Zum Inhalt der Seite



Anime-Kritik Nr. 1

Autor:  DerNeji
Da mir zuweilen extrem langweilig ist, habe ich nun beschlossen, jede Woche mit einer Kritik eines diversen mir bekannten Animes aufzufahren. Und den Beginn macht...


SOUL EATER


Wir kennen alle das typische Grundgerüst eines jeden Shounen-Animes: Prügelnde Teenager mit großen Zielen, die dank Powerups durch etliche Trainingssessions immer stärker werden und einen Fight nach dem anderen austragen. Auch "Soul Eater" stellt in dieser Hinsicht keine große Ausnahme dar und revolutioniert das Genre inhaltlich in keiner Weise, hebt sich aber dennoch um einiges von seinen Artverwandten ab. Und das auf eine unverwechselbar schräge, skurille, teils morbide, teils bizarre und vor allem extrem stylische Art und Weise, die man in dieser Form in diesem Genre bisher so noch nicht gesehen hat. Den Bärenanteil daran hat die visuelle Präsentation, welche den Zuschauer in eine Welt eintauchen lässt die dank ihrer schummrig-schaurig-surreal-abstrakten Kulissen ein Feeling vermittelt, welches man sonst nur bei einem Tim Burton-Film verspürt. Ebenfalls Anteil daran hat der ständige Wechsel zwischen aberwitzigem Slapstick, brutaler Ernsthaftigkeit und schaurigen Gruselmomenten, welcher zuerst vielleicht als etwas makaber rüberkommt, in der Summe aber eine nahezu perfekte Harmonie ausstrahlt und "Soul Eater" als Ganzes zu einem ziemlich einzigartigen Erlebnis macht. Was zurück bleibt wenn man diese eigenwillige, jedoch faszinierende Kulisse umstößt? Shounen-Einheitsbrei? Fast, aber auch nicht ganz. Während die Handlung sich mehr oder weniger den üblichen Geflogenheiten anpasst und die Charaktere standesgemäß in viele Kämpfe mit einigen Finsterlingen schickt, so trumpft der Cast mit viel individueller Klasse auf und bringt einige schräge Gestalten hervor, von denen so manche auch gut die Hauptrolle in einem Psychostreifen spielen könnte. Hier findet man zuweilen die perfekte Symbiose aus Wahnsinn und -witz, sowie vermeintliche Stereotypen die sich dank übertrieben dargestellter Standardcharakteristika, welche den Allerwelts-Shounen-Hero üblicherweise prägen, auf parodistische Art und Weise hervorzuheben wissen. Hier kann man vieles einfach nicht in den Standardtopf schmeißen, vielmehr tanzt es an dessen Rand auf und ab, fühlt sich cool und macht kranke Mätzchen. "Soul Eater" macht aufgrund dessen fast durchgängig einen Mordsspaß und glänzt mit Abwechslungsreichtum, (Wahn)Witz und dank BONES auch mit vielen optischen Leckerlis, wozu man die großartig inszenierten Action-Szenen definitiv hinzuzählen, wenn nicht als Highlight nennen muss. Der einzige schwerwiegende Wehrmutstropfen ist die noch 10 Meilen gegen den Wind nach Deus Ex Machina stinkende Schlussphase der Handlung, wo man sich vom Manga entfernt und ein "Fullmetal Alchemist" raushaut, welches in diesem Fall zwar nicht ganz so unbefriedigend ausfällt, aber dennoch einen gewissen bitteren Beigeschmack hinterlässt. Nichts desto trotz kann sich "Soul Eater" zu guter Letzt einen respektablen Platz auf den vorderen Plätzen meiner Shounen-Hitlist sichern. Der Anime ist einfach zu stylisch, zu cool und zu kurios, als das die Schwächen hier irgendetwas groß trüben könnten.

Animation

BONES hat sich hier ordentlich ins Zeug gelegt um die Mangavorlage zum Leben zu erwecken und verpasst "Soul Eater" einen Anstrich, der sich stilistisch irgendwo zwischen heiter, schummrig und skurril ansiedelt. Die Kulissen hinterlassen den perfekten Eindruck einer verdrehten, surrealen Welt, mit verschnörkelten, dunklen Straßen, abstrakter Vegetation und 2 absolut verstörend grinsenden und lachenden Himmelskörpern mit denen man seine Sprösslinge auf Ewigkeit psychisch schädigen könnte, würde man ihnen diese ins Kindermobilee hängen. Man kommt sich hier teilweise wie in einem surrealen Gruselmärchen vor bei dem Tim Burton auf dem Regiestuhl saß. Am Detailgrad der Backgrounds lässt sich kaum etwas beanstanden und selbst die mit CGI modellierten Texturen tanzen hier nicht aus der Reihe. Dass man Personen die sich im gleichen Raum oder Korridor mit den im Mittelpunkt stehenden Figuren befinden als detail- und farblose (ok sie sind immerhin blau) "Schatten" zeichnet, ist ein Stilmittel und hat nichts mit Faulheit zu tun. Das Prunkstück sind hier aber ganz klar die Action-Szenen, die dank toller Choreographie, flüssigen Bewegungsabläufen, rasanter Kamerafahrten und hochpolierten CGI-Effekten, jeden Fight zu einem fetzigen Spektakel machen. Egal wie hektisch es zuweilen wird, man verliert nie den Blick für das Wesentliche. Auch das Charakterdesign ist erwähnenswert, da es ziemlich eigenwillig und markant ist. Der ziemlich kantige Stil könnte evtl. nicht jedermanns Sache sein und auch das die Nasen in der Seitenansicht so aussehen als wären sie mit einer Miniguillotine abgehackt worden, wirkt etwas befremdlich. Dafür gibt es ein großes Repertoire an extrem ausdrucksstarken SD-Faces die abwechslungsreich sind und viele Szenen zum absoluten Lachherd machen. Insgesamt ist die Optik von "Soul Eater" rundherum gelungen und bleibt über die gesamte Spielzeit konstant auf hohem Niveau, aber vor allem verpasst sie der Serie einen ganz eigenen, unverwechselbaren Style der einfach nur cool ist und in dieser Form so noch nicht da war. BONES versteht eben sein Handwerk und schafft hiermit ein Stück "moderne Kunst" unter all den Pinsel- und Krakelbildern die die "Konkurrenz" bis heute so rausgehauen hat.

Sound

Auch wenn ich bei Songs von TM Revolution nur noch "Gundam SEED" vor Augen habe wenn ich sie höre, so muss ich sagen das der typische wummendernde Technosound inkl. Gitarrenriffs ziemlich gut zum Ambiente von "Soul Eater" passt. Rasant und kräftig eben. Das zweite Opening gefällt mir noch ein Stück besser, auch wenn dieser Girly-Punkrock von Tommy Heavenly6 normalerweise nicht ganz meine Kragenweite ist. Die Endings sind ebenfalls nett und hier reicht das Spektrum von hartem Punk, bis hin zu heiterem Pop und Rock. Die BGM ist allerdings das klare Highlight hier und wartet mit einer Fülle an verschiedenen Genres auf. Egal ob harte Gitarren, pumpende Rapbeats oder bedrohlich, säuselnder Operagesang, hier gibt es einiges zu hören und vor allem durch die ersteren beiden Musikrichtungen wird der Coolnessfaktor von "Soul Eater" so richtig unterstrichen. Vor allem die Fights kommen dadurch noch eine ganze Spur fetziger rüber. Auch die Seiyuu-Leistungen stechen hier als durchweg positiv hervor. Besonders die Sprecher von Figuren die einen extrem psychischen Knacks haben wie z.B. Stein oder Crona, liefern eine meisterliche Leistung ab und kichern, reden oder schreien wie vom leibhaftigen Wahnsinn umkrallt. Da kriegt man fast eine Gänsehaut! Den genialsten Sprecher hat allerdings Shinigami-sama. Ich liebe seine nasale Stimme und die immer varierende Stimmlage die einfach nur superwitzig klingt. Insgesamt ist die Vertonung von "Soul Eater" mehr als solide und gibt in jeder Situation passend den Ton an. Egal ob, witzig, fetzig oder absolut episch, hier wird die Ohrmuschel zu keiner Zeit gelangweilt.

Story

Die Story ist im Großen und Ganzen Standard-Shounen-Fare und dreht sich dieses Mal um Teenager die mit, sich zu Personen transformierenden, Waffen um sich schlagen und in einer Akademie, zum bekämpfen von Menschen mit verdorbenen Seelen, ausgebildet werden, was mit einschließt das sie damit verhindern das ein sogenannter Kishin geboren wird, der die Welt ins Chaos stürzt. Zu Beginn lässt sich die Story noch eine Menge Zeit bis sie ins Rollen kommt und die wahre Form eines reinrassigen Shounen annimmt. Es werden zuerst in in sich abgeschlossenen Episoden die Hauptcharaktere vorgestellt, Grundlegendes bezüglich der Aufgaben und Fähigkeiten der Figuren dargelegt und hier und da kleine Hints verstreut die einen Ausblick darauf geben was die Fieslinge für Intrigen schmieden. Dann aber geht's in die Shounen-Vollen: Jeder Charakter von den Guten bekommt seinen Fight mit einem Handlanger des Bösen oder mit dem Bösen persönlich und ein paar kurze Handgemenge später ist man dann auch am Ende der ersten Storyarc angelangt. Was folgt dürfte jedem Kenner klar sein: Neuer Obermotz mit neuen Handlangern und neuem Plan taucht auf und muss abermals in die Schranken gewiesen werden. Tja, so ausgefallen "Soul Eater" optisch auch ist, tief drinnen ist und bleibt die Serie nun mal ein Shounen, aber wen stört's? Mich zumindest nicht und es wäre auch gelogen zu behaupten das die Handlung von "Soul Eater" keine überraschenden Twists hätte und so einige interessante Entwicklungen darüber hinaus. Dafür das man am Ball bleibt sorgen mitunter einige aufgeworfene, spannende Fragen die gut in den Handlungsverlauf untergerührt wurden und bis zu ihrer Beantwortungen weiter ausgebaut werden, bis man am Ende dann das "Big Picture" vor sich hat. Dieses stellt sich in diesem Fall allerdings als relativ unspektakulärer Rohrkrepierer heraus und was danach folgt ist ein Höhepunkt der in seiner technischen Inszenierung überzeugt, HANDLUNGStechnisch allerdings keineswegs. Zuviele Deus Ex Machina-Momente (inkl. den allseitsbeliebten, urplötzlichen Powerschüben der Helden) die dafür sorgen das am Ende alles wie mit der Dampframme in die Bahn gelenkt herüber kommt und demnach nicht besonders überzeugend. Na ja, wenigstens kann man das Ende hier mit viel Wohlwollen noch als "entgültig" akzeptieren, was bei FMA noch kaum möglich war...

Charaktere

Der Cast von "Soul Eater" ist ziemlich abwechslungsreich und bringt einige kuriose Gestalten hervor von denen viele mit irgendeiner Macke bedacht wurden, sei es nun ein Fetisch für Symmetrie (Death the Kid, lässt sich lieber von einem überdimensionalen Hammer in den Boden rammen, als die perfekte Symmetrie des Feindes zu zerstören!!!), übertriebener Größenwahn (Black Star ist die ultimative Parodie auf alle selbsbewussten Shounen-Helden ^^) oder mal mehr und mal weniger stark ausgeprägte sadistische Tendenzen mit dem gewissen Hang zum Wahnsinn (Stein ist im wahrsten Sinne des Wortes "DER Wahnsinn"!) Sie sorgen damit für einen gehörigen Anteil an belustigenden Momenten, die sich aber auch als bedrohlich und furchteinflößend heraustellen können, wenn dann doch mal die eine oder andere Sicherung durchknallt. Man lernt sie schnell kennen da sie keine allzu komplexen Backstories mit sich bringen und manchmal sogar völlig ohne auskommen. Das ist aber nicht allzu schwerwiegend denn was in "Soul Eater" am meisten zählt ist die Bindung die der Waffenmeister mit seiner "menschlichen Waffe" hat und wie diese dazu genutzt wird dem Zuschauer Stück für Stück die Beweggründe und emotionale Beschaffenheit der Figuren näher zu bringen. Das funktioniert alles in allem recht gut, was man besonders bei Maka und Soul gut beobachten kann. Großartige Entwicklungen machen sich aber dann doch recht rar. Es gibt ein paar Ansätze die im Endeffekt aber nur bei 2 Charakteren voll ausgespielt werden, während man andere Figuren nicht mehr antastet als nötig. Besonders die Bösewichte fallen diesbezüglich deutlich ab und auch wenn sie überzeugend fies, verschlagen und intrigant sind (vor allem Medusa), so sind sie am Ende doch etwas zu platt. Immerhin bekommt man mit Asura einen Obermotz präsentiert der Wahnsinniger, Feigling, Philosoph und Kleinkind zugleich ist. Haha, diese Figur ist ein ziemlicher Hammer. Hat man in der Form definitiv noch nie gesehen. Alles in allem bietet der Cast von "Soul Eater" sympathische Irre, sympathische Idioten und sympathische Asskicker. Was braucht ein Shounen mehr?

Wert

Man mag sich vielleicht folgendes denken wenn man sich nur Beschreibungen von "Soul Eater" durchgelesen hat: "Shinigamis? Hatten wir schon! "Seelenverschmelzung? Hatten wir schon! "Düsteres Ambiente? Hatten wir schon! (na wer weiß welche Shounen damit gemeint sind? ^o^ ). Aber keine Sorge, "Soul Eater" ist defintiv anders und weit davon entfernt irgendein Abklatsch zu sein. Der Style, die Coolness, die Schrägheit... all das macht "Soul Eater" aus und trotz (oder auch gerade deswegen?) des ansonsten gängigen Shounen-Formulars zu einem einzigartigen Kuriosum das man sich zu Gemüte führen sollte, sofern man ein Fan von Shounen ist und glaubt bereits alles gesehen zu haben was aus der Richtung bis heute gekommen ist. Auch der Nicht-Fan sollte hier mal reinschauen. Es gibt genug originellen Witz, fetzige Action und sonstigen skurrilen aber faszinierenden Unsinn, um all das kompensieren zu können was man am (herkömmlichen) Shounen-Anime nicht mag.
Avatar
Datum: 11.03.2010 12:35
Du hast eindeutig zu viel Zeit 8D
Do you believe in words?
As soon as you speak it,
Words have the power to make it happen!


Zum Weblog