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Thread: Einer der auszog, das Zeichnen zu lernen

Eröffnet am: 10.03.2005 05:24
Letzte Reaktion: 15.05.2005 00:40
Beiträge: 10
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 Milkymalk Einer der auszog, das Zeichnen... 10.03.2005, 05:24
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 Rosa_Maus Einer der auszog, das Zeichnen... 15.05.2005, 00:40
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Von:    Milkymalk 10.03.2005 05:24
Betreff: Einer der auszog, das Zeichnen zu lernen [Antworten]
Es folgt ein Beitrag zur allgemeinen Erheiterung. Nehmt es ernst oder nicht - Kommentare von mir siehe ganz unten.


-= Es sieht doof aus =-

Eigentlich ist Zeichnen doch ganz einfach, oder? Man stellt sich ein Bild vor und zieht die gedachten Linien dann auf dem Papier nach. Ist doch so, oder nicht?

Klar. Beim Zeichnen gibt es nur leider zwei Ebenen des Könnens:

a) Was man zeichnen will

b) Was man zeichnen kann

Das Problem ist offensichtlich - der Geist ist willig, aber das Fleisch ist schwach. Sprich, ich weiß, was ich zeichnen will, aber ich kann es nicht umsetzen, weil ich zu wenig Übung habe.

Falsch.

Das Problem verteilt sich zu gleichen Teilen auf a) und b). Natürlich weiß man, was man zeichnen will, aber weiß man auch, wie man es zeichnen will? Oder besser gesagt, wie man es zeichnen muß? Die Grenzen sind oft schon beim theoretischen Wissen gesetzt. Weiß ich wirklich, wie das Bein eines Pferdes aussieht? Wie eine Pistole von Nahem aussieht? Wie eine Hand locker herunterhängt? Welche Beuge dieser Muskel macht?

Warum weiß ich das nicht? Ich habe das alles tausendmal gesehen. In der Realität, in Filmen, auf Bildern, in Mangas. Warum kann ich es dann nicht aus dem Kopf zeichnen? Weil ich nie darauf geachtet habe. Ich sehe: Da ist ein Pferd, da ist eine Pistole, da ist eine Hand. Aber ich analysiere nicht. Augen auf heißt die Devise.

Sobald ich weiß, wie estwas aussieht, kommt Stufe b) ins Spiel. Denn es fehlt nun wirklich die Übung, die Striche dahinzusetzen, wo sie auch hingehören. Immerhin sehe ich jetzt, daß sie falsch sind und warum. Vorher sah es einfach nur unrichtig aus. Ein Fortschritt.


-=Die Schaufensterpuppe=-

Irgendwas fehlt meinen Figuren. Sie sind richtig gezeichnet, die Proportionen stimmen, die Anatomie auch. Also?

Sie stehen nur da. Sie interagieren nicht. Die Beine durchgestreckt, die Augen geradeaus, die Arme hängen herunter. Wie eine Schaufensterpuppe. Klar, daß das langweilig wird, wenn jede Figur so aussieht.

Lassen wir sie interagieren. Eine Figur alleine zu zeichnen ist keine Herausforderung. Warum aber ist es so schwer, eine Figur so zu zeichnen, daß sie als Teil ihrer Umwelt funktioniert? Weil wir die Striche nicht mehr nehmen können, wie sie kommen.

Eine Figur im leeren Raum kann den Arm höher oder tiefer halten, es ist egal. Legt sie die Hand aber einer anderen Figur auf die Schulter, muß sich die Hand an einer bestimmten Stelle befinden, die Finger müssen eine bestimmte Position haben, der Ellbogen muß richtig sitzen. Wir müssen das Bild in unserem Kopf 1-zu-1 umsetzen. Keine Fehlertoleranz.

Was oft vergessen wird - eine Figur kann mit sich selbst interagieren. Sie bewegt sich und berührt dabei Teile ihres Körpers. Wenn sie sich morgens streckt, hebt sie beide Arme über den Kopf, greift einen Arm mit der Hand und zieht daran. Das alles muß dargestellt werden: Die Schulterbewegung nach oben, die greifende Hand, der vom Ziehen gestreckte Arm. Eine Bewegung, die wir vielleicht jeden Tag ausführen, ist so komplex, daß wir sie vielleicht erst nach mehreren Versuchen zufriedenstellend zeichnen können.

Sehen wir es ein - mit Portraits und Schaufensterpuppen entwickeln wir uns nicht weiter. Man kann einen Manga nicht nur mit Nahaufnahmen der Gesichter zeichnen - auch wenn manche Autoren einer gewissen "Ichhabdichlieb" das versuchen ;-) Die Charaktere bestehen nicht nur aus dem Kopf. Sie stehen nicht immer nur kerzengerade im leeren Raum. Sie bewegen sich nicht nur von links nach rechts, sondern auch auf den Leser zu und von ihm weg. Sie berühren sich selbst und andere Charaktere. Das Gesicht muß nicht immer in Blickrichtung zeigen. Leute, macht eure Charaktere dynamisch.


Das sind meine Gedanken, schnell mal in Text verwandelt. Der Appell ist an alle die es lesen genauso wie an mich selbst gerichtet. Vielleicht mußte ich es erst schreiben, um mich selbst daran zu erinnern. Egal, ich hoffe, ihr (und ich auch) denkt daran, wenn ihr das nächste Mal ein Pferd seht oder einen Doujinshi zeichnet.

Und jetzt flamet los ;)
The ancient samurai write war poetry to meditate upon their problems.
Monks sit under a freezing waterfall to focus their thoughts.
I play Dance Dance Revolution.



Von:    Fuujin 10.03.2005 14:38
Betreff: Einer der auszog, das Zeichnen zu lernen [Antworten]
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Ein schöner Text. Und ich flame dich jetzt nicht, weil ich genauso denke. Vielleicht ein andermal.
111111111 x 111111111 = 12345678987654321



Von:    Tjulan 10.03.2005 14:45
Betreff: Einer der auszog, das Zeichnen zu lernen [Antworten]
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Im großen und ganzen hast du damit recht.
Aber beim ersten Punkt kommt noch eine ganz wichtige Sache hinzu: Das Gehirn minimiert. Das merkt man, wenn Zeugenaussagen aufgenommen werden, da verschwinden Erinnerungen, neue kommen hinzu oder es war nur noch ein dunkler Wagen oder ein blonder Mann.
Man sieht eine Waffe im Film tausend mal. Aber weiß man deshalb sie eine Waffe aussieht? In meinem Kopf kann ich sie mir voratellen. Aber ich bring sie nicht aufs Papier- dafür fehlen mir Details.
Darum halte ich es auch für wichtig, öfter mal Vorlagen zu nehmen. Und sei es nur um das, was im Kopf ist, zu ergänzen. Ansonsten zeichnet man nämlich genau das unvollständige Bild, welches man ja eigentlich im Kopf hat.
Wer kann schon einen Baum aus dem Kopf zeichnen? Ich denke, es gibt nur wenige Dinge, die man so genau im Kopf hat, daß man sie auch wenn man das Talent hätte wirklich original wieder geben könnte.

Mit den Figuren hast du auf jeden Fall recht. Wenn sie nur herumstehen, wirken sie langweilig, leblos. Was du mit der Hand auf der Schulter schreibst, stimmt nur bedingt. Sicher muß man aufpassen, daß die Wirkung stimmig ist. Doch wer einmal von einem Photo abgezeichnet hat wird fest stellen... man kann nicht ausschließlich zeichnen, was man sieht, wie es richtig ist. Richtig gezeichnet wirkt oft falsch. Perspektive einbringen ist sehr wichtig. Oft wirkt übertriebene Perspektive noch besser, noch lebendiger.
Macht mit beim Rammstein-WB!
"Du riechst so gut!"
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Von:    Impact-C 15.03.2005 23:15
Betreff: Einer der auszog, das Zeichnen zu lernen [Antworten]
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das Problem mit den "zu unlebhaften Figuren" sehe ich auf vielen Bildern (oft genug auch auf meinen>_____>*drop*) denoch veruche ich bewegung in meine Bilder zu bringen, aba das ist nicht immer so leicht, wenn man nicht weiß, wie sich die Proportionen verhalten, wenn sich der Winkel des Bildes nun ändert. da kann man dann nämlich ganz schön krasse Fehler machen und viel sagen sich dann: hey, das ist mein chara und das reicht! und zeichnen dementsprechend nur diese leblose Schaufensterpuppe da hin.

nya, ich hab aba mittlerweile festgestellt, das das alles eine Sache der übung ist. Denoch weiß man nicht unbedingt, wie nun der lauf einer Waffe ist, oder wie ein Pferdebein aussieht, auch wenn man es schon ein dutzend mal gesehen hat^^




Von:    Romeryo 16.03.2005 13:48
Betreff: Einer der auszog, das Zeichnen zu lernen [Antworten]
Ich stimm da im großen und ganzen schon zu.
Aus bloßer Erinnerung kann man kaum gute Effekte erzielen,aber wenn man einmal etwas abzeichnet bleibt auch etwas hängen,und wenn mans öfters einmal zeichnet verschwimmt dieses Bild nicht mehr so schnell.Im Prinzip zeichnet man das,was man im Kopf sieht,ab.Mit der Übung werden einfach diese Bilder schärfer und deutlicher,auch gewinnen sie an Detail(wenn ich anfangs mal einen Baum zeichnen wollte,war das für gewöhnlich 2 Striche für den Stamm und grob umrandetes Blattwerk...sah im Endeffekt aus wie ne Lollie-Wolke,aber egal;jetzt weiß ich schon,wie und wo ich Äste,Rinde und Lücken im Blattwerk,sowie Stellen wo man Blätter deutlicher sieht und andere,wo mans grob belassen kann ohne dem Effekt zu schaden,einzuzeichnen hab...gut,ich bin zwar kein Baumzeichnerpro,aber ich seh das als bewussten Fortschritt)



Von:    Kjesta 11.05.2005 21:25
Betreff: Einer der auszog, das Zeichnen zu lernen [Antworten]
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>Irgendwas fehlt meinen Figuren. Sie sind richtig gezeichnet, die Proportionen stimmen, die Anatomie auch. Also?

>Sie stehen nur da. Sie interagieren nicht. Die Beine durchgestreckt, die Augen geradeaus, die Arme hängen herunter. Wie eine Schaufensterpuppe. Klar, daß das langweilig wird, wenn jede Figur so aussieht.

>Lassen wir sie interagieren. Eine Figur alleine zu zeichnen ist keine Herausforderung. Warum aber ist es so schwer, eine Figur so zu zeichnen, daß sie als Teil ihrer Umwelt funktioniert? Weil wir die Striche nicht mehr nehmen können, wie sie kommen.

>Eine Figur im leeren Raum kann den Arm höher oder tiefer halten, es ist egal. Legt sie die Hand aber einer anderen Figur auf die Schulter, muß sich die Hand an einer bestimmten Stelle befinden, die Finger müssen eine bestimmte Position haben, der Ellbogen muß richtig sitzen. Wir müssen das Bild in unserem Kopf 1-zu-1 umsetzen. Keine Fehlertoleranz.

>Was oft vergessen wird - eine Figur kann mit sich selbst interagieren. Sie bewegt sich und berührt dabei Teile ihres Körpers. Wenn sie sich morgens streckt, hebt sie beide Arme über den Kopf, greift einen Arm mit der Hand und zieht daran. Das alles muß dargestellt werden: Die Schulterbewegung nach oben, die greifende Hand, der vom Ziehen gestreckte Arm. Eine Bewegung, die wir vielleicht jeden Tag ausführen, ist so komplex, daß wir sie vielleicht erst nach mehreren Versuchen zufriedenstellend zeichnen können.

>Sehen wir es ein - mit Portraits und Schaufensterpuppen entwickeln wir uns nicht weiter. Man kann einen Manga nicht nur mit Nahaufnahmen der Gesichter zeichnen - auch wenn manche Autoren einer gewissen "Ichhabdichlieb" das versuchen ;-) Die Charaktere bestehen nicht nur aus dem Kopf. Sie stehen nicht immer nur kerzengerade im leeren Raum. Sie bewegen sich nicht nur von links nach rechts, sondern auch auf den Leser zu und von ihm weg. Sie berühren sich selbst und andere Charaktere. Das Gesicht muß nicht immer in Blickrichtung zeigen. Leute, macht eure Charaktere dynamisch.

Da liegt (meiner Meinung nach) mein größtes Problem. Seit ich diesen Thread vor nem Monat oder so entdeckt habe, hab ich immer versucht, irgendwie Dynamik einzubringen, zumindest in einige Bilder. Charastudien zum Aussehen und so müssen ja nicht sonderlich dynamisch sein, außer es geht um das Verhalten in diversen Situationen und so.
Das Prob ist, dass ich meist nicht aufs Papier bekomme, wie ich es mir vorstelle. Ich weiß, wie das Bild bewegt wird und wie es aussehen sollte, wenn Bewegung im Spiel ist. Das Problem ist, dass ich meistens zeichnerisch einfach nicht soweit bin, diese Dynamik einzubauen. Mir fällt immer öfter auf, dass ich nicht weiß, wie man einen Stift hält oder wie ich mir durch die Haare streiche. genau sowas übe ich deshalb in letzter Zeit vermehrt. Auch wurstige Hände und Finger verbessern sich langsam - es ist schwer, Spannung in die Hände einzubringen, sie sollen schließlich nicht aussehen wie Gummihandschuhe.
Nochmal zur Bewegung: bis ich soweit bin, zeichne ich meine Figuren halt nicht von unten und bemühe mich erst mal um eine Basis, auf der ich aufbauen kann, eine gescheite Anatomie zum Beispiel. Was mir auffällt, ist, dass man sich ruhig trauen sollte, etwas zu überzeichnen. Meine Finger waren immer schnurgerade, bis ich mir Alessandro Barbuccis (er zeichnet w.i.t.c.h. und MonsterAllergy) Zeichnungen genauer besehen habe und nun auch wirklich darüber nachdenke, wie er die einzelnen Bildbestandteile aufbaut und so. Die teilweise ziemlich dünnen Fußgelenke sind gar nicht einmal so schlimm, wenn der Rest des Bildes darauf abgestimmt ist.
Und was ich besonders wichtig finde: jede Figur ist anders! Ich lese im Moment Maria Stuart von Schiller und zeichne diverse Figuren so, ich sie mir vorstelle. Elizabeth mit schmalen Augen, blonden, feinen Haaren, einer ausgeprägten Nase und hohen Wangenknochen und hochgewachsen, Maria etwas "runder", mit weicheren Formen, mandelförmigen Augen und volleren Lippen. Ich habe früher immer gerne nach Schema F gezeichnet und nur Augenfarbe, Kleidung und Haare verändert. So geht es aber nicht! Man sollte auch mit der Zeit lernen, alte Menschen und Erwachsene, Kinder und Jugendliche zu zeichnen. Wie gesagt: Vielfalt ist wichtig!
"ICH HÄTTE JETZT LUST AUF EIN CURRYGERICHT." "Was ist, Curry, Herr?" "HAST DU SCHON EINMAL IN EINEN 500 GRAD HEISSEN EISWÜRFEL GEBISSEN?" "Nein, Herr." "CURRY SCHMECKT SO ÄHNLICH."

Tod rult x3 Und Terry Pratchett sowieso ^.~



Von:    Rosa_Maus 12.05.2005 19:50
Betreff: Einer der auszog, das Zeichnen zu lernen [Antworten]
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Was mir jetzt spontan dazu einfällt: WENN unser Gehirn alle Erinnerungen minimiert, WARUM sehen wir dann in Träumen alles so, wie es richtig aussieht? XD Da ist doch auch nichts minimiert, oder verfälscht! Das heißt, unser Gehirn hat von jedem Gegenstand eine exakte Abbildung gespeichert. Das Problem ist nur, dass wir aus irgendeinem unerfindlichen Grund nicht darauf zugreifen können. ^^"
Interessanterweise ändert sich das, wenn man lange zeichnet. o_Ö Man trainiert nämlich nicht die Hand, sondern das Gehirn, das die Hand steuert. Das heißt, dass sich die Vorstellungskraft vergrößert, je öfter man trainiert, Bilder zu visualisieren. ^^

Das war mein Beitrag... *hust*... zu diesem philsophischen Thema.
Und Milkymalk kann ich nur zustimmen! Ich mag keine Portraitmangas... ^^" Mangas sollten wie das wirkliche Leben sein - nicht wie ein Fotoalbum voller Portraits. >_>"
Und Shojo gilt nicht keine Ausrede! XD
Lest mal rein:
http://animexx.4players.de/doujinshi/zeichner.phtml?id=48836

Würde mich sehr freuen! ^_____^°



Von:   abgemeldet 13.05.2005 13:44
Betreff: Einer der auszog, das Zeichnen zu lernen [Antworten]
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prädikat : padagogisch wertvoll
^^


genau...
tatsächlich ist es so das sich das gehirn an alles
erinnert was es je erlebt hat, die eindrücke werden danach
gefiltert und die Querverbindungen getrennt. daher
vergisst man. Wie ein Lexicon wo nicht alles alphabetisch geordnet
ist

faszinierend oder...
Hüte dich vor dem Groove



Von:   abgemeldet 15.05.2005 00:26
Betreff: Einer der auszog, das Zeichnen zu lernen [Antworten]
*schnief* das ist irgendwie *hrrmpf* traurig... *wein*

Ich bin fasziniert wie hier das ausgedrückt wird, womit auch ich ständig zu kämpfen habe.

Was ich zum Thema „einer Figur Leben“ und einen „Charakter“ geben sagen kann, ist folgendes:

Hört auf von Fotos abzuzeichnen! Wenn ihr ernsthaft einmal vorhabt eigenständig vor Leben und Charakter sprudelnde Figuren zu kreieren, ist das ständige Menschen–von–Fotos–Abzeichnen euer Tod!
Das klingt jetzt so abstrus, dass ich es anfangs selber nicht glauben wollte, als ich dies aus dem Mund eines Seminarleiters hörte. Aber diese Tatsache wurde mir letztes Wochenende bei eben diesem Portrait Zeichnen Seminar schmerzlich bewusst!

Da ich immer wieder meine Auftragsportraits (von Fotos abgezeichnet) so wahnsinnig fotorealistisch hinbekommen habe, dass ich jedes Mal vor Selbstverliebtheit geplatzt bin, dachte ich, dieses Seminar wird ein Klacks. Jetzt sitzt halt kein Foto sondern ein Model vor mir. Natürlich ist das schon ein Unterschied, aber vorangegangene Anatomie Studien würden mir helfen, die richtigen Proportionen zu finden.
Das taten sie auch. Meine „Köpfe“, die in dem Seminar entstanden sind, sahen aus wie Menschen, richtige Menschen. (Nicht wie die Kindergartenzeichnungen von den Seminarteilnehmern, die zum ersten Mal einen Stift in der Hand gehalten haben)
Doch, abgesehen von der Ähnlichkeit – diese hinzubekommen ist eine Kunst für sich - die ich vielleicht sogar auch ganz gut hinbekommen habe – brachte mir das Ergebnis tagelange Depressionen ein.
Zwar litten die „Portraits“ der anderen STeilnehmer auffällig oft unter Gesichtsentgleisungen, doch irgendwie machte es Freude sie anzuschaun. Es bestand keinerlei Ähnlichkeit zum Model, dennoch lebten die Bilder, sie hatten Charakter, manchmal sogar den Charakter des Models.
Und wie sah es bei mir aus? Ich hatte aus dem süßen, etwas pummeligen Model eine Computer-Figur gemacht! Die Nase saß an ihrem Fleck und der Mund lächelte von seinem korrekten Platz entgegen. Ich wusste genau was wie und wo in einem Gesicht arrangiert werden muss – schließlich habe ich das ja unzählige Male gesehen, studiert und abgezeichnet.
Meine Striche waren so sicher eingesetzt, dass ich das Wichtigste vergessen haben: die kleinen Schönheitsfehler, die einem Gesicht, einem Menschen seine ganz eigene Persönlichkeit und Faszination geben.
Meine Figur blickte starr aus dem Blatt. Je öfter ich das Model gezeichnet habe und je besser ich ihre Anatomie kannte, desto steriler wurde sie.

Das passiert einem, wenn man immer nur abzeichnet. Man wird faul und zeichnet stur was auf dem Foto zu sehen ist, hell, dunkel etc.
Das Model im Seminar bewegte sich, wenn auch nur minimal. Doch da ich darauf trainiert bin das zu malen was ich sehe, war das natürlich mein Ende. Ich schaffte es nicht meinem Portrait die Seele zu geben, die es verdiente, sondern war darauf aus die Linien und Winkel des Gesichts analytisch zu berechnen und mit einer Formel aus Hilfs-, Mittel- und Dreieckslinien auf das Papier zu programmieren.

Wenn man nie von der Natur zeichnet oder sogar aus dem Kopf, verliert man das Gefühl für Lebendigkeit. Man kann so fotorealistisch zeichnen wie man will, doch damit wird man nie ein Künstler. Die Bilder eines Künstlers leben, die eines Fotokopierers nicht.

( uij, jetzt bin ich aber vom Thema abgeschwiffen^^ – ihr könnt aufwachen! – mein Betrag ist gleich zu Ende Oo )

Also, studiert, zeichnet ab und übt die Anatomie des Menschen, der Bäume und Pferde. Doch passt auf, dass ihr im Richtigen Moment damit aufhört, um eure Vorstellungen in euren Köpfen mit diesem Wissen zu verbinden und so das oft vermisste Leben auf euer Blatt zu schmettern.

Amen




Von:    Rosa_Maus 15.05.2005 00:40
Betreff: Einer der auszog, das Zeichnen zu lernen [Antworten]
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Darum verabscheue ich das Zeitalter der Kunst, in dem man glaubte, die Natur sei mathematisch berechenbar und darum auch durch geometrische Figuren darstellbar... x_X
Naja... vielleicht hatte dieses Zeitalter den Sinn, dass die Künstler zu dem schluss gelangt sind, dass dem nicht so ist, denn Perfektion ist gleichbedeutend mit Stillstand.
Lest mal rein:
http://animexx.4players.de/doujinshi/zeichner.phtml?id=48836

Würde mich sehr freuen! ^_____^°





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