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Die Schakkeline ist voll hochbegabt, ey! Familienpsychologie, Pädagogik

Autor:  halfJack

Manche Dinge sollten eigentlich nicht mehr verwundern. Ich habe einen Cousin, der seinen Sohn Bastienne nennen wollte. Wirklich, seinen Sohn. Bei der Namensgebung wies man ihn darauf hin, dass dies ein französischer Mädchenname sei, die männliche Variante davon sei Bastien mit einem entsprechend nasalen Laut am Ende. Gut für den kleinen Bastien. Blöd nur, dass seine Eltern ihn trotz der richtigen Schreibweise weiterhin wie ein Mädchen ansprechen. Angesichts dessen, dass der Kleine total verwöhnt und verweichlicht ist, vielleicht gar nicht so unpassend, aber das würde nur wieder überholte Klischees bedienen, die den nächsten Gender-Beauftragten (oder Beauftragtix?) in Empörung stürzen.

Nun also zu dem Fall von Frau Seeberg: Die Familienpsychologin erzählt in ihrem Buch von wahren Begebenheiten aus ihrem Alltag. Mir fiel dabei unwillkürlich ein Bild ein, das ich letztens im Kaufhaus auf einem Kalender sah: Ein Lehrer sitzt vor einem Ehepaar und sagt: „Tut mir leid, Ihr Kind ist nicht hochbegabt. Sie beide sind einfach nur sehr, sehr dumm.“ Es folgt ein Zitat.

 

 

Es roch nach Schweiß, Zigarettenqualm, Frittierfett und nassem Hund. Mal wieder.

Dieser Geruch fällt mir bei so vielen Leuten, zu denen ich als Gutachterin komme, auf. Manchmal mit mehr Zigarettenqualm, manchmal variiert durch Windel- und Erbrochenemaroma, falls kleine Kinder und/oder schwerste Alkoholiker im Haushalt leben. Aber irgendwie ist er doch immer ähnlich. Warum frittieren diese Leute alle ihr Essen? Ist das billiger? Geht das schneller? Oder handelt es sich um eine Familientradition? Jemand sollte diesen Zusammenhang einmal erforschen.

 

Es ging diesmal um eine Mutter und ihre siebenjährige Tochter, Schakkeline. Ja, genau. Schakkeline. Wird genauso geschrieben. Und gesprochen. Ja, auch geschrieben. Mit sch, zwei k und allem Drum und Dran: Schakkeline.

Wie in einer schlechten RTLII-Frauentausch-Parodie.

Ihr sechs Jahre älterer Bruder, Dewid, lebte bei seinen Großeltern väterlicherseits im Harz. Dewid... Wenn man es laut liest, weiß man, welcher Name sich eigentlich dahinter verbirgt. Und auch dieser wurde genau so geschrieben, wie ihn seine Eltern aussprachen: Dewid. Tatsache.

Wahrscheinlich hieß der zuständige Standesbeamte Üffes und hatte im Laufe der Jahre einen perfiden Sinn für Humor entwickelt, weil er sich ständig die urbane Legende vom Üffes anhören musste, der eigentlich Yves heißt, von seinen Eltern aber „Üffes“ genannt wird, weil die eben nicht wissen, dass Yves französisch ist und entsprechend ausgesprochen wird. Ich stelle mir vor, wie Üffes, mittlerweile Anfang vierzig, da hinter seinem dunkelbraunen Schreibtisch sitzt, der immer ein bisschen wackelt. Egal wie viele Bierdeckel Üffes Schneider – er hat sicher einen ganz langweiligen Nachnamen – darunterlegt, immer wackelt der Tisch ein wenig, ohne dass herauszufinden ist, wo genau die Ursache dafür liegt. Vielleicht hat sich der Tisch im Laufe der Jahre schlicht und ergreifend der Persönlichkeit seines Besitzers angepasst. Und weil sein Leben aus schlechtem Kaffee, einer unbefriedigenden Schwärmerei für die Dame, die in der Kantine an der Kasse sitzt, und dem ewigen Gewackel seines Schreibtischs besteht, begann Üffes Schneider eines Tages damit, bei der Anmeldung Neugeborener jeden, aber auch wirklich jeden Namen anzunehmen und keinerlei Korrekturen bezüglich deren Schreibweise vorzuschlagen. Im Gegenteil, er ging sicherlich irgendwann dazu über, den Leuten einzureden, dass man gewisse Namen tatsächlich so schreibe, wie man sie spreche. Das ist zwar niederträchtig vom Herrn Schneider und auch gemein den wehrlosen Kindern gegenüber, aber ein bisschen tat er mir auch leid.

 

Aber nun zu Schakkeline beziehungsweise ihrer Mutter, Frau Höffers: Sie hatte nie mit Schakkelines Vater (dem Mann nach Dewids Vater) zusammengelebt, aber ihre Tochter hatte Kontakt zu ihm und auch zu dessen Eltern. Immerhin. Die Großeltern und der Vater schienen den Berichten des Jugendamtes und der Schule zufolge nicht ganz unfähig zu sein, sodass ich die Hoffnung hegte, Schakkeline dort unterbringen zu können. Denn, wie sich spätestens im Laufe der Interaktionsbeobachtung herausstellte, tat die Mutter dem kleinen Mädchen keineswegs gut – im Gegenteil.

Frau Höffers hatte dreifarbige Haare und ein Zungenpiercing, das den Blick ganz wunderbar auf ihren Mund lenkte, sodass man die verfaulten Zähne und den ständig vorhandenen Speichelfaden im Mundwinkel immer vor Augen hatte. Warum eigentlich? Ich habe mich wirklich bemüht wegzusehen, aber es war kaum möglich. Wenn ich es mir recht überlege, ist dieses Zungenpiercing in Verbindung mit verfaulten Zähnen ebenso typisch wie der Geruch der Wohnungen. Jedes Mal nehme ich mir vor zu googeln, ich meine natürlich: zu recherchieren, ob vielleicht Piercings zu verfaulten Zähnen führen können. Wenn aber zuerst die braunen Stumpen da waren, ist es dann nicht einigermaßen dämlich, dann auch noch durch eine Glitzerkugel darauf hinzuweisen?

 

Im Einzelgespräch berichtete mir Frau Höffers, dass Schakkeline nach den Sommerferien noch einmal die erste Klasse wiederholen solle. Die Lehrerin habe gesagt, sie könne noch nicht genug, um mit ihren Klassenkameraden in die zweite Klasse zu gehen, und müsse noch einmal von vorne anfangen. Sie habe das ihrer Tochter so weitergegeben, worauf diese „voll rumgeheult“ habe. Es war offensichtlich, dass Frau Höffers keinerlei Verständnis für ihre Tochter hatte. Auf meine Frage, wie sie denn auf ihr Weinen reagiert habe, schaute mich Schakkelines Mutter leer an: „Wie jetz?“

„Na ja, haben Sie etwas zu ihr gesagt? Sie getröstet?“

Man könnte Frau Höffers zugutehalten, dass sie angestrengt in ihren Erinnerungen kramte und versuchte, etwas hervorzuholen, das als passende Antwort angesehen werden konnte. Schließlich wurde sie fündig und grinste mich samt braunen Zahnstumpen, Piercing und Speichelfaden im Mundwinkel an, als hätte ihr jemand eröffnet, dass sie gerade die goldene Friteuse gewonnen hatte, und sagte stolz: „Na, ich hab ihr gesagt, sie soll da mal nicht so blöd rumheulen.“

Da ich wohl nicht mit der Begeisterung reagierte, die sie erwartet hatte, fügte sie hinzu: „Und dann hab ich ihr gesagt, dass sie ja später wieder eine Klasse überspringen kann. Hab ich ja auch gemacht. Zweimal. Also ist das ja jetzt nicht so schlimm, wenn sie mal ’ne Klasse wiederholen muss, ey.“

Ich befürchte, dass mir kurzfristig die Gesichtszüge entgleisten. Ich fragte noch einmal nach...

„Ja, klar hab ich eine Klasse übersprungen, ey! Sogar zweimal!“ Auf meine erneute Nachfrage stellte sich heraus, dass sie „einen ganz normalen Schulabschluss halt, normal halt“ hatte (nämlich keinen – sie war auf einer Sonderschule gewesen und ohne Abschluss abgegangen). Sie war aber dennoch der festen Überzeugung, dass sie zweimal eine Klasse übersprungen habe, „weil, da hätte ich wieder in die sechste gesollt und bin dann auf der anderen Schule in die siebte. Und das dann danach noch mal. Statt noch mal die siebte in die achte. Also eine übersprungen. Zweimal.“ Sie rechnete mir wilde Sachen vor, bis sie zu dem Ergebnis kam, dass sie wahrscheinlich sogar dreimal eine Klasse übersprungen habe. Beeindruckend – auf eine Art...

Meine Tochter wäre sicher interessiert, den Rechenweg zu erfahren, um früher die Schule verlassen zu können.

 

Frau Höffers erklärte mir, dass auch ihre Schwester und ihr Bruder hochbegabt seien. Das liege bei ihnen in der Familie. So sei es auch bei ihrer Tochter. „Die Schakkeline ist voll hochbegabt, ey! Da kann man nix machen. Wir sind alle so. Die ganze Familie ist hochbegabt. Das ist so ein Genetik, das bei uns anders ist. Verstehen Sie? Das ist dann nur in unserer Familie. Okay, wenn die Schakkeline mal heiraten tut, kann der Mann das dann auch bekommen. Aber sonst bleibt das nur bei uns.“

Es war klar, dass Frau Höffers’ kognitives Niveau eher suboptimal war. So drücke ich das in Gesprächen mit Jugendamt und Gericht immer aus, um nicht sagen zu müssen, dass die Eltern leider strohdoof sind.

 

Ich war jedenfalls froh, als das Gespräch mit der Mutter beendet war und Schakkeline von der Schule nach Hause kam. Bei Interaktionsbeobachtungen muss ich den Leuten ja nicht ständig gegenübersitzen und sie anschauen.

Nach zehn Minuten wünschte ich mir jedoch die Gesprächssituation zurück. Denn Schakkeline tat mir so leid – und das nicht nur wegen ihres Namens.

Ihre Mutter gab ihr ständig widersprüchliche Anweisungen, was dazu führte, dass das Mädchen das einzig Richtige tat, nämlich gar nichts mehr. Nach den Aufforderungen, sowohl die Schultasche abzulegen als auch „jetzt gefälligst mal hier zu bleiben“, die Schuhe sofort auszuziehen, sich „ja wohl mal als Allererstes die Hände zu waschen“ und ihr „sofort wenigstens eiiiiin-maaaal“ zu helfen, den Tisch zu decken, wäre ich wohl auch verwirrt gewesen und hätte mich nicht mehr gerührt – zumal all das in einem extrem unfreundlichen Tonfall vorgetragen wurde und es wohl wahrscheinlich besser war, gar nichts zu tun anstatt das Falsche.

Schakkeline stand also da, schaute auf den Boden und bewegte sich nicht. Ihre Mutter packte sie an den Schultern, drehte sie um und schubste sie mit einem „Boooooah, ab, Hände waschen, wir ham Besuuuuuch!“ in Richtung Bad. Endlich wusste das Mädchen, was zu tun war.

Die gesamte folgende Interaktion ging genau in diesem Stil weiter. Eine Anweisung nach der anderen, teilweise widersprüchlich, teilweise unverständlich: „Jetzt, boah, mach mal, hopp, da, mach doch das, da! Mann, ey!“

Das war wirklich ihr O-Ton. Ich habe mitgeschrieben.

Ich fand es schwer auszuhalten und habe mich mal wieder gefragt, warum ich eigentlich nichts Anständiges gelernt habe. Oder zumindest einen Job mache, bei dem ich einfach von vornherein und ausschließlich helfen kann und nicht ewig lange beobachten muss, um hinterher nur das Allerschlimmste abwenden zu können. Die arme Kleine tat mir so leid. Ich glaube, sie hätte wirklich gern getan, was ihre Mutter von ihr wollte, aber es war einfach unmöglich herauszufinden, was zum Henker das sein sollte.

 

Ich habe die Interaktionsbeobachtung nach einer Stunde beendet – und denke im Nachhinein, dass das eigentlich noch viel zu lange war. Also, für mein Wohlbefinden war es definitiv zu lang. Für die Begutachtung natürlich nicht, denn es hätte ja sein können, dass sich doch noch was Positives entwickelt. Ein Spiel oder etwas in der Art... Ich hatte Frau Höffers mehrfach darauf hingewiesen, dass sie ruhig auch etwas mit Schakkeline spielen könne, aber ich befürchte, so etwas hatte sie noch nie gemacht.

Im Einzelgespräch, das ich mit Schakkeline in ihrem vollgestellten Kinderzimmer führte, war das Mädchen angenehm offen und gesprächig. Sie war keineswegs dumm, und ich konnte mir nicht vorstellen, dass sie tatsächlich den Stoff der ersten Klasse nicht aufnehmen konnte.

Es musste einen anderen Grund für ihr schulisches Versagen geben. Dieses Kind hatte durchaus Potential, und niemand hatte es bemerkt! In solchen Momenten frage ich mich, was die Lehrer eigentlich tun. Na ja, die sind auch nur Menschen und haben dreißig Kinder in der Klasse. Und Schakkeline war kein auffälliges Kind. Dennoch... Die Lehrerin hätte sich nur einmal eingehend mit Schakkeline beschäftigen müssen, um zu bemerken, dass ihr Schulversagen ganz sicher andere Gründe hatte als mangelnde Begabung oder eine zu langsame Auffassungsgabe.

Schakkeline war still und zurückhaltend, verschwand also wahrscheinlich komplett vom Radar der Lehrerin, wenn im gleichen Klassenverband fünf bis sieben hyperaktive Kevins den Hannahs ihre Lillifee-Jacken in die Jungentoilette stopften. Gelegentlich kam es vor, dass Lehrer nach Gesprächen mit Eltern wie Frau Höffers annahmen, dass deren Schakkelines auch eher suboptimal ausgestattet waren. Oder sie schlossen einfach von dem dämlich geschriebenen Namen auf das Potential des Kindes.

Schakkeline aber war wissbegierig und konnte sich im Eins-zu-eins-Kontakt auch viel länger konzentrieren, als mir beschrieben wurde.

Nun war ich gespannt auf den Vater, den ich als nächstes treffen würde. Ich betete, dass er die Defizite der Mutter würde ausgleichen können.

 

Leider war es gar nicht von Belang, ob Herr Liedke dies können würde oder nicht. Er saß breitbeinig auf seinem leopardenimitationsdeckenbehangenen Sofa, rauchte eine Selbstgedrehte nach der anderen und hatte schlicht keinerlei Interesse an seiner Tochter. „Ja, die Schakkeline besucht mich immer mal wieder hier, aber ich hab da keine Zeit für. Die ist dann bei meinen Eltern und meiner Schwester oder so.“ Er machte eine Handbewegung, als wolle er eine lästige Fliege verscheuchen. „Ich hab ja einen Job, und dann will man ja auch mal ein bisschen Freizeit haben! Man kann ja nicht immer nur arbeiten und dann das Kind da um sich haben. Das geht nicht. Das ist ja mal klar!“

Ja, stimmt... Wie konnte irgendwer nur auf die irrsinnige Idee kommen, dass ein Mann mit einem Job sich auch noch um seine Tochter kümmern konnte?

„Und dann hab ich ja auch eine Freundin. Da geht ja auch schon mal Zeit drauf. Und wo soll ich denn dann mit der Schakkeline hin, wenn die da ist? Also, das ist von mir aus schon irgendwie okay so, wie es jetzt ist, aber öfter kann die Schakkeline echt nicht zu mir kommen. Für so was fehlt mir echt die Zeit, wissen Sie.“

 

Das Gespräch mit Herrn Liedke war schnell beendet. Der Vollständigkeit halber erkundigte ich mich, ob er für den Fall, dass Frau Höffers sich nicht mehr um Schakkeline kümmern könne, sich vielleicht vorstellen könnte... Da unterbrach er mich schon: „Wenn die Frau Höffers ihren Arsch nicht hochkriegt, dann kann ich da auch nichts dafür. Die soll mal schön ihren Job machen. Immerhin kassiert die da Kindergeld und so was für. Dann soll die auch mal was machen, die faule Kuh, die. Also, das seh ich echt nicht ein, dass ich der dann auch noch helfen soll. Außerdem hab ich keine Zeit für die Schakkeline. Hab ich doch gesagt. Also, nee, echt nicht!“

 

Ich hatte mich gerade von ihm verabschiedet und das Haus verlassen, als eine junge Frau direkt auf mich zukam und mir ihre Hand hinstreckte. „Hallo, ich bin Manuela Liedke, Herrn Liedkes Schwester. Hätten Sie kurz Zeit?“ Sie machte eine einladende Armbewegung in die Richtung, aus der sie gekommen war. „Ich würde gern mit ihnen sprechen. Ich... Also, ich wohne gleich um die Ecke.“

Ich war mit Herrn Liedke schneller fertig geworden, als ich geplant hatte. Also hatte ich noch Zeit bis zum nächsten Termin. Und da ich nicht unhöflich sein wollte und zudem neugierig war, stimmte ich zu.

Manuela Liedke war etwa Anfang dreißig, wohnte in einer einfachen, aber netten Wohnung und knetete nervös ihre Hände. „Kommen Sie doch rein. Hier... Also, ich habe... wenn sie wollen...“ Sie machte eine fahrige Geste in Richtung Kaffeetisch. Sie hatte zwei Tassen samt Untertassen aus mit Rosen bedrucktem Porzellan hingestellt, eine passende Kanne (mit Kaffee, nahm ich an) sowie ein kleine Milchkanne samt Zuckerdose. Dazu einen Teller mit ordentlich drapierten Keksen und ebenso gefalteten Servietten.

„Ich hab gewartet, bis ich Sie... Also, ich hab vor dem Haus gewartet, damit ich mitkriege, wenn Sie sich verabschieden, weil... Also, ich wollte mit Ihnen reden und wusste nicht... Also, das ist mir alles ein wenig peinlich jetzt...“

Ich fand Manuela Liedke gar nicht peinlich, sondern erfrischend ehrlich und authentisch. Und zudem schien sie im Gegensatz zu ihrem Bruder ein irgendwie geartetes Interesse an Schakkeline zu haben. Sonst hätte sie diesen Aufwand nicht betrieben.

„Ich hab die Lina gerne hier, wissen Sie?“

„Verzeihung, wen?“

Lag eine Verwechslung vor? Trank ich in einer ganz falschen Wohnung nicht für mich bestimmten Kaffee?

Frau Liedke hatte offenbar ähnliche Gedanken, denn sie riss die Augen auf. „Na, die Lina! Wegen ihr waren Sie doch bei meinem Bruder, oder nicht? Sie...“

Aber dann lächelte sie erleichtert.

„Schakkeline.“

„Ah...“

„Schakkeline ist Lina. Wir sagen schon immer Lina zu ihr. Schakkeline... Also, das ist ja wohl ein schlechter Scherz, oder? Mal ehrlich! Ich kann nicht fassen, dass sie jetzt in der Schule auch noch so genannt werden muss. Das ist doch... Also, ich glaube, dass das nicht gut ist. Da denkt die Lehrerin natürlich gleich, dass sie ein bisschen dumm ist. Oder?“

Jetzt lächelte auch ich erleichtert. Ich saß in der richtigen Wohnung mit einer Frau am Tisch, die offensichtlich die Möglichkeit hatte, die Situation zu retten. Und das tat sie dann auch.

Schakkeline, also Lina, zog zu ihrer Tante, Manuela Liedke. Frau Höffers wollte dem zwar zunächst nicht zustimmen, konnte sich aber erstaunlich schnell damit anfreunden, als Frau Liedke ihr versicherte, dass sie das Kindergeld behalten und Lina weiterhin bei ihr gemeldet sein könne. Sie arbeitete als Sekretärin bei einem Steuerberater und erklärte mir, dass sie auch ohne Kindergeld für Lina würde sorgen können.

Lina wiederholte die erste Klasse auf einer neuen Schule im Wohnumfeld von Frau Liedke und kam dort sehr gut zurecht – sie übersprang zwar keine Klasse, bewältigte den Schulstoff aber mehr oder weniger mühelos, fand schnell neue Freunde und fühlte sich bei ihrer Tante offenbar sehr wohl.

Ihren Vater sah sie hin und wieder, und auch ihre Mutter besuchte sie ab und an. Allerdings nicht wirklich oft, was aber weder Vater noch Mutter störte. Und Lina ebenso wenig.

 

 

Diese und andere Geschichten in:

"Die Schakkeline ist voll hochbegabt, ey!" von Sophie Seeberg

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Datum: 12.10.2015 17:03
Mit dem Namen kann man aber wirklich alles vergessen. *sfz*
"Römisch, Lateinisch...das ist für mich alles Griechisch!"
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Datum: 12.10.2015 21:20
Ich hatte als ich das gelesen habe schon angst gehabt das dieses arme Mädchen dort bleiben müsste aber ich bin froh das es sich zu guten für sie gewendet hat :)
Viele Leute interpretieren gern und viel in Aussagen hinein, egal ob etwas davon da steht oder nicht, jedoch sind sie nur, weil sie es gerne machen nicht zwingend gut darinnen.
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Datum: 12.10.2015 23:47
Oh Mann, das arme Mädchen! Gut, dass es da die Tante gibt, die irgendwie noch das Ganze für sie deichselt und ihr auch den schrecklichen Namen etwas erträglicher macht.
>.<
Wenn ich bedenke, dass ich bei einigen Namen, die mir für meine potentiellen Kinder mal vorgeschwebt habe, schon immer dachte: Nee, lieber nicht, sonst wird er/sie im Kindergarten oder spätestens in der Schule derbst gehänselt.
Bei manchen Menschen fällt einem noch nicht mal mehr ein, was man sich eigentlich fragen will. Wenn man so was wie da oben liest - jedenfalls das mit Mutter und Vater -, dann kann man nur noch chronische Nackenschmerzen von ununterbrochenem Kopfschütteln kriegen.
"I was going to put the dinosaur back."
Harry Dresden - The Dresden Files

Anything but the ordinary
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Datum: 13.10.2015 00:34
Oh, bitte gebt ihr noch die Möglichkeit, sich umtaufen zu lassen >__<
Lina ist eh viel hübscher und weniger verstörend...

Respekt für solch einen Job, halfJack.
Und danke für diesen informativen (wenn auch traurigen) Eintrag.
☆ Per aspera ad astra ☆
Datum: 13.10.2015 11:20
Bist du die Autorin? Das ist ja kein Auszug aus der Leseprobe, könnte daher mit einer Veröffentlichung Ärger nach sich ziehen ...

Zum Fall selbst möchte ich nichts großartiges sagen. Das Kind wird offenbar besser gefördert, aber die negative Darstellung der Mutter missfiel mir sehr. Ich habe mich die ganze Zeit gefragt, ob sie im Vorfeld nicht angeboten bekam, dass man ihr beim Vereinheitlichen der widersprüchlichen Ansagen auch helfen und beibringen könnte, was spielbar wäre ... bösartig erschien sie mir nicht, trotz ihres miserablen Gebisses und der komisch-fehlerhaften Aussagen.
Na ja, es scheinen allerdings alle glücklicher damit zu sein und der Kontakt zu den Eltern blieb bestehen, daher ist das spekulativ und das Kindswohl gewahrt.

Wally
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Datum: 13.10.2015 11:50
Ok, wait, dazu gibt es ja ein Buch O.o

Warum zitierst du das nicht?
The people who are crazy enough to think they can change the world, are the ones who do. ~ Apple Inc.
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Datum: 13.10.2015 15:52
Hannibal
Bei so etwas frage ich mich, wie einfach oder schwer es ist, seinen Namen ändern zu lassen, oder ob man, in diesem Fall als Tante, eine Möglichkeit zur Namensänderung zum Wohle des Kindes hat.


Misato-sama
Zum Glück muss ich so einen Job nicht machen, dafür wäre ich wahrscheinlich auch gar nicht geeignet. Wie eingangs erwähnt, handelt es sich um eine Erfahrung der Familienpsychologin Sophie Seeberg, die Quelle ist unten angegeben. Aber mir geht es ähnlich, ich habe auch Respekt vor Leuten, die solch eine Arbeit machen, solange sie dies gewissenhaft tun. Es gibt leider Beispiele, bei denen Familienpsychologen sich nicht genügend darum kümmern, die Lage richtig einzuschätzen, wenn sie beispielsweise nicht einmal die Familien in ihrer Wohnsituation aufsuchen - das müssen sie nämlich nicht tun, um ihre Einschätzung zu verfassen. Es gibt Lehrer, die nicht genau hinschauen und bei denen ein Mädchen wie Lina in der Klasse untergeht, andererseits gibt es übereifrige Lehrer, die schon bei der kleinsten Abweichung von der Norm (bei Eltern oder Kind) sofort das Jugendamt einschalten. Und dann brauche ich wohl nicht zu erwähnen, dass auch dort beim Jugendamt ein paar scharze Schafe existieren.
Das sind eben alles nur Menschen, könnte man jetzt sagen, aber ich finde, wenn man nicht mit genügend Geduld und Toleranz ausgestattet ist, sollte man einen solchen Beruf, bei dem die Zukunft von Kindern auf dem Spiel steht, gar nicht erst ausüben.


abgemeldet
Nein, aber gute Frage. Ich habe das Buch selbst wegen dieser Leseprobe, die ich auf meinem eReader bekam, überhaupt erst gelesen.
Es gibt ein paar Dinge in dieser Darstellung, was beispielsweise die Äußerlichkeiten der Mutter anbelangt, die ich gleichfalls als zu negativ oder unbedeutend empfinde. Aber anhand der Erzählweise und der Zeit, die hier investiert wurde, kann man mit Sicherheit davon ausgehen, dass diese Aspekte am Ende bei der Entscheidung nicht ins Gewicht fielen. Allerdings wird es garantiert Beauftrage geben, die von dem ersten Eindruck auf den Rest schließen.
Was das Korrigieren ihrer Wortwahl oder die Hilfe anbelangt, wurde der Mutter immerhin vorgeschlagen, etwas mit ihrer Tochter zu spielen, obwohl solche Hinweise gar nicht Teil der Interaktionsbeobachtung sind. Wie der Name schon sagt, zeichnet sich jene nämlich nur durch das Beobachten aus, um die Verhältnisse in einer möglichst normalen, alltäglichen Form wahrzunehmen. Für alles andere ist das Jugendamt zuständig, das zu diesem Zeitpunkt schon längst, vermutlich mehrfach, vor Ort gewesen sein muss. Der Gutachter sorgt letztlich nur für die Kommunikation zwischen diesen beiden Parteien (Eltern und Jugendamt) und dem Gericht und kann demnach auch Korrekturen an einem vorschnell gefassten Urteil des Jugendamtes vornehmen.
Na ja, wenn die Eltern überhaupt kein Interesse an ihrem Kind haben, ist das meines Erachtens einer der ersten Gründe, sich nach einer Alternative umzuschauen, wenn das Kind das ebenfalls möchte.


Karu
Darauf wird bereits am Anfang hingewiesen. Ich bin etwas irritiert, dass offenbar einige nicht genau lesen. Das liegt wahrscheinlich an der Länge des Beitrags. Ich füge noch einen weiteren Hinweis hinzu, vielleicht ist es dann besser.


Der hiesige Fall war übrigens bei weitem nicht der schlimmste...
Die Dinge, die wir zum Leben zwangen, schlagen zurück. Haben wir sie überreden können, Wirkung auszuüben, dann können wir sie nicht überreden, auf uns selbst keinen Einfluss zu haben.

Mangaverkauf etc.
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Datum: 13.10.2015 15:54
halfJack
Namensänderungen sind meines Wissens nach immer eine Sache vom Gericht, aber ich hab leider keine Ahnung wie schwer das ist.
"Römisch, Lateinisch...das ist für mich alles Griechisch!"
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Datum: 13.10.2015 15:58
Hannibal

Ich habe mal gehört, Namensänderungen seien kein Problem, wenn man nur genügend Kohle hat. Aber Leute erzählen viel. :D
Die Dinge, die wir zum Leben zwangen, schlagen zurück. Haben wir sie überreden können, Wirkung auszuüben, dann können wir sie nicht überreden, auf uns selbst keinen Einfluss zu haben.

Mangaverkauf etc.
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Datum: 13.10.2015 16:13
halfJack:

> Misato-sama
> Zum Glück muss ich so einen Job nicht machen, dafür wäre ich wahrscheinlich auch gar nicht geeignet. Wie eingangs erwähnt, handelt es sich um eine Erfahrung der Familienpsychologin Sophie Seeberg, die Quelle ist unten angegeben. Aber mir geht es ähnlich, ich habe auch Respekt vor Leuten, die solch eine Arbeit machen, solange sie dies gewissenhaft tun. Es gibt leider Beispiele, bei denen Familienpsychologen sich nicht genügend darum kümmern, die Lage richtig einzuschätzen, wenn sie beispielsweise nicht einmal die Familien in ihrer Wohnsituation aufsuchen - das müssen sie nämlich nicht tun, um ihre Einschätzung zu verfassen. Es gibt Lehrer, die nicht genau hinschauen und bei denen ein Mädchen wie Lina in der Klasse untergeht, andererseits gibt es übereifrige Lehrer, die schon bei der kleinsten Abweichung von der Norm (bei Eltern oder Kind) sofort das Jugendamt einschalten. Und dann brauche ich wohl nicht zu erwähnen, dass auch dort beim Jugendamt ein paar scharze Schafe existieren.
> Das sind eben alles nur Menschen, könnte man jetzt sagen, aber ich finde, wenn man nicht mit genügend Geduld und Toleranz ausgestattet ist, sollte man einen solchen Beruf, bei dem die Zukunft von Kindern auf dem Spiel steht, gar nicht erst ausüben.

Oh, Verzeihung. Das klang am Anfang so, als seist du Sophie Seeberg. Irrtum aufgeklärt.
☆ Per aspera ad astra ☆
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Datum: 13.10.2015 16:23
Hannibal

"Weil ich den Namen schöner finde", zählt also nicht als Grund, selbst wenn ich mit 1000 Euro auf der Matte stehe? Dann müsste ich also Sommerlatte o.ä. mit Nachnamen heißen.
Die Dinge, die wir zum Leben zwangen, schlagen zurück. Haben wir sie überreden können, Wirkung auszuüben, dann können wir sie nicht überreden, auf uns selbst keinen Einfluss zu haben.

Mangaverkauf etc.
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Datum: 13.10.2015 16:28
musste beim Lesen dieses Postings an deinen Blog-Eintrag denken (ebenfalls heute gelesen)
https://www.facebook.com/dakotztdastexterherz/photos/a.469181316497586.1073741828.469024126513305/883030068446040/?type=3
Atomausstieg selber machen - http://www.atomausstieg-selber-machen.de/
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Datum: 13.10.2015 17:05
In Österreich zumindest kann man seinen Namen ändern lassen, kostet bei einer Wunschnamensänderung aber schonmal an die ~600 Euro, wenn ich das richtig in Erinnerung hab.
Bei besonderen berücksichtigungswürdigen Gründen (eben z.B. beleidigende/stark unvorteilhafte Namen, zur Erleichterung der Integration usw usf) kann es auch vergünstigte Namensänderungen geben.
https://www.help.gv.at/Portal.Node/hlpd/public/content/233/Seite.2330500.html
Silent WindSilent WhisperCosplay & more
»This Weighted Companion Cube will accompany you through the test chamber. Please take care of it.« ♥
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Datum: 14.10.2015 09:18
Namensänderungen kosten tatsächlich Geld. Meine Schwester wollte ihren ändern lassen, da der Standesbeamte sie damals mit doppel T gschrieben hatte, anstagtt nur einem ..so wurde aus dem Marita, eine Maritta
Kostet richtig Kohle sagte sie und darum bleibt es mit zwei TT
 
 
Ist schon schlimm, wenn Kinder soo vernachlässigt werden, In dem Fall ist ja Gott sei Dank gehandelt worden, leider gibt es noch genug Fälle wo es zu spät ist
"Wir sind gekommen um zu bleiben"
-Der Rotwein Fleck-
Avatar
Datum: 14.10.2015 16:01
ich war damals in der ausbildung zur kinderpflegerin und meine klassenkameradin wurde mitte des ersten jahres schwanger. allgemein hatte sie ein leichtes (und das ist noch nett ausgedrückt) geruchsproblem ihres körpers.sie roch so gut wie immer nach einem eimer fisch.nun hatsie bereits 4 kinder,ist extreme kettenraucherin(auch in der schwangerschaft) und das beste beispiel einer rtl hartz 4 mutter.
ich verstehe bis heute nicht warum so eine frau überhaupt kinder haben darf.
naja angeblich ist sie gerade wieder schwanger,wobei man bei ihr nie so recht weiß ob ihr gerede wahr ist.

Besucht doch mal meinen Blog:

[http://mydreaminprincess.blogspot.de/
Avatar
Datum: 15.10.2015 10:14
>>geruchsproblem ihres körpers.sie roch so gut wie immer nach einem eimer fisch.

Sie könnte diese Kondition haben: https://de.wikipedia.org/wiki/Trimethylaminurie

//offtopic
Klicken verboten

Potresti morire domani, perciò disegna oggi. - Du könntest morgen sterben, also zeichne heute.
Avatar
Datum: 15.10.2015 13:59
Oh Gott, jetzt tut mir mein Bauch weh vor lachen. Sensationell gut.
Ich verdränge jetzt einfach mal den Fakt, dass es solche Leute tatsächlich gibt.
 
Und btw, das Buch hab ich mir gleich mal bestellt weil ganz ehrlich, nicht nur ich werde dran Freude haben. Ich hab einige Freunde, dich sich in dem Bereich bewegen und auch die werden herzlich lachen können :D
Wir werden dich Waffel nennen und sagen, dass du aus Belgien kommst
Avatar
Datum: 15.10.2015 14:17
 A-L-U-C-A-R-D

Cool, wenn ich Interesse für das Buch wecken konnte, ist der eigentliche Zweck meines Beitrags erfüllt. Ich sage aber gleich vorweg, dass nicht alle Fälle so im doppelten Sinne komisch sind wie dieser hier. Einige sind sehr ernst, traurig oder gar furchteinflößend.
Die Dinge, die wir zum Leben zwangen, schlagen zurück. Haben wir sie überreden können, Wirkung auszuüben, dann können wir sie nicht überreden, auf uns selbst keinen Einfluss zu haben.

Mangaverkauf etc.
Avatar
Datum: 15.10.2015 14:57
Marmelala:
> ich verstehe bis heute nicht warum so eine frau überhaupt kinder haben darf.
Verstehe diese Aussage zwar sehr gut, aber aus dieser wurde vor gut 60 Jahren ein ziemlich großes und verwerfliches Projekt...
Ist nicht als Angriff gemeint - muss nur immer schlucken, wenn jemand solche Aussagen macht. Unter anderem weil ich mir selbst Kinder verbieten würde, wenn ich es könnte xD


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