko und im gleichen Moment klopfte sich eines der Kinder, deutlich größer und dicker als die anderen, leicht auf den Bauch. „Wir sind die berühmten Detective-Boys!“ verkündete er, doch Ren-jie achtete nur auf 2 der Kinder: Ein Mädchen mit leicht gelockten braun-roten Haaren und blauen Augen, und einen schwarzhaarigen Jungen mit Brille. Bei ihm schien es sich aber nicht um einen wirklichen Brillenträger zu handeln. Und schlagartig erinnerte sie sich an 2 Gesichter aus 2 Akten, als sie vor einiger Zeit noch Besprechungen mit der Gesellschaft beiwohnte. „Ah, ich verstehe…“ lächelte sie, sah wieder zu allen. „Tut mir Leid dass ihr mich so sehen müsst. Ich wollte an meiner alten Bess weiter arbeiten, um einen freien Kopf zu bekommen. Aber irgendjemand musste mich ja unterbrechen.“ „Bess, he?“ machte das Mädchen mit den rotbraunen Haaren und trat näher, da hob der Hund Liu Bei leise knurrend den Kopf. Sofort rief Ren-jie ihm etwas auf Mandarin zu, worauf sich der Bärenhund aufrichtete und mit verschlafenem Blick in die Einfahrt setzte. Erschrocken wich das Mädchen im gleichen Moment einen Schritt zurück. „Keine Angst, er reagiert nur auf Befehle in Mandarin. Ich habe ihm ‚Merke‘ zugerufen, also nähert ihm euch langsam und haltet eine Hand hin. Er merkt sich dann eure Gerüche.“ erklärte die Rosahaarige mit dem dunklen Teint. Ein klein wenig zögernd hielt das Mädchen mit den rotbraunen Haaren ihre Hand dem Hund hin. Einen Moment geschah nichts, dann erhob sich Liu Bei und schnüffelte vorsichtig an ihrer Hand. „Aber lass dir nicht…“ wieder kam Ren-jie nicht weiter denn wieder hatte ihr Hund jemandem mit seiner Tellergroßen Zunge über das Gesicht geleckt. „Ich habe ein paar Feuchttücher in meiner Notfalltasche dabei.“ meinte Mariko in diesem Moment seufzend.
 

Nicht lange und Liu Bei hatte sich die Gerüche von allen gemerkt und lungerte nun wieder im Vorgarten herum, während Ren-jie für alle Tee gemacht und sich wieder umgezogen hatte. „Ich habe meine Maschine Bess genannt. Und ich finde dass der Name passt. Immerhin stammt die aus den 70ern.“ erklärte Ren-jie, setzte sich mit überschlagenen Beinen auf die Couch und sah die begeisterten Kinder an. Nun ja, bis auf den Jungen mit der Brille und dem Mädchen mit den blauen Augen waren sie begeistert. „Sag mal Renjie,“ begann der Dürre von den 3 übrigen Kindern und zeigte dabei auf ein Instrument, eine Guzheng, das in einer Ecke stand, „Kannst du das da überhaupt spielen?“ „Aiya, ich bin zwar etwas eingerostet, aber die eine oder andere chinesische Oper dürfte ich noch hinbekommen. Oder auch den einen oder anderen Enka.“ Das Mädchen mit den rotbraunen Haaren schnaubte nur verächtlich und nahm einen Schluck Tee. „Wenn du so eingerostet bist, warum kannst du das dann noch?“ „Einmal gelernt, junge Dame, dann erinnere ich mich jederzeit, an jedem Ort, an alles. Man nennt es Hyperthymesia… in der Kurzform. Stell dir einfach vor, dass unser Gedächtnis wie eine Video-Kamera ist und ich parallel zur Aufnahme alles aufgenommene noch einmal ansehen kann, wenn ich will. Wenn es euch interessiert, auf der Welt gibt es insgesamt 4 von 200 Menschen, bei denen Hyperthymesia glaubhaft bestätigt wurde.“ „Tatsächlich sind es nur 3.“ korrigierte der Junge mit der Brille, worauf Renjie sich nur triumphierend zu ihm umwandte. „Nein, es sind 4. Ich habe mich mitgezählt. Ich bin offiziell von Hirnforschern der WHO bestätigt worden. Lange Geschichte, aber es endet damit, dass ich als Wunderkind gelte. Und ich bin es Leid, als Solches zu gelten. Gut, ich brauche nicht ewig lernen, aber ich erinnere mich jederzeit an meinen ersten Badeunfall in Osaka. Seitdem gehe ich nicht ohne Absicherung auch nur in einen Pool. Klingt albern, aber seit 10 Jahren bin ich nicht mehr geschwommen. Nicht einmal in der Badewanne.“ zwinkerte sie dem Jungen mit der Brille zu und wandte sich ab, wieder mit traurigem Blick zu ihrem geliebten Instrument. Dem jungen Brillenträger entging dies durchaus nicht. „Spiel doch was! Dir fällt doch sicher noch irgendein Lied ein, oder?“ Stark schwitzend sah Ren-jie wieder zu dem dürren Jungen mit den Sommersprossen. „N-nun ja… mein Problem ist das Lampenfieber… hab mal Tomaten in der Dose an den Kopf geschmissen bekommen, seitdem spiele ich nicht mehr vor Publikum. War damals wirklich schlecht. Hängt mit meiner Hyperthymesia zusammen.“ erklärte sie aber es war eindeutig, dass die Kinder ihr nicht glaubten. Erlöst wurde sie schließlich aus Richtung der Küche. „Hey Kids! Ich hab Pancakes gemacht! Wollt ihr auch welche!?“
 

Ein spätes Frühstück zum frühen Mittag, alle waren begeistert, besonders die Kinder. Und Ren-jie war zufrieden etwas Handfestes in den Magen zu kriegen und nicht nur den einen Apfel aus der Obstschale in der Küche. „Und Kids? Wie schmeckt‘s?“ „Gar nicht so übel.“ gestand das Mädchen mit den rotbraunen Haaren leicht lächelnd. „Allerdings fehlt der Ahorn-Sirup.“ „Oh, den habe ich in der Speisekammer. Wartet, ich hole ihn schnell. Die Speisekammer ist unten im Keller.“ gab die rosahaarige Brillenträgerin schnell zurück und verließ die Küche. „Naja, Renjie kocht normaler Weise selbst, aber die Pancakes kann sie auf keinen Fall so machen wie ich. Ist nämlich ein altes Familienrezept meiner Grandma. Nur meine Gandma und ich kennen es noch. Ist schon über 200 Jahre alt. Naja, egal.“ „Verstehe.“ nickte Conan und versuchte herauszuschmecken, was das besondere an den Pancakes war. „Versuch es nicht erst. Wenn ich das schon nicht hinkriege, dann du auch nicht.“ ermahnte ihn Ai, „Außerdem frage ich mich, was es mit diesen beiden Mädchen da auf sich hat.“ Mit großen Augen und dicken Pancakes in den Backentaschen sahen die Zwillinge Guang-se und Djing-hui sie an. „Jetzt da du es erwähnst, ich hab sie auch noch nie gesehen. Und Ren-jie hat auch noch nie was von Cousinen erwähnt, oder von Schwestern. Und die 2 waren ziemlich allein in der Küche. Sie waren vollkommen überfordert und waren mir richtig dankbar, dass ich das Kochen übernommen habe.“ fügte Maya noch lächelnd hinzu, worauf sich die Zwillinge verwundert ansahen. „Also? Wer seid ihr 2? Wie seid ihr mit Renjie verwandt?“ Wieder sahen sich die Zwillinge an, jedoch dieses Mal eher ratlos. Es schien, dass sie kein Wort verstanden. „Die beiden sind meine Cousinen. Ich rede nicht gerne über sie, weil ich kaum Kontakt zu diesem Zweig meiner Familie habe.“ antwortete Renjie kühl von der Küchentür aus und hielt eine Flasche Ahornsirup hoch. „Das einzig sinnvolle was mein Onkel Han, ich glaub ich habe schon mal von ihm gesprochen, zustande gebracht hat, war den Beiden beizubringen nicht mit vollem Mund zu reden. Übrigens, die Pancakes sind super. Ich würde gerne das Rezept haben, natürlich nur wenn du es mir überlässt meine Liebe.“ „Keine Chance.“ grinste Maya und kreuzte die Arme vor der Brust. „Wär auch zu schön gewesen…“
 

Gesättigt saßen alle beisammen, so auch der schwarze Kater Mao, welcher sich im Wohnzimmer vor den Kamin an Liu Bei gekuschelt hatte und zufrieden schnurrte. „Mao ist das Nesthäkchen unserer Familie.“ erklärte Ren-jie, zeigte den Kindern einen simplen Zaubertrick den sie zusammen mit Mariko mal einstudiert hatte. Bis auf Conan und Ai waren alle, sogar die Zwillinge, begeistert. „Er ist uns kurz nach unserem Einzug mehr oder weniger zugelaufen. Da gab es dieses schwere Sommergewitter, vielleicht erinnert ihr euch? Liu Bei hat ihn vor dem Kamin abgelegt als wir ihn gerade hier reinholen wollten.“ „Und dann habt ihr ihn aufgepäppelt, nicht wahr?“ folgerte Conan, worauf die rosahaarige Brillenträgerin knapp nickte. „Ai-ya, so ist es. Er entfernt sich nie weit vom Haus und ist zu den Malzeiten immer wieder zuhause. Und über Nacht bleibt er sogar hier unten vor dem Kamin. Ich hab vergangene Nacht im Wohnzimmer geschlafen, da hat sich der Schlingel einfach auf meinen Bauch gelegt und ist einfach eingeschlafen. Erst kurz bevor ich durch die Zwillinge geweckt wurde ist er aufgewacht und zum Katzenklo.“ „Ähm, wo wir gerade vom Katzenklo sprechen…“ warf Mariko peinlich berührt ein, begann sich in ihrem Rollstuhl zu winden, „Ich frage dich nur ungern, aber ich müsste mal auf die Toilette…“ „Warte, ich trage dich.“ seufzte Ren-jie, nahm erst die Tasche unter dem Rollstuhl heraus und dann ihre schwarzhaarige Freundin. „Wir sind gleich wieder da, einen Moment bitte.“ keuchte sie und eilte mit Mariko die Treppen hoch zum Badezimmer. „Mariko hat nicht die gleiche Kontrolle über ihre… Körperfunktionen wie wir Anderen. Von der Hüfte abwärts spürt sie beinahe nichts. Selbst meine Hexenkünste können nichts dagegen tun.“ Erklärte Maya etwas traurig, sah dann aber die verwunderten Gesichter der Kinder und der Zwillinge. „Oh, ich bin eine Hexe. Keine Sorge, ich belege niemanden mit Flüchen oder verwandle Leute in Kröten oder Schnecken oder sowas. Ich kann nur passiv Hexenkunst benutzen, Kräutertränke, Hexenbeutel und Schutzzauber. Es gibt eben weiße Hexenkunst und Schwarze Hexenkunst.“ „Und du bist also eine weiße Hexe, ja?“ hakte Mitzuhiko nach, worauf Maya eifrig nickte. „Ja klar! Hexenkunst unterliegt aber strengen Regeln! Wer Blutmagie oder ähnlich Dunkles benutzt, der riskiert seine Menschlichkeit! Ich könnte jetzt ewig darüber lamentieren, aber das wäre einfach nur müßig. Sagen wir einfach, dass ich meine Seele noch ein Wenig behalten will.“ „Wer sich mit den Hexen von Salem anlegt, der lebt gefährlich.“ meinte Ai. „Du hast also Stephen Kings ‚Brennen muss Salem‘ gelesen, he? Wie kommt ein kleines Kind von gerade mal 8 Jahren an so unheimlichen Stoff?“ fragte einer der Zwillinge. Conan fing stark an zu schwitzen, doch Ai schien die Ruhe selbst. „Meine Eltern waren Schriftsteller und noch dazu Fans von Stephen King und R.L. Stine. Ich selbst habe auch lieber Stine gelesen, obwohl Beide ziemlich weit Oben auf der Bestseller-Liste des Grusel-Genres mit jeweils ungefähr 400 Millionen verkauften Büchern sind.“ „In Amerika?“ hakte Conan nach, worauf Maya abwinkte. „Nein, leider nur weltweit, aber immerhin.“ Verschwitzt lächelte Conan nur noch. „Hehe… war ja klar…“ „Äh, ich muss mal aufs Klo. Wo geht es denn hier zur Toilette, Maya?“ „Hier unten, direkt neben der Treppe ist noch eine. Außerdem sehe ich an deiner Aura dass du lügst Kleiner. Du heckst irgendetwas aus, aber was soll‘s. Geh dich ruhig umsehen, ich bin nicht diejenige, die von Renjie ins Nirwana geschickt wird, wenn die falsche Tür geöffnet wird.“ Leichenblass überlegte der Brillenträger gleich wieder in die andere Richtung. Wenn die dunkelhäutige Chinesin auch nur annähernd so war, wie er gerade dachte, dann war einer von Rans Wutausbrüchen ein Fliegenschiss dagegen.
 

„Tut mir wirklich Leid dass ich dich darum bitten musste, Renjie, aber du bist die Einzige hier, die mich tragen kann. Und auch die Einzige, der ich in diesem Punkt vertraue…“ gestand Mariko, während Ren-jie sie stützte und ihr gleichzeitig eine frische Pants anzog. Es war unbequem für beide, doch Ren-jie wusste genau was sie tat, auch wenn es aussah, als würden sie sich jeden Moment küssen. „Das ist für mich keine große Sache, Schätzchen. Außerdem werde ich es einfach nicht müde deine Kurven zu spüren.“ „Renjie… das war unangebracht.“ lächelte Mariko verlegen zurück, doch sie gestand sich schon seit einiger Zeit ein, sie mochte es so dicht bei ihrer besten Freundin zu sein. „Wirklich? Das ist komplizierter als ich dachte. In meinen Mangas sind solche Sprüche Gang und Gäbe. Aber gut? Dann nehme ich dich eben einfach nur auf den Arm.“ Obwohl Mariko darauf vorbereitet war, so plötzlich wie Ren-jie sie auf die Arme gehoben hatte, war sie doch etwas erschrocken. „Siehst du? Ich nehm dich nur auf den Arm.“ „Renjie, das war ein dummes Wortspiel. Aber… äußerst passend.“ „Endlich etwas, das mal nicht kompliziert ist. Komm, gehen wir runter zu den Anderen. Außerdem muss ich unbedingt mit Liu Bei spazieren gehen, der Ärmste wird noch zu träge wenn er keinen Mittags-Spaziergang bekommt.“
 

Am Abend machte sich Agent Jodie Starling von der momentanen japanischen Zentrale ihrer Abteilung aus auf den Weg zu ihrem Auto. Kaum hatte sie die Fahrertür geöffnet, da stach sie etwas in den Hals. Natürlich schlug sie sofort aus Reflex drauf, als sie aber in ihre Hand sah war da nichts. „Sicher nur eine Mücke oder sowas. “ überlegte sie und setzte sich hinters Steuer. Sie wollte gerade den Schlüssel ins Zündschloss stecken, da konnte sie sich plötzlich nicht mehr bewegen. Erstarrt riss sie die Augen auf. „Guten Abend, Agent Starling.“ hörte sie eine Stimme aus dem Autoradio. Das war merkwürdig, denn eigentlich sollte das Radio jetzt gar nicht funktionieren, ohne eingeschaltet zu sein. Außerdem war die Stimme stark verzerrt. „Wie… was haben…“ „Ich habe sie vergiftet. Der Stich gerade eben, erinnern sie sich? Es war eine nur 0,5 Millimeter dicke vergiftete Nadel, die sofort beim Auftreffen zerbricht und keinen Einstich hinterlässt. Aber wie auch immer. Sie fragen sich sicher wer ich bin. Man nennt mich Oolong. Ich bin von der Société Rouge. Ein Wort der Warnung: Wenn sie weiter nach der schwarzen Organisation forschen, werden sie früher oder später auch auf unsere Organisation stoßen. Und wir sind in einigen Punkten noch schlimmer als die Organisation. In wenigen Minuten werden sie sich wieder bewegen können. Lassen sie sich meine Worte bis dahin durch den Kopf gehen, Agent Starling vom FBI.“ Das Radio schaltete sich ab. Zurück blieb eine erstarrte FBI-Agentin, die dringend ein Bad brauchte und unbedingt auf die Toilette musste.
 


 

Nächstes Mal bei Detective Di: Verwirrt kommt Ren-jie am Morgen zu sich und fragt sich, was am Vorabend passiert war. Doch es waren nur die Zwillinge. Aber was wollen Ai und Conan von ihr? Und wer sind die Personen, die Ren-jie kontaktiert? Und wer ist da bei Agent Smith? Bleibt gespannt, denn es gibt immer nur eine Wahrheit.

Société Rouge Teil 2

Letztes Mal bei Detective Di: Nach einer Party wird Ren-jie damit konfrontiert, dass die Zwillinge Guang-se und Djing-hui ab sofort bei ihr Leben werden. Die Zwillinge ihrerseits scheinen sehr von Ren-jie angetan zu sein. Am darauffolgenden Morgen, bekommt sie Besuch von Mariko, Maya und den Detective-Boys, erzählt den Kindern alles über ihr Syndrom. Doch am Abend, findet ein Angriff auf Agent Starling statt. Wer steckt nur dahinter…?
 


 

Spät am Abend klingelte Ein Handy im Haus von Professor Agasa. Dieser schnarchte natürlich lautstark in seinem Bett, doch die kleine Mitbewohnerin des Professors war noch wach und ließ am Computer eine Simulation für ein neues Gegengift für das APTX 4869 durchlaufen, nahm deshalb als Einzige das Handy ihres einzig weiteren Gastes ab. „Hier Ai?“ „Hello Little Lady, ist zufällig Conan In der Nähe? “ Es war Jodie Starling. Da sie das Gegengift gleich noch testen wollte, hatte sie Conan natürlich zu sich bestellt, welcher Ran und dem Alten sagte, der Professor hätte ein neues Spiel programmiert und er das Spiel testen sollte und wollte. „Ist er.“ nickte Ai und sah zur Seite, wo Conan mit dem Kopf auf einem Schreibtisch eingeschlafen war. „Er ist nur gerade nicht ansprechbar. Soll ich ihm was ausrichten?“ „Sure, frag ihn bitte ob er jemals von einer roten Gesellschaft gehört hat. “ Ein kalter Schauer jagte über Ais rücken. „Sagten sie gerade rote Gesellschaft? Wie in Société Rouge?“ „Du hast von ihnen gehört? “ „Allerdings.“ schwitzte Ai und war froh, dass Jodie sie durch das Telefon hindurch nicht sehen konnte. „Die rote Gesellschaft wurde vor etwa 6 Jahren aufgelöst, ich glaube die CIA hatte damit zu tun. Es war eine Söldnergruppe, Attentäter. Alle Mitglieder der Gesellschaft besaßen Codenamen, die allerdings an verschiedene Tee-Sorten angelehnt waren. Ist etwas passiert Agent Starling?“ „Ich hatte Besuch von jemandem mit dem Codenamen Oolong. Das bedeutet wohl…“ „Die Gesellschaft ist wieder zurückgekehrt.“ folgerten Beide. „Mehr weiß ich jedoch nicht, die Gruppe wurde wie gesagt vor 6 Jahren offiziell aufgelöst. Fragen sie bitte nicht woher ich das weiß, ich kenne nur wenige Details darüber. Zum Beispiel dass die zerstörte Zentrale der Gesellschaft im südlichen China lag. Aber das war es dann wirklich.“ „I see. Sag Cool-Kid von mir, er soll für eine Weile die Füße stillhalten. Die Société Rouge könnte ihn auf den Schirm kriegen. Und dann wäre er auf ihrer Black List. “ „Ich richte es ihm aus, verlassen sie sich drauf.“ nickte Ai und legte auf. Zur gleichen Zeit war auch die Simulation endlich durch.
 

Am nächsten Morgen wachte Ren-jie schon sehr früh auf. Wie immer lag sie nackt in ihrem Bett, spürte aber etwas Gewicht auf ihren inzwischen eingeschlafenen Armen und war verwirrt. Hatte sie es etwa wirklich geschafft, Maya und Mariko ins Bett zu kriegen? Nein, Mariko hätte sich geweigert, weil sie Angst gehabt hätte ins Bett zu machen und Maya… Naja, der Fall war klar. Es gab also nur eine Möglichkeit, wer da bei ihr lag: die Zwillinge. Aber da sie sich kaum bewegen konnte und Angst hatte sich bei der kleinsten Bewegung die Arme zu brechen ohne es zu merken, blieb sie einfach liegen und harrte der Dinge. „Toll. Natürlich müssen die Kröten zu mir ins Bett kriechen und sich auf meine Arme legen. Dann muss ich wohl warten bis sie aufwachen und aufstehen. Hoffentlich kommt jetzt kein Besuch vorbei. Es wäre ziemlich kompliziert das zu erklären, besonders da ich selbst keine vernünftige Erklärung habe.“ Seufzend schloss sie wieder die Augen und versuchte noch ein Wenig zu schlafen. Doch schon wurde ihre zweitschlimmste Befürchtung bewahrheitet: Es klingelte an der Tür und Liu Bei schlug natürlich an. „Hey! Wacht gefälligst auf ihr Kröten! Runter von meinen Armen!“ befahl sie und riss sich los. Eilig suchte sie sich einen BH und ein Spitzenhöschen heraus, bekam aber Probleme es anzuziehen, da sie ihre Arme noch nicht wieder spüren konnte. „Ach, verdammt!“ Nur mit einem Bademantel bekleidet öffnete Ren-jie die Tür, das Gefühl kehrte langsam wieder in ihre Arme zurück, also hatten die Zwillinge nicht so lange auf ihren Armen gelegen. Vor der Tür standen Ai und Conan, 2 der Kinder vom Vortag. „Guten Morgen Renjie, wir möchten mit dir sprechen.“ Überrascht blinzelte die dunkelhäutige Rosahaarige.
 

„Dein richtiger Name ist nicht Di Renjie, habe ich Recht?“ lächelte Conan im Wohnzimmer, während Ren-jie ihre Arme auf der Couch sitzend zur Durchblutung vorsichtig durchbewegte. „Wie kommst du darauf?“ wollte sie wissen. „Ganz einfach: Jemand mit Hyperthymesia würde nicht damit hausieren gehen. Außerdem hast du dich geweigert auf deiner Guzheng zu spielen. Ich glaube, dass du zur roten Gesellschaft gehörst, einer geheimen Söldner- und Attentäter-Organisation. Oder vielleicht gehörst du ja auch zur schwarzen Organisation? Wer bist du wirklich?“ „Ich bin jemand, mein lieber Conan, der erst vor einigen Minuten aufgewacht ist, weil sich 2 rosahaarige Kröten auf ihre Arme gelegt haben. Hör zu, ich gehöre nicht zur Gesellschaft und auch nicht zur Organisation, okay? Ich stehe mit der Société Rouge in Kontakt. Sie sind gute Auftraggeber, wenn es um Ermittlungen bezüglich möglicher Zielpersonen geht. Sie zahlen gut. Außerdem hat der CIA mir die beiden Kröten ins Haus geholt und meine Alibi-Familie umquartiert, nur um sie zu schützen. Aber meine Identität ist nicht euer einziges Anliegen, oder? Was wollt ihr wirklich?“ „Ein Agent vom FBI wurde gestern Abend vor der Zentrale in Tokio angegriffen und bedroht. Es wurde ein inzwischen nicht mehr nachweisbares Nervengift verwendet.“ erklärte nun Ai sehr ruhig, fixierte Ren-jie mit einem kalten Blick, was der Brillenträgerin nicht entging. „Sie hat es überlebt, konnte sich aber für etwa 10 Minuten nicht bewegen und auch kaum sprechen. Hast du eine Ahnung was es gewesen sein könnte?“ „Nein. Ich persönlich benutze nur Datura und Kurare wenn ich jemanden vergiften will. Nun, wenn ich jemanden lähmen will, benutze ich ein Kontaktgift auf Basis Botolinum Toxin vermischt mit dem Gift einer Kobra, jedoch in extrem niedriger Dosis. Wie wurde das Gift verabreicht?“ „Ein Einstich in die Haut, im Nackenbereich, vermutlich mit einer sehr dünnen Nadel, weniger als einen Millimeter dick. Fällt dir dazu etwas ein, Renjie?“ „Erstens heißt es Ren-jie, junger Mann. Zweitens fällt mir dazu gerade nichts ein, nur dass mir die Arme wehtun, weil die Zwillinge zu mir ins Bett kriechen mussten… Aber wartet. Wartet, ich habe vor einiger Zeit mal eine Methode entwickelt, mit der man aus über 300 Metern Entfernung ein Gift oder Betäubungsmittel verabreichen kann, ohne dass der Betroffene etwas davon merkt. Nur wissen lediglich die Mitglieder der Gesellschaft davon. Und nur ein oder 2 Mitglieder besitzen diese Technologie. Ich habe sie extra für den CIA entwickelt, hab denen aber einen fehlerhaften Bauplan gegeben, so dass sie es nicht gegen mich einsetzen konnten. In jede meiner Erfindungen baue ich einen kleinen Schwachpunkt ein. Und der bei diesem Gerät war nun mal, dass man genau die physiologischen und anatomischen Spezifikationen braucht, die ich vorher festgelegt habe. Nur jemand mit diesen Spezifikationen ist in der Lage, das Luftdruck-Gewehr zu benutzen, das ich entwickelt habe.“ „Und das trifft nur auf 2 Personen in der Gesellschaft zu?“ hakte Ai nach, worauf Ren-jie nickte. „Allerdings.“ murmelte Ren-jie und legte nachdenklich einen Finger unter ihr Kinn. „Da wäre Chai, aber sie ist abtrünnig geworden. Vielleicht kann Darjeeling das Gewehr benutzen, aber ansonsten kann nur noch ich das Ding einsetzen und ich habe ein Alibi. Ich war von 17 Uhr 21 und 10 Sekunden bis 22 Uhr und 3 Minuten online in einem Online-Game, Sword and Heart um genau zu sein. Wer hat eigentlich den Angriff auf diesen FBI-Agent für sich beansprucht?“ „Ein gewisser Oolong von der Gesellschaft. Er oder sie muss ein fähiger Scharfschütze sein.“ „Nein, er ist Schwertkämpfer und trägt in der Unterwelt den Beinamen Battousai. Ich weiß es weil ich seine Ausbildung damals überwacht habe. Der Typ ist kein Scharfschütze, obwohl er sein Schwert so genau schwingen kann, dass er jemandem nur die Haut anritzt um ihn dadurch zu vergiften. Oder er sticht genau am Herz vorbei um das Gift direkt zum Herzen zu befördern. Ich habe übrigens nicht gelogen als ich sagte, ich wäre kein Mitglied. Genau genommen bin ich der einzige Kontakt der Gesellschaft zur Außenwelt. Ich war ein Rekrut der ursprünglichen Gesellschaft.“ „Und jetzt bist du Schülerdetektivin.“ „Sehr richtig, Kudo.“ Beide erbleichten. Sie konnten sich nicht vorstellen, woher Ren-jie wusste, wer Conan wirklich war. „Die Frage in euren Köpfen lautet mit sehr hoher Wahrscheinlichkeit, ‚Woher zur Hölle weis diese Frau das nur?‘ Ganz einfach: Zeitungsberichte, geheime CIA-Kanäle, Kontakte beim japanischen Inlands-Geheimdienst und-so-weiter.“ Unschlüssig sahen sich die beiden Geschrumpften an. War das nun ein Witz oder hatte sie tatsächlich so gute Quellen? „Nun, als ich dich gestern das erste mal sah, wusste ich durch die Fotos in den Akten genau wer du bist. Genauso ist es auch bei dir, Ai, oder sollte ich dich lieber Sherry von der schwarzen Organisation nennen? Oder lieber Shiho Miyano? Deine Schwester Akemi hat mir ein paar Informationen über die Organisation zugespielt, so dass ich genau wusste, wer du bist und was deine Aufgabe bei der Organisation war. Du hast das APTX 4869 entwickelt, durch das ein kleiner Teil der Probanden nicht starb, sondern geschrumpft wurde.“ Vor Entsetzen weiteten sich die Augen der Amerikanerin. Also hatte auch Ren-jie Kontakt zu ihrer Schwester aufgenommen gehabt. Doch warum hatte sie Ren-jie niemals erwähnt gehabt? Ungerührt fuhr die Rosahaarige fort: „So auch ihr Beiden, nicht wahr? Wenn ich eine Blutprobe von euch bekommen könnte, könnte ich an einem neuen Gegenmittel arbeiten. Aber zurück zum Thema, es war auf keinen Fall Oolong, er kann einfach keine Schusswaffen benutzen. Aber eine Kugel im Flug mit seinem Schwert umlenken, sogar in der Mitte zerteilen oder zurückschleudern. Ich werde mich mal umhören. Vielleicht weiß ja die Gesellschaft etwas über den Angriff. Ich kann im Moment jedoch nichts dazu sagen. Wenn ihr mich bitte entschuldigt? Ich muss jetzt unbedingt meine Routine einhalten, sonst drehe ich durch. Kann sein dass Ich ein Bisschen was von einem Autisten habe. Ihr habt jetzt also die Wahl: Bleiben und warten bis meine Routine abgeschlossen ist, vielleicht sogar das Frühstück vorbereiten? Oder gehen und wir treffen uns später wieder. Ihr habt 10 Sekunden für die Entscheidung, also beeilt euch bitte. Ich habe nicht ewig Zeit.“ Die Entscheidung fiel den Beiden nicht sehr schwer. „Gut, wir melden uns bei dir.“ „Oh nein, ich melde mich bei euch. Und zwar über meine Kanäle. Guten Tag, ihr 2.“ endete Ren-jie und erhob sich.
 

Doch statt ihre morgendliche Routine durchzuführen, ging die dunkelhäutige Rosahaarige in den Keller des Hauses und zog an einer Flasche in einem Weinregal. Das Regal fuhr zur Seite und gab eine Geheimtür preis, hinter der ein Raum voll mit speziell von ihr entwickelter Ausrüstung, sowie ein Computer mit modernster Technik stand. Zu dem Equipment gehörte auch eine komplette Labor-Ausstattung für Analyse und Produktion diverser Stoffe, diese befand sich aber in einem abgegrenzten, sterilen Raum im Raum. Sofort ging sie zu ihrem Computer und schaltete ihn ein. Sobald er hochgefahren war, öffnete sich ein Chat-Fenster. „Ich rufe die Société Rouge und erbitte Informationen. Gestern Abend gab es einen Angriff auf eine Agentin des FBI hier in Tokio. Sie wurde mit einem lähmenden Gift angegriffen und ein vermeintliches Mitglied der Gesellschaft hat diesen Angriff auf seine Kappe genommen, und zwar Oolong. Weiß jemand etwas darüber? Gab es irgendeinen Befehl für diesen Angriff?“ schrieb sie in das Fenster und wartete ab. Es dauerte ein paar Minuten, bis ihre Antwort kam: „Hier ist Darjeeling, die führende Gift-Expertin und Scharfschützin der Société Rouge. Es kam kein Befehl von Earl Grey für einen solchen Angriff. Was ist genau passiert?“ „Ich weiß nur wenig, aber es wurde ein inzwischen nicht mehr nachzuweisendes Gift verwendet. Vermutlich wurde mein Luftdruckgewehr verwendet, was darauf schließen lässt dass entweder du, oder Chai dahinter stecken. Bei Chai bin ich jedoch nicht sicher, also bleibst nur noch du, Darjeeling.“ Wieder wartete sie auf die Antwort, dieses Mal nicht so lange. „Schwester Ren-jie, ich versichere dir, dass nur noch eines deiner Luftgewehre in der Gesellschaft existiert. Und dieses besitze dich. Da ich momentan aber in Buenos Aires bin, kann ich es nicht gewesen sein. Ich bin schon seit einer Woche dort und observiere eine Zielperson, einen Menschenhändler. Und ich wüsste, wenn Chai ein Gewehr vor der Vernichtung der Anderen Gewehre mitgenommen hätte. Frag deine Kontakte beim CIA. Vielleicht haben sie inzwischen ja einen Agent, der deinen Spezifikationen entspricht. Du kannst unseren Chat gerne zurückverfolgen. Du wirst feststellen, dass ich tatsächlich in Buenos Aires bin.“ Nachdenklich lehnte sich Ren-jie zurück und faltete ihre Hände auf dem Kopf ineinander. „Der CIA, he? Ich hoffe die haben den Schwachpunkt nicht entdeckt und die Waffe doch noch zum Laufen gekriegt… Also gut.“ Seufzte sie schließlich und gab ihre letzte Antwort in den Chat ein: „Danke für die Informationen und ich glaube dir, Schwester. Aber dem CIA traue ich keinen Angriff auf einen FBI-Agent zu. Dennoch, deine Idee ist sehr gut. Ich werde meinen CIA-Kontakt um ein Treffen bitten, mit Dringlichkeitsstufe 8. Wenn er dann nicht reagiert, weiß ich es war ein Einsatz des CIA. Und dann mache ich aus seinen Cannelloni Makkaroni… den letzten Part ignoriere bitte, mein Temperament geht gerade wieder mit mir durch. Ende der Übertragung.“ Es kam keine Antwort mehr, also schloss sie das Chat-Fenster und öffnete ein Neues, eines das nur für sie und ihren CIA-Kontakt Smith bestimmt war. „Mister Smith, hier Detektive Di. Wir müssen reden. Heute Nachmittag um 15 Uhr, Café Seiren in Shibuya. Ich berufe mich auf Dringlichkeitsstufe 8. Kommen sie alleine, sonst platzt unser Deal und ich mache Jagd auf alle CIA-Agenten hier in Japan.“ Die Nachricht wurde abgeschickt und sie beendete die Übertragung sofort, wartete nicht erst auf eine Nachricht von Smith. „So… und jetzt duschen und Frühstück, meine Übungen lasse ich heute mal aus.“ murmelte sie vor sich hin und verließ ihren Geheimraum wieder, verschloss alles gründlich und ging schließlich wieder nach oben.
 

Noch während er die Nachricht von Ren-jie empfing, sah Agent Smith zurück zum Bett seines Hotelzimmers. Dort lag ein Mädchen auf dem Bauch, vielleicht 15 Jahre alt und schlief noch seelenruhig. Da die Bettdecke von ihrem Rücken gerutscht war, konnte man das Drachentattoo auf ihrem Rücken besonders gut erkennen. „Es sieht aus, dass Miss Di dir langsam auf die Schliche kommt, Yun. Vielleicht müssen wir sie als Bedrohung einstufen, ja?“ fragte er in perfektem Boston Englisch. Langsam öffnete das Mädchen die Augen. „Schwester Lotus…“ flüsterte sie kaum hörbar auf mongolisch.
 


 

Nächstes Mal bei Detective Di: Bei einem Treffen im Café Seiren konfrontiert Ren-jie Agent Smith mit dem 3-88. Doch auch Conan und Ai sind da. Aber wer ist der Junge bei Ren-jie? Und was ist der Plan von John Smith? Bleibt gespannt, denn es gibt immer nur eine Wahrheit.

Société Rouge Teil 3

Das letzte Mal bei Detective Di: Ren-jie wird vom Gewicht der Zwillinge auf ihren Armen geweckt und erhält erneuten Besuch von Conan und Ai. Diese eröffnen ihr, dass sie wissen, dass Di Ren-jie nicht ihr wirklicher Name ist, werden aber auch von ihr informiert, dass sie weiß dass Conan Edogawa und Ai Haibara nicht deren wirkliche Namen sind. Im Anschluss an ein aufschlussarmes Gespräch, bittet Ren-jie in ihrer geheimen Kammer im Keller, um weitere Informationen von der roten Gesellschaft…
 


 

Um Punkt 14 Uhr 45 fand sich Ren-jie mit Conan und Ai im Café Seiren in Shibuya ein, den neutralsten Ort den sie kannte. Natürlich hatte sie den beiden Geschrumpften nicht erzählt, dass sie sich in einer Viertelstunde mit Agent Smith hier treffen würde. „Danke dass ihr gekommen seid, ich werde euch in ein paar Dinge einweihen, die noch nicht einmal meine besten Freundinnen wissen. Das finde ich nur Fair, da ich ja über eure wahren Identitäten genauestens Bescheid weiß, zumindest weitestgehend. Ich bitte euch jedoch um etwas Geduld, bestellt euch auf meine Rechnung alles was ihr wollt an Kuchen oder Getränken.“ „Warum bestellst du uns erst hier her, um uns in irgendwas einzuweihen, nur um dann einen Rückzieher zu machen? Das ist absolut unlogisch.“ meinte Conan darauf nur, doch Ren-jie schüttelte den Kopf. „Ich mache keinen Rückzieher. Um punkt 15 Uhr wird hier ein Mann in schwarzem Anzug mit falkengelben Augen eintreffen. Wenn er zu Denen gehört, von denen ich das glaube, dann wird unsere liebe Sherry es merken, nicht wahr? Immerhin warst du ja auch einmal in der Organisation. Du weißt, was für eine Aura die Organisation verströmt, wenn ich mir diesen Begriff mal erlauben darf. Hört zu, ich werde ein kurzes Gespräch mit diesem Mann führen und dann komme ich zu euch zurück. Ich habe übrigens noch jemanden hier herbestellt und er ist auch schon hier. Wenn ihr euch ein paar Minuten geduldet, dann erzähle ich euch alles was ihr über mich wissen müsst. Wenn jemand fragt wo ich hin bin, dann sagt der Kellnerin oder wem auch immer dass ich eure große Schwester bin und euch die ganze Zeit im Blick habe, auch wenn ich hier ein Blinddate habe. Außerdem ist so ein Café für ein Blinddate wie geschaffen, neutral und so. Ist das eine gute Geschichte?“ „Zumindest ist sie ansatzweise plausibel. So machen wir es, gut.“ nickte Ai und auch Conan stimmte dem zu. Also erhob sich Ren-jie mit ihrem Kaffee und ging von ihrem zentralgelegenen Platz zu einem freien Tisch am Fenster.
 

Nur kurz nach 15 Uhr trat dann auch Agent Smith in das Café, entdeckte sofort Ren-jie anhand ihrer auffälligen Bräunung und setzte sich zu ihr, legte dabei seinen Hut auf den Platz neben sich. „Sie wollten mich sprechen, Detective Di?“ lächelte er ungewohnt und winkte eine Kellnerin zu sich. Diese nahm sofort seine Bestellung, einen großen Milchkaffee, auf. „Ja, das wollte ich. Ich habe Informationen über einen Angriff auf einen momentan in Japan befindlichen Landsmann von ihnen erhalten. Anscheinend wurde mein Luftgewehr dafür verwendet. Inklusive der dazu passenden Munition. Sie wissen nicht zufällig etwas darüber?“ fragte die Dunkelhäutige mit sehr neutralem Gesicht und trank einen Schluck von ihrem Kaffee. Der Kaffee war wirklich gut, aber ein Wenig zu stark für ihren Geschmack. „Tut mir Leid, sie wissen doch dass wir den dieses Ding nie zum Laufen gekriegt haben. Sie haben nie in ihren Plänen beschrieben, wie das funktioniert.“ „Aus gutem Grund. Es gibt weltweit nur eine Hand voll Personen, die das Gewehr verwenden können. Allerdings gibt es nur noch ein Exemplar davon und nur Darjeeling aus der Gesellschaft kann es auch noch benutzen. Da sie aber seit Wochen in Buenos Aires ist, ohne nach Japan geflogen zu sein, hat sie ein wasserdichtes Alibi. Ich kann es nicht benutzen, da ich nicht die physiologischen und anatomischen Spezifikationen besitze. Die Einzige, die es noch benutzen könnte, wäre meine kleine Schwester Ylang-ylang. Ich frage also noch einmal, haben sie das Gewehr an sie ausgehändigt und einen Befehl erteilt? Wenn dem so ist, dann können sie sich ihren Deal an den Hut stecken, Mister Smith.“ Noch immer hatte sie ein sehr neutrales Gesicht und sah durch das Fenster zum Bahnhof, winkte dem Scharfschützen den sie schon bei ihrem Eintreffen auf dem Bahnhofsdach bemerkt hatte zu. „Sie haben ihn also bemerkt?“ „Natürlich. Ich bin zwar kurzsichtig, aber mein Gespür für Hinterhalte und Fallen ist ungetrübt. Immerhin habe ich früher selbst viele Hinterhalte gelegt. Also? Was ist nun mit Ylang-ylang und dem Gewehr? Haben sie Kontakt zu ihr und haben sie es zum Laufen gekriegt?“ „Miss Di, ich versichere ihnen dass ich das Gewehr an niemanden herausgegeben habe. Selbst wenn wir es fertiggestellt haben sollten, wir könnten es nicht verkaufen oder selbst verwenden. Aber egal, ich habe auch keinen Kontakt zu ihrer kleinen Schwester. Hätte ich Kontakt zu ihr, würde ich sie sofort benachrichtigen, glauben sie mir.“ lächelte der CIA-Agent, erhielt endlich seinen Kaffee. Verstehend nickte Ren-jie, wandte sich kurz zu der Kellnerin um. „Der Gentleman trinkt seinen Kaffee noch aus, der geht auf meine Rechnung, in Ordnung? Ich bin wieder bei meinen Geschwistern.“ lächelte sie und sah noch einmal zu Smith, dieses Mal jedoch mit einem eiskalten, Mordlüsternem Blick. „Wenn sie mich angelogen haben, werde ich sie finden. Und dann sollten sie genau aufpassen ob in ihrem Kaffee Milch ist, oder etwas Anderes. Haben wir uns verstanden?“ „Klar und deutlich.“ bestätigte Smith. Es war gut, dass beide sich gerade auf Portugiesisch unterhielten, damit kein Anderer diese Drohung mitbekam. Langsam erhob sich Ren-jie wieder, legte ihm noch einmal die Hand auf die Schulter und ging zurück zu Conan und Ai.
 

„Tut mir Leid, der Gentleman ist ein… Verzeihung aber er ist ein Arschloch. Ich kann ihn einfach nicht leiden, nicht nur weil er mein erster Mann war. Und, Ai? Hast du etwas bei ihm gespürt?“ „Nein, er gehört anscheinend nicht zur Organisation. Aber was wolltest du von ihm?“ Noch einmal sah Ren-jie zu ihm zurück, wie er genüsslich seinen Kaffee trank und sich umsah. „Er arbeitet für den CIA, auch wenn ich mir dessen gar nicht mehr so sicher bin. Ich werde wohl einen anderen meiner Kontakte ansprechen müssen, jemanden direkt in Washington. Die werden mir sagen können, was mit ihm los ist. Aber wie auch immer… Ich wollte euch ja alles erklären was ihr wissen müsst. Vorher möchte ich aber dass ihr mir versprecht niemandem, aber auch wirklich keinem, davon zu erzählen was ich euch jetzt sage. Ausnahmen sind Hattori aus Osaka und der Professor. Ich kenne zumindest Hattori und bin schon ein paar Mal mit ihm aneinandergeraten. Ein echtes Genie… jedoch ein Bisschen zu impulsiv.“ „Würdest du jetzt bitte zur Sache kommen? Es gibt hier auch Leute die noch etwas vorhaben. Also? Was hast du uns zu sagen?“ Mit neutralem Gesicht holte Ren-jie etwas aus ihrer Handtasche, das aussah wie eine kleine LED-Taschenlampe. „Ich würde gerne den Babel einschalten. Niemand der nicht an diesem Tisch sitzt wird uns verstehen können. Wie heißt es nochmal in der Bibel? Und keiner verstand mehr des Anderen Wort.“ Ein rotes Lämpchen leuchtete an dem Gerät auf und schon lehnte sich Ren-jie zurück, ließ einen Jungen in rotem Trainingsanzug neben sich Platz nehmen. „Darf ich euch miteinander bekannt machen? Das ist Shatuo Zhong, einer der wenigen überlebenden Rekruten der Société Rouge. Und er ist, gewisser Maßen, mein kleiner Bruder. Bruder Shatuo, das sind Shinichi Kudo und Shiho Miyano.“ „Sehr angenehm.“ lächelte Shatuo nur, sah wie eine Kellnerin ihm einen heißen Oolong-Tee vor die Nase stellte und wieder ging.
 

„In der neuen Gesellschaft nennt man mich auch Oolong. Ich bin für Personenschutz und Geschossabwehr zuständig. Bevor ich hier rein bin, habe ich übrigens ein Hohlspitzgeschoss das für dich bestimmt war zum Schützen auf dem Bahnhofsdach umgelenkt. Keine Sorge, ich hab ihm kein drittes Nasenloch verpasst. Aber er hat jetzt einen neuen Haarschnitt.“ Erklärte er und nahm einen Schluck von seinem Tee. „Und was kannst du uns jetzt erklären?“ fragte Conan nach einer Weile. „Nicht viel. Ich erzähle euch zuerst einmal, was in der alten Gesellschaft passiert ist. Besser gesagt, was mit uns passiert ist. Wir wurden aus aller Welt zusammengesucht, richtiggehend entführt. Ich selbst erinnere mich nicht mehr an meine leiblichen Eltern, ich war damals gerademal 2 oder 3 Jahre alt. Nur Ren-jie dürfte sich noch erinnern, sie ist die Älteste von uns gewesen. Im Übrigen waren wir 40 Rekruten, wie die Köpfe der Société Rouge uns nannten. 2 Rekruten stachen damals besonders hervor: Schwester Ren-jie, damals unter dem Codenamen Lotus bekannt. Und ihre 2 Jahre jüngere Schwester Ylang-ylang. Während Ren-jie ein Talent für besonders diskrete Morde mit selbstgebauten Hilfsmitteln aufwies, meisterte ihre Schwester 7 der schwersten Kampfkünste der Welt, unter Anderem Kav Maga. Natürlich ist auch Schwester Ren-jies besonderes Gedächtnis äußerst nützlich, aber gut.“ Einen Moment verschnaufte Shatuo und sah seine „Große Schwester“ prüfend an. Diese schüttelte den Kopf und lehnte sich weiter vor zu den beiden Geschrumpften. „Vor einigen Jahren erkannte ich, dass ich nichts vergessen kann. Also habe ich heimlich nachgeforscht und habe herausgefunden, dass wir alle entführt wurden. Also entwickelte ich zwischen den Konditionierungs-Übungen einen Plan. Und mit Konditionierung meine ich, dass sie versucht haben mir eine dauerhafte Gehirnwäsche zu verpassen. Klappt aber nicht bei mir, Hyperthymesia, ihr versteht? Ich habe in einer Nacht so viele Kinder wie es ging gerettet, habe unsere Peiniger getötet und das Hauptquartier im Nigeria zerstört. Eine Einheit des CIA hat uns dort in einem kleinen Dorf aufgegabelt und zuerst in die USA gebracht, danach wurden wir in alle Welt verstreut. Vor ungefähr 3 Jahren dann haben wir Kontakt zueinander aufgenommen und die Gesellschaft neu gegründet. Wir schworen uns, wir würden keine Unschuldigen mehr töten. Damals lebte Ylang-ylang noch mit mir zusammen in unserer selbst ausgewählten Alibi-Familie. Aber schon bald begann sie sich merkwürdig zu benehmen, war mit unseren Motiven nicht mehr einverstanden und hat sich von uns losgesagt. Das war vor 2 Jahren. Seitdem habe ich sie nicht mehr gesehen. Niemand weiß wo Ylang-ylang hin ist. Ich hatte gehofft dass Agent Smith, der mit dem ich vorhin dieses kleine Gespräch hatte, wüsste wo sie ist, doch er sagt er weiß es nicht. Ehrlich gesagt glaube ich ihm nicht. Ich habe euch heute früh gesagt ich wäre kein Mitglied der Société Rouge. Es war nicht gelogen, ich bin aus der Gesellschaft ausgetreten. Ich suche jetzt nur noch meine kleine Schwester… auch wenn mir Agent Smith und die Société Rouge die Zwillinge vor die Nase gesetzt haben. Ich liebe sie und will sie wieder sehen. Versteht ihr das?“ „Besser als du ahnst.“ nickte Ai etwas traurig, war aber verwundert dass die dunkelhäutige Rosahaarige das Gefühl der Liebe kannte.
 

„Aber ich schätze mal, wenn einem alle Emotionen genommen wurden, dann denkt man dass man diverse Emotionen hat, nicht wahr Ren-jie? Du sagst du kennst kein Schamgefühl, du kennst keinen Zorn und keinen Hass. Aber du kennst Liebe und Sehnsucht. Ich glaube, du lernst seit du unter normalen Menschen lebst deine Emotionen kennen. Ich finde es nur logisch, dass du zumindest glaubst jemanden zu lieben.“ meinte Conan dazu nur, doch Ai und Shatuo waren da anderer Meinung, ganz offensichtlich. „Wir haben zwar keine Emotionen, was uns zu perfekten Killern macht. Aber wir wissen, wenn wir jemanden mögen. Und wir lernen. Glaub mir Kleiner, ich weiß wovon ich rede. Ich hab mich in eine Zivilistin verliebt und hab eine Beziehung mit ihr. Und in Schwester Ren-jies Augen sehe ich das Gleiche. Sie ist ebenfalls verliebt. Irgendwann verliebt sich jeder, selbst gewissenlose Auftragsmörder wie wir.“ „Inzwischen habe ich ein Gewissen.“ stellte Ren-jie klar und trank ihren Kaffee aus, mit einem noch dunkleren Nasenrücken als sonst immer. „Darum töte ich auch nicht mehr. Und darum wollten wir ja auch keine Unschuldigen mehr töten.“ „Sind das genug Informationen die ihr braucht? Könnt ihr jetzt ein Wenig verstehen, was in Schwester Ren-jie und uns Anderen vorgeht? Wir töten nur noch dann, wenn es notwendig ist. Im Grunde sind wir mehr oder Weniger Personenschützer und Privatermittler. Da wir aber noch so jung sind, fallen wir nicht sonderlich auf. Und im Notfall haben wir für fast jeden Einsatz außerhalb von Asien noch einen Status als Austausch-Studenten und Austausch-Schüler.“ „Eine Frage hab ich noch: Wie heißt der Anführer eurer Gruppe?“ lächelte Conan hinter seiner Brille, doch Ren-jies Gesichtsausdruck verfinsterte sich nur und sie erhob sich. „Ich bringe euch zum Bahnhof, von da aus könnt ihr einen Zug zurück nach Beika nehmen oder sonstwohin. Bruder Shatuo, sorgst du bitte dafür dass niemand die Zeche klaut?“ fügte sie hinzu, während sie aus ihrer Geldbörse den im Kopf zusammengerechneten Rechnungsbetrag mit Trinkgeld herausholte und unter ihre Untertasse legte, schließlich ihren Babel wieder ausschaltete und in ihrer Handtasche verstaute. „Schwester. Sag es ihnen.“ meinte Shatuo und hielt seine Schwester am Handgelenk fest. Diese sah ihn nur kurz genervt an, seufzte dann aber und wandte sich wieder an Conan und Ai. „Earl Grey. Das ist sein Codename. Mehr verrate ich nicht, denn ich bin keine Verräterin. Und jetzt bitte, kommt.“ „Lass nur, Schwester. Fahr du in aller Ruhe nachhause und komm erstmal runter. Ich bringe die Beiden zum Bahnhof und wenn sie möchten bring ich sie auch noch nachhause. Mach dir noch einen schönen Nachmittag oder einen netten Abend mit deinem Freund, falls du einen hast.“ „Sehr witzig.“ murrte Ren-jie nur noch und verließ das Café.
 

Sie war noch lange unterwegs gewesen und kam erst spät am Abend am Bahnhof in der Nähe ihres Hauses wieder an. Die ganze Geschichte mit Smith über Ylang-ylang hatte sie doch sehr aufgewühlt. Die Tour durch die halbe Stadt hatte ihr gut getan, sie konnte wieder klare Gedanken fassen und sich auf den nächsten Schritt konzentrieren: Einen in Washington befindlichen CIA-Agenten kontaktieren, um mehr über Smith und das Gewehr zu erfahren, ob der inzwischen benutzt werden konnte. Sie verließ gerade das Bahnhofsgebäude, zusammen mit gut 100 Anderen, da traf sie schon etwas in die linke Brust und ein lauter Knall wie ein Gewehrschuss war zu hören. Wobei zuerst der Einschlag stattfand und dann der Knall kam. Erschrocken duckten sich die umstehenden Leute, schrien in halber Panik und sahen sich um. Es dauerte fast 5 Minuten, bis jemand bemerkte das Ren-jie leblos am Boden lag.
 

To be continued…?
 


 

Nächstes Mal bei Detective Di: Der Anschlag auf Ren-jie ging aufgrund einer kleinen, anatomischen Laune der Natur schief. Nachdem sie aus dem Koma erwachte, wird sie sofort von der Polizei und Agent Starling befragt, lenkt das Thema aber bewusst weg. Ein Geständnis wird ihr gemacht. Und eine Offenbarung trifft sie, wie die Faust im Gesicht der Anderen. Seid gespannt, denn es gibt immer nur eine Wahrheit.

Société Rouge Teil 4

Letztes Mal bei Detective Di: Nach einem Treffen mit Agent Smith, Conan, Ai und Shatuo Zhong wird Ren-jie Lebensgefährlich verletzt. In diesem Kapitel wird nun der Umstand ihres Überlebens aufgeklärt.
 


 

Ein piepen. Ein Piepen in Intervallen. Es kam ihr bekannt vor… wie damals, als sie konditioniert wurde… Es war das Geräusch eines EKG. In ihrem Arm bemerkte sie einen Druck, etwas leicht Brennendes. Langsam öffnete Ren-jie die Augen, hoffte sie würde nicht wieder in einem Labor der alten Gesellschaft liegen, doch als sie die sterile Decke des Zimmers sah, zumindest was sie ohne Brille erkennen konnte, wusste sie dass sie im Krankenhaus lag. „Scheiße… ich hasse Krankenhäuser…“ stöhnte sie und setzte sich ein Wenig auf, spürte sofort den Schmerz in ihrer linken Brust. Anscheinend wurde dies von jemandem in ihrem Zimmer bemerkt, denn schon war jemand zur Stelle. „Renjie! Du bist wieder wach!“ irritiert sah sich die dunkelhäutige Rosahaarige um, erblickte einen verschwommenen schwarzen Haarschopf, der offensichtlich etwas tiefer gelegt war. „Mariko? Bist du das Süße?“ fragte sie und tastete nach einer Hand, griff aber ins Leere. „Alles in Ordnung? Du hast dir den Hinterkopf aufgeschlagen und einen glatten Brustdurchschuss. Warte, ich komme näher.“ Meinte Mariko und rollte etwas näher, ergriff die Hand ihrer Freundin. „Ich sehe noch verschwommener als sonst ohne Brille! Ein Arzt! Ich will sofort einen Arzt reden!“ rief Ren-jie in einem Anflug von Panik. Das erübrigte sich, denn durch ihre Aufregung ging der Alarm des EKG los und schon stürmte ein Arzt mit einigen Schwestern herein. „Beruhigen sie sich! Schwester, ziehen sie mir 0,2 Ketanest Dormikum auf! Beruhigen sie sich Fräulein Di!“ „Sagen sie mir was passiert ist!“ fuhr die Halbchinesin den Arzt an und packte seine Kravatte, hatte sie nur durch Glück erwischt, zog ihn gefährlich nahe zu sich heran. „Lassen sie mich los und legen sie sich zurück. Sie können froh sein dass sie noch leben, Fräulein Di. Bitte, jetzt!“ Nur widerwillig ließ sich Ren-jie zurücksinken und atmete tief durch. „Sie haben uns einen ziemlichen Schrecken eingejagt, als sie eingeliefert wurden. Jeder andere Mensch wäre sofort tot gewesen. Wussten sie dass ihr Herz auf der rechten Brustseite liegt?“ „Ich habe einen kompletten Situs Inversus, all meine Organe sind Spiegelverkehrt angeordnet. Das wurde schon vor Jahren festgestellt, steht auch in meinen Notfalldaten im Handy drin, genau wie meine Blutgruppe, AB negativ und meine Allergie gegen Penizillin und Erdnüsse. Was ist passiert? Wie lange war ich weg?“ „Lassen sie sich erstmal etwas zur Beruhigung geben, wir mussten sie Notoperieren und ich will gleich sichergehen, dass ihre Narbe nicht aufgegangen ist.“ Meinte der Arzt ruhig, doch Ren-jie schüttelte den Kopf. „Nein, ich muss bei klarem Verstand bleiben. Egal was wir besprechen, Mariko darf alles hören. Moment, ist Maya nicht hier?“ „N-nein, sie ist schnell den Gang runter zur Toilette gegangen. Renjie, du lagst fast 3 Wochen im Koma. Du wurdest heute erst auf Normalstation verlegt. Was ist passiert?“ Noch immer benommen von ihrer Ohnmacht versuchte sich Ren-jie zu erinnern, doch da kam nichts. Sie sah keine Bilder vor ihrem geistigen Auge, kein vor ihren Augen ablaufender Film, kein gar nichts.
 

Verwirrt blinzelte sie, versuchte sich zu konzentrieren und zu folgern, warum sie noch schlechter sah als normaler Weise, warum ihre Hyperthymesia gerade nicht funktionierte. Die einzige Erklärung die sie hatte war, dass sie eine Raumforderung in ihrem Sehzentrum hatte. Die Tür zu ihrem Zimmer öffnete sich und Maya trat ein. „Äh, alles in Ordnung? Warum sind der Doktor und die Schwestern hier? Ist etwas mit Renjie?“ „Jetzt wo ich deine Stimme höre, geht es mir gleich wieder besser, Süße.“ lächelte Ren-jie und hob nur vorsichtig ihren Arm um ihr zu signalisieren, dass sie wieder wach war. Erleichtert eilte Maya zu ihrer Freundin und wollte sie in die Arme schließen, doch Mariko hielt sie vorsichtig zurück. „Renjie ist zwar überm Berg, aber sie ist noch nicht gesund. Hab bitte noch etwas Geduld, ja?“ bat sie ihre andere rosahaarige Freundin und sah wieder zu der Halbchinesin. „Dürfen wir bei der Visite wirklich dabei sein? Ich meine bei dieser Besprechung?“ „Klar, ich hab keine Geheimnisse. Aber eine Bitte: Können wir dann später den Katheter entfernen, Doktor? Ich hab eine enorm hohe Schmerzgrenze, wir brauchen also keine Lokalnarkose.“ „In Ordnung. Beginnen wir mal damit wie sie eingeliefert wurden, in Ordnung?“ zustimmend nickte Ren-jie und schloss die Augen. Sie hoffte dass während der Arzt erzählte, sie einen Flashback bekommen würde. „Fräulein Di? Sind sie noch bei uns?“ „Ja, ich höre zu. Reden sie ruhig.“ Sich räuspernd öffnete der Arzt die Krankenakte seiner Patientin. „Sie wurden mit einem Blutverlust von einem halben Liter und einem Druck von 60 zu 40 eingeliefert, jeder normale Mensch wäre daran verstorben. Beim Monitoring wurde festgestellt, dass sie zumindest eine Dextrokardie haben, wie sie aber selbst sagten einen kompletten Situs Inversus. Wir haben sie fast 7 Stunden notoperiert. Ihre linke Lunge stand kurz vorm Kollaps, wir haben einiges an Blut aus ihrer Lunge abgesaugt, bevor wir die Wunde genäht haben. Es war recht einfach die Blutung zu stoppen, da es nicht von überall geblutet hatte.“ „Ja, kann daran liegen dass ich Kampfsport mache: Kung-Fu, Muay Thai und Tai-Chi. Ich hab in einem medizinischen Bericht gelesen, dass Leistungs- und Kampfsportler dadurch eine bessere Kondition haben als andere Leute, so dass sie in einen Zustand ähnlich des Scheintodes geraten können, wenn sie ein massives physisches Trauma erlitten. Unter Umständen kann das lebensrettend sein.“ erklärte Ren-jie nickend und öffnete langsam wieder die Augen. Sie sah den Arzt nicken. „Ja, das kann eine Erklärung sein. Das erklärt natürlich auch den geringen Blutverlust. Wir haben sie nach der OP in ein künstliches Koma versetzt damit sie sich in aller Ruhe erholen können. Erst heute haben wir sie aus der Intensivstation geholt und hier her verlegt. Ich bin ehrlich zu ihnen, wir mussten eine wesentlich höhere Dosis an Narkosemitteln bei ihnen benutzen, da sie während der OP ein paar Mal kurz vor dem Aufwachen waren.“ „Ich habe eine sehr hohe Resistenz gegenüber verschiedenen Betäubungsmitteln. Warum das so ist, darüber will ich mit keinem Arzt reden. Und das müssen sie auch nicht wissen, Doktor. Mich interessiert jetzt nur Eines: Hat die Polizei den Schützen gefunden? Und noch wichtiger, wurde von meinem Kopf ein CT gemacht? Ich sehe noch schlechter als sonst. Ich vermute eine Raumforderung in meinem Sehzentrum, vermutlich durch meinen Sturz als ich angeschossen wurde.“ „Tatsächlich gab es eine solche Raumforderung. Wir mussten ihnen eine Schädeldrainage legen, um die Blutung abzulassen. Leider musste dafür auch ihr Zopf dran glauben. Ich denke aber, dass ihre extreme Kurzsichtigkeit gerade von ihrer Zeit im Koma kommt. Lassen sie sich etwas Zeit und sie werden sehen wie schnell ihr Sehvermögen zurück kommt.“ „Oder… vielleicht gebe ich dir deine neue Brille, Süße. Ich war heute Vormittag bei deinem Optiker und hab eine neue Brille abgeholt. Deine anderen Beiden haben ja ziemlich was abgekriegt, deine Erste nach unserer Party damals, deine Ersatzbrille als du angeschossen wurdest. Sorry Süße. Ich hab in deiner Geldbörse nach was Brauchbarem gesucht und habe dabei eine Kundenkarte deines Optikers gefunden. Ich hab deine alte Brille und die Karte mit deinen Werten hingebracht. Sieh es… sieh es als kleines Geschenk von mir.“ lächelte Maya verlegen, was Ren-jie nur schwer erkennen konnte.
 

Erneut setzte sie sich auf und winkte Maya zu sich. Diese war etwas überrascht, senkte sich aber zu ihrer besten Freundin und war überrumpelt, dass diese ihren Arm um sie legte. „Danke, Süße. Das ist echt süß von dir.“ leicht errötend löste sich Maya von ihr und holte ein neues Brillenetui aus der großen Tüte neben dem Bett. Neugierig legte Ren-jie die neue Brille an und sah schon um einiges klarer. Es war zwar noch immer etwas verschwommen, doch mit jedem Augenblick sah sie besser. „Wow, es lag wohl wirklich nur an meinem Koma. Nochmal danke Süße. Ich schulde dir wohl ein Abendessen, wenn ich hier raus komme. Oder viel mehr euch Beiden. Doktor, wenn sie bitte so freundlich wären und mich und meine beiden Freundinnen nun alleine lassen würden? Ich habe mit den Beiden etwas zu besprechen. Etwas Privates. Und ich will keine BTMs mehr, auch keine Schmerzmittel. Ich kann Schmerzen verkraften. Oder gehen sie zumindest mit der Dosis auf ein Minimum runter, ich habe festgestellt dass meine Hyperthymesia durch solche Medikamente blockiert wird. Ich kann mich leider nicht so wie sonst an den Vorfall erinnern.“ „Einverstanden. Es kann übrigens sein, dass vor der Tür ein paar Leute für sie warten. Als der Alarm losging sind sie gerade angekommen und haben sich nach ihnen erkundigt.“ Schwer seufzend nickte Ren-jie. Also gut, sagte sie sich. „Wenn es die Polizei ist, können sie reinkommen. Ich lasse ihnen eine Liste mit Leuten zukommen, die mich besuchen dürfen. Alle Anderen möchte ich aus diversen Gründen nicht in meiner Nähe haben, in Ordnung?“ „Natürlich, kein Problem, Fräulein Di.“ Damit verließen der Arzt und die Krankenschwestern das Zimmer, ließen einen beleibten Mann mit Schnauzbart und braunem Hut herein, sowie eine junge Frau mit eisblauen Augen und recht kurzen, hellbraunen, fast schon blonden Haaren. „You are Miss Di, are you?“ fragte die Frau, worauf Ren-jie nickte und auf einen freien Stuhl deutete. „Yes, I’m Di Ren-ji-e. Please, have a seat.“ „Thanks, thanks, but I prefer to stand, Miss Di. Da wir das jetzt geklärt haben, dürfen wir ihnen ein paar Fragen stellen? Ich bin…“ „Agent Starling, FBI, momentan Wohnhaft in Japan. Auf Urlaub, wie es offiziell heißt.“ ratterte Ren-jie runter und war von sich selbst überrascht, dass sie auf einmal die Akte der Agentin vor ihrem geistigen Auge hatte. „Wir kennen uns ja schon, nicht wahr Fräulein Di?“ „Stimmt. Guten Tag Inspektor. Oder… ich hab das leider nicht genau mitbekommen, was haben wir jetzt? Morgen? Abend? Oder Mittag?“ „Es ist 18 Uhr am Abend.“ erklärte ihr Inspektor Megure, worauf sich Ren-jie langsam wieder zurücksinken ließ. „Fangen sie an zu fragen, Mariko und Maya dürfen alles mit anhören. Ich habe vor ihnen keine Geheimnisse… Und ich hasse es neuerdings mich zu widerholen, vermutlich eine Nebenwirkung meines Schädelhirntraumas…“ „Also gut. Hast du irgendwelche Feinde, die deinen Tod wollen würden? Jemanden mit militärischer Ausrüstung?“ „Habe ich schon. Aber wenn ich Diese hier und jetzt nennen würde, wären alle hier Anwesenden in Lebensgefahr. Sagen wir einfach, dass ich neben der Schule für eine streng geheime Gruppierung arbeite, die von allen Regierungen unterstützt und gleichermaßen verleugnet wird. Ein Feind würde mir jedoch noch einfallen: John Smith, vermutlich nicht sein richtiger Name, er war beim US-Marinecorps, soweit ich weiß war er ein Scharfschütze. Das ist allerdings nur das, was er selber über sich bei unserer ersten Begegnung gesagt hat.“ erklärte die dunkelhäutige Rosahaarige und sah zu der jungen Frau an der Seite des Inspektors. „Sie sind Agent Jodie Starling, nicht wahr? Ich kann ihnen eines versichern: Es war weder Oolong, noch ein anderes Mitglied der Société Rouge. Es war jemand vom CIA, genau wie bei mir.“ „Schwere Anschuldigungen, junge Dame. Was lässt dich glauben dass es ein Agent vom CIA war?“ „Weil meine Schwester Darjeeling, eine Scharfschützin und Gift-Expertin, eine Widowmaker benutzt. Selbst in einer Orkan-Böe beträgt die Abweichung der Flugbahn eines Geschosses gerademal 0,02cm auf 1000 Metern Entfernung. Ich muss es wissen, denn ich habe das Gewehr entwickelt, aussehend wie eine Steyr HS. Was mich getroffen hat, war eine speziell angefertigte Kupferkugel für ein Standard-Gewehr der Scharfschützen des US-Marinecorps. Ich habe den Schuss gesehen, sehe ihn gerade wieder und habe die Kugel direkt vor meinen Augen.“
 

Sie nahm die Anderen um sich herum nicht mehr wahr, stand im wahrsten Sinne des Wortes neben sich, an dem Abend an dem sie angeschossen wurde. „Okay, ich sehe es jetzt direkt vor mir. Anscheinend lässt die Wirkung der Morphine und anderen Medikamente gerade langsam nach. Ich sehe auf dem Dach eines Gebäudes einen Lichtblitz. 0,2 Sekunden später war die Kugel schon direkt vor meinen Augen.“ Erklärte sie, trat um sich selbst und die Kugel vor sich herum, betrachtete den Winkel genau. Er stimmte mit dem Gebäude überein, auf dem sie den kurzen Lichtblitz sah. Und wie es aussah, war die Kugel tatsächlich aus Kupfer.
 

Wieder zurück rieb sie sich direkt die Schläfen. Ihr brummte schon wieder der Schädel, doch dieses Mal spürte sie auch, wie etwas aus ihrer Nase lief. „Warte, ich helfe dir!“ rief Maya aufgeregt und reichte ihrer Freundin ein Taschentuch. „Passiert das Öfters?“ „Nur wenn ich eine Erinnerung erzwinge, Inspektor, das versichere ich ihnen. Und besonders dann, wenn ich eine besonders schmerzhafte Erinnerung durchlebe.“ meinte sie und tupfte sich das Blut von der Nase ab. „Verdammte Migräne, immer wenn ich das mache steigt mein Kopfschmerz auf eine 5 in der Schmerzskala. Und manchmal kommt auch noch Nasenbluten dazu. Ich hasse das. Aber wenigstens kann ich jetzt genau sagen, woraus die Kugel bestand: Augenscheinlich aus einer Kupfer-Legierung. Da es ein Durchschuss war, war die Kugel vermutlich nicht gänzlich aus Kupfer. Eine normale Kupferkugel hätte sich beim Auftreffen auf meinen Körper nach einem sehr kurzen Weg verformt, eigene Erfahrung. Also gehe ich davon aus, dass sie die Kugel am Tatort gefunden und analysiert haben.“ „Sie haben Recht. Es war von der Form und der Größe ein Standard-Projektil, wie man sie beim FBI oder der Polizei in den USA benutzt. Ich habe mal einen Scharfschützen persönlich gekannt. Ein guter Mann. Und außerdem war er Japaner. Woher kennen sie sich eigentlich mit solchen Waffen aus, Miss Di?“ Auf diese Frage hatte Ren-jie nur gewartet. Noch einmal rieb sie sich die pochenden Schläfen, besah sich noch einmal ihr Taschentuch. Es hatte aufgehört zu bluten, das war gut. „Vor vielen Jahren wurden weltweit etwa 40 Kinder aus unterschiedlichen Familien entführt. Sie sind bis heute spurlos verschwunden, alle im Alter zwischen 2 und 4 Jahren. Sobald wir denken konnten, wurden wir in der Kunst des Tötens ausgebildet: Nahkampf, Schusswaffen, Gifte und andere Hilfsmittel. Ich habe mit einem Hochleistungs-Flaschenzug mit Druckauslöser und einem Kohlefaserkabel einen Kolumbianischen Kartellboss getötet, während er sich in seiner Villa eine Kravatte angelegt hat. Dabei war ich an diesem Tag in Rom und habe alles für ein weiteres Ziel vorbereitet. Übrigens, ich war damals 9 Jahre alt und habe mich schon damals auf die technischen Methoden spezialisiert. Ich war also nicht strafmündig, Agent Starling. Und man kann mir keinen meiner unzähligen Morde auch nur ansatzweise nachweisen. Eine Mordmethode ist so unglaubwürdig wie die Nächste. Oder haben sie mir das mit dem Flaschenzug abgekauft, auch wenn es wahr ist?“ „Nun ähm…“ druckste Megure, doch Jodie schien ihr zu glauben. „Mister Inspektor, sie hat nach eigenen Angaben einen Hochleistungsflaschenzug mit Kohlefaserkabel und Druckauslöser konstruiert, sowie ein ganz neues Scharfschützengewehr mit absolut utopischen Präzisions-Abweichungen! Wenn sie mir sagen würde im Himalaya würde ein UFO rumliegen, würde ich es ihr bedingungslos glauben, sobald ich das Gewehr sehe!“ „Nein, dort gibt es keine UFOs. Nur eine Trainings-Anlage der alten Société.“ Ungläubig sahen die restlichen Anwesenden sie an. „Hey, ich war ein ganzes Jahr lang dort und habe Rekruten in waffenlosen Kampfkünsten trainiert. Manchen habe ich auch beigebracht wie sie jemanden unauffällig mit Giften töten können. Aber das ist egal, und sie haben Recht, Agent Starling. Ich habe ein neues Scharfschützengewehr konstruiert. Vielleicht kennen sie das Ding unter dem Begriff 3-88? Aber das müssen sie nicht. Ich ähm… ich brauche jetzt erstmal etwas Hilfe… ich habe 3 Wochen lang Fresubin geschluckt, das Zeug will auch irgendwann wieder raus.“ Irritiert sahen die Anwesenden, wie Ren-jie sich die Bettdecke wegzog und auf der Seite, an der ihr Blasenkatheter hing versuchte aus dem Bett zu steigen. Schnell eilte Maya herbei, hing die Infusion in ihrer Ellenbeuge an einen Infusionsständer und half ihr beim Aufstehen. „Ähm…“ machte Megure nur, da hatte die Rosahaarige mit den ungleichen Augen sie schon an ihm vorbeigeführt und zur Zimmereigenen Toilette geführt, schloss hinter sich ab. „Naja, man sagt ja alles Raus was keine Miete zahlt.“ lächelte Mariko und rollte langsam zur Zimmertür. „Ich gehe mal im Schwesternzimmer fragen, wann sie das Essen austeilen. Ich bin sicher, dass Renjie beinahe umkommt vor Hunger. Vielleicht legen wir ja inzwischen eine Pause ein und gehen in der Kantine etwas essen? Ich für meinen Teil sterbe auch bald vor Hunger.“ „Gegen einen ordentlichen Burger hätte ich nichts einzuwenden.“ gestand Jodie und folgte der Rollstuhlfahrerin. „Nur schade dass im Krankenhaus keine Hamburger gemacht werden.“ fügte sie hinzu und schon folgte ihr auch Megure.
 

Tatsächlich wurde das Abendessen ausgeteilt, noch während Ren-jie wieder von der Toilette in ihr Bett stieg. „Sie sollten sich schonen, Fräulein Di. Wir wollen ja nicht dass ihre Narben wieder aufreißen.“ lächelte die Schwester und stellte das Tablett mit dem Abendessen auf den Beistelltisch, so dass Ren-jie es gut erreichen konnte. „Danke, ich hoffe nur es gibt etwas Handfestes und keine…“ Als sie die Abdeckhaube anhob, war das Ergebnis schlichtweg ernüchternd. „Toll… Es ist Suppe. Schwester? Habe ich etwas verpasst oder warum bekomme ich nur Suppe? Und dann noch sowas widerliches wie Rosenkohl-Eintopf? Nicht gerade was Leichtes, oder? Könnte ich bitte etwas Handfestes bekommen? Ein vegetarisches, japanisches Abendessen vielleicht?“ „Tut mir Leid, aber der Arzt hat ihnen für die nächsten Tage nur leichte Kost verordnet.“ „Sagen sie dem Arzt, wenn ich morgen Mittag nichts Handfestes zwischen die Zähne bekomme, wird mein ohnehin schon dünner Geduldsfaden endgültig reißen. Ich habe gerade gefühlt 20 Liter Fresubin aus meinem Darm gepresst, habe einen Schlauch in meiner Blase stecken und alles was ich heute zum Essen bekomme, ist ein verdammter Rosenkohl-Eintopf, bei dem sich mir der Magen umdreht. Also, bringen sie mir bitte etwas Vernünftiges zu Essen und den Speiseplan, oder ich gehe so wie ich bin zur nächsten Burgerbude und sie bekommen den Ärger, weil sie mich aus den Augen gelassen haben.“ „Tun sie’s lieber. Renjie scherzt bei sowas nicht.“ empfahl Maya, woraufhin die Schwester das Tablett wieder mitnahm, nur um ein paar Minuten später mit einem ausgewogenen Abendessen und dem Speiseplan der laufenden Woche wieder zu kommen. „Sehr liebenswürdig.“ lächelte Ren-jie und begann vorsichtig zu essen. 3 Wochen und sie hatte die ganze Zeit nur Fresubin durch eine Magensonde und eine Natriumchloridlösung durch ihre Infusion bekommen. Sie wusste natürlich vom Fresubin, hatte während einer ihrer Konditionierungen ebenfalls eine Magensonde und diverse Katheter gelegt bekommen. „Du siehst echt aus als hättest du noch nie etwas Besseres bekommen, Süße.“ „Wenn man 2 mal Fresubin bekommen hat, weiß man wie das Aufstoßen vom Fresubin schmeckt. Das Zeug ist widerlich, ich hasse es. Und da brauche ich keine Suppe um wieder Kraft und Energie zu bekommen, sondern eine handfeste Nahrung. Normaler Weise hätte ich jetzt nach 100jährigen Eiern gefragt. Ich kann wohl froh sein, dass nicht gleich wieder die Ärzte und Schwestern hier rein gestürmt kamen, als ich mich von meinem EKG abgekabelt habe. Maya, bevor gleich wieder der Inspektor, Mariko und Agent Starling zurück kommen, versprich mir etwas.“ „Klar, was du willst.“ meinte die Rosahaarige mit den ungleichen Augen schulterzuckend und setzte sich auf den Stuhl neben dem Bett ihrer Freundin. „Bring mir bitte ein gutes Buch aus meinem Bücherregal mit. Zum Beispiel ‚Die Kunst des Krieges‘ oder ‚Das Buch der 5 Ringe‘. Und sag den Zwillingen dass ich bald wieder zuhause bin. Oh, ein paar andere Bücher wären auch nicht schlecht. Ich brauche ein wenig Lektüre, wenn ich schon hier bin und mich langweile.“ „Hauptsache du tust nichts Unanständiges mit den Krankenschwestern. Du ließt einfach zu viele deiner erotischen Mangas.“ „Keine Sorge, mein Interesse hat nur ein Mädchen geweckt.“ lächelte die dunkelhäutige Rosahaarige zum Abschluss, legte eine kurze Ess-Pause ein, um den Reis und den Fisch rutschen zu lassen. „Ren-jie, warum hast du uns nicht gesagt dass du mal eine Mörderin warst? Ich meine, das Ganze hört sich schon ein Wenig unglaubwürdig an, aber ich denke dass du die Wahrheit sagst.“ „Meine Aura, nicht wahr?“ „Ja… Aber du glaubst ja nicht an sowas.“ Einen Moment schwieg Maya und sah verlegen zur Seite.
 

Schließlich fasste sie sich doch ein Herz und ergriff Ren-jies Hand. „Renjie, als du so da lagst, die ganzen Kabel und Schläuche und alles, ich hatte Angst dich zu verlieren. Ich habe gedacht, ich könnte es dir niemals sagen aber… Renjie, ich liebe dich. Ich habe mich schon am ersten Tag in dich verliebt. Ich will dich nicht verlieren, verstehst du das?“ Leicht errötend lächelte Ren-jie, legte ihre andere Hand auf Die von Maya und sah ihr tief in die verschiedenfarbigen Augen. „Klar, ich verstehe das. Es ist nur, ich weiß nicht wirklich, ob ich außer der Liebe zu meiner kleinen Schwester noch andere Liebe empfinden kann. Aber die Gefühle die ich für dich habe, die sind so ähnlich wie für sie. Ich weiß nicht ob es echte Liebe ist, aber ich mag dich sehr, Maya. Egal wie wir empfinden, für mich bist du noch immer Maya Reid, das süße Mädchen mit der Vorliebe für Süßkram, das nur 2 Kreuzungen von mir entfernt wohnt. Und du bist meine beste Freundin. Ich will nicht sagen dass wir weiterhin Freunde bleiben wollen, oder dass wir in Kontakt bleiben wollen… aber gib mir etwas Zeit um herauszufinden, ob ich dich so liebe, wie du mich, oder ob ich nur freundschaftliche Gefühle für dich habe. Ich will nicht das irgend etwas zwischen uns steht, ja? Deine Gefühle kannst du nicht ändern, aber versuchen wir bitte so miteinander umzugehen, wie sonst immer? Ich weiß, das ist alles ziemlich kompliziert, genau wie für mich. Willkommen in meiner Welt.“ Mit Tränen in den Augen rannte Maya aus dem Zimmer. Doch auch Ren-jie begannen die Augen nass zu werden, sie verspürte etwas, dass sie noch nie gespürt hatte, wenn es nicht um ihre Arbeit als Killerin früher ging: Ein schlechtes Gewissen.
 

Die restliche Befragung durch Inspektor Megure und Agent Starling brach Ren-jie ab, sie gab vor sich noch etwas ausruhen zu wollen und nahm auch gleich ihre Brille ab. Selbst Mariko sagte sie nichts, sondern drehte sich gleich auf die Seite und schloss die Augen. Und jetzt, mitten in der Nacht, wurde sie durch einen sanften Luftzug geweckt. „Darjeeling?“ fragte sie im Halbschlaf und öffnete ihre Augen. Vor ihr am Fenster stand jemand. Doch der Geruch in ihrer Nase sagte ihr, es war ihre gleichaltrige Schwester Darjeeling war. Das Parfum das sie roch war ein sehr leichtes, das sie ihr selbst vor einigen Jahren noch während sie bei der Gesellschaft gelebt haben, geschenkt hat. „Ich weiß dass du es bist, Darjeeling. Das ist dein Parfum. Du hast es zu deinem 9ten Geburtstag von mir bekommen. Auch wenn wir nicht wissen ob es wirklich dein Geburtstag war.“ Langsam löste sich die Gestalt vom Fenster. Im gleichem Atemzug nahm Ren-jie ihre Brille vom Nachttisch und schaltete die Nachttischlampe ein. Vor ihr stand ein schwarzhaariges Mädchen mit roter Haarspange und roten Handschuhen, die ihr nur bis zu den Handgelenken gingen. „Schwester Ren-jie? Wie hast du mich erkannt?“ „Dein Parfum. Ich habe es dir wie gesagt zu deinem 9ten Geburtstag geschenkt. Seit wann bist du in Japan, und wie lautet deine neue Identität?“ Sich die Nasenwurzel reibend wandte sich Darjeeling zum Fenster um, sah dabei stur auf den nur spärlich beleuchteten Krankenhaus-Park. „Es war ein Bleigeschoss mit Kupfermantel, amerikanisches Standardkaliber, wird von einem Söldner der paramilitärischen Einrichtung Blackwater benutzt. Wir haben ihn identifiziert, er hat am Tatort eine Kippe zurückgelassen, hat sie vermutlich übersehen. Du kennst ihn möglicher Weise: Pseudonym John Smith, ehemaliger CIA-Agent. Er war beim Marinecorps der US-Army. Er war Scharfschütze und hat seine Kugeln immer selbst hergestellt, als sein Markenzeichen. Wir haben die DNA am Zigarettenfilter in einem japanischen Labor analysieren und mit der Datenbank von uns bekannten Verbrechern und Kontaktpersonen verglichen. Wir haben dafür ein Programm benutzt, das auch von den Strafverfolgungsbehörden verwendet wird.“ „Also doch Smith…“ stöhnte die Rosahaarige während sie sich langsam aufsetzte. Ihre Schmerzmittel waren tatsächlich auf ein Minimum dosiert worden, sie spürte die Schmerzen durch die durchstoßene Rippe, sowie den schmerzenden Lungenflügel und das schmerzende Fleisch in ihrer Brust, doch der Schmerz war nicht so schlimm, wie er bei ihrer Konditionierung war. „Du wirst langsam weich, Schwester Ren-jie. Früher hätten dich diese Schmerzen nicht so einfach umgehauen.“ „Weißt du, Gefühle sind etwas das einen stark macht. Nur darum habe ich aufgehört Menschen zu töten, ohne zu wissen ob sie schuldig oder unschuldig sind. Ich habe erfahren dass Zuneigung einen stärker macht, dass Wut und Hass einen blind machen, einem den Blick für das Wesentliche versperren. Und Angst kann ein guter Berater sein und weißt du was? Ich habe Angst. Angst dass jemand die Menschen die ich liebe, also auch euch alle, Umbringen will. Angst vor irgendeinem Verrückten, der unsere Ziele, unseren Kodex den wir uns selbst auferlegt haben, unterminieren will und uns alle vernichten will! Hörst du mich, Schwester? Ich liebe euch alle als wärt ihr meine eigenen Geschwister. Dich, Matcha, die Zwillinge, sogar Oolong. Und der macht es einem wirklich nicht einfach.“ Mit den Augen rollend wandte sich Darjeeling wieder zu ihr um. „Du denkst, mir würdest du nichts bedeuten, nicht wahr? Ich bin, gelinde gesagt, verwirrt. Du sagst, du würdest uns alle lieben, genau wie deine kleine Schwester, lässt aber zu dass sie uns verrät und mit deinem Mörder in die Kiste springt? Ich verstehe das nicht.“ „Er tut WAS!?“ brach es aus Ren-jie raus und sie vergaß sogar den Blasenkatheter, den sie sich beim Aufspringen aus dem Bett versehentlich selber zog. Der Schmerz in ihrer Brust und zwischen ihren Beinen war ihr gerade sowas von egal. Wütend packte sie ihre Schwester und drückte sie gegen das Fenster. „Was hast du gesagt!? Die schlafen miteinander!? Seit wann weißt du davon!?“ „Seit gestern. Unsere Kontakte haben es bestätigt. Und du bist erst heute aus dem Koma erwacht. Deine kleine Schwester Ylang-ylang treibt es mit deinem potentiellen Mörder und du deckst sie auch noch.“ „Hör zu. Hör mir ganz genau zu, Schwester.“ Knirschte Ren-jie und drückte ihre Schwester nur noch fester gegen das Fenster. „Ich habe um sie getrauert als sie die Gesellschaft verlassen hat und ich habe euch immer alle gleich behandelt. Du kannst jeden fragen, der in der Gesellschaft lebt. Glaub mir, ich liebe euch alle.“ „Schwester Ren-jie? Du bist ja wütend? Sagtest du nicht dass Wut einem den Blick fürs Wesentliche vernebelt?“ Einen Moment schien sie sich wieder zu beruhigen, ließ ihre Schwester los und ließ den Blick durch das Zimmer wandern. Auch Darjeeling schien sich zu beruhigen, doch dann schlug Ren-jie ihr mit voller Wucht mit der Faust ins Gesicht, so dass die Schwarzhaarige mit vor Schreck weit aufgerissenen Augen zu Boden ging und sich die sehr schnell gerötete Wange hielt. „Lektion 1, verehrte Schwester: Emotionen können aus einem heraus platzen, wenn man sie zu lange unterdrückt. Lektion 2: Was du gerade verspürst, ist nicht nur der Schmerz, sondern auch eine Mischung aus Verwunderung, Überraschung und Angst. Und jetzt raus aus meinem Zimmer und komm mir erst wieder unter die Augen, wenn du gelernt hast was Anstand ist. Raus oder ich vergesse mich wirklich.“ Eilig verließ Darjeeling das Zimmer, rannte dabei die Nachtschwester um, die gerade alarmiert durch den Radau in das Zimmer eintreten wollte. „Wer war das denn?“ „Nur eine Freundin, mit der ich mich gestritten habe, Schwester. Aber ich brauche hier mal kurz Hilfe. Ich hab mir leider ausversehen den Blasenkatheter gezogen.“ Erbleicht und in Panik eilte die Schwester um das Bett herum, sah die Bescherung aus Blut und Urin auf dem Boden.
 

Sich noch immer die schmerzende Wange reibend verließ Darjeeling das Krankenhaus, lief dabei direkt in die Arme einer ihrer Schwestern aus der Gesellschaft: Matcha. Wie immer trug Matcha ihr grünes Gothik-Kleid mit dem dazugehörigen Haarschmuck, lächelte ihre Schwester aber frech an als sie sah, was passiert war. „Na? Schwester Ren-jie hat dir eine geklebt, oder? Du musst sie richtig wütend gemacht haben, Schwester Emily.“ grinste Matcha und trottete neben ihrer noch immer verwirrten Schwester her. „Ich verstehe das nicht. Sie müsste doch froh sein, die Wahrheit von mir gehört zu haben? Das ist absolut unlogisch, dass sie mir deshalb beinahe einen Zahn ausschlägt…“ „Naw, nicht für jemanden der Emotionen besitzt. Ich glaube du hast noch irgendwas gesagt was Schwester Ren-jie provoziert hat, wie zum Beispiel dass sie zugelassen hat dass Schwester Ylang-ylang die Gesellschaft verlassen hat und sie zulässt, dass ihr Mörder es mit Schwester Ylang-ylang tut, nicht wahr?“ Mit einem genervten Gesichtsausdruck sah Darjeeling zur Seite. „HA! Bullseye! Du hast genau das gesagt, nicht wahr? Ich glaube fast, du musst dich da bei jemandem entschuldigen, wenn du das nächste Mal hier bist. Was sagte sie eigentlich genau zum Abschied?“ „Ich solle ihr erst wieder unter die Augen kommen, wenn ich gelernt habe was Anstand ist. Und dann sagte sie noch ich sollte raus gehen, bevor sie sich wirklich vergisst. Aber wie soll ich bitte Anstand lernen? Das ist… ziemlich verwirrend.“ „Ist es nicht. Denk über deine Worte nach und dann reden wir nochmal. Okay? Also, bis neulich dann.“ Grinste Matcha, holte hinter ihrem Rücken eine kleine Kugel aus Plastik hervor und warf sie auf den Boden. Eine Rauchwolke entstand, die Matcha für einen Moment komplett einhüllte.
 


 

Nächstes Mal bei Detective Di: Ren-jie wird endlich aus dem Krankenhaus entlassen. Doch es gibt noch etwas, das sie aufklären möchte und fährt mit Maya deshalb in ihrem Motorrad durch die halbe Stadt. Was ist es, das Ren-jie aufklären möchte? Und wer stattet John Smith mitten in der Nacht einen Besuch ab? Bleibt gespannt, denn es gibt immer nur eine Wahrheit!

Wenn die Stunde schlägt

Letztes Mal bei Detective Di: Ren-jie wachte nach 3 Wochen aus dem Koma auf. Polizei und FBI befragten sie und sie offenbarte ihre ehemalige Zugehörigkeit zur roten Gesellschaft. Nachdem die Polizei gegangen war, gestand Maya ihrer besten Freundin Ren-jie ihre Gefühle. Doch werden Diese auch irgendwann erwidert?
 


 

Nach einer weiteren Woche im Krankenhaus war Ren-jie beinahe vollständig genesen, was für die Ärzte ein richtiges Rätsel darstellte. Natürlich wusste sie es besser. Aber was ihr half zu genesen, hatte natürlich auch einen Preis. Und niemals würde sie so sein, wie andere Mädchen, selbst wenn sie sich komplett aus der Gesellschaft oder dem Geschäft mit dem Tode zurückziehen würde, was niemals passieren würde. Jetzt interessierte sie nur Eines: Nachhause zu den Zwillingen, ihren Freundinnen und ihren Haustieren. Selbst den neuen Haarschnitt, den sie der Drainage verdankte, durch die ihre Hirnschwellung abgelassen wurde, hatte sie inzwischen akzeptiert, auch wenn sie sich wünschte bald wieder so schön lange Haare zu haben. „Und? Freuen sie sich schon darauf nachhause zu kommen?“ fragte die Schwester, welcher sie schon vor einer Woche gedroht hatte. In den vergangenen Tagen hatten sie aber ein recht gutes Verhältnis zueinander. „Natürlich, Schwester Tomoko. Immerhin habe ich meine beiden Cousinen und vor Allem meine Haustiere seit einem Monat nicht gesehen. Ich konnte aber viel nachdenken, besonders über das Mädchen mit den ungleichen Augen, sie erinnern sich an sie?“ Natürlich erinnerte sich die Schwester an besagtes Mädchen, diese Augen waren kaum zu vergessen. „Versprechen sie mir weder mich noch sie zu verurteilen?“ „Natürlich. Worum geht es?“ wollte die Schwester wissen, sah zu wie Ren-jie ihre letzten Klamotten in die große Reisetasche packte. „Wissen sie, Schwester: An dem Abend als ich aus dem Koma aufgewacht bin, hat sie mir später etwas gestanden. Sie sagte mir schon vor Wochen, dass sie nicht so empfindet wie andere Mädchen, aber an dem Abend hat sie mir gestanden, in mich verliebt zu sein. Ich fürchte, ich habe sie gekränkt. Ich fürchte fast, ich hätte unbeabsichtigt gesagt dass ich sie nicht mehr sehen möchte, wenn ich den falschen Code benutzt habe. Ich sagte ihr wörtlich: ‚Klar, ich verstehe das. Es ist nur, ich weiß nicht wirklich, ob ich außer der Liebe zu meiner kleinen Schwester noch andere Liebe empfinden kann. Aber die Gefühle die ich für dich habe, die sind so ähnlich wie für sie. Ich weiß nicht ob es echte Liebe ist, aber ich mag dich sehr, Maya. Egal wie wir empfinden, für mich bist du noch immer Maya Reid, das süße Mädchen mit der Vorliebe für Süßkram, das nur 2 Kreuzungen von mir entfernt wohnt. Und du bist meine beste Freundin. Ich will nicht sagen dass wir weiterhin Freunde bleiben wollen, oder dass wir in Kontakt bleiben wollen… aber gib mir etwas Zeit um herauszufinden, ob ich dich so liebe, wie du mich, oder ob ich nur freundschaftliche Gefühle für dich habe. Ich will nicht das irgend etwas zwischen uns steht, ja? Deine Gefühle kannst du nicht ändern, aber versuchen wir bitte so miteinander umzugehen, wie sonst immer?‘ Das waren meine Worte. Habe ich damit vielleicht etwas Falsches gesagt?“ fragte die Brillenträgerin mit traurigem Gesichtsausdruck und legte ihren letzten Pullover in die Tasche. Die Krankenschwester lächelte nur wissend und legte der Rosahaarigen beruhigend die Hand auf die Schulter. „Wissen sie Fräulein Di, sie haben nichts Falsches gesagt. Vielleicht wartet Maya ja nur darauf, dass sie mit ihr reden und ihr sagen was sie fühlen. Wie fühlt es sich eigentlich an, wenn sie Maya sehen? Was für Empfindungen haben sie da?“ Nachdenklich sah Ren-jie zur Decke und legte die Stirn in Falten. „Was empfinde ich? Ich glaube, es fühlt sich an wie… naja… wie flugfähige Insekten, die in meinem Bauch Samba, nein Lambada tanzen… meinetwegen auch Tango oder Mambo. Es ist, als hätte ich sowas wie Fliegen oder eher Motten… oder…“ „Vielleicht Schmetterlinge im Bauch?“ lächelte die Krankenschwester worauf Ren-jie sie überrascht ansah. „Ja! Sie kennen das, Schwester Tomoko? Ist das normal?“ „Seit wann ist das so? Seit wann haben sie dieses Gefühl? Seit sie aus dem Koma aufgewacht sind? Oder schon vorher?“ „Ganz klar schon vorher! Ich würde sogar fast sagen, seit ich sie das erste Mal gesehen habe! Bitte, sagen sie mir was das ist!“ „Dafür gibt es nur ein Wort, egal wie sie das Gefühl umschreiben, Fräulein Di.“ lächelte die Schwester und sah verträumt zum Fenster hinaus. Irritiert folgte Ren-jie ihrem Blick, sah aber nur den Park des Krankenhauses. „Das ist wahrhaftige, unverfälschte Liebe in ihrer reinsten Form. Oder kurz gesagt: Sie sind verliebt. Und es ist mir egal ob sie in ein Mädchen, oder einen Jungen verliebt sind, solange es sich nicht um einen Grundschüler handelt. Die Hauptsache ist doch, dass es sie glücklich macht, nicht wahr? Also sagen sie ihr bei ihrer nächsten Begegnung doch unter 4 Augen, was sie für sie empfinden. Und wenn sie wirklich so empfindet, wie sie ihnen gesagt hat, dann werden sie sicher nicht enttäuscht. Ich bin jetzt selbst seit 4 Jahren glücklich verheiratet und liebe meinen Mann wie am ersten Tag. Und übrigens, als ich vor einer halben Stunde in unserem Raucherzimmer eine kurze Pause gemacht habe, habe ich einen guten Blick auf unseren Parkplatz gehabt. Ich konnte sehen, wie jemand ein Motorrad mit Beiwagen auf den Parkplatz geschleppt hat. Vielleicht interessiert sie das ja?“ Sofort begannen Ren-jies Augen zu strahlen. Ein Motorrad mit Beiwagen, das konnte nur bedeuten, dass jemand Bess fertig restauriert und hier hergebracht hatte. Vielleicht war es ja gut, dass sie zur Abwechslung nicht ihr Kleid, sondern eine enge schwarze Jeans, einen Pullover mit hohem Kragen und ihre einzige Lederjacke trug. Sie fand selbst, dass ihr diese Kombination stand und sogar die passenden Stiefel hatte sie von Mariko und ihren Zieh-Eltern ins Krankenhaus gebracht bekommen. „Meine gute, alte Bess.“ „Ah, ihre Maschine, oder? Ich wünsche ihnen alles Gute, Fräulein Di. Kommen sie, ich bringe sie noch runter zum Parkplatz. Ich trage sogar ihre Tasche nach unten, damit sie sich noch ein kleines Bisschen schonen, in Ordnung?“ Zustimmend nickte Ren-jie, verließ an der Seite der Krankenschwester das Zimmer, schließlich die Station und am Ende das Krankenhaus. „Eine Sache wollte ich aber noch wissen, bevor sie gehen.“ meinte die Schwester, kurz bevor sie den Haupteingang zum Parkplatz verlassen konnten. Mit fragendem Blick sah Ren-jie sie an. „Das Tattoo auf ihrem Rücken: Wollen sie es ausbessern lassen? Durch ihre Verletzung hat es ein paar Schäden erlitten. Und wo haben sie es eigentlich her?“ „Ich gehöre nicht zur Yakuza, falls sie das wissen wollen. Aber ich finde es gut, dass dem Drachen jetzt ein Stück fehlt. Ich finde, es soll so bleiben. Das zeigt, dass ich mich geändert habe. Vielen Dank, Schwester Tomoko. Sie sind mir eine gute Freundin geworden, und diesen Begriff benutze ich nicht leichtfertig.“ Damit verabschiedete sich Ren-jie, nahm ihre Tasche von der Schwester entgegen und ging schließlich, endlich zum Parkplatz.
 

Dort traute sie ihren Augen kaum: Mariko, Maya und ihre Eltern waren da, wobei Mariko noch im Van ihrer Eltern saß und ihrer besten Freundin zuwinkte. „Na? Bereit nachhause zu fahren?“ fragte Maya leicht verlegen. Sich die Brille richtend nickte Ren-jie, wandte sich zu ihren Eltern um und breitete die Arme aus. „Ich hab euch vermisst, Mama. Paps. Tut mir leid, dass ich euch bisher nie so genannt habe.“ Mit Tränen in den Augen nahm sich die Familie in die Arme, dabei vergaß Ren-jie sogar für einen Moment die Schmerzen in ihrer Brust. „Wir haben dich immer als unsere Tochter angesehen, Schätzchen. Egal ob du uns Mutter und Vater genannt hast.“ meinte ihre Mutter darauf nur und küsste ihr sanft die Stirn. Selbst Maya war von diesem Anblick zu Tränen gerührt, aber es zerriss ihr auch ein Bisschen das Herz, da die Liebe ihres Lebens sie bis auf ein kurzes Nicken einfach ignorierte. Langsam, noch immer mit Tränen in den Augen, wandte sich die Rosahaarige mit den ungleichen Augen von der Szene ab, wollte eigentlich schon gehen, da drang Ren-jies Stimme an ihr Ohr: „Hey, wohin des Weges Süße?“ Erneut wandte sich Maya um, sah wie Ren-jie ihr einen Motorradhelm zu warf und fing Diesen aus Reflex auf. Verwundert sah sie zu ihrer dunkelhäutigen Freundin. „Wollen wir nicht eine Runde auf Bess drehen? Wird dir sicher Spaß machen, meinst du nicht? Außerdem muss ich noch was mit dir besprechen. Unter 4 Augen, okay?“ „Äh… okay? Ich meine, warum auf einmal?“ blinzelte die Rosahaarige mit den Ungleichen Augen, sah erst zu Mariko im Auto und dann zu den Eltern von Ren-jie. Alle 3 nickten nur. „Also? Kommst du? Mom hat mir gesteckt, dass du, Shatuo, Darjeeling, Matcha und die Zwillinge meine Maschine fertigrestauriert habt. Du sollst Darjeeling sogar Anstand eingeprügelt haben.“ „Naja, einprügeln ist wohl der falsche Ausdruck.“ Gestand Maya verlegen. „Na komm, fahren wir nachhause. Ich würde gerne einen kleinen Umweg nehmen, ja?“ „Vergiss aber den hier nicht.“ meinte Ren-jies Vater und gab seiner Tochter den Zündschlüssel für ihr Motorrad. „Danke Paps, den hab ich beinahe vergessen.“ lächelte sie, half Maya in den Beiwagen und schwang sich schließlich selbst in den Sattel, schnallte sich und ihrer Freundin den Helm auf die Köpfe. „Die Dinger haben Funk. Die Batterie hält ein halbes Jahr. Cool, oder?“ „Ich weiß. Hab ich entdeckt als wir an Bess geschraubt haben.“ lächelte Maya zurück und sah zu, wie das Mädchen in das sie verliebt war einen Aufsatz für ihre Brille herausholte und ihn an den Mittelsteg hängte, den Aufsatz sogar runter klappte. Es sah jetzt aus, als hätte sie eine Sonnenbrille auf. „Viel Spaß ihr 2! Und kommt gesund nachhause!“ rief Mariko noch aus dem Van, da startete Ren-jie schon den Motor, winkte den restlichen Anwesenden und fuhr los. Zum Glück stand vor ihrem Motorrad kein Auto.
 

Sie fuhr mit Maya im Beiwagen eine ganze Weile herum, ohne wirkliches Ziel, aber an einer roten Ampel schaltete die Rosahaarige mit den ungleichen Augen schließlich ihr Funkgerät an und wandte sich zu Ren-jie um. „Sag mal, was wolltest du mit mir besprechen, Renjie?“ „Du lernst es nicht wie man meinen Namen ausspricht, oder? Aber weißt du was? Wie du das sagst klingt das echt sexy.“ Stark errötend sah Maya auf ihre Knie. „Wie jetzt? Kaum aus dem Krankenhaus flirtet sie schon wieder mit mir? Und neulich, als sie gerade aus dem Koma aufgewacht ist, hat sie das doch auch schon getan! Aber, warum hat sie mir einen Korb gegeben, wenn sie doch gleich wieder mit mir flirtet? “ „Du fragst dich sicher, warum ich schon wieder mit dir flirte, obwohl ich gesagt habe ich bräuchte eine Weile um mir über meine Gefühle klar zu werden, nicht wahr?“ folgerte Ren-jie, den Blick stur geradeaus gerichtet. Mit gehobenen Augenbrauen sah Maya sie an. „J-ja, das sind so in etwa meine Gedanken gewesen. Also? Warum flirtest du mit mir? Du hast mir doch einen Korb gegeben!“ Mit einem Schnaufen fuhr die Dunkelhäutige Rosahaarige weiter, die Ampel war gerade grün geworden. Es dauerte wieder eine Weile, bis Ren-jie etwas sagte, sie hatte die ganze Zeit überlegt, wie sie es sagen konnte. „Erinnerst du dich an die hübsche Schwester, die neulich in meinem Zimmer war, als ich das Abendessen bekommen habe? Den widerlichen Rosenhohl-Eintopf? Sie hatte vorhin auch Dienst, als ich entlassen wurde. Ich habe ihr erzählt, was da neulich Abend zwischen uns vorgefallen war, habe ihr gesagt, was für merkwürdige Gefühle ich immer dann habe, wenn ich dich sehe, mit dir rede. Und jetzt will ich es dir sagen, mit ähnlichen Worten: Immer wenn ich in deiner Nähe bin, habe ich das Gefühl dass fliegende Insekten in meinem Bauch Samba, eher Lambada oder meinetwegen auch Tango oder Mambo, tanzen. Ich verspüre ein Gefühl von… ich weiß nicht wie ich es beschreiben soll, aber ich spüre, dass ich in deiner Nähe sein will, Maya Reid. Denn dann fühle ich mich richtig wohl in meiner Haut. Ich bin in dich verliebt, nur darum habe ich immer so plump mit dir geflirtet. Weil ich dich für mich gewinnen wollte.“ Wieder hielt Ren-jie an, schaltete dieses Mal den Motor ab. „Es tut mir Leid, Renjie, aber ich glaube dir nicht. Wenn du mich lieben würdest, hättest du nicht gesagt, dass wir nur Freunde bleiben…“ Plötzlich unterbrach sich Maya selbst, sah sich um und bemerkte dass sie auf dem Parkplatz eines Love Hotels gehalten hatten. „Was wollen wir denn hier in einem Love Hotel?“ „Ganz einfach.“ Entgegnete Ren-jie und nahm ihren Helm ab. „Ich will dir beweisen dass ich dich liebe. Ich will beweisen, dass ich es ernst meine. Und dafür gehe ich sogar mit dir für ein Schäferstündchen in ein Love Hotel. Ich hab mich informiert, die Meisten dieser Einrichtungen sind darauf bedacht die Kunden anonym zu halten. Selbst die Angestellten wissen meistens nicht, mit wem die Gäste dort verkehren. Man weiß dort auch oft nicht, ob dort Mann mit Mann oder Frau mit Frau verkehrt. Ich meine, ich hab ja das Geld. Und ich liebe dich. Wir könnten natürlich auch zu mir oder zu dir gehen, wir hätten dort den gleichen Komfort, wie hier… nur kostenlos.“ „Tut mir leid, Renjie, aber ich muss passen. Du hast schon jemanden. Und zwar Mariko. Ich meine, im Ernst! Sie ist hübsch, intelligent, liebenswürdig und hilfsbedürftig. Und ich dagegen… ich stehe jeden Tag immer näher an der Grenze zum Diabetes. Du siehst es vielleicht nicht, aber ich habe im vergangenen Monat ganze 4 Kilo zugenommen.“ Erklärte die Rosahaarige mit den ungleichen Augen traurig und nahm ebenfalls ihren Helm ab, wollte schon aus dem Beiwagen steigen. „Aber wenn, dann an den richtigen Stellen.“ lächelte Ren-jie und hielt ihre beste Freundin am Handgelenk fest, zog sie zu sich in die Arme. Nun lag sie in den Armen ihrer besten Freundin. Stark errötend und mit zittrigem Blick sah Maya ihr in die abgedunkelten Augen, versuchte Ren-jies Blick zu lesen, doch weder die Aura, noch ihr Blick sagten ihr, was Ren-jie wirklich vorhatte. „Wenn du mich so ansiehst, dieser unschuldige, schüchterne Blick, dann bin ich wie Wachs in deinen Händen, Maya. Und dann rast mein Herz nur noch mehr. Seit wir uns kennen verspüre ich dieses merkwürdige Gefühl, wie ein Verlangen dich zu berühren, so wie ich dich berühren will. Ist das Liebe? Sag es mir, denn ich weiß es nicht.“ „Das… das ist… Verlangen…“ hauchte Maya ihr zu, sah wie Ren-jie ihrem Gesicht immer näher kam und schloss die Augen. Ein Auto hupte, beide schreckten auf und sahen sich um. Anscheinend wollte jemand auf genau den Platz, wo sie gerade standen und sich beinahe küssten. „G-gehen wir schnell wieder, bevor der Kerl uns noch lyncht.“ grinste Ren-jie und setzte sich schnell den Helm wieder auf.
 

Am Ende nahmen sich Ren-jie und Maya doch kein Zimmer im Love Hotel, sondern blieben bei Ren-jie zuhause. Doch noch immer konnte Maya nicht glauben, dass Ren-jie in sie und nicht in Mariko verliebt war. Auch nach mehrmaliger Beteuerung der Dunkelhäutigen Brillenträgerin war dies nicht der Fall. „Also ehrlich, das ist mir zu kompliziert. Was muss ich nur tun, damit du mir glaubst, Maya?“ „Du musst mir die Wahrheit sagen. Alles über dich. Und du darfst nichts verschweigen.“ Seufzend kratzte sich die Brillenträgerin am Hinterkopf, kam dabei zu ihrer Narbe, genau dort wo ihr mit der Drainage die Hirnblutung abgelassen wurde, ebenso die Stelle, an der sie sich auch den Kopf aufgeschlagen hatten. Dort wuchsen die Haare nur sehr langsam nach. „Vielleicht sollte ich zu meinem Friseur gehen und mich beraten lassen… aber solange die Narbe noch so frisch ist, werde ich da nicht viel machen können. Ich muss warten bis das RGNR8 seine Wirkung wieder komplett entfaltet hat.“ überlegte sie, fuhr mit ihrer Hand noch ein Stückchen tiefer zum Ansatz ihrer Nackenhaare. „Ich bin froh, dass man das dort nicht mehr sehen kann.“ lächelte sie schließlich, zog Maya zu sich aufs Sofa auf ihren Schoß. „R-renjie?“ „Als ich 4 Jahre alt war, wurden ich und meine damals 2jährige Schwester von Mitgliedern der alten Gesellschaft entführt.“ begann sie, erzählte Maya alles. Alles vom Training, der Konditionierung, dem RGNR8, den Nummern die man auf den Hinterkopf geschrieben bekam, ihre war übrigens die 14 gewesen, und schließlich, wie sie über sich und die restlichen Kinder herausfand dass sie entführt wurden und schließlich wie sie der Gesellschaft entkam. „Nach dem Bestehen der Ausbildung zum Killer, wurden wir alle mit einem Mal gezeichnet. Ein asiatischer Drache. Du erinnerst dich an mein Tattoo?“ „Natürlich. Du sagtest, du wärst nicht die Drachenlady. Das war damals eine Lüge, nicht wahr?“ „Technisch gesehen nicht. Ich bin nicht mehr die Drachenlady. Vor 2 Jahren habe ich aufgehört Menschen zu töten. Deshalb bin ich nicht mehr Mitglied der Gesellschaft und umgekehrt. Aber eine Person wird noch sterben, wenn er mich nicht noch einmal kontaktiert. Vor einem Monat, als ich angeschossen wurde, hatte ich am Nachmittag eine Verabredung mit einem Mann namens John Smith. Ich habe ihn über meine Schwester ausgefragt. Er sagte, er hat keinen Kontakt zu ihr. Ich habe ihn aber mit einem Mal markiert, dass sich bis zu seinem Tod immer weiter ausbreitet. Du kannst es so zusammenfassen, dass ich sein Chi mit dem Schlangenbiss vergiftet habe.“ „Und weiß er dass du das warst?“ „Noch nicht, Süße. Maya, ich habe dir jetzt alles über mich gesagt, was es zu wissen gibt. Ich habe dir sogar von meiner kleinen Schwester erzählt. Glaub mir Süße, ich liebe dich mehr als alles Andere auf der Welt, aber bei meiner Schwester verstehe ich keinen Spaß.“ „Aber was ist mit Mariko? Ich dachte die ganze Zeit du hättest was mit ihr?“ „Ach nein, du bist ja eifersüchtig! Neinein, Mariko ist wirklich niedlich und nett und alles. Aber ich kümmere mich nur um sie, weil sie selbst gesagt hat dass sie in manchen Belangen nur mir vertraut. Und falls du wissen willst, ob das RGNR8 ihr helfen könnte, so muss ich das verneinen. Ein Schaden, der schon vor der Einnahme des RGNR8 irreversibel war, kann dadurch nicht behoben werden, ansonsten hätte ich das schon getan.“ „Wurde es schon mal getestet?“ Traurig nickte Ren-jie, sah die Gesichter von allen Kindern und Menschen vor sich, die exekutiert wurden, weil das RGNR8 ihre angeborenen körperlichen Behinderungen nicht heilen konnte, ebenso die Gesichter all Jener, die verstümmelt waren und aus dem selben Grund getötet wurden. „Mehr als 200 Probanden. Alle waren entweder teilweise amputiert, waren körperlich behindert oder waren schon behindert geboren. Alle wurden exekutiert, weil das RGNR8 bei ihnen nichts gebracht hatte. Und bei Mariko wird es auch nichts bringen, darauf gebe ich dir mein Wort. Wie gesagt, Mariko vertraut mir. Ich würde niemals falsche Hoffnungen bezüglich einer möglichen Genesung in ihr wecken. Oder etwas tun, das ihr schaden könnte.“ „Ist das so?“ grinste Maya plötzlich, streichelte sanft über Ren-jies hübsches Gesicht, fuhr langsam herunter zu ihrer Brust. „Würde es ihr schaden, wenn wir nach oben in dein Zimmer gehen? Und dann zeige ich dir, wie die Liebe zwischen Mädchen funktioniert?“ „Ich weiß zwar nicht was der Gedankensprung soll… aber warum nicht? Ich möchte ausprobieren, was ich in meinen Mangas gelesen habe.“ „Ach Ren-jie. Du bist sowas von unverbesserlich.“ „Aber sexy.“ Mit einem zufriedenen Lächeln küssten sie sich.
 

Erschöpft, glücklich und zufrieden lagen Maya und Ren-jie einige Stunden später Arm in Arm im Bett der Brillenträgerin, kuschelten sich dicht aneinander. „Ich hätte niemals gedacht, dass es sich so gut anfühlt, mit einem anderen Mädchen zu schlafen.“ hauchte Ren-jie und küsste zärtlich Mayas Hals. „Hast du überhaupt schon mal mit jemandem geschlafen?“ „Leider ja…“ nickte die Dunkelhäutige und setzte sich langsam auf, ignorierte dabei, dass ihre Decke ihr von den nackten Brüsten glitt. Neugierig tat Maya es ihr gleich, behielt die Decke aber vorgehalten. „Kenne ich ihn?“ „Nein, zum Glück. Als ich 14 wurde, es war ein Dienstag, das weiß ich noch, hatte ich einen One-Night Stand mit Smith. Er hat mir Sake angeboten und, naja was soll ich sagen? Er war mein erster Mann. Aber du bist meine erste Frau. Und ich werde die Erinnerung daran hüten wie einen Schatz.“ „Aw.“ Machte Maya nur gerührt und zog ihre Geliebte gleich wieder zurück ins Bett. Der richtige Ausdruck währe wohl: Auf zu Runde 2!
 

Plötzlich durchfuhr Mister Smith ein Schmerz in der Schulter und er fuhr aus seinem unruhigen Schlaf. Yun blieb das nicht verborgen, teilte sie sich erneut mit ihm das Bett in ihrem Hotelzimmer. „Was ist los, John?“ „Meine Schulter! Was ist das!?“ stöhnte er, hielt sich die schmerzende Schulter und ließ Yun sehen. Diese erbleichte. Ein Hämatom in Form einer Hand war auf der linken Schulter des Mannes mit den falkengelben Augen zu sehen. Und es schien, dass sich die Finger schon ein Stück ausgebreitet hatten. „Das… das ist der Schlangenbiss. Dein Chi wurde vergiftet. Das war sicher Schwester Lotus!“ „Kannst du nichts dagegen unternehmen!?“ fuhr John Smith sie an, doch Yun schüttelte den Kopf. „Nur der, der dein Chi vergiftet hat kann das beheben. Aber Schwester Lotus ist tot. Du wirst wohl sterben.“ erklärte sie recht emotionslos. Zähneknirschend schüttelte Smith sie ab und sprang aus dem Bett, versuchte sich mit ein paar Runden durch das Zimmer zu beruhigen. Auf einmal klingelte sein Handy. Hektisch nahm er den Anruf an, hoffte dass einer seiner neuen Kameraden ihn anrief. „Hallo? Sind sie das Gin?“ „Tut mir Leid sie enttäuschen zu müssen.“ drang eine Mädchenstimme vom anderen Ende der Leitung an sein Ohr. „Wer bist du!? Woher hast du diese Nummer!?“ „Sie kennen mich. Früher wurde ich Orchidee genannt, halb amerikanisch, halb chinesisch. Scharfschütze, Giftmischer, Ballistikerin. Erinnern sie sich jetzt an mich? Wenn ja, dann gehen sie zu ihrem Fenster, das Mittlere, und öffnen es.“ Neugierig, wenn auch misstrauisch, ging Smith zu seinem Fenster.
 

Dies beobachtete Darjeeling, auch bekannt als Emily Wong, von einem 3 Kilometer entfernten Dach aus durch das Zielfernrohr ihrer Widowmaker und stellte es noch einmal scharf. Sie sah wie Smith das Fenster öffnete und sich leicht hinausbeugte, in alle Richtungen sah. „Sehen sie doch bitte mal geradeaus, Mister Smith. Oder sollte ich lieber sagen, Absinth?“ Sie sah mit Genugtuung, wie Smith genau in ihre Richtung sah. „Vielen Dank, Johnny Boy.“ Lächelte sie in ihr Headset und drückte den Abzug. Mit einem leisen Pfeifen schoss ein Projektil gegen den Kopf von Mister Smith, zerplatzte auf seiner Stirn und färbte sein ganzes Gesicht rot. Vor Schreck, so schien es ihr zumindest, stolperte er zurück, setzte sich sogar auf seine 4 Buchstaben. „Das ist nur Farbe. Ihr Tod wird aber Qualvoll sein, Mister Smith. Es sei denn, sie würden Schwester Ren-jie aufsuchen und sie bitten, das Mal des Schlangenbisses zu entfernen. Wenn nicht, bleibt ihnen gerademal noch ein Monat.“ „Di Ren-jie ist TOT! Es ist unmöglich sie darum zu bitten!“ fuhr Mister Smith sie durch das Telefon an, rappelte sich langsam wieder auf und schloss das Fenster. „Vielleicht rufen sie Schwester Ren-jie einfach mal an. Sie werden sehen, wie lebendig sie ist. Immerhin sollte ein Scharfschütze wissen, dass man auf den Kopf schießt und nicht ins Herz. Aber Schwester Ren-jie hat ihr Herz nicht Links in der Brust. Ihre Organe sind Spiegelverkehrt angeordnet. Zielen sie nächstes Mal auf den Kopf, das lernt man doch als Erstes in der Ausbildung zum Sniper.“ Noch einmal verstellte Emily etwas an ihrem Gewehr, zielte erneut und drückte wieder ab. Mit dem gleichen Geräusch wie vorher schossen 3 kleine Projektile aus der Widowmaker und zerplatzten an der Fensterscheibe. Endlich hob sie ihre Waffe an und legte sie neben sich ab. „Ich habe erneut auf ihren Kopf gezielt… und auf ihren Cazzo, Mister Smith. Kontaktieren sie Schwester Ren-jie und fragen sie, ob sie das Mal entfernt. Ich kann ihr inzwischen auch beweisen, dass sie es mit ihrer kleinen Schwester Ylang-ylang treiben. Sehen sie sich ruhig um. Ihr Zimmer wurde von unserer Meisterin der Infiltration, Green Yasmin, verwanzt. Mit Kameras und Mikrofonen und allem. Sogar ihr Handy wurde angezapft, als sie neulich duschen waren. Sie ist wirklich Meisterin der Infiltration. Sie kommt überall unbemerkt rein und wieder raus. Adieu, Mister Smith.“ Damit schaltete sie ihr Headset aus und packte zusammen. „Seine Stunde hat bald geschlagen.“
 


 

Verzeiht dass ich ab hier die reizende Detektivin ablöse, doch momentan hat sie genug um die Ohren. Nächstes Mal bei Detective Di: Ren-jie, Shinichi, Onkelchen und Hattori erhalten eine Einladung zu einer Charity-Veranstaltung auf der Queen Anne, einem Luxus-Liner der in Tokyo ankert. Schirmherrin ist Elizabeth Teach, welche einen Auftrag für die 4 hat. Doch nichts ist so wie es scheint. Wird Ren-jie ihre kleine Schwester überzeugen können? Step right! This way! Watch Carefully!



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