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Einzelposting: Das ist Schwul!


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Von:    Ellerfru 09.03.2011 16:27
Betreff: Das ist Schwul! [Antworten]
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> Wenn eine Gruppe schwuler Männer dikutiert ob das Wort schwul bei "Boah was ein schwuler Film ey!" OK ist und wenn dann ein oder zwei Leute, die eben nicht zu der Gruppe gehören, die das Wort in einem abwertenden Zusammenhang mit einem Film dumm finden, mitdisktieren ist das OK.
>
> Aber hier regen sich Leute auf über angebliche Beleidigungen einer Gruppe Leute zu der sie nicht gehören.
> Hier wird quasi einer Gruppe Menschen die Entscheidung weggenommen ob sie das Wort im allgemeinen Wortschatz der zunmeist jungen Leute OK finden oder nicht.

Sehe ich entschieden anders - eine Meinung darf man mMn durchaus auch haben und vertreten, wenn man selbst nicht betroffen ist. Und wenn jemand "schwul", "Spasti", "Jude", "Mädchen" etc. in meiner Gegenwart als Schimpfwort verwendet, darf ich mir durchaus meinen Teil dazu denken, ob ich nun betroffen bin oder nicht. Immerhin bedeutet die Verwendung als Schimpfwort, dass der Sprecher mit der jeweiligen Personengruppe deutlich negative Assoziationen verbindet. Das ist natürlich nur ein Symptom für gesellschaftliche Probleme, die sich damit ausdrücken.

> Würde ich in einem Forum über eine fast reine Männerdiskussion fallen, das man nicht sagen kann jemand verhalte sich mädchenhaft weil das voll gemein gegenüber Mädchen / Frauen wäre - ich würde erst lachen dann denken WTF? und mich DANN von den Diskutierenden angepisst fühlen weil da eine Gruppe Leute die NICHT weiblich sind meinen für mich als Frau sprechen zu müssen.

Sehe ich ebenfalls anders - das ist eine Äußerung, die unabhängig vom Geschlecht des Sprechers ist. Ich meine, wenn kollektiv eine Gruppe Menschen beleidigt wird, sollte (!) man sogar etwas sagen. Wenn also ein Mann es nicht okay findet, dass "mädchenhaft" mit etwas Negativem assoziiert wird, ist es komplett okay, wenn er das auch so sagt. Damit spricht er ja nicht "für" die Frauen. Dafür müsste er die Äußerung tätigen "FRAUEN finden das nicht okay" (in der Tat eine Anmaßung) im Gegensatz zu "ICH finde das nicht okay" (legitime Meinungsäußerung).

> Und selbst WENN - woher haben wir das Recht die Empfindungen oder nicht Empfindungen einer Gruppe MEnschen zu der wir (zum grössten Teil) nicht gehören als unsere Grundlage zu verwenden ein Wort zu benutzen oder es zu verbieten?

Dass man Gruppenzugehörigkeiten, auf die die betreffenden Personen keinen Einfluss haben, nicht als Beleidigung benutzen sollte, sehe ich einfach als Grundregel der Höflichkeit, da es nur vernünftig ist, anzunehmen, dass zumindest einzelne Menschen aus dieser Gruppe nicht begeistert darüber sein werden. Sprich: Selbst wenn es nur einen einzigen Schwulen gäbe, der die Verwendung von "schwul" als Schimpfwort nicht in Ordnung findet, bedeutet das, eine solche Verwendung als Schimpfwort ist unangebracht. Was darüber die Mehrheit der Schwulen denkt, ist in dem Fall komplett irrelevant.

> Mich haben solche Diskussionen schon in Bezug auf Behinderte genervt - was man wie tun oder lassen soll wenn man einen behinderten Menschen trifft.

Da habe ich schon sehr unterschiedliche Erfahrungen gemacht. Mir geht es aber auch tierisch auf die Nerven, wenn ich Äußerungen höre wie "Behinderte wollen, dass ...", weil es im Fall eines nicht-behinderten Sprechers eine unverschämte Anmaßung und im Falle eines behinderten Sprechers mindestens eine grobe unzulässige Verallgemeinerung ist.
Allgemeine Diskussionen über den Umgang mit Behinderten sind aber teilweise nicht nur tolerabel, sondern sogar notwendig - zum Beispiel, wenn es darum geht, Dinge des täglichen Lebens so zu gestalten, dass auch Behinderte sie nutzen können. (Soll heißen: wenn jemand darauf hinweist, dass Bustüren mit diesem komischen Metallbügel für Rollstuhlfahrer ungeeignet sind und dafür eintritt, dass andere Eingänge gebaut werden, muss er dafür nicht selbst behindert sein.)

> Dann kommt nämlich meistens raus, das der MEnsch der sagte: "Schwuler Film!" das Wort SCHWUL nicht abwertend gegenübver seinem schwulen Kumpel gemeint hatte sondern abwertend gegenüber dem FILM.

Natürlich nicht, aber das ist doch gar nicht das Problem! Jemand, der "schwul" in dem Zusammenhang verwendet, denkt in dem Augenblick höchstwahrscheinlich gar nicht an homosexuelle Menschen. Aber er vermittelt damit trotzdem eine negative Grundeinstellung gegenüber Homosexuellen und signalisiert seinem Umfeld, dass Homosexualität etwas Schlechtes sei und dass man es selbst als okay empfindet, wenn negative Äußerungen über die betreffende Gruppe getätigt werden. Was ich für äußerst bedenklich halte - wer sich schon mal mit Gruppendynamik beschäftigt hat, weiß, dass, wo verbale Übergriffe gesellschaftsfähig sind und geduldet werden, früher oder später auch andere Übergriffe auf die betreffende Gruppe passieren. Hetze mit Worten ist nur der Anfang. Ich denke, ich muss keine Beispiele nennen. Aber gerade bei gesellschaftlichen Gruppen, die nachweislich statistisch gesehen häufiger Opfer von Gewalttaten werden (was z.B. bei Homosexuellen und Behinderten der Fall ist), halte ich es für unverantwortlich, die entsprechende Geisteshaltung indirekt zu unterstützen und weiterzugeben.

Mal ein Beispiel: Sagen wir mal, ein Kind wächst in einem Haushalt auf, in dem die Eltern "schwul" regelmäßig als Schimpfwort verwenden. Also für alles, was irgendwie schlecht ist. Später lernt das Kind jemanden kennen, der schwul ist - und wird dabei ganz sicher keine positiven Assoziationen haben. Natürlich wird besagtes Kind später nicht zwangsläufig zum Gewalttäter und geht auf Schwulenhatz, aber die betreffenden Eltern haben trotzdem ihren Beitrag dazu geleistet, Schwule aus der Gesellschaft auszugrenzen. (Und wenn betreffendes Kind später herausfinden sollte, dass es selbst schwul ist, dürfte so was Anlass für eine handfeste Identitätskrise liefern.)

Übrigens kenne ich niemanden, der Homosexuelle in seinem engeren sozialen Umfeld hat und mag und "schwul" als Schimpfwort benutzt - ich würde das auch für extrem unlogisch halten. Niemand benutzt etwas, das für ihn selbst positiv besetzt ist, als Schimpfwort - ansonsten wäre "Schokolade" vermutlich ein beliebter Fluch. ;)

> Ich kenne eine junge Frau die rastet bei jedem kleinen Frauenwitz aus - man dürfe doch sowas nicht erzählen blah fasel - während alle anderen Frauen lachen - NEIN Männer dürften sowas schion mal gar nicht erzählen und Frauen auch nicht, weil man sich ja damit selbst beleidigt - diese Dame ist sehr, sehr lästig und Gespräche in ihrer Gegenwart werden oft sehr zäh.
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> Weil sie auch dann ausrastet wenn man als Frau selbst sagt: "Ich habe meinen Handypin vergessen, na ja bin ja auch blond..."
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> "Wie kannst Du sowas sagen, du bist doch nicht blöd..."
> "Ja, aber blond..."
> "Mimimimimiiiii."

Das ist dann jemand, der den Unterschied zwischen Witzen und Beleidigungen nicht verstanden hat... Ich meine, sogar ich hab irgendwann mitbekommen, dass es so etwas wie "Humor" gibt. ;) Witze über eine beliebige gesellschaftliche Gruppe sind etwas völlig Anderes als Diffamierungen. Na ja... Lass uns ein paar Witze über humorlose Leute reißen, okay? ;)

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